Nr. 58. 8. Jahrgang. amvurger Echo. s*a Da? „Hamburger bcho" erscheint täglich, außer Montag,. Der Abonncmcntspreis (inN. „Die Neue Welt-) beträgt: durch die Post bezogen (Nr. M Post- katalog« 2846) ohne Bringegeld vierteljährlich *. 4,20; durch die Kolportörc wöchentl. 36 4 ft«' in', Hau,. Verantwortlicher Redaktür: C. Heine in Hamburg. Sonnabend, den 10. März 1894. Anzeigen tverden bi* jech^espaltene Petitzeilc oder deren Raum mit 30 4, für den ArbeitSmarkt, BermiethnugS- und Aamilienauzcigen mit 30 4 berechnet. Auzeigrn Annahme in der Lxpedistoii (biS 0 Ithr Abds.i, sowie in sännutl. Annoncen-Büreaur. RedMon und Expedition: Große Thralcrftraße 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. Die „nirtljItiWf Mftie". o Er ist nur gut, daß die Sozialdemokratie ihre Organisation, ihre Presse und ihre parlamentarische Ber» trrtung hat; sonst würden die Arbeiter in dem @e< tümmtl und Lärm der angeblichen „Nothleidenden" und Solcher, die eS werden wollen, gar nicht mehr zu Worte kommen. Richt allein die Junker und großen SchuapS' brenner klagen Gott und der Welt ihre Noth; auch in einer Reihe von Industriezweigen thun die Herren Groß- kapitalisten grade so, als ob sie nächstens beim Staat oder der Getneinde um Armenunterstützuug einkominen müßten. Die Herren jammern über die Lasten, welche ihnen die Arbeiterschutzgesetzgebung aufer- legt, und behaupten, sie könnten damit vor der Konkur - renz des Auslandes nicht mehr bestehen. Besonders laut schreien die Papierfabrikanten. Nun wollen wir gerne zugeben, daß es in dieser Industrie nicht zum Besten aussteht. DaS kommt aber nicht von der Arbeiterschutzgesetzgebung, sondern daher, daß wir in Deutschland — wie schon einmal in diesen Blättern dargclegt — etwa 600 Papiersabrike» haben, während eS in der ganzen zivilisirten Welt nur deren etwa 1400 giebt. DaS Ausland produzirt immer mehr Papier und der Export aus Deutschland stockt. So liegt die Sache in Wahrheit. Die Papierfabrikanten geberden sich, als ob die Kapitalisten durch die Summen, die sie an die Reserve- fonds der Krankenkassen, der Alters- und Unsallversiche- rung abgeben müssen, so schwer belastet seien, daß sie ihren Untergang vor Augen sähen. 1892, sagen sie, betrug das Gesammtvermögen dieser Anstalten schon 363 Millionen nach dem amtlichen Bericht. Nun, wir haben ja auch schon hänfig betont, daß in der Alter-- Versicherung zugleich ein Mittel gefunden worden sei, ungeheure Summen anzuhäufen, die man schließlich auch einmal zu anderen Zwecken verwenden kaun. Wenn aber bi* Herren Papierfabrikanteil sagen, eS sei ungerecht, „die Industrie" so zu belasten, so ist daS ganz die gleiche demagogische Wendung, wir wenn die Junker im Namen der „nothleidenden Landwirthschaft" sprechen. Denn aus dem Arbeiter mit seinem kümmerlichen Lohn ruhen die Lasten, welche die büreaukratisch angelegte Sozialgesetzgebung mit sich bringt, doch viel schwerer, als auf den Kapitalisten. Diese geben von ihrem ® e Winn ab, der Arbeiter aber giebt von seinem Lohn, und daS ist zweierlei. Im Uebrigen kommt bei de» Papierfabrikanten der Pferdefuß gleich zum Vorschein. In einem Zirkular. daS sie haben erscheinen lassen, wenden sie sich hauptsächlich gegen die Arbeiterschutzbestimmungen selbst. Sie sagen, daß „die Industrie" durch Gesetze „in ihrem Erwerb behindert" sei. Diese Gesetze beziehen sich, wie ausdrücklich hervorgehoben wird auf die Verwendung von Frauen und jugend - lichen Arbeiter» und auf di* Bestrafung der Verunreinigung von Luft und Waffer. Mit anderen Worten: Den größten Kummer macht es den Herren Papierfabrikanten, daß der kapitalisti - schen Ausbeutung durch die Arbeiterschutzgesetze einige Schranken gezogen find. Diese Schranken sind bekannt - lich viel zu gering und oft ganz wirkungslos; für einen profitwüthigen Industriellen aber find sie natürlich ein steter Gegenstand des Aergernisses. Ganz besonders beschweren sich die Papierfabrikanten darüber, daß man industrielle Anlagen verboten hat, welche die Gewäsier in gesundheitsschädlicher Weise ver - dorben haben, ein Vorgehen, wozu unserer Ansicht nach die Sanitätspolizei nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet war. Diese Industriellen stellen es als ein Wunder hin daß sie noch nicht zu Grunde gegangen find. Man könnte glauben, Dickens, der bekannte englische Humorist, hätte an sie gedacht, alS er in seinem Roman „Harte Zeiten" von einem solchen