Rr. 8. Aakraantz. Da» „Hamburger (?rf)0" erscheint täglich, außer Montag». Der LlbouncmeutsprciS (intl. „Die Neue Welt-) beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de» Post- katalog» 2846) ohne Bringegeld vierteljährlich M. 4,20; durch die Kolportüre wöchenU. 36 4 frei in’« Hau«. Perantwortlicher Redaktor: C. Heilte in Hamburg. Freitag, de» S. April 1804. Anzeigen werden die scchsgespaltem Petitzeile oder deren Raum mit 80 4, für den Arbeitsmarkt, VermiethungS- und Familieuauzeigen mit 20 4 berechnet Anzeigen Annahme in der Sxpeditton (biö 6 Uhr Add».!, sonne üt sänimtl. «nnoncen-vüreauk Redaktion und Expedition: Grohe Theuterftrahr 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. Im Mampf m'S algemeine Wahlrecht. i. □ In vier europäischen Staaten zugleich wird seil einigen Jahren der Kamps um das allgemeine Wahlrecht geführt: in Schweden, den Niederlande», Belgien und Oe st erreich. Und da ist e« überall die Sozialdemokratie, die diesen Kampf be - gonnen hat nitd ihn mit Ausdauer und Energie und theilweiscr Unterstützung radikal - bürgerlicher Elemente weiter führt. Unsere schwedischen Genossen eröffneten Ende der achtziger Jahre im Bnnde mit den „Jung-Radi - kalen” die Propaganda für Ausdehnnng des äußerst be - schränkten Wahlrechts, daß das allgemeine Stimmrecht zur zweiten Kammer für jeden mündigen Staatsbürger eingeführt werden soll. Um den Druck dieser Forderung aus Regierung, Reichstag und herrschende Klassen zu er - höhen, wurde auf dem sozialdemokratischen Parteitag in Norrköping im Jahre 1891 beschlossen, einen auf Grund des allgemeinen Wahlrechtes zu Stande ge- kommenen „Volkr-Reichstag” eiiizuberufen, der gleich - zeitig mit dem ordentlichen Parlament zusammeutreten und für daS allgemeine Wahlrecht demonstriren sollte- Ein tvahrhaft geniales propagandistisches Unter - nehmen, dessen Erfolg nicht gering anzuschlagen ist I Es wurde der schwedischen Nation einmal der gewaltige Unter- schied zwischen w ahrer Volksvertretung und einer p ar la ine ntarische n Privilegienwirth - ich a s t in nachdrücklichster und überzeugendster Weise zum Bewußtsein gebracht. Der crwähnle Parteikougreß lvar einig in dem offen ansgesprochenen Gedanken, daß eventuell ein allgemeiirer LandeS-Ausstand zur Erzwingung des allgemeinen Stimmrechts vorzu - bereiten sei. Die Sozialdemokraten verbandelt sich mit den liberalen Stimmrechts - Vereinen zur Einberufung des ^Volks-ReichstageS”. An den Wahlen zu demselben, die Ende 1892 stattfande» (ganz wie ordentliche Reichs- lags-Wahlen, aber nach allgemeinem Stimmrecht), be- theiligten sich etwa 150 000 Bürger (darunter etwa 10 000 Frauen). Die städtischen Arbeiter wählten fast Überall svzialdemokratisch, so daß unter den 120 Mitgliedern des „Volks-Reichstages" 35 Sozialdemokraten sich be - fanden. Auf dem im März v. I. in Stockholm znsammengetretenen „Volks-Reichstag" suchten zwar di« Liberalen Anfangs der sozialdemokratischen Minderheit jeden Einfluß auf die Beschlüffe zu entziehen; je mehr sich aber zeigte, daß die maßgebenden Kreise für das allgemeine Stimmrecht nicht zu habe» waren, umsomehr rückte der Schwerpunkt im „Volks-Reichstag" nach links und die wichtigsten Beschlüsse besserten, wie die Ber- luersting aller Vorschläge aus Ausdehnung des Stimm' rechtes, die hinter dem allgemeine» Stimmrecht zurückblieben, die Empfehlung außerordentlicher Mit e und Wege, wie des M a s s e n st r e i k s , um den Wider, stand der herrschenden Klaffen z» brechen, wurden sämmtlich im Geiste der verbündeten Sozialdemokraten und Jnng-Radikalen itiib noch dazu mit erdrückenden Mehrheiten gefaßt. Inzwischen haben unsere schwedischen Genossen die Stimmrechts-Agitation eifrig fortgesetzt. Ihr in Gothen - burg zu Ostern .stattgehabter Parteitag hat (wie der der österreichischen Sozialdemokratie in Wien) beschlossen, einen M a s s e »- A u s stfa » d vorzubereiten, falls die Einführung des allgemeinen Wahlrechts auch fernerhin veriveigert werden sollte. Deutsche Bourgeois-Bläller haben an diese Mit - theilung die Bemerkung geknüpft: eiiigestlUtdeuermaßen sei dabei den Sozialdemokraten das allgemeine Stiuim- recht nur Mittel z» dem Zweck, die politische Macht zu erlangen. Wenn das ein Borwurf sein soll, so ist's