Nr. 274. 0. Jahrgang. Hamburger Echo. Da» „Hamburger Echo" erscheint täglich, außer Montags. Ler NbonucUtcntSpreiS (iiitt „Die Nene Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. deS Post, atalogs 2761) ohne Bringegeld vierteljährl ^.4,20; durch die Kolportöre wöchentl. 36 .-4 frei in's Hau- Verantwortlicher Nedaktör: Gustav Steiigcle in Hamburg. Sonntag, den 20. November 1892 Anzeigen werden die sünsgespaltene Petitzeilc oder deren Raum mit 30 4, für den Rrbeitömarkt, VermiethnngS- und Familicuanzeigrn mit 20 4 berechnet. Bnzcigen-Runahme in der Expedition (bis 6 Uhr AbdS.), sowie in sSmmtl. Aitiioilceli.BüreauS- Nedaktion und Expedition: Große Theatcrstraße 44 in Hamburg. Hierzu drei Beilage« uud daS illnstrirte Uuterhaltuugsblatt „Die Neue Welt". Lichtscheu. X Die „Noth der Landwirthschaft" ist in Deutsch - land zu einem stehenden Schlagwort geworden und die agrarischen Großjuuker wissen seit Jahren ein jo beweg - liches Klagelied über dieses Thema zu singen, daß es sicher kein unberechtigtes Verlangen ist, wenn inan den Nachweis dafür fordert, daß das klägliche Gejammer der „strohdächerflickenden" Herre» begründet sei. Die von Zeit zu Zeit bekannt werdenden Ergebnisse vernünftiger Bcwirthschaflung landwirthschaftlicher Grundstücke wider- sprechen so sehr den Klagen der Agrarier, mit denen sie ihr Verlangen nach höheren Zöllen und ähnlichen künst - lichen Bereicherungsmitteln mvtiviren, daß jene selbst daS Bcdürsniß empfunden haben, ihrem Jamnier eine festere Unterlage zu geben. Aus diesem „tiefgefühlten Bedürf- niß" heraus gab int Jahre 1884 das preußische Landes- ökouontie-Kollegium durch einen Beschluß Anstoß dazu, daß die Subhastations-Statistik dahin erweitert werde, auf Grund landräthlicher Erhebungen neben der Zahl der Snbhastationen (Zwangsversteigerungen) und neben Unterscheidung derselben nach Maßgabe der betroffenen Objekte — HauS< oder landwirthschaftliche Grundstücke — auch die jeweiligen Ursachen der Subhastationen fcstzttstellen. Der damit verfolgte Zweck liegt auf der Hand. Die Herren erhofften, durch die Feststellung der Ursachen der Welt kundzuthun, daß die Zwangsversteigerungen durch die Ungunst der Zeitverhältniffe und vor Allem durch ungenügenden „Schutz" der Landwirthschaft herbeigeführt seien. Damit sollte das Verlangen nach immer höheren, dem Volke das Leben erschwerenden Zöllen gerechtfertigt werden. Aber, obwohl die Ausnahme der Statistik in den Händen der L a n d r ä t h e liegt, die sicherlich, zumal sie meist selbst Grundbesitzer sind, der Landwirthschaft nicht feindlich gesinnt sind, kam es anders, als die zoll- hungrigen Agrarier vorausgesetzt hatten. Anstatt daß die Statistik der Welt das schuldlose Zugrundegehen der Grundbesitzer in Folge von außer ihrem persönlichen Einfluß liegenden Verhältnissen bewies, wie es von den Veranlassern gewünscht wurde, ergab sich, daß in den weitaus meisten Fällen der Ruin der Besitzer der der Zwangsversteigerung vcrsallcnen Grundstücke auf deren eigenes Verschulden zurückzuführen ist. Die Statistik der Ursachen der Subhastationen ist nur zwei Mal veröffentlicht worden: für das Rechnungs- jahr 1886/87 uud für die beiden Jahre 1887/88 und 1888,89. Auch für weitere zwei Jahre haben die frag - lichen Erhebungen stattgefunden, aber das Resultat der- selben hat bisher nicht das Licht der Oeffentlichkeit er - blickt und wird es auch nach einem jüngst vom Landcsökonomic-Kollegium gefaßten Beschlusse nicht er - blicken. Daß man davon Abstand nehmen will, erklärt sich sehr einfach aus der Thatsache, daß die Ergeb - nisse nicht den Wünschen der Herren Agrarier entsprechen. Die vielbernfene „Noth der Landwirthschast" erscheint nämlich an der Hand der landräthlichen Ermittlungen in einein ganz absondcr- licheti Lichte. So sind beispielsweise als Ursachen der int Jahre 1886/87 stattgehabten Zwangsversteigerungen festgestellt: Eigrncs Verschulde« der Besitzer (schlechte Wirthschaft, Träg, heit, Arbeitsscheu, Trunk - sucht, Verschwendung, Prozeß. in sucht u. s. tu.) 41,95 pZt. Freiwillige, ungünstige Gutsübcr- nähme (ungünstigen Kauf, Mangel an Mitteln zur Uebernahme und Bewirth- schaftung) 19,65 , Familien • Verhältnisse und Krankheit 10,00 , Geschäftliche Verhältnisse, Geschäftsverluste, Bauten, Betriebseinrichtungen, Spe - kulationen, Bürgschasteu 6,73 , Naturereignisse und Wirlhschaftsunfälle.. 