industriellen Etabliffemeiit schrieb: „Das eigentliche Wunder war, daß eS überhaupt bestand. Es war so ost zu Grunde gerichtet worden, daß es wirNich erstaunlich war, wie es so viel hatte ans- halten können. Sicherlich hatte es nie so zerbrechliches Porzellan gegeben, als das, aus dem die Spinner von Coketowil (die Unternehmer) gemacht waren. Mochte man sie noch so vorsichtig atigreifen, so zerbrachen sie doch mit solcher Leichtigkeit, daß man auf den Verdacht kommen mußte, sie hätten schon vorher eine» Sprung ge - habt. Sie gingen zu Grunde, wenn sie die Kinder anS der Fabrik in die Schule schicken sollten; sie gingen au Grunde, wenn Inspektoren zur Aussicht über die Fabriken ernannt wurden; sie gingen zu Grunde, wenn diese Inspektoren sie für nicht ganz berechtigt hielten, ihre Fabrikarbeiter von den Maschinen in Stücke reißen zu lassen; sie waren ganz und gar zu Grunde gerichtet, ils man ihnen zu verstehen gab, daß sie nicht beständig so schrecklich viel Ranch zu iiiachen brauchte» ... Ost kam die Drohitng, ein Coketowner würde Sein Vermögen in's Meer werfen. Die« hatte den Minister des Innern bei mehreren Gelegenheiten zum Tode erschreckt. Bei alledem waren jedoch die Eoketowner so patriotisch, daß sie ihr Vermögen nicht in das Atlantische Meer geworfen, sondern dasselbe sehr in Acht genommen hatten. ®o lag es denn im Rebel dort und es gedieh und mehrte sich" Besser konnten die Papierfabrikanten nicht gezeichnet werden, als in diesen beißenden Bemerkungen des großen englischen Satirikers. Wir wissen recht gut, daß die Industrie aller Orten nicht mehr auf so festen Füßen steht, wie früher. Aber das ist die Wirknug des großen ökonomischen «nflösnngs. Prozesses, den die Konkurrenz herbeigeführt hat. Und dieser Erscheinung gegenüber veriveiseii wir immer wieder auf den Arbeiter, der mit Weib und Kind tausend W a l h ä r t e r unter den wirthschaftlichen Erschütterungen zu leiden hat, als der Kapitalist, der schon von seinem „Unglück" spricht, wenn er seine Soutmerreise nicht in der gewünschten Ansdehuung machen kau« Wenn Vertreter einer Industrie eingestehen, daß sie nur durch unbeschränkte Ausbeutung der billigen Arbeits- kräste von Flauen und Kindern und durch gesundheitS- chädliche Vorrichtungen ihre Existenz sichern können, dann können sie sicher fein, daß sie bet jedem Menschen, der auch menschlich denkt, kein Gehör finden werden. Wir wenigstens geben in solche» Fällen keinen Fuß - breit nach. 8011 der Weltbiihnk. Aus dem Reichstage. Berlin, 8. März Heute berieth der Reichstag den M a r i n e - E t a t. Es giebt Leute, welche jedes Mal, wenn sie auf dem Wasser fahren, seekrank werden; ja selbst wenn nur über See- reisen gesprochen wird, regt sich bei ihnen ein Gefühl, alS fei die Seekrankheit im Anzuge. Bon ganz ähn- lichcu Gefühlen wurden wir beim Verlauf der heutigen Debatte befallen. Hieran trug aber nicht der Gegen - stand die Schuld, über den verhandelt wurde, sondern die Art, in welcher der Resereitt, der Zentrumsabgeordnete Dr. Lieber, sich seines Amtes entledigte. Ueber alle, selbst die gleichgültigsten Sachen, sprach er mit einem Pathos, als handle es sich um Dinge von weltgeschicht - licher Bedeutung. Wen» bei Menschen die Eitelkeit einen solchen Grad erreicht, dann muß man sich nicht wundern, daß Die, welche hier znsehen und zuhören müssen, von einem Gefühle befallen werden, welches Aehnlichkeit mit dem Gefühle hat, daS den Beginn der Seekrankheit verkündigt. In der Debatte nahm unser Genosse Singer Gelegenheit, den Unglückssall auf dem Panzerschiff „Brandenburg" zur Sprache zu bringen. Da die Unter - suchung noch im Gange ist, konnte eine genaue Auf- klärung noch nicht gegeben werden; aber so viel ist aus dem bisher Mitgetheilten bekannt geworden, daß mehr Schiffe gleichzeitig gebaut wurden, als Personal zur Uebcrwachung der Bauten vorhanden war. Wie hätte es erst werden sollen, wenn der Reichstag all das Geld bewilligt hätte, welches alljährlich gefordert wurde; es wäre dann mit dem Bau von 4 Dutzend Schiffen mehr begonnen worden und an Ueberwachungspersonen hätt* es noch mehr gefehlt. Beim Etat der Wersten brachte unser Genosse Legien eine Reihe von Mißständen zur Sprache, welche in der Torpedowerkstatt zu Friedrichsort bestehen. Manche von den Vorfällen, die er erwähnte, erinnern stark an die wenig idyllischen Zustände von Neunkirchen Hätte et nicht von vornherein gesagt, daß et