Nr. 78 7. Jahrgang. Hamburger Sonntag, den 2. April 1893 gedeckt, als ffoiupr.'ifntioii zu betrachte» gesetzbiiche fei. Ju der That hat in diese!» Sinne auch das Mn Htt Weltbilhllk des Regierungspräsident Prinz H a n d j e r h den Magistraten und der Städte mit mehr als 10000 Einwohnern in cinex endlichen vollen Die Entwicklung, winden soll, ist Sonderinicressen Sieg der Wahrheit und Gerechtigkeit, die das Chaos der Gegenwart über- nnwiderstehlich. Unabhängig von den und dem Willen der Machthaber voll- DaS „Hamburger Echo- erscheint täglich, außer Montags. Der AbonucmeutSpreiS (iiifi. „Die Neue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. deS Post, atalogs 2795) ohne Bringegeld vierteljährl.-b.4,20; durch die Kolportöre wöchenil. 36 4 frei in'S Haus. Verantwortlicher giedaktör: Gustav Stengcle in Hamburg. A « z e i g c u werden die sechsgespaltene Petitzeile ooer deren Raum mit 30 4, fiit den airbcitSmarkt, BcrmiethungS- und ssaulilieuanzeigeu mit 20 4 berechnet. AnzeigcN'Ruuahme in der Expedition (5i8 st Uhr cklbdA.), sowie in säniintk. Annonkttt-Bäreaus. Redaktion und Expedition: Große Theatcrstraße 44 in Hamburg. Die Einrichtung amtlicher SlrbeitSnachwci-- ftellcn »tacht, Ivie aus Breslau berichtet wird, der Die bairrische Negierung läßt, wie an» München berichtet wird, die Mittheilung eines Wochen - blatte?, daß Baiern im BundeSrathc gegen das Seuchcngesetz gestimmt habe, bemeutiren. Baiern habe allerdings mehr suche AbändcrnngSanträge eingebracht, aus Grund deren der Entwurf in verschiedenen Rich - tungen niodifizirt tvorden sei. Augenscheinlich legt die Regierung ans diese Richtigstellung einen Werth, deren Bedeutung außerhalb des StuchengesetzeS zn suchen ist. Daß den Anschauungen der balerischen Regierung durch die Modistkationeii nur theiltveisr entsprochen wurde, ergiebt sich aus Alleui, was in dieser Sache bekannt ge. worden Ist. ' Ueber „Mißbrauch der parlamentarische» Redefreiheit" jammern die osstziösen „Berliner Poli- tischen Nachrichten". ES wird darüber Klage geführt, daß unter dem Schutze der parlamentarischen Redefreiheit von der Tribüire der Bolksver- tretung ungestraft die schwersten Verleumdungen aus- gesprochen werden können, und daß sie deninächst durch die Presse ungestraft verbrechet iverden dürfen. Es heißt iveiter, daß Herr Ahlwardt in der Lage gewesen wäre, die Flugschriften, die ihm wiederholt strafrechtliche Verfolgungen zugezogen haben, in der Form der Rede im Reichstage straffrei vorzutragen, „und diese Rede hätte dann als wahrheitsgetreuer SitznugSbericht nicht minder straffrei in Broschüren verbreitet werden kSitnen". Die „Berl. Pol. Nachr." fahren fori: Daß ein solcher Mißbrauch der parlamentarischen Immunität, zumal wenn die Verdächtigungen sich gegen die sundamentalsten Einrichtungen des Reiches, die Heeres- und Finanzverwaltung, wie gegen die Rechtspflege richten, vom Standpunkte der salus publica dem grüßten Be - denken unterliegt, ist klar. Ebenso aber, daß demsolbeu alsbald gesteuert ircrden kau», wenn die erwähnten Ber- fastungSartikel dahin abgeändert werden, daß durch ehrengerichtlichen Spruch des Reichs - tages oder einer von ihm bestellten Vertrauens- komntission für den Fall von Berleuntdung und gröb - lichen Verdächtigungen die Immunität für be- stimmte Reden entzogen und zugleich der straffreie Vertrieb dieser Reden be- festigt werde» kann. Ohne den richtige» Gebrauch der Redefreiheit int Geringsten zu beeinträchtigen, würde aus diese Weise wenigstens den schlimmst«» Mißbrättchen tiefgebeugt und dem verletzten Rechtsbewußtfeiu genügt Hierzu zwei Beilage» »üb daS illustrirte Unterhaltungsblatt „Die Neue Wett". DaS Eiitgreifen ber Polizei mit einem Ser- Bot erfolgt imitier daun, wenn untere „Staatsmänner" mit ihrem Latein am Ende sind. So geschieht e? jetzt anch mit dem Antisemitismns in Dresden. Das „Dres - dener Journal" schreibt: „Der Reichstagsabgeordnete Rektor Ählivardt aus Berlin wollte heute Abend hier einen dfsentlichen Vortrag halten, der indessen von der Königl. Polizeidirektion untersagt worden ist. Die Gründe hierfür beruhen jedoch nicht, wie ein hiesige? Blatt meldet, in einer gesetzlichen Bestimmung, die mit der Charwoche zusammenhängt, sie sind vielmehr ledig - lich iii der Person