6,18 „ Allgemeine ungünstige Lage der Landwirthschast nur ..... 5,93 „ Unzweckmäßige Erbregulirung 5,72 „ Wucher und Uebervortheilung im Handel 3,09 „ Sonstige Ursachen 0,86 „ Daß ein solches Resultat den „nothleidetiden" Junker» eine» heillosen Schrecke» eiujagcn mußte, ist erklärlich. Mit solchen Zahle» läßt sich nicht für die Millionen einbringenden Privilegien der Grundbesitzer krebsen gehe». Darum hat man plötzlich Bedenken, dieS tatistik fortzusetzcn und ihre Ergebnisse der kritischeti Beurtheilung der Welt zu unterbreiten. Die Annahme ist sicher zu- treffeiid, daß die Herren Landräthe, die gewiß keine Feinde der Landwirthschast sind und am wenigsten den Großgrundbesitzern übelwolle», auch bezüglich der letzten beiden Aufnahmejahrc zu demselben Ergebniß gelangt sind, wie bei beiden vorausgcgangenen Auf - nahmen. Und dieses Geschäft, welches die über land- wirthschaftliche Nothlage Schreienden doch gar zu sehr bloßstellt, möchte» die „berufenen Schützer der Laud- wirthschast" jedenfalls nicht gern weiter fortgesetzt wissen. Die Redensarten, mit welchen das der an das Landesökonomie-Kollegium ergangenen ministeriellen Vor - lage beigegebene Gutachten des Direktors des statistischen Bureaus, Geheimraths B l e n ck , den eigentlichen Grund der Nichtbekanntgabe in Zuknust zu bemäntel» sucht, sind gar zu durchsichtig. Die Zwangsversteigerungen umfassen etwa \ pZt. der landwirthschaftlicheii Bctriebs- fläche, und man schließe daran» leicht „auf eine günstige Lage der Landivirthschaft". Noch schlimmer sei es mit dem „Mißbrauch" der Ergebnisse über die Ursache» der Zwangsversteigernngc». .Wenn bei der vorliegende» Erhebung in allen Fahren daS „eigene Verschulden" (1890/91 mit 41,35 pZt aller ursächlichen Verhältnisse), demnächst „freiwillige ungünstige Uebernahme" (24,87 pZt.) int Vordergründe, die „schlechte Lage der Landwirthschaft" (1,99 pZt.) ebenso sehr im! Hintergründe bleibt, wenn im letzten Jahre „eigenes Verschnlden" in verschiedener Form 330 Mal, „schlechte Lage" u. s. w. aber nur süns Mal als alleinige Ursache angegeben wäre, so berechtige dies nach den obigen Bemerkungen über die natnr-gentäß zu geringe Berücksichtigung allgemeiner Verhältnisse durch die Be- richterstatter noch keineswegs zu optiniistischen Schlüssen über die landwirthschaftliche Gesammtlage, und zu Pessimistischen über die persönliche Haltnng des Grnnd- besitzerstandes um so weniger, als ja auch bei zweifellos ungünstigen Berhältnisseu immer die schlechten Wirthe zuerst uutergehen, die Fälle „eigenen Verschuldens" also in der Erhebung unter allen Umständen verhältnißmäßig sehr zahlreich sein müßten. Daß tendenziöse Beurtheiler sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen würden, unter Berufung auf die „amtliche Statistik" jene Ziffern mit einem Scheine von Berechtigung zur Begründung will - kommener Trugschlüsse behufs Schädigung der Land - wirthschast und zur Herabsetzung des Standes der Grundbesitzer zu verwerthen, sei nicht zu verwundern ge - wesen. Der Bearbeiter der Erhebung aber müsse sich sagen, daß er hier schließlich mehr zur Verdunkelung als zur Aufhellung der Thatsache» beitrage und daß der Er - folg seiner Thätigkeit eher ein schädlicher als ein nütz - licher für die Landwirthschaft fein werde." Die Besorgniß, daß die Grundbesitzer in schlechten Geruch kommen könnten, ist wahrhaft rührend. Dieselbe Besorgniß beherrschte die Reden, welche Herr Blenck und Geh. Oberregiernngsrath Thiel im Landes- ökonomie-Kollegium am Dienstag hielten. Ersterer führte in dieser Beziehung noch näher aus, daß der amtliche Berichterstatter über die Ursachen der Zwangsversteige - rungen „je nach seiner Kenntniß des Falles und seiner sonstigen Anschaunngsweise das eine oder andere heraus- zugreife» Pflege, was ihm vornehmlich zuzutreffen scheine, und so. entständen individuell gefärbte Angaben, deren Zusammenstelluttg nicht nur an sich wenig Werth besitze, sondern auch der agitatorische» Auslegung willkommene Anlässe biete". Für jeden nicht voreingenommenen Menschen ergiebt sich die eittgegengesetzte Schlußfolgerung. Je größer die Keuntiiiß der im gegebenen Einzelsalle vorliegenden Ver - hältnisse und mitwirkenden