über Stiel und Friedrichsort sprechen wolle, man hätte vermuthen können, daß er .einen Angriff aus König Stumm plane. Und doch erklärte der Staatssekretär deS Reichs- marineamts in seiner Antwort, daß Friedrichsotl allen Staatsbetrieben als Mnsteranstalt dienen könne. Der Staatssekretär versuchte nicht einmal, die von Legien erwähnten Vorfälle zu bestreiten; e; begnügte sich damit, zu erklären, daß er die einzelnen Fälle untersuchen wolle Wen» er trotz bet Anklagen diese Anstalt für eine „Musteranstalt" erklärt, dann kann man sich einen Begriff machen von den Zuständen in den übrigen Staats, und Reichsbetriebeit. Die Ungewißheit, ob der Sitzung ein jäheS Ende bereitet werde, schwebte längere Zeit über dem Hause. Richter halte beantragt, daß über die Forderungen, welche erste Raten für Schiffsbauten find, namentliche Abstimmung stattfindet. Schließlich ging man dem drohenden unfreiwilligen Schluß dadurch aus beut Wege, daß die Abstimmung über diese Titel ausgesetzt wurde. Die Wahlprüftingskommisfiolt dcS Reichs - tages prüfte am Mittwoch Abend die Wahl deS Äbg. Siegle (NL. 1. Württemberg) und kam, nachdem gegen diese Wahl Protest erhoben worden ist, zu dem Beschluß, die Entscheidung über die Gültigkeit bet Wahl auszusetzen und den Reichskanzler nm Beweiserhebung über die im Proteste behaupteten Thatsachen zu ersuchen Die Wahlen der Abgg. B a y e r l e i n (NL. 3. Ober - franken) und Preiß (3. Elsaßs- Lothringen, Colmar) werden für gültig erklärt, da die vorliegenden Proteste als unerheblich betrachtet werden. Weiter wurde die Wahl des Abg. Dr. Boettcher (Fürstenthum Waldeck) vorläufig beanstandet und Beweiserhebungen be - schlossen. Gegen die QuittnngS- nnd Frachtbrief- stetnpelstencr ist der Ausschuß des d e in 0 k r a t i s ch e it Vereins zu Franksurt a. M. beim Reichs- tage vorstellig geworden. Es werden die Ergebnisse einer von genanntem Verein unternommenen Nachfrage über die, den einzelnen Geschäften bei Einführung der betreffenden Steuer erwachsenden M e h r b e l a it u n g e n curgelegt. Die befragten 82 Firmen der verschiedensten Brauchen würden mit .H 84 976 Steuer mehr belastet werden, jede Firma durchschnittlich mit -H. 1036. Die Eingabe führt dazu aus: „Die Umfrage ist ohne Auswahl bei Firmen der verschiedensten Art und des verschiedensten Unifanges ge - schehen. Die Ziffern beruhen durchweg aus sorgfältigen Berechnungen, die zum Theil in detaillirtester Form Vor - lagen. Die Belastung würde sich bei einer größeren Anzahl von Unternehmungen noch etwas höher stellen, als angegeben ist, da die Wirkungen bet neuen Steuern, insbesondere ihr Einfluß auf den Privat-Frachtvetkehr und den Postverkehr, den beteiligten Kreise» noch viel - fach ttnttar ist. „Von besonderem Interesse dürfte auch dem Reichstag die vierte Rubrik der beigegebenen Tabelle sein, in der das Verhältniß der projektirten Steuern zur bestehenden preußische» Gewerbesteuer enthalten ist. Es geht daraus hervor, daß bet 72 Firme», die hier - über überhaupt Angaben machten, eine durchschnittliche Mehrbelastung von 277 pZt. bet Gewerbesteuer ein - treten würbe, baß ferner die netten Steuern die ein - zelnen Unternehmungen ganz verschieden 1 reffen, und daß sie in keiner ertenubareu Weise von dem Umfang oder dem Reingewinn des betreffenden Geschäfte- abhängig sind; denn die Belastung steigt von 20, 26, 33, 40, 50 K. pZt. der Gewerbesteuer bis zu 600, 800, 1000, ja 1800 und 2000 pZt. I „Es besteht kein Zweifel darüber, daß'der Reichstag einer Siener seine Zustimmung versagen würde, in der als Prinzip enthalten toöre: „Die Steuer solle den Verkehr erschweren und kom- pliziren, sie iolle dabei keinerlei Rücksicht aus den Rein - gewinn der betreffenbeit Betriebe nehmen; sie solle ein Zuschlag zur Gewerbestetier fein, aber mit vollkommenster Willkür auserlegt werden, so zwar, daß einzelne Betriebe verhältnißmäßig gering, andere außer allem Verhältniß hoch belastet werben; es solle dabei ferner darauf ge - sehen werben, daß grabe die kleineren und mittleren Be - triebe am Empfindtimsten, der Großhandel und Groß - verkehr aber am '.Seringftett getroffen wird." „Ist eine solche Steuervorlage unannehmbar, so dürfte es auch nicht angängig sein, diese willkürlichen Steuergrmtdfätze auf dem Umwege eines C tt i 11 u n g ?