Nr. 110. 8. Jahrgang. L Mittwoch, den 16. Moi 1894 Hierzu eine Beilage. sind 14 528 gültige folgt »ertheilen: EZ Stimmen ab. wie fielen auf Rittergutsbesitzer Hil > nur zu deutlich, wie sehr man noch in „ordnungspartei ¬ lichen" Kreisen sich daran gewöhnt hat, die ungeheuer- uutcruehiiien sich nicht scheuen. Ls« der Weltbühne lichsie» Neuerungen nicht für unmöglich zu halten. Weshalb hat denn das offiziöse Organ nicht sofort titel, in welchem das Verhalten eines Theiles der Dresdener Bevölkerung bei Gelegenheit des Einzugs eines Priuzeupaares in scharfe» Worte» gegeißelt wurde. Üebrigeiis kann trotz des Dementis von einer Maschine die Rede fein. _ _ in den Anklagezustand versetzt worden. Zuerst hatte die Staatsanwaltschaft nur „groben Unfug* für vorliegend erachtet. Es handelt sich in» einen Ar- ES beginnt zu dämmer» in den Köpfen bet Antisemiten. Ihre bornirte einseitige Jndenseindschast wird atlmälig durchbrochen von der Erkenntniß, daß nicht der jüdische Ausbeuter allein, sonder» die Ausbeu - tung überhaupt der Feind ist, der am Marke des Volkes zehrt. Echo» bei der letzten Wahl haben Ahl- warbt und Konsorten deu Rus erhoben : „Gegen Inden und Junker" und zwar aus dem instinktive» Gefühl der Bauern und Landarbeiter heraus, die den Gegenfatz ihrer Interessen zu denen bet Großgrundbesitzer, wenn auch noch nicht völlig zu begreifen, so doch zu fühlen beginnen. Jetzt kommt bet antisemitische Apostel Dr. Böckel auch zu bet Einsicht, daß „der Jud' allein" es nicht thut. Er schreibt in seinem „Reichsherold": „Der geldgierige Großkapitalist — ganz einerlei ob Jude oder Richtjude — ist der Wiitgeugel unseres Volkes, dem er die Arbeit-- gelegenheit entzieht. Das Aufspeicheru großer Reichthümer muß zur Verarmung und zur Vetkehtsstockutig führen" Das ist durchaus logisch. Und faßt diese Ans- sasfung bei de» Anhängern der Antisemiten Boden, dann — ist es mit dem Antisemitisnms vorbei. Dann spazieren die bisherigen Parteigänger desselben in'S Lager der Sozialdemokratie. Tie Meincidösrage kommt beim Brause. Der fünfte internationale Bergarbeiter- kougresi ist am Montag (zweiten Pfingstfeiertag) in die Mittheilung als Märchen behandelt ? Es hat g e-1 juftig. schwiegen, bis es Gewißheit über de» ~ ' Wegen MajestätSbeleidiguug ist die .Sachs. Arbeiter-Zeitnug ' ~ gendvrss - Platzig (konservativ) 5679 (1893: 10710), Rittergutsbesitzer v. P r o n d z i » s k i - Gr - Loßburg (Pole) 3506 (1893 : 4125). Redaktör v. Mosch- Steglitz (Antisctnit) 3242 (1893: keine Stimmen), Deka» Nen- m a n n .Hanunerstein (Zentrum) 1893 (1893 : 2553) Stimmen. Außerdem erhielten am 15. Juni 1893 die Sozialdemokraten 35 Stimmen. Tie Angaben über die bei der Nachwahl abgegebenen sozialdemokratische» .Stimme» kehlen in der offiziösen Depesche Es findet somit Strchwayk zwischen ^ilgeuborff und v. ProndzinSk: statt, bei der wohl zweifellos die Antisemiten die Ent- scheidimg zu Gunsten des Konservative» herbciführen werden Wie bei fast allen Nachwahlen ist auch bei dieser die Betheiligung im Allgemeinen eine viel schwächere gewesen, als bei der Hauptwahl Den Konservative» ist aber fast die Hälfte ihrer Slinmien verloren ge - gangen, die wohl ansnahlnslos dem Antisemiten fin - ge, allen sind Beiden zusammen fehlen noch 1789 Stimmen an der konservative» Zahl von 1893. ES ist daS ein erfreuliches Zeichen, daß der Konservatismus die „werbende Kraft" auf dem Lande verliert. Daß zunächst an feine Stelle der AntifemitiSmus tritt, ist eine durchaus erklärliche, oft erörterte und verständlich ge - rn ad) te Erscheinung Nach dem Antisemitismus, der mir eine kurze Durchgangsepoche darstellt, kommen wir, die Sozialdemokraten, um in den Boni Niiii- semitismus gegrabenen Furche» des Klassenbewußtseius der arbeitenden Bevölkerung ans dem Lande den Samen des SozialiSmus auSzustreue». Das „Hamburger Echo" erscheint täglich, außer Montags. Der Abonncmcutöpreis (inkl. „Die Reue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. des Post- katalogs 2846) ohne Bringegeld vierteljährlich Jtt. 4,20; durch die «vlportöre wöchentl. 