Ahlwaedts zu suchen." Wen» die Person Ahlwardt» mit ihren Rede» irgend einen Einfluß auf die Entwicklung der antisemiti - sche» Bewegung haben kann, dann kann es nur ein uachthciliger sein. Die Polizei muß darum verbieten, weil man kein anderes Auskunftsinittel hat. ZkS Ssierskslkü wegen erscheint Sie nSchste Üliimncr des „Snm- bnrger Wl>" am Mlttrnskh, 5. April. \ ar erhosft die Kölnische von einer solchen Berslü..r.jjuug daS Wiederanfleben l .: famosen Kartells zwischen Konservatismns und Cynismus, dreister Naivetät und asterpatriotischem Aber - witz. Wie immer in solchen Zeiten, fanden sich auch da Subjekte, die das Beispiel jenes Philosophen nachahmten, der den Schurken Alexander einstmals „rechtfertigte". Alexander hatte zwar seinen Freund ermordet; aber der Philosoph „bewies": Alexander sei ein Gott, und ein Gott könne nicht irren, nichts Unrechtes thun. Solche Perioden sind die Winter im Leben der Na- Honen. In ihnen sind die großen Ideen des Wahren, Enten und Schönen, aus denen die Menschheit ihre um vergängliche Straft und ihr Glücksgefühl saugt, erstarrt. Immer hat man dann gekreuzigt und verbrannt „die Wenigen, die was davon erkannt, und thöricht genug ihr volles Herz nicht wahrien". Und doch ist anch diese Erstarrung nur Schein. Ungesehen wirkt die Macht der Ideen weiter, für die Gewalthaber nicht faßbar. Der Strom sprengt, wenn er hoch genug geschwollen, den Panzer, den man auf ihn gelegt. In eine solche Periode des Völker-, des Mensch- heitslenzeS sind wir jetzt eiugetreten. Und nicht mehr schüchtern tritt er auf, der Lenz; mächtig treibt er Knospen, Blätter und Blüthen: allgewaltig durchfluihet der Obern neuer Geister die Kulturwelt. Ueberall gerathen die Stützen der „heiligen Ordnung", wie man daS herrschende System der Korruption nennt, mehr und mehr in's Wanken, und hier und da brechen sie krachend zusammen. Das Gefühl für Wahrhaftig- feit und Gerechtigkeit, Freiheit und Menschenwürde ist wieder erwacht. Wer nicht ganz verdorben ist, ber sängt an, sich der Schmach unserer Zeit zu schämen; ausgespielt ist die Rolle der Narren und Schurken, die aus Schwarz Weiß, ans dem Laster eine Tugend, aus dem Unrecht die Gerechtigkeit, aus der Wahrheit die Lüge machte». Wohl üben sie ihre Rolle noch, aber der gerechte Haß und die Verachtung der so lange schamlos betrogenen Massen trifft sie. Man dreht und windet sich, aber die stets wachsende Gewalt der sittlichen und rechtlichen Ueberzeugung des Volkes fegt das Gezücht der Narren und Schurken hinweg. Die Hoffnung grünt und blüht, die Hoffnung auf den weiteren Fortschritt der Menschheit, ans den Zum Osterfest bescheert die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" da? deutsche Volk mit militärdemagogischen Wünschen Sie leit- artifelt über „Die Militärvorlage und ber Konsument" und kramt ba folgenbe Weisheiten ans : „Es wird gewöhnlich übersehen, daß es keine tvirthschaftlich entscheidende Bernfs- t e l l u n g anSdrückt, Konsument eines der dabei meist n Betracht genommenen Artikel zu sein. Tabak-, Branntwein,, Bier- und selbst Lrotkousumeut fein, be - deutet feine in sich abgeschloffene wirthschaftliche Stellung, sondern es kommt in dem Verbrauch dieser wie aller anderen Gegenstände deS menschliche» Bedarfs nur ein mehr oder miiiber begrenzter Theil jener mehr negativen i Funktion zum Ansdrnck, welche in der Regelung deS, Güterverbranchs im Haushalt liegt." I „Wo ist ein AnSlvcg," fragt die „Kölnische Zeitung," aber diesmal nicht mit Bezug auf die Militär- Vorlage, sondern in Betreff des Wahlrechts. Unsere Leser wissen, daß dieses Hauptorgan des National - liberalismus dem allgemeinen gleichen Wahlrecht e n t • schieden feindlich gesinnt und darauf bedacht ist, dasselbe zu beseitigen. So saun’? nicht Wunder nehmen, daß die Kölnische schreibt: „Tas hochznverehrende Reichstagswahlrecht steht bekanntlich bei den Ultramontanen. Deuischfreisinnigen und Sozialdemokraten in besonderer Gunst. Um auch in Preußen den lleberganq zum allgemeinen und gleichen Wahlrecht vorzubereiten, hat das Zentnim soeben in das Landtagswahlrecht Bresche gelegt. Da ist eS nun lehr - reich und interessant, die Haltung der radikalen Presse zu beobachten. Die Deutschfreisinnigen, die Börsen- bemofraten, die Sozialdemokraten