ein herzlich dummerl Freilich ist's nur ein Mittel zu diesem Zweck. Das hat unsere Partei stets offen zugegeben. Ohne die politische Macht laß, sich aus dem Gebiete der Gesetzgebung nichts durchsetze» nt Volksinteresse. Das allgemeine Wahlrecht soll der Sozialdemokratie in eben diesem Interesse Einfluß auf die Gesetzgebung, die Regierung und Verwaltung sichern. Nicht sowohl um des Wahlrechts an sich willen wird dasselbe gefordert, jouder» um mit dessen Hülfe das Gefchick des Volkes zum Bessere» zu wende». Auch in Holland steht die Frage des allgemeinen Wahlrechts bereits jahrelang aus der politischen Tages - ordnung Leider besteht unter den holländischen Ge- noffei! seit bei» letzten Kongreß berselben eine starke Differenz über die Frage ber politische» Slftio» und deinnach auch über bie bet Nothwendigkeit bezw. Nützlichkeit des allgemeinen Wahlrechts. Die Gegner der politische» Aktion, welche unter Führung von Nieuwenhuis, auch bie Parteipresse be» Laubes säst ausschließlich in Händen haben, verfügten auf dem Kongresse über eine kleine Majorität. Aber die A il h ä n g e r dieser Aktion sind fest entschlossen, für dieselbe mit größter Entschiedenheit einzutreteu Der Erfolg, der hauptsächlich in ber Gewinnung unb Heran- ziehnng ber indifferenten Masse» bestehen dürfte, kann ihnen nicht fehlen. Die Wahlreform-Frage hat in Holland eine tief - gehende politische Bewegung unb heftige Parteikämpse gezeitigt. Dort haben in bieser Frage bie Staats- m ä » n e r sich weniger zaghaft erwiesen, als die herrschenden Parteien. Bis zum 1. August 1890 bestand »och ein sehr hoher Zensus, der in- zwischen durch vorläufige Bestimniung etwas herab- gemindert wurde. Das konservative Ministerium Heeui s- kerk erhöhte bie Zahl ber Wähler, btt früher etwa 150 000 betrug, ans za. 250 000. Immer aber blieb auch sonach noch etwa eine Million Bürger vom Wahlrecht ganz ausgeschloffen. Als bann, nach den Wahlen von 1891, das liberale Ministerium Tak v a » P 0 r t 0 l i c t an's Ruder kam, erachtete hofierte es als Nothwendigkeit, auf den daiuals in bie Ber- faffung eingefügten Grniiblageu, die al« Erforbermsie der Stimmberechtignng „die Fähigkeit und den W 0 h l st a » d" bezeichneten, ein neue«, „freiheitlicheres" Wahlgesetz auszustellen. Während auS dem Volke heraus immer lauter und energischer der Ruf nach dem uneingeschränkten allgemeinen Wahlrecht erhoben wurde unb Sozialisten unb bürgerliche Rabikale eilte lebhafte Agitation dafür begannen, legte das liberale Ministerium ein Reform- Projekt vor, das dieser Forderung, wenn auch nicht ent- spricht, so doch ihrer Ersüllnng wenigstens praktisch nahe kommt. Die Verfaffung schreibt vor, daß wähl- berechtigt sei» solle, wer lesen und schreiben könne und einen gewissen Wohlstand genieße. Bei dem verhältnißmäßig hohen Staude der Schulbildung in Holland würde bie erstere Bestimmung feine wesent- liche Einschränkung des allgemeinen Wahlrechtes unter Praktischen Gesichtspunkten bedeuten Die zweite Beflinimnng legte Herr Tak in bet Weise auS, baß er „Wohlstand" als „wirthschaftliche Selbstständigkeit" auf- saßte und jeden Bürget zum Wahlrecht berief, der int Stande ist, sich und seine Fa - milie aus eigener Kraft zu er - halte». Er wollte nur die aus öffentliche» Mitteln Unterstützten vom Wahlrechte ausschließen, sowie Diejenigen, bie mehr als einmal im Jahre ihr Domizil gewechselt haben. Nach bent Entwurf ber Regierung würde», wenn man von ber etwa 1 200 000 Köpfe zählende» er- wachsen«» Bevölkerung Hollands die Armen, die Dürf - tigen, die Gefangeuen und die sonstigen ihrer politischen Rechte beraubten Kategorien abzieht, etwa 900 000 Bürger statt bet bisherigen 250 000 Zensuswähler das Wahlrecht bekommen. Aber bie Mehrheit ber Kammer, zusammengesetzt aus Klerikalen, protestantischen Ortho- boxen und einer Anzahl Doktrinär - Libe - raler, beschloß, daß das Wahlrecht nur Denen zu ge- währen fei, bie Familienväter sind und mindestens zwei Wohnräume inne haben, sowie Denen, bie Familienväter nicht sind, aber mindestens einen „Herd" in ihrer Wohnung besitze». Danach würden großjährige »nverheirathete Söhne, die bei ihren Eltern wohnen, alle Dienstboten und alle bie aus eine Schlaf - stelle angewiesenen Arbeiter vom Wahlrecht