Aa m lun ger Echo. A ftmburfl et Echo" erscheint täglich, außer Montag». »boun-ment-vreiS (intl. „Die Reue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de- Post, atnlogs 2795) ohne Bringegeld Vierteljahr! *. 4,20; durch die JTolportöre wächeutl. 36 4 f«t in’« V«u« Verantwortlicher Nedaktör: Gustav Stengel- in Hamburg. Donnerstag, Seu 1. Juni 1893. stl «Zeigeu werden die sechsgespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 30 4, für den «rbeitSmarkt, «ermiethuugS- und Familienanzeigen mit 20 4 berechnet. Atlzeigeu-rtunahme in der Lrpeditiou (KiS 6 Uhr IlbdS.), sowie in sämmtl.Annoiiceu.Biirean». Redaktion und ®i»ebition: Große Theatcrftraße 44 in Hambnrg. Hierzu eine Beilage. Timeo Danaos. * Reuig schlagen wir an die Brust und bekennen: Wir haben gesündigt, „bas; wir so manchmal behauptet haben, der „Patriotismus" der Plntokratie reiche nur bis zum Geldbeutel und ihr Bewilligungseifer würde augenblicklich erkalten und erlahmen, wenn sie die Militär' Vorlage ans eigener Tasche blechen müßte. Die letzten Wochen haben gezeigt, daß die großkapitalistischen Pa< trioten nicht blos zu Opfern des Intellekts (was bei ge« wissen Leuten allerdings eine Bagatelle ist), sondern auch zu Geldopsern sich ausraffen können. Die nationalliberale Presse Süddeutschlands namens lich variirt das Schlagwort: „Ehrenpflicht der Wohl, habenden" in so vielen Tonarten, daß man schier gerührt wird von solch' großmüthiger patriotischer Opfer- willigkeit. Seiber giebt es aber hartgesottene Pessimisten, miß - trauische Menschen und ungläubige Thomasse, welche an diese Opferwilligkeit so lange nicht glauben, bis sie das Geld sehen und mit Händen greifen können, und sie bet’ gleichen die schön klingenden Redensarten von der „Ehrenpflicht der Wohlhabenden" mit der Manipulation eines iAastes, der seine Zeche damit bezahlen wollte, daß er ein Goldstück auf den Tisch warf und dann wieder einsteckte; der Wirth, meinte er, sei mit dem Klang hin, länglich bezahlt. Und weiter fragen besagte Pessimisten, wie es komme, daß der Gedanke, die Lasten der Militärvorlage auf die Schultern der Wohlhabenden zu legen, erst seit der Auf - lösung des Reichstages in den oberen Schichten Anklang findet, daß sie erst, seitdem die Wahlen in Sicht, be - sagten Anfall von Großmuth bekommen haben. Das kommt ihnen verdächtig vor und sie meinen, es wäre damit nur auf den Wahlgimpelfang abgesehen. Indessen hat die Phrase „Ehrenpflicht der Wohl, habenden" auch greifbare Gestalt angenommen und zu allerhand Vorschlägen freiwilliger Selbstbesteuerung zu Gunsten der Heeresvermehrung geführt. Wir haben schon int September v. I. an dieser Stelle anläßlich einer Anregung dieser Art seitens der „Kreuzzeitung" vor solcher Aufwallung von Großmuih gewarnt. Der feudale Pferdefuß, schrieben wir, sei unschwer zu entdecken. Zu den zahlreichen Privilegien, die der Kapitalistenstaat dem Besitz einräumt, würden unfehlbar neue treten; denn bäto würde es heißen: die Klasse, welche die neuen Heereslasten aufbringt, muß folgerichtig auch mehr Rechte haben. Wie Recht wir damit hatten, zeigt u. A. der im Borstand des Bereins deutscher Eisen- und Stahl- industrieller aufgetauchte Antrag, der in unserer Nr. 117 beleuchtet wurde. Timeo Danaos et dona ferentes (den Griechen trau' ich nicht, besonders wenn sie schenken wollen), das gilt auch von der Kapitalistenklaffe. Wenn sie die Spendirhosen anzieht, muß das Volk doppelt und dreifach auf der Hut sein, denn „der Teufel ist ein Egoist, und thut nicht leicht um Gotte« willen, was einem Anderen nützlich ist," sagt Faust. Item: soweit dergleichen Vorschläge«ernst gemeint und nicht bloßer Sand in die Augen der Wähler sind, laufen sie auf ein hinterlistiges politisches Schachergeschäst hinaus, bei welchem das Volk über'« Ohr gehauen werden soll, ärger als jemals ein Bauer bei einem Viehhandel. Wir fragen: Wenn die „Ehrenpflicht der Wohl - habenden" und die „freiwillige Selbstbesteuerung" ehrlich gemeint ist, warum erklärt ihr euch nicht für eine pro - gressive Reichseinkommensteuer? — Dieselbe Frage richten wir an die Reichsfinanz - verwaltung, w lche kürzlich im „Reichsanzeiger" die Idee einer „Luxussteuer" fallen ließ. — Lnxussteuerl Das Wort klingt so sozialmoralisch, so beruhigend, so bestechend: „Reget euch nicht auf, ihr kleinen Leute, wegen der Militärvorlage, der Kelch soll an euch vor- übergehen, die Wohlhabenden allein müssen blechen. Wir haben ja