reiben sich vergnügt die Hände; sie mfeii den Konservativen boshaft zu: „So ist's recht; helft dem Zentnim bad preußische Wahlsystem verstümmeln, verschlechtern, verderben; je schwächer, je prinziploser, je irrationeller ihr bas Land- tagswahlrecht gestaltet, um so unaufhaltsamer wird das Reichstagswahlrecht nach Preußen hineinströmen."" Das Zentrum ist weit davon entfernt, für das all - gemeine gleiche Wahlrecht iui preußischen Landtage Bresche legen zu wolle». Aber waS will die Kölnische mit ihrer tendenziöse» Flunkerei bezwecken? Die Verhinderung jeder, »och so geringfügigen Verbesserung des Landtagswahlrechts. Ihr erscheint es „durchaus ange - messen, daß die Bürger, welche die schwersten Lasten tragen, int Stabtregimeut, in ber Verfügung über den Steuersäckel anch ein Wort mitznsprechen haben". Sie empsiehlt zivrcks Abivenduug der Wahlrechts- reform .eine Verständigung jener Streife, die' gründ, sätzlich und aus wohlerwogenen Gründen an dem Kartell zwischen Industrie und Land- wirthschaft festhalten". werden können Diese Anssührungen bernhen ans einer irrige» Auf - fassung deS Begriffes „wahrheitsgetreue Sitzungsberichte". Herr Ahlwardt wäre schon beute nicht in der Lage, etwa seine Flugschrift über die „Jndenslinten" einfach im Reichstage vorzutragen und dann straffrei zu verbreiten. Den» straffrei sind nach Artikel 22 bei Reichsverfassnng nicht wahrheitsgetreue Berichte über eine einzelne Siebe, sondern über „Ver - handlungen" des Reichstages, und das Reichsgericht hat am 2. November 1888 in Uebereinstimmung mit der Praxis anderer Gerichte und den meisten Straftrechts- lehrern ausgesprochen, daß auch der wortgetreue Abdruck einer Rede nur unter gewissen Umständen, insbesondere wenn über den den Inhalt der Rede bildenden Gegenstand weiter nichts verhandelt ist, als wahrheitsgetreuer Bericht zu erachten fei. Demgemäß wäre die Verbreitung bet Red« bei Herrn Liberalismus überhaupt, speziell auch in Rücksicht auf die ReichSlagSwahlen. Und so etwas nennt sich — „liberal". VakantcS RcichtagSninnbat. Der Reichstags- Abgeordnete für Neustettin, Laubrath v. Busse, hat aus Gesuudheilörilcksichteu jein Manbat niedergelegt, so daß in diesem Streik eilte Nenwahl nöthig ist. Die christlich sozialcit Slrheiterverciuc West - falens haben sich in daS FuSanaei ’ sche Lager begeben, indem bereu Leiter in einer Tu Gelsenkirchen ab- gehaltenen Konferenz beschlossen, dem Neiigewöhlien ein Glückwunschschreiben zuzusenden. ES heißt in demselben : „Die Präsides des christlich-sozialen Arbeitervereins sprechen Ihne», Herr Reichstagsabgeordneler, int Ramen der ihnen unterstellte» Vereine bett besten Glückwunsch zn der Sauerländer Wahl aus und hoffen zuversichtlich, daß Sie, wie dies mich früher geschehe» ist, jetzt erst recht an geeigneter Stelle für die Sache der Arbeilerweli ein- treten werben. Sie sind von dem Volke an beu Platz gestellt, ber Ihne» von Golt uttb Rechtswege» znkomtnt und deshalb geloben wir, wo es auch sein möge, für Eie einzutreten und an Ihnen sestzuhalte», was anch kommen möge. Nehmen Sie, Herr Neichstagsabgeordneter, unsere schlichten, aber aufrichtig und wahr gemeinte» Worte ans fretindlichem Herzen ans und seien Sie ferner versichert, daß die ganze Arbeitertvelt Ihr Thun vollständig billigt und mit Stolz und Freude aus Sie sieht und baut." Erwägt man, daß die Geistlichen in engster Fühlung mit bett chrisilich-sozialen Vereinen siehe», so gewinnt tiefe Kundgebung erhöhte- Interesse. Ob der Vorstand der Zeutrumsfraklion auch diese Vereine al- nicht zur Partei gehörend bezeichnen wird? zieht sich die gewaltige Vorwärtsbewegung der Völker- Ob die Ntachthober auf das vernehmliche Manschen des neuen Geistes hören, darauf kommt es herzlich wenig an. Was die Völker thun und wollen, das allein ist das Entscheidende und unendlich viel wichtiger als das Treiben und Sinnen herrschender Privilegierter. Mehr und mehr nehmen die Völker ihre Geschicke selbst in die Hand. Die Herrschenden, die zu schieben glauben, werden geschoben. Das Osterfest füllt heiter nicht in die Zeit der polt- tischen Muße. Es ist nur ein kurzer Waffenstillstand in Kämpfen, die vor ihm heiß entbrannt sind, und nach ihm noch heißer entbrennen werben, in Kämpfen um Freiheit und Frieden, Recht und