ausge - schlossen sein. Mit Recht machte bie Regierung geltend, diese Ein- schränkung bedeute die Aufrechterhaltung des Zensus und als solche eine Verletzung des Geistes ber Verfaffung. Trotz- bent wurde bie Einschränkung mit 51 gegen 41 Stimmen beschlossen. Die Folge war, baß bie Regierung ihre Vorlage vorläufig zurückzog unb die Kammer auflöste. Die Wahlen zur neue» Kammer finden ant 10. April, bie Stichwahlen am 29. April statt Am 18. Mai soll bie neue Kammer zusammeutreten. Die Wahlbewegung ist im vollen Gc <1:; sie ist eine ber lebhafteste» unb iuteressautesten, bie Holland seither gesehen hat. Wenn nicht Alles trügt, so ist bie Stimmung dem Ministerium durchaus günstig. Selbst liberale Kreise, bie bis- her gar nicht für bie Wahlreform eingenommen waren, erlassen Ausrufe, in betten sie für bett Tak'schen Ent - wurf auch bann «»treten , wett» »och weiter- gehende Reformen, als dieser Entwurf sie bietet, vor- genommen werden sollten. Es ist die Stimme des Volkes, die sich da Geltnng verschafft. Dasselbe ist nicht mehr gesonnen, der Vorenthaltuiig unb Verstimme' ntng seiner Rechte thatenlos zuzusehen, unb es hat schon mehrfach iu letzter Zeit seiner Meinung ungeschminkte» Ausdruck verliehen. So erklärte» bie friesländischen Bauern ht großen Zusammenkünften, daß sie der bisherigen Willkürherrschaft der Besitzaristokratie gründlich überdrüssig seien. Die konservativen Organe geberden sich natürlich wie toll. Sie erklären, das allgemeine Wahlrecht sei eine „Bedrohung der Oranischen Dynastie"; dasselbe werde das .Stimmvieh" für die Revolution vermehre»; die zu Wählern ausgerüstet! Proletarier würden ihre Stimmen um ein Glas Schnaps verkaufe». Aber mau darf annehmen, daß die Regierung sich nicht ein - schüchtern läßt, wo sie sieht, daß sie bie erdrückende Mehrheit des Volkes auf ihrer Seite hat. Wenn auch Herr Dotuela Nieuwenhuis auf dem vorjährigen internationalen Sozialistenkongreß das allgemeine Wahlrecht für „Schwinde l" erklärte, die Mehrzahl unserer holländische» Genossen weist diese Dummheit zurück und tritt ein für dieses Mittel zur politischen Aktion, indem sie sich das Beispiel ber deutschen Sozialdemokratie vor Augen hätt und beten grundsätzliche und praktische Stellung zui» Paria- mentarismus theilt. Von üer WeMhne. Dem Reichstage ist ber Handels- und Schissfahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und dem südaiuerikauische» Staate Uruguay zugegange». Daö Arbeitspensum deck Reichstages ist fiir die kurze Zeit, welche nach deutschen parlamentarischen Gepflogenheiten noch in dieser Session zur Ber- sügnug steht, noch ein sehr reichhaltiges. ES harre» noch ber Erledigung: die Steuer- und Finanz- reform-Vorlagen, die Gesetzentwürfe über Abzahlung«, geschäfte, über die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, über Abioehr unb Unterdrückung von Viehseuchen , über Schutz ber Waareubezeichnuugen, über Abänbermig der Konkursorbnung, ber Bericht ber Börsen-Untersuchiingskommission, dazu zahlreiche An - träge aus dem Hause, von denen bisher nur ber Zen- trnmsantrag wegen Aushebung des Jesuitengesetzes und bie von freisinniger Seite und dem Zentrum gleichzeitig beantragte Revision des Wahlgesetzes zur Sicherung ber Wahlfreiheit zur zweiten Berathung gelaugt sind, wäh- renb viele noch nicht einmal bie erste Lesung pasfirt haben. Diese Anträge alle zu erledigen, dazu iuirb bie Zeit keineswegs reichen und wir werden, wie fast in je- dem Jahre, wieder das schöne Schauspiel erleben, daß die durch die Initiativanträge berührten wichtigen Fragen ungelöst bleibe» und bis zum nächsten Jahre vertagt werden, wo das »uerquickliche Spiel von Neuem be- ginnt. Fraglich ist schon, wie sich bie Erlvbigunz der Re - gierung-vorlage» gestalte» wird. Ein Ende wäre nicht abzusehen, wenn bie Reichsregierung auf bet Paragraphen- weisen Berathung ber Steuetvorlageu bestehen wollte. Da aber die Tabak- unb Weinsteuervorlage wegen ihrer vollständigen Aussichtslosigkeit, Gesetz zu werben, von ber Reichsregierung aller Voraussicht nach doch noch zurückgezogen werben bürste, so ist vielleicht noch vor Pfingsten ber Schluß ber Reichstagssession zu ermöglichen, - wenn nicht schon bie chroniiche Veschlußunsähigkeit, bie mit dem Beginn wärmerer