36 4 frei in’« Hau«. Verantwortlicher Redaktör: E. Hciue in Hamburg. dazu veranlaßt worden. „Wie kann ein Richter fv etwa? verantworten?"" f aufmerksam zu machen und zu verwarnen, dann wäre die Sache aufgeklärt worden. Statt desieu führte er ihn weiter bis zur letzten Frage: „Nehmen Sie das auf Ihren Eid?* Hat der Zeuge mit feiner Ant - wort „jawohl" einen Meineid begangen, so ist er Da? erinnert an allerdings etwas anders liegende Vorfälle, die vor zwei Jahren hier in Ham - burg vor Gericht gegenüber sozialdemokratischen Zeugen von dem damaligen StaatSawalt Rome» pro- voziri wurden. Eiu Tcmeuti. — Vor einigen Woche» ging durch verschiedene Bläiter die Mittheilung, daß im Zuchthaufe zu Nawitsch eine Prügelmaschine in An- Wendung gebracht worden sei. Dieser Mittheilung wurde damals nicht widersprochen, so daß, als dieser Tage von einem literarischen Biireau verschiedene auch von uns mitgetheilte Einzelheiten über die An Wendung der Maschine gegenüber dem Einbrecher Kringel und zwei anderen Jnsasiei: des Rawitscher Zuchthauses gemeldet wurden, diese Mittdeilnngen um so glaubwür- biger erscheinen und ihren Weg in die Presse finde» mußte». Ehe noch die erwünschte nähere Ans- klärung in Verfolg einer int Abgeordnetenhanse ein- znbringenden Interpellation gegeben wird, wie dies ver - schiedene Blätter vorgeschlagen haben, wird dem „Pos. Tagebl " von amtlicher Seite mitgetheilt, daß bei der Vollziehung von Prügelstrafen im Znchthause zu Rawitfch die Betreffende» auf ein hölzernes Gestell f e st g e s ch n a 11 t würden. Ei» Aufseher handhabe eine kurze, lederne Peitsche auf daS Gesäß. In dieser hergebrachten und vorschriftsmäßigen Art habe auch die Züä-tigimg jener drei Sträflinge, darunter deS berüchtigten Einbrecher; Kringel, die a»S dem Zucht- Hause ausznbrechen versuchten, ftattgefuiibcn. Eine Prügelmaschine sei nicht vorhanden. Die „Rordd. Allgem. Ztg “ wundert sich darüber, daß diese der „geschästigen Phantasie" eine« Reporters entsprungene Mär von einer großen Anzahl deutscher Zeitungen, darunter sehr bedeutende und einflußreiche Blätter, unbesehen als baute Münze weiter gegeben, und hier und da sogar zu „politischen Rand- glossen in demokratischem Geiste" benutzt mürbe. „Es ist" — sährt da? osfiziöse Organ fort — „doch eine eigenartige, die deutschen Preßzustände nicht sehr erbanlid) kennzeichnende Thatsache. DaS deutsche Publikum ist bekanntlich nicht wählerisch in seiner ZeitnugSkost, und die Zeitungen müssen von Geschästs- wegen bemüht sein, seinen Gaumen mit allerlei scharfen Zuthaten zu kitzeln; das Märchen von der Prügelmaschine verräth aber, daß, Dank der „pikanten" Kost, Urtheil und Geschmack in weite» Kreisen überhaupt ubhunde» gekommen sind." Die „Nordd. Allgem. Ztg." hat gar keine Ursache zu solch' hochtrabendem Gebühren. Daß die Mittheilung Verbreitung iu der gelammte u Presse sand, zeigt |uc vni Kiäner Linh hi? stöbe blieb nicht v1,1,1 a/toiuaq , > Tv * r Sr wurde uem, rn G 7 r nL,Tr » i Berlin c.uffnet worden Ueber die Verhandlungen be- gelejene» Strafen nicht ihn, sondern seinen Bruder r, ro,1Ia &t feine Entlassung ans dem vichteu wir au anderer Stelle unseres Blattes ans- betroffen haben. Wie nun «nch in dieser.