Nr. 138. V 7. Jahrgang. I ’?’■ X l( Da« «Hamburger Echo" erscheint täglich, außer Montag«. Donnerstag, den 15. Juni 1893 verantwortlicher Redaktör: C. Heine in Hamburg. -l uz ei g e» werden die sech« Uhr kann der Stimmzettel avgegeven werden. Wer es ermögliche» samt, benutze zur Stimmabgabe die Zeit von 10 bis 12 nud von 2 Uhr an, damit die Mittagsftttnden für die zur Arbeit Gezwungenen frei bleiben und zu grotzer Andrang vermiede» wird. Tcr MPtH wird auf fünf laiflt Zähre gewühlt. Lein Wahlberechtigter darf Ach säumig zeige«! Mr 9f fr rr rr rr Die Kandidaten der Sozialdemokratie sind: den 1. Hlmbmger Wahlkreis: Angust Bebel in Berlin ff ff ff ff ff ff ff ff ff „ 17. Hnnnöllerslhen „ I. H. W. Dietz in Stnttgart. Friedrich Wilhelm Metzger in Hnnlbmg. Hermann Molkenvnhr in Lttensen. Karl Frohme in Hnntdnrg. Heinrich Baerer in Hnrbnrg. Hierzu eine Beilage. Aus zur WahWlniht! □ Der Tag der Wahlschlacht, der 15. Juui, ist da. In bett wenigen Stunden zwischen 10 Uhr Morgens und 6 Uhr Abends soll eine Entscheidung fallen, wie sie ernster und wichtiger noch bei seiner der früheren Neu - wahlen zum Reichstage seitens des Volkes zu treffen war. Vom Ergebniß des heutigen politischen Achtstundentages hängt für die Zukunft unserer Nation unendlich viel ab. Wahler! Männer des werkthätigen Volkes I Ihr wißt, durch was die heute zu vollziehenden außerordentlichen allgemeinen Reichstags-Neuwahlen veranlaßt worden sind. Der Versuch der Negierung, für den Moloch Militarismus neue uugehenre Opfer zu erlangen, ließ den schon lange vorhandenen Unwillen der weitesten Volkskreise in Hellen Flammen emporlodern. Diesem rllgemeinen Volkszor» gegenüber wagten eine große Zahl von Abgeorducten der soge - nannten „Ordnuugs - Parteien" es nicht, die Forderungen der Regierung mit gewohnter Rück- sichtslosigkeit gegen die Volksintereffen unbedingt zu bewilligen. Da uahni am 6. Mai der parlamentarische Schacher, das unwürdige Knliffenspiel, dnrch tvelches die Vertreter der sogenannten „staatserhaltendeu" Parteien die deutsche Nation zu belügen und zu betrügen ver - suchten, ein Ende; die Reichstagsauslösuug erfolgte, und damit wurde die Entscheidung über das Volksgeschick wieder in die Hände des Volkes zurückgegcben. Heute soll diese Entscheidung erfolgen. Heute gilt es Autorität gegen Autorität! Der Autorität des Parlaments hat die Regiernng ihre Anerkennung ver - sagt; sic nahm die oberste nud eutscheidende Autorität für sich in Ansprncff und niachte geltend: sie müsse „am besten" wissen, was für die „Sicherheit des Vaterlandes" erforderlich sei und was dem Volke noch an neuen Lasten zngcmuthet werden könne 111 Nun hat die Autorität deö Volkes, der Wähler - schaft, das Enlscheidungswort zu sprechen. Wir wissen ja, daß als einer der „schwerwiegendsten Gründe" der Neichsregierung für die Militärvorlage die „Auto - rität der Generale und Staatsmänner" in's Feld geführt wurde, gegen welche der „beschränkte Unter- t h a n e n v c r st a n d " natürlich nicht auskommen könne. Wohlan, das Volk, den, Borurthcil und Hoch - muth die alberne Phrase vont „beschränkten Unter- thanenverstande" zu bieten wagen, es wird heute an der Wahlurne zeigen, daß es mündig und befähigt ist, sein Urtheil abzngeben über die Militär - politik der Regiernng und die Schacher. Politik der seither herrschende» Par - te i e n l Volk, besinne Dich recht ernsthaft ans Deine Anto- rität I Weg mit der