6. Jahrgang. Rr. 153. KamburgÄMW Das „Hamburger Echo" erscheint täglich, außer Montags. Der Abonuemktttsprciö (inll. „Die Neue Welt") beträgt: durch die Post bezöge» (Nr. des Post, atalogs 2761) ohne Bringegeld Vierteljahr!. M. 4,20; durch die Kolportöre wöchentl. 36 4 frei in's Haus. Verantwortlicher Redaktör: Emil Fischer in Hamburg. egeeaeaBHBHeBee™aBBBasaHMB3BEDDBB8EaeHHHe Sonnabend, den 2. Juli 1892. Anzeige» werden die sünfgespaltene Petitzeilc oder deren Raum mit 30 4, für de» Arbeitsmarkt, BermiethuugS- und Familienauzeigeu mit 20 4 berechnet. Nnzeigen-Annahmc in der Expedition (bis 6 Uhr Abds.), sowie in sSmmtl. Annonceu-Büreaus Redaktion und Expedition: Große Thcaterstraße 44 in Hamburg. Nemesis. o Der alte „Reichsnörgler" aus Friedrichsruh sucht etwas darin, mit seiner politischen Koketterie di öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Zwar lag für uns darum kein Grund vor, uns mehr mit dieser abgethanen Persönlichkeit zu beschäftigen, als durchaus unerläßlich erscheint. Aber wir müssen heute auf ihn zurückkonnnen, weil sein jüngstes Auftreten gegen die Regierung eine Wendung in der inneren Politik herbei - zufuhren geeignet ist. Die Regierung Caprivi, welche bis jetzt die offenen und versteckten Angriffe Bismarcks vornehm ignorirt hatte, ist aus ihrer Zurückhaltung hervorgctreten und hat in derselben „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", die sonst immer eine Spalte für Bismarck offen hielt, energisch geantwortet. Es ist interessant, die Wirkung dieser Antwort zu beobachten. Die ängstlichen Nationalliberalen haben die Antwort als eine Ankündigung weiterer „energischer Maßregeln" aufgefaßt und winseln die herrschenden Gewalten um Gnade für den „großen Staatsmann" an. Sie sehen schon im Geiste, wie die Faust des Gesetzes sich nach ihren: Abgott ausstrcckt und ihn am Kragen nimmt. Der erbarmenswürdige Anblick, den die national - liberalen Heuler und Zähneklapperer bieten, hat natürlich das Herz des verwandten „Freisinns" nicht ungerührt lassen können und so kommt denn auch die „Tante Boß" herbeigekrochen und fleht, man möge den „Gründer de§ Reichs" nicht antasten. In der That, die bürg er' l i ch e K a r a k t e r l o s i g k e i t hat sich noch nie so sehr in ihrer Blöße gezeigt, wie bei dem famosen-„Freisinn", der sich vor dem Volke seines Widerstandes gegen Bis - marck mit breitspurigen Phrasen zu rühmen Pflegt, der aber nicht einmal den Muth hatte, den abgesägten Staatsmann in der Stichwahl mit der Sozialdemokratie durchfallen zu lassen, sondern ihm hülfrcich beisprang, und der nun mit dem traurigen Nationalliberalismus um die Wette winselt, weil er fürchtet, der Büttel möge an das Thor des Schlosses von Friedrichsruh klopfen. Wir stehen dem Streite zwischen Bismarck und Caprivi kühl gegenüber. Zwar rechnen wir es der Re' gierung Caprivi an, daß sie das Sozialistengesetz hat fallen lassen; aber der Verzicht auf diese Lieblingswaffe Bismarcks ist auch so ziemlich Alles, was die jetzige innere Politik von der früheren unterscheidet. Nene und fruchtbringende Gedanken sind Herrn von Caprivi nicht aufgegangen; in manchen Dingen ist er gar sehr den Spuren seines Vorgängers gefolgt, Er hat sich auch nur sehr schwer entschlossen, sich gegen Bismarck zu wenden, dessen angebliche „historische Größe" ihm offenbar sehr imponirt. Wir sind dagegen in der angenehmen Lage, dem Fürsten Bismarck die Worte zurückgeben zu können, die er einst an den deut - schen Reichstag richtete, nämlich: „Sie imponiren uns gar nichtI" Allerdings galt jener Ausruf Bismarcks damals derselben „liberalen", resp. „freisinnigen" Bourgeoisie, von der jetzt die Regierung angewinselt wird, sie möge mit dem gestürzten Kanzler nicht allzu hart uingehen. Wir sind keine Freunde politischer Verfolgungen und können von unserem prinzipiellen Standpunkte aus auch gegen den Fürsten Bismarck nicht die Polizei und den Staatsanwalt anrufen. Wenn Herr von Caprivi sich entschließen sollte, dies zu thun, so wäre dies seine Sache. Eine gewisse Nemesis läge darin, wenn dem Fürsten Bismarck das Schicksal jenes Ministers D a n ck e l - mann bereitet würde, der vor etwa 200 Jahren ganz Preußen gegen sich aufbrachte durch seinen Hochmuth und durch die Art, wie er seine Macht benutzte, um feine Verwandten zu versorgen. Der all - mächtige Minister mußte hinter den „schwedischen Gardinen" sitzen