k Jahrgang. f. ^-wrnnui Hi 1» nngi IIIll—RUH!■■><■ III——Illi» IUI ■ llimmrMTWKTTBIflriBMMWriWWMnTTB Da- „Hamburger Echo" erscheint täglich, außer Montag-. Der NbonuemeutSpreiS (intt. „Die Neue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de- Post. katalogS 2761) ohne Bringegkld vierteljährl.4,20; durch die Kolportöre wöchentl. 36 4 frei Ln'S HauS. Verantwortlicher stiedaktör: Gustav Steugele in Hamburg. B3* ins Sonnabend, den 24. Dezember 1892 Anzeige» werden die fiinfzespaltene Petitzeile oder deren Rani» mit 80 4, für den Ardritsularkt, BcrmirthungS- imd ^-amilienanzeigc» mit 20 4 berechnet. Nuzcigett-Anuadme in der Expedition (bis 6 Uhr Abds.), jowie in sämnitl. Lmwncen-BliremiA- Redaktion und Expedition: tSrohe Theaterftrahe 44 in Hamburg. i V. 'ff Hierzu eine Beilage. * Der preußische Kultusminister Dr. Bosse ist ein frommer Mann, so gut wie sein über die Schulvorlage gestürzter Vorgänger. Ju einem Brief, den der ortho - doxe „Evangelische Kirchliche Anzeiger" diesen Sommer veröffentlichte, redet er über die soziale Frage salbungS- voll wie ein Pfarrer auf der Kanzel. Nicht blos die böse Sozialdemokratie, sondern auch die braven Schulze- schen Genossenschaften sind nach seiner Ansicht auf dem Holzweg, denn „seit 1800 Jahren liegt eS vor aller Welt Augen, daß jede, aber auch ausnahmslos jede wahrhafte, jede große und heilsame Vorwärtsbewegung nur von einer großen Kraft getrieben, getragen und mit Erfolg zum Abschluß gebracht ist, nämlich vom Christen - thum. Die christliche Liebe allein ist die prin- zipielle Lösung der sozialen Frage, und sie ist es ge - wesen, seitdem sie den Himmel verlassen und dre-armL Gestalt der durch Sünde gebrochenen und geknechteten Menschheit angenommen hat, um die Armen und Elen - den wunderbarlich^ zu retten r<4b selig zu machen". Es wird nun aufgezählt, was das Christenthum auf diesem Gebiete Alles geleistet: Befreiung der Sklawen (siehe die moderne Lohnsklawerei), Erhebung der Frauen auS ihrer Niedrigkeit (siehe die heutige Frauenarbeit in Fabriken und Hausindustrie, und die Prostitution) und die Um- gestaltung der Familie, „dieses Grundpfeilers von Staat und Gesellschaft". Ja, die Familie und besonders die Poesie der K i 11 d h e i t, wie sie namentlich die Weihnachts - zeit, die Weihnachtslegende mit so anmnthigem Schimmer verklärt. Der Mythus vom göttlichen Kinde — hat er nicht einem Schutzengel gleich das zarte Kindesalter um - schwebt, jede Rohheit gegen die junge Menschenknospe ausgetilgt und den christlichen Völkern und ihren Gesetz - gebern die zärtlichsten Gefühle gegen die Kinder in's Herz geflößt und sie vor jeder Mißhandlung geschützt? Hat er nicht die liebliche Sitte eingebürgert, die Kinder am Weihnachten mit allerlei Spielzeug zu erfreuen? Aber erzählet euren Kleinen ja nicht, wie diese Spielwaaren verfertigt werden, denn eS könnte ihnen die ganze Freude daran verderben. Ihr kleines Herz würde krampfkoft zucken, wenn sie erfahren würden, was z. B. Dr. E. Sax und Andere über die Spielwaaren- industrie in Thüringen mittheileu. Die durch - schnittliche Arbeitszeit ist 18 Stunden, sage mit Worten achtzehn Stunden, und wohl- gemerkt, nicht etwa nur während der hohen Saison. Alle Kinder müssen Mitarbeiten, vom zarteste» Alter an, man sieht häufig fünf- und sechs- jährige Würmchen stundenlang auf den Dielen „spielen". Sie müffen den geleimten Lauf von der „Klupp" ab - ziehen, die Böden und Deckel einsetzen und die fertigen Schachteln zumachen re. Bei den kleinen Sachen sind die Kinder recht eigentlich die Hauptsache, da gehören kleine feine Finger dazu, der Vater kann da gar nicht hineiugreifen. — Aber dafür werden sie gewiß auch herr - lich belohnt, verdienen ein Heidengeld und können sich mit Braten und Wein und köstlichen Leckerbissen nähren? Ei gewiß. DerTagesverdicnst beträgt nach der Berechnung von Sax bei 17stündiger Arbeitszeit noch nicht 60 Pfennig. In einem Artikel der Wiener „N. F. Presse" vom 17. d. M. lese» wir: „Wen» darum auch die ganze Faniilie fabri- zire» hilft, so bringen cs ältere Kinder manchmal aus höchstens 1 bis 2 Mark in der Woche und ihre Väter oft nur aus ein bis anderthalb Mark mehr. 300 bis 500 Mark ist in mancher Familie die I a h r e s e i n n a h in e für die gefertigten S p i e l w a a r e n, wen» Alle sich tüchtig i n 's Zeug legenlll" Ueber die Lebensweise schreibt derselbe Autor: „Von Brot im wörtlichen Sinne ist bei ihnen freilich nicht die Rede. Es wird durch die billigeren Kartoffeln ersetzt, ihre Hauptnahrung, die schon am Morgen mit Else. EincWeihnachtserzäblnng von Alexander L. Kiellaud. 