Nr. 1». Freitag, de» 20. Januar 1888. 2. Jahrgang. Ijnnibmoff Echo Munition etwa der Fabrik ¬ werden, sodann fahren hat, geht das sachverständige Gutachten dec Aerzte dahin, daß dem Erkrankten für jetzt und die nächste Zeit die Fähigkeit, seine Handlungen beurtheilen zu können, abzusprechen ist. Auf dem in Dessau zum Zweck der Entmündigung auzuberaumenden Termin wird ohne Zweifel dem Anträge der Staatsanwaltschaft stattgegeben werden. Mit dem Eintritt der Entmündigung erlischt Da- Hamburger Echo erscheint täglich, außer Montags. — Der Abonnementspreis beträgt vierteljährlich im Borans exkl. Bringegeld X 3,60. Nr. des Postkatalogs 2505 Bei Anzeige« wird die dreigespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 25 berechnet. — Anzeigen-Annahme in der Expedition, sowie bei allen Jnseraten-BüreauS- Redaktion und Expedition: HaMbnrg, Große Theaterftraße 44. — Verantwortlicher Redakteur: Otto Stolte» in Hamburg. Posener Sozialistenprozetz. Der zwölfte und dreizehnte Verhandlungstag wurden größtentheils durch die Verlesung verbotener Druckichriften auSgefüllt, welche unter Ausschluß der Oeffentlichkeit vorgenommen wurde. Die Oeffentlichkeit wurde nur ab und zu behufs Er - gänzung des Zeugenverhörs auf kurze Zeit wieder her - gestellt. Am Montag erklärte der Kriminalschutzmann Naporra, indem er dem Herrn Vorsitzenden ein Kuvert nebst einer Einlage überreichte, daß er inzwischen von Berlin das Konzept eines Berichtes erhalten habe, den er seiner Zeit über die in der Weberstraßc ersolgte Vcr- sammlungs-Auflösung erstattet habe. Gestützt auf diesen Bericht, könne er heute mit aller Entschiedenheit sagen, daß er an dem erwähnten Abend weder bei Ksionskie- wicz gewesen sei, noch die ihm in den Mund gelegten Aeußerungen gethan habe. Herr Rechtsanwalt Dc. Flatau jbittet, dem Zeugen die Frage vorzulegen, wie denn überhaupt seine Berichte zu Stande gekommen seien, da es auffallend erscheinen müsse, daß Zeuge von einem Konzepte spreche, in welchem noch dazu, wie der Herr Bor- sitzende festgestellt habe, Streichungen enthalten wären. Naporra erklärt, daß er sich des Nachts beim Nachhause- kommen Notizen gemacht habe, auf Grund deren er am nächst - folgenden Tage das Konzept eines Berichtes auszuarbeiten pflegte. Dieses Konzept habe er alsdann dem Kriminal- Kommissarius Herrn Schöne übergeben, welcher die ihm unerheblich scheinenden Stellen gestrichen und auch sonst noch redaktionelle Aenderungen in Bezug auf den Satz - bau u. s. w. vorgenommen habe. Nach den also korri- girten Konzepten habe er alsdann den eigentlichen Bericht verfaßt. Der Kriminal-Kommissarius Schöne bestätigt die Richtigkeit der Angaben des Naporra. Herr Rechts- anwalt Dr. v. DziembowSki bittet hierauf, den Zeugen Schöne zu befragen, ob ihm bekannt sei, daß Naporra bei seinen Zusammenkünften mit den gegenwärtigen An - geklagten häufig Getränke zum Besten gegeben und auch selbst viel getrunken habe, so daß die Möglichkeit bestehe, er sei beim Niederschreiben seiner Notizen, welches des NachtS erfolgte, nicht immer ganz nüchtern gewesen. Der Zeuge Schöne stellt dem Naporra das Zeugniß eines durchaus nüchternen Mannes aus mit dem Hinzufügen, daß er denselben nie betrunken gesehen habe. Dagegen bekundete am dreizehnten Verhandlungstage (Dienstag) Zeuge Ksionskiewicz auf eine diesbezügliche Frage, welche Herr Rechtsanwalt Dr. Flatau ihm tier - legen ließ, daß er mit Naporra häufig im Zakrzewski- scheu Lokale gewesen sei, wo derselbe oft und viel habe „gießen lasten". Einmal sei Naporra zu Szukalski ge- kommen und habe zwei Flaschen Schnaps mitgebracht. Als diese auSgetrunken waren, hätte er (Naporra) noch 50 Pfennige „geschmissen". Naporra erklärt dem gegen- über, daß er nicht mehr spendirt habe, als die Anderen er habe sich nur revanchirt. Im ferneren Verlauf des dreizehnten Verhandlungstages traf der Zeuge Czv- manskh aus Berlin ein. Derselbe bestätigt die Angaben seines am achten Veihandlungstage vernommenen Kou- sins und fügt hinzu, daß er seit 1875 bei Zakrzewski verkehre und stets gut bedient worden sei, und zwar dies auch dann noch, als er sich geweigert habe, auf ein von dem Kriminalschutzmann begonnenes sozialistisches Gespräch einzugehen. London, 18. Januar. DaS ehemalige Parlaments- ;.tglieb von Gca Ham-Cunningham, Sozialist BurnS, Die „Nat.-Lib. Korresp." schreibt: „In den Kreisen der Reichstagsabgeordneten bildet natürlich die neue Sozialistenvorlage den Gegenstand eifriger Erörte - rung. Voraussichtlich wird der Gesetzentwurf in der nächsten Woche zur ersten Sefting auf die Tagesordnung gesetzt werden. Selbstverständlich kann von einer Be- ralhung ober Stellungnahme der Fraktionen augenblick - lich noch nicht bie Rebe sein. Im Allgemeinen überwog aber bie Ansicht, daß für bie neuen Verschärfungen keine Mehrheit im Reichstage zu erlangen fein werde." Die edlen Ritter sperren sich also vorläufig noch. Der gestern von uns skizzirte Artikel des „Hamb. Korrespondenten" über die Verschärfung des Sozia - listengesetzes wird von der „Nvrdd. Allgem. Ztg" vollinhaltlich und ohne jede Bemerkung abgedruckt. Ausweisung von Geheimpolizisten aus einer öffentliche« Versammlung. In der Versammlung der Wagenbauer Beilins bemerkte am Dienstag Abend der Vorsitzende Schüßler außer den zwei überwackenden Polizeibeamten noch zwei ihm persönlick bekannte Ge- Heimpolizisten unter den Zuhörern. Auf die an den Polizeilieutenant gerichtete Aufforderung, die Entfernung der beiden Geheimpolizisten zu veranlassen, erklärte sich Letzterer Hierzu außer Stande, indem ihn diese Sache nichts angehe. Er müsse es vielmehr dem Vorsitzenden überlasten, die Angelegenheit in irgend einer Weise zu ordnen, da ihm für die Dauer der Versammlung das Hausrecht zustehe. Von diesem Gebrauch machend, forderte nunmehr der Vorsitzende die beiden geheimen Polizisten aus, sofort den Bersammlungesaal zu verlassen. Unter dem Jubel der Anwesenden verließen denn auch die beiden geheimen Polizeibeamten, der AusweisungS- orbre Folge gebend, die Versammlung. Haussuchungen. Am Sonnabend fand beim Landtagsabgeoroneten Stolle in Gesau eine Haus - suchung statt. Ein Eisendreher ans Dresden, Namens Hentschel, Rosenstraße 32 wohnhaft gewesen, der sich angeblich aus der Wanderschaft befindet, hatte Stolle denunzirt, daß er verbotene Schriften im Bette ver - borgen halte. Stolle machte nicht einmal von seiner Immunität als Landtagsabgeordneter Gebrauch, sondern ließ sich durchsuchen, wobei natürlich die Durchsuchung resultallos blieb. Eine andere Haussuchung fand am Sonntag in Berlin in der Deniiewitzstraße 26 bei den Herren Schw. und H. statt, die bei einer Frau K. ihre Woh - nung haben. Beschlagnahmt wurden von den drei Kriminalbeamten Programme, Zeitschritten, Broschüren, Flugblätter, Briefe und Sammelbons (195 Stück L 104) für die Familien Ausgewiesener und Jahastirter; dar - unter befanden sich Briefe von Kräcker, Blos, ein Exemplar „Der Rothe Teufel" re. Die Geheimpolizisten legitimirten sich nicht durch einen schriftlichen Ausweis ihrer vorgesetzten Behörde ober ber Staatsanwaltichast, sondern wiesen nur kauf bie von ihnen geführten Blech- marken hin. Die Haussuchung bei den Herren Schw. und H. wurde auch auf die Wohnräumc der Frau K ausgedehnt; man durchstöberte Zimmer, Küche, Keller und Boden bis in die intimsten Winkel. Die Haus- fuchnng fand, dem