Nr. 274. 5. Aahrjllnm. ounadcnö, Dcu 21. November 1S91 Mwa la* „’öanibHrflcr (<■*0“ tridiemt tä^lid), außer MoinagS. Der -ldo«»rmetttSvrclS f i !l ,,Wrfcllfrtiflftcr M ) bttröqt: durch die Poft bezogen (Nr de« Poft. latafog 1 _'6%) ohne Vriugegk.t viertc^ährl .tt 4,20; duich die Solpcrtore wockentl, 66 frei in'« Hau«, Berantwortlicker Nedakior: Ctto Stollen in Hamburg. Anzeigen werden die fünfgefpallene Petitzeile oder bereit Raum mit 30 4 für den Slrbeitömarkt und BermietdungSanzetqen mit 20 4 berechnet, Anzeigen 2l>iuadme in der 64 Petition (bio ß Hbi 2tbdne wunderbare „Logik" in der Sache: „Dem Volke muß die Religion erhallen werden." Die Religion, die der Auigeklärte, der die Masse bel-errschen will, selbst nicht hat, die er nur äußerlich übt, um be» .guten Beispiels" willen. Auch da« B 0 l k hat Geist, Vernunft, mehr als ;rnc Li-sgeklärken meinen, und aus die Tauer läßt sich sein G.ist nicht brtffiren, feine Vernunft nicht in »panische Enefel einschiiüren Und deshalb ist die Besorgniß für bas brave Volk, dem man den „Schmerz" und das .Unglück" nicht anthun will, eS aus dem Himmel einer ki idlichen Einbildung zu reiften, den es längst nicht mehr hat, so komisch „rührend". Ter „Ketzer" entwirft ein Bild von dem Gotte, wie ih.i menschlicher A b e r w i tz sich gestaltet -- ein Dild, in besten Hintergründe die theologischen Schlau- köpfe als die echten und rechten Götzendiener erscheinen. T.:nn zeigt er, daft alle die schönen Gebote des Christen- thums, den Rächsten zu lieben, eitel Heuchelei ge. blieben sind, weil sie doch immer wieder das eigene Ich jum Ge>^iistande der Besorgnift machten. Um sich bei seinem Golt ein Guthaben z» verschaffen, verstand man si-h gelegentlich zu einem Almosen und tröstete sich im klebrigen über d..s menschliche Elend mit der schönen Redensart hinweg, Gott habe die Erde ja zu einem Jammerthal bestimmt ; fein Wille fei, daft Noth und Elend herrschen, und grade die, die er liebe, suche er damit heim. Wie kann man aber Gottes Willen burchkreuzen, ind m man seinen Prüfungen in den Weg tritt und die Heimgesuchten davon befreit ? Ja, ja, es ist keine Logik rn der Lehre 00.1 der „christlichen Rachstenliebc", in der chiistlichen Legre über - haupt Jeden einzelnen ihrer Sätze kann man mit einem anderen abthun. Man kann Alles, was man will, au# ihr beweisen. Mit dem Glauben an diese Lehre läßt der „Ketzer" allen Aberglauben aus- höre«, und den edelsten und besten Glauben, den an eine (Erlösung der Menschheit von anerzogenem Vor- urtheil und Wahn, von ausgedrungener Herrsch- und Selbstsucht, von selbst erzeugter Roth und selbst ge- schaffenem Elend anfangen Und dieser Vernunft- glaube, in dem der Gott der Vernunft sich openbart, er lehrt und beweist es: nicht der Gott ber Theologen hat die paradiesische Erde zu einem Jammerthal bestimmt sondern menschliche Hab- gier und Unvernunft haben sie zur Hölle ge- macht Die Erde ist so groß und weit und schön und bietet Raum und Nahrung u .d Gluck für alle Menschen Da kommt die privilegirte Huögier und nimmt für sich vorweg, wa# sie ergatteri kann, vergewaltigt die Schwächeren, ihr zu dienen und sich mit dem zu be - gnügen was ihre Habgier üorig läßt Bis zur Er- bäiml'chkeit ist der Besitzlose gezwungen, sich zu er - niedrigen, seine Menschenwürde preiszugeben ; bis zur Herzlosigkeit wird er getrieben, seinen Vortheil zu suchen; bis zum Wahnsinn gemartert, ein kärglich Brot zu finden In ewiger Sorge um das Morgen lebt er bas Heute, und mit Einsetzen denkt er der Seinen, wenn er unter der Daseinslast zusaniineubricht Denn ihrer wartet ja die „christliche Nächstenliebe und das, meint der „Ketzer', sei wahrlich ein @1 banse, der e« eiitfchuldige wenn Manner, die am Grabe ihrer Hoff- innigen angekommen sind, Weib und Kind ermorden, nm sie vor dieser „NiKhsteniiede" bewahrt zu sehen. •) Berlin, Verlag von A Kinser Da« ist der Triumph des Menscheugeiste« in der „hehren Religion Der Liebe", zu welcher er sich artige- schwangen hat. Aber ter Mensch ist dahinter gekommen, hinter die „Geh imnisie" seines Geschicks Er hat nachgrade er - kannt, daft nicht der Wille Gottes ihn elend und un - glücklich macht, ihn entehrt und niederdrückt, sondern, daft Alles da« die M e n f ch e n mit ihren ge'clljchast- lichen Einrichtungen zu verantworten haben. Er hat begriffen, daft man das Unrecht hassen und be - kämpfen muft, welche- der Mensch am Menschen be - geht. indem et ihn in eine widernatürliche Ordnung preftt, den einzelnen Wenigen alle Guter und Schatze dieser Erde in den Schooft wirst, während sie die große Masse zur Armuth verurtheilt. Unser „Ketzer" will, daft der Mensch gelehrt und erzogen werde, feine ganze Kraft in den Dienst einer Gemeinschaft Gleichberechtigter zu stellen. Aber — „das ist der Sozialismus, das große allge- meine Zuchthaus". Tn „Ketzer" lächelt zu diesem Einwurf der Bornirtheit mitleidig. Ucbcrall sieht er auf wirtbschaftlichem Gebiete und auf dem deS Gemein - wohl» „sozialistische" Gebilde und Gebildchen, wie sie die Nothwendigkeit Hervorrust und genau so lange und genau in dem Umfange bestehen läßt, als sie ihren Zweck erfüllen. Et hat ersannt: „Der sozialistische Staat kann nicht befretirt w ’tben Tie Nothwendigkeit ge - biert ihn, und wie weit er auch immer feine Glieder in Anspruch nehmen mag, der e i g e n e Vortheil wird ihnei die Nothwendigkeit dieser Inanspruchnahme begreistich machen und nirgend» wird die Empfindung einer unge - reimten Beschränkung der persönlichen Freiheit aus- kommen." In der That, der „Ketzer ' hat Recht: Diese» Gesuhl kann nur da bestehen, wo die Vortheile der Belastung nicht den Belasteten selbst, sondern Anderen zustieften. Warum fühlt sich denn bet Sklawe al« Sklawe? Weil ihm die Vortheile feiner Arbeit nicht zu Gute kommen. Richt, daß er arbeiten muft, ruft in ihm das Gefühl de« BerauotseinS und Gedrückt - sein- hervor, sondern das Arbeitenmüssen zum Vor - theil Anderer. Dem „grossen Zuchthaus" führt uns also die fojia. listische Organisation der Arbeit nicht entgegen. In dem „großen Zuchthaus", mit dem man heute politische Kinder schreckt, befinden wir unS vielmehr und haben seht nöthig, die Schädel anzustrengen, wie wir herauskommen Der „Ketzer" folgert: „Ist der Sozialismus ein Mittel, unsere gesellschaftliche Krankheit zu heilen, so wird er da- zu beweisen haben, und ich gehöre min - destens zu denen, die ihm die ehrliche Probe gönnen." Et wird diese Probe bestehen. Sun Der MlldWk. Die Frage bet Immunität bet Reichstags nbgeorbueten Wirb wohl im Sinne des dem Reichs - tage zugegangenen Antrages ihre Erledigung finden Duft der Reichstag in seiner Mehret energisch auf seinem einmal geäußerten Willen bestehen werde, ist, so - bald die Regietiiiig fest auf Dem ihrigen besteht, säum zu erwarten, wenigstens hat sich bisher die gegenwärtige ^Majorität nicht widerstandskrästig erwiesen Hierzu kommt, daß bereits eine Reihe von Pfftorganen sich für diese „Lösung" ber Frage auesprachen So bemerkt z. B bie „Rationalzeitung" : „Wie wir voraussetzten, soll bie Immunität nach dieser Vorlage nur während ber lunger als dreißig Tage bauernben Vertagungen nicht gelten, welche ber Kaiser unter Zustimmung des Reichstages ailSsrricht Tarin liegt ein nach lebet Richtung hin ausreichenbes Kom - promiß zwischen ben berechtigten Zwecken ber parlamen - tarischen Immunität und beit Anforderungen ber R chts- orbnung. Es ist zu hoffen, baß bie vieliimstrittene Frage aus dn'er Grundlage, so daß die Jmniunitat für bie Zeit kürzerer Vertagungen gesichert wirb, ihre Lösung findet" Bei einem Kartellorgan kann diese Stellungnahme nicht überraschen, sind doch bie Helden vom wartill fiet- bereit gewesen, sich selbst btr „besseren Einsicht" ber Re - gierung zu opfern Wunbern muß man sich aber, daß selbst die demokratisch fein wollende „Frkf Ztg " sich dem EhotuS der Zustimmenden anschließt, indem sie schreibt: „Erfreulich ist diese Lösung zunächst insofern, alS sie zeigt, daß ber Bundesrath nicht langer die Ansicht Der- treten Will, daß schon jetzt berfort. 