elenden, falschen Bescheidenheit, der Selbstuulerschähung und Selbstmißachtung I Stelle Du die Autorität Deiner gesunden Einsicht, Deines Rechtsbewußtseins, Deiner Selbst- ach t n n g jenen anderen Autoritäten entgegen und rufe ihuen ein kategorisches: „Vio hierher und nicht weiter!" zu. Straft des allgemeinen Wahlrechts hast Du die heilige Verpflichtung, diese Deine Autorität gegenüber der Autorität des Militär« und der herr - schenden Sonderintercfsen in die Wagschale zu werfe». Du hast Dich darauf zu besinnen, daß es sich bei der Militärvorlage nicht allein um militärische Dinge, sondern um eine ganze Reihe wirthschaftlicher, politischer und rechtlicher Fragen von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der Nation handelt. Welche Anmaßung von den „militäriicheu Autoritäten", daß sie „bester" wisten wollen, was dem Volke frommt und Ivas es leisten kann, als dieses aus vielen Millionen vonSteuerzahlern,Wählern,Staatsbür- gern b e st eh e n d e Volk selbst! Alle jene Autori. täten vom grünen Tisch, die aus dem Steuerjäckel ihre hohen Gehälter beziehen, haben es leicht, dem Volke neue Lasten zuzumutheu; sie haben darunter nicht zu leiden; sie brauchen nicht zu sorgen und zu bangen um'S tägliche Brot; sic sind versorgt, und gut versorgt; sie wissen nicht und empfinden es nicht, was es heißt, wenn der M a it » der Arbeit, der täglich und stündlich für sich und die Seinen mit dem Hunger und dem Elend ringt, gezwungen ist, voiu geringen Erlös seines Mühens jährlich jetzt schon 90 biS 100 Mark Verbranchsabgabe«, welche auf die nothwendigsten Konsnmartikel gelegt sind, dem Staate oder dem Reiche vorwiegend für militä - rische Zivecke zu zahlen. Die höchste Autorität soll vernünstigerweise immer da sein, wo das höchste Recht ist. Und welch' höheres Recht gäbe es wohl, als das des Volkes, für sich selber einzustehen. Die herrschenden Parteien und Gesellschastsklassen, die iu echt demagogischer Art um die Stinuueii des „kleinen Mannes" buhle», sehen dem Resultat des heutigen Tages mit Zittern und Bangen entgegen. Denn sie stehen unter dem Eindruck eine« bösen Gewissens- Sie müssen erleben, daß das arbeitende Volk die Auslösung und die Neuwahlen mit Jubel und Be - geisterung begrüßt hat. Längst ist ihm, dem sooft getäuschtenundbetrogenen Volke, das frivole Spiel verhaßt, welches die Mehrheits-Parteicn im Reichs - tage, die Konservativen wie die sogenannten „Liberalen", mit seinen heiligsten Rechten und Jntereffen so viele Jahre hindurch getriebetl haben I Die schwere Sündeuschuld jener Parteien ist offenbar geivorbcit vor dem Ruge jedes vernünftigen nnd ehrlichen Mensche». Sie, die sich henchlerisch als „staatserhalteude" und „Ordnung«. Parteien" geben beten, mit „Patriotismus" und „VolkSsreuudlichkeit" sich brüsteten, — sie haben den „gesetzlichen Boden" ge - schaffen, auf welchen! der Militarismus, wie ein nimmer« satter Moloch, seit bald 25 Jahren immer kühner und rücksichtsloser in seinen Anforderungen an die Steuer- kraft des arbeiteudcn Volkes werden konnte; sie haben ans diesem Boden die unerhörteste Schacherpolitik ge - trieben, die -jemals eine Volksvertretnng entehrt und eine Nation aufiS Schwerste geschädigt hat; dafür, daß sie mit bet Negierung in militärischen Fragen durch Dick und Dünn gingen, ist ihnen al« Gegenleistung der Vortheil der agrarischen und i it d n st v i e l l e n „Schutzzölle" geworden, welche dein kleinen Manne