Umständs ist, desto werth- voller, weil zuverlässiger, ist auch das gefällte Urtheil und demgemäß die gesammte Ursachen-Statistik. Und daß die Herren Landräthe nicht über ihnen so nahe - stehende Personen wie die Gruudbesitzer wider besseres Wissen U n günstiges berichten, liegt auf der Hand. Biel näher liegt die Gefahr, daß sie im warmen Mit- gesühl die bankerotten Grundbesitzer eher zu g ü n st i g benrtheile». Wenn in den Erhebungen der Landräthe trotzdem ein so starkes Selbstverschnlden der Landwirthe sestgestellt werden mußte, so kann mit Sicherheit äuge, nomnten werden, daß diese betreffenden Zahlen nicht z u h o ch gegriffen sind. Aber die „agitatorische Ausnutzung" der Statistik ist eS, die den „Freunden der Landwirthschast" so viel Schmerzen bereitet, wie Herr Blenck offen zugestand. Daß die Zahlen ein treffendes Material bieten, der Begehrlichkeit der Junker einen Dämpfer aufzusetzen, zu zeigen, daß da, wo Noth vorhanden, diese meist das Resultat liederlicher Wirthschaft ist, das ist es, was An - stoß erregt. Wenn die Statistik anders lautete; wenn die Landräthe seststellen könnten, daß die Ztvaugsver- steigerungen nur in seltenen Fällen selbstver - schuldete, dagegen zumeist durch „Ungunst der allgemeinen Zeitverhältnisse rc." und namentlich auch durch zu uiedrigeu Zollschutz bedingt seien, dann würde weder ein landwirthschastlicher Minister, noch ein Direktor des Statistischen Amts oder ein Mitglied des Landesökonomie-Kolleginms gegen die „agitatorische" Ausnutzung dieser Statistik etwas einzuwenden haben. Da aber mit dem besten Willett aus den Ergebnissen der Erhebungen ein Fazit, das sich für die „Noth der Landwirthschast" verwenden läßt, nicht zu erziele» ist, so greift man zu allerlei Sophismen, um die Statistik als belanglos darzustellen. Herr Geheimralh Thiel stellte zu dem Zwecke eine ganz merkwürdige Hypothese aus. Er erklärte: „Die geringe Zahl der Subhasta ti o n en sei eher ein Beweis für den Niedergang als für das Floriren der Landwirth - schaft. Jti schlechten Zeiten würde» im Allgemeinen die Subhastationeit von den Gläubigern nicht beantragt, weil diese befürchten, alsdann mit ihren Forderungen vollständig ausznfallen. Erst wen» die landwirthschaft- licheit Verhältnisse sich wieder zu bessern begännen, nähmen ersahrmtgsmäßig die Snbhastationen zu." DaS heißt alle bisherigen Erfahrungen auf den Kopf stellen. So lange als die Zahl der Subhastationen stieg, haben wir immer nur zu höre» bekommen, eilt wie trauriger uud nutrüglicher Beweis die Zunahme der Snbhastatioueu s ü r die Nothlage der Landwirthschaft sei. In ungezählten Sieben zu Gunsten von Zoll- erhöhnugen haben behördliche und parlamentarische Agrarier mit dem Brustton der Ueberzeugnng auf die große Ziffer der Subhastationen landwirthschaftlicher Gruitdstücke hiugewieseu. Und nun auf einmal soll der „Rückgang der Subhastationen ein Beweis für den Nieder- gang der Landwirthschaft" sein I Die Herretk im Landesökonomie-Kolleginm waren natürlich derselben Meinung, wie die Herren Geheimräthe, daß es nicht gut sei, der Welt reinen Wtin einzuschenken darüber, wie die Dinge in der Landwirthschaft liegen und e i» st i in m i g wurde folgender von de» Herren Blenck und Thiel gestellter Antrag angenommen: „1) Eine möglichst genaue statistische Erfassung der jährlich flattfiudeuden Zwaugsversteigerungeit vorwiegend land- und forstwirthschaitlich benutzter Grundstücke ge - sondert nach de» Besitzkategorien ist wünschenswerth. 2) Die bisher von den Kreisbehörden ermittelten Ur- fachen der Zwangsversteigernugen geben kein richtiges Bild der wirklichen wirthschaftliche» Vorgänge." Die Verheimlichung der Subhastakions-Stalistik ist also beschlossene Sache. Du Welt soll in Zukunft nicht mehr durch exakte Feststellungen erfahren, was für Ursachen die „Noth der Landwirthschaft" habe Damit glauben die Herren Agrarier für die Zukunft weiter Spielraum z» haben für ihr klägliches Geschrei I Vs» j)tr WeltWne. fertigen könnte, andereutheils, ob anzunehnieu ist, daß schon jetzt im Wege der Prorogation die zur Verhand - lung vor den Amtsgerichten geeigneten Prozesse mit höherem Streitwertye thatsächlich vor dieselben gebracht Zur Gholera. In Budapest starbeE'in der Zeit voni 18 bis 19. November zwei Personen an der Cholera, während