Volkswohlfahrt. Die wahre Freiheit, wie sie nur emporblühen kann aus einer gründlichen Umgestaltung der ganzen bestehenden Ordnung; das wahre Recht, das bann erst kommen kann, wenn die Arbeit nicht mehr dem Unrecht, der Ans. bentung unterliegt; die wahre Wohlfahrt, die nur möglich wird durch die Besiegung des Maffenelends; der wahre Friede, der nur gedeihen kann, wenn endlich einmal die Nationen den immer weiter um sich greifen- den Plänen des Militarismus einen unerschütter- lichen Widerstand entgegensetzen und ernsthaft darauf be- dacht sind, den bewaffneten Frieden ein für allemal zu beseitigen. Möge in den Tagen des Osterfestes jedes freie Herz mit dem Bewußtsein der N o th w e nd i gke i t dieser Kämpfe sich durchbringen, das — und da? allein — ist der echte und rechte Geist, in welchem wir das Fest würdig feier» können. Fort mit der elenden Phrase von der „Versöhnung und Erlösung durch die christliche Liebe", wie sie in der Vorstellung der Vertreter deS reli - giösen Dogmas besteht I Fort mit ber Heuchelei einer Gerechtigkeit iinb eines Friebens, welche nicht bestehen tiitb auch nicht bestehen können, so lange bte Massen des ehrlichen arbeitenden Volkes in einem Elende und unter einem Drucke, in einem vernichtenden Kampfe urn's Dasein schmachten, die der Vernunft und der Kultur, aller Grundsätzen der Gerechtigkeit Hoh» sprechen. Kampf gegen Alles, was uns bedrängt und schändet; Kamps gegen die politische und soziale Unterdrückung; Kampf gegen den Moloch Kapitalismus und gegen den Moloch Militarismus, die uns das Blut aus den Adern und das Mark ans den Knochen saugen. Endlich einmal muß dieser Widerstreit zwischen Kultur und Barbarei, zwischen Vernnnft und Unvernunft, zwischen Recht und Unrecht gründlich geschlichtet werden I Aiifetstehen soll ein neu Geschlecht, den Finch des alten zu tilgen 1 Du mußt Dein Heiland selber fein, o Volk in Deines Elends Qual I Kein Himmel kann da- Heil Dir senden, eS kommt aus keines Gottes Schooß, Du selbst bist Deiner Zukunft Herri Der Geist der Weltgeschichte ruft Dir sein ewig „Bor- wärts" zu, — vorwärts beim unter dem Banner deS MenschthnmS, das der SozialiSmns Dir kühn vor - anträgt I Crtiic absonderliche Straf „Beförderung" erregt gegenwärtig bte Lrbiiiiugsparteien tut Großherzogthum Baden sehr. Vor einige» Woche» hielt Oberamtö - richter Schindler in Sinsheim in einer konser - vative» Versammlung einen Vortrag, in welchem et u. A. sagte: „Die Feinde desBauern sind die Konser - vative» iinb die Junker, die mittelalterliche Zu - stände einführen wollen Die Junker wollen die Bauern wieder in Abhängigkeit bringen, daß sie die Herren inib jene die Sklawe» sind, die im Schweiße ihres Angesichts für die Junker den Boden bebauen müssen, während sie in Saus und Brans leben und im Winter nach Italien fahren I (Bravo, Bravo!) Die Begehrlichkeit der Agrarier'ist »och schliminer, als der betaiiute Sack mit dem Loch (bei »»ersältliche Pfafsettjack) Die Junker iinb Großgrundbesitzer wollen die Freizügigkeit beschränken, bnmit sie die Leute an der Scholle halte», die sich er - nähren müssen von den Brosameit, die von des Herrn Tische fallen. (Bravo, mit stürmischem Händeklat - schen.) Die Großgriindbesitzet und Junker wollen nur ein bequemes Leben fuhren; sie leben herr - lich lind in Frenden in bet Stadt, fahren in den Equipagen, derweil die Bauern ihnen iiuterthäuig sein sollen. (Bravo I) Die Konservativen haben den Großgrundbesitzern und Junkern 40 Millionen in die Taschen gejagt ans Kosten der Gefammtbevölkernng. Die Reichsunmittelbaren sind Leute, die 40 Millionen im Vermögen habe» und dabei agrarisch, gewinnsüchtig und herzlos sind, daß sie feine Steuern zahlen wollen. Ich kann aus meinen dienstlichen Erfahrungen »liltheilen, daß der Fürst von Fürstenberg Befehl gegeben hat, seine Dienstboten nicht ganz zwei Jahre zn be - halten, damit sie nicht unterflütziingswohnsttzberechligt werben. Und bet Fürst von Fürstenberg hat 40 Millionen im Vermögen." Darob natürlich große Entrüstung der Konservativen, besonders der Herren Junker, die sich in Umtrieben gegen Herrn Schindler Lust machten, welche den Zweck halten, ihm eine Strafversetzung zitzuziehen. Die ist denn nun auch erfolgt, ganz »ach Wunsch der Konfer- vativen. Schindler