«r. 89. Sonntag, den 15 April 1888. 3. Jahrgang. M W M NU U U UW N MM Öl M M «r OI mm IBiililiii i I i I 11 I i I | | lllii vill JULJL VjUIIL Da» Hamburger Echo erscheint ttglich, außer Montage, — Der «bonnementspreir beträgt vierteljährlich im »oraue ex«, Bringegeld M. »,«0. Mr. d«4 Postkatalog« $505. B«i Anj»igen wird die dreigespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 25 4 berechnet. — Anzeigen-Slnnahme in dar Expedition, sowie bei allen Inseraten-BüreauS. Redaktion »nd Expedition: Hamburg, Große Lheaterstraße U. - Verantwortlicher Redakteur: Ott, Ltalten in Hamburg. Hierzu zwei Beilagen. Vss der WeMühve. In der am 1$. d. M. abgehaltenen Plenarsitzung »rtheilt« der Buudcsrath den Hnttägcn der Au-schüsse fSr Zoll- und Tteuerwesen und für Handel und Berkehr zu dem Entwurf des statisti'chen Waarenverzeichniffe« und de« Berzeichrisse« der Massengüter, sowie dem An» trage Württemberg«, betreffend die Aenderung der Be - stimmungen de« Eisenbahn-Betriebrreglement« bezüglich der Besürderung von Sekunt, die Zustimmung und er- klärte sich damit einverstanden, daß für die Zeit bi« zu« Anschlusse Hamburg« an da« Zollgebiet die Funk. tiouen der Direktivbehörde des vereinlländischen Haupt- zollam!« zu Hamburg, welche zur Zeit in Gemäßheit de« Beschlusse« de« Bundetrath« de« Zollverein« vom 27. Juni 1868 von der königlich preußischen Provinzial- Lteuerdirektion zu Altona wahrzenommcn werden, aus denjenigen Beamten übergehen, welchen die freie und Hansestadt Hamburg als Borstand der von ihr dem - nächst zu errichtenden Direktivbehörde in Aursicht ge - nommen hat. Außerdem wurde über da« Rekursgesuch eine« Reich«bcamten gegen seine unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand und über die geschäftliche Behandlung der Borlagen über die Kautionen der Beamten bei den Korp«bekleidung«ämtern, über die Umprägung von silbernen Zwanzigpfennigstücken in Fünf- und Zweimarkstücke, über den Borsitz der Reichs-Schulkommission und über die An - legung von Zwergdampskeffeln Beschluß gefaßt. Ein Antrag Lachsen« wegen Gestattung des Umlauf« öfter- reichischer Scheidemünzen im sächsischen Zoll-Grcnzbezirk wurde den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Die „RMn. Ztg." und die „Nationalliberale Korre - spondenz" veröffentlichen einen Waschzettel über den ®»fete*ttonrf. betreffend die -?onn>aasr>ihe, und »ersuchen denselben, naiürlich mit den längst verbrauchten Argumntten, nochmal« todrzuschlagen. Warum und grade letzt? Man scheint in gewissen Kreisen doch zu fühlen wie groß in weiten Volkskreisen da« Bedürfniß nach Sonntagsruhe sei und daß dagegen etwa- gethan werden müffe Also wird .bewiesen" und abermals .bewiesen", daß e« mit dem vom Reichstage beschlossenen Entwürfe nicht« sei. Aber etwas werde geschehen, und man dürfe ja nicht annehmen, daß der Bunde-rath sich bei dem einfachen Nichtsthun beruhigen werde. „Die amtlichen Erhebungen," heißt c« dann wörtlich, .über die Sonn- tag«frage haben eine große Verschiedenheit der Regelung »er gewerblichen Arbeit an Sonn- und Festtagen durch die einzelftaatlichen Gesetzgebungen herausgestellt. Da« Interesse de« Gewerbslebens selbst indeß, die wichtige Frage für da« deutsche Wirthschaftrgebiet ein- heitlich geregelt zu sehen, liegt auf der Hand, und e« erscheint als eine selbstverständliche Aufgabe der Reichsgesetzgebung, diese Einheit - lichkeit, forocit möglich, herzustellen. Für eine solche einheitliche Regelung dürfte zum Mindesten die Arbeit in den Grenzen der Großindustrie, deren Berhältniffe in Deutschland im Ganzen ziemlich gleich - artig stnd, geeignet fein. Wollte man sich in der Soun- t»g«arbeit«frage zunächst auf die Großindustrie be- schränken, so