'D>Mch von I. N 0 g 0 n. ; (Nachdruck verboten.) (2. Fortsetzung.) Und als sie in das Bett kroch, dachte sie weder au Mutter Späckboms Kranke noch au Fräulein Falbes stille Stube; sondern sie schlief ein unter Rosen und Musik und Träume» von weißem Atlas mit Schwaneil - daunen um die Schullern. Sie war siebzehn Jahre alt. Das Leben in der Arche ging seinen bnnten Gang mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Mutter Späckbom führte ihren stillen Krieg mit Dr. Beutzen; Fränlcin Falbe beschäftigte sich mit ihrer Schule und mit ihrem Bruder; und die Bande trieb ihr geheimnißvolles Wesen da oben. Eine Zeit laug enthielt sich der Floh, ans den Speicher zu gehen, bis er eines Tages den alten Schirr - meister spielen hörte. Da kam eine solche Lust über Else, ihn zu sehen; er war ja allein, und da konnte doch nichts Schlimmes dabei sein. Er war aber nicht allein; und da Else nun einmal gekommen war, blieb sie trotzdem oben. Und nach und nach wurde Alles wie vorher; nur daß sie jetzt Alles that, um ihre Besuche vor Fräulein Falbe geheim zu halten. Solchergestalt war Mutter Späckboms Arche, und ui alledem wuchs der Floh auf. — 2. ,,Ja, meine Herren und Frauen I Aber mir müssen bedenken, daß cs hier nicht blos gilt, der bedrängten Menschheit im Allgemeinen zu Hülfe zn kommen, sondern daß wir uns zur Aufgabe gesetzt haben, auf einem ganz bestimmten Gebiete zu tvirken. Obgleich ich also 'aus vollem Herzen die Gesichtspunkte theile, welche Herr Konsul With dargelegt hat, muß ich doch daran festhaltcii, daß mir nicht über die Grenze hin- ausgehen sollen, ivelche wir uns selbst gesetzt haben. Es ist wohl möglich, daß die Noth »nd was uns hier besonders angeht: das sittliche Verderbet« unter den jungen Mädchen in der Gemeinde St. Paul ebenso groß, ja vielleicht noch größer ist als in nuferem St. Peter. Aber ich glaube doch, daß mein« unsere Arbeit sichtbare Früchte des Segens bringen soll, mir auf dem von Gott selbst angewieseiie» Gebiete« Zichorienkaffee und Salz, selten mit Leinöl oder gar mit Butter, aus dem Tische als erstes Frühstück dampfen und zum Mittag- und Abendbrot wieder. „Erdäpfel sind doch was Gutes" hört man dabei noch ost loben, und Vielen ist es ein wahres Fest, sich einmal recht herzhaft daran satt essen zn können." Wie wenig Ei - weißgehalt die Kartoffel besitzt und daß daher die Skro- phulose und andere Uebel unter diesen Leute» heimisch sind, ist bekannt. Was verdient also ein Kerl, der diese seine Schilderung mit dem Satz verbrämt: „Jst eS auch ein kärgliches Brot, daS ihnen beschcert ist, so sind sie doch, wie alle „gebirgischen Leut'", glücklich und zufrieden und verlieren die gute Laune nie l" Dieses „Glück", diese „Zufriedenheit" und „gute Laune" ist natürlich von jener Sorte, die auch E. Herman bei den Webern im Riesengebirge konstatirt: „Ihr Gleichniuth im Ertragen des Elends ist beinahe bis zur Gefühllosigkeit abgestumpft. Als der Berfaffer eines Tages ein älteres Ehepaar, das mit einem schwindsüchtigen Sohne zusammen arbeitete, um die Zahl der Kinder fragte, da antwortete der Mann: Elf, und die Frau setzte mit freundlichem Lächeln hinzu, ohne irgend einen Ausdruck der Trauer: „Sie sind Akte tit auf einen an der Weber - krankheit gestorben." Damit meinte sie die Lungen - schwindsucht und schaute dabei zu ihrein letzten Sohne hin, dem ja sicher in kurzer Zeit dasselbe L00S bevor- stand." O das Christenthum hat „die Armen und Elenden wunderbarlich gerettet und selig gemacht", wie Exzellenz Bosse versichert. Nein, verschweiget euren Kindern nicht, rote diese Spielwaaren verfertigt werden, erzählet es ihnen herz - haft, und wenn ihr kleines Herz krampfhaft auszuckt, dann ahmet das Beispiel HamilearS nach, der seinen Knaben Hannibal am väterlichen Altar Fehde gegen Nom schwören ließ. Fehde dem linder- und männermordende», knlturverwüstenden Kapitalisten - System lasset sie beim WeihuachtSbaum geloben; das Kinderspielzeug soll zu - gleich ein wirksames sozialistisches Erziehungsmittel sein. $0« der