31 berVerfassung sich nicht auf die Zeit bet Vertagung anwenten laste. Der Reichstag hatte wiederholt, zuletzt saft einstimmig, auf Gnind ber Verfassung verlangt, daß bie Immunität feiner Mitglieder auch während ber Vertagung von ben Behörben unb Gerichten refpeftirt werbe, und auch jetzt wieder lag dem BnnbeSrath ein derartiger Beschluß vor Tie meisten Staaten, Pteuften voran, erkannten die Berechtigung jener Forderung an, es unterblieben in Folge besten alle gerichtlichen Schritte gegen verklagte und beschuldigte Abgeordnete auch während der Zeit ber Vertagung deS Reichstages; nur in Sachsen respektiere ein Gerichtshof die Immunität nicht unb wie» ben Protest des unter Anklage gestellten Abgeordneten zufäck. Tie Sache schwebt jetzt noch, da bas Reichs - gericht angentfen worben ist; , utistifch wirb dieser Gerichtshof bas letzte und eutfibeibenbe Wort über die Bedeutung de« Art. 31 der Versastrrng zu sprechen haben. Taft ber BundeSrath den Spruch des Reichs - gerichtes nicht abgewG.tct hat, bekundet dock wohl, daß er in der Auslegung der VerfassungSbe- stirnniung mit dem Reichstag einverstan- ben i ft ; wenn er dieS auch nickt offen sagt, so giebt er boch in der Begründung seines jetzigen Gesetzent - wurf« zu, daß der Auslegnng des Art. 81. bie dessen Bestimmungen für jegliche Vertagung ohne Rücksicht aus deren Dauer in Anspruch nimmt, „beachtens werthe Gründe zur Seite stehen" Da« genügt, und bet neue Entwurf zeigt, daft ber BundeSrath au* jeden ferneren Streit über bie Auslegung beS Art 31 verzichtet Gegen den Entwurf selbst haben wir weder p o- litis Ae noch juristische Bedenken, denn so entschieden und beharrlich wir dafür eingetreten sind, daß der Art 31 in seiner jetzigen Fassung den Ab- geordneten auch während einer Vertagung zu Gute kommen mni>, so rückhaltlos müssen wir auch bekennen, baff der Ge banke, ber dein Privilegium ber Abgeorb- neten zu Grunde liegt, doch nur für die Sitzungsperioden im engeren Sinn, das heißt für die Zeit, da der Reichs - tag versammelt ist, seine Berechtigung hat " Können wir diese Auffassung der „Frkf. $tg nicht theilen, trotz der für dieselbe vorgebrachten Gründe, so sind wir um so mehr einverstanden mit einer anberwei- tigen Anregung, welche das Blatt in Bezug auf die Aenderung de» Art 31 der Verfassung giebt, wobei e« sich nämlich um eine Erweiterung der Immu - nität der Abgeordneten bandelt, um die Fest ¬ legung de» Grundsatzes, daß überhaupt kein Abge - ordneter gegen ben Willen deS Reichs - tage» den Verhandlungendesfelbensern. gehalten werden darf. Tie „Frkf. Ztg." schreibt in diesem Sinne: „Sind wir nach reisticher Erwägung bereit, dem BundeSrath uns in der Forderung anzulLließen, daft die Immunität ber Abgeordneten für bie Tauer einer län - geren Vertagung der Session aufgehoben werbe, so müssen wir andererseits aber auch ein nicht minder d e - rechtigteS Verlangen geltend machen, ba# bie Ausfüllung einer Lücke des An. 31 zum Gegenstände hat Will der (Entwurf deS Bunbesraths eine Begehung-- fünde au» ber Welt schassen, so wollen mir auch eine noch viel schwerere Un teriaff 11 ngSfünbe gut gemacht wissen. Der Art. 31 giebt dem Reichstage da» Recht, bie Aushebung jeder über eine« feiner Mit - glieder verhängten Untersuchung»- ober Zivil- hast zu fordern, enthält aber keine gleiche Bestimmung über eine Aufhebung der Strafhaft, und allen Versuchen, auch bie Strafhast in den Kreis des Privile - gium« zu ziehen, haben bie Regierungen sich bisher widersetzt, obgleich doch eine Unterbrechung ber Straf- Hast gegenüber einer Unterbrechung ber Untersuchungshaft bos Geringere ist unb bie Wahrung der Reckt«- orbuung in den meisten Fällen gar nicht gefährdet Jahr ein Jahr au« werben Strafgefangene aus privaten Gründen beurlaubt ober e« wird ihnen ein Aufschub derStrasverbüßung gestattet, wie will man es ba vertheidigen, den Adge- ordneten, der zufällig während einer Session eine Strafe verbüßt, an der Ausübung des Maildats zu hindern? Ter (Entwurf deS Bundesraths betont ausdrücklich, daß bie Immunität ben Kataster eines Privilegiums deS Reichstags habe; wie kann man ihm bann bieseS Privilegium in Bezug auf die Strafhaft nach ab- geurteilter Sache vorenlhalten? Ter Entwurf weist daraus hin, daß eine Immunität für die lauer der Ver - tagung in anderen Verfassungsstaaten nicht bestehe; wir erlauben uns bei der Fori erung, bie Strafhast in ben Kreis ber Immunität zu ziehen, den Hinweis, daß in ben meisten anberen Verfassung-staaten auf Verlangen ber Parlamente jebe Strafhaft, burch bie ein Mitglied von den Verhandlungen ferngehclten ist, sofort auf- gehoben wird." Wir Wollen wünschen, daft diese burchau- berechtigte Forderung bei den Verhandlungen im Reichstage über die Sache ihre energische Vertretung unb Anerkennung finbet Tic Tiätcnfragc Wird zw-isell?