Das „Hamburger <-cho" erscheint täglich, außer Montags. Der AbouueincutSpreis (inst. „Die Neue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de» Post - katalogs 2846) ohne Bringegeld vierteljährlich *. 4,20; durch die Kolportöre wöchentl. 36 4 frei in'« Hau». Perantwortlicher Redaktör: C. Heine in Hamburg. Sounaveud, den 27. Januar 1804:. EBOBV* A »zeigen werden die sechsgespallene Pctitzcile oder deren Raum mit 30 4, für den Arbeitsntarkt, Vermiethnnge« und shamiliennnzeigen mit 20 4 berechnet. ' Anzeigen Anuahnic in der Expedition (bi» G Uhr Abd».), sowie in fninmtl. Annvneen Büreanx. Redaktion und Expedition: Graste Theaterstrastc 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. $tt KMtM« Mi dkl WhltlMt * Hochnothpcinlich angeklagt, von der parlame». tarischen Vertretung des arbeitenden Volkes angeklagt, daß er sei» Leben verwirkt habe, das war die Situation des Kapitalismus in der N 0 t h st a n d S i n t e rpcl l a tio n dieser Woche. Die mit der Regelmäßigkeit von Sonnen- und Mondsinsternisscn alljährlich im strengen Winter wieder - kehrende Massenarbeitslosigkeit mit ihrem entsetzlichen Gefolge von Scoth, Elend, Verzweiflung, Krankheit, Siech- thuin und Tod, sie müßte, sollte man denken, Jeder - mann die Angen darüber öffnen, weß Geisteskind der Kapitalismus ist, und dessen Todesurtheil besiegeln. Kein armer Schelm saß jemals aus der Armensünder- bank, dessen Schuld offenkundiger, dessen Missethat so schwer, dessen Sündenrrgister so lang gewesen. .,Dn erzeugst ungeheure Ueberflüffe und löstest die SRassen darben und verkomiueu l Du schüttest den reichen Segen aus Deinem unerschöpslichen Füllhorn einer prasten- den, üppigen Minderheit in den Schooß, indeß der fürchterliche Fluch der Armuth auf den Tausenden lastet, die im Schiveiß ihres Angesichts Alles aus der Erde zaubern, was das Leben erhält und verschönert. Du löstest sie durch Deine Schergen verfolgen und Hetzen, wenn sie die Hände ansstrecken nach saurer Arbeit, um sich und ihre Angehörigen auf's Dürftigste zu erhalten während der kritischen Zeit des Jahres. Was hast Du darauf zu sagen, Angeklagter?'■ Habe ich vielleicht nicht Großes geschaffen und Wunderdinge der Kultur vollbracht ? Habe ich nicht eine Menge neuer Erwerbsquellen geöffnet, Tausenden Ge - legenheit zum Verdienst gegeben und zahlreiche Nah - rungsmittel und Gebrauchsartikel durch Massenproduktion verbilligt und so den untersten Schichten Gebrauchsartikel zugesührt, die ehedem nur Krösusse sich erwerben konnten ? Bin ich nicht ein Wohlthäter der Gesellschaft? „Das mochtest Du einst bis zu einem gewissen Grade gewesen fein, Angeklagter, in Deiner Jugend: Du bist eS aber längst nicht mehr. Heute bist Du ein Verworfener, ein ergrauter Sünder, eine fürchterliche Geißel für Millionen." — Jede neue Produktionsweise erweist sich in ihren Anfängen gemeinnützlich. „In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestinimte, nothwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen." (K. Marx.) Auch die kapitalistische Produktionsweise entsprach ursprünglich den materiellen Produktivkräften, dem Dampf und der Maschine. Aber: „Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung gerathen die materiellen Produktivkröste der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhält- niffen, oder, was »ur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigenthumsverhältmfsen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Ans EntwicklungSformen der Produktivkräfte schlagen diese Berhältuiffe um in Fesseln derselben." Vernunft wird Unsinn, Wohlthal Plage. Die Massenarbeitslosigkeit — darin tritt der Widerspruch zwischen Produktiv- tröste unb Produktionsweise am grellsten zu Tage. Die kapitalistische Produktionsweise hat ihre Existenz- verechtigung längst verloren, sowie die antike mittels Sklaive» und die feudalmittelalterliche mittels Seib- eigenen Nicht allein, daß sie die Proletarierniassen immer stärker anschwellen läßt und ihre Klassenlage ver- schlechlert, den Mittelstand zerreibt, unter den Kapitalisten selbst die Kleinen von den Große», die Großen von den Größeren erdrücken läßt und de» wirthschasilichen Kamps Aller gegen Alle zn wildester Rücksichtslosigkeit verschärst, sie ist mich längst aus einem Förderniß der Produktion zum Hemmniß derselben geworden, zur Feffel, wie einst die Zunft, welche die volle Entfaltung ihres Könnens verhindert. Wie unendlich ergiebig wäre die Produktion, wie