und wenn dies dem Fürsten Bis- rnarck passirte, so würde die überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes darin eine Genugthuung er - blicken. Man würde sich daran erinnern, daß dieser Mann nicht nur Tausende um ihrer politischen Thätig' feit willen hat einsperren lassen, sondern daß er in seiner Gehässigkeit so weit ging, die Strafvollzugsordnung zu verschärfen und die politischen Gefangenen den gemeinen Verbrechern, den Dieben und Mördern gleichzustellen. Nichtsdestoweniger behauptete er jüngst in München, die Sozialdemokraten wollten den Staat und die Gesell- schäft zu einen: Zuchthause machen, er, der Deutschland für so viele Tausende wirklich zum Zuchthause gemacht, MeiNnder gekettet. Amerikanischer Kriminal-Roman von Otto von Ellendorf. (Nachdruck verboten.) (10. Fortsetzung.) „Well, Sir, wenn Miß Marion verleumdet wurde, so mag sie sich mit Ophelia, Maria Stuart, der heiligen Magdalena und noch anderen Damen trösten; im Uebrigen aber muß ich anerkennen, daß sie einen Ad - vokaten par excellence hat, um sie zu vertheidigen." „Es gießt Gründe, Sir, die sich von selbst verthei- digen," fuhr Mr. Blant in gedämpfteni Tone fort. „Miß Marion Curtis hat einen Anspruch auf allgemeine Ach - tung. Jedoch unsere eigene Reputation und die unserer Gattinnen und Töchter sind der Laune irgend eines Schuftes preisgegeben. Mag sein, daß seinen Verleum - dungen zuerst kein willig Ohr geliehen wird, jedoch werden sie wiederholt geäußert, so werden sie auch ge - glaubt und das Gesetz, Sir, ist nicht mächtig genug, um die öffentliche Meinung in den Bann zu thun, während wir selbst noch nicht einmal genau wissen, was man über uns denkt und spricht " „Bah," rief der Doktor, „was will das sagen, nach meiner Meinung gießt cs nur eine Stimme, die werth ist, daß man auf sie hört: die des Gewissens I Denn was die „öffentliche Meinung" anbetrifft, die sich aus der Ansicht einiger tausend Narren und dem leeren Gc- schwätz eben so vieler Schlechtgesinntei: als vox populi zu ookumentiren berechtigt glaubt, so muß ich Ihnen ge - stehen, daß ich si« verachte! Die Unterhaltung würde sich noch in d:e Länge gc zogen haben, wenn mcht Mr. Clay, auf seine Uhr sehend, geäußert hätte, daß cs beinahe sechs, also schon spät und d. h. ihnen keinen anderen Aufenthalt als das Zuchthaus gestattet hat. Ob die Caprivi'sche Regierung zugreifen und den Fürsten Bismarck einsperren wird? Das können wir nicht wissen; soviel aber wissen wir: Wenn dies ge - schieht, so überlassen wir das Heulen und Wehklagen den Nationalliberalen und Freisinnigen; wir werden keine Thränen vergießen, wenn es dem Fürsten Bismarck noch beschieden sein sollte, zu erfahren, wie das „Sitzen" thut. Darüber weinen wir so wenig, wie über die That- sache, daß die Dynastie Bismarck weder in Gestalt des Vaters noch der hoffnungsvollen Söhne jemals wieder zur Regierung gelangen wird. So« litt WeltWue. Die Ncichstagsersatzwahl i» Herford-Halle ist aus den 1. September angesetzt worden. Die „Köln. Ztg." fürchtet, daß unser Genosse Zwiener- Bielefeld in die Stichwahl kommen könne und bettelt deshalb be - reits die Freisinnigen um eine „Vereinbarung" mit den Nationalliberaleu an. Bei der Wahl 1890 vertheilten sich die Stimmen folgendermaßen: Konservative 7899, Sozialdemokralen 2191, Nationalliberale 2168, Frei - sinnige 1286. Sämmtliche anderen Parteien hatten gegen 1887 eine» bedeutende» Rückgang zu verzeichnen, während die Sozialdemokratie ihre Stimmenzahl mehr als verdoppelte. Die Befürchtungen der „Köln. Ztg." sind nach diesen Erfahrungen also durchaus nicht un« begründet. De» alte» Kohl hat der grollende Exkanzler einem Redaktör der Münchener „Nenst. Nachr." gegen - über in Kissingen nochmals aufgewärmt. Er sagte, er beabsichtige nicht, Rache zu nehmen, sondern die nicht gedeihlichen Regierungshandlungen zu korrigiren. Er halte Parlament und Presse für ein :: o t h w e n d i g e s Korrektiv der Regierung. Wenn das Vertranen in die Berliner Zentrale schwinde, wachse der Partikularismus, letzterer werde aber niemals eine gefährliche Form annehmen. Er habe das Vertrauen des Kaisers Alexander III. in höchstem Maße besessen; in der Unterredung 1889 habe allein seine mündliche Versichernng genügt, daß die mit Stempel und Unter - schrift geschickt auf den Nanwn des bulgarischen Fürsten und der Gräfin von Flandern gefälschten Schriftstücke