fünf erkrankten. Aus Kopenhagen wird berichtet: Sänuutliche Quarantänebestiinmnngen sind ausgehoben, ebenso die Einfuhrverbote gegen sogenannte „Ansteckung über - tragende" Gegcnstäude, nur Lumpen sind ausgenommen. Die ZentrnmSschäflei» werden gegen ihre Führer in immer weiterem Umfange aufsässig und geben ihnen zu verstehen, daß sie nicht geneigt sind, sich länger an der Nase herumsühren zu lassen. So hat die Ver - sammlung iintersrSnkischer Vertrauensleute des Zentrums in Würzburg an die Zentruinsabgeordneten Baron F r a n ck e ii st e i n und Gras Schönborn die schrift- liche Anssordernng gerichtet, sich g e g e n d i e M i l i t ä r- Vorlage zu erklären, andernfalls sie ein Ai i ß- t r a u e n s v o t n m z» gewärtigen hätten. Im österreichische« Abgeordnetenhanse kam e5 am Freitag einmal wieder zu einer äußerst stürmischen Szene, die von dem Juugtschecheu M a s s a r y k pro- vozirt wurde, der ungemein herausfordernd gegen die Deutsche» loszog und u. A. behauptete, der Dreibund Die Erweiterung der amtsgerichtlichen Zu - ständigkeit in Zibilprozessrn betreffend, hat der preußische Justizmiiiister Erhebungen angeorbnet durch folgenden an die Präsidenten der Oberlandesgerichte ge - richteten, vom „Reichsanzeiger" publizirten Erlaß: Bei der Berathnng des Genchtsverfassitngsgesetzes in der Kommission wie im Plenum des Reichstages wurde von verschiedenen Seiten hervorgehobe», daß die Abgrenzung der amtsgerichtlichen Znständigkeit in bürger - lichen Aiechtsstreitigkeilen, soweit dieselbe auf dem Werth des Streitgegenstandes beruhe, zunächst nur als ein Versuch betrachtet werden könne und es späterer Prüsung Vorbehalten bleibe, ob mit Rücksicht aus die bis dahin gemachte» Ersahrnugen eine Erhöhung der Werthsgrenze für jene Zuständigkeit zulässig sein möchte. Nachdem Im Kautoit Bern wird am 20. d. M. die Be- völkeruiig Entscheid darüber treffen, ob an die Revi. f i o n der Verfassung herangegaitge» werben soll oder nicht. Die jetzt bestehende Verfassung datirt au» dem Jahre 1846, zu welcher Zeit sie sortschrittlich ge - nannt werden konnte; seither ist sie aber aus allen Ge- bieten materieller und geistiger Thätigkeit int Rückstand geblieben und dem Manton Bern, der in der eidgenössischen Politik eine gewisse Führerrvlle ein nimmt, behufs Ent - faltung eines regeren politischen Lebens zu einem empfind- liche» Hemmschuh geworden. Das Nevisionsbedürftiiß greift in alle wichtige» Materien hinein, sowohl was die formellen, als die materiellen Postnlate betrifft; in erster Linie wird die Frage der Partialrevision der Verfassung als unumgänglich iiothwendig erachtet, tvährend materiell Die parlamentarische« Vcrhaudlunge« der nächste» Wochen werde» voraussichtlich unter dem Neben- eiuaudertagen von Reichstag und preußischem Landtag wieder bedenklich zu leide» haben Zu gleicher Zeit soll die größte Militärvorlage, mit der der Reichstag sich jemals befaßt hat, nebst drei oder vier dazu gehörigen neuen Sienern und die preußische Steuerreform zur Berathnng und Entscheidung gestellt werden. Im Landtag hat die Varkaineniarische Kampagne am Freitag begonnen und man nimmt, wie die „Voff. Zig." mittheilt, in Abgeordnetenkreisen an, daß nach der Ge- ftaltung der Rednerliste am Freitag die erste Lesung über die gesammte» Steuergesetze sich bis weit in den Monat Dezember hinein aus - dehnen werde. Man glaubt nicht, daß die Kontmissions- arbeiten bis zum Eintritt der Weihiiachtsferien »och eine weitere Förderung erfahren können. Wenn also am Dienstag der Reichstag zusammen - tritt, so ist im Abgeordnetenhanse die Generaldebatte über die Steuerreform noch in ihren Anfängen und sie wird ihren Höhepunkt erst erreichen, wenn im Reichstage schon die Reden Über Heeresvermehrnng und Etat ge - halten werden. Arn nächsten Dienstag bekommt nun der Reichstag den Etat, die Militärvorlage und noch ein kleines Bouquet anderer Gesetzentwürfe, die doch alle nicht unwichtig sind; dickleibige Uebersichte» über die Rechnungen vergangener Jahre und nicht lange darauf die neuen Reichsstener» vorgelegt. Da mögen die Ab - geordneten dann sehen, wie sie alle diesen Stoff be- roültigen. Daß die Regierung die beide» Parlamente gleich - zeitig mit so schwerwiegenden Vorlagen beschäftigt, zeugt entweder von großer Planlosigkeit, ober aber man hofft durch Ueberlaftuiig der Abgeordneten die zu strenge Prüfung der Vorlagen zu verhindern und dieselben durch Arbeitsmüdigkeit zur Bewilligung geneigt zu mache», um der Qual zu entrinnen. Bei dem Inhalt der Militärvorlage wäre das Letztere einigermaßen plausibel. Sollte man sich diese Rechnung gemacht haben, so wird durch dieselbe hoffentlich ein recht dicker Strich gezogen. Der Bnndcsrath trat am Freitag zu einer Plenarsitzung zusammen und genehmigte der „Nat.