ist als L a u b g e r i ch t s s e k r e t ä t nach Walbshiit versetzt worben Diese Straf-,,Besör- berimg" ist als erster Schritt de- neuen Ministe- r i ii m s beachten-werth. Einen IHciitflcluiiiu t»oit 1 533 873 Watt haben die Aktionäre der «renberg'fchen Aktiengesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb mit ihrer „Arbeit" im Jahre 1892 erzielt. Davon sollen 50 000 für Be- aintenversorgung, -il-150 000zu den Rücklagen, .H 44 535 als Geioinnanthelle des Berwaltung-rath- und X 1 300 000 zur Zahlung von Dividenden ver - wendet werden. Die .armen" Aktionäre betommen dieses Jahr nur 40 Mark für jede 100, die sie in diesem Unternehmen angelegt haben; im Vorjahre wurde das Doppelte, 80 pZt., au Dividenden auSgezahlt. Also „es macht nichts", wenn bet Konsument zu Gunsten des Militarismus mit Zöllen nnd Steuern auf die nöthigsten Koniuniartikel überlastet wirb, denn als Konsument hat der Staatsbürger .keine Wirth, schastlich entscheibende B e r n f s st e l l n n g" 11 l Dan» wirb ansgesührt: „Die Sicherung unserer Unabhängig - keit ist das werthvollste nationale Gut; e- wird vorzugsweise proouzirt von der Gesammtheit der unserem Heer Angehörigen, und es wird konsnniirt — ununter - brochen, von Jahr zu Jalrr, von Tag zu Tag — von allen einzelnen Mitgliedern unserer nationalen Gemein - schaft, ohne Rücksicht des Alters und Geschlechts. Nur der Vaterlandstierräther wäre berechtigt, sich als Nichtkonstimenten dieses werthvollsten nationalen Gutes zu erklären. Der, Konsument dieser bauernden nationalen Sicherung muß wünschen, daß dieselbe über jeden Zweifel erhaben sei; er kann iii-befonbere nicht zugeben, daß politische Fraktionsiiitereffen ober vermeint - liche Störungen verhält,nßinäßig untergeordneterer Koniiuntioiisarten, wie z. B. des Spirituosengennfses, die Erreichung deS gebotenen Grades bet nationalen Sicherung gefährden bürsten." Das offiziöse Organ will alles Ernstes glauben machen, in der Durchführung der Militär- Vorlage begreife sich der beste und sicherste „S ch u tz der K o u s ii in e n t e n" l! I Man beachte folgende Sätze nltra-militärdeiiiagogifcher Tendenz: „Zeder Angehörige unsere- Volkes, der ernst - haften (11) Sinnes die Aussichten unserer nationalen Zukunft erwägt, sollte sich vor Allem sagen, daß jetzt das deutsche Volk vor eine Entscheidung gestellt ist, an welcher Jeder mit seinen ureigensten Interessen als Glied des nationalen Ganze» und als Hüter seiner und der ©einigen Zukunft beteiligt ist. Die taktischen Er- Wägungen ber Fraktionen müssen für den Konsu - menten der nationalen Sicherung ebenso in den Hintergrund treten, wie die von bet großen Hauptfrage dieser nationalen Sichermig weitab liegenden Sonberfrageij der Beschaffung der dazu erforderlichen öffentlichen Mittel. „Wer es gut mit dem deutschen Volke meint, der kann ihm nur wünschen, haß in diesen Osterwochen bet doppelte Schleier zerreißen möge, welcher sich um die Ziele unserer nationalen Sicherung geschlungen hat. Diese Verschleierung ist herbeigeführt einerseits durch die mit ber Größe der allgemeinen Interessen, um die es sich handelt, im Wider pruch stehende diploinatisireude Stellungnahme politischer Fraktionen und ihrer Führer, also durch eine thatsächliche Unterschätzung der sachlichen Bedeutung der Militärvorlage gegenüber dem politischen Interesse an der Stellungnahme der Partei zu derselben." Das also ist das neueste Militär - demagogische Schlagwort: „K o n s u ui e n t e n der nationalen Sichern« g." Das Volk weiß nur zu gut, was eS mit dem Werthe dieser „Konsumtion" auf sich hat, und es hat nicht der „diplomatifireuden Stellniignahme" politischer Fraktionen und ihrer Führer bedurft, es zum eiitschlvsienen Widerstande gegen den zugemutheten neuen „Schutzs zu bringen. Die Osterwochen werben in ber oppositionellen Stimmung des Volkes keinen Umschlag bringen. Zur Frage der Rcich-stagSauflüfiiitg läßt sich in beu „Hamburger Nachr." die bekannte Friedr ichsruher Stimme vernehme», um sich gegen de» Bornmrf zu oer- wahren, daß Fürst Bismarck seinem Nachfolger das grabe Gegentheil von dem zu thu» anrathe, was er selbst unter ähnliche» Verhältiiiffen im Jahre 1887 gethan habe. Der anonyme Mitarbeiter bemerft diesbezüglich: „Wir bestreiten, baß bies