• und Krachtbriefstempels zu verwirklichen. „Der Verein bittet deshalb den Reichstag, den vor- gelegten Entwurf einer Quittung«- und Frachtbriefsteuer unbedingt ablehnen zn ivollen." den bnierifchen Zentr>im»:uitglieder« des llteilchstageS hieß es, daß sie geschlossen gegen ben russischen Handelsvertrag stimmen würden Das ftbetnf aber nicht In Erfüllung zu gehen. Wenigstens entuehmen wir einer Bemerkung tut Würzb Jom : al", i daß sich der Zentrumsabgeordnete für Würzburg, Herr Neckermann, in der unterfränkischen Handelskammer deren einstimmiger Befürwortung de» russischen Handelsvertrages bei der Reich-regierung ange - schlossen hat. Herr Neckermann wird aber wohl schwerlich in der Handelskammer ander- stimmen, als im Reichstag. Offenbar unheimlich wird es den National- liberalen bei den jüngsten Redeleistungen de- Herrn Miquel, ihres einstmaligen Parteizugehörigen. Die „Magdebg. Jig." erklärt demgegenüber voller Ergebung in da- Schicksal, daß natioiialliberale Minister al« solche sofort ihren an sich schon sehr trüben Liberalismus an den Nagel hängen: „Wenn Herr Dr. Miquel in den letzten Jahren mehr und mehr von der R e ch t e n als der Mann ihre- Herzens und der Vertreter und Berwirfticher ihrer Gedanken in Anspruch genommen wird, so thut er jedenfalls nicht-, um einer solchen Auffassung entgegenzutteten. Au- manchen von den Reden, die er in diesen Tagen gehalten hat, könnte sogar eine Ermunterung jener Hoffnungen heraus- geUsen werden. Auch, bei dem Mahle, daS die Mit - glieder des deutschen LandwirthschastSratheS veranstaltet, hat er den Gedanken, daß die gegenwärtige Agitation gegen den Vertrag mit Rußland übertrieben [ei, nachdem man die Verträge mit Oesterreich und Italien habe zur That werden lassen, auflS Neue erörtert und dabei aus - gesprochen, daß, wenn in den letzten dreißig Jahren ave Gesetze wesentlich zu Gunsten und mit Rücksicht auf Handel und Industrie gegeben feien, uuninehr eine Periode von dreißig Jahren einzutreien habe, in der die Interessen und Bedürfnisse der Landwirlh- schast für die Rechtsentwicklung, Gesetzgebung und Regierung maßgebend sein müßten. Die Bemerkung enthält ein Stück Selbstkritik, denn an der Gesetzgebung der letzten 30 Jahre hat doch auch Herr Dr. Miquel an hervorragender Stelle als Parteiführer lange Jahre Theil ge - nommen. Sie steht auch im Widerspruch mit den Anschauungen deS Agrarierthitms, das grabe jetzt die Augen beständig rückwärts aus die goldene Zett gerichtet hat, wo die landwirthschaftlichen Interessen stets auf daS richtige Ver st ändniß und das nöthige Bestreben der maßgebenden Kresse zu rechnen ge - habt hätten. Und sie ist auch insofern anfechtbar, alS, wenn wirklich in den dreißig Jahren mehr die Interessen deS Handels und der Industrie einseitig in der Gesetz- gebitng berücksichtigt worden wären — was bei der aus- gezeichneten und auch der Zahl nach starken Vertretung der Landwirchschaft im Reichstage sehr Wunder nehmen müßte — diese Einseitigkeit doch nicht durch eine neue gut gemacht werden könnte Laudwirth- schäft und Handel und Industrie, sie haben ben gleichen Anspruch auf eine gleiche Berücksichtigung ihrer Interessen 1" Diese Einseitigkeit bleibt aber auch bann noch be - stehen, wenn eS nach den Wünschen der „Magdebg. Ztg." geht. Sie besteht in bet Wahrung der Interessen deS Besitze« gegenüber dem der Arbeit. Daß Herr Miquel einen befonbeten Theil der Besitzenden begünstigt, ist es, waS feine früheren GesinumigSgeuossen empört. Sehnsucht nach Wiederherstellung der alten Kartell Herrlichkeit, vermöge deren ei so famos gelang, das Volk zu scheeren zu Rutz und Frommen der Großen iii Jiiduftrie und Landwitthichast, beherrscht die Rational- liberalen. AlS ein Ausfluß dieser Sehnsucht ist auch die jüngste Verherrlichung desJunkerthums durch Herrn von Bennigsen auszusassen Die „Naiivnalliberale Korresp." liefert iveuigsteus einen dahin- zielenden Kommentar der Benuigsen'fchen Rede, indem sie schreibt: „Die Stelle in der neulichen Rede deS Herrn vor, Bennigsen, in welcher mit Wärme und Nachdruck au die Verdien st e deS altpreußischen Jnnker- t h u in s und an die fortdauernde Bedeutung der auf demselben vorwiegend bafirenben politischen Partei erinnert wurde, ist nicht nur von der radikalen Press* sehr abfällig beurtheilt worden, sondern hat auch hier und da gut nationalliberat gesinnte Männer, wie der Redner übrigens sofort voraussah, einigermaßen befremdet. Unseres Erachten- bedarf es indeß nur eine« unbefangenen Blickes auf die politische Lage, um jene AussÜhrnug