das wärmste Herz für euch und wollen weder eurem Gläschen Branntwein noch eurer Zigarre zu nahe treten. Darum nur herzhaft für die Militärvorlage an der Wahlurne gestimmt, damit die Reichen tüchtig bluten müssen I" Was seiner Zeit Laflalle über die Luxussteuern ge- sagt hat (in seiner Vertheidigungsrede : „Die indirekte Steuer") das hat heute noch volle Geltung und ist durch reichhaltiges statistisches Material aus den letzten dreißig Jahren erhärtet worden: „Entweder die Luxus- steuern sind keine Luxussteuern, d. h. sie liegen aus Gegenständen des auch in den untersten Volksklassen all gemein üblichen Verbrauchs und würden daher wieder zu ihrem bei weitem größten Theile von den untersten Klassen, dem Arbeiter, Bauern und Kleinbürger auf - gebracht — oder aber sie sind wirkliche Luxussteuern und dann bringen sie nichts, nichts nämlich, was im Verhältniß zu den wirklichen Staatsbedürfnissen und Staatseinnahmen auch nur irgend der Rede werth ist und in Betracht kommen sann." Wenn man bedenkt, welche Ansichten jahraus jahrein in Kapitalisten- und Büreankratenkreisen über die Grenze des nothwendigen LebenSbedarss der Arbeiter verlaut - baren, wenn man speziell an die Küchenrezepte (Schweins- knochen re.) denkt, die schon von sybaritischer Tugend den Albeiterfamilien verschrieben wurden, so wird man die außerordentliche Dehnbarkeit des steuerpolitischen Be - griffes „Luxus" keinen Augenblick bezweifeln können. Ein mittelstaatlicher Minister hat denn auch dieser Tage ein wenig an» der Schnle geschwatzt. Der roürttem- bergische Minister des Innern leistete sich gelegentlich der Berathung einer Gesetzesvorlage eine Abschweifung in's Gebiet der hohen Politik und versuchte, Stimmung für die Wahl zu machen. Dabei bemerkte er: „Eine Nation, die für Spirituosen und Tabak zwei Milliarden ausgiebt, von welcher Summe jedenfalls ein Drittel Luxus ist, die hat jedenfalls noch Geld für ihre Ehre und Unabhängigkeit." Merkst Du was? — So schwer indessen die finanzielle Belastung der Militärvorlage in’5 Gewicht fällt, so ist sie es doch nicht allein, weshalb wir sie verwerfen. Selbst dann, wenn sämmtliche Kosten derselben mit- sammt allen Nachwehen durch eine ge - recht abgestufte ReichSeink0 m m enst euer nach progressiven Sätzen bestritten würden, würden wir sie dennoch 0et- rn e r f e n und von unseren Abgeordneten erwarten, daß sie wie Ein Mann dagegen stimmen. Wir wollen nicht ein System stärken, das, wie Fr. Mehring neulich treffend schrieb, das „Rückgrat der Reaktion" ist, das wie ein Reif und Mehlthau die Entwicklung aller freiheitlichen Regungen hemmt, das einen widerlichen Kastengeist züchtet, daS den Ausbeuter- trotz, die Unterdrückung, die Willkür, die büreaukratische Selbstherrlichkeit und Ueberhebung steift und stützt, kurz, das mit einer Menge kulturfeindlicher „Imponderabilien" — um mit Caprivi zu reden — behaftet ist. Von Der MMHne. Wie's gemacht werden soll. Offiziöse Preß- stimmen deuten an, daß der neue Reichstag etwa am 27. Juni zu einer kurzen Tagung zufammentreten werde. Man „hofft", der neue Reichstag werde die erste Lesung der äXilitäroorlage sofort vornehmen, da jeder Abgeordnete deren Inhalt längst kennt und ein Zwischenraum von mehreren Tagen oder einer Woche zwischen der Einreichung der neuen Vorlage und dem Beginn der materiellen Verhandlung, Wie er sonst Üblich ist, in diesem Falle nicht nothwendig erscheint. Desgleichen nimmt man an, daß eine K 0 m - mifsionsberathung nicht als nöthig er - achtet werben wird, da ja die Wahlen sofort ein Bild davon geben werben, ob eine Mehrheit für bie Militärvorlage vorhanden ist, oder nicht. Ein A b - handeln an den Zahlen der Vorlage fei nicht mehr möglich; sollten jedoch von der Mehrheit etwaige neben - sächliche Aenderungen gewünscht werden, jo werde es zur Entscheidung darüber keiner Kommissionsverhandlung bedürfen, da die Regierung sich „nach Kräften entgegen- kommend" zeigen wirb. Man rechnet auf eine Erledi- guug bet Vorlage in einem Zuge, so baß die Tagung auch bei eingehenden Debatten im Plenum in 10 bis 14 Tagen beendigt fein könnte. Bon den Finanz- vorlagen zur Deckung der Mehrausgaben ist hierbei abgesehen. Das ist ein recht hübsches Rechenexempel, in Welches jedoch hoffentlich der Wahlausfall am 15. Juni ein ge - hörige« Loch reißen wird. Wir haben auch nichts gegen die ichlennige Erledigung der Vorlage, d. h. in dem Sinne, daß der neue Reichstag das Begehren der Regie - rung kurz und bündig a b l e h n t. Interessant ist die offiziös verkündete Absicht, daß man sich vorläufig um bie Frage, wie bie Mehrausgaben z u decken seien, einfach herunidrücken will. Diese Drückebergerei wird hoffentlich überflüssig werden, dann nämlich, wenn das Volk Männer in den Reichstag schift, die sich aus die Milicarprojekte nicht einlasse». Freisinnige Wahrheitsliebe. Herr Eugen Richter erbost sich über das jüngst von sozialdemokratischer Seite herausgegebene Schristchen „Die Thätigkeit des deutschen Reichstages" und versucht, den Freisinn von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu reinigen. Wie er dabei mit der Wahrheit umspringt, dafür folgendes Beispiel. In der zitirten Schrift heißt es: „Ein erheblicher Theil der Freisinnigen stimmte seiner Zeit für die Kulturkampsgesetze, ebenso für das Sozialistengesetz, ein anderer Theil zog es vor, sich vor d e r A b sti in rn u n g über die Verlängerung des Sozialistengesetzes z u d r ü ck e n. Es ist eine Partei, deren politische Grundsätze fließen." Dazu bemerkt Herr Richter: „Die Behauptung, daß bei dem Sozialistengesetz ein Theil der Freisinnigen sich von der Abstimmung gedrückt habe, ist u n w a h r. Bei der betreffenden Abstimmung über das Sozialisten - gesetz im Frühjahr 1884 fehlten unter den 100 Mitgliedern der freisinnigen Partei 2 Mitglieder als krank, 3 als beurlaubt, 4 als entschuldigt und 4 als unentichuldigt. Unter den Letzteren war ein Mitglied schon seit Monaten krank und ein anderes mit einem Konservativen abge - paart. Niemals haben bie Sozialisten mit bet An- sührung von Namen ans der Zahl von Fehlenden auch nur den Versuch gemacht, den obigen allgemeinen Bor- Wurf gefliffentlicher Abwesenheit bestimmten Personen gegenüber wahr zu halten." Der wahrheitsliebende Herr Richter klammert sich einmal wieder zur Rettung der Parteiehre an Neben- jächlichkeiten an, um die Hauptsache zu verdunkeln. Von den vier Unentschuldigten'kann ohne Weiteres behauptet werden, daß sie sich gedrückt haben. Aber auch die Ent- schuldigten sind durch ihre Entschuldigung nicht entlastet. Wer sich drücken will, der findet leicht einen „Grund", auf welchen hin er fein Fehlen motivirt Wenn Herr Richter behauptet, daß die Namen der Drückeberger noch nicht genannt seien, so wollen mir fein Gedächtniß etwas aufsriichen. Abgesehen von den notorisch Kranken und vorher Beurlaubten fehlten bei der entscheidenden Ab - stimmung nm 10. Mai 1884 bie Freisinnigen Behrend, Hamsp 0 hn, Hempel, Karsten, Koch. Lang - hoff, Richter. Hamburg, Schröder- Friedberg und Seiko. Das Schmähliche am Verhalten des Freisinns bei der damaligen Situation war aber nicht allein diese Drückerei, sondern daß sechsundzwanzig jener „Freiheitsmänner" für die Verlängerung des Sozia- listengesetzes gestimmt haben. Da Herr Richter das ganz mit Schweigen übergeht — er weift wohl worum — so wollen wir auch hier feinem Gedächtniß etwas nach - helfen. Die freisinnigen Jasager, welche ihre Zustim - mung dazu gaben, daß eine große Partei noch ferner unter dem Knebel des Ausnahmegesetzes gehalten Werbe, waren : Bessert, Eberty*, Führ- mann, v. Forckenbeck*, Frieß, Golb- schmibf, Grieninger, Hammer, Horwitz* Segel, Koch Hann* Lipke, Maager', Alexander Meyer*, Mommsen, Panse* Pflüger*, v. Schirm ei st er, Sch lut ow, Schröter, Struve, ThileniuS, Wander, Westphal, Dr. Witte* und Wölfel. Bon den Genannten gehörten bie mit einem * be- zeichneten auch noch dem letzten Reichstage an. Wahlkreis - iSeomrtrie. Das sächsische Mini- fterium des Innern erließ am 25. Mai eine Verord - nung, welche bestimmte, „daß bie mit dem Bezirke bet Stabt Dresden bereinigten, vormals dem sechsten Wahlkreise angehörig gewesenen Ortschaften Strehlen und Striesen nunmehr zu dem fünften Wahlkreise, sowie die mit dem Bezirke der Stadt Leipzig vereinigten ländlichen Vororte, einschließlich der in und beziehentlich bei ihnen gelegenen exempten Grundstücke, welche bisher dem 13. Wahlkreise angehörten, nunmehr zuin 12 Wahl- kreise gehören, im übrigen aber die Wahlkreise ganz in derselben Zusammensetzung wie früher, und namentlich wie bei den Wahlen im Jahre 1890 verbleiben." Das war ein unzweifelhaft gesetzlich unzu - lässiger Akt. Die Verordnung widerspricht dem Reichsgesetze Dom 31. Mai 1869. § 6, Absatz 4 bei Gesetzes bestimmt: „Ein Bundesgesetz wird die Abgrenzung der Wahlkreise bestimmen. Bis dahin sind diegegen- lv artigen Wahlkreise beizubehalten, mit Ausnahme derjenigen, welche zur Zeit nicht örtlich abge - Vom Zcntrmttskricg. Tie gestern zitirte Er- fläruiig des gewesenen Z ntrumsabgeordneten Grafen M a t u s ch k a beantwortet >’e ultraiiioiitane „Germania" mit erbitterten Angriffen. - 1 erklärt, sein Austritt aus dem Zeiii.u,.