ungeheuer würde der gesellschaftliche Reichthum wachse», we»n die großartigen Produktivkräfte und Produktions - mittel der Gegenwart der kapitalistischen Fesseln ledig wären, wenn sozialistisch statt kapitalistisch produzirt würde Es sei nur an de» Panamakanal erinnert. Jiber dafür haben die Osfizialvertheidiger des Ange - klagte» nicht das mindeste Verständiiiß. Mit rabnlifti- schen Sophismen , Redensarten und Gemeinplätze» nehmen sie sich des Delinquenten an. Ganz ableugne» können sie zwar den Nothstand nicht mehr, aber sie be - mühen sich, ihn abzuschwächeii, zu verkleinern; die große soziale Tragödie wird zur Bagatelle herab- ge—schwatzt. Weiter wird Dom Regierungstisch orakelt: „Nicht nur der industrielle Arbeiter, sondern auch der Arbeit- gcber wird betroffen von dem Nothstand." Zugegeben; abei ist dav nicht ein weiterer Beweis für die ver - heerende Wirkung und Unhaltbarkeit des Kapitalis - mus ? Wie mag man indessen die Schwierig, leiten bei ubeitgeber. mit bem Nothstand der Arbeiter vergleichen, die nichts besitzen als ihre nackte Arbeitskraft und verhungern unb erfrieren müssen , wenn sie keine Arbeit haben! Dann kommt das übliche: „Wir können nichts thun." Um jo schlimmer für den Angeklagten, wenn Ihr Euch außer Stand fühlt, feinen Verheerungen Einhalt zn ‘J U "; ® am,t "klärt Ihr offen den Bankerott des Kapitalismus. In der That, ein Radikalmittel hat der Klaffenstaat *«1^«** wohl aber manches linbernbe Palliativmittel. Liebknecht ha, es gesagt ■ Die öffentlichen Arbeiten müssen gefördert »nd di. Arbeit» zeit muß verkürzt werden, damit mehr Arbeiter al« bisher beschäftigt werden können. Aber da« wollet Ihr ,-icht dös stört Eure kapiialistischen Zirkel, Saget darum lieber rund heran? : „Wir 'vollen nichts thun." $i n ©prü*, lei» a»? bet Kinberfibel krönt zum Schluß da« Plödover des Offizialvertheidigers v. Bötticher: „Im llebrigei: kann ich nur jagen: Bessere Jeder an sich selbst, dann wird's besser werden." Amen. Sela. Damit der ernsten Verhandlung auch die Komik nicht fehle, hat Herr v. Stumm wieder, wie schon so oft, als sozialpolitischer Braniarbas feine fozialisten- sresserischen Grimassen und Kapriolen geschnitten und feine bekannte» Mätzchen gemacht. Herr v. Stumm hat den Ehrgeiz, den „Wadeiibeißer" der Sozialdemokratie zu nmitiren. Bei jeder passenden und unpaffenden Ge- legeuheit kläfft er die Sozialdemokratie a» wie ein bös- artiger Rattenfänger und schnappt ihr »ach den Waden. Er empfängt zwar jedes Mal von unseren Genoffen den wohlverdienten Fußtritt; um so größer ist seine Sehn- sucht nach einem neuen Sozialistengesetz. Was wir i h m auch ganz und gar nicht verdenken. $011 ötr WkltbiilM. Au» 6cm Reichstage. Berlin, 25. Januar. Die Auflösung des Reichstages am 6 Mai v. I. hat zur Folge gehabt, daß eine ganze Reihe von Gesetz- entwürfen, welche die erste Berathuiig passirt hatten und dann an Kommissionen verwiesen worden waren, un - erledigt blieben. Die Regierung hat die Entwürfe, über welche bereits ein Konimijsionsbericht vorlag, zum größten Theil nach dem Wortlaut der Kominifsionsbefchlüsse wieder eingebracht Bon den Gesetzentwürfen, welche heute in erster Lesung auf der Tagesordnung stauben, hat baS Gesetz über bie Abzahlungsgeschäfte im Frühjahre bereits bie zweite Lesung bnrchgemacht. Die Debatte war deshalb zum größten Theil ein Wieder- käuen der alten Gründe. Daß dadurch die Debatte nicht interessanter wurde, ist leicht erklärlich. Nur unser Genosse Auer verstand es, die Aufmerksamkeit des Hauses auf seine Aussührungen zu lenken. Er griff Bilder aus dem Leben heraus und wjeS nach, in welchen Formen Uusbeutungssncht und nicht faßbarer Betrug unter dem Gewände des Abzahlungsgeschäftes ihr Opfer zu rupfen verstehen. Bereits durch die Kom'nissionsberathung war auf Antrag Auers ein Paragraph in das Gesetz ausgenommen worden, »ach welchem Loospapiere vom Abzahlungsgeschäft ausgeschlossen werden sollen. Heute führte er eine Reihe von Beispielen vor, durch welche der Nachweis erbracht wurde, wie harmlose Leute da - durch, daß sie Loospapiere auf Abzahlung nahmen, um bedeutende Summen betrogen wurden Da eine erheb - liche Meinungsverschiedenheit nirgends hervortrat, ver - lief die ganze Debatte schleppend. Ebenso ging es bei dem zweiten Gegenstand der Tagesordimng. Etwas lebhafter war es in den Waudelgängen. Als dort die Depesche angeschlagen wurde, welche rnittheilte, daß Bis - marck morgen Mittag in Berlin eintreffen wirb, konnte