WckWtt. Belastung «nd Enttastnng in der Militär - borlage werden nach der „Nordd. Allgem. Ztg." von den Gegnerir „nicht in gerechter Weise ge - würdigt". „All jene Kritik", sagt sie, „welche man bisher von der g eg n eris che n Seite zu hören bekam, hat sich säst ausschließlich auf das B e l a st u n g s < in 0 m e n t geworfen, und von den Vortheilen der Reform sowohl im Hinblick auf die Erhöhung unserer Wehrkraft, wie aus die Entlastung der Wehr - pflichtigen, nichts wahrnehmen wollen." Der „Germania" ist diese Bemerkmig offenbar uii< angeitchm. Sie will sich und ihre Partei vor dem da erhobenen Vorivnrf in Schutz nehmen. Sie schreibt: „ES fragt sich zunächst, wer sind d i e „G e g n e r" der Vorlage? Kurz vorher spricht die „Nordd." von ihnen als solche», die „Alles abweisen". I» diesem Sinne sind Gegner der Vorlage nur die Sozialdemo - kraten, sie allein; was die „Nordd." darüber hinaus sagt, ist Unwahrheit. Es muß das einmal klar heranSgesagt werde», da bei de» Offiziöse» hartnäckig und zn sehr durchsichtigen Zwecken die Taktik verfolgt wird, nur die Negation auf der einen und die Regierungsvorlage ans der anderen Seite zu sehen, von dem sehr bestimmten, in der Mitte liegenden Vorschläge aber, für den eine Mehrheit sicher wäre, nichts zu sage». In der Mitte zwische«« Negation und Regierungsvorlage liegen für die Offiziösen nur d i e vagen Worte „Ver - ständigung", „Vereinbarung", die aber Hin - auf Annahme der Regierungsvorlage hinaus - laufen. Denn von dieser wird fort und fort behauptet, daß nichts ans ihr herausgenommen werden könne, ohne sie militärisch hinfällig zu machen. Graf Caprivi hat ja in seinen Reden auch seinerseits nirgends auch nur ein allgemeines Wort über sachliches Entgegen- komme» von der Regierungsseite gesagt, geschweige beim, daß er ein solches auch nur in einigen noch so winzigen Punkten bestimmt in Aussicht gestellt hätte." In dieser Auslassung des Zentrums-Organs ist lediglich eine Bekräftigung der Annahme zu scheu, daß diese Partei, ober wenigstens ein Theil derselben, b e - reit i st zu einem Schacher mit der R e - g i e r u n g. halten solle», und dies ist — meine ich — unsere eigene Gemeinde." „Oh wie wahr, was der Herr Pfarrer da sagt," rief Fran Beutzen erfreut. „Es ist ganz so, wie zn der Zeit, ehe ich meine gewissen Annen bekam. Alles was ich gab, Ivas wir fortschenkten, verschwand spurlos, und der Bettler wurden nur immer mehr. Aber nun lasse ich nur durch das Dienstmädchen antworten: „Wir haben unsere gewissen Armen." So weiß man, daß kein Unwürdiger empfängt und kann die gesegneten Früchte sehen. Wie sagte doch der Herr Pfarrer so wahr und schön?" „Sichtbare Früchte des Segens" — erwiderte der Pfarrer bescheiden erröthend. „Ja, so war es," sagte Fran Beutzen und wieder - holte die Worte halblaut, nm sie nicht zu vergessen. „Ich für meinen Theil glaube sogar nicht, daß es Recht ist, in der Hast und ohne Ueberlegnng zu geben —meinte des neuen Polizeimeisters junge Frau Uitb senkte bescheiden ihre schönen Augen. Der Pfarrer verbeugte sich zustinimend gegen die Sprecherinnen und machte darauf aufmerksam, daß es schon in der Schrift heiße: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern zu nehmen und es den Hündchen vorzu- iuerfen. Hieran knüpfte er einige Bemerkungen, in welchen er abermals hervorhob, daß der Verein für gefallene Mädchen, den zu gründen man versammelt, seine Wirk - samkeit streng innerhalb der Grenze» der St. Peters- gemeinde halten müsse. Der Großhändler Wich hatte hiergegen im Grunde nicht das Geringste einzuwenden. Er hatte nur einige allgemeine Worte ans's Grabewohl gesprochen, um auch etwas zu sagen. Nun mußte er erklären, baß dies blos so seine Meinung gewesen fei, um in großen Zügen — hm! — eine Andeutung zu geben, was nach feiner — hm I — Meinung gegenüber diesem — hm I diesem Ge- sellschastsübel geschehen solle. Der Pfarrer sprach seinen Dank ans für den werth- vollen Beitrag, welchen der Konsul zur Beleuchtung der Sache gegeben habe, roorauf die Berathung über diesen Punkt für geschlossen erklärt, und der vom Pfarrer vor- geschlagene Namen angenommen wurde: Verein für ge - fallene Mädchen der St. Petersgenieinde. Konsul With strich feinen schwarzen Knebelbart und sah unbemerkt nach der Uhr. ES mar seine Frau, roelche ihn zur Theilnahme