- für bLfe« Zvin Verlust, „nur der Anstretende selbst ist j u bemitleiden. Er ist noch sehr jung, trug noch vor einigen Jahren die bunte Studentenmütze, war ein gemüthlicher, strebsamer Bursch und hat bald darauf hier und da auch in katholischen Versammlungen, besonders in sozialen Dingen auf. Das war wohl zu früh und ist dem jungen Manne in den K 0ys gestiegen, das Reichstags- Mandat, zu dem er noch nicht reif war, vollendete diese Wirkung, kurz, seine Leistungen machten Rückschritte, in gleichem Maße aber sein Selbstbewußtsein Fortschritte. Und so wagt der junge Herr, Gras Maluschka junior, mit einer wahrhaft erstaunlichen Unver - frorenheit aus die Zentrumspartei, die Zentrums- frattion, den Herrn Dr. Lieber und die „Germania" Schmähungen und Verdächtigungen gröbster und unbere tätigster ärt zu häufen." Nach Wiedergabe der Erklärung des Grasen heißt es weiter: „Das ist die Sprache eines jungen Herrn, der vor wenigen Jahren noch das Stiidentenmützchen trug und auf den Namen „Wind" horte, jetzt aber ichon Männern, denen er nicht die Schuhriemen auszulösen würdig ist, z. B. dem Frhrn von Heereman und Gras Preysing „kurzsichtige Verblendung" und noch Schlim - meres vorzuwerfen die Stirne hat. Inhalt und Sprache der ganzen Erklärung entbinden auch uns von jeder Rücksicht, und da sagen wir kurz: der junge Herr Gras ist „ungezogen", unreif, servil nach Oben und leidet an krankhafter Ueber- Hebung!" Mehr der Liebenswürdigkeiten gegen einen alten Fraktionsgenoffen kann man nicht verlangen. Schwerer wird es der „Germania" schon, sich mit Herrn v. Huene abzufinden, der in der „Schles. Bolksztg." solgende Erklärung erlassen hat: „Hinsichtlich der Wahl zunt Reichstage habe ich auf Anfrage geantwortet, daß ich für Glatz-Habelschwerdt nicht fanbibireit wolle. Eine Weitergehende Erklärung bezüglich der Mitnahme einer trotzdem etwa stattfindenden Wahl habe ich bis jetzt nach keiner Richtung hin abgegeben. Weine Zurückhaltung beruht einmal auf meinem schon Wiederholt au«gejorod>enen Wunsche, mich möglichst von der parlamentarischeti Thätigkeir für immer zurückzuziehen, sie war baun aber auch geleitet von der Hoffnung, durch mein Zurücktreten zu einer gegenüber der Militärvorlage versöhnlichen Haltung des Zentrums und damit zur Unterstützung dieser Sache selbst beizutragen. Nachdem nun aber der Wahlaufruf der Zentruinsfraktion den Widerspruch gegen den von mir aus voller sachlicher Ueberzeugung gestellten und vertretenen Antrag als das Feldzeichen des Zentrums in der Wahlschlacht hin ge - stellt hat und ich ans Zeutrnmskr eisen aufgeforbert bin, mich näher zu erklären, so spreche ich hiermit offen au-, daß ich mich verpflichtet halten würde, eine auf in i dj etwa fallende Wahl anzunehmen, um meine Stimme im Reichstage für eine Vorlage abzu- geben, deren Annahme ich zur Sicherheit des Vaterlandes für unbedingt nothwendig erachte. Anders zu handeln wäre, nach meiner Ansicht, gewissenlos, und keine Rücksicht nach irgend einer Seite wirb mich je be - stimmen, gegen mein Gewissen zu handeln. Endlich sehe ich mich veranlaßt zu erklären, daß ich mich im Falle meiner Wahl keiner Fraktion aii- schließen könnte Ich stehe fest auf den christlich konfer- valiven Grundsätzen des alten Zentrums, sehe mich aber durch den Wahlaufruf der Fraktion gehindert, dieser beizutreten. Gr. - M ah le nch 0 rf, den 28 Mai 1883. Freiherr v. Huene." Die „Germania" bemerkt dazu: „Für „unbedingt nothwendig" erklärte Graf Caprivi auch die ganzen For- dernngen der Militärvorlage. Dahinter standen lange nicht alle militärischen Autoritäten — sie sind ja un - einig und v i e l e sind gang unb gar gegen öie Borlage — aber doch zahlreichere und bedeutende Anto- ritäten, als Herr von Huene ist, standen hinter der Vor - lage. Herr von Huene aber beugte sich nicht und er. zwang einige Abstriche, die et sogar für bedeutend hält. Und das soll nun grabe das .unbedingt Nothwendige" (ein, und daran das Gewissen sich binden ! Wäre eS denn nicht viel gewissenhafter. Über das „unbedingt Nothwendige" etwa« mehr zu bewilligen? Kurz aber — wie Herr von Huene steht, kann er keinen Zentrumswahlkreis