- den Reichstag in gegenwärtiger Tagung wieder beschäftigen. Tie alte Kalamität der permanenten Beschlußunsähigkeit ist mit dem Zusammentritt deS Reichstages sofort wieder mit einge - zogen. „Wer die Wirkung der Diäteulosig. feit vor Augen sehen wollte", so wird dem „Westfäli - schen Merkur" aus Berlin geschrieben, .,brauchte nur am DienSiag im Reichstag zu fein : grafte Lei re int LitzungS- faale. Und wie e« nicht gut begonnen hat, so wird es nicht gut enden Las wissen wir doch au« allen früheren Sessionen." Abgesehen von der „Nordd. Allgetn Ztg.", wird allgemein anerkannt, daß die Tiätentosigkeit sich nicht als Schutzwehr gegen die Sozialdemokratie bewährt hat, selbst der christlich-konservative „Reicksbote" gesteht dieses zu, will ober nichts desto weniger die Tiätenlosigkett bei- behalten wissen weil sie wenigsten- den Schein einer Schutzwehr bestehen läßt, bis ba« allgemeine gleiche Wahlrecht eine Einschränkung erlitten hat. Ter Mangel jeber Mannhaftigkeit bei den bürgerlichen Par- seien giebt den reaktionärsten Beft ebunven die (Er - mutigung zu beständiger Bohrarbeit aus allen Gebieten der bürgerlichen Freiheit. Richt daß man auf reaktio - närer Seite glaubt, jetzt bereit« das allgemeine gleiche Wahlrecht zu Fall zu bringen, aber utan rüttelt baran probeweise mit ber Hoffnung aus günstigere Gelegenheit. Run, das allgemeine gleiche Wahlrecht hat zu tiefe Wurzel im Volke gefaßt, um eS, ohne bas ganze StaatS- lebeit niederzureiften, ihm wieder entziehen zu können Ter fo.ialbcttiokratifche Wahlsieg bei den berliner Stadtverordneten 2V ah len hat auf bas Nervensystem Herrn Eugen Richter« offenbar sehr schädigend eingewirkt ; er muß an allerlei Halluzinationen leiden, ben 11 ander- ist folgende Auslassung seiner „Freis Ztg." absolut nicht zu verstehen. Diese berichtet nämlich: „TieSozialdem okraten beabsichtigen bei ben Stichwahlen für die StablbcroibneteuBeriammluiig in Berlin die antisemitisch - konservative n Kandidaten gegen bie Freisinnigen zu unter- stützen Bekanntlich stehen im 3., 12, 32 und 38 Wahlbezirk Stichwahlen zwischen den Libera'en und ben Konservativen bevor. — £b für diese Ilnteuiützung bie Konservativen und Antisemiten bie Sozialdemolraten gegen die Liberalen im 10. unb 40. Bezirk unterstützen werden, scheint noch nicht sestzustehen. Nachdem die antisemitische Hetzbrüderschaft allmälig bis auf 3 Mit - glieder in ber Stadtverordnetenversammlung herab- gemindert worden ist, würde e« also dieser Partei ber „wahrhaft König-treuen" unter ber Protektion de- Herrn Singer möglich werben, bei ben Stichwahlen mit Hülse ber Sozialbeniokratie wieder bi- auf 7 Mann emporzukommen Für bie Zusammensetzung unb bie Mehrheit-verhältnisse in der Stadtverordnetenversammlung ist dieses Bündnift vollkommen gleichgültig, für die Sozial - demokratie wäre e- überaus karakieristisch, wenn dieselben zur Stärkung der rabiatesten Gegner bet bürgerlichen Selbstverwaltung und de« engherzigsten KonsessionalisniuS in ber kommunalverwaltung mitw;r!tcn." Das ist offenbar ein Ausfluß „freisinniger“ Gespenster- furdit. Welchen Schreck müssen die Wahlen der dritten Klasse dem armen „Freisinn" eingejagt haben, daß er solche Gespenster sieht, obwohl in der 1. wie in ber 2 Klaffe bie Liberalen gesiegt haben I In Spandau hatten zu den Wahlen ber britten Abtheilung bet Gtabtoerorb- neten unsere Parteigenofien zwei Kaiidibaten unb bie Arbeiter der königlichen Institute Viet Kandidaten auf- gestellt. Sämmtliche sechs Kandidaten wurden gewählt