die töcbenshaltunz so sehr vertheuerii nud erschweren; sie haben ihre Mandate zur Volksvertre - tung schnöde mißbraucht, indem sie die Gesetz, gebung in den Dienst des Sonderinteresses der Mächtigen und Reichen stellten, was gleichbe- deutend ist mit dem unverzeihlichsten aller politischen Frevel : einer förmliche« Verschwörung des privi- legirte« großen Besitzes gegen die Ar - muth ; sie haben ihr Ausbeutnugsregiment, von welchen, sic mit größter Unverfrorenheit behaupten, daß daffelbe ein „unantastbares" Stück der staatlichen und gesellschaft - lichen Ordnung sei, mit allen ihnen zn Gebote stehenden Mitteln zu festigen versucht uud zugleich sich der shste- matischen Untergrabung der Bolksrechte und Freiheiten schuldig gemacht. Nach ihrer An - sicht ist das ehrliche arbeitende Volk, welche« ben Staat erhalten uud ihm die Schlachten schlagen muß, der Lohnarbeiter, der Handwerker, der Bauer, der kleine Gewerbetreibende und kleine Beamte nur dazu da, sich auSbeutc« zu lassen für die Sonderinteressen einer kleinen Minderheit, Steuer- Ilasten zu tragen bis zum Erliegen, sich hübsch demüthig eilte entwürdigende Bevormun - dung seitens der „oberen Zehntausend" gefallen zu lassen uud alle von dieser Seite kommenden Ungerechtig - keiten geduldig zu ertragen. Sie sind gewiffeulo- und hochinüthig genug, den Massen des werkthätigen Volkes das Wahlrecht zti,.--2reichStagc raube« zu wolle«, um zu verhindern, daß Ihr, Männer der Arbeit, Ber- sieter Eurer berechtigte» Jntereffen, Vertheidiger Eurer Wohlfahrt, Ehre und Würde in den Reichstag entsendet; sie «vollen Euch — das haben sie, die jetzt mit heuchleri - schen Phrasen und Versprechungen um Eure Stimmen sich bewerben, oft genug offen erklärt — politisch rechtlos machen, um ungestört ihre AuSbenIuugS- und Unter- drückuugs-Praktiken an Euch üben zu köiineu. Wäre das arbeitende Volk im Stande, könnte es so unklug und pflichtvergessen gegen sich selbst sein, noch einmal eine solche reaktionäre Ma - jorität in den Reichstag zu entsenden, wie sie bis dahin dort die Untergrabung und den Umsturz der Volkswohl, fahrt und -Rechte betreiben konnte, so würde das einem politischcit Selbstmord des Volkes gleichkommeu l Wähleri Männer der werkthätigen KlassenI Ans, an die Wahlurne mit dem Stimmzettel für die Kaodi- datcn der Sozialdemokratie, bet einzigen Partei, der gerechte Priuzipie«, politische Ehrlichkeit it«b Konscgucuz eigen sind. Bleibe Keiner zurück l Insbesondere Ihr Lohnarbeiter müßt freudig eine Stunde von Eurer Arbeitszeit opfern, um Euer Wahlrecht ansznüben. Bedenket, wie oft Ihr durch die nngünstigcu Verhältniffe gezwungen seid, zu feiernl So bringe denn Henle jeder von Euch das Opfer, freiwillig eine kleine Lohneiubuße zu erleiden. Heraus a«S de« Werkstätten, herunter vom Ba«, a« die Wahl - urne, Ihr Männer! Gedenket der Worte des Dichter« : Und wieder schwankt die ernste Waage Der alte Kamps belebt sich neu, Jetzt komme» erst die rechten Tage Wo Korn sich sondern wird vo» Spreu, Wo man den Falschen von dem Treuen Gehörig unterscheiden sann, Den Uuerschrock'nen von dem Scheuen, Ten halben von dem ganze» Mann I Jetzt wahret Männer Eure Würde, Steht auf zu männlichem Entscheid, Auf daß Ihr nicht dem Laud zur Bürde, Dem Ausland zum Gelächter seid. ES ist so viel schon unterhandelt, E« ist gesprochen fort und fort, ES ist geschrieben und gehandelt, — So sprecht nun das VutscheidungSwort! An Euch, Ihr