Witterung gewöhnlich noch schlimmer wirb, als sonst, dazu zwingen wirb, Schluß zu machen. Kegen die Rblehnnng der Steuerdorlage» im Reichstage soll im preußischen Abgeordnetenhanse eine Demonstration in Szene gesetzt werden. Wie seiner Zeit berichtet hat ber mtioimlliberale Abgeordnete Sattler im Auftrage ber Budgetkommission einen Generartericht über bie preußische Finanzlage ans- gearbeitet. Der Bericht, dessen Berathung Gelegenheit zu einer Kundgebung zu Gunsten der Reichsfinanzreform geben soll, ist, wie offiziös mitgetheitt wird, inzwischen fettiggestellt. Die Berathung werde vermuthlich seht bald erfolgen Wekkerhin deutet bet offiziöse Artikel an, daß man eine negative Festlegung einet Mehrheit im Reichstage zu verhindern suchen werde, damit den Finanzplänen ber Regierungen für spätere Zeit die Thür des Reichstages offen bleibe. Da wird sich bie Regierung schon beeilen müssen, ihre be- drohten Steuervorlagen au8 bet parlamentarischen Schuß- linie zu bringen. Herr Miquel wird von den Agrariern immer rück- haltloser als „ihr Mann" tiroHamirt und in feindseligen Gegensatz jum Reichskanzler v.Caprivi gebracht. In einem Artikel des Organs des Bunde« ber Landwirthe, ber sich mit beide» Herren beschäftigt, werben zunächst bent Ersteren folgende Liebenswürdigkeiten zu Theil: „Die Quabrupelalliance: Reichrregiernng, rabitalcr Liberalismus (mit bem im Zentrum), „Exoten" (Polen, Welfen) unb Sozialdemokraten, wird bald genug in bie Brüche gehen. Der Herr Reichskanzler hat ia nun schon „so viel für uns gethan , daß thut zu thun fast nichts mehr übrig bleibt" ; er weiß ja nach feiner eigene» Au«, sage gar keine Mittel mehr, wie er auf bem Wege ber Reichsgesetzgebung ber Landwirthschaft helfen könne; ich meine, wir haben daher keinerlei Beranlaffnng, ihm bie 153 Stimmen ber wirtbschaftlichen Bereinigung als Vor - spann zur Weiterfortbewegung bei Reichswagens anszu- drängen, wir können ja auch mal das „sprödeGret- ch e n" spielen, erst die Unterzeichnung gehörig aui- gestatteter Ehepakten und die Sicherstellung gegen weitere zu intime Liebschaften mit den Schönen der „Kerntrnppe" bebingen, ehe wir uns aus diese Liaison einlassen. Wir sind ja nicht eifersüchtig, aber schön können wir doch die Diversion zu solcher gemischten Gesellschaft nicht finden; wir sind auch nicht eigensinnig; kehrt bet lockere Bogel um, so werden wir prüfen, welches Braut- g e s ch e n k er in ber Haub hat, um erst bann eine legitim» Verbindung einzugehen. Aber solch g 0 l b • überzogeneSilberenqnete bars er nicht wieder anbieten, bas zieht nicht, hübsch Gold und Silber in richtiger ehrlicher Relatior. »ad echter Waare I" ®0T. d utagt uU gegen Herrn Miquel ange - schlagene Ton. Anknüpfend an einen Artikel der „Nordd. Allg. Ztg.", der ausführte, baß bie Regierung nur bie Aiiforbernugen be? Gemeinwohls zur Richtschnur nehmen unb grundsätzlich nie bie Interessen eines einzelnen Berufszweiges einseitig pflegen könne, heißt eS: „Wir haben zu dtesein Artikel bereits Stellung ge - nommen; es handelt sich jetzt um bie Frage, wie Herr Minister Miguel sich zu ber neuen Parole verhalten wirb Es liegt auf ber Hand, daß der Finanz- ininister es sich nicht gefallen lassen sann, Wenn ein von ihm ausgesprochenes Pro - gramm in den Papierkorb geworfen wirb. Der uächstliegenbe Gedanke würbe für ihn sein, seine Demission zu geben, allein bie Verhältnisse sind bei unS schwerlich so gefestet, daß das erforderlich fein bürste. Der Minister wird sein Programm durch bie offiziöse Auslastung ber „Nordb. Allgem. Ztg." nicht als „be - seitigt“ betrachten, sondern sich bemühen, es trotz dieser Widersacher durchzusühren. In diesem Sinne hoffen wir, den Herrn Stnatsmiinster al« Verbündeten begrüßen zu können. Sollttn wir uns — was aber durchaus nicht anzunehmen — darin irren, so wäre es kaum nöthig, bie Kon - sequenzen zu zeichnen, welche sich für unsere Stellung zu bem Minister daraus ergeben würben." Der Schluß klingt freilich auch für Herrn Miquel etwa« bedenklich. Unbedingte Erfüllung der Wünsche der Agrarier ist bie Borattssetznug der agrarisch-junkerlicheu Freimdschast. Erfüllt er dieses Ansinnen nicht, dann folgen die Konsequenzen, b. h. Herrn Miquel wirb mit bemselben Maße gemessen werden wie dem