Ernste der Sache entsprechend, am Sonntag während der Kirchzeit statt. Ei« verschwiegenes Vcrwaudtschastsvcrhält- uiß dürfte für einen der Zeugen in dem Posener Sozialistenprozeß, welcher auch in dem vor dem Berliner Schwurgericht verhandelten Meineidsprozeß gegen die Tifchlergesellen Felix Wittkowski und M e r k 0 w s k i als Hauptbelastungszeuge fungirt hat, möglicherweise noch unanacnehme Folgen Haden. Der Tischlergeselle Joseph Kruschinski ist mit dem Kriminalschutzmann Naporra insoweit verschwägert, als ein Bruder des Letzteren mit der Schwester des Ersteren verheirathet ist. Dem Kruschinski, welcher die Beamteneigenschaft deö Naporra gekannt und mit demselben zusammen bie Berliner Versammlungen der Polen besucht hat, war es nach seiner Bekundung in dem beregten MeiueidSprozeß nicht aufgefallen, daß Na- porra in diesen Kreisen sich als Genosse geriete. Dieser auffallende Umstand gab dem damaligen Vertheidiaer der Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Flatau, Veranlassung dem Zeugen Kruschinski die Frage vorzulegen, in welchen Beziehungen er zu Naporra stände. Der Zeuge ant- wartete daraus, daß er den Naporra vor seiner Hermath aus kenne, verschwieg dabei aber, was in dem Posener Prozeß zur Sprache getont men ist, seine Verschwägerung mit Naporra, obgleich aus der Befragung seitens des Bertheid tgers mit «ent- Bcrliu, 18. Januar. In der Kommission des Reichstages für die W e h r v 0 r l a g e erklärte der Kriegsminister, vorläufig würden die einmaligen Aus - gaben für Bekleidung, Gewehre und 230 Mark pro Mann betragen. Straßburg, 18. Januar. Die Fran des wegen Landesverrakhs verhafteten Hülssschreibers Dietz ist nebst 'hren Kindern gleichfalls verhaftet worden. Der Fabri- kant Wagner von Mntzig (Meder Elsaß) ist, ebenfalls u^r bem Verdachte des Landesverraths, nach Straßburg abgesührt worden. Wie«, 18 Januar. Die polnischen Blätter in grwiM 6 Hnri ti n etd >v ent L ,d ^" J cu l c "°hezu gleichlautende wonn die polmiche Jugend in Rußland angesichts ber Provokationen verbächtiger Emissäre vor einer Bethangung revolutionärer Anwanblungen unb oor ledem unbedachten, die polnische Sache kompromit- tirenden Schritte eindringlich gewarnt wird. Prag, 19. Januar. Der böhmische Landtag wurde gestern geschloffen. Der Oberstlandmarschall hob den er- sprießlichen Verlaus der Session hervor und sagte, die Ab- Wesenheit der deutschen Abgeordneten werde gewiß von allen Landtagsmitgliedern beklagt. Durch seine Mäßi- guug bei Erledigung der Geschäfte lieferte der Landtag bett Beweis, wie lebhaft er bie Beendigung der gegen“ roartigen Zustände wünsche. Den Wieoereintritt der deutschen Abgeordneten würden sämmtliche Landtags- tniri,lieber auf das Freudigste begrüßen. (Lebhafter In England machen sich schon die Vorboten des Wtederbeginns der Parlamentrrischen Arbeiten bemerkbar Das Ministerium ist eifrig mit ber Vorbereitung ber von ihm angekündigten Gesetzvorlagen beschäftigt, wobei von Neuem feine vollständige Abhängigkeit von den l'beralen Umomsten zu Tage tritt. Einig mit diesen ist das Mimstertum Salisbury nur in Bezug auf die irische Frage; in allen andern Fragen ist bte MeinungS- Verschiedenheit zwischen beiden so groß, daß der Bruch nur durch bie stete Nachgiebigkeit des MinisterumS ver- mieben, richtiger vielleicht gesagt, hinausgeschoben wird Ein ber „B. Z." zugegangener Bericht lautet: „Bonbon, 18. Januar. Im gestrigen Kablnets. raihe bildete baS neue Gesetz über bie Lokal- Verwaltung, baS gleich nach bem Zusammentritt des Parlaments im Unterhause eingebracht werden soll den Hauptgegenstand der Erörterung. Dem Vernehmen nach wurde beschlossen, bie Anschauungen der liberalen