Männer des werkthätigen Volkes, ist es, dahin zu wirken, daß der heutige Tag werde ciu SicgrStag der Freiheit nud dcS Rechtes, ciu SicgeStag der Sozialdemokratie! M Btr Äkltbjjhne. TaS ReichStagowahkrecht soll nach offiziösen Behauptungen „keineswegs in Gefahr sein." Der nltramonlanen „Kölnischen Volkszeitung" wird dazu an« Berlin geschrieben: „Wir wollen Niemanden rathen, aus diese Dementis .Hänser zn bauen. Wer nämlich in hiesigen Regiernngs- kreisen verkehrt, wird kaum einen einzigen Anhänger de« allgemeinen Wahlrecht« antreffen. Fast alle Leute machen da« Reichstags-Wahlrecht für sämmtliche Kalamitäten, unter denen ReichSregierung und Reich leiden, verank- wörtlich. Es ist ztoeifellos, daß diese Stimmung über kurz oder lang in irgend einer Form einen gesetz - geberischen Niederschlag finden Ivird. $ 5 e:m daS bementirt wirb, so zucken wir kühl bie Achseln. Man leugnet so etivos ja so lange ab, bi# eine betreffende Vorlage »««gearbeitet wird. Ker sich aber bemüht, die Stimmungen kennen zu lernen, kann mit viel mehr Sicherheit sagen, was später paffiren wird. Der Aerger unserer Regiernngskreise über daS allgemeine Wahlrecht wird sich schon zu Gesetzentwürfen verdichten, sobald wir nur eine Vassende Mehrheit, etwa nur eilte Kartell- Mehrheit, im Reichstage haben. Ich habe in Kreisen hiesiger hoher Staatsbeamten zwei Meinungen vertreten gesunden. Die „geuiäßigte" Anschauung wollte „nur" die Minimalgrenze des Wahlrechts vom 25. bis zum L0. Lebensjahr ansdehnen uud die geheime Stimm - abgabe abschaffen. Dies würde am meinen je» Kon - servativen und den Nationalliberalen, al« den Parteien, Bie vorzugsweise Wahltyrannei treiben, zn Gute kommen. ES ist ja selbstredend, daß massenhaft Arbeiter entlassen würden, die einen sozialdemokratischen Stimmzettel ab - gäben. Bielen ist aber selbst diese „Reform" noch lange nicht genügend Sie wollen das ganze allgemeine Wahl- recht abschaffen. Die Beantwortung der Frage nach einem Ersatz ist verschiedenartig; nm meisten neigt man sich der Ansicht zn, einen Extrakt aus den Land- tagen als Reichstag snuktioniren zu kaffen. Die Einzel-Landtage sollen die ReichstagSabgeordneten wählen — ein Plan, der übrigen« sehr viele Schwierigkeiten hat. Dafür ist auch das Ziel desto verlockender; würde man doch aus diese Weise einen Reichstag zufammenbringen, der nicht einen einzigen Sozialdemokraten zählt. Ta« wäre doch schon de« „Schweißes der Edelu" werth." Wir fragen: und daun? Nun dann werden bie „staatserhaltcuben" Politiker ihre« Appell an die Gewalt fertig habe«! Die „patriotische" Umstürzler-bande an der Arbeit! Die Frage einer Aenderung des ReichswahlrcchiS wird nun auch von ber „Krenzftg." behandelt, und zwar in einer Weise, die allgemeine Beachtung verdient. Nachdem daS Blatt ein- leitend von einem „Gerede über die Gesährduug deS allgemeinen Stimmrechts" gesprochen, während doch nicht das Mindeste vorliege, was alS Thatiache verwerthet werden könnte, heißt eS: „An einer Einrichtung, wie diese, rüttelt eS sich sicher nicht so leicht. Das Gegen - theil zn glauben wäre kindisch. Das allgemeine S 1 immrecht würde nur baun gefäfjrbet fein, wenn bie Mehrheit der deutschen Wähler es dahin kommen ließe, daß die äußere Sicherheit des Reiches bedroht erschiene. Diese Wähler selbst also haben es in ihrer Hand, alles Derartige von« sich fern zu halten. Sie brauchen am 15. Juni mir zu zeigen, daß ihnen die Wehrhaftigkeit des