würde damit auch der größte Theil der praktischen Schwierigkeiten, da diese auf dem Gebiete de« Kleingewerbe« liegen, ausgeschloffen fein." Also wenigsten« Befeitigung, bezw. Ausgleichung der bunt- scheckigen Polizeivorschriften. E« ist wenigsten« etwas — wenn'« dazu kommt. Ueber tiefgehende Berftimmuuge« im »reife y* kaiserlichen Familie schreibt der .Hannoversche kurier" aus Berlin: »ES fällt auf, daß der Kronprinz seit vorigem Milt- j^°ch nicht mehr im Charlottenburgkr Schlosse gewesen leit; An diesem Tage nahm er dort mit der Kronprin- »Inn am Familiendimr Theil. Es war dies der Tag, ” welchem Fürst Bismarck dem Kaiser seine Denkschrift »egen be« HeirathSprojekt überreicht hatte. Am Abend h . der Rückkehr von Charlottenburg stattete der Rion- KÄ dem Kanzler einen längeren Besuch ab, da« harlottenburger Schloß hat er seitdem nicht wieder be- ^tcn. Am Sonnabend fuhr die Kronprinzessin vor und erundigte sich, ohne den Wagen zu verlassen, noch dem Gesinden de« Kaisers. Gistern — während der Ab- Wesenheit der Kaiserin nach Posen — erschien der Prinz Pferde am Portal, blieb dort halten nnd ließ sich W™ « # mich dem Befinden seines Vater« erkundigen. Sonntag nahm er weder am Gottesdienst, noch ^.,^er Familientafel dort Theil. Die Abende werden schäft 6ti bec Kaiserin-Mutter und den badischen Herr- v-,V5^kreinstimmn»g. Die „Köln. Ztg." schreibt: te « dem Monarchen und seinem Kanzler besteht einftim ^ 7 ""dgedanken über unsere Politik völlige Ueber- Die .Freisinnige Zeitung" bemerkt zu der Nachricht, daß außer der Battcubergerfrage noch andere Gegen - strömungen vorhanden seien, gegen die anznschwimmen der Kanzler nicht lange Lust haben werde: Unsere« WiffenS waren solche verschiedene Strömungen schon aktuell geworden. Die Berzögernng de« Amnestieerlasse« Jatte auch darin ihren Grund, daß bei Formulirung de« ttloffeS in Frage gezogen wurde, ob nicht auch die §§ 128 und 129 de« Strafgesetzbuch« (geheime Ber- bindungen der Sozialisten) in den Gnadenerlaß einzu - beziehen seien. — Dasselbe Blatt schreibt: .Wenn der Kaiser nicht schwer krank wäre, so würde Fürst Bismarck schon heute nicht mehr Kanzler sein." (? ?) Die „Nationallib. Rorrcfp.“ fertigt die .Frei - sinnigen" wegen ihrer Heuchelei und Bauchrutscherei ge - hörig ab. In diesen löblichen Eigenschaften thut sich die „Freis. Ztg." besonders hervor, und an ihre Adresse ist wohl die Abfertigung gerichtet. Wir wollen damit aber nicht fagen, daß die .N. K." ein Recht hätte zu dieser Abfertigung, denn womit die Freisinnigen ge - waschen, find die Nationalliberalen getrocknet. Ader die Abfertigung de« einen durch den andern Spießgesellen erregt beim unbetheiligten Zuschauer immer ein gewiffe« Vergnügen. Und diese« Vergnügen möchten wir unseren Lesern bereiten. Das oben genannte Blatt schreibt: „(Eine widerwärtigere Heuchelei ist nicht benibar als diejenige, die gegenwärtig in deutfchfreisinnigen und ultramontanen Blättern ihre Orgien feiert. Diese Blätter geberben sich, als ob sie berufen seien, das deutsche Kaiserthum und preußische Königthum, den Thron der Hohenzollern gegen dunkle Gefahren und Anschläge zu oerlheidigen, die nur in ihrer Phantasie existiren. Leute, die sonst aus ihrer demokratischen und republikanischen Gesinnung gar kein Hehl machen, überbieten sich in einem Byzantinismus und ServiliSmuS, wie er niemals zuvor erblickt worden und in diesem Fall ganz besonders ab - stoßend wirken muß. Ueber die Verdienste ber Demo - kraten und Ultramoritaneft um b>e Krone giebt jedes Blatt einer jahrzehntelangen Geschichte Auskunft. In saft unausgesetztem Kampfe hat sich da« preußische König - thum der Angriffe von dieser Seite zu erwehren gehabt und nun drapiren