Unionisten über bie Vorlage in mehreren wichtigen Punkten zu berücksichtigen. Die Zugeständnisse, welche die Regierung zu machen gesonnen ist, dürsten alle ernsten Meinungsverschiedenheilen beseitigen. — H i ck s - B e a ch Mitglied deS Kabinels ohne Portefeuille, früher Ober! sekrelär für Irland, hielt gestern in Bristol eine Rede über die irische Frage, worin er eine durchgreifende Re- form der Verwaltung Irlands empfahl, sobald daS irische Volk die Ueberzeugung gewonnen habe, baß eS ein Sonderparlament und eine besondere vollziehende Behörde nicht erlangen könne. Die irischen Abgeord- neten sollten in der Regelung rein irischer Angelegen - heiten eine ebenso große Stimme haben, als man den Vertretern Schottlands betreffs schottischer Fragen einge- räumt habe. An die Spitze der Verwaltung sollten dem Parlament unmittelbar verantwortliche politische Beamte gestellt und den Lokalverwaltuttgsbehörden sollten größere Gewalten gewährt werden. Vorerst aber fei die Her - stellung der gesetzlichen Ordnung erforderlich." London. Wie ber Lonboner Korrespondent der „Irish Times" erfährt, hat ber kalifornische Millionär Buckley Parnell angeboten, ihn als Erben seines großen Vermögens einzusetzen, Parnell habe jedoch das Anerbieten abgelehnt. Darauf habe Buckley Parnell aufgeforbert, irgend einen seiner irischen parlamentarischen Kollegen zu nennen, dem das Erbe zugewandt werden sollte. Buckley ist ein Jrish-Amerikaner und alter Junggeselle, der sein Vermögen in Silberminen erworben und sich bisher niemals um Politik gekümmert hat. Der irische Parlamentsabgeorbnete Pyne, welcher sich, um der drohenden Verhaftung zu entgehen, auf die hochgelegene Ruine L^sfinny geflüchtet hatte, ist von dort entkommen. Die Wachsamkeit der Polizei wurde getäuscht indem Leute, welche mit Pyne im Einverständniß waren Vieh von dem Landgute Pynes und Anderer forttrieben' Die wachhabenden Polizisten eilten hinzu, unb währenb dessen enlfloh Pyne. Sein jetziger Aufenthaltsort ist unbekannt. Die Zahl der Assiste«ten J«spektorc« soll in Preußen erhöht wird der Erlaß von Vorschriften zur Verhütung von Krankheiten in den Spiegelbeleg - anstalten vorbereitet. Außerdem wird an einer Novelle zum Krankenkassengesetz gear - beitet , welche vielleicht noch in dieser Session dem Reichstage zngehen dürfte. Ans Anfordern des Amtsgerichts in Dessau fand am Dienstag, wie das „Berl. Bolksbl." berichtet, in der Melson de santö in Schöneberg ein Lokaltermin behufs Feststellung deS Gesundheitszustandes des , „ „ , „ ..... „ vul . Reichstagsabgeordneten Hasenclever statt. Die l ltchkeit hervorging, daß es demselben grabe auf bie Fest- Staatsanwaltschaft in Dessau hatte das EntmündigungS- stellung eines solchen Verhältnisses angekommen war — verfahren beantragt. Soviel bas „Berl. Volksblatt" er- Die Angeklagten Wittkowski und Merkowski haben be m das Abgeorbnetenmanbat. A,. aufragt, für sie das Wiederaufnahmeverfahren in An- fache zu stützen" ben ^ 1&cn au f & ie mitzetheilte That- « .^nf «rund des Sozialistengesetzes verbot die k U Gumbinnen die ohne Angabe deS ^^^"s oder Herausgebers erschienene Druckschrift mit ' -.Em Mahnwort" beginnend mit den Irrten. „Wenn Unverstand im Schooße der Gesellschaft bemSratie."" 6 die Sozial- Voll der MWjnc- Der Gesetzentwurf über die Altersversorgung ist, wie die „Deutsche BolkSwirihschaftliche Korresponoenz" erfährt, im ReichSamt deS Innern bereits geprüft und festgestellt worden, so daß, in so fern nicht noch wesent- liche Abänderungen des Entwurfs seitens der übrigen Reichsinstanzen gefordert würden, derselbe binnen etwa 14 Tagen bem Bundcsrathe zur Berathung und Be - schlußfassung werde zugehen können.