man sehen, wie bie Gesichter der Bismarckanbeter vor Freude strahlten. Geschäftig rannte der jetzige Vertreter des 19. Hannoverschen Wahlkreises, der Abgeordnete Hahn, hin und her und suchte Leute für seine Hiirrah- koloune z» ciigngiren. Welchen Einfluß bie Hnnahrnser im Reichstag haben, geht barans hervor, baß morgen die Sitzung eine halbe Stunde später als gewöhnlich beginnt. Die Wahlprüfilugcftommifsion des Reichs - tages hat die Wahle» der Abgeordnete» Will (1. Kös- lin) unb Freiherr Saurina v. b. Jeltsch (4. Bres - lau) geprüft, ben Beschluß über bie Gültigkeit biefer Wahlen ausgesetzt und Beweisaufnahme nach Maßgabe der Protestbehauptnngeii beschlossen. Stumm ttttb Genossen können ihre Sehnsucht nach einem neuen Ausnahmegesetz gegen bie Sozialdemokratie nicht mehr bänbigen Die „Post", das Leiborgan des Herrn Stumm, schreibt ganz I ungenirt: „Den revolutionären Bestrebungen der Svzialberno- traten wird in der That nur bann Hall geboten werben, wenn mau s i ch von b e r laxen Gewohnheit, bie Sozialdemokraten a l s eine Partei w i e eine andere a » znsehen , allgemein wieder zu dem richtigen Standpunkt a u s - rasst, die Soziatdemokratie als den geborenen und geschworenen Feind aller Parteien, unseres Staates, un - serer Gesellschaft, unserer Religion unb Sitte anzusehen unb demzufolge auch als außer der Gemein - schaft der aus dem Boden unserer Rechts- u ii b Staatsordnung stehenden Parteien zu behandeln. Noch ist diese Ausfassnug nicht überall burchgedrungeu und es wird wohl noch weiterer Ersah- riiiigen am eigenen Leibe bedürfen, bis die bürger - lich- unb k l e r i k a l d e in 0 k r a t i s ch e Phili stere i sich zu solcher Entschlossenheit ermannt. Hoffentlich Hai bie gestrige Debatte (über den Nothstand) dazu beige tragen, einer solchen Entwicklung die Bahn zu öffnen." Deutlicher, als es in diesen Worte» des „sreikonser- vativen" Organs geschieht, kann man ben Wunsch »ach einem Polizei- unb Ausnahmegesetz gegen bie Sozial- bemotratie kaum aussprechen. „Es dürfte indeß einiger- maßen fraglich erscheinen — meint die „Frkf. Ztg." — ob der „neue Kurs", der natürlich in dieser „bürgerlich- uiib klerikaldcmokratischen Philisterei" miteinbegriffen ist, grabe jetzt geneigt fein möchte, auf bie Wiederbelebung des Sozialistengesetzes einzugehen, nachdem er die Er - fahrung gemacht hat, daß die iwthteidenden gründ- besitzende» Stützen von „Thron und Altar", wenn es ihre Interesse» ihnen zn gebieten scheinen, viel lauter gegen Thron, Rechts- unb Staatsordnung 11. bgl. in. zn „schreien" wissen, als die Sozialdemokratie. Der jetzt wieder in Gnaden aufgenonunene „Reichsnörgler a. D. int Sachsenwalde hat allerdings keinen Augenblick seine frühere Meinung über bie Mittel zur Bekämpfung der Sozialdemokratie geändert, aber es ist nicht aller Leute Sache, für die Erfahrungen, die mau mit dem Aus- nahmegesetz gemacht hat absolut blind zu fein, unb dem Grasen Caprivi z. B möchten wir, bis wir eines Schlimmeren belehrt werden, diese Blindheit nicht Zu - trauen. Außerordentlich komisch muß übrigens die Redensart des .fteikonservativen" Organs von der „bürgerlich- und klerikaldemokratischen Philisterei" in einem Augenblick wirken, da Herr Finanzminifler Miquel mit dem Führer dieser „Klerikaldemokratie" Komplimente über Komplimente Verbeugungen über Verbeugungen anstauscht Tie „Post" ist im klebrigen eine große Freundin des Herrn Miquel; sie sollte daher wirklich mit seinen Freunden glimpflicher umgehen “ Die Anti - Rothstands - Beweise deS Herrn v. Bötticher erfahren eine Berichtigung Dent Abgeordneten Liebknecht ging folgender Brief zu: Stolp i/Pom., den 24 Januar 1894 Au Bezugnehmend auf die Aeußerungen des Herrn Staatssekretär Dr. von Bötticher in der Reichstags- sitzuug vom 22 d. M theilen wir Ihne» ergebettff mit, daß hier kein Arbeiter-, sonder» Arbeits- Mangel in der Beritsteiitiudnstrie herrscht. Es geht dies schon daran? deutlich hervor, daß in be» achtziger Jahren in einer hiesigen Bernsteinwaareu-Fabrik allein 45 Gehülfen und 76 Arbeiterinnen beschäftigt wurden, wogegen dieselbe Fabrik jetzt nur noch 6 Gehülfen bei I sechsstündiger täglicher Arbeitszeit auf Berusteinarbeit' beschäftigen kann Sie könne» sich denken, wie unter solchen Umständen der Hunger hier »ach Arbeit schreit Und Alles dieses haben wir dem das Rohbernstetn- ntoiwpol :>iehabenbeu Geheimen Koininerzienrath Becker (in Firma Stantien u Becker) in Königs - berg i. Pr. zu