recht j it ber - ste b e ». Herr b. Benitigsen hat lediglich gehaudelt al« ein Politiker, der über dem Heute das Morgen nicht vergißt. Die seit Monaten unser ganzes öffentliches Leben beherrschende Frage wird Ende nächster Woche entschieden und damit die gegenwärtige Partei- konstellation mit einem Schlage vollständig ver- ändert fein. Oder glaubt man etwa, daß die Majorität, durch welche die Annahme des riiffischen Hai-delSvertrageS bewirkt werden wird, die dauernde parlaiuentarifck)* Grundlage für eine ersprießliche Reichspolitik abgeben könnte? Diese Majorität wird, abgesehen von den Polen und anderen minder zahlreichen Bestandtheilen, aus vier ziemlich gleich großen Gruppen gebildet sein, näinlich anS den für bett Vertrag stimmende» National- liberale». aus einem von Lieber geführten Flügel dek Zentrums, aits den Freisinnigen beider Linien nebst der Lüüdeutschen Bolkspariei und aus de» Sozialdemokraten. Hält man für möglich, daß die Nationalliberalen auf dies Konglomerat einen Einfluß zu gewinnen vermöchten, der eine unseren Auffassungen von den Be- dürfuissen des Reiches entjprecheiide Gesan:mthaltuiig desselben verbürgen würde? Die Frage stellen heißt sie verneinen. Einerlei, wer in der Koalition die Bor- herrschaft erlangen würde, jedenfalls würden alle übrigen Bestandtheile derselben alsbald gegen die National- I liberalen vereinigt sein. Es mag fein, daß die Herren j Lieber und Richter sich alS Erbtheil der Haudelsberlrags- irsse eine dauernd von ihnen beherrichte pariameutarijche i Situation Vorsteven können, für einen »ationaUiberalen I Politiker ist es unmöglich, in einer derartigen Perspektive das Heil des Vaterlandes zu erblicken. Herr v. Ben - ni g f e u hat offenbar für nöthig gehalten, dem gegen - über bei Zeiten daran zu erinnern, durch welche Parteiverbiudung allein unser nationales Staat«- wesen begründet und gefördert ist." Es ist also die alte Kartell-Liebe, die bei Herm b Bennigsen zum Durchbruch gelaugt ist Im jetzige» Reichstag ist es damit freilich iiichi« weil, von allem Anderen abgesehen, di* erste Vorbedingung fehlt: die ausschlaggebende Mehrheit, welche selbst durch Zusammen- schlnß von Nationalliberalen Kouservativen und Frei- konserbativeu im jetzigen Reichstage nicht z» erreichen ist. Und daß sie der nächste nicht bietet, dafür werden hoffent - lich die Wahler sorgen. Da» provisorische Handelsabkommen mit Svauie« soll nochmals verlängert werden, weil der Handelsvertrag von Spanien noch nicht ratifizirt ist. Ein entsprechender Gesetzrnttvnrf ist dem Reichstage zu- gegangeit. Er lautet: Die zwischen dem Reich und Spanien durch die Erkiörung vom 22. Januar 1894 (ReichS-Gefetzbl. S. 111) bis einschließlich zum 31 März d. I. verlängerte Frist für die Ratifikation be# ant 1 8. August 1893 zu Madrid unterzeichneten deutsch- ibanischen HaudelS- und SchifffahriSvertrageS, sowie für die Dauer des durch Notenaustausch vom 29. und 30. Juni 1892 vereinbarten und durch das Abkommen vom 30. Dezember 1893 (Reich 1-Gesetzbl. von 1894 <5. 109) modifizirten HandeiS-ProvijorimuS mit Spanien kann durch Vereinbarung der beiderseftlgen Regierungen bis einschließlich zum 16 Mai 1894 weiter verlängert werden. Diese« Gesetz tritt mit dem Tage feiner Ver - kündigung in Kraft. Zum 8feö Qppeuhcimer wird dem .Vorwärts" aus Straßburg geschrieben: „Zn den letzten Ver- Handlungen des Reichstages gab sich der Kriegsminister alle Mühe, dem Genossen Dr. Oppeuheimer dadurch eint auszuhäugen, daß er nachzuweisen versuchte, £>. hab* den Abg. Bebel verleugnet, trotzdem er ihn am Bahn- Hofe empfangen habe. Wie Bebel richtig erwiderte, hat O. ihn nirgends verleugnet. In beut vom Kriegs- minister verlesenen Protokoll der Universität steht davon auch nicht ein Wort. O. wurde hier auf eine Denun - ziation der Polizei hin vom DiSziPiitiaramt befragt, ob er zu den hiesigen sozialdemokratischeu Führern Be - ziehungen habe; er erklärte der Wahrheit gemäß, daß das nicht der Fall sei, daß et nur von einem derselben Schriften beziehe. Er hat auch ebenso wenig dem Be- zirkskommandör gegenüber eine ähnliche Aeußerung ge - than. Wie er kurz nach jener Unterredung mehrere» Bekanuieu mittheilte, wurde er vom BezirkSlommandör darüber gefragt, ob er ein thätiges Mitglied der Partei sei und als solches mit atiSwärtigeti Führern tu Verbindung stehe. Dies wurde der Wahrheit gemäß in Abrede gestellt. Aus eine tveitere Frage, ob er