sich diese Leute plötzlich mit dem Mantel einer ganz besonderen, angeblich nur ihnen eigenlhüm- lichen Loyalität und KönigStreue l" In diesem Tone geht es weiter. Aber — eS mag genug fein de« grausamen Spiel«. Die preutzifchc« amtlichen KrciSblätter ergehen sich in, milde ausgedrückl, recht despeklirUchen Aeuße- rungen über die deutsche Kaiserin, al« angebliche Seg- nerin de« Kanzler« in der BerlobunaSgeschichte des BattenberaerS mit der Kaisertochter. Die .Bolks-Ztg." führt mehrere solche Stellen au« dem .Witten - berger Rrei« blatt" an, die bezeichnend sind für die sonst angebliche KönigStreue dieser Blätter. Die .BolkS-Ztg." hängt diesen Auslassungen folgende Be- merkung an: .Wenn die amtlichen Sr eisblätter in Preußen sich unter dem Ministerium Bi« marck- P u t t k a m e r eine solche Sprache gegen die deutsche Kaiserin gestatten dürfen, so weiß Jeder, der die sonst so straffe' preußische Disziplin kennt, was die Glocke geschlagen hat." Die Ablendung der Leipziger BiSmarckadrefse soll „vorläufig" unterbleiben, „da die Krise einstweilen behoben ist". o . *’• vcunigseu, der unvermeidliche Mann der Zukunft, befindet sich wieder in Berlin. vollem Bewußtsein seine ganze Zukunft ans'« Spiel fetzte. Ueber seine Beweggründe gab er selbst die fol - gende Erklärung: .Nach wenigen Minuten müß e ein - treten, was ich damal« für unser Baterland al« das Schrecklichste befürchtete — der Kampf de« Volke« mit den Soldaten. Wa« konnte der Offizier (von Ratzmer) thnn, der int Innern kommandirte? Sollte er in dem stockfinstern Haufe und getheilt auf den verschiedenen Fronten, wie feine Mannschaft war, dem Volke mit dem Bahonnet entgegengehen? Da lief er Gefahr, von der Menge überfluthet und in ein bedenkliches, jedenfalls blutiges Handgemenge verwickelt zu werden. E« blieb ihm also nicht« übrig, als feuern zu lassen. Die Wirkung diese« Feuers mußte mörderisch fein. Aber sie wurde durch die Dunkelheit den Augen deS Volkes entzogen, von außen wurde nachgedrängt, nach der ersten Salve mußte e« also immer noch zum Handgemenge kommen. Ober das Boll wich in Folge der Salve zurück. Würden dann die Handwerler und Studenten feige genug fein, ihre Brüder im Stich zu lassen, deren Angriff ste jetzt mit Gewehr bei Fuß ruhig zusahen? Wird nicht der erste Schuß Tausende versammeln, die Bürgerwehr für und wider Partei nehmen, die ganze Stadt in die Aufregung de« Kampfes unausbleiblich hineingezogen werden ? Diese Gedanken zogen in rascher Folge durch meine Seele. Aber was war zu thnn?.. . Ich hatte keinen Einfluß aus da« Volk und auf die an - wesenden Studenten und Handwerker; ich konnte den Angriff, der in diesem Augenblicke auf da« Zeughau« gemacht wurde, nicht aufhalien. Dagegen war e« viel - leicht möglich, durch meinen Einfluß den im Zenghause fommanbirenbtn Offizier zum Abmarsch von seinem Posten zu bewegen. Wenn bersklbe dann von der Ab- theilung de« Handwerkervereins besetzt wurde, so war e8 allerdings wahrscheinlich, daß einige hundeit Gewehre an da« Boll ausgegeben wurden. Aber wa« lag daran im Vergleich zu einer Frage, welche nach meiner Ansicht über Wohl und Wehe de« BaterlandeS, über Freiheit und Absolutismus entich'ed. Je'tensallS enthiftt dieser Versuch dasjenige Mittel, welche« den zu befürchtenden Konflilt zwischen Boll und Soldaten am sichersten ver - hinderte, jedenfalls war für mich die« der einz'ge Weg, auf welchem ich persönlich etwa« zur Rettung de« Ganzen beitragen tonnte. Doch entschloß ich mich dazu nicht ohne einen schweren, wenn auch lurzen inneren Kampf. Es war mir klar, welche« auch ber Ausgang meiner Vermittlung sein würde, daß man gerichtlich ober außer- gerichtlich mich mein Beginnen schwer werde büßen