jetzigen Reichskanzler. Wir wünschet: Herrn Miquel viel Ver - gnügen zu dieser Situation. Die Novelle zum Bratiutweinstener - Gesetz betreffend, schreibt die „Nationalztg.": „Eine auf die SBranntweiusteiter bezügliche Vorlage, wovon in den letzten Tagen in ber Presse die Rede war, wirb für bie gegenwärtige Reichstagssession dem Vernehmen nach Weber vom Reichsschatzamt, »och vom preußischen Finanzministerium beabsichtigt. Es konnte in Frage kommen, ob bie schon in dem vorjährigen Entwurf beab - sichtigte Einschränkung ber Kontingents- gisset jetzt borgenomnien werben sollte, behnss Siche - rung der Wirkung ber Steiierbifferenz zn Gunsten ber Brenner, da bet Verbrauch nur wenig die Kontingentsnienge überschritt unb, falls er ihr nur gleichkommt, die Wirkung des SteiiernuterschiedeS ver- schwindet. Ncnelbings ist aber ber Verbrauch einigermaßen gestiegen, so daß von dein er - wähnten Gesichtspunkt auS bie Nenfeststellung ber Kontingentszahl nicht dringlich erscheint. Um etwaS Anderes, alS diese, hat eS sich bisher bei den bezüglichen Erwägungen nicht gehandelt Von Seilen ber Brennerei-Jntereffeute» werden allerdings mancherlei Projekte einer veränderten Branntwein- Besteuerung erörtert und empfohlen, die allesamuit mit einet derzeitigen Ucbeiptobuttion unb baburch bewirkten PreiSverminberung begrüiibet werden. Beide Thatsachen stich unleugbar; bie Ueberprobuktioii ist wesentlich dadurch bedingt, daß die Lanbwirthe durch reichliche Kartoffelernte und durch die nichtigen (Betreibe- preise zu stärkerem Breuuereibetrieb und stärkerer Vieh - haltung veranlaßt würben." Nach bem bestehenden Gesetz wäre längst eine Er - höhung des Kontingents ersorderiich gewesen. Im ersten Paragraphen be« BraitutWeiusteuergefetzeS vom 24. Juni 1887 heißt es nämlich: „Die Verbranchsabgabe beträgt von einer Gesammt- jahresmenge, welche 4,5 Liter reinen Alkohols a u f benKopfber bei berjebeä maligen letzten Volkszählung ermittelten Bevölkeritng be« Gebiets ber Branntweinsteuergemeinschaft gleich - kommt, * 0,50 für bas Liter reinen Alkohols, von ber darüber hinaus hergestellten Menge JH 0,70 für bas Liter reinen Alkohols. Die Gefammtjahre«inenge, von welcher ber nichtigere Adgabesatz zu entrichten ist, so- Wi« ber Betrag des nichtigeren Abgabesatzes selbst sollen alle b rci Jahre einer Revision unterliegen." Seit der letzten Volkszählung stich mehr als drei Jahre verstrichen: aber noch ist die Nenkontingeutirung nicht erfolgt Wie e« scheint, soll sie noch weiter hinattsgeschoben werben, bis zm gesetzlichen Neuregelung. Das ist auch bereit« ein Stück Liebesgabe für bie Breitner. h, a „n,„ rfrrfidtrH weit gefährlicher erscheint, al« der Anarchismus, “ ,»7 STtT'MÖ ! « «egen die Frruttde des @ih interessantes l^ittgestäiidttiß hat dec Vize- präfioi'iit de« französischen Senats, Combe5, gemacht, nämlich, daß der Bourgeoisie ber Sozialismus I» Holland, wo am 10 b. M die Neuwahlen für die aufgelöste Kammer vollzogen werden, ist bie Wahlbewegung im besten Zuge. Den Mittelpunkt der- selben bildet natürltch die Frage der Wahlrecht«» er Weiterung, bie zur Auflösung führte Ultra, montane wie Antirevolutionäre haben ihr Progralum für die Wahlen zur zweiten Kammer ver. öffentlicht. In ber vorigen Woche erschien ein von 23 katholischen Mitglieder» ber aufgelösten Kammer unterzeichnetes Manifest 011 das katholische Volk, in welchem dieselben erklären, baß sie zwar keine gruttb- sätzlicheti Gegner ber Erweiterung des Wahlrechtes seien, daß sie aber unmöglich bi« zu der von Tak bezeichneten Grenze vorgehen könnten, da bie Verfassung aitSbrücklich nicht nur negative sondern auch „positive Kennzeichen eine# gewissen Wohlstände«" al« Bedingung bet S8ahl- fähigkeit verlange Die katholische Fraktion, die Vorau«, sichtlich bei den nächsten Wahlen kaum einen einzigen Sitz verlieren dürste, wird also geschloffen gegen den Tak'schen Entwurf stimmen. Nicht unterzeichnet haben dieses Manifest die ultramontancn Abgeordneten Dr. Schaepman unb der Graf d'Ansembourg; Ersterer verweigerte feine Unterschrift unb erklärte in einem besonderen Schreiben, baß er im Falle seiner Wiederwahl für die Vorlage Tak« stimmen werde, da er weder verfass»ugSmlltzige noch ander - weitige Bedenken gegen dieselbe habe. Die