unecht seien. Die guten Beziehnngen zu Rußland be - ruhten lediglich auf dem Vertrauen des Zarei: zu Bis - marck. „Ich bin bei dem deutschen Kaijer in Ungnade gefalle» und weiß nicht warum. Bon einer Versöhnung kann nicht gesprochen werden, denn der Kaiser ist nicht bei mir in Ungnade gefallen. Wenn der Kaiser die Un - gnade aushebt, so ist das Berhältuiß das alle. Jntriguen liefen mit unter und die Form der Entfernung schmerzte mich tief. Ich hoffte, die Geschäfte erst bei Krankheit oder Tod niederzulegen." Das Volksschulgesetz war an sich nicht so gefährlich, es wäre aus die Ausführung angekommen; das wäre ein umge - kehrter Kulturkampf geworden, das Gefährlichste war der Rückzug. Für das Ansehen der Regiernng wäre es vortheilhafter gewesen, den beschrittenen Weg weiterzu - gehen. Er schöpfe neuen Muth, im Winter in bei: Reichs - tag zu kommen. Das Letztere wird vorerst Niemand glauben, bis es Thatsache geworden ist. Der Abgedankte dürfte sich aber schön hüten, diese Absicht zur Ausführung zu bringen. Im Reichstage würde er sich nicht mehr hinter einem beliebige» Redaktör verstecken können; er würde sehr unangenehme Wahrheiten zu hören 6efomn:en und vor Allem mit feinen eigenen Widersprüche» und Unwahr- fjeiten schlecht fahren, obwohl es immer schwerer wird, ihn noch ernst zu nehmen, da er alle seine früheren An - sichten, z. B. die über Parlament und Presse, in's direkte Gegentheil verkehrt hat oder doch in demagogischer Ab - sicht vorgiebt, sie geändert zu haben. Die ,,»othlcide»dc Laudwirthschaft" ist be - kanntlich ein Schlagwort, mit dem sich unsere Agrarier die Millionen einbringenden Getreidezölle errungen haben. Daß diese „Noth", wenigstens soweit der Großgrundbesitz in Betracht kommt, eitel Flunkerei ist, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Aber die Herren liefern auch selbst gelegentlich gar zu drastische Beweise, die ihre eigenen Klagen Lügen strafen. Eine treffliche Illustration dieser Art liefert z. B. der Bau und die Einweihung des Kreishauses'für bei: Kreis Konitz. Der Bau, welcher nach seiner Vollenbung, wie bas „Könitzer Tageblatt" schreibt, „einen imposanten, großartige» unb namentlich in: Inneren einen luxuriöse», babei aber äußerst gediegene» Eindruck macht," war auf 100 000 Mark veranschlagt. Da sich im Laufe des Baues diese Summe als zu niedrig erwies, bewilligte der Kreisausschuß weitere 50000 Mark, so daß das Gebäude 150 000 Mark kostet. Die feierliche Ein - weihung desselben fand an: 26. Juni in Gegenwart des Oberpräsidenten von Goßler unb vieler Gäste statt. Den: Weiheakte folgte ein Festmahl, gestiftet vom Kreisausschusse, mit folgenber Speisenfolge: „Schildkrötensuppe, Karpfen blau, Nindsleuden, junge Hühner mit Trüffeln, Krebse und Hummer, Rehbraten, frischer Stangcnspargel, Eis, Gefrorenes mit Früchten, Butter und Käse, Kaffee — dazu Sekt in Fülle. Ja, die Noth ist groß!" — Die Behauptung, daß das lu- kullifche EinweihMgsmahl vom Kreisausschusse „gestiftet" worden sei, ist hoffentlich so zu verstehe», daß die M i t- glieder des Ausschusses es sich einzeln zur Ehre augerechnet haben, die Kosten des Mahles aus ihren privaten Mitteln zu decken. Das luxuriöse Kreishaus selbst beruht jedenfalls auf den: Segen der Ueberwei- sungei: aus der lex § neue, ist also mit den Geldern erbaut, welche aus der Tasche des Konsumenten in Form der Getreidezölle in die Kreise abfließen, nachdem die Herren Großgrundbesitzer ihren persönlichen Bortheil aus der Getreidezollpolitik bereits auf direktem Wege eingeheimst haben. Agrarische Unverschämtheit. Der Abgeordnete v. Plötz hat in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Deutsche» Bauernbundes einige Vorschläge zur Abände - rung des Programms der konservativen Partei gemacht. Es sind folgende Wünsche, die der „Bauer" von Plötz und seine „Mitbauern" auf dem Herzen haben: „Aufrecht - erhaltung des entsprechenden Schutzzolles für Getreide, Vieh und sonstige landwirthschaftliche Produkte, wirksamer Schutz gegen die Hereinschleppung kranke» Viehes über die Grenze, Beschränkung oder gänzliches Verbot des Differenzspiels in den Erzeugnissen der Landwirthschaft, volle Beseitigung der Grund- und Gebändesteuer als Staatssteuer, Ausbau des Eisenbahn- unb Straßennetzes besonbers für bisher vernachlässigte Lanbestheile, weise Sparsamkeit bei allen Staatsbautei: unb Schonung ber Gemeinben bei Forderungen für Schulbauten k.