erhalten und muß, wo er auftritt, bekämpft werben I" Die Schorlemer'sche Gruppe hat nach der ’ „Rheinisch-Westfälischen Zeitung" folgende Sonder-^ grenzt und zu einem räumlich zusammenhängenden Be - zirk abgerundet sind. Diese mässen zum Zweck der nächsten allgemeinen Wahlen gemäß der Borschrist deS dritten Absatzes („Mit Ausschluß der Exklaven müssen die Wahlkreise räumlich abgegrenzt und thunlichst abge - rundet sein") gebildet werden." Der Ausuahutesall liegt in Dresden und Leipzig nicht vor, hat überhaupt für die Gegenwart keine Be- beutung mehr. Es besteht also bie reichsgesetzliche Be - stimmung, daß die im Jahre 1869 vorhandenen Wahl - kreise in ihrer damaligen Abgrenzung bestehen bleiben, bis ein Neichsgesetz sie ändert Eine Aenderung der Wahlkreise durch eine Regierung ober ein Ministerium ist durchaus unzulässig. Der allgemeine Widerspruch, den die Verordnung sand, scheint das sächsische Ministerium übrigens schon eines Besseren belehrt zu ftav.r:. Ein Dresdener Tele - gramm meldet: Das Ministerium änderte die Ver - ordnung, betreffend anderweitige Eintheilung des zwölften und dreizehnten sächsischen Wahlkreises, dahin ab, daß es bei der früheren Eintheilung verbleibt. Ob die Aenderung auch auf Dresden Bezug hat, wirb nicht gesagt. Der Vorgang hat aus'- 'Ne« gezeigt, wie noth - wendig eine durch Reichsgefttz bewirkte Neneintheilung der Wahlkreise ist. Die heute vorhandene entspricht keineswegs den thatsächlichen Verhältnissen und schlägt bet Gleichheit des Wahlrechts in's Gesicht Nach einer Bestimmung der Norddeutschen Bundesveriasfung, welche später auch auf das Reich übergegangen ist, soll auf je hunderttausend Seelen ein B rtreter gewählt werben. Jetzt hat die durch die Volksvermehrung mit Nothwendig, feit hervorgernfeiie Ungleichheit in den einzelnen Wahl- bezirken eilten gradezn ungeh-merlichen Grad erreicht. Ans den kleinsten Reichswahlbezirk im Lippeschen kommen etwa 8400 Wähler, auf den sechsten 8er. liner ungefähr 114 000 I Dazwischen liegen Hamburg, Leipzig, Dortmund , Köln München, Beeskow- Teltow - Storkow - Charlottenburg, Bochum, Berlin II unb IV mit Wählermaisen von über 40 000 bis 90 0001 Die secbSzehn Wahlkreise mit seht nichtigen Wähletziffetn zwischen 8000 unb 14000 sind natürlich vorzugsweise ländliche Bezirke; sie zählen zusammen 206 428 Wählet. Diesen stehen nun sechszehn Stadtkreise gegenüber mit einer Wählerinasse von 969 492. Diese städtischen Mählermaffen sind also mehr als vier Mal ungünstiger in der Reick,»Vertretung bedacht als jene ländlichen. Das Unrecht, das ans diese Weise den Be< wohnern der großen und größten Städte zugefügt wird, ist ein ganz unerhörtes. Aber auf eine baldige Aende - rung ist schwerlich zu hoffen. Die Neueintheilung würbe hauptsächlich ben Großstädten und damit der S 0 z i • bemotratie zu Gute kommen. Darum läßt man es ruhig beim Alten, obwohl die Aufrechterhaltung bcs heutigen Zustandes die unerhörteste Wahlkreis- Geometrie ist. kandidaten gegen ZentrumSkandidaten aufgestellt: Kolonatsbesitzer Darup -Deiters gegen den Kaufmann Wattendorf im Wahlkreise Lädinghausen-Warendorf, Landrath Ignatz Frhr. v. Landsberg- Steinfurt in Münster, Oekonomierath Winkelmann und Guts - besitzer Herold auf Gut Lövelingloh bei Amelsbüren. Herr Herold soll für Lippstadt-Brilon in Vorschlag ge - bracht werden. Ueber den Kampf innerhalb der alten Zentrums- reihen bringt die klerikale „Köln. Volkszeitung" .olgende weitere Nachrichten: Driburg, 30. Mai. In der heutigen Wahl- Berfantmluiig wurde Landrath Ignatz v. Landsberg als Reichstagskandidat für Warburg • Höxter mit etwa 70 (Stimmen ausgestellt, nachdem die Anhänger der Zentrums.Fraktion nach Abgabe einer Erklärung ich entfernt hatten. Hagen, 30. Mai. Hier hatten sich heute 80 Ver- traueusmänner und sonstige Mitglieder der Zentrums- Partei auS dem Wahlkreise A rnsberg - Olpe- Meschede versammelt. Diese stellten einstimmig Rechts, anwaft Scheele in Arnnberg zum Reichstagskandidaten auf. In einer gestern hier abgehalteneu Versammlung von Zentruinswählern wurde der bisherige ReichStagS- Abgeordnete Redaktör Fusangel wieder ausgestellt. Daß unter den anseinanderstrebenden Zentrums - elementen übrigens noch große Unklarheit herrschen muß über Das, was die Einzelnen wollen, beweist der von der ..Germania" mitgetheilte Umstand, daß unter den 125 Unterzeichnern des von Schorlemer. i ch e n Wahlaufrufs sich 16 befinden, die auch den Zentrum