Folge ist denn auch, daß Schaepmaii von den einflußreichsten liltromoiitanen Organen, wie „Tyd" und „Maasbode", in sehr energischer und selbst sehr erbitterter Weise be- fälligst wirb. Auf einen ganz anderen Standpunkt da- gegen hat sich bie Mebrhtil der Antirevolutionäre gestellt. Zwar haben zehn konservative Mitglieder der - selben, als bereit Anführer ber srühere Minister bei Innern, b e 6 a 6 0 r n i 11 Lohman, zu betrachten ist, in einer öffentlichen Bekanntmachung den Tauschen Entimtrs wegen seiner „inneren Widersprüche" für um annehntbar erklärt, bagegeit hat sich bie von Dr Abra- Ham Kuiper, dem Oberhaupt bet orthodox-demokra« tischen Richttntg zusamnienberusene unb von mehr al« 1000 „Christen" besuchte Tepiitatenoerfammlung in Utrecht nicht nur rückhaltlos für ben Tak scheu Wahl- resorm-Entwurs erklärt, sondern selbst noch bat Ber- langen geäußert, baß auf die Fähigkeit, Lesen unb Schreiben zu können, als Botbedingnng ber Ausübung des Wahlrechtes verzichtet werde; de Savornin Lohman, ber feinen abweichenben Standpunkt vertheidigen wollte, wurde mit Hohngelächter empfangen und mußte bett Saal verlassen ES ist natürlich »uthnnlich, irgend welche Bermuttmng über ben Ablauf ber am 10. Avril ftattfinbenben Wahlen ansznsprechen. Ob der Tausche Entwurf von bei neuen Kammer angenommen wirb, kann von geringfügigen Zufälligkeiten abhängen Partei D e u t s d) I a n b i hat eS bekanntlich adgelehut, an den Verhandlungen sich zu betheNigen; ein gleicher Beschluß wurde auf bem österreichischen Partei- tag gefaßt. beantragte Novelle zur Gewerbeordnung, welche Haupt- säckilich die Aenderung des § 85 betrifft. Nach ben ,,Berl. Polit. Nachr." ist nunmehr beim BuubeSrathe ein Nachtrag zu bieser Novelle beantragt worden. Der letztere bezieht sich aus ben § 30 der Gewerbeordnung. In diesem wird die Konzessionspflicht von Privat- Kranken- u. s. W Anstalten geregelt. Die an einzelnen Stellen bei Errichtung von Kranken - An - stalten der in § 30 erwähnten Art gemachten Er - fahrungen haben nun Anlaß gegeben, auf eine Er - weiterung ber Vorschriften, betreffend die Bersaguuz der Konzession für Privat-Kranken-, Privat Entbindung«- unb Privat-Jrrenaustatten dahin zu bringen, daß auS ber Errichtung bieser Anstalten fehle Bekästigmig ober Störung für bie nächste Umgebung erwächst ES wirb beshalb vorgeschlagen, ben § 30 dahin z» ändern, daß auch baun bie Konzession von ber höheren VerwaltnngS- behörbe zu versagen ist, wenn die Anstalten durch ihre örtliche Sage für die Besitzer ober Bewohner der be - nachbarten Grunbstücke ober für das Publikum erheb- liche Nachtheile, Gefahren ober Belästigungen herbei- führe» können. Bor Ertheilnng der Genehmigung sollen die Ortspolizei und Gemeindebehörden gehört werden. Die Verhältnisse dieser Anstalten liegen verschieden, je nachdem dieselben zur Ausnahme von mit ansteckenden ober entstellende» Leiden behafteten, unruhigen Geistes- u. s W. Kranken bestimmt find oder nicht. „Man glaubt," daß bie Anhörung der Ortspolizei, und Ge- meiudebehörden die im einzelnen Falle zu erhebenden Bedenken zur Kenntniß gelangen lassen werden, ohne daß zu befürchten wäre, daß bie Errichtung von Krankemmstatten der verschiedenen Art in einer»», zulässigen Art befördert ober erfdjwert Würde. Dieses Glaubens find wir freilich vorläufig nicht nbschtedet worden. , n>eitz einer unerfahrenen Kammer (auch nnersahren in - . a a „ arc t, für Arbeiter- panamistffck kapitalistischen Gepflogenheiten'?) Gefühle nn- begrenzter Freiheit jener Freiheft der Presse einznflößen sckttty, oer im nugn,t « « »miste der die wir 1881 votnften, wo wir Weber den Auurchismu« ^briiian« etne flm'it e DnH Ma«arbeit • 2) bie 1 nod) den Sozialismus vorautsahen." Er tröstete sich Arbeft°der"»iud!r und mnaei- Leute ■ 3) die Arbeit ber 1 unb bie »HbuAttiftew übrigen« damit, daß e« gelingen Wanner; 5) Mittel! werde, dem Sozialisn. n« de» Weg zu ver- und Wege zur Verwirklichung des Arbeiterschutzes. Da«-sperren. Wie da« anzifftellen sei, darüber bat: er nn« OraaulsationSkouiite besteht onS dem Ausschuß des allerdings im Dunkel qelaffe»; denn davon, daß er t Schweiz rischen Arbeite, bündel, de« ArbeitersekretarialS, kapitalistische Wirthschaft znriickgedräugt wifien Mitglieder,' der