zntrifft. Eiumal ist die Lage heute durchaus nicht dieselbe, wie sie danials war, ober wenn sie es wäre, so träte immer «och das Wort: si duo faciunt idem, non est idem in sein Recht. Die ba- malige Vorlage, für welche Fürst Bismarck auflöste, ent- hielt eine Verstärkung bet Wehrkraft, die jetzige hält Fürst BiSmarck für eine Schwächung und würbe ihre Annahme bedauern, namentlich wenn sie durch Trohrmg mit Auflösung erzwuiigeu würde. Wir halten die jetzige Vorlage des Risikos einer Auslösung nicht für werth im Vergleich mit bet von 1887, für welche damals aufgelöst wurde. Die Auflösuug aber er- achten Wir in ber heutigen Situation für ein Unter - nehmen, das Konsequenzen nad) sich ziehen würde, die vor 6 Jahren aus verschiedenen Gründen nicht zu be - fürchten standen." Es ist das nur rin weiterer Versuch, das Urtheil des Exkanzlers als unfehlbar und vor Allem als dem feines Nachfolgers bedeutend überlegen hinzustellen. Im Uebrigeii liegt in bet Auslassung bas Zugeständniß der vollsten Prinzipienlosigkeit, die stets nur auf beu Erfolg sieht. Und da mag bet vertraute Kenner Visuiarck'schet Ausichteu Recht Haden: So läßt sich das deutsche Volk nicht zum zweiten Male hinter'S Licht führen, wie es den offiziösen Chanvinisten 1887 unter Bismarcks Führung gelungen ist. Ahlwardt nur bann straffrei, wenn die Erwiderungen vom Regierung-tische wie anS der Mitte des Reichstages ! hiiizuzefügt wären, linier dieser Voraussetzung aber wäre die Verbreitung der Reden des Herrn Ahlwardt nur ihm selbst schädlich. | Den Reaktionären aller Schattirnugeu ist natürlich der „Fall Ahlwardt" ein willkommener Vorwand, gegen die parlamentarische Redefreiheit Front zu uiadjen und eine „Reform der Disziplinargewalt des Reichstage-" zu fordern. Man fragt, ob es für die falsche Bezichtigung, daß Jemand wissentlich einen Meineid geleistet habe, keine andere Strafe geben solle als den Ordnungsruf des Präsideuten. Man verweist ans einzelne sremde Staaten, in denen parlameiitarische Klopffechter, schiuähsüchtige Deiuagogeu zeitweilig ans dem Parlament aus- schloffen werden können Hier und dort geht die „Zensur" so weit, daß dem Abgeordneten die lage- gelber abgesprochen werben können, was ihnen mitunter empfindlicher ist als die moralische Vernrtheilnng ihres Verhaltens. Diese Strafe kann für den deutschen llkeichStag überhaupt nicht in Betracht koiniuen, da seine Mitglieder, leider,, noch immer keine Diäten erhalten, weshalb die Beschlnßimfähigkeit mitunter chronisch wirb. Aber anch andere Vorschläge zur Erhöhung der Straf - gewalt der Volksvertretung ober ihres PrüsibiumS sind vom Uebel, und es hieße, einigen antiseuiitischen Schwätzer» zu viel Ehre erweisen, wollte man ihretwegen die Ge - schäftsordnung oder gar das Gesetz ändern. Was heute einem Antisemiten geschieht, das kann morgen gegen Redner jeder anderen Partei, die Konser - vativen nicht ausgeschlossen, in Anwendung gebracht werden. Und dann ist zu fragen: Wer wirb die so - genannten „ordnung-parteilichen" Redner disziplinarisch belangen, wenn sie pöbeln gegen bie Sozial- bemotratic, wenn sie auf dieselbe die widerlichsten Verleumbungeu und Veschinipfringen häiifeu, wie es schon so oft geschehen ist. Man erinnere sich, was die „Orb- uuugsparteiler" in diesem Punkte schon geleistet haben. Weiter: Wer schützt die Abgeordneten und ihre Parteien gegen Insulten, Beleidigungen und Bc. s ch i m p s u n g e» vom R e g i e r n n g s t i s ch e. Ein Bismarck konnte sich erfrechen, die Sozialdemokratie „mit einer Bande von Mördern und Räubern" zu ver - gleichen. Sein getreuer Famulus Puttkamer hat auch oft genug de» Beweis geliefert, daß er Meister ist int Mißbrauch bet parlamentarischen Redefreiheit gegen bie Sozialdemokratie. Die heutigen Vorschläge entbehren auch des Reizes der Neuheit. Denn wer erinnerte sich nicht jenes so - genannten „MaulkorbgesetzeS", bas Fürst Bismarck am 12. Februar 1879 im Reichstage einbrachte? Damals ereiferte man sich lebhaft über die Möglichkeit, straf, würdige Aenßeriingeu unter dem Schuhe der Unverletz - lichkeit des Abgeordneten zu thun und beiugemäß in die Presse zu bringen. Man könne auf der Tribüne zur Vorbereitung zuiil Hochverrath, zum Aufruhr, vielleicht gar zum Köiiigsmvrd aufforbern, und kein Strafgesetz