lassen, daß ich mit demselben mein äußerliches Glück völlig vernichtete. Und das bedeutete etwas sür mich I Beim Beginn einer Zeilepvche, in welcher die Kriegsflamme schon an verschiedenen Punkten Europas emporzuckte, stand ich durch meine Versetzung zum Generalstab an der Schwelle einer glänzenden Karriere, welche zugleich den schönsten Träumen meiner Jugend Genüge versprach — dazu kam da« Bild meinet hochbetagten Mutter, der Gedanke an eine geliebte Braut, deren Verbindung mir in wenigen Wochen bevorstand. Aber ich war nur einen kurzen Augenblick unschlüssig Je größer die Opfer, um so edler erschien mir die That." — Inzwischen find 40 Jahre vergangen, das ist grade die doppelte Frist, binnen welcher gesetzlich die Vollstreckung einer FestungS- strafe von 15 Jahren verjährt. Der Flüchtling kSnnte also getrost in’« Vaterland zurückkehren, wenn nicht durch die von Zeit zu Zeit erlaßenen Steckbriefe immer eine Unterbrechung der sonst doppelt vollendeten Ber- jährung eingetreten wäre. Der greise Lieutenant Techow ist längst zu einer geschichtlichen Persönlichkeit geworden und hat durch fein ganze« Leben, durch die jahrzehnte lange Trennung Boni Vaterlande den Verstoß gegen feine militärische Pflicht gebüßt Dem preußischen Abgeordneienhause ist eine Noth- standövorlage zugegangen. E« werden A 34 000 000 zu Beihülfen für die Geschädigten gefordert, insbesondere 1) au an einzelne Beschädigte zur Erhaltung im Hau«. und Nahrungsstande, b. an Gemeinden zur Wiederher - stellung ihrer beschädigten gemeinnützigen Anlagen, c. zur Wiederherstellung und nothwenbigen Verbesserung beschädigter Deiche, Uferschutzwerle und damit in Ver - bindung stehender Anlagen; 2) die durch da« Hochwaffer beschädigten Staatseisenbahn- und sonstigen fiskalischen Bauanlagen wieder herzustellen und, so weit nöthig, zu verbessern. Die Beihülsen nach den Bestimmungen unter la, b und c können ohne die Auslage der Rückgewähr bewilligt werden. Der ehemalige Premicrlicntcnaut Techow, über welchen wir berichteten und der fein ganze« Leben hin- durch unter den Folgen einer sicher edlen und begreif- Uchen Handlung zu leiden hat, verdient die Thellnahme des Volkes, weiche ihm schon 1848 nicht fehlte. Man beabsichtigte damals sogar, ihn zum Bürgerwehr- Kommanbanten zu wählen, unb biese Wahl wäre auch zu Stande gekommen, hätte nicht der Urtheilsspruch be« Kriegsgerichts sie unmöglich gemacht. Die That be« Olfiziers war militärisch allerbingS im höchsten Grabe strafbar; aber wenn überhaupt Motive entschulbigen können, so ist die« hier bet Fall, wo ein Mann mit Der Wahlprüfungsausschuß ber Münchener Kammer er klärte am 12. b. die Wahl be« einzigen Demokraten in ber Abgeordnetenkammer, Evo ra (Fürlh), mit 5 gegen 1 Stimme für ungültig. In Würzburg ist die Wahl endlich am Freitag Nachmittag zu Stande gekommen, wahrscheinlich durch vertrauliche LooSentscheidung. ES wurde der liberale RegierungSrath Burckhardt mit 41 Stimmen zum Ab - geordneten gewählt. In Ingolstadt ist 300 Arbeitern und Arbeiterinnen die Arbeit gekündigt worden, da mit der Fabrikation deS großkalibtigkn Gewehres und der Zuthaten inne- gehalten wird. Die Arbeiterzahl wird auf« niedrigste Maß reduzitt. Den in Amberg Entlassenen ist die Wiederaufnahme zum 1. November, wo mit ber Fabri - kation deS kleinkalibrigen Geweht« begonnen wirb, zu- gesichert. Aus Solingen schreibt man in den Blättern: .Die am 3. April von hier gemeldeten Hausdurch - suchungen haben im ganzen Landgerichtsbeztrk Elberfeld bei vielen Sozialdemokraten ftattgefunben. In den beiden Schwesterstädten Barmen-Elberseld wurden in Folge beffen nicht weniger aU zwanzig Personen ver - haftet, von denen nur drei wieder auf freien Fuß gesetzt