Katholischen Verbände, deS Schweizerischen die einzige Mögltchkeft, and) Den Soziattsnwv GrüiltvereinS, be» Schweizerischen G.ioerkschastsbundeS, am Borwärtsschreileu i» hindern - MW» y« Die Gewerbeordnung soll schon wieder einet , des Internationalen Buchdruckerverbandes unb der West, neuen Flickarbeit unterworfen werben. Die Kon- schweizerische» Arbeitervereine. Die Sozialdemokratische z essi o n sp flicht soll verschärft werden. Im • - - • • - - *- - *— - - - BundeSra t h e befinbet sich bereits eine von Preußen Die preußische VcrciuSgcsetz Praxis kam dieser Tage erneut vor bem Oberverwaltungs - gericht zur Entscheibung unb bieSmal ist der Entscheid nicht so beengend ausgefallen, wie jüngst das in Bezug auf einen politischen (wölfischen) Verein gefällte Urtheil, welcher politischen Vereinen auch das Recht der Be - theiligung von Frauen an Vereins sestlichkeite» absprach. In bem jetzt entschiedenen Fall handelte eS sich um ben Versuch, rein gesellige Vereine der polizeilichen Aussicht ztt unterstellen. In Danzig hatte sich ein Verein „Geselligkeit" gebildet, der sich am 19. April v I. auflöste; die Mitglieder des alten Vereins traten bald daraus zu einem neuen Verein „Freundschaft" zusammen Der Vorsitzende diese- '-Beteilig, Tischler E. Müller zu PetcrShagen bei Danzig, erhielt bald daraus von bet Polizei auf Grund § 2 be« Verein-gesetzes die Aufforderung, die Statuten des Vereins, daS Vcr- zeichniß der Vereins Mitglieder, ferner auch Zeit und Ort ber BereinSversainm- l u n g anzugeben. Müllet kam trotz mehrfacher Aufforderung den polizeilichen Anorduungeu nicht nach, da ber Verein „Freunbschaft" nur die Geselligkeit pflegen wollte; Bercinc, welche öffentliche Angelegenheiten gar nicht in ben Kreis ihrer Berücksichtigung ziehen, unter - lägen aber nicht bem Vereinsgesetze. Die Polizei setzte darauf gegen Müller eine Strafe von K 20 fest und drohte Letzterem bei fernerer Nichtbefolgung ber Polizei- lichen Anordnung eine weitere Strafe von jH 50 an. Hiergegen erhob Müller ohne Erfolg Defchioetde. Die Veschtverde wurde mit ber Begründung ab ge - wiesen, bie Mftglieber deS fraglichen Vereins seien Sozialdemokraten, auch halte der Verein feine Sitzungen in einem Lokale ab, wo fast nur Sozialdemokraten verkehren; daher fei die B e r m u th u 11 g wohl begründet, daß der Verein späterhin eilte Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecke. (AIS ob Sozial- demokraten nicht so gut wie alle anderen Staatsbürger da« Recht hatten, einen unpolitischen Verein zu gründen I Es giebt gesellige Vereine, die nur tonfer- vative Mitglieder zählen und doch nicht dem Vereinsgesetz unterstehen. Irgend einer Partei gehört fast jedes Mitglied eines geselligen Vereins an, und irgend einer Partei gehören auch die Besucher öffentlicher Lokale an, folglich müßte, wenn die Be- gründnng der Abweisung ber Beschwerde zutreffend wäre, fein geselliger Verein in einem öffentlichen Lokale tagen dürfen, ohne der Polizeiaufsicht zu unter- stehen.) Müller beschritt gegen den Oberpräsidenten ber Provinz Westprenßen ben Klagetveg Er bestritt, daß der Verein aus Sozialdeniokraten bestehe und bezeichnete es als unerheblich, wenn sonst im BereiuSlokale viele Sozialdemokraten verkehren; ber Verein bezwecke auch in Zukunst nicht, ans öffentliche Angelegeitheiten einzu- wirken Das Oberverwaltungsgericht er - achtete bie Klage, soweit sie gegen bie Festsetzung ber Strafe von M. 20 gerichtet ist, nach § 133 II bei Landesberwaltungsgefetzes für ttiizulässig, da in solchen Fällen nur die Beschwerde stattsinde, soweit die Klage sich aber gegen die Androhung einer Strafe von X. 50 richtete, für begründet. Wenn die VersoffuugSutkunbe für den preußischen Staat in den Artikeln 29 und 30 allen Personen das Recht verleiht, sich zu solchen Zwecken, welche ben Strafgesetzen nicht zuwiderlansen, iu Gesellschaften tc. zu vereinigen und lueuii § 2 deS VereinSgesetzes bie Vorsteher solcher Vereine, welche eine Einwirkung aus öffentliche Angelegeu- heiteu bezwecken, verpflichtet, baS Vereiusstatnt und da« Mitgliebeiverzeichniß der Polizei einznreichen, so ist hier- mit nach Ansicht be# Oberverwaltung«^.ichts intzweifel- hast eine Garantie gewährt sür. das Recht aller Staatsangehörigen, ohne