“ Also erstens künstliche Verteuerung ber Lebens - mittels, damit die „Bauern" sich auf Kosten der armen Bevölkerung bereichern können. Dan» wirksamen Schutz gegen Viehseuchen? Nein. Dieser Schutz soll nur an de» Grenzen vorhanden fein; so ungefähr als die Maß - nahme gegen die amerikanische Trichine, die so lauge eine sanitäre Maßregel war, bis sie abgeschafft wurde; da sagte der Schöpfer dieser Maßregel selbst, daß es eine wirthschaftspolitisch e Maßregel gewesen sei. Man möchte unter dem Vorwand, Schutz gegen Viehseuche», ein gänzliches Vieh-Einfuhrverbot durchsetzen Daß die Herren wenig Steuern zahlen wolle», aber hohe Ansprüche zur Förderung ihrer Klasseninteressen erheben, das ist echt adelig. Echt adelig ist auch die Forderung: „Schonung der Gemeinde» bei Forderungen für Schulbauten". Diese Herren halten sich Hauslehrer für ihre Kinder, ober schicken sie in Gymnasien ober Kabettenanstalten. Die Schulen ans bem Laube finb nur für Arbeiter unb ba finb sie ben Grundbesitzer» oft sehr lästig. Während ber Zeit, daß die Kinder in der Schule sitze», können sie keine Kühe oder Gänse hüten unb bie Arbeitskraft der Kinder geht den Herren verloren. Am liebsten wäre es den Herren, wenn gar keine Schulen für Arbeiterkinder vorhanden wären. Daß diese Forderungen unter ben Stanbesherren Anklang finbe», ist selbstverstänblich. Die „Dresdener landwirthschaftliche Presse" tritt diesen Vorschlägen durch - aus bei unb spricht sich dahin aus, „baß, wenn bas Programm vorwiegend wirthschaftliche Forderungei: und unter diesen sogar einige überwiegend im landwirthfchaft- liche» Jntereffe gestellte enthalte, so erscheint es grade deshalb um so geeigneter, der konservativen Sache zu dienen; denn eine konservative Partei, die nur in poli - tischen und vielleicht kirchliche» Fragen gleichgesinnte Männer umfasse, sei in unserer Zeit, wo die wirthfchaft- lichen Interessen die vorwiegende Thätigkeit der Par - lamente in Anspruch nähmen, nicht mehr denkbar." Nur heraus mit ben Anschauungen, besto eher wirb bas Volk zur Erkenntniß kommen unb wissen, wie es sich zu verhalte» hat. Deutsche Post-Polizei. Unter biefer Stichmarke brachte» wir in Nr. 68 unseres Blattes vom 20. März dieses Jahres die Mittheilung, baß eine von ben Herren Legien unb Grosse-Hamburg aus Halberstadt nach Rathenow gesandte Postkarte, deren Inhalt sich auf eine am letztgenannte» Orte cinznberufende Versammlung be - zog, von dem Postamte in Halberstadt als „unzulässig" zurückgewiesen worden ist. Auf diese Mittheilung hin ist von der Oberpost-Direktion in Magdeburg eine Unter - suchung des Sachverhalts vorgenommen worden, welche ergab, daß die Postkarte nicht wegen ihres Inhalts zurück- gewiefen wurde, sondern weil der dienstthnende Post - beamte irrthümlicher Weise annahm, daß auf ber Adreffenseite ber Postkarte rnbirt worben fei. Die Ober- Post-Direktion in Magdeburg hat durch mikroskopische Untersuchung feststellen lassen, daß auf der Karte nichts radirt, sondern daß durch Verschiebung beim Schreiben die Adresse verwischt worden ist. Postkarten, auf denen radirt wurde, sind von der Beförderung ausgeschlossen. In diesem Falle aber erfolgte die Zurückweisung durch einen Jrrthum des betreffenden Beamten. Sozialdemokraten und Jnnnngen. Die kürz- lich ergangene Entscheidung des Bezirksausschusses zu Oppeln, wonach Sozialdemokraten nicht I n n u i: g s m e i st e r werde» können, ist nun - mehr eingehend schriftlich „begründet" worden. Die von der Reichsgewerbeordnung im § 92 hingestellte Aufgabe der Innungen, „die Pflege des Gemeingeistes, sowie die Aufrechterhaltung unb Stärkung ber Slanbesehre unter den Mitgliedern" könne von Sozialdemokraten nicht er - füllt werden, weil die Sozialdemokratie eine zielbe- wußte Gegnerin des Jnnungswefens fei. Die Thatsache der persönlichen Eigenschaft ber Kläger als Sozialbemokraten fei hinreichend, um ihre Fernhaliung von der Innung seitens des Vorstandes zu rechtfertigen, noch viel zu thun fei. Darauf einigte man sich dahin, daß Mr. Clay seinen Bericht abfassen, Dr. Brandon die post mortem Examination vornehmen und Mr. Blant den Detektiv in seinen Nachspürungen unterstützen solle. , „Ah," rief Mr. ©{errett, als die beiden Letzteren allen: waren, indem er so tief Athem schöpfte, daß es schien, als sei er von einer schweren Last befreit, „jetzt werben wir schneller