-Ztg." zusolge den Nest des Etats, das Etatsgesetz und das Anleihegesetz. Außerdem wurde die Novelle zum Reichs- iuvalidensondsgesetz angenommen. Die angekündigte Verlängerung des Provisoriums der für die Einfuhr nach Deutschland vertragsmäßig bestehenden Zoll- befreiuiigen un dZöllermäßigungen gegen - über den nicht meistbegünstigten Staaten, ferner der Gesetzentwurf wegen Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichseisenbahnen und der Entwurf, befr. die Feststellung des Reichshaushaltsetats für 1893/94, sind dem Bund cs- rath zngegaugen. Der Entwurf eines Answnndcrnngsgesetzes soll, wie mehrfach gemeldet wird, dem Reichstag gleich beim Beginn der Session zngehen. Gegen die Militärvorlage haben weitere P ro - te st v e r f a m nt I u n g e n ftattgefunben in Wolt - mershausen bei Bremen (Ref. Alwin Serri), Uelzen (Ref. Rauch- Liniiner), M. ° G l a d b a ch (Ref Neumann- Elberfeld), Schönbach i. S. (Ref. Seifert-Zwickau), Dittmannsdorf (Nef. Her - mann Albert- Chemnitz), Köthensdorf (Ref. Franz Hofmann- Chemnitz), H e d d e l h e i m (Referenten Klein und Lorenz), Maubach, Mutterstadt, Haßloch und Frankenthal. Die Nationalliberalen befinden sich gegenüber der Militärvorlage in arger Klemme. Zur Opposition fehlt ihnen die Kraft und der Mnth; sage» sie aber Ja, so fürchte» sic auch den letzten Rest des Anhanges im Volke zu verlieren. Da hilft mau sich beim durch einige auf Schrauben gestellte Resolutionen und Eiklärungen, ans welchen Jeder herauslesen kann, was ihm paßt. So beschloffen die Nationalliberalen tu Frankfurt a M. folgende Resolution: „Obwohl die iiationaltiberale Partei stets bereit war und ist, die zur Sicherung des Vaterlandes er - forderlichen Opfer zu bringen, so vermag doch die heutige Versammlung aus der Begründung der damaligen Militärvorlage, wie aus der allge- meinen politischen Sage nicht die Nothwendig- feit neuer f o bedeutender Lasten zu folgern. Sie vermißt insbesondere die gebührende sstücksicht aus die gegenwärtige wirthschaftliche Sage, sowie die ersorder- liche» gesetzlichen fflnroutiecii für die Durchführung zweijähriger Dienstzeit. Die Versammlnng erklär! sich daher gegen die Vorlage in der gegenwärtigen G e st a 11." Im nationalliberalen Verein in München wies der Vorsitzende des Landesansschusses, Professor Mar- quardse», auf die große und berechtigte Miß- st im mutig des Volkes gegen die Militärvorlage hin, die in ihrer heutigen Form und bei bergegen - wärtigen Nothlage weiter Kreise für ihn persönlich unan - nehmbar fei. Die definitive Vorlage sei allerdings abzuwarten, dann aber unbefangen zu prüfen. Redner bittet um Vertrauen zu den Abgeordnete», daß sie de» „richtigen Weg zum Wohle des Volkes" suchen und sindeu Werben. Die „unbefangene Prüfung" wird natürlich den Um - fall der Helden zur Folge haben. Aber das Schicksal deS Natioiialliberalismus wird damit besiegelt sein. Die Bcstttuaiuugen der Gewerbeordnung über die SountagSrutze, die seit dem 1. Juli d. I. nur erst für das Hanoelsgewcrbe in Kraft gesetzt sind, sind für die übrigen Gewerbe noch immer nicht in Kraft gesetzt. De» Termin dafür sestzusetzen, ist bekanntlich dem Bundesrath überlassen. Wie in par - lamentarischen Kreisen verlautet, ist vom Bundesrath nuttuiehr der 1. April 1893 für das Inkrafttreten der betreffenden Bestimniuitge» in Aussicht genommen worden. blatt wird dem Zentrum betbegba Kops gewaschen. Es heißt da u. A.: „Wir wähle» einen Kandidaten, bet, reich an politi - schem Wissen, reich an Erfahrunge«, in jeder Richtung geeignet ist, das Volk in allen feinen heiligsten Rechten zu vertreten; eine» Mann, der für die Freiheit und Rechte der katholischen Kirche, sowie ftir König und Vater - land und das Wohl des Volkes eiusteht; einen Mann, der gegen den furchtbar anwachfendcn