an dieser Versammlung gezroungen hatte, in welcher außer ihm kein anderer Herr anwesend war, als der Pfarrer. Im Nebrigen war hier eine Aus- wähl der allerfeinste» Frauen der Stadt, welche auf des Pfarrers Einladirng zn dem genannten Zwecke ziisammen- Die „Nordd. Allgem. Z t g." bringt einen Leitartikel, in welchem zwischen den Zeilen ganz deutlich zn lesen ist, daß es der Negierung gar nicht eiusällt, auf eine nenneuswerthe Reduktion ihrer militärsscheu Forde - rungen einzugehen. Sie schreibt u. A.: „Man scheint au einigen Stellen zu glauben, es müsse, da der gegenwärtige Zustand mit der verstüm - melten Dienstpflicht nicht haltbar sei, ohnehin zur zwei- jährigen Dienstzeit kommen, gleichviel ob man die Koinpensationen gewäbre oder nicht Das wäre ein be - denklicher Jrrthum. Der gegenwärtige Zustand ist niili- tärjsch auf die Dauer kaum haltbar. Aber ein Ausweg könnte ebensowohl nach der Richtung der Wiederherstel- lung der vollen dreijährigen, als nach der der Annahme der zweijährigen Dienstzeit gesunden werden. Erkennt die Militärverwaltung, daß man in der Vermehrung der Zahl der Dispositionsurlauber schon jetzt zu weit ge - gangen ist, warum sollte man den Weg nicht zurück - machen können? Man würde dabei die Kriegsstärke ver - ringern und die aus der unvermeidliche» Ungleichheit und Ungerechtigkeit des jetzige» Versahrens hervorgeheude» Mißstände zum großen Theil beibehalten, sich noch mehr von dem Gedanken der allgemeinen Wehrpflicht lossagen müssen, aber weder gesetzlich noch militärisch stände dem die mindeste Schwierigkeit entgegen. Diejenigen, welche in dem Kampf bet Qualität gegen die Quantität — ein Streit, der an sich so müßig ist, weil diese Begriffe nur relativen Werth haben — die Qualität des Friedens - standes betonen, würden damit zufrieden sein. „Die verbündeten Regierungen haben die Militär- Vorlage aber eingebradjt, weil sie nicht glauben, unserer äußeren Lage gegenüber die Verantwortlichkeit für die Fortdauer des gegenwärtigen int Hinblick auf die ver - änderten Verhältnisse bei unseren Nachbarn unge - nügenden Zustandes unseres Heerwesens tragen zu können. „Erscheint mithin den verbnitdeten Negi'ernngcn eilte Attnahme der zweijährigen Dienstzeit ohne gleichzeitige Etatserhöhungen und Kadres - Vermehrungen a u s ge - schlossen, so gilt das ebenso von dem bisher nur vereinzelt ausgetretenen Gedanken, etwa die Spezial- Waffen, auch die Feldartillerie, zn vermehren, die In - fanterie aber ohne Kompensationen mit der zweijährigen Dienstzeit zu bedenken. Der ZuknuftSkrieg wird an alle Waffen höhere Anforderungen stellen als die Vergangen- heit; bei keiner aber werden die zersetzenden Ein - flüsse des Gefechtes sich so geltend machen, wie bet der Infanterie. „So lange die politischen Verhältnisse Europas sich nicht wesentlich änbertt, kann und wird die Forderung nach einer Erhöhung der Wehrkraft Deutschlands nicht von der Tagesordnung verschrot n den. Kein gut Leitung unserer auswärtigen Politik berufener Staats- mann, fein mit der Organisation unseres Kriegsheeres betrauter Offizier wird die Verantwortlichkeit für die Fortdauer des gegenwärtigen Zustandes übernehmen wollen und könne n. Gewiß nicht leichte» Herzens haben die verbündeten Regierungen sich zu den erhöhten Forde - rungen für das Heer entschlossen; nur die Neberzeugung davon, daß unsere eigene Wehrkraft feit 1871 sich nicht in dem Maße gehoben hat, Ivie die unseres östlichen und westlichen Nachbarn, und daß wir in dem künftigen Kriege schwierigen Verhältnissen mit relativ geringeren Kräften gegenüberstehen werben, als je zuvor, hat ihre in den Grenzen des Durchführbaren gehaltenen Ent - schließungen geleitet. Das, was bisher hier - gegen vorgebracht ist, dürste nicht ge - eignet fein, sie ut»zustimme»." „Volk, f fei auf der Wacht l" Unter diesem Titel poleniisirie vorgestern unser Zentralvrgan „Vor - wärts" in einem Artikel gegen die „Freisinnige Zeitung". Es heißt in dem Artikel, die freifinnige Partei habe sich nicht zu einem klipp und klaren Nein gegenüber der Militärvorlage anfzufchwingen vermocht. Die „Freisinnige Zeitung" entgegnet mm heute Folgendes: „Bekannilich sagt die freisinnige Partei Nein, wenn es nicht gelingt, die zweijährige Dienstzeit ge - setzlich einznsühren ohne Erhöhung der Friebenspräsenz- ftärfe. Wenn