vorwärts kommen." Als er fah, daß Mr. Blaut lächelte, fuhr er fort: „Es ärgerte mich, bei meiner Ankunft die Wahrnehmung zu machen, daß die Untersuchung bereits eingeleitet war. Die Anderen halten daher Gelegenheit, eine Theorie sich zu bilden und halten mich für einen Narren, daß ich mich derselben nicht anschließe. Mr. Clay glaubt nun fest, ber Fall fei gewöhnlich und nicht im mindesten verwickelt; ich aber, Skerrett, der bevorzugte Schüler Grashams, ich fehe durchaus »och nicht klar in dieser dunklen Affäre," und wie in Erinnerungen verloren, fügte er Hinz», „nein, ich bin von ber Spur abgekommen und fürchte, ich habe mich verirrt." Mr. Blauts Antlitz erschien ruhig wie nie, aber in seinen Augen leuchtete cs hell, als er sagte: „Vielleicht haben Sie recht, wenn Sie glauben, hinter alle dem stecke etwas Räthselhaftes - schrecklich Geheimnißvolles." Der Detektiv sah ihn fragend an, aber Mr. Blaut schien uudiirchbnuglich. Eine Panse entstand, während welcher Mr. Skerrett nachsann. „Diefer würdige Alte ist ein ganz geriebener Kunde," dachte er, „besten Hand- Inngeii unb Bewegungen ich scharf überwachen muß. Seine Ansichten finb burchaus nicht die des Staats - anwalts unb er hat Ideen, die er nicht auszusprechen wagt. Im ersten Augenblick erkannte er mich, trotz dieser Perrücke und des hübschen Schnurrbartes, und obschon er mich irreführen wollte, er gern gesehen hätte, wenn ich Mr. Blauts Meinung mich augeschloffen, zeigte er mir den richtigen Weg. Jetzt zieht er sich zurück und überläßt mir gern allein die Ehre, das Geheimniß zu entschleiern, aber — warum? — Er lebt hier und will sich vielleicht keinen Feind machen, doch nein — das ist's nicht, er braucht keinen Menschen zu fürchten. Well, was aber bedingt dann seine Handlungsweise? Ah, viel- leicht schreckt er vor seinen eigenen Gedanken zurück und hat so entsetzliche Dinge entdeckt, daß er nicht rangt, über sie zu sprechen —" Ein plötzlicher Gedanke kreuzte sein Hirn. „Nach meinen: Dafürhalten bleibt nur »och wenig zu thun übrig, Sir," begann er, „zwei von den Schurke» sind in Haft und wenn die sich einmal zu reden entschließen, wozu sie sich doch einmal früher ober später bequemen werden, wird uns Alles klar." Ein Eimer voll Eiswaster jäh über ihn ansgeschüttet, hätte Mr. Blaut nicht mehr erstarren machen können, wie diese Worte. „Was?" rief er ans, „würden Sie — ein Mann von solcher Erfahrung, der —" Zufrieden mit dem Erfolg seines Manövers, war Skerrett kaum im Stande, seine Ruhe zu bewahren, während Mr. Blant in lautes Lachen ausbrach, indem er einsah, daß er in die Falle gegangen. Aber nicht ein Wort wurde von den beiden Männern, beide so erfahren in den Geheimnissen des Lebens, über das, was sic ein - ander abgelauscht, für jetzt gesprochen. „Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln," ries Skerrett, einen Blick auf feine große Taschenuhr werfend, „wie der Rapport des Mayors sagt, hat man ein Instrument gefunden, mit dem man die Möbel hier zertrümmert hat — und das muß ich sehen." „Das ist richtig," erwiderte Mr. Blaut, „wir fanden ein Beil in einem Zimmer, von dem aus man den Garten übersieht — in: zweiten Stock —, es lag am Boden in der Nähe eines kleines Schrankes, den man damit angriff, aber nicht zertrümmerte, ich gestattete Niemanden, es anzurühren." „Sie thaten recht daran. Ist es ein schweres Beil?” „Es wiegt ungefähr fünf Pfund." „Gut, wir wollen eS ansehen." Sie erstiegen die Treppe und traten in das 6e< Christiani», 30. Juni. Ministerpräsident Steen iheilte dem Storthing mit, das Ministerium habe demis- sionirt und könne den Verhandlungen nicht beiwohnen. Der Präsident des Storthings beantragte daher die Ver - tagung, was mit 69 gegen 42 Stimmen angenommen wurde. da es sich nicht um die Wahrnehmung eines staatsbürger - lichen Rechts, dessen die Anhänger jeder politischen Partei theilhaftig fein würden, sondern um die Auf - nahme in einen engen gewerblichen Verband handle. Einen besonderen Grund zur Abweisung der Sozial- bemotraten habe ber Juuungsvorstanb mit Recht barin gefunben, baß in Folge des Eintritts ber Kläger in bie Innung jebe christlich.religiöse Erziehung ber Lehrlinge, also auch bie religiöse Erziehung ber eigenen Lehrlinge burch die Kläger, unterbleiben würde, weil die Sozial - demokratie eine entschiedene Gegnerin der kirchlichen Ein - richtungen fei. Gegen diese