Saufrus resp, den Wahlaufruf für Herrn Kaufmann Wattendorf (Ibbenbüren) für den Wahlkreis Beckum-Lüdinghausen-Warendorf unterzeichnet haben. Unter so beraubten Umständen kann der Wahlersolg ür das Zentrum kein großartiger werden. Ans bet Zentrumsfezefsion glauben die Kon. ervativen für sich Kapital schlagen zu können. Die „Krenzztg " meint: „ES wäre in jedem Falle wünschens- werth, daß eine, wenn auch nur auS wenigen Mitglie - dern bestehende Gruppe des „rechten Zentrums" entstände. Gesührt von Frhrn. v. Schorlemer-Alst und Frhrn. v. Huene, würde dieselbe eine weit über ihre Zahl hinausgehende Bedeutung erringen. In Zukunft wäre ihr ein bedeutender Zuwachs sicher. Die Vertreter der Kirche würden sich den: „rechten Zentrum" zürnenden, sobald sie sähen, daß dasselbe in kirchlichen Fragen mehr erreichen könnte, als die Fraktion Lieder. Unter B e- Nutzung der agrarischen Bewegung Würbe in den ländlichen Wahlkreisen der Zentrumspartei mit bet Zeit eine sehr günstige Stimmung für daS „rechte Zentrum" hervorgerufen werden können. Auch die geistige Ueberlegenheit Schorlemers und HneneS über die Führer des neuen Zentrums würde ihre Wirkung thun. Nebenbei bemerkt, gewönnen die K 0 n f er v a t i v e n durch die beiden Herren eine werthvolle rednerische Unterstützung im parlamentarischer». Kampfe gegen bie Linke; überhaupt würden die konservative Partei und ein rechtes Zentrum gewiß in den weitaus meisten Fragen Hand in Hand gehen." Die Hoffnung ist durchaus nicht unberechtigt. Die iiifferuireubin Zerftzu^isseulc find in ihres Herzens Innern urkonservativ - agrarisch. Sie sehnn» sich seit Langem nach einem festeren Anschluß nach rechts und haben in vielen Fragen bisher schon zu den Konserva - tiven gestanden. Wie wir schon vor einigen Tagen sagten, kann der völlige Anschluß nur eine Frage der Zeit sein. Die klare Parteidilduitg, die durch das Zentrum bisher verhindert wurde, kann durch die Ab - trennung nur befördert werden. Dem baierische» Zentrum macht Dr. Sigi vom „Baier. Vaterland" gegenwärtig viel zu schaffen. Er ist für seine Kandidatur im Kelheimer Wahlkreise diesmal persönlich vor die Wähler getreten und hat vor einer zahlreichen Zuhörerschaft von Bauern in Pf assen» b e r g seine Anschauungen entwickelt. Dr. Sigi vindi- zirte der Kelheimer Winterwahl das Verdienst, daß die Militärvorlage nicht durchgegangen, beim das Zentrum sei dadurch ausgehalten worden ; die Kelheim« Wahl sei auch der Ansang der jetzigen Bauernbewegung gewesen. Als er sagte, daß er nicht nur gegen die Regierungs - vorlage und den Antrag Huene, sondern auch gegen den Vorschlag Lieber sei und aus dem Standpunkte stehe: Ueberhaupt keinen Mann unb keinen Groschen, brach stürmischer Beifall bei den Bauern auS. Aller Voraus- sicht nach wird das Zentrum in Baiern diesmalzschlechte Geschäfte machen. Der antisemitische Einbruch in die Gehege der konservativen Auch-Antisemiten macht der „Kreuzztg." argen Kummer. Sie klagt bitterlich darüber, daß bie Antisemiten durch ihre Sonbertanbibaturen im Kreise Teltow unb Niederbarni in gegen bie Kon - servativen ben Sieg der Konservativen daselbst gesährden. Im Kreise Niederbarnint habe der antisemitische Kan - didat am Sonntag seine Agitation an Orten mit über - wiegend konservativer Bevölkerung begonnen. Er habe in seiner Rede fast ausschließlich die Konservativen an - gegriffen. „ES scheint nun, als ob die Antisemiten es wirklich darauf abgesehen haben, die S t e 11 u n g der Sozialdemokratie zu verbessern und dem in sich gespaltenen Freisinn auf die Seine zu Helsen. Obgleich ihnen in Berlin von den Konservativen die weitestgehenden Zugeständnisse gemacht worden sind, haben sie in den beiden ländlichen Nachbarkreiseit gegen jene den Kampf in aller Form eröffnet." Durch das Verhalten der Antisemiten komme der Kreis T e l t 0 w in Gefahr, „von einer der Judeuparteien" erobert zu werden. Aehnlich liege eS in Niederbarnim, welchen Kreis bie Kreuzzeitungsmänner von der Sozialdemokratie zurückerobern zu können tier - meinen , wobei sie sich übrigens gewaltig schneiden Werden Dem Freisinn und der Sozialdemo - kratie fei an den Antisemiten ein neuer „Bundesgenosse" erwachsen. „Die Konservativen werde» deshalb," so schreiben die Redaktions-Antisemiten der „Kreuzzeitung", „den Fehdehandschuh, der ihnen so von anti» semitischer Seite hingeworfen worden ist, auf- nehmen müssen. Ja noch niehr, sie werde» sich fragen müssen, ob eS ihnen Angesichts dieser Borkomm- Nisse ihre Ehre gestattet, in den Berliner Wahlkreisen den Antisemiten daS Feld zu überlassen. Wir haben schon vor einigen Tagen unS dahin geäußert, daß man ihnen hier vielleicht zu weit entgegen gekommen ist. Wenn dies Eittaegenkommen in der unmittelbaren Nachbarschaft Berlins in so eigenartiger Weise erwidert Wirb, so erhebt sich bie Frage, ob die Konservative» nicht boch besser thu», in allen Wahlkreisen Männer au 8 ihrer Mitte auszustellen. Wohl senb wir für ein ehrlicher Kartell, aber nicht für ein solcher, bei welchem bie Kon - servativen allein unb überall die Kosten tragen.