gestatte die Ahndung dieses Verbrechens. Auch könne mau Privatpersonen, denen keim' Besugmß der Verthei- bigiing im Reichstage zusteht, öffentlich brandmarken und tietleumbeu, ohne daß eine Klage zulässig oder die Er- wiberuiig außerhalb des Hauses, durch § 199 des Straf- Die AitSbeutitngswnth und Profitsncht kennt nur ein Gebot und da- heißt: „Geld verdienen"; ob dabei die Arbeiter Leben und Gesundheit eindiltzen, ist den Fabrikanten gleichgültig. Drastisch wird diese Be - hauptung bewiesen durch einen Vorgang in der jüngsten Sitzung ber Handel-kammer in Gladbach. Dort theilte Kommerzienrath P. Busch (Hochneukirch) mit, daß nach einet Aeußerung des Kassen-ArzteS seiner Fabrik die SanitätS-Behörden gegen die Erhöhung bet Arbeitszeit für die fugend- Itdjen Arbeiter in den Fabriken Stellung zuueh men beabsichtigen, weil sie die angeblich hohe Temperatur in Fabriken für die jugendlichen Ar- beiter für nachtheilig hielten. Wenn die Sauitäts Behörden, beten Mitglieder doch Jura größten Theil ans den Fabrikantenkreisen hervor- gegangen sind, schon Einspruch erhebe», bann muß die ««saht für die Gesundheit bet Arbeiter sehr groß fein Reichsgericht entschiede». Danials wurde jedoch der Gesetzentwurf vorwiegend mit der Gemelngefährlichkeit der Sozialdemokratie begründet. Es sollte dem Reichs - tage zustehe», durch einen besondere» Ausschuß Mit- glieber, bie sich bei Ausübung ihres Berufes einet Un - gebühr schuldig gemacht hatten, zum Verweis vor ver - sammeltem Hause, zur Verpflichtung zur Entschuldigung ober zum Widerruf in einer von dem Ansschnsse Dor- geschriebenen Form ober anch zur Ausschließung all - dem Reichstage ans eine bestimmte Zeitdauer, iiöthigen- salls bis zum Ende der Legislaturperiode, zu veturtheilen. Die Mehrheit deS Reichstage- war damals alles eher als der Sozialdemokratie geneigt. Dennoch verwarf sie den Gesetzentwurf rundweg. Und sie hatte zu dieser Ab - lehnung allen Anlaß. Fürst Bisiuarck hatte zugleich gefordert, daß solche Aenßerungen, die der Rüge und Strafe im Reichstage verfallen, nicht in bie Berichte ausgenommen werben dürfen Mit Recht würbe bagegen eingewendet, daß der Argwohn und da- Mißtrauen üppiger wuchern würbe», wenn man nur erzählte, gegen eine bestimmte Person fei ein Angriff gemacht worden, aber waS geschehen, dürfe nicht veröffentlicht werben, als wenn sofort Rede nnd Gegenrede ein selbstständiges Urtheil dem Leser wie dem Hörer ermöglichen. Und was wäre gewonnen, wenn die Aussicht auf Disziplinarstrafen, vielleicht auf die Ausschließung biS zum Ende der Legislatnrperivbe, den Redner nöthigte, seine Worte auf die Goldwage zu legen? Tie Heftigkeit mag dadurch gemildert Werben, b le Giftigkeit nicht. Mit Recht sagte LaSker am 4. März 1879, eine Neuerung, wie sie der damalige Ge- fetzentwnrf vorschlng. würbe die rhetorische Heuchelei be - fördern und ans die Geschicklichkeit in solchen Dingen eine Prämie setzen: „Wir wissen ja auS Erfahrung, es giebt Mitglieder in diesem Hause, bie auf ba$ Beste vorbereitet, so zu sprechen wissen, baß jebe- Wort em - pfindlich den Gegner trifft mit schwerer Verletzung; aber bie Ausdrücke sind geschickt gewählt und der Rüge unziigänglich — Virtuosen in diesem Punkte I Diese Art Beredtsamkeit verdient nicht, begünstigt zu werben." „Ist W der AchtßchW", wie nach der bekannten christlichen Mythe das Osterfest genannt wird, ist wieder gekommen im Kreislauf des Jahres. Die Glocken senden ihren ehernen Hallelujah- Ruf über die Lande und in den Kirchen fingt der Chor der Bekenner des theologischen Dogmas Psalmen und Jnbellieder zum Lob des gekreuzigten und aus Grabes- nacht erstandenen „Gottessohnes". Wir singen nicht mit in diesem Chor. „Doch auch unser Herz hat Lieder, auch da ertönt ein heiliger Klang." Ist das Wunder des blinden Glaubens liebstes Kind, so gilt unser Fühlen und Denken ber heiligen Allmacht der Natur, die ihren Fluch gehängt hat an's Stillestehen und der Menschenwelt die große Lehre predigt, daß es auch in ihren Zuständen kein Bleiben nnd Ber. harren giebt. Die Frühlingssonnenwende ist vollbracht. Das Eis, das Ströme und Bäche in starre Fesseln schlug, .ist ge- brochen. In der Pflanzenwelt regen sich nach langem Stocken die Säfte nnd Triebes zu neuem Schaffen. Segnend fluthet daS