Entscheidung haben die Kläger die Ent - scheidung des Oberverwaltungsgerichts angerufen und dieses wird unzweifelhaft den weisen Eutscheid des Be - zirksausschusses umstoßen. Die Gewerbeordnung setzt die Bedingungen genau fest, unter welchen einem Gewerbe - treibenden der Eintritt verweigert werden kann. Darunter sind aber obige Annahmen nicht zu finden. Wege» Aufreizung der Arbeiter zum Klafsenkampfe hatte sich vor einigen Tagen Reichs- tagsabgeordneter Schultze vor der Königsberger Strafkammer zu verantworten. Im Oktober 1890, kurz bevor derselbe eine einmouatliche Gefäugnißstrafe antrat, hielt er in einer Arbeiterversammlung eine Rede, die eine leidenschaftliche Form gehabt haben soll. Die An - klage machte ihm zum Vorwurf, u. A. gesagt zu haben: „Das Banner der Tyrannei muß stürzen", sowie: „Wir wollen nicht, daß unsere Frauen unb Töchter zur Unterhaltung ber Söhne ber besitzenden Klassen bienen" unb so weiter. Schultze erklärte, bie Arbeiter im Gegen - theil zur Ruhe unb Besonnenheit aufgeforbert, sowie ben geistigen Kampf gemeint zu haben, unb stützte sich auf eine Reihe zitirter Sätze, aus beuen bies hervor- gehe, sowie auf Ergebnisse ber Wissenschaft, bie er wiederholt angeführt hätte; übrigens fei bie Meinung selbstverstänblich haltlos, daß nur auf bem Wege bes blutigen Kampfes efwas zu erreichen fei. Der Staats - anwalt hielt bie Anklage im vollen Umfange aufrecht unb beantragte 6 Wochen Gefängniß. Der Gerichtshof konnte jeboch nicht bie Ueberzeugung gewinnen, baß Schultze bie Absicht unb bas Bewußtsein gehabt habe, ben öffentlichen Frieden zu gefährden bezw. verschiedene Klaffen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen ein - ander aufzureizen, und so erfolgte die Freisprechung. Z« bett ettglischett Wahle» beschloß eine in Loudon stattgehabte Gewerk schaftskonsereuz in einem Manifest alle Gewerkschaften aufzufordern, nur solche Kandidaten zu wählen, welche für den Achtstuudeu- tag unb für bie volle Entschädigungspflicht ber Unter- uehmer bei Unglücksfällen zu stimmen sich verpflichten. Ein belgischer Bcrgarbeitcr-Kougrest wirb am Eröffnungstage der neuen Kammer in Brüssel äufammentreten unb über bie Mittel zur Erlangung bes allgemeinen Wahlrechts berathen. Paris, 30. Jnni. I» bet Deputirtenkam- mer iuterpellirte heute ber Abgeordnete M6ry wegen des Ausfluges, ben ber internationale Schiff- fahrtskougreß nach ben ftauzösischen Kanäle» zu machen beabsichtige, Die Sache sei für die nationale Vertheibigung von Wichtigkeit, da die deutschen D ele g ir t en größtentheils der Armee augehörten und nur drei Jugeuiöre Männer der Wiffeuschast feien. Der Zweck sei nur vorgeschützt unb bie Regierung möge bie Frage erwägen. Der ArbeitsministerViette antwortete, bie Regierung sehe nicht bie geringste Gc fahr; bie französischen Kanäle seien nicht so unbekannt, baß man fürchten müsse, sie AuslSubern zu zeigen. Die französischen Jugeuiöre seien in Deutschlanb überall hin- gegangen, ohne militärische Nachrichten mitzubringeu. Dasselbe werbe mit ben deutschen der Fall sein. Wöry weist der Kammer die ganze Verantwortung für die augezeigte Gefahr zu und beantragt eine Tagesordnung, welche sich gegen die Abhaltung des Kongresses aus- spricht. Die Regierung verlangt die einfache Tagesord- nung, welche denn auch angenommen wird. — Dela - haye interpellirt wegen der Haltung des Präsidenten Mariage im Prozesse Drumout - Burdean. Der Redner glaubt, es würde dadurch der Richterstand ßloßgestellt und die Jury selbst habe gegen das Verhalten des Prä- sideuten protestirt, welcher die Strafe gegen die Intentio - nen der Geschworenen viel zu hoch bcmeffen habe, nach - dem er vorher versprochen, daß die Strafe nur eine leichte sein werde. Die Jury habe für sich nur das Ge - setz, der Gerichtshof nur den Justizminister. Der Präsi- bent habe ber Jury bas Verbikt erpreßt. Der Justiz- Minister erroiberte, bie Untersuchung habe bargethan, baß ber Präsident feine Pflicht erfüllt habe. Nach lebhafter Berathuug nahm alsbann die Kammer bie vom Justiz- Minister beantragte einfache Tagesordnung mit 309 gegen 202 Stimmen au. Rach einer Mittheilung des „Temps" werden die zuständigen Minister demnächst im Muisterrath das Pro - jekt einer voraussichtlich im Jahre 1900 in Paris zu veranstaltenden Weltausstellung zur Sprache bringen. zeichnete Zimmer. Nach einigen Sekunden Pause legte sich Skerrett