geheime- Mitglied der Partei (ei, erklärte er, daß er al« Ange - höriger der Universität keiner politische» Partei angehörcn dürfe. Wer weiß, in welcher Weise die Angaben bet einem militärischen Verhör verwendet werde» können, wird zu- geben müssen, daß bei jeder Aeußerung eine gewisse Vor - sicht am Platze ist. ES ist auch bewiesen, daß die Polizei die Denunziation an die Militärbehörde gemacht hat. Kurz nach der Wahl wurde» auch andere Leute, die den Untergebene« de» verflossenen Feichter unangenehm auffielen, vor die Kriminalpolizei betrieben, und mit ihnen auf Grund eines alten französischen Gesetze« ein sog. Niederlassungsprotokoll ausgenommen. Eine der ersten Fragen war da: „Haben Sie gebient und find Sie befördert?" Wozu wird eine solche Frage kurz nach der Wahl an Leute gerichtet, die schon jahrelang in Straß- bürg leben ? Vielleicht bekam die Polizei über Nacht ein Interesse an dem Militärverhöltiiiß ihrer Schutz- besohlenen? Die Behauptung endlich, O. habe in „deutschfeindlichem" Sinne agitirt, ist vollständig au« der Luft gegriffen und durch das UuiversitätSprotokoll direkt widerlegt. O. hat überhaupt nicht „agitirt" — schon deshalb nicht, weil die Polizei jede Gelegenheit dazu nnniöglich machte — und am allerwenigsten im hier zu Land« ortsüblichen, Protest- lersschen Sinne. „Im Interesse bet Ehre unsere« Parteigenossen Oppenheimer, "dem augenblicklich noch als aktivem Sol- baten die Hände gebunden sind, bringen wir den wahren Sachverhalt zur Kenntniß der Parteigenossen." Ueber daS Recht der Nothwehr ist dar preußische Oberverwaltung-gericht anderer Ansicht, alS der Kriegsminister. Ein Schauspiel „Noth - wehr" von Elsa v Schabeiski war vom Alexaitderplatz- Theater zur Aufführung angenommen, aber durch d i e Polizei verboten. Der Bezirksausschuß be- (tätigte das Verbot. LS handelt sich in dem Stück um ei neu Soldaten, der von einem Unteroffizier auf'S Aeußeiste mißhandelt und beschimpft wird und diesen niedersticht. Die Versafferin hatte Verusuiig beim Ober- Verwaltung-gericht eingelegt, die gestern zur Verhandlung kam. Der Vertreter der Klägerin, Rechtsamvalt Greiling, führte unter Berufung auf die vielbe - sprochenen Reden bei Kriegsminister- au8, daß die Tendenz des verbotenen Stücke- eine durchaus sittliche fei; da- höhere menschliche Recht wird in dem Stück* vertreten. Der Soldat, bet in dem Stücke seinen Qnäler niedersticht, sei viel mehr noch zu ent- schuldigenals der General v. Kirchhoff, der lange nicht so wehrlos sei al- ein gemeiner Soldat, der einem brutalen Unteroffizier aW Opfer diene und dem die Disziplin jede andere Wehr, auch die der kDessentlichkeit versage. DaS Oberverwaltungsgericht kehrte sich an diese Ausführung nicht, eS stimmte dem Polizeipräsidium zu, daß die Darstellung des Stücke«, welches übrigens den militärischen Beschwerdetveg unrichtig darstelle, daS Publikum bei Atexanderplatz- T Heaters a u f r e i j e n müsse. Das Erkenntniß bei vorhergehenden Instanz hatte eine Erschütterung ter öffentlichen Ordnung auch darin erblickt, daß in den Soldaten durch dasselbe „da - Vertrauen ans die Weisheit der Militärbehörden und die Achtbarkeit der Vorgesetzten" Einbuße er- leiden könnte. Als der Vertteter der Klägerin erwähnte, daß daS Stück im Petersburger Hoftheater lind in Paris zur Aufnahme angenommeii fei, gab dieses dem Polizei. Vertreter, RegieruttgSrath v V 0 ß, zu höchst nationaler Emphase Anlaß. WaS niemals ein deutscher Dichter aus die Bühne gebracht habe. daS habe Fräulein v. Schabeiski gewogt; und daß ihr Stück in Paris und Petersburg zur Aufnahme angenommen, sei sehr erklär- lich; finde doch der Neid über unser herrliche- Kriegs- Heer darin seine Befriedigung. Unter dem „neuen Knrü". Die Gesamint- summe der im Monat Februar für politische Vergehen erkannten Strafen beläuft sich nach der Aufstellung de- Parteivarstandes auf Jt. 3202 Geld- und 5 Jahre, 8 Monate, 1 Woche und 2 Tage GefSngmßstrase. Tic Petition deS Verbandes sächsischer Berg- und Hüttenarbeiter um Abänderung ver - schiedener Paragraphen des Berggesetzes von 1868 und der Berggesetznovelle von 1884 kant dieser Tage in der sächsischen zweiten Kammer zur Berathung. Die Kammer beschloß, folgende Wünsche der Regierung zur L e n n t N i ß n a h m e zu überweisen : Die Revisionen der Berzgebände sollen ganz un - verhofft geschehen; die Einrichtung der Mannschastsbäder soll in den sächsischen Kerken obligatorisch