Milltarismus, der jetzt jährlich 450 Millionen Mark verschlingt, der i» 21 Friedensjahre» 11| Millionen verschlungen, der die besten Männer vom 20. bis 45. Lebensjahre unter die Wassen ruft und nicht darauf achtet, wer noch Land - wirthschast, Gewerbe und Handel treibt, wer Frauen, Kinder und Greise ernährt; einen Mann »ollen wir wählen, der den Bauern- und Gewerbestand nicht be - trachtet als einen Bienenstock, bem man Alles, was er durch Fleiß und Sparsamkeit errungen, abzapft durch übermäßige und iinnöthige Reichs- und Staatsausgaben, durch Alters-, Jnvaliditäts- und Unfallversicherungen, Beamtengehaltsaufbesferunge», durch Schädigung unstatt - hafter Zollermäßignugen auf Getreide, Käse x. einerseits, und durch hohe Zölle auf Tabak u. bergt, andererseits, als ob das arbeitende Volk nur dazu da wäre, Steuern zu zahlen, Soldat zu werden und das Maul zu halten. „Wir wählen einen Man», der nicht mit dem Zentrum durch Dick und Dünn geht, weil eben das Zentrum das katholische Volk Jahr für Jahr um feine Wahlsiege betrogen und mitgeholfen hat, daß so nutzlose Gesetze und solche horrende Aus- gaben gemacht werden konnten. Grade das Zentrum trägt mit dem Liberalismus dazu bei, daß die Zahl der Sozialdemokraten so schnell um sich greift und schon festen Fuß auch bei der Landbevölkerung gefaßt hat." Die offiziellen Zentcunissührer werden sich dieses derbe Sträußlein sicher nicht hinter den Spiegel stecken. nach staatlichen Begünstigungen für die Landwirthschaft d. h. im Wesentlichen für die Groß gruudbesitzer. Aber nur politische Kinder werben sich durch diese agrarische „Vorsichtsmaßregel" täuschen löffelt. Die Agrarier irren, wenn sie meinen, nunmehr die un - bequemen Zahlen los zu feUi An neueren Daten wirb es zwar fehlen, aber die veröffentlichten älteren werden darum um so werthvoller fein int Kampfe gegen die maßlosen agrarischen Ansprüche. Eins aber hat das Vorgehen in Sachen der Sub - hastations-Statistik uiiwid^leglich bewiesen, daß die Sache der Agrarier das Licht der Oeffentlichkeit nicht vertragen kann. Glücklicherweise haben die bisherigen Veröffentlichungen ein so scharfes Licht auf diese Ver - hältnisse geworfen, daß auch das große Publikum wiffen wird, warum man das Dunkel fo sehr liebt. Die Kandidatur SiglS im Wahlkreise Kaufbeuren, welche die offiziellen Zentrumsblätter »och immer nicht recht ernst zu nehmen scheinen, wirb mit allem Nachdruck! 0 .. ....... ........ .„..v-u, llu)1 rn «uu# unu> verfochten. In einem zu Gunsten Sigis erlaffenen Flug-> vielmehr würde eine thunlichst allseitige Erörterung der-i übertrage» werden. habe eine autiböh mische Spitze. »Er zitirte ver- schiedene Autoren, wie Ratkowsky, Lagarde, Hartmann, um zu beweisen, daß die Deutschen Oesterreich vernichten j und alle Slawen germaiiifireii oder ansrotten wollen. Der deutsche Geist sei verroht. (Stürmischer Wider - spruch.) Bismarck habe die europäische Politik kor- rumpirt. Steinwender: Das geht Sie nichts an; die brutale Faust haben die Ruffen von den Dentfche» gelernt. (Gelächter links; Rus: Sibirien ist auch eilte schöne Gegend.) Der nächste Redner, der Demschllberale M enger, bezeichnete die Ausführungen Massarhks als ! den wildesten Ausbruch des Deutschenhasses, der je im österreichischen Parlamente vorgekommen sei (Lebhafte Zustimmung links.) Eine solche Sprache eines öfter- reicvischen Professors sei eine Gewissenlosigkeit. „Wir wollen keinen böhmische» Staat (stürmischer Beifall links; Lärm bei den Juugtschecheu) und heute ist es Hochverrath, vout böhmischen Staats - recht zu sprechen." Diese Worte Mengers riefen auf den Bänken der Tschechen eilten ungeheuren Sturm hervor; sie sprangen von den Sitzen auf, klopften auf die Pulle und Viele stürmten in die Mitte des Saales zur Präsideutentribüue unter den Stufen : „Zur Ordnung l Das lassen wir uns nicht gefallen I Zurücknehmen I Widerrufen I" Dagegen ries die Linke: „Recht hat er, Bravo Menger! Nicht widerrufen!" Menger rief den Tschechen mit Stentorstimme zu: „Sie sprechen von unpassenden Aenßermigen Ratkowskys, aber ein fo gefährlicher Hochverräther wie Sie, Professor Massaryk, ist er nicht." Nun steigerte sich die (Erregung der Jungtchsechen zu einem wahren Toben. Mit drohend geballten Fäusten und wildem Geschrei stürzten sie gegen die