seiner ganzen Länge nach auf den mit Wachstuch überzogenen Boden und examinirte ganz genau die Eindrücke, die das Justruuieut in denselben gemacht. „Ich glaube," sagte Mr. Blaut, „daß die Angreifer das Beil hierher gebracht, um uns von der Fährte abzu- bringen, beim Sie sehen, es war überflüssig, biescs Möbel, bas ich mit meiner Faust einschlagen kann, mit bem Werkzeug zu erbrechen. Sie haben auscheiueiid nur einen Schlag bamit gethan unb es sobanu niebergelegt." Skerrett erhob sich. „Ich glaube, Sie irren sich, benn bas Beil war nicht vorsichtig niebergelegt, fonbern mit Wucht dahin geschleudert worden unb war entweder Furcht ober Wuth bas Motiv bazu. Bemerken Sie biese brei liefen Einbrücke hart nebeneinanber in bem Wachs - tuch unb bet Diele? Als ber Mörder es niebertoarf fiel es zuerst auf bie Schneide, wodurch dieser tiefe Ein - schnitt entstand unb bann auf bie Seite, was diese Male hier bei meinen Fingern verursachte." „In der That, es scheint, wie Sie sagen," erwiderte Mr. Blaut überrascht, „aber ich weiß nicht, was ich davon denken soll —" „Waren die Fenster dort heute Morgen ganz so weit geöffnet, wie jetzt?" fragte Skerrett. „Genau fo, Sir." „Ah, bann habe» bie Schurke» irgenb ein Geräusch im Garten vernommen, das sie bei der Arbeit störte. Ich kann nicht sagen, was sie hörten unb sahen, aber es hat sie im Höchste» erschreckt, worauf sie bas Beil fortwarfen und flohen. Sehen Sie nur mal genau auf die Eiiiorücke unb Sie werben überzciHt fein, daß das Beil von Jemanbem, ber in ber Nähe des Fensters unb nicht bes Schrankes gestanden, weggeschleubert wurde." Mr. Blant stand, das Kinn in die Hand gestützt, da, anscheinend im Nachdenken verloren. Skerrett sah ihn an, er schien zu ahnen, waS de Ucbet die drohende Choleragefahr entnehmen wir einer Zuschrift an bie „Wefer-Ztg." Folgendes: „Währeub bie einige Jahre hinburch in Italien unb Spanien sich häufig wieberholenben Cholerafälle bank ben energischen Maßnahmen ber borkigen Behörbeu unb bet Aufmerksamkeit ber Schiffsführer ohne böse Folgen für bas übrige Europa geblieben sind, droht bie schreckliche Seuche von Persien aus wieber einen ihrer verberblicheu Einfälle in bie alten Kulturstaaten zu machen. Wie zu fürchten war, finb bie vor einiger Zeit funbgegebenen Vorschriften ber russischen Regierung zur Verhütung ber Einschleppung ber Cholera aus Persien ohne Erfolg geblieben. Ans ber Hafenstadt Ufuu Ada unb aus Samarkand werden bereits Cholerafälle ge - meldet unb, was schlimmer ist, auch schon aus Baku, dem Eubpuukt ber Bahn zum Schwarzen Meere, aus Astrachan unb sogar schon aus ber Wolgastabt Zarizyn, wo bas Bahuuetz bes europäischen Ruß- laub beginnt I Die Medizinalbehörbeu haben nun aller - dings sofort genaue Vorschriften erlassen, um bie Krank - heitsherde zu isolireu unb neuen Ansteckungen vorzu - beuge», aber bie Durchführung biefer Anordnungen ist bei ber Lässigkeit der amtlichen Stellen Rnßlanbs sehr wenig gesichert. Die burch bie Seuche drohende Gefahr wird um fo größer, als das ganze Wolgagebiet durch die Huugersnoth und die frühere Influenza-Epidemie zur Ausbreitung ansteckender Krankheiten einen besonders geeigneten Soben abgiebt. ®ajU kommt noch bie im Sommer alles Maß überschreitende Unsauberkeit ber Städte unb ber Mangel aller sanitären Vorkehrungen. Auf bem Laube giebt es nicht einmal Aerzte. Selbst bie größten Stabte wie Moskau besitzen webet ausreicheube Wasserleitung noch irgenb eine Spur von Kanalisation. Selbst wenn man wollte, läßt sich biese u Uebel stäuben jetzt nicht in ber Eile abhelfen. Faßt hier bie Krankheit erst einmal festen Fuß, bann ist man gegen ihr rasches - Umsichgreifen wehrlos. Unb wer tarnt sagen, ob nicht schon zur Stunbe bet Aitsteckungsstoff von bet Wolga nach bem Innern verschleppt ist! In P t e u ß e u unb Oe st erreich wirb man daher gut thun, ' o schleu- nig als möglich Schritte gegen Eiu- sch leppung ber Seuche an den Grenzen zu thun. Die Krankheit hat sich in Persien zuerst in aller Stille verbreitet. Beachtung fand sie erst, als sie in ber großen Handelsstadt Mesched ausbrach. Der erste Fall wurde dort am 22. Mai beobachtet. Binnen wenigen Tagen griff sie um sich und raffte 280 Mensche» dahin. Die Folge ihres Auftretens war eine allgemeine Panik; die Konsuln und die Europäer flüchteten sofort in die Berge. Ihnen folgen die Eingeborenen mit Kind und Kegel. Da es an