verdanken, an ben wir »ns verschiedent - lich um Arbeit gewandt haben, offne überhaupt einer Antwort gewürdigt zu fein. Wiq haben in dieser traurigen Sache jrüher auch schon an die königliche Regierung petilionirt, leider offne Erfolg. Da demnach die den Arbeiterniaugel in bet Bern- fteininbuflrie betreffeube Aeußerung Herr Dr. von Bötticher die wirklichen Thatsachen graöezu auf ben Kopf stellt, so wenden wir uns an .Ihre werthe Per- fönlichkeit mit der Bitte um gest Richtigstellung der erwähnten Aeußerung und zeichnen Hochachtungsvoll und ergebens! Die Bernsteinarbeiter bet Stadt Stolp. (Folgt Name.) Auch bie Verweisung auf ben Arbe jnwangel in der Landwirthschast, erweist sich als tot«; unhaltbar. AIS Abg. Bebel in der Reichstags-Sitznug Boni 23. d M. im Lause feiner Rede zur Nothstands r.'.;e sagte: „Mau verweist die Leute ans die Landwirthschast. Das ist ja grabe bet Grttndschabeu der Landwirthschast, daß sie die Leute im Winter nicht beschäftigt unb nicht beschäftigen kann" u. s. W. — ba, ertönte tienj rechts bet Zuruf: „Forstwirthschast'. Dieser Hinweis ans die Forstwirth, schast als Rettnugsanker für die Arbeitslosen ist, selbst wenn wir von der Thatsache ganz abseten wollen, daß die aitsgeniergelteu städtische» Arbeits'ofeu die schwere, ansttengeude Arbeit nicht verrichten tonnen, ein wenig tröstlicher, wen» wir die Löhne in Betracht ziehen, die dort gezahlt werben Eitlem Schreiben, welches beut „Vorwärts"ans dein KreiseTr a ch e» bet g- M i li ts ch (Schlesien) ziigeht, entuehnien wir, daß in den Waldungen des Fürsten von T r a (ff e 11 b e r g Leute beschäftigt werden, bereit Verbleust im Winter 10 bis 30 Pfennig pro Dag beträgt. Es sind bie? keine bestimmte Tagloffiijätze, sondern bie:Akkordlöhne sind solche, daß nicht mehr verdient werden sann, als oben angegeben. Dabei erhalten die Leute keine Kost, es ist ihnen nur gestattet, etwas Holz mit »ach Hanse zu nehnie». Die Menge des erlaubten Holzes bars aber ein bestimmtes Maß nicht überschreiten Dazu kommt, baß bie Leute oftmals 4—6 Wochen Warten müssen, ehe sie beu Verbienst ansgezahlt erhalten. Will bie Forst- verwaltnng banw auch, wie wir kürzlich von bett Dort - munder Bergbirektoren melbeten, bem .Spürsinn ber Arbeiter" entgegentommen, daß sie den ganzen Mammon auf einmal auszahlt? Das wären also die Aussichten, die nufere Arbeitslosen bet der Forstwirthschast noch hätten. Sie werden natürlich davon keinen Ge - brauch machen könucn, denn au? Obigem geht hervor, daß höchstens Leute, die dort ansässig, ihr eigenes Korn und Kartoffeln batten, für diese Hungerlöhne arbeiten können. Die Hinweise auf angebliche Arbeitsgelegenheiten er - geben nur die vollständige Rathlosigkeit der Vertreter des Besteheitden gegenüber der vom Kapitalismus ge - züchteten Arbeitslosigkeit. Jubuftricllc Lonntagsrnhc. Im Reichsamt des Jtitteru ist gestern bie vor längerer Zeit angekünbigte Konferenz von Vertretern der ver-Hst -ne» Zweige der Metallverarbeitnugs-Jitbufflie '.usanitneu- getreteu, um über ben Entwurf ber Aitsnakniiebestnumnn- gen, betreffend die Sonntagsruhe, für diesen Be - rufszweig zu berathen. Wer die Vertreter sind, von Wem sie entsandt wurden, ließ sich bis jetzt nicht in Er- fahrung bringen.l Einzig, baß ein paar Hirsch-Dnncker'fckie Gewerkvereiuler vernomiuen worden, verlautete bis fetzt. Eine so geheimnißvoll üorgenommene Enquete kaun nicht auf das Vertrauen der doch in erster Linie betheiliglen Arbeiterklaffe rechnen. Zur Handwerks-Rctterci bringt bie Berliner „Volkszeitung" aus angeblich „gut unterrichteten" I n n u u g s k r e i s e u bie Nachricht, baß bie Berlepsch - scheu Vorschläge zur Organisation bes Hanbwerks unter Berücksichtigung ber öffentlichen Kritik unb ber Berichte des Oberpräsibeuten einer wesentlichen Um - ar b c i t u 11 g unterzogen Werden. Es sollen nicht neben den Junnugeu oder au Stelle derselben Fach- geuosjeuschasteu errichtet werden, sondern die b e ■ stehenden I u n u 11 g e n werben als Grundlage für die Organisation des Gesammthandwerks benutzt werden. Die Innungen solle» erweiterte Rechte er - halten unb alte Haubwerker innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet sein, sich ihnen anzu- schließen. Besonderer Werth wird angeblich den Meisterpriisnngen beigelegt. Nur geprüfte Meister dürfen als gerichtliche Sachverständige herangezogeu werden. Das ist ber ganze Wunschzettel der znuftlerischen Heißsporne mit der obligatorische» Innung an der Spitze