“ DaS Heitere an diesem Zornausbrnch der aml).anti - semitischen Junker ist, daß sie selbst die antisemitischen Geister gerufen haben, die sie nun nicht bannen können. Der Streit um die Mandate wird hoffentlich gegenstands., loS werden, indem unsere Genossen bafür sorgen, daß. am 15. Juni beide Kreise in die Hände der Sozial- bemotratie gelangen. Laudräihttche Wahlagitation. Der Landrath des Kreises Nams lau hat an die Lehrer bei, Kreiies aus Anlaß der Reichstagswahle» ein Zirkular gerichtet, in welchen: er den königlichen Erlaß vorn 1 4. Januar 1882 in Erinnerung bringt. In dem Erlaß fei die feste Erwartung ausgesprochen, daß alte S e• 1 amten von jeder Agitation gegen die Regierung deS König- auch bei den Wahle» sich fernhalten Werben. — In dem betreffenden Erlaß, den bet Landrath seinem Wortlaut nach nicht mittheilt, steht, Wie die „Freis. Ztg." bemerkt, nicht daS Geringste von Demjenigen, waS der Landrath daraus herleitet. DaS Oberverwaltungsgericht hat sogar ausdrüÄlch anerkannt, daß aus dem Erlaß von 1882 solches auch nicht indirekt gefolgert werden könne. Auch Fürst Bismarck hob bei bet Verhandlung im Reichstage über diese» Erlaß 1882 hervor, daß derselbe „nichts vorschreibe, befehle, nicht drohe und keinen Nachtheil in Aussicht stelle. :Er über - lasse es dem Takt unb Gewissen bei beteiligten Beamten, seinen Weg, entsprechend seinem Eide, zu finden." Der jetzige Oberpräsident von Bennigsen legte als Ab - geordneter ri der Diskussion ben Erlaß dahin aus, daß derBeanite unr verpflichtet sei, nicht in würdeloser Weise Agitationen ucitzuncachen. nicht fein Amt zu mißbrauchen und nicht derartige Handlungen in der Wahlbewegung vorzunehmen, die sozusagen mit dem Verfahren eitieS anständigen Mannes nicht in Ueber - einstimmung zu bringen seien. Nicht aber sei bet Erlaß so auSzulegen, daß Beamte irgend einer Art, Kommunal, beamte oder andere, weder wählen noch bei irgend einer Wahlagitation sich beteiligen dürsten in entgegengeseptem Sinne, wie es der Regierung nach ihrem bekannten Programm wünschenSwerth erscheint. Daß die Lehrer sich überhaupt nicht an der Wahl- agitation betheiligen sollen, will ja der Herr Saubratlj zweifellos auch nicht. Wenn sie nur für die Regiening arbeiten, wird er schon ein Einsehen haben. Wir möchten übrigens fragen: Wer hat denn die Landräthe zu politischen Tugendwächtern für die Lehrer bestellt? Landrath und KreiSblatt. In Demmin ist der schier unglaubliche Fall Passirt, daß ein Landrath sein K r e i s b 1 a 11 wegen Beleidigung verklagt. Der Landrath v. Hehden-Below well den Redaktör deS offiziellen KreiSblalts wegen öffentlicher Beleidigung be - gangen durch einen Artikel im Kreisblatt, gerichtlich belangen. Der Landrath, selbst ein Gutsbesitzer deS Kreises, welcher die Art der Lebenssühtung der Groß, grundbesitzer genau kennt, glaubte nämlich den eiuge- lanbten Steuererklärungen einet großen Zahl dieser Herren nicht. Der Landrath sandte also diesen Herretc ihre Erklärungen wieder zurück und erbat sich die Beantwortung einer Reihe von Fragen über die Ein- kommensarten. Hierüber entstand in einer Sitzung bei landwirihschaftlichen Vereins große Entrüstung. Einer der Junker brachte den Unniuth zu Papier unb veranlaßte die Ausnahme seines Elaborats in bal Kreisbiatt. Der Kreisblattbesitzer war zwar sofort zur Nachgiebigkeit bereit, der Sandrath blieb jedoch fest, und so werden sich Sandrath und Kreisblattbesitzer vor ben Schranken des Gerichts wiebetsehen. Die sozialdemokratische Wahlagitation ist gegenwärtig überall im besten Zuge. Bon Mitgliedern der früheren ReichstagSsraktioir befinden sich gegenwärtig auf größeren Agitationstouren Bebel, Liebknecht und Singer. Bebel spricht in Leipzig, Eßlingen, Statt- gart, Cannstatt, Pforzheim, Karlsruhe, Mannheim, Straßburg, Mülhausen, Kassel, Hamburg, Säbel, Äid