und somit die Kandidaten de« Bürgerthums f ä m m t - 11 ch geschlagen Von 1188 abgegebenen Stimmen wurden für bie Kandidaten der Arbeiter nach den vor - läufigen (Ermittlungen 746 —867 Stimmen abgegeben. Buch bei den Stadtverordnetentvahlen in Luckenwalde hat die Sozialdemokratie einen glän- zenden Sieg errungen Alle drei Kandidaten der Arbeiterpartei, Gerischer, Hellsinger und Rodes, wurden mit großer Majorität gewählt Darob lange Gesichter bei bet Bourgeoisie unb Erstaunen selbst bei unseren Genoffen. ES war erhebend anjufeten, wie bie Proletarier sozusagen Schlag auf Schlag für unsere Genossen stimmten Dieser Sieg wirb d e dortigen Par- teigenoffen zu neuen Anstrengungen an'potnen unb Luckenwalbe wieder da« werden, wa« es vor dem un- glückseligen Hutmackerstteik War, eine Hochburg ber Sozialdemokratie I Im sächsischen Landtage kam am Do nnerstag bie Interpellation betreffs ber Verwendung von aktiven Militärs al« Ersatz für streikende Buchdrucker zur $erbaubhing Die Thatsache wurde zugegeben, ledoch mit dem Vermerk, daß bie Soldaten blos für rein amtliche Arbeiten 6er- wandt würben Tie Erklärungen ber Regiernugsoertreter die nach Puttkamer'schem Muster hinter dem Buckdrucker- streik bie Sozialdemokratie unb b:e Hydra ber Sozial - revolution erblickten, führten zu scharfen Au-einanber- fetzungen mit ben sozialdemokratischen Abgeordneten Seiten« dieser wurde im Lause ber Debatte ein VI n l r a g eiugcbracht, der die Zurückziehung ber S 0 lda - t e n und die Bewilligung ber von ben Schriftsetzern auf- gestellten Forderungen für bie zur Herstellung ber amt - lichen Tnickardeiten in ber Teubner'scheu Lsfizin noth- roenbige Setzerzahl verlangt. Tie Sache wirb also nochmal« zur Debatte gelangen Tic Heimlichkeit deS (verfahrens in der Miliiargertchtobarkeit, wie e« leider immer noch im größten Theile Teutichland» nach preußischem Muster geübt wird, und das man auch auf ® a i e r u ausdehnen möchte, widerspricht in schneidendster Weise dem gefunden Rechtsbewufttsein Wir wissen ja, eS werben für btefr» Verfahren Rücksichten der „Disziplin" geltenb ge - macht ; biefelben können aber der strengen Kritik nicht staubhalten Tie Disziplin an sich hat mit der Heimlich - keit gar nicht« zu schaffen Die Gesetzgebung aller zivili- freien Staaten hat bie Vorzüge deS öffentlichen Verfahren« anerkannt, die hauptsächlich darin bestehen, daß die öffent - liche Meinung sich ein Urtheil über bie Justiz und ihre Thätigkeit bilden kann. Weshalb sollten bie Militär - gerichte bie volle Oeffentlichkeit zu scheuen haben? Viel - leicht deshalb, weil das öffentliche Recht-bewußtsein oft nicht in Einklang zu bringen fein bürste mit ben Urtheilen ber Militärgerichte? Um so mehr ist bie Leffentlichkeit nöthig, weil sie ben Aiigeschuldigten unter Umstänben vor ungerechter Berurtheilung schützt, weil sie ben Frei- gesprochenen eine moralische Genugthuung sichert und weil sie in dem Richter ba« Gefühl ber Verantwortlich- feit erhöht Mit Recht hat vor anberthalb Jahrzehnten der österreichische Gc neral-Buditör D a m i a n i t s ch, einer ber bedeutendsten Militärrechislehrer, gesagt: „Die hier und ba laut gewordene Einwendung, daß durch das öffentliche Verfahren die TiSziplin leide, ist eine hohle Phrase." Unb ber Geheime Justizrath Zeller, Haiiptmaiin unb Mitglied deS preußischen GeneralauditoriatS erklärt: „Die Militärgerichte haben ba« größte Interesse baran, baft ihre Urtheilssprüche von dem öffentlichen Vertrauen getragen werden, weil nichts bie Disziplin mehr kräftigt, al« daS Vertrauen, unb nicht« mehr schädigt, al« ba« Mißtrauen in die Gerechtigkeit einer erkannten Strafe. Wird aber eine Sache hinter verschlossenen Thüren ver - handelt, so kann da« öffentliche Mißtrauen gegen bie Urtheilssprüche nicht aii-bleiben unb eben so wenig kann eS vermieden werden, daß Mit - theilungen Über einen Straffall ent - stellt in die Oeffentlichkeit dringen und eine falsche Darstellung verbreiten." Kaum glaublich, aber wahr ist eS, baft ba« heutige Militärgerichtsverfahren in Preußen und dem übrigen Rorddeutschland in bei Hauptsache