unb dem Befähigungsnachweis im Hintergründe. Beide hat Herr v. Bötticher als un - erfüllbare Forderungen erklärt. Ma» kau» deshalb auch wohl aunehuien, daß bei obigen Mittheilungen mir ber Wunsch ber Vater bes Gedankens gewesen ist Das preußifchc 4lbgoordncteuhano hatte am Donnerstag auch feilte Nothstandsbebatte. Natürlich handelte es sich um ben „Nothstand" ber Junker. Die Debatte erhielt ihre Bedeutung lediglich durch die Be - antwortung der Handelsvertrags • Inter - pellation durch den Haudelsrninister v. Berlepsch, welcher den agrarischen Heißspornen zurief: Ihr fordert Unmögliches! Es steht also das preußische Staatsministerinm in Be-ug auf diese Politik hinter Caprivi. Mit süßsaurer Miene nahmen die inuthigen Agrarier von der Koustatiruug dieser Thatsache Kenntniß. Wie lange werden sie noch den Muth zur Oppvsitiou sinden ? Bemerkenswerth war das entschiedene Eintreten des Grafen B a 11 e ft r e tu (Zentrum) s ü r de» deutsch ■ russischen Handelsvertrag unb seine Ver- urtffeilung bc; wüsten Agitation des „Bundes der Land - wirthe" Tic Zeutrnmsreduer, die etwa Lust haben sollten, im Reichstage gegen ben Handelsvertrag zu wettern, könucn ans Ballestrenis Rede Manches lernen. Vielleicht besinnen sie sich, wenn sie die Rede ausincrkjani lesen, eines Besseren. Das Berliner Stadtverordneten - Kollegium verhandelte am Donnerstag über s 0 zialdein 0 - kratische Anträge zur Milderung ber A r - beitSlosigkeit Der Ausschuß, welchem die An - träge zur Vorberathung überwiesen wurden, hatte 1) die Forderung des achtstündigen ArbeitS- tage? mit 12 gegen 2 Stimmen abgeleffnt; 2) diejenige auf möglichst energische Fort- s ü h r u n g der städtischen Bauten mit 11 gegen 3 Stimmen angenommen, bas Amendement da - gegen : „Dabei nur hier ortsaugehörige Arbeiter zu be- rücksichtigen," mit 11 gegen 3 Stimmen abgelehnt; 3) über den Antrag aus Vermehrung der Arbeits- fräste für die S t r a 6 e n r e i n i g u n g, in Erwägung, daß bie Zeitabschnitte, in welchen die Reinigung ber Straßen und Plätze erfolgt, berechtigten Ansprüchen ge - nügen und es nicht unbedenklich erscheint, nur zum Zweck der Beschäftigung Arbeitsloser nicht ersorderliche Arbeiten ansführen zu kaffen, war zur Tagesordnung übergegangen; 4) der Anttag auf Erhöhung der Armen- und Pflegegelder wurde mit 12 gegen 2 Stimmen abgeleffnt, desgleichen die Fixtrung einer bestimmten Summe von M 500 000 oder X 400 000 für die Ueber- schreitung ber bezüglichen Etatspositiouen und dafür folgender Befchliiß gefaßt: „Die Versammlung ermächtigt den Magistrat, soweit etwa besondere Bedürfniffe hervor, treten, den Etat der Armenverwallung „und die üblichen Unterstützungssätze zn überschreiten; 5) der Antrag, daß der Magistrat der Versammlung über bie znr Ausführung ber obigen Beschlüsse getroffenen Maßnahmen in entsprechenden Zeiträume» Mittheilung machen soll, wurde a 11 g e n 0 ui m e 11. De» Antrag Kalisch, „den Magistrat zu ersuchen, derart Vorkehrungen zu treffen, daß vor Begin» de? nächsten Winters Wäruiehallen in passenden Gegenden eingerichtet sind", hatte der Ausschuß zur Zeii a b ■ ziileh 11 eu empsofflen. Nach einer langen, zeitweilig recht lebhaften Debatte wurden die AiiSschnßanträge genehmigt. Die Berliner Stadtverwaltung ist also auch heute noch nicht zu der Einsicht bekehrt, daß etwas Wirkungsvolles zur Be - kämpfung der Noth bet Arbeitslosen geschehen müsse. Zur Berliner Polizei Attakc vom 18. Januar hatte» die sozialdemokratische» Stadtverordtteten Berlins, wie berichtet, folgende» Antrag an da? Kollegium gestellt: Die Versauinilniig wolle beschließen: Die Stadt- verordneten-Verjammluiig protestirt im Namen ber Ber - liner Bürgerschaft gegen das Verhalten, welches seitens ber Polizei an ben Theilnehineru ber nm 18 b. M in der Brauerei Friedrichshain ftattgeffabtcu Arbeitslosen- Versammlung geübt worden ist, unb ersucht ben Magistrat, bei den königl. Staatsbehörden um Erlaß von Maßregeln vorstellig zu werden, welche die Wiederholung solchen Verhalten? unmöglich machen. Die Sache kam am Donnerstag zur Verhandlung, zu welcher Stadtverordneter Ullstein in Gemeinschaft mit noch 22 Stadtverordneten folgende» Antrag ein - brachte: „Die Verjamnilnitg lehnt den Antrag Singer ab unb ersucht bin Magistrat, schleunigst Erhebungen a 11 z 11 st e l l e n darüber, ob bie bisher unwidersprochenen Berichte über das Verhalten der Polizei gegenüber ben Theilnehmern ber am 18. b. M. tu der Brauerei Friedrichshain