göttliche Licht und „wie ber ersten Schöpfung warmer Odem" geht es durch das Reich der Lüste. Ringsum begiiint's zu knospen und zn grünen — nicht lange mehr, und schwellend in Blüthenpracht stehen Strauch und Baum. Die Statur enttäuscht nicht, Jahr um Jahr erfüllt sie des INenschen Erwartung. Darum vermag auch ihr scheinbares Eiiischluunnern, ihr „Winterschlaf", ihn nicht zu entmuthigeii. Er weiß aus Erfahrung, daß Mutter Natur ungesehen weiter arbeitet und daß ber Tag sicher kommt, wo dieses Wirken sich ihm zur Freude und zum Segen offenbart. Ist dem anders in ber GeschiLte be r JOt e n f ch. bett? So sehr eS bem oberflächlichen Blicke auch anders scheinen möge, ist's doch genau so. Auch in ihr giebt'5 keinen Stillstand, noch weniger einen Rück - schritt. Vorwärts lautet der Menschheit unzerstör - bares Grundgesetz. Wohl hat auch sie in ihrem stetigen Entwicklungsprozeß Perioden, in denen die vorivärts- freibetibciiStrafte scheinbar erstarren und von rauher Macht vernichtet werden. Aber es kommt die Zeit, wo der Bann sich löst und der Frühling hereinbricht tu seiner ganzen Herrlichkeit. Unter der Eisdecke sind die fluthenden Kräfte mächtig gewachsen; erst langsam und mühsam, dann immer gewaltiger und siegreicher bringen sie hervor und schwemmen die zerbrochenen Eisschollen hinab zum unendlichen Meer. Hei, ber Eisgang, Donnerub, krachenb unb klingend kündet er sich an. Das sind bie Osterklänge ber Natnr. Der Wechsel zwischen Winter unb Sommer, zwischen stillein Sammeln und thatkräftigem Schaffen ist freilich in der Geschichte nicht so regelmäßig, wie in der Natur. Denn die Geschichte beschreibt in ihrer Entwicklung keine regelmäßige, in sich zurücklansende Kreislinie, sondern eine in beständigen Kurven fortlaufende unendliche Linie, die sich immer weiter von ihrem Ausgangspunkte ent - fernt. ®a sind es beim die rückbiegen den Kurven, die beu vorwärtsstrebeuben Menschen so oft entmnthigen unb enttäuschen, denn ihre Länge ist für ihn unberechenbar. Manchmal nur kurze, manchmal aber auch längere Zeit ist ihre Taner. Im Allgemeinen läßt sich nur sagen: die periodisch rncklanfenden Kurven sind um so länger, je schwächer die idealen Kräfte sind, von denen das Volksleben, das Dasein der fiulturnationen getragen wirb. Man blidejauf bie römische Kaiserzeit; auf die französische Zeit unter Ludwig XIV. und Lud- Wig XV.; auf die Metternich'sche Epoche int ehe- maligen Deutschen Reiche, auf bie Bismarck'sche Aera im gegenwärtigen — und man wird diese Thatsache be - stätigt finden. ES sind Zeitabschnitte, in denen äußerer Glanz, äußere Erriliigeuschafteu bie Eitelkeit der unauf - geklärten VolkSmaffen und Privilegien aller Art die materielle Gier und Genußsucht der herrschenden Klaffen befriedige». Aber vor ber Entwicklung ber idealen ffiräfte vermochte die Reaktion niemals Stand zu halten; die siegreiche Macht der sozialdemokratischen Idee stürzte einen Bismarck, den „Heros des Jahr- Hunderts", von bet wohlfeil erlangten Höhe brutaler ®rwalt unb falschen Ruhmes. Unter bem entnervenden ber nationalen Eitelkeit und der privilegirteu Selbstsucht erlahmt das Gefühl für Recht, Ehre, Wewinenbafugfeit, Wahrheit und Freiheit. Dann bedarf es schwerer Prüfungen und hoher Ideale, dieser Gefühl El T U - 'st '"cht Alles in bet BiSmarck stheu Aera - um bei dieser stehen zu bleiben - gesündigt worben gegen Recht und Würde Freiheit und Wohlfahrt der Station 1 Man uiiterbrürfk das frew Wort, man schändete die Freiheit der Wahlen, man verfolgte Andersdenkende mit roljeiu Fanatismus; bie herrschenden Klassen mit Ihrem „Heros" ber nationalen Schmach an ber ©bife, benutzten bie Gesetzgebung, um das Volk zu plündern, sich ihre Taschen zu füllen; Minister ließen sich Geschenke machen unb sich belobhubeln dafür, baß sie zum Anwalt unb Polizeier volksausbeuterischer Privi- legten sich gemacht. Eine Hochflulh bet wlrthschaftlichen, politischen und sozialen Korruption brach herein und tierwüftetete lange, lange die Nation. Und alles Das nahm die geblendete Maffe nicht blos mit einer beispiel - losen Stumpfheit hin, als ob's etwas Selbstverständliches I Ware, - sondern man begeisterte sich sogar an dem 1 «Wien Treiben, man vertheidigte das Nieder- ' mächtige. Unerhörte und Unerträgliche mit frechem !