noch aus den Grund- sätzen beruht, welche in dem Söldnerheere Gustav AdolsS galten Seit mehr als vierzig Jahren ist von allen preußischen Regierungen bie tieferm ber Militärgerichtsbarkeit „in sichere Aussicht gestellt" worden. -Iber sie rückt nicht vom Fleck Ueber neue G e- wehre werden die Herren von bei Militärverwaltung sich eher schlüssig Pflicht des Volkes ist eS, energisch die Stimme für die wirkliche Reform, also in erster Linie gegen die Heimlichkeit de« Verfahren- zu erheben. Es sind unsere Söhne, unsere Brüder, die dabei in Betracht kommen. Da« „Volk in Waffen" soll rechtlich nicht schlechter gestellt fein, wie da« Volk im Bürgerrock QAörfc und Lottcricfpiel. In einer dieser Tage in Berlin stattgehabtcii antisemitischen Versammlung be- handelte Hosprcdiger a. D Stöcker ben Finanz- krach, was jelbftverstäiiblich ohne heftige Angriffe auf die Juden nicht abging Sein Gesinnungsgenosse Pro- fesi'or Ad Wagner nahm Anlaft, einen Vergleich zwischen Börse unb Lotteriespiel anzustellen, der aller - dings keine neuen Gedanken bietet, aber um deswillen beachtenswert!; ist, weil ein Antisemit ihn geliefert bat Wir zitiern nach dem Bericht der Kreuz-Ztg", Wagner führte au«: „Woher komme die ungeheure Summe ber Börsen- fapitahen ? Toch nur au# dem Volk! Spielt Niemand von Ihnen in der Lott, ,ie ? Ich fürchte «Ne! Ich bedauere sehr, baft ber preußische Staat die Lotterie begünstigt, die Staatslotterie sogar vermehrt hat Ick bedauere die vielen genehmigten Geleqenhe.tSlotterien Das Börsenspiel aber ist nicht schlechter, ionbern eher 71waS besser alS das Lotteriespiel; denn es erfordert doch etwa# Nach- denken, etwas Berechnung; das Lottericspiel par nicht, und auch bei diesem kommen doch die Gewinne von denen, die ihr Geld verloren Haden. Man spielt nur deshalb in der Lotterie, um reich zu werden Was das Börsenspiel be - trifft, so sind nicht nur die Termingeschäfte, sondern auch die gewöhnlichen Spekulationen verwerflich. Ich bin fest überzeugt, daß auch hier viele sind, die mühelos reich werden wollen, indem sie ihr Geld beim Bankier für sich arbeiten lassen. Also nicht die Juden allein, sondern ba« ganze Publikum ist schulb, Tie Effektenbörse ist etwa« Nothwendige- zu Ausnahme der Staatsanleihen und zur Anlage ber Ersparnisse ber Burger; aber da« Börsenspiel brauchen wir nicht unb da« Publikum sollte sich davor hüten. Man sollte nicht ben Reichthum an sich, sondern ben anständigen moralischen Erwerb desselben acht n. Man sollte alle Unehrlichen, auch wenn sie reich sind, gesellschaftlich vervehmen. Tarin haben wir e« verfehlt Wie kommt e«, baft bie Lotterieloose so starken Absatz haben? Wenn bie Juben bie Verführer sinb, so laßt euch boch nicht immer verführen 1 Sucht doch die Wurzel des Uebel« in euch selbst! Mau soll nicht gewinnen wollen, wo man nicht verlieren will Ich schließe mit dem alten Bidelworie: „Der- lenige hebe ben erstenStein, ber fich frei von Sünben weiftI“ Herr Stöcker soll über diese Ehrlichkeit feine« Ge- sinnungsgenosfen wenig erbaut gewesen fein. „Moralische Anwandlungen" zu bekommen, ist der kapitalistischen Pieffe fett einiger Zeit wieder ver - gönnt. Auch die „Köln Ztg " ist von einer solchen heimgesucht worben; sie schreibt über „ Spiel wuth unb Bankbrüche" u A FolgenbeS: ..Wenn man gerecht unb unbefangen urtheilen will, so muß man zugeftehen, daß an diesen Zuständen einen recht erheblichen 3 heil ber Cckulb da« große Privat - publikum selbst trägt, ba« in seiner großen Evielwuth, in feiner über alle Maßen gehenden Selben- schäft, rasch reich zu werben, den günstigsten Boden für derartige Spielexistenzen abqiebt unb sie zu ben gewagtesten Geschäften veriührt Die AuSwüchse ber Börse, wie sie sich heute barstellen, wären i-icht denkbar ohne daS Treiben eine« geldgierigen Publikum-, das den Respekt für redliche ehrliche Arbeit, fit fleißige (Erspar - nisse verloren hat und durchweg vorzieht, lieber hochver - zinsliche als sichere Werthe für feine Ersparnisse zu saufen Tie Sucht nach dem glänzenden Golde und nach dem schnellen Gelderwerbe hat alle Schichten unserer