abgehaltenen Bersanimlnng, sowie anderen die dortigen Straßen passirendeu Personen, auf That - sachen beruhen, unb der Stadtverordneten-Versammlung demnächst darüber ungesäumt Mittheilung z»gehen zu lassen " Einen noch schwächlicheren Antrag stellte ber Stadt- verordnete Schwalbe, dahingehend, die Angelegenheit zu vertage», bi? da? Resultat ber in sichere Aussicht ge - stellten behördlichen Untersuchung vorliegt. Tie Sache verlief wie das Hornberger Schießen; schließlich wurden alle drei Anträge abgeleffnt. Sehr be- zeichnend für die Berliner Stadtväter! Die AblengniingSversnche werden übrigens immer schwieriger Am Mittwoch Abend beschloß eine Ver- fnmmluiig des Berliner „Freisinnigen Arbeitervereins" nach einem Vortrage des RechtSanwaltS Otto Eb - stein und eingehender Diskussion, in welcher mehrere Aiigenzengeu Einzelheiten auS den Vorgängen rnittheilte», folgende Resolution: „Die heutige Protestversaninckung richtet Ang-sichts der von allen Angeitzeugen übereinstimmend geschilderte» Aiisschreitnugen ber Polizei am 18. b. M. im Friedrichs - hain an die Stadtverordnetenversammlung die Aufforde - rung : sie möge in Gemeinschaft mit dem Magistrat bei dem Polizeipräsidium und eventuell bei bem Minister des Innern vorstellig Werben, daß die an jenen Exzessen Schuldigen ihrer Straft nicht entgehen und daß Vor - sorge getroffen werde, daß tn Zukunft derartige Maß - nahmen ber Polizei sich nicht mehr ereignen." Ob wohl nun endlich eine Untersuchung in Gang kommen wirb ? Die Frage bei? Rechtes- brr Fkiiqblativer fbrilmig, das jüngst durch ein Urtheil des Dresdener OberlandeSgerichteS, Welches die Bertbeilung znni „groben Unfug" stempelte, in Frage gestellt worden iffj fam am 23. b M. tn ber sächsischen Sammer zur Sprache. Abgeordneter Genosse Goldstein regte sic bei Berathung des Jnstizetats an unb veranlaßte damit eilte längere, ziemlich heftige Debatte. G 0 l d ste i n führte zunächst ans: Ich habe hier einen Fall vorzu - bringen, worüber ich eineAitSiprachedesJnstizministeritiins tieraulaffen möchte Es ffanbelt sich nm ein Oberlandes, gerichtsurtheil, durch welches Fliigblattverlffeiler aus Grund des groben UufugSparagrapheii oeriirtffeilt würben. Die Strafkammer in Chemnitz ist ebenfalls zu einer Verurthei- hing gekommen, aber fanf Gtuub bes Gesetzes, bie Feier an Soun- unb Festtagen betreffend, das Oberlandesgericht erblickte darin nichts Strafbares! Gleichwohl wurden dir Leute bestraft und zwar marfeffirt § 360 Abs. 11 auf Dieses Urtheil stellt sich in direkten Widerspruch mit § 43 der Reichsgewerbeorduitng. Abschnitt 3 und 4 des § 43 besagt: Zur Vertheilung von Stimmzettelit »nd Dnick- schriileii zu Wahlzwecken bet der Wahl zu gesetzgeben - den Körperschaften ist eine polizeiliche Erlaubniß in der Zeit von der amtlichen Bekanntmachung des Wahl- sage» bis zur Beendigung des Wahlaktes nicht er - forderlich. Dasselbe gilt auch bezüglich der nicht gewerbs- mäßigen Vertheilung von Stimmzetteln und Druck- schristeu zn Wahlzwecke». Hier ist also klipp »nd klar gesagt, daß znr Zeit bet Wahl Flugblätter ohne Erlaubniß ticrtffeilt werben können. Diese Einschiebung in die Gewerbeorbnuug ist seiner Zeit auf Antrag der Sozialdenivkrateii beschlossen worden, und da es wen Gesetz ist, mnß auch danach ge - handelt werden. Im Urtheil ist die Anssühtung dieser Verlheihing zum Gegenstand der Verurtheilung gemacht worden; davon steht aber nichts im Gesetz, man kann doch nicht etwas ffinetiilegeu, was nicht im Gesetz liegt Dieses Unheil ist für alle Parteien außerordentlich wichtig. Wenn man etwas tiertffeilt, muß man doch wohl auch in die Wohnungen gehen dürfen. DieS als Unfug zu bezeichnen und strafbar zn iimchen, blieb dem Oberlandesgericht ooibeffaiten. Es ist weiter infriminirt das Tragen ber Flugblätter über bem Arni, ja wie soll man sie denn tragen? Wenn man eine größere Anzahl hat, muß mau sie iiothwendigerweise über dem Arm tragen. Dann machen sich auch konservative Zettel- träger, wenn sie ihre Blätter frei aus bem Arme tragen und dieselben in den Wohnungen abgeben, bet Ungebühr schuldig und iniissen bestraft werden. Es heißt weiter: „es fei aufdringliche Darlegung deS Parteistandpuiiktes". Wozu ist dann überhaupt die ganze Wahlbeivegnng da? Wozu agitiern dann Konservative und National - liberale, wenn sie nicht ihren Parteistaudpnukt bar- legen wollen. Dann ist eS besser, man macht überhaupt keine Wahl mehr. Es soll aber ferner bie Freiheit bet politischen