gemacht werden ; eS soll gesetzlich angeorbuet werdet«, daß an Orten, wo die Teniperaiur eine höhere als 28 Grad C ist, die ArbeitSschicht nicht Über 6 Stunden betrugen dürfe, und eS soll den Bergwerksbesitzeni die Verpflichtung auferlegt werden, bei nasser Arbeit für wasserdichte Kleidung auf ihre Kosten zu sorgen Das auf Abschaffung der Arbeitsbücher und Arbeit-- zeiignisse gerichtete Gesuch ließ die Rammer auf sich be - ruhen ; dafür soll die Regierung bei einer Revision de» Berggesetze- in Erwägung ziehen, ob eS sich nicht empfehle, die betreffenden Paragraphen in der Weis* ab- zuänderu : ». daß die Arbeit-zeugnisse auf die Ari und Dauer der Arbeit beschränft werden, sofern nicht der abgehende Arveiter selbst da- Zeugniß auch aus seine Führung und Leistungen, sowie die Ursache deS AbgaitgeS ausgedehnt zu sehen verlangt; b die Arbeitsbücher bei großjShrlqen Ar- heitern durch einfache Zeugnisse (Abkehrzeugnisse) ersetzt werden; c. durch eine Bestimmung den Arbeitgebern bei Androhung von Strafe untersagt wirb, bi rj Zeugnisse mit Merkmalen z u versehen, welche den Zweck haben, den Arbeiter in einer ans dem ■ Wortlaut be» Zeugnisse« nicht ersichtliche,' Weise zu kenn - zeichnen , v . I Damit ist natürlich noch ketneSwegS gesagt, daß nunmehr auch diese bescheidenen Wünsche der Bergarbeiter wirklich Berückfichtigting finden. „Anarchisten" in BraunSbergk Am letzten Montag wurde in B r a it n i b e r g (Ostpreußen) zwischen 6 und 7 Uhr an der großen Eingang-thür de« LaiidgeuchtsgebäudeS eine „Bombe" auhjefunbni. Die Zündschnur war ungebrannt, aber glücklicher Weise zur rechten Zeil verlöscht. Das gefährliche JnstrumeNt er - wies sich al« eine ziemlich große Theebüchse von zylin - drischer Form. Ueber Nacht in'; Wasser gelegt und am nächsten Tage untersucht, ergab sich folgendes Resultat: den Boden deckte eine schwärzlich-graue Masse, welch* sich alS Schießpulver herausstellte ; el folgte eine Lage Hasenschiot — nngesähi ein halbe« Kilogramm — und der Verschluß war gebildet durch in Wasser gelösten GhpS, der bekanntlich sehr schnell erhärtet. So derichltt die fromme „Germania". Und wer mären die Atten - täter , die einmal „Anarchisten" spielen wollten? EiurgeSprößlinge der Bourgeoisi*. Sehr milde gestimmt durch diese Thatsache, berichtet di* „Germania" weiter: Die Atipifter des groben Unfug« sind leider, wie matt jetzt ermittelt hat, mehrere Schüler — meistens Obersekunda u er — b e 8 hiesigen Gymnasium« gewesen. Die beiden Hauptschuldigen sind bereits au« der Anstalt entlassen worden. DaS frornme Blatt meint: „Eine gehörig* Tracht Prügel für solche jugendliche Verdorbenheit wäre iu diesenr Falle sicher sehr aut Platze." Ja, aber warum an diesen Vertretern der jeuuesse dort» mit einer Tracht Prügel sühnen, waS Anderen lange Jahre der Freiheit oder gar den Kops kostet - Der Vorsall sollte Anlaß geben dazu auch Alle«, WaS sonst Anarchisten heißt, itt milderem Licht zu sehen. Er zeigt aus'S Neue, daß wir eS mit einer Krankheit zu thun haben, der entsprechend veranlagte Naturen Ver - fallen ; wir möchten sie Kna l lsicbcr nennen. Die Lust am Spektakel und daran, furchtsante Leute in Schrecken zu versetzen, führt schließlich zn solchem Unfug, der — sobald er Erfolg hat — zum Verbrechen gesternpel wird. Dadurch, daß man solchen Unfug zu großen „staatsgefährlichen" Thaten aufbauschl — d. h. nur wenn er von armen Verzweifelten begangen wird — »izt man nur zur Nachahmung Die Bombeuwerfer ge - hören in die Heilanstalt, nicht aber in’« Zuchthau« ober aus die Guillotine. Die VonutagSjägcrei ist ein sehr gefährliche» Vergnügen, zwar nicht für Den, der e- betreibt, wohl aber für Alle, die sich solchen geiueingesährlichen Menschen auf Schußweite nähern Nach dem statistischen Ausweise über die Sonntag«. Jägerei in Böhmen wurden im Jahre 1893 in 12348 Gemeinden von Sonntag-jägern durchschnittlich pro Jahr und Kops 1000 Schüsse abgegeben, durch welche ge« tödtet wurden: d r e ize h » G r ei s i ii n e n, sieben- undzwanzig Männer, sieben Burschru und drei Mädchen. »t»14 Menschen (meist Treiber) wurden augeschossen Außerdem tödteten die Sonntagsjäger 3 Ochse», 12 Kühe, 132 Stoiber, 275 Ziegen, 69 Widder, 72 Schafe, 1 Schöps, 3671 Jagd- nnd 11419 ander* Hunde, 8762 Katzen, 18 Rehbtck*. 