nni Srenitu; Liebknecht in Dresden, Frankfurt a. M., Wiesbaden,'"Mainz, Metz, Saarrevier, Spegn, Würzburg, Gießei:, Golha. Singer ist feit Ende Dortger Woche im Rheinland thätig. Er sprach bis jetzt in Kalk, Köln, Düsseldorf und Neuß. Man schreib! uni darüber: Die Versammlungen waren u»gerne« stark be- sucht und von einer zu den besten Hoffnungen berech - tigenden Begeisterung für bie Sache der Sozialdemokratie getragen. In Kalk, einem industriellen Vorort von Köln, sprach Singer vor ungefähr 1000 Arbeitern, die einig und entschlossen sind, ihren Ort am 15 Juni sür die Sozialdeinokratie zu erobern. Die Kölner Versammlung, von über 4000 Personen besucht, gestaltete sich zu einem wahren Triumph für die Sozialdemokratie Unter brausendem Beifall legte Singer die Grundsätze und Forde» rangen der Partei klar und erhielt begeisterte Zustimmung, als er am Schluß seines Referats die lÄnwefettbcn nufforberte, dafür zu sorgen, daß am 15. Juni der rothen Fahne des SozialtsmuS in Köln der Sieg er - kämpft wirb. In Düsseldorf, wo die Stadtverwaltung der Sozialdemokratie die Benutzung der städtischen Ton - halle zu Versattcmlungen nicht gestattet hat und ein anderes Lokal für bie Partei nicht zu haben ist, saiib am Sonn - tag Nachmittag eine großartige, von nahezu 5000 Per- sotten besuchte Versammlung unter freiem Himmel statt. Auch diese Versammlung verlies glänzend und endete nach einem Inständigen Reserat Singer- mit der An - nahme einer Resolution, in welcher die Anwesenden sich verpflichteten, am Wahltage dem Kandidaten der Sozialdemokratie zum Siege zu verhelsen. Im An- schloß au die Düsseldorfer Versammlung sand in Neuß — ebenfalls unter freiem Himmel, da auch dort für die Partei Lokale nicht zu haben sind — eine sehr stark be - suchte Versaulmlttng statt, die, von Begeisterung erfüllt, mit dem festen Vorsatz auseinanderging, ant Wahltage den Wahlkreis dein Zentrum zu entreißen. Die Stimmung der Parteigenossen ist überall vorzüg - lich und alle Anstrengungen und Gehässigkeiten der gegnerische» Parteien werden es nicht verhindern, daß die Sozialdemokratie auch in dieser schwärzesten Psaffenecke des Deutschen Reiche- Erfolge erzielt. Der 15. Juni wird uns hier einen tüchtigen Schritt unserem Ziele näher bringen. An weiteren Versantttilungen sind in Rheittland und Westfale» für Singer noch Duisburg, Crefeld, Aachen, Bochum, Lüdenscheid, Elberfeld unb Remscheid vorgesehen, und die rheitttsch-westfälischen Ge - nosse» Wertteil überall ihre Schuldigkeit thiin, um den 15. Juni zu einem Siegestage für die Sozialdemokratie und dadurch zu einem Ruhmestage für die Arbeiterklasse zu machen. ©rille»berget hat die fränkischen Gegenden Baierns zum Agitationsbezirk, Vollutar das süd- liche Baiern. Die übrigen früheren Fraktionsuiitglieder liegen der Wahlagitation vorwiegend in ben Gegenden ob, wo sie gewählt waren. Alles in Allem stellt bie Wahl Anforderungen an alle rednerischen Kräfte der Partei, bie zu bewältigen es bes ganzen Aufgebots an unerniädlicher Energie bedarf, wie sie in solcher Kern- Hastigkeit eben nur die sozialdemokratische Partei aus - weist. Aus Posen wirb dem „Vorwärts" geschrieben: Endlich nach langen Bemühungen der hiesigen Genossen konnte hier am 28. Mai eine öffentliche Wählerversamm - lung abgehalten werden. Nachdem wir den hiesigen Saalinhabern für die einmalige Benutzung eines Saales sogar Ä 100 geboten hatten und trotzdem abgewiesen worden Waren, mußte die Versammlung in dem unteren Raum eines Getreidespeichers stattfinden, ben wir zur freien Benutzung laut schriftlichen Kontrakt bis 1 Juli b. I. gemiethet haben Das Lokal, zu dem bie Polizei den Zutritt beschräiikt hatte, was bei gegnerischen Versammlungen nicht der Fall ist, erwicS sich leider all viel zu klein. Hunderte mußten wieder umkehren Als Referenten waren Franz Morawski aus Berlin und Redaktör S ch e b S aus Breslau erschienen. Beide wußten die Versammelten durch sachlichen, wohlerwogerten Bortrag zu fesseln; endloser, jubelnder Beifall wurde ihnen zu Theil. Trotzdem die anwesenden Gegner drei Mal vom Vorsitzenden zum Wort mit unbeschränkter Redezeit aufgefordert Worden waren, hatte Keiner den Muth, gegen die Ansiührnugen unserer Referenten ans- zutreten, während sie in ihren Versammlungen die Sozial - demokratie aus'S Tollste verleumden. Meldet sich dort Jemand von unS zum Wort, so wird eS ihm illusorisch gemacht, wie es Morawski in der om 23. Mai von der