Ueberzeugung Anders- denkender gefährdet werden. Ja, zn Sozialdemokraten brauchen wir doch nicht zu gehen, wenn mir für unsere Sache agitiern. Tas ist eben der Kern der Agitation, daß man die Ueberzeugung Anderer gefährdet, ihnen andere Ueberzeugung beizubiingeu sucht. Nach dieser Auslegung bei ObeitandeSgerichts braucht man über- Haupt keine andere Meinung mehr zn hören. Wenn jetzt ei« .Händler mit Bibeln ober Gefangbüchein zu mir komnit, bann werbe ich sagen: Mach' daß Du 'raus kouimft, Du gefährdest mir die Freiheft meiner politi - schen Ueberzeugung, ober es kommt ein konservativer Flugblattvertheiter, dann sage ich ebenfalls, ich weide Dich bestrafen taffen, Du gefährdest mir die Freiheit meiner Ueberzeugung. Wie wirb aber nun von kouserva- tioer Seite agitirt ? Ich verweise hier nur ans bie Rahl- mache bet Fabrikanten. Kann da von Freiheit bet po - litischen Ueberzeugung bie Rede fehl ? Nach alledem ist klar, baß dieses Obcilaubesgerichtourtheil eine Rechts- beugung ffeibeigefüffrt Daß mau in Sachsen zu einer solchen Verurtheilung kommen sonnte, beweist, wie wenig Bedeuten mau trägt, sich ruhig über ben 9 43 bet Reichs- gewetieorbnung hiuwegzufetzeu Tas erscheint mir höchst bebenklich. Nach biesem Urtheil ist alles bas strafbar, was bet Gesetzgeber grabe schätze» wollte. Man bestraft bie legale Wahlagitation als groben Unfug bei heu Sozialdemokraten Wie stimmt das mit beu Worten de« StaatSiniuisters von Metzsch überein, al« et sagte: „bie Gesetze sind für Alle gleich: bie Gerichte urtheilen nach den (''efefceii I" Wenn bie Gerichte nach den Gesetzen urtheilen, baun dürfen sie nicht gegen die Gesetze urtheilen. Das hat aber das Oberlandesgericht gethan Au dem Miuisteiium ist e«, hier Einhalt zu thun. Wem sich'? um eine Verletzung bet ReichSgefttze handelt, einer so wichtigen Bestimmung, wie die in Frage stehende, jo sehen Wir uns veranlaßt, das hier zur Sprache zu bringen, unb das Ministerium hat bie Ausgabe, dazu Stellung zu nehmen. Ich hoffe, daß das Ministeriiuu hier unzweideutig Stellung nimmt Nach diesem Urtheil kann dann jedes Amtsgericht, jede? Landgericht ent - scheiden. e? braucht sich nur auf da« Oberlandesgericht zu berufen Das Urtheil ist geeignet, das Rechtsbewußt jeiu im Volke auf? Tiefste zu erschüttern Ich muß dringend wünschen, daß Aufttärung gegeben wird übet eine jo unerhört ■ Verletzung des Gesetzes. Präsident A ck e r m a n ■ : Ten letzten Ausdruck des Redners muß ich rügen. Justizmmister Dr. Schurig bemertt, er fei un - verantwortlich für die Urtheile des Oberlaudetgerichts, dasselbe fei jedoch so scharf angegriffen, daß er sich ge - nöthigt sehe, es in Schutz zu nehmen Das Unheil ist nach Lage der Dinge gerechtfertigt. Die Flugblätter sind in bie Wohnungen getragen worden, offne die Be - wohner zu fragen, ob dieselben ein Flugblatt haben wolle»; es ist also widerrechtliches Eindringen in die Wohnnngen und eine ausdringliche Darlegung be? sozial- demokratischen Parteistaudpnnktek. Das Urtheil würbe genau so gelautet habe», wenn es einen konservativen Agenten betroffen hätte. Ich weiß überhaupt nicht, weshalb solche Äritifen geübt werbe». Mit solchen Kritiken soll das Gericht selbst getroffen »nd beeinflußt werben. Bon sozialdemokratischer Seite wird der Bor- wurf erhoben, die Gerichte gehe» z» weit, unb in ber erste» Kammer wurde denselben vorgeworjen, daß sie Sozialdemokraten gegenüber nicht weit genug gehen Mir scheint demnach, daß bie Gerichte jetzt auf dem richtigen Wege sind. Ab. G e ff e r (SD): Der Juftizminifter wundert sich, warum wir diesen Fall hier zur Sprache bringen. Der Grund ist einfach : Uns scheint, daß da« Urtheil nicht bet Gerechtigkeit entspricht. Der Minister ist mit keinem Wort auf die Verletzung des Rcichsgcfetzes eingegangen; wir glauben eben, daß durch das Urtheil da? Gesetz ver- letzt wurde. Der Miuister hat sich darauf beschränkt, die Interpretation des Urtheils zu vertheidigen Ich muß mein Erstaunen darüber ausdrücken, daß, nachdem 25 Jahre in der gleichen Keife agitirt wurde, da» Oberlandes- geeicht jetzt zu diesem Urtheil kommt. Und sonderbarer - weise müssen es grabe Sozialdemokraten (ein, gegen bie sich das Urtheil eichtet. Die Konservativen thun dasselbe; das weiß auch bie Rigieruug; unb grabe jetzt, außerhalb ber Wahlzeit, wird in aufdringlicher Weise ber Stand- punkt ber konservativen Partei in Flugblättern bargelegt. Wo bleibt hier die Äcrcditigfeit ? Es wird gesagt, die Entscheidung