456 Rehe, 149 Hasen, 322 Rebhühner, 26 Fasanen, 844 Sperlinge, 2 Pferde. Au Entschädigungen haben di* Sonntagsjäger gezahlt: 413 690 fl., an Schmerzen «gelb 633 093 st., Aerzten und Advokaten 172 000 fl. An Straf* huben sie für ihre Geschicklichkeit abgesessen 74 088 Stunden Für einen angejchvssenen uud gettdteien Menschen entsülll als» rund rin Dag Strafe I Dies* Ziffern faratterifiren das ganze heutige System so treffend, daß eS nicht nöthig ist, etwas beizufügeti. Di* Erschossenen und Angeschosfeneu sind arme Proletarier, die für einige Kreuzer ihre Haut zu Maikte trag*«, die Schützen sind vergnügungssüchtige Bourgeois. Die Wahlreiormvorlage der iisterrcichische« Rrgicruug ist tm P 0 l e n! I u b besannt gegeben. Di* Grundziige sind danach die svlgenden : In der neuen Kurie sind wahlberechtigt: alle Personen mit vollendetem 24. Lebensjahre, welche eine Mittelschule oder ein* zur Erlangung des Ei n jährig-Frei willigen- rcchteS betechtigeude Lehranstalt absvlvirt oder Ein- jährig-Freiwilltgenrecht erlangt habeu, oder welche zwei Jahre in eine Krankenkasse ober zwei Jah re Steuer gezahlt haben. Jeder Mähler muß feit sechs Monaten vor der Ansschreibitng der Wahlen im Wahlkreise wohnen. Die neue Kurie bat 43 Mandate. Die Frage bet direkte» ober indirekten Wahlen bleibt zur Lösung ben Landtagen Vorbehalten. Bon den 43 Ab - geordnetenmandaten dieser Wählergrupp* eu(satten auf Böhmen zehn (sieben für die Stadt- und drei für die Laudbezirke), ans (Ma l i j i e u zehn (ein Stadt- und neun anbbezirke). auf Mähren und Niederö st erreich je drei, auf alle anderen Provinzen je ein Mandat Zu dem widerlichen Spiel der alten Parteien mit der Wahlresormfragc bemerkt treffend die Wiener „Arbeiterzeitung": „Ueber die leitenden Grundsätze der Wahlresorm, die nun stückweise bekannt werden, ist ein lebhafter Streit zwischen der klerikalen und der liberalen Presse entbrannt. Darüber sind sie Alle einig, daß da« Rahl unrecht ausrecht erhalte» w erben soll, und doch raufen sie sich, wie hungrige Hunde um einen Knochen. De- Streit geht darum, wem di* Früchte de« Wahluti rechts zu kam men sollen. Die Klerikalen möchten gerne die Neinen Steuerzahler in die bestehenden Kurien ausgenommen sehen, weil sie hoffen, in einzelnen Bezirken Damit die Majorität auf Seite der Klerikalen ober Antisemiten zu bringen Die Liberalen hingegen erklären e- für den wohlerworbenen Besitzstand der „Bürget und Bauern", daß die Liberalen geivählt werden wie bisher. Aus der vielberühmten Eolidatität zwischen den Getreuen P l e n e r 8 und dem Gefolge Hohenwarts ist bereit« eine artige Prügelei geworden. Hier wie nie paßt da- Sprichwort: „Unrecht Gut gedeihet nicht " Einig sind sie nur beim Raub dc- Volk-rechte-, über die Theilung der Beute müssen sie Feinde werden." In der französtschc» Kammer wurde am Donner-tag die Interpellation JauröS, be - treffend die den Anarchisten gewährte Snbvetition, mit 278 gegen 238 Stimmen auf einen Monat ver - tagt. Die Interpellation bezieht sich darauf, daß die Polizei bei einer der letzten Hau-suchungen in dem 'Bette deS „Anarchisten" Tournabre drei Bündel sehr merk - würdiger Briese grfitnben; dieselben rühren von Leuten her, die Geld für b I e Bereitung und daS Werfen von Bomben geschickt ober au ge - be len haben. Und unter diesen Personen sind ver- schiedentlich hochgestellte Personen, darunter Geistliche. Daß dos ganze Adelsv-ertel in Pari« für die Anarchisten schwärmt, war längst bekannt, wie daß die ganze aristokratische Presse Reklame für sie macht Jetzt hat man etwa« Greifbare«. Und die bösen Sozialisten luofleti br. Sache nicht todtschweigen. Sie motten zunächst die Namen der Briejschreiber wissen, lind nicht blei daS. Denn der Dvnibririverser aus die Guillotine muß, bann bars doch' der Bombenbesteller und der Bombetibezahler nicht frei au-geheu. Unsere ©enoffeu werden verlangen, daß die Herren Bourgeois, Aristokraten und Pfaffen, welche „die Bonrbe gesegnet" und den Bombtuwersern die anarchistische Munition ge - liefert habe», auf b i e Anklagebank kommen. Auch Herr A n d r i e u x darf bau» nicht vergessen werden. Wir sagten vor Monaten: wenn jeder Polizist und Reaktionär, der artarchistijche Attentate gefördert, dazu S-reizt und geholfen hat, auf Leben-zeit in'« juchthaUS geschickt wird, bann werden die Attentat* bald aufhören In Frankreich kann jetzt die Pr obe ge- macht werben. Aber die Äanimer wrlt vorläufig noch nicht in den sauren Apfel beißen. Bitte von Tnrrel eingebrachte, von der SRenferung angenommene und die Ermäßigung der wein-