es aber gelingt, die Vorlage daraus zu beschränken, was allerdings wenig wahrscheinlich ist, so würde auch die Sozialdemokratie nicht iin Stande sein, Nein zu sagen, im Falle ihre Stimmen für die Annahme ober Ableh - nung der Vorlage entscheidend wären." Wie naiv! Undj das innthet bas Richtcr'sche Organ der S 0 z i a I b ein 0 l r a t i e zu? Selbst auf die „Norbb. Allgem. Ztg." wirkt biese Naivetät belustigend; sie schreibt: „Parlaincutarische Parteien dürfen also ihr Ja ober Nein davon abhängig machen, ob ihre Stimmen für Ablehnung ober Annahme einer Vorlage ent» scheideub sind — so sagt bie „Freis. Ztg." des Abg Richter I Daß manches Nein der Fortschrittspartei resp. getreten waren. Konsul With mar beigezogen worden, weil inan einen der reichsten Männer der Stadt unter den Gründern haben wollte. Böswillige Menschen wollten freilich finden, daß sich der Konsul in einem Vereine dieser Art etwas wunder - lich ansnahm; denn er stand in Wahrheit nicht im besten Rufe. Einige fanden eilte Entschuldigung in dem Um - stande, baß Konsul With ein — Bügelbrett zur Frau hatte. Fran With mar gewiß eine ber flachsten Ge - stalten, bie man sehen konnte. Anbcre fanden wieder, baß bie Frau Konfnlin es nicht besser verdiente; denn wie konnte sie so dumm sein, sich ciuziibilden, baß der schmucke Otto With sie um etwas anderes, als des alten Rheders Ranbnlf Thaler geheirathet habe. Aber der Konsul selbst war so geschmeidig und glatt, so liebenswürdig und gewandt, daß alle diese Nachreden von ihm abglilten. Die ihn genau kannten, lächelten; er war nun einmal unverbesserlich. Die meisten aber meinten, er sei doch nicht so schlimm, als man sage. Mittlerweile wurden die Verhaiidlnugen des neuen Vereines fortgesetzt. Die vorbereitenden Arbeiten roitrben besprochen und unter die Anwesende» vertheilt. Dies ging aber nicht ohne Schwierigkeit, und ber Pfarrer miifjlc äußerst vorsichtig sein, um zwischen alten diesen Frauen zu laviren, ohne anznstoßen. Besonders konnte man bemerken, baß mehrere Frauen nach der Schriftsiihrenvürde strebte». Dies war zum Theil des Pfarrers eigene Schuld. Den» er hatte halb im Scherze das Interessante und Ver- antlvortuugSvolle, ein großes, dickes Protokoll mit Rubriken in rother und blauer Tinte zu fülle», aus- gemalt. In dieses dicke Protokoll schien sich insbesondere die Fra» Polizeimeisterin verliebt zn haben, und so oft die Schristsührerstelle zur Sprache kam, ließ sie ihre schönen Augen mit einer schüchternen Bitte aus dem Pfarrer weilen. Aber da waren noch Andere, welche einer solchen Auszeichnung würdiger sei» konnten. Zuerst Fran With, in deren eleganten Gesellschaftsräume» die Versammlung stattsand, und von welcher man de» größten Beitrag erwartete. Aber der Pfarrer hatte listig ausgedacht, sich mit ihr in der Weise abzusindeu, daß er ihren Man», den Konsul, zum Vorsitzenden des Vereines machte. Dan» war da bie reiche Frau Fanny Garman uo« SandSgaard. Sie sah zwar aus, wie wenn sie sich deS DeutschfreisinnL auf dieses Motiv zurückzuführen märe, haben Andere schon oft behauptet; stets aber hat die Freisiunspresse solche .Unterstellung" mit Entrüstung zurückgewiescu — jetzt sagt es das Richter'lche Organ selbst 1* Daß diese parlamentarische Moral des Freisinns nicht auf die Sozialdemokratie zutrifft, brauchen wir Wohl nicht naher darzulegen. Aus ihre «»ehrliche Kampfesweise festgenagelt wird einmal wieder die „Köln. Z«g.", und zwar von der uUramontanc» „Germania". Dieselbe bemerkt: „Die rheinische Wettersahue schreibt: „Der viel- berufenen Legende von dem Septen »atsfchwiudel macht die „Germania" — und daß sie es thut, ist der Humor der Sache — nunmehr endgültig den Garaus, indem sie erklärt, „daß Löwe seine vortrefflichen Ma - schinen zur rasche» Fabrikation von Lebel-Gewehreu in einem Augenblick unserem Feinde anpries, wo uns von Frankreich her der Krieg drohte"." Daß die .Kölnische Zeitung" zu iinterfdjlogen versteht, kann nicht ausiallen bei einem Organ, das s. Z. mit einem ge- fälschten Aktenstück hausiren ging. Der von ihr zitirte Satz der „Germania" lautet nämlich: „Daß Löwe re. anpries, wo von Frankreich her Krieg droht, wenig - stens die Bevölkerung durch offiziöse Alarmrufe in lebhafte Sorge wegen eines solchen Krieges versetzt wurde." Der hier gesperrte Satz wird von dem