gilt sür alle Personen; gut, wir werben dieselbe im Äuge behalten. Durch solche Entscheidungen muß das Rechlöbewiißtsei» erschüttert werben. Jener bekannten Entscheidung über die TellersammInngen schließt sich diese Entscheidung würdig an Präs. Ackermann: Herr Abgeordneter, Sie gehen viel zu weit, Sie nehmen sich viel zu viel Herons, wenn i Sie sagen, das Oberlaiibeögericht verletze dos Recht. Abg. Geyer (SD.): fierr Präsident, als einer meinet Freunde einem konservativen Abgeordneten sagte, er nehme sich zu viel heran?, da haben Sie da? gerügt, jetzt gebrauche:. Sie selbst ben Ausdruck gegen mich; ich I weise das zurück. Präs. Ackermann verbittet sich eine Kritik seiner Worte und verweist den Abg. Seyer ans ben gesetzlichen Weg der Beschwerde Abg. Geyer (fortsahrenb): Flugblätter austragen ist kein unberufene? (Einbringen; hier soll sogar während der Wahlzeit darin grober Unfug zn erblicken fein. Die Entscheidung verstößt gegen da? Reichsgesetz. Abg. Goldstein: Der Juftizminifter hat gefragt, warum wir diesen Gegenstand jetzt bringen. Wo soll er denn verhandelt werben, wenn nicht bet dem Kapitel Justizministerium Er hat weiter gesagt, er besitze feinen Einfluß ant das Oberlandesgericht Man könnte vielleicht in einer mehr „privaten Aussprache" aus Manches Hin - weisen. Wir haben ein Recht zur Aussprache, und wenn diese sehr scharf ansfällt, dann ist cs gerechtfertigt. Es soll grober Unfug fein, wenn man Flugblätter in die Wohnnngen trägt, ohne zn klingeln; meint aber von Polizisten unb Nachtwächtern solche Dinge verbreitet werben, baun soll das wohl nicht anfbriiiglid) fein ? Wir verlangen, daß bie Urtheile ber Gerichte mit bem Gefühle bes Rechts übereinstimmen. '21 [y. Opitz: Die Sozialbemokraten haben in langer unb breiter Weise ein Urtheil des OberlaiibesgerichteS fritifirt. Man wird trotz biefer Ausführungen nicht an der Gerechtigkeit desselben zweifeln. TaS Urtheil ist mit vollem Reckst gegen die Art und Weise der sozialbeino. kralischen Agitation gerichtet. Die Intention der Herren hier geht lediglich dahin, ben Minister zur Beeinflussung de? Gerichte? zu veranlaffeu. Abg. Geyer: Abg Opitz vermuthet, wir wollen den Minister zur Beeinflnffmig ber Rechtsprechung be - wegen. Wir wollen nur, daß die Verletzung bes Rechts verhindeit wirb. Auch die Gerichte sind ber öffentlichen Kontrvle unterworfen. Wir haben bas Recht, Kritik au ben Entscheibnngen zu üben. An biefer Entscheidung ist baS sonnenklar, daß sie sich grabe gegen bie Sozial- bemolratie lichtet Im klebrigen wirb sich bet Reichstag noch mit dieser Frage zu beschäftigen haben und wir sind überzeugt, er denkt ganz ander?, als ber Adgeotb- nete Opitz. Damit war bie Sache für ben sächsischen Landtag abgethan ; erledigt ist sie aber darum »och nicht. Wie der „Vorwärts" inittheilt, wird bie sozialdemo - kratische Reichstags? r aktiv n das fragliche Erkenntniß be? sächsischen Oberlandesgerichts — durch welche? der Paragraph der R e i ä) ? g e w c r be 0 r bii n ng zu Gunsten ber freien Verbreitung von Wahlflugblättern für Sachsen thatsächlich aufgehoben wird — zur Sprache bringen, unb bie? in einer Form thun, bic auch einen praktischen Erfolg verspricht An einer Haubhabe dazu kann e? nicht 'ehleu, benu da? Reich unb feint Organe haben darüber zu wachen, daß feine Gesetze auch in beu Einzelstaateu zur Ausführung komme, und auch nicht durch Richttrsprüche gefährdet werden. Das« 5o3iflh'ftrnfieber, so schreibt die „Münch. Post kennt im baierijch e u Landtage keine Grenzen. „So erzählt man sich in Abgeordnetenkreisen, daß nicht mir bie vier in Nürnberg gewählten Genoßen »ach bewährtem Mustei an? ber baierischen Landstnbe hinausgcpndelt werden sollen, sondern auch die Wahl b e i (8 c n 0 f f c n Vollmar soll beanstandet werden. Die icmitisch . freisinnig - liberalen und die christlich < antisemitisch - patriotischen Ehrenmänner wollen die Interessen des Volkes so vertreten wie bisher, wollen im Landtage ihre 10 Mark pro Tag unb die bewußte Ruhe haben Darum hinan? mit den Umstürzler», ffiita»? mit beu Ruhe und Frieden störenden Hechten ans dem 'mnpsigen faulen Karpfenteich Vollmar wurde im Wahlkreis München II gewählt Tie Sozialdemo - kraten siegten über die Korruption, über jene verquickte schlammige Maße politisch nnlanteret Elemente. Kor- rnmpirt wie ste einmal warnt, dachten auch sie nicht daran, einen Wahlprotest einzulegen. Gründe hierfür stud ja billig wie Brombeeren (Siche Nürnberg >