Bänke der Linken. Mail schrie sich gegenseitig allerlei Beleidigungen zu, die in dem allgemeinen Tumult auf der Galleric unverständlich blieben. Man fürchtete jeden Augenblick, es werde zum Handgemenge tonuneu. Der Präsident stand völlig hülslos da. Menger wollte weitersprecheu, aber fo ost er den Mund öffnete, steigerte sich das Toben der Tschechen, denen auch einzelne Feudale sekundirteu. Endlich gelang es dem Präsidenten, sich Gehör zu verschaffen; er rief Menger wegen des Ausdruckes: „wer voin tschechischen Staatsrecht spreche, sei ein Hochverräther" zur Ordnung. Darauf frenetischer Beifall der Innglschechen. Nun wollte Menger abermals weitersprechen, aber cs war vergebens; die Tschechen tobten weiter. Da rief ihnen Menger zu: „Es giebt in ganz Schlesien feinen Deutschen, der die Errichtung eines Ischcchischeu Staates nicht für Hochverrath hielte!" Jetzt erreichte der Lärm seinen Gipfelpunkt. Der Prästdeiit erklärte die Fortsetziing dec Verhaiidlnug für unmöglich und schloß die Sitziiiig. Unter andauernder Er. regung und heftigen Diskussionen verließen die Abge. ordneten nur langsam den Saal Es verlautet, die Juttgischechen würden Menger so lange nicht rede» lassen, bis er die Aenßerung zurück genommen. werden, sodaß ein Eingreiseii der Gesetzgebung nicht er-1 die Reorganisation und Vereinheitlichung des Rechts-, forderlich erscheint. j Armen-, Niederlaffnnas- und Steiierivesens längst ge> Durch die vorstehende,i Andeutungen sollcn selbst-, forderte Aufgaben sind, die allein schon die Bejahung verständlich die Gesichtspunkte, unter denen die angeregte der Revision berechtigen. Dicse wird aller Walirjcheiu- Frage zu prüfen sein wird, nicht beschränkt Werdet,;' lichkcit nach auch beschlossen und dem Große,, Rath In Ativn aO k.t-41 » .» IC...’l..i _ V I -11 » selben auf Grund bet gemachten Erfahrungen in hohem Maße erwünscht sein. Euer Hochwohlgeboren ersuche ich daher, sich übet die Zweckmäßigkeit einer Erweiterung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit in Zivilprozessen eingehend äußern zu wollen, soweit dies ohne besondere statistische Erhebungen, deren Veranstaltung zur Zeit nicht in meiner Absicht liegt, möglich ist. Auch wollen Sie den Vorstand der An. waltskaiiimer des dortigen Ober - Landesgerichtsbezirks unter Mittheilung einer Abschrift dieses Erlasses um ein Gutachten über jene Frage ersuche» und daffelbe Ihrem Bericht beifüge«. Berlin, den 11. November 1892. Der Justiz - Minister, von Schelling. lieber die Haussuchunge« «nd Vcrhaftutigc« in uud bei Berlin wird folgendes Nähere berichtet: In Wei ß e »fee wurden bei dem Schlöffet Paul Pawlowitsch und dem Stnkkatör Grünberg Haussuchungen vorgeuommen, der Letztere war nicht mehr zu Hause, sondern schon zur Arbeitsstätte gegangen, der Erstere, bei dem anarchistische Zeitschriften und Bücher gefunden würben, wurde nach dem Berliner Polizei - präsidium gebracht, von dort aus Nachmittags aber wieder entlaffen. Auch in R u m m e l s b u r g fand, eine Haussuchung statt In Berlin »ahn, die Polizei bei dem Schankwirth Ren nthaler, Pasewalkerstr. 4, eine Haussuchung vor, sie fand und beschlagnahmte einige Privatbriefe aus London, 4 Sammellisten für Jnhastirte und einige andere Schriften. Rennthaler wurde verhaftet. Er ist ein Bruder des im letzte» ; Anarchistenptozeffe zu 6 Jahren Zuchthaus verurlheilten Feilenhauers. Gehanssucht wurde ferner bei dem Kauf- mann Großmann in der Linienstraße, der Mitarbeiter der konfiszirten anarchistischen Zeitung gewesen sei» soll. Die Polizei fahndete speziell auf das Manuskript eines in dieser Zeitung abgedruckte,i Gedichtes. Es verlautet, daß G., der abwesend War, nachträglich auch verhaftet worben fei. Die Haussuchungen und Ver - haftungen sollen zum Theil in Verbindung stehen mit der Verhaftung von mehreren Anarchisten in Altona, zu», andere» Theile aber mit der kürzlich in Berlin herausgekommenen, bekanntlich befchlagnahmte» auarchistifchen Zeitiuig zusanimeichäuge», da bei dem vor- gestern verhafteteit Herausgeber des Blattes Vergolder Hermann Lei »tert eine Namensliste von Abonnenten gesunden worden War. ! I» Frankfurt a. M. haben gleichfalls Hatis- suchmtgeu stattgefnuden. Die Frankfurter „Bolksstimme" belichtet darüber: Bei Genosse G r ü n e b a u nt und dem Mitglied