Organ „für deutsche Bildung und Gesittung" einfach unter - schlagen." Gegen die Militärvorlage wurden weitere Prolestversammlnngen abgehatten tu Bamberg, Fürstenwalde a. d. Spree (Res. Metzner- Ber - lin), Löbau (Referent B ü Hiner und Pier sch el), Lämmerspiel, Hausen und Obertshausen in Hessen (Ref. G a l m - Seligenstadt), Lutter a. B. (Res. Wentzel-Seesen), Backnang (Ref. Leick- Hardt - Stuttgart), U l tu (Ref. Hildenbrand- Stuttgart), O r t e n st a d t, Bade», Kampe- Ottersberg und Bassen im 6. hannoverschen Reichstagslvahlkreis (Ref. L. Lingner), P r i tz iv a 1 k (Res. Koopmann- Berlin.) Ueber das gleiche Thema referirte am Sonntag Rcichstagsabgeordneter Schultze- Königsbcrg in sehr gut besuchter Volksversammlung zu Barten stein (Ostpreußeiy. Es gelangten zivei Resolutionen zur Annahme, von denen die eine gegen die Mititärvorlage proftetirt, wahrend die andere erklärt, daß nur die Sozialdemokratie im Stande ist, die Sage der arbeitenden Klassen zu verbessern. Die vorzüglich verlaufene Versammlung schloß mit einem begeisterten Hoch auf unsere Partei. Ans dem Bittidesrath. — Der BnndeSrath hat in der vorgestern unter beut Vorsitz des Vizepräsidenten des Staatsministerinms, Staatssekretärs des Innern Dr. v. Bötticher, abgehattenen Pleuarsitzuitg der Vorlage, betreffend die weitere Vereiubarnng provi - sorischer Z 0llb cstimmn ngen mit Ru - mänien, jugeftimmt. Die mit ber Vorderathnng des Elektrizitäts- Gesetzentwurfs betrauten Ausschüsse des Buttdes - raths haben am 21. d. Ml?, ihre Arbeiten beendet, und dürfte das Plenum dem in einigen Punkten abgeänderten Entwürfe seine Zustimmung ertheilen. Ob die Vorlage dem Reichstage noch in dieser Session zngehen wird, scheint jedoch »och nicht entschiedeii z» sein; es wird das von dem $ erlaufe ber ohnehin untfaugreidjen Arbeiten des Parlaments abhängeit. Der Bmtdesrath wird seine nächste Plenarsitzung nach Neujahr abhalten. Wie man in Preuße« die Wahlordnung „demokratisiren" will. Das pretißtscheAbgeorbneteii. Hans soll bei Wieberbeginn seiner Sitzungen die in Zu - sammenhang mit der Steuerreform stehende neue Wahlordnung vorfinden. Wie die „Nat.-Lid. Korresp " hört, wäre in beut Entwurf von einer prinzi- piellen Aenderting der Grunbsätze, auf beiten die bis - herige Wahlordnung beruhte, nicht die Rede: „Die Einrichtung der drei Wählerklasseu nach dem Maße ber Steuerleistnng bleibt bestehen, dabei beziveckt aber das neue Wahlgesetz, einer erheblichen Verschiebung in ber Wahlberechtigung, wie sie die Folge der neuen Steuergesetze sein würde, vorzubeugen. Eine der wesent - lichsten neuen Vorschläge ist bie Bestimmung, daß nicht, wie bisher, nur die direkte» Staa tSpeitern, sondern sämnitl ich e öffentliche Abgaben, Staats-, Provinzial-, Kreis-, Kominttnalstenertt, zur Grundlage der Eiutheilnitg der Wählerklassen gemacht werden." Die „Hamburger Nachrichten" machen dazu folgende hochtveise Bemerknng: „Der Antrag mit seiner zweifellosen demo- kratisirendeu Tendettz wäre stilgerechter von der Litiken des Abgeordneletthanses eingebracht als von der Regierung." Da hört beim doch Alles und noch Verschiedenes aufI Der mitgetheille nette Vorschlag läuft darauf hinaus, eine erhebliche Verschiebung hi ber Wahlberech - tigung grabe zu Ungnnften der niederen Wählerklassen z» mache». Werden sämmt» l i ch e öffentliche Abgaben, wie angegeben, der Ein- tHeilung zu Vitittde gelegt, so wird damit selbstverständlich das Gewicht der Steuerzahler in den höheren Klaffen vermehrt. Selbst die „Germania" sieht in diesem Vor - schläge die Gefahr einer Bersch (echter» ng deS Wahlrechts nach ber Plutokrat is chen Seite hin, die ans keine» Fall eintreten bürfe. Das elendeste aller Wahlsysteme, wie Bismarck seinerzeit bas preußische .Dreiklafsettwahlsystem genannt hat, soll in feiner ganzen prinzipiellen und taktischen MonsttositSt erhalten bleibe», mir etwas „zeitgemäß ziigestutzt". DaS „verbesserte" Gesetz soll roieberitm wie das alte Wahl - gesetz ben ®^lbbeutel des Einzelnen zur Grundlage für die Zu Messung des ivichtigsten politischen Rechtes »lachen. Ein großer Theil der preußische» Bevölkerung wird daritach von deni Wahlrecht ganz ausge- s ch 10 1 f e n bleibe», während auf ber auberen Seite eine Minderheit reicher Staatsbürger ein vielfach höhenverthiges Wahlrecht zngewiesen erhält. „Es würde" — schreibt bie Berliner „Volkszeitung" zutreffend — „also bie auf ben Geld besitz gestützte Klafsengesetzgebungin Permanenz erllärt werden, wenn der Entwurf die Zustimmung des preußischen Land - tages finben faßte. Karakteristisch ist, daß eine national- liberale Zeitung, die „Nat.