Be - völkerung in einer bedenklichen Weise durchsetzt. In ben niedrigeren Stufen finden wir die Folgen in der Ver - breitung der Sozialdemokratie, in den höheren in einer gesellschaftlichen Zersetzung, gegen die mit allem Nachdruck einznschreiten eine wichtige Ausgabe unserer anständigen, so - liden Klassen, vor Allem der ehrlichen und flerftigen Kauf- maniwmelt selbst fein sollte Roch ist heute bei eigentliche Spieler mit großer Strenge au» bet guten Geiellschaft verbannt. (! ?) aber gegen den Börsenspieler übt man btefr Strenge nicht mit gleichem Maße au# Und boch ist r« ganz gleichgültig, ob Jemand sein unb seiner Be ¬ kannten Vermögen im Kartenspiel und im Ps-rbewekten vermehrt ober verliert, ober ob er sich dazu de» Tiffe« lenzspiel« an der Börse in Effekten ober in Roggen und Weizen bedient Man vergesse auch nicht, daß dies« Spielernaturen nicht bla« unter den Börsianern zu suchen und zu finden sind, in allen Klaffen unserer Bevölkerung kann man mit Fingern auf sie weifen unb ba« Kapitel der berüchtigten Geldheirathen spielt auch hier eine große Rolle Ter Mann mit altem, vornehmem Ramen, der fein Familienwappen mit dem rasch erworbenen Ver - mögen eines irgendwie emporgefontmenen Schwiegervater« vergoldet, handelt nicht minder unsittlich und tadelnswerth Wie bet Börsenspieler selber." Ei, ei, wie sehr „moralisch". Wollte da» Sapita- liftenblatt ganz gerecht und unbefangen urtheilen, so müßte e« erklären, daß bie Spielwuth nur eine Konsequenz der herrschenden WirthsckaftSordnung ist. welche bie Selben- schäft, sich aus Kosten seiner Mitmenschen zu bereichern, al- höchste wirthschastlich« „Tugend" erachtet Und er müßte weiter erklären, baß es ganz gleichgültig ist, ob Jemand burch Börsenspiel, ober burch Ausbeutung und Bewucherung der ehrlichen Arbeit in der Industrie zum reichen Manne wirb; daß die ganze Ge - sellschaft nur aus Ausbeutern unb Ausge - beuteten, au- Stehlern und Bestohlene« besteht unb baß da» höchste Maß von Ehrlichkeit doch noch in den sogenannten „niebrigen" Schichten bet Be- vklkening zu finden ist Baron von Steinäcker, ber bie schlesische Ge- birgslahn bei Sauban burch einen Stollen untergraben hat, fenbet verschiedenen Zeitungen eine Eiklärung, an - der aber weiter nichts hervorgeht, als daß nach der An - sicht einiger Bergbeamten, die er namentlich anhlhrt. der Stollen die Bahn nicht griäbrbe, und baft ber Abbau ber Strecke ohne seinen Auftrag unb offne feine Geneh- migung von dem verantwortlichen Betrieb-führer au«* geführt worben fei DaS Letztere ist sehr merkwürdig. Wir wollen abwarten, wie sich diese Behauptung vor Gericht bewähren wird Daft bie Bergpolizeibehörde» auS Rücksichten ans bie Sicherheit be« Baffnplanum- sein Gesuch, ben Sicherheit-pfeiler durchbohren zu dürfen, in allen Instanzen affgel ehnt haben, — baruber geht der Herr Baron mit Stillschweigen hinweg Zn viel Schulbildung auf dem Laude ist nach einem äußerst weisen Erguß ber „Hambg Nachrichten" bie Ursache ber Zunahme ber Prostitution Man höre die famose Begrünbung dieser Weisheit: „Bei den Erörteningen, welche zur Zeit über ba» Prostitution«- und Zuhäfterweien stattfinden, wirb über - sehen, baft eine Haupturfache dieser Zustände in dem Steigen der Einwanderuna von dem Lande in die groß» Städte zu suchen ist. Ein unverhältniftmäftig großer Bruchtheil diese- Zuzüge- besteht au- unverheiratheten Frauenspersonen Wenn diese, waS Wir augenblicklich nickt beurtheilen können, aber glauben, im Veihältnift zu ihrer Anzahl bei der Prostitution besonder« stark be - teiligt sind, so ist dies zum Theil ein Ergebniß deö weiblichen Schulunterricht - auf dem Lande. Die Schulmädchen werden durch i! n grabe soweit ausgebildet, baß sie ländliche Arbeit in Wind unb Wetter ober im Viehstalle ihrer nicht mehr wür - fe i g f 111 b e n und sich befähigt glauben, ihre Existenz in feer Hoffnung auf eine Nähmaschine unb in Ai:-sicht auf Tanz- unb Tingel-Tangel-Vergnügen in der großen Stabt zu flicken. Wenn sie dahin kommen, so finden Diejenigen unter ihnen, bei denen ber Tinge! Taiigck mehr Anziehungskraft als die