jede polizeiliche Be - schränkung für erlaubte und nicht p 0li - tische Zwecke in geschlossenen Räumen zu Gesellschaften z u s a m in e u z n trete». Hier- von Wird aber die Veranstaltung öffentlicher Lustbar- feiten nicht betroffen Um solche handelt cs sich im vor- liegenden Falle auch nicht. Ter Umstand, daß der Verein au» Sozialdemokraten bestehen soll und in einem Lokale seine Sitzungen abhält, wo viele Sozialdemokraten verkehren, reicht nicht hin, um den Bescheid de« Oberpräsibenleii aufrecht zu erhalten; daS muthmaß. liche Verhalten des Vereins in ber Zukunft kommt nich: in Betracht. Daß solche Frage» überhaupt noch erst zur höbst- iustanzlichen gerichtlichen Entscheidnug gebracht werden müssen, zeigt erneut, wie unabweisbar eine Aenderung bet mittelalterlichen BereinSgesetzgebung geworden ist. Der Miitistertdechsel in Belgien hat nicht mit ber Politik ber Regierung in Bezug auf ba« Wahl- gesetz eine andere Richtung gegeben; auch aus Wirth- s ch a f 111 ch e m und zollpolitischem Gebiete will man andere Bahne» eftischlagen. Rach Entfernung be« sreihäudletischen fkernaert Ist der Schutzzoll ber Kitt des neuen Kablueis geworben. In ber vom Minister- Präsidenten in der Kammer abgegebenen Erklärung werden Maßregeln zum „Schlitze ber Laudwirthschaft unb ber Industrie" angefünbigt Der Premier und Minister be» Innern, de Burlet, ist Vertreter von Ryvel, wo er längere Zeit Bürgermeister war. Die G r u n b b efl tzer dieses Wahlkreises agitiren schort lange für Getreide, zvlle, nachdem e« ihnen vor zehn Jahren gelungen ist, wenigstens die Fleischzölle diirchzttsetzen. Die von allen ländlichen Kreisen unterstützte Forderung der Ge- treidezölle wurde bekämpft von den Vertretern der Städte, die in ihnen mit Recht eine Bertheueruug der Arbeit sahen. Sie selbst verlangten, al# Vertreter ber großen Fabrikanten, Schutzzölle für bie Industrie, insbesondere für Webereien und Spinnereien; von diesen Zöllen ober wollten wieder die Lanbwirthe nicht« wissen. Der Vertrauensmann der industriellen Schutzzöllner in ber Regierung ist ber neue Fiiianzniinister be Smet de Naher. Die beiben Richtungen, bie sich bisher bekämpften, haben sich jetzt dahin geeinigt, daß jeder Theil seine Zölle b e- kommt, da Maßregeln znm Schutze ber Laudwirth- schäft und ber Industrie angefuiibigt werden. Da dürste ein ähnliches Schachergeschäft herattskommeu, wie 1879 in Deutschland. Die Staffe der Konsumenten zahlt die Zeche für Grnndmaguaten unb Iiidustriebarone Mit diesen neuen Belastungen der Masse der Wähler will man ben Wahlen entgegengehen Mit Recht wurde um' liberaler Seite dagegen viotestnt, daß die vom be- schränkten Stinnurecht gewählte Kammer, deren Mandat im Ablauseu begriffen ist, eine so wichtige Maßregel be - schließt ; ber Protest wird aber nichts nützen, da die Majorität, wie Woeste erklärte, entschlossen ist, nur ba« .Wohl deS Lande«", das die Schutzzölle verlange, zu berücksichtigen Roch ein anderer Stitt ber Majorität steht in Aussicht Der treue Premier ist Derjenige, der in der Kammer beantragt hat, die freien (geistlichen) Schulen aus ber Staatskasse z u unter - stützen Woeste hat eillärt, er werbe diesen Antrag unterstütze»; da« ist eine Mahnung an den Premier, diesen Punkt ja nicht zu vergesse». Beernaert hatte auch von diesem Antrag nichts Wifien wollen. Woeste hat also alle Ursache gehabt, von einem „Kabinet der Einigung" zu spiecheu, dein et be« besten Erfolg wünschte. Da« Kabinet de Burlet bedeutet ober erstrebt nm jeden Preis die Einigkeit zwischen den gemäßigten und den extremen Elementen desKlerikalis- ni u S Wie immer, haben dabei bie Extremen da« Meiste prosttirt. Man läßt die Proportionalvertretung fallen, laßt bie Listenwahl bestehen, unterstützt ans dem Staatssäckel bie klerikalen Schulen und bewilligt den Bauern Getreidezölle, Alle« mit Rücksicht aus die Wahlen, wo durch bie von be» Geistlichen und den Großgrundbesitzer n beherrschten ländlichen Wähler ber Liberalismus einfach erdrückt werden soll Aber bei solchen Exner,meuten hat man schon oft die Rechnung ohne deu Wirth gemacht. Die schlauen Führer bei Klerikalen könnten sich um s. leichter verrechnen, als trotz Allem die nächste Wahl große neue Wühlerkreife an die Urne führen Wirb.