-Ztg.", zuerst ihre Stimme zn Gunsten des Entivurfes erhebt. Die national- liberale Weisheit denkt offenbar nicht daran, daß diese „Reuordnuiig" des Wahlrechtes, in ber sich eine grenzen» lose Mißachtung ber politischen Bildung ber Ration kundgiebt, dem Vertraue» in die Grund - lagen ber Gerechtigkeit, auf betten sich ein Staat auf - baut, in ben breitestenSchichtendesVolkeS ungeheuren Abbruch th«u muß. Man könnte ein so verändertes Wahlgesetz getrost ein „Ausnahme - gesetz zur Förderung ber Sozialdemokratie" nennen." Aber unser liebwerthes BiSmarck-Orgatt schießt den Vogel ab; es verkündet ber Welt: der Antrag habe eine „zweifellos demokratisirenbe" Tendenz I Womit völlig zweifellos bewiesen ist, daß die geehrten Kollege» von den „Hamburger Nachrichten" zeitweilig an poli - tischer Farbenblindheit leiben, indem sie grau mit roth verwechsel». (Segen dir Brausteucrerhöhung Hai bie Frankfurter Handelskammer mut gleichfalls an ben Reichstag eine Eingabe gerichtet, in ber sie um Ablehnung der Br austeuer.Erhöhung bittet In der Eingabe wird auf bie große wirthfchaftliche Be- beutuiig ber Braninbuftrte des Kammerbeziiks verwiesen. Es ist in den Privatbrauereien ein Kapital von 5 Mill., in den Aktienbraneieien ein solches von 22 Mill, angelegt, während die Ausgaben der Brauereien au Rohntaterialieu und Steuer sich auf .(LG383000 beziffern. Die Bier - preise sind im Engros-Verkehr (Jt 174 biS 18), wie im Ausschank (12 xj für 0,4 Liter) unverändert. Eine Er - höhung dieser Presse erscheint in normalen Zeiten un - möglich, gegenwärtig spricht auch die außerordentlich tiefgreifende Nothlage des gejammten Erwerbslebens dagegen. Eine Abwälzung auf die Wirthe erscheine iinthnnlich, da diesen der Verdienst durch die hohen MiethSpreise, die mannigfaltigen Spesen für Bedienung, Beleuchtung, Heizung, Zeitung rc. geschutälert wird. Jnteressaiit sind einige der Eingabe beigefügten Zahlen. So ist die Einfuhr des baie rifdjen Bieres von 12 618 Hektolitern in 1888 auf 18 768 Hektl in 1891 gestiegen, die Einfuhr österreichischen Bieres von 6012 Hektol. auf 13 754Hektol., während der Export deS F r a u k f n r ter BiereS von 39 343 Hktl. in 1882 auf 9371 Hektl. in 1891 fiel. Bon de» 8 Aktieitbranereien deS Bezirks zahlen jetzt bereits 4 keine Dividende; die Dividende der 4 übrige» würde von JH-. 583 000 in 1891/92 auf M. 277 977 — 4,98 pZt. sinken. Die Mehrbesteuernug ber hiesigen Brauereien mürbe bei ber Annahme bet Braustcucr - Vorlage sich auf M. 875 000 belaufen. — Auch die Mainzer Handelskammer hat eine Eingabe au den Reichstag gerichtet — Der Verein der Braue - reien und Mälzereien von Köln »nd llmgegcnb richtet eine Zuschrift nit bie Kölner Handelskammer, in der er die Dividende der 4 Kölner Aktienorauereicn nach der Steuer-Erhöhung auf 2 PZt. berechnet und hinzitgcfttgt, daß deren Aktien vielfach in den Händen des Mittel - standes sind. In Köln fei ber Bierkonfnui ohnedies schon gesunken; in den Arbeiter Wirthschasteii fei in ben letzten zwei Jahren eine Verringerung des Absatzes um 30 pZt. ehtgetreten. Die Kölner Brauer berufen sich auf ihre opferwillige Vertretung des patriotischen Stand - punktes, wonach unser Heer „das beste der Welt fein und bleiben müsse". Sie empfinden eS aber bitter, daß nun grade die 8400 Brauereien sich an ben neuen Opfern für bie Armee verbluten sollen. Vielleicht trägt die Et- sahrung, die jetzt von ben Brauern gemacht wirb, dazu nur langweilte und um nichts kümmerte; aber es konnte doch sein, daß sie es übel genommen hätte, wenn man sie überging. Ferner war es auch eine große Frage, ob es nicht das Richtigste war, die Schriftführerivürde der Fran des Dekans z» überfragen. Dekan Martens hatte für seine Fra» die Einladung zur Theilnahme am Vereine äuge« nommen. Er hafte jedoch hinzngefügt, daß, obgleich seine Lena sich mit Leib und Seele für die Sache iuter- effire, sie leider so schwach sei, daß sie lieber als eine stille Frau sich int Schutze ihres Heimes halten wdlle. Sie war ailch nicht in