Vaterlandes über ihren Partei- und Schulmeiunngeu steht, wie hoch sie diese sonst auch immer schätzen " Also wenn kein militärbewilligniigslnstiger Reichstag zu Stande kommt, ist nach AiisiMt ber „Krenzzeitnng" das jetzt bestehende Wahlrecht gefährdet 11 Dnrch wen denn? Eine Aenderung dieses Wahlrechts kann an verfassungsmäßigem Wege doch nur dnrch fibereinftimnien- den Beschluß des BnudeSrathes und Reichstages erfolgen. Daß aber der Letztere, falls er in seiner Mehrheit gegen die Laprivi-Huene'sche Vorlage ist, einer Aenderung be« Wahlrecht« nicht zustimnien würde, darf als sicher gelten. Soll also bie Aeußerung der „Kreuzzeituug" einen Sinn haben, so kann dieser nur in einer Drohung mit einem V e r s a s s u n g s b r u ch gesunden werden, die aber da« Blatt doch wohl selbst nicht ernsthaft nehnien will. Dein Volke aber wird man die Meinung nicht ausreden, daß eine Aenderung des Wahlrechts nur von einem bewilligungslustigen Kartellreichstage droht. Also, Wähler: Rieder mit der „patriotischen" Umftiirzlerbaude! Die rcgiernngSfrcundliche« Nechenkänstler behaupten, die Venvirklichung ber neuen Militärvorlage werde jedem Wahler nur 1 Mk. 1 Pfg. kosten. Wir wollen diese Lüge noch einmal znrückweiseu. Die Rechenmeister haben sich die Aufgabe sehr leicht gemacht. Da die Militärvorlage vierundsech«zig Millionen jährlich erfordert, so würde diese Summe, auf rund fünfzig Millionen Köpfe vertheilt, je 1 .H. 1 4 ausmacheu. Indessen liegt dar Rechenexempel gar nicht so glatt, denn erstens steuern nicht Säuglinge nud ver- heirathete Frauen selbstständig, sondern der Familienvater muß für sie anskommen. Gelvöhulich rechnet man die Familie zn fünf Köpfen; es würden also aus jeden Familienvater mehr als sechs Mark entfallen, — wenn keine NebenanSgaben diese Summe zum Mindesten verdoppelten. Die unwirthschastlichsten aller Steuern iud die indirekten Steuern, beim sie erfordern ersten« ein Beamtenheer zur Koutrole, Eintreibung, Verrechnung u. f. w., zweitens hat auch die geringste indirekte Steuer die Tendenz, den Marktpreis de« besteuerten Gegenstandes erheblich zn versteuern , ja ogar zu verdoppeln. Der Produzent ist gezwungen, nicht blos ben Betrag bet Steuer, sondern auch die Zinsen dieses Betrage«, den er boot erlegen muß, auf den HersteNnngSprei« aufzuschlagen, und sich außer- dem auch noch für den verminderten Konsum schadto« zu halten. Dieselbe Manipulation muß auch jeder Ber- kehrsvermittler zwischen dem Produzenten und Konsu - menten vornehmen, und zwar mit Recht, denn durch seine Mühewaltung erhallen erst die Erzengniffe einen Markt- werth, indem er sie dem Konsumenten znsührt. In welch' erschreckender Weise eine nit sich geringe Steuer oder ein Einfuhrzoll den Marktpreis erhöht, haben wir Hamburger an unserem Leibe erfahren, seitdem wir in bas deutsche Zollgebiet eintierkibt worden sind. Früher zahlten wir beispielsweise für ein Pfund Masset 60—90 4 Nachdem noch ein Zollzuschlag von einigen Pfennigen pro Pfund hiuzugekommen ist, zahlen wir für bas Pfund derselben Qualität ,4t. 1,20—1,80. Die paar Pfennige haben den Marktpreis verdoppelt Man bars also behaupten, daß bie Wähler für bie Militärvorlage nicht blos Jt. 1,01, sondern sofern sie Familienväter sind, M. 10—15, eher M. 15 als X 10, an fortdauern - den Ausgaben mehr zu zahlen haben weiden. Indirekte Sienern verarmen ein Volk mehr, al« sie dem Staats - säckel nützen. Darum, Wähler, seid