Nähmaschine bat, sehr bald, daß ihr Verdienst ihren Bedürfnissen nicht ent - spricht Sie verfallen bann leicht der Prostitution und demnächst einem Zuhälter. Die Existenz eine« solchen hat für junge arbeitsscheue Männer zu viel Anziehende-, als daß sich nicht für jedes Frauenzimmer, daS einen Zlihälrer braucht, sehr bald einer finden sollte Sonach ist die Zahl derselben abhängig von bet Zahl ihrer be- bluftigen Frauenzimmer. Wis aber die Zunahme ber Letzteren betrifft, so glauben wir wie gesagt, baft ein Zmamineiihang zwischen ihr und dem Karakiet be« Ei.imviarichulwesenk besteht, das mehr auf städtische al« auf ländliche Bedürfnisse berechnet ist und bie Üanb- madchen für daS großstädtische Leben vorbereitet " La wird also, nach Ansicht be« BiSniarchSrgLiiS, nichts übii,j bleiben, al« eine Rückwäitsrcvidirurg de« Laiidschulwesen«, das so schon schlecht genug ist. Wenn bie L.'ndinädchen erst nicht mehr bie Ramen an den Sti sieneckrii der Großstadt lesen können, bann weilen sie sich nicht mehr dahin drängen Weich' hohe Weisheit I Tie fchrosfen(Yegcnf ätze imdeiitskfic« Ehr iftcn- thuin behandelt die , Magdeb. Ztg ", die sich in letztet Zeit sehr ausgiebiger geistlicher Miraibeiterschast zu er - freuen scheint, in einem langen Leitartikel. Ta wird geklagt über bie Intoleranz der katholischen Presse. Diese ober erhebt bekanntlich denselben Vorwurf gegen ben Protestantismus. Sehr ärgerlich ist btr Artikelfchreiber über bie Verunglimpfung, welche anläß - lich des jüngst ftattgebabtni ReformaiionsjefteS Luther leitens ber katholischen Presse erfahren hat; so inO- befonbere über eine Auslassung des „Baienscher Vater- lanb", wonach ba« ganze Lulterthum nichts ist, al« bie von Branbeuburg staatlich ringefüffrte „Religion ber Insubordination", — nach derLehiiiri'ichen SSeissagung „das Gift ber traurigen Pest, die ein Weib (die Mutter deS Kurfürsten Joachim 11.), von der Seuche der neuen Schlange berührt, in'« Land gebracht hat". Ter Abfall Luther« war nur „Auflehnung gegen Gott unb die rechtmäßige Gewalt". „Unter dein Hohn, gelächter berHölle protefiirte bie Jnfubordinativ» gegen den Geboriam unb die kirchliche Empörung fetzte daS beliebige Ermessen des Einzelnen zum Siebter ein über Gott und die Welt Hochmuth, Eigendünkel und Habsucht waren die Triebseberii und das Schlußrefultat dieser Empörung war, daß an die Stelle ber Kloster — Zuchthäuser, Kasernen und Fabriker gesetzt wurden. Ter kirchlichen Revolution de« 16. Jahr - hunderts folgte die politische des 18. und dieser folgt jetzt die soziale Ter g-sunde Menschenverstand wundert sich über den Widerspruch, im staatlichen, militäuichen und sozialen Leben Subordination zu fordern, in kirch - lichen unb religiösen Fragen aber die Insubordination jii verherrlichen An diesem inneren Widerspruche krankt das preußische Staatswesen " DaS sind nun allerdings Albernheiten. Denn Luthers Lehre über bie Cbrigfeit unb über die unbedin.te Pflicht des Volke«, ber Cbrigfeit zu gehorchen läuft auf baS grabe Gegentheil von Insubordination hinou». Ter Geist ber „Suborbinatton", der Unterordnung unter bie Willkür ber Herrschenben Macht, hat in Luther einen beredten Verfechter gesunden. Tie beklagte „Insubordi - nation" offenbart das Wachsthum unb die Verall - gemeinerung ber Vernunft unb ber Freiheits- und Ge - rechtigkeit-idee Die katholische Kirche selbst hat a be« Wiesen, daß sie nicht im Stande ist, diese .Insubordi- Nation" zu verhüten. Dem Artlkelschreiber ber „Magdeb. Ztg" gesollt aber auch bie leitende theologische Richtung tni Pro - testantismus nicht; er meint: ..TaS evangelische deutsche Volk braucht geistige« Brot, nicht Steine; es braucht lebendige, erfrischende, triebkrästtge HrilSlehren, nicht todte Formeln; eS braucht eine Fortbildung, Erneuerung, Vervollkommnung bet heilskräftigen Lehre unb That Luther«, nicht eine fort- ’ geietzie Verknöcherung und Versteinerung deS nur noch Mslorisch konservirbaren Wortgezänk« be« sechszehnte« Jahrhundert«, über da« selbst unsere „gläubigsten", „po - sitivsten' Dogmatiker geistig längst hinauSgewachsen sind.