des „Bereius unabhängiger Sozialisten", Schneidergehiilfe E u g l e r t, erschienen heute (17. d. M.) früh drei Kriminalbeamte, um eine Durchsuchung nach anarchistischen Schristen vorzunehmen. Verschiedene Schriften wurden beschlagnahmt, von dem „Gewünschten" jedoch nichts gefunden. inzwischen eine längere Reihe von Jahren verflossen, dürfte es nunmehr an der Zeit fein, in jene Prüfung! einzutrelen. j Ein abschließendes Urtheil über die Wirkungen einer Koinpetenzveräudernng in der angegebenen Richtung läßt sich selbstverständlich erst gewinnen, wenn eine bestimmte höhere Grenze für die amtsgerichtliche Zuständigkeit in Aussicht genommen und auf dieser Grundlage festgestellt ist, welche Verschiebungen in der Geschäftslast der Land - gerichte und der Amtsgerichte die Maßregel zur Folge habe» würde. Bevor jedoch derartige spezielle Er - hebungen angeordnet Werden, ist es für mich von Werth, sowohl von den Gerichten wie auch aus den Streifen der Rechtsanwälte allgemeine gutachtliche Aeußerungeu darüber zu hören, ob sich eine Erhöhung ber in, § 23 Nr. 1 bes Gerichtsversafsungsgesetzes genannten Summe — etwa ans den bei bett Neickistagsverhandlungen vor- geschlagenen Betrag von M. 500 —. empfehlen würbe. Bei ber Beantwortung dieser Frage wirb in erster Reihe in Erwägung zu ziehen sei», ob feit bein Inkraft - treten bes Gerichtsverfafsungsge etzes die Rechtspflege in Zivilprozessen bei beu Amtsgerichten eine solche Eni- tvicklung genommen hat, baß es uubebenklich erscheint, auch bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten mit entern höheren Objekt als X 300 bie Garantien kollegialischer Rechts - pflege zu entziehen. Sobann kommt in Betracht, ob bie als Folge ber veränderten Zuständigkeitsgre ze tinfretenbe Befreiung einer größeren Anzahl Rechtsstreitigkeiten vorn Anwalts - zwang in bet Tyat eine Koitenerleichterung für die Par- feien zur Folge haben, oder ob aiizuuehmen fein wird, daß trotz des Weg-alls der gesetzliche» Nöthiguug die Zu - ziehung von Anwälte» in jenen Sachen nach wie vor die Regel bilde» Wird. Ferner werde» die organisatorische» Folgen ber in Rede stehende» Maßregel» eingehend zu prüsen sein. Bezüglich der Gerichte drängt sich der Zweifel aus, ob ; nicht etwa „ach Sage der ivirihschastlichen Verhältnisse in den einzelnen Theile» der Monarchie ein so erheblicher Brnchtheil aller gegenwärtig bei den Landgerichten zu verhandelnbeii Zivilprozesse in die Grenzen eines Streit- werthes von X. 300—500 fällt, baß ein Theil der Land- geeichte nach Abzweigung biefer Sachen nicht mehr lebensfähig bleiben und ihre Aushebung erforderlich ! werden würbe. Diesem Bedenken tritt bann wiederum j die Erwägung gegenüber, ob nicht eine Reihe ungenügend veschästigter Amtsgerichte, bereu Aufrechterhaltung gleich- wohl im Interesse ber Bevölkerung erwünscht erscheint, aus diese Weise einen Zuwachs von Arbeitsstofs erhalten Würde, der ihre gedeihliche Fortexistenz ern öglicht. Bezüglich der Anwaltschaft wirb ber Einfluß zu Prüfe» sei», ben bie Kompeteuzverschiebnng auf bie Ver- theiluug ber Anwälte zwischen Landgerichten und Amts- geeichten ausubeu Wirb, ob iusbesondcre, wenn bie Zu - ziehung von Anwälten in bei, auf bie Amtsgerichte über - gehenden Zivilprozessen regelmäßig stattfindeit sollte, zu erwarten ist, daß die bei den Landgerichten entbehrlich gewordenen Anwälte sich bei ben Amtsgerichten nieder- lassen und dort eine ausreichende Praxis finden werden, ob endlich eine derartige Veränderung den allgemeinen Interessen ber Rechtspflege zuträglich erscheint. 9114,1 minber wird bie Veränbeiung des Rechts- mittelznges für die ben Amtsgerichten zu überweisenden Zivilprozesse in ihren, Einfluß auf die sachliche Erledi - gung der Prozesse, aus bie Gerichtsorganifation und auf die Berhältniffe der Rechtsanwaltschaft in Befracht zu ziehen fein. Besondere Beachtung verdient auch die Thatsache, in welchem Maße bereits jetzt von einer Vereinbarung des Gerichtsstandes bei bei, Amtsgerichten in den zur landgerichtlichen Zuständigkeit gehörigen Sachen Gebrauch gemacht wird. Sollte dies in erhebliche». Umfange ge - schehen, fo wird zu untersuchen fein, eiueslheils, ob stch hierin ein Vertrauet, in die amtsgerichfliche Rechtspflege kund giebt, bas eine Erweiterung der Zuständigkeit recht-