Zugthieren fehlt, wird das noth- toenbigftc HauSgeräth auf dem Rücken mitgeschleppt. Alle Läden sind geschloffen. Die Behörden haben ben Kopf vollkommen verloren unb keinerlei Maßregel er - griffen. Nur zwei russische Aerzte sollen ausgeharrt haben unb Tag unb Nacht arbeiten, um nach Kröftel! zu Helsen. Ihre Rathschläge bleiben bei ben Persischen Behörden ganz erfolglos. Mittlerweile greift die Seuche immer weiter um sich unb hat auch bereits auf bie meisten Dörfer ber Umgebung ber Stabt sich aus - gedehnt." Die Nachricht über bie Beeubiguug des Bürger - krieges i» Venezuela war jedenfalls verfrüht. Die Abreise des früheren Präsidenten Palacio hat ben Frieden noch nicht gebracht. Ein Telegramm aus Caracas meldet: Villegas, welcher nach dem Sturze Palacios die Leitung der Geschäfte bis zur Wahl eines Prästdeuten durch den Kongreß übernommen hat, stößt auf Widerstand bei dem siegreichen Führer der auf- ständischen Bewegung, bei General Crespo. Die Ein - ladung Villegas' an Crespo, sich mit ihm zur Neuge - staltung der Regierung zu vereinigen, fand bei Crespo Ablehnung; General Crespo verlangte die Abdankung Villegas', die aufständische Armee marschirt gegen Caracas, und — so wird der „Times" berichtet — eine neue Entscheidungsschlacht droht. Villegas hat, wie bereits gemeldet, ein Kriegsschiff abgesandt, um ben ehemaligen Präsidenten von Venezuela, Rojas Palll, aus ber Verbannung zurückzuführen, ein Vorgehen, bas auf bie Gewinnung ber Anhänger Paüls in ben Reihe» Crespos abzielt. Der Kapitalismus ist überall gleich, ob er ■auf ber »örblichcn ober südlichen Erdhälfte auftritt. Seine Sehnsucht nach billigen Arbeitskräften ist überall gleich groß und er weiß dieser Sehnsucht auch SBefriebigung zu verschaffen. Kapitalistische Blätter lassen sich aus Queensland in Australien vom 16. Mai berichten: Das Parlament hat in seiner soeben beendeten Session ein Gesetz von weittragender Bedeutung für Australien geschaffen: die „Pacific Island LabourerS Bill" (Kanaka > Arbeiter - Vorlage) ist mit 32 gegen 7 Stimmen angenommen worden. Damit ist vorläufig eine Frage erledigt, welche die gefammte Bevölkerung lange Zeit tief erregt hat. Man hofft von der Wieder - einführung der Südsce-Jnsulaner eine Nenbelebnng unserer Zuckerindustric, welche gegenwärtig vollständig danieder- kiezt; die Urfache dieses Niederganges glaubt man in der ungleich teureren Arbeit der Weißen zu finden, die gleichzeitig in ihrem Werthe durch geringere Widerstands - fähigkeit ber Europäer gegen bas Klima beeinträchtig! wirb. Die „Sonaten" sind bie Sübsee-Jnfulaner, bie, ehe sie von ber europäischen Kultur beleckt worbe», bei herr - lichem Klima unb in reicher Natur ein paradiesisches Zweifler sann, hielt es jedoch für unangemessen, ihn zu fragen. „Die Geschichte mit der Axt verblüfft mich auch," sagte er, „benn ich glaubte, bie Mörber hätten mit ber größten Gemächlichkeit hier gewirlhschaftet, inbeffe» das ist gradezu unmöglich, sie müssen überrascht unb gestört worben fein." Blaut entging kein Wort. „Die Spuren, bie wir fanben,“ fuhr Skerrett fort; „finb zweierlei Art, das durchwühlte Bett sollte uns irre führen, während die Lage des Beiles keine bezweckte, fonbern eine gezwunge, burch bie Situation hervorgc rufene ist. Aber ich muß gestehe», hier —" Skerrett brach ab, aber in ben Mienen las man, baß fein Hirn mit ber Lösung eines Räthscs be - schäftigt war. „Nun was?" fragte Blaut gespannt. Skerrett fuhr wie aus einem Traume auf. „Ah, entschuldigen Sie mich — ich vergaß mich — ich habe bie schlechte Gewohnheit, laut zu beulen, wes - halb ich am liebste» allein arbeite. Meine Unsicherheit, mein Zögern, mein unbestimmter Verbacht schaden in solchen Augenblicken meinem Rufe, ein guter Detektiv zu fein, für bei: eigentlich kein Geheimniß, nichts Un - erklärliches cxistiren soll." Mr. Blaut zeigte ein ungläubiges Lächeln in seinem martirten Antlitz, während Skerrett sortsuhr. „Ge - wöhnlich öffne ich nicht eher meinen Mund zum Reden, bis meine Meinung begründet, mein Plan fertig und spreche bann peremptorisch, das ist s o ober s o. Heute inbeffcn arbeite ich mit einem Manne zusammen, ber einsicht, baß ein solches Problem nicht gleich beim ersten Versuch gelöst werden kann, darum erlaube ich Ihnen, Zeuge meines Vorgehens zu sein und grade heute erweist sich meine Logik als ein Fehler." »Wieso, Sir?" (Fortsetzung folgt.)