heute an der Wahlurne auf der Hut! Die „««aufechtbare Autorität" der Ne - gierung. Es fei heute nochmals daran erinnert, daß unsere Regiernngsmänner mit dem Pochen auf ihre „Autorität" schon ziveimal gründlich Fiasko gemacht haben. Der Reichstag ist schon zweimal aufgelöst ivorden, weil er jener „Autorität" nicht „parken" wollte, — im Jahre 1878, anläßlich des Sozialistengesetze-, und im Jahre 1887, an - lässlich deS Septen nats. Die damaligen Oppo - nenten wurden von den Soldschreibern der Reaktion al« „Reichsfeinde" nnd „Baterlandsverräther" verschrieen, weil sie das Sozialistengesetz bezw. das Septennat für unrichtig und unpraktisch hielten Wo sind diese beiden Institutionen heute? Die Re - gi e r u n g f e l b st hat beide, das Sozialistengesetz und da- Septennat sollen lasten, — da? beseitigt, wosür vor - her ganz Deutschland iu uneeheure Aufregung versetzt wurde. Die Regierung hat also selbst zugegeben, daß nicht sie, sondern die Majorität deS Reichstages vor den beiden früheren Auflösungen die richtige Meinung vertreten hat. Und da kommt sie jetzt wiederum nnd verlangt, daß sich der Reichstag ihrer Autorität füge. Das ist eine «ugehenerliche Zuiuuthuttg, welche Ihr, Wähler au« dem werkthätigen Volke, heute an bet Wahl - urne mit äußerster Entschiedenheit zurück weisen müßt. Ziinftlcrifche Wahlpropagauda. 'Nichts trau - rigeres sann eS geben, als die Art und Weife, wie ba- kleine Häuflein ber Znuftfanatiker im Namen be« „deutschen Hanbwerks" Wahlpropaganda be - treibt. Die Herren gehen hanfiren bet ollen sogenannten „Orbuungäparteien", nm zu erfahren, wie bieSlanbibateii derselben sich zu ben zünftlerischen Forderungen stellen. Sie wollen demjenigen Kandidaten ihre Stimme geben, welcher sich verpflichtet, für Befähig ung-na chweiS nnd obligatorische Jn u n ir g eiuzntreten. Ob das ein konservativer, ultrainoiifnnet ober liberaler Monn ist, bai kümmert sie nicht, — wenn er nur »er- spricht, im Reichstage für bie zünftlerischen Morolten einzustehen. In einem uns vorliegenden Wahlaufruf der Zünftler „für die Handwerker von Westfalen" heißt eS: „Unsere Wahlparole heißt: „Entweder Zen - trum und Ko n f e r 6 a t i 0 ober Antisetu itisch", nnd nehmen wir itn« in Acht bei ollen neuen Portei- Inldnngen. Die Handwerkerbewegung ist ein hübsche« Mädchen, das ein Jeder gern Poussin, um es schließlich al« „Mauerblümchen" sitze» zu lasse». Besehen wir uns unsere Kandidaten ganz genau; w er nid) t voll und g o u z ür den BesähigungSnachweistc. ist, den wählen wir nicht und mit Denjenigen, welche tut« noch mehr belasten wollen, ohne nuS da« Erstere zu »er- chaffen, da rechnen wir noch de» Wahlen mit ab. Unter unseren angeblichen Freunden sitzen auch noch „ Jammer- kerle"; beim wie soll man e« anders nennen, wenn ein Man», der jahrelang Landtags - Abgeordneter ist in allem Ernst um „Angabe unserer Forderungen" bei im« -"'fragt. — Zum Schlüsse noch ein ernste« Wort: „Lasten wir unS nicht verleiten, einen Umstürzler zu wählen" Die können und wollen nichts verbeffern; denn ein zu- riebener Arbeiter und Handwerker ist ihnen dos größte Hinderniß und die Zukunft können sie Niemand richtig beschreiben, aus dem einfachen Grunde, weil e« in der Praxis unmöglich ist. Außerdem trennt uns christliche Handwerker noch eine viel größere Kluft, und da« ist unser christlicher Glaube, und mit Leute», die nach ihren eigenen Ansprüchen „keine Autorität im Himmel und auf