ber Versammlung erschienen. Der Pfarrer fing an, unruhig zu werden. Er tunt verhältnißmäßig neu in ber Gemeinde; und die Grün - dung dieses Vereins für gefallene Mädchen ber St. Peters- Gemeinde sollte eigentlich seine erste große That sein. Nun fühlte er schon die Schwierigkeiten; diese Schriftführerstelle — was sollte er doch mit ihr thnn? Aber während er da saß und sich in allen diesen Be - denklichkeiten wandte, wurde an die Thüre gekiopst iiub Fräulein Falbe trat ein. Nach einem flüchtigen Gruße gegen Fra» With be - gann sie, zur versammelten Gesellschaft gewandt, kurz und bündig: „Ich habe gehört, daß sich hier ein Verein zur Rettung junger Mädchen bildet; und da ich dachte, daß man sich um die Plätze raufen könnte, wollte ich mich beeilen und ein junges Mädchen empfehlen, welches der Rettung aus seiner Umgebung dringend bedarf. Sie kennen es gewiß auch, Frau Beutzen! Es ist bie kleine Else bei Frau Späckbom." Frau Beutzen erhob sich und zupfte einen Faden von ihrem Kleide. Gewiß kannte sie Else; alle Welt kannte ja daS kleine verschmitzte Ding. Aber sie mußte boch gestehen, daß Auch mehrere andere Frauen murmelten uitb wis - perten mit einander; aber Konsul With war so unvor - sichtig, zu rufen: „Ah, Fräulein Falbe! Sie meinen den Floh ? Ein hübsches — hm, hm!" ES hals nichts, daß er hustete; daS Bügelbrett warf ihm einen Blick zu und Frau Garman lachte offenbar hinter ihrem großen Fächer. Aber Fräulein Falbe setzte ihre Empfehlung fort, indem sie alle Bersnchnngeii deS Lebens der Arche schilderte. „Daß Frätilein Falbe es nur aushalten kann, in einem solchem Hause zu wohnen," sagte das Bügelbreft in's Blaue. DaS Fränleiit zwang sich, zu schweigen. Aber da Niemand antworten z» wolle» schien, sagte die kleine! PolizeimeisterSsra»: „Ich bitte um Entschuldigung — I ich bin »och fo fremd; aber wohnt bas genannte junge 1 Mdchen innerhalb der Grenzen ber St. Pcters-Ge- tneiube?" Diese scharfsinnige Frage machte einen so guten Eindruck auf den Pfarrer, daß er beschloß, ber Polizei- Meisterin die Schriflsührerstelle zn geben. Indessen wurde es schnell in's Reine gebracht, daß die Arche ivirklich innerhalb der Grenzen ber St. Peters-Gemeinde liege. Es entstand nun abermals eine kleine peinliche Panse, denn Alle ivollten gerne gegen Fränlcin Falbe fein, aber Niemand wußte, welche Eiuwetidnngen sie finden könnte. Da sagte der Pfarrer: „Entschuldigen Sie, Fräulein Falbe! Aber da Sie bett Zweck dieses Vereines kennen, so tvissen Sie auch, ivelche Art von Wesen zn retten wir »ns vorgesetzt haben. Gestatten Sie mir deshalb eine Frage: ist bie von Ihnen Empfohlene ein gefallenes Mädchen?" „Das weiß ich nicht —", antiuortefc Fräulein Falbe schnell und wurde roth; aber sogleich fügte sie ruhig hinzu: „Sie ist nicht mehr als siebzehn Jahre, und eben deshalb hoffte ich, baß sie noch zu retten fei. Denn im Hinblick auf bie Utngegenb, in welcher sie auswächft, erscheint es mir fast eine Nothwenbigkeit, daß sie fallen und füllen muß — wie wir es fo ost bei Mädchen in ihrer Stellung sehen." „Ja, Fräulein! Hierauf mich ich antworten, daß ich sür's Erste diese neuzeitliche Auffassung von ber Nothwenbigkeit nicht theile. Ich für meinen Theil glaube und bin — wenn auch der Zeit neue Weisheit über mich lachen mag — glücklich, zu glauben, daß selbst da, wo des Menschen Auge den sicheren, »oth- wendigcu Weg des Verderbens sieht, ein Platz für Gottes liebreichen Rathfchluß ist. Und was nun die Sache selbst betrifft," fuhr der Pfarrer fort, indem er sich in der Versammlung umherblickte, „so muß ich wiederholen, was ich bereits früher in diesem Kreise zu entwickeln bie Ehre hatte: daß, wie wir es als nufere Pflicht erkannt haben, nufere Wirksamkeit auf eine bestimmte Gemeinde zu beschränken, wir auch daran sesthalten müssen, daß unsere Nettnugsarbeit einen ganz bestinunten Kreis von Menschen umfaßt. Wir haben dies auch schon in dem Namen des Verein? ausgedrückt, indem mir sagten: Verein für gefallene Mädchen — also nur für die Unglücklichen, welche mir gefallene Mädchen nennen." Diese Rede wurde von allen Frauen rings um den Tisch mit gedämpftem, abei eifrigem Beifalle ausge- nommen. Und man liörte verschiedene: „natürlich"; „da» ist klar"; „daS muß selbstverständlich fo fein". Einen Augenblick iah e# aus al? ob Frftulein Falbe