^we- 1 ö" nehmen und ist bald darauf in weite gern' sührlich. Huuptgegenstand 6er Tagesordüting ist be- hung die Sache sich verhalten habe, so wußte do» offen- Die BmseUtttt'sche Praxis ist immer noch Gegenstand lebhaftester Erörterungen in allen Theilen des Reiches und in den Kreisen aller Parteien. Aus Süddeutschland schreibt man uns: Bis weit in konservative Kreise hinein hat das Urtheil der Strafkammer in dem Berliner Kriminal - prozeß gegen die neun Redaktvre und das Vorgehen des Präsidenten Brausewetter peinliches Aufsehen, Entrüstung und Verurtheilmig erfahren. Die kritischen Glossen, dir. selbst von höheren Beamten darüber gemacht wurden, sind zum Theil derart, daß sie aus preßgesetzlichen Gründen nicht reprodnzirt werden können. Ist es möglich, fragt inan sich, daß ein Gerichtshof den Au- gaben der Polizeibeamten — die doch nicht als unbe - fangene Zeugen betrachtet werden können, da sie selbst die Angeklagten der öffentlichen Meinung waren, die in der Presse ihren Ausdruck sand — größeren Glauben schenkt, als den übereinftiinmenben Aussagen der andere» Zeugen, darunter Herr v. Egidy, dessen subjektive wie ob - jektive Glaubwürdigkeit über jeden Verdacht erhaben ist und der bezeugte, er habe sich zurückgezogen, weil ihn das Schauspiel, wie die Polizei mit den Arbeitslosen verfuhr, ekelte, und daß die Versammlung den Eindruck bet Ent - kräftung und Furcht gemacht habe; ttnb bet ferner er - klärte : jeder Mensch, ob er nun christlich-religiös, ord - nungsliebend, ehrlich, gut, ja auch nur feinfühlig sei, müsse von tiefstem Schmerz erfüllt werden, wenn er dieser Vorgänge gedenke. Ist es erhört, fragt man sich weiter, daß ein Gerichtspräsident sich herausnimmt , zu einem Redaktör zu sagen: „Sie werden doch zugeben, daß die ganze Tendenz Ihres Blattes blos auf das Hetzen gerichtet ist", und ein Staatsanwalt sich erlaubt, von einem gewissenlosen Literatenthuni zu sprechen! Was würde wohl einem Vertheidiger geschehen, der von einem „gewissenlosen Kriminalbeamtenthum" spreche» ober zum Präsibenteit sagen Würbe: „Sie werben doch zitgeben, daß die ganze Tendenz Ihres Vorgehens ist, den An - geklagten unter allen Umständen zu verurtheilen l" Was soll man dazu sagen, baß ein Gerichtspräsibent die Existenz des Lockspitzefthnms überhaupt in Abrede stellt, unb über die öffentliche Meinung — das ist eben die Gesammt- bevölkernug, b a5 ist das dentsche Bo Ik in feiner Gesammtheit, das die Richter besoldet ll-ü d la. Jutj f.e n Dien st die Richter stehe» — M mit unverhohlener Geringschätzung äußerl : „Ach was, die Oeffentlichkrit existirt nicht l" Es wäre zu wünschen, daß Herr Brausewetter und seine Mitrichter in diesem Prozeß die Kommentare ge - hört hätten,, welche anläßlich desselben über seine Hand - habung der Geschäfte in Süddentschland gemacht wurden, von Männern gemacht wurden, die der Sozialdemokratie gänzlich ferne stehen und die dabei an den kürzlich in den „Hamburger Nachrichten" erschienenen Artikel erinnerten, über das gute Recht der Presse, die öffent- lichen Jntereffen zu vkrtreten und an der Bureaukratie Kritik zu üben. Der Artikel schloß: „Hier muß Freiheit herrschen unb so lange nicht aus der Form, in der die Wahrnehmung berechtigter öffentlicher Jntereffen durch die Presse erfolgt, der animus in- juriandi (Absicht, zu beleidigen) hervorgeht, muß Straflosigkeit garautirt fein, sonst ist es mit der Preßfreiheit zu Ende. Die Auffassung des Reichs- gerichts (im Fall Harden, der § 193 des St.-G.-B. er - fordere ein individuelles Interesse) widerspricht bett heutigen politischen Verhältnissen; sie mag für China oder Japan paffen, nicht für Deutschland." — Freilich, wer anders als der geheime Chefredaktör der „Hamburger Nachrichten" hat die Presse wie die Justiz auf das Nivea» der chiuesischeit und japanesischen herabzudrücken versucht? Wer anders als er hat der Justiz daS Gift der Korruption einznimpfeii gesucht unb sie zwingen wolle», sich für Kapitalismus unb Reaktion zu pro- ftituiren unb als feigenblattloje Klassenjustiz sich zum Werkzeug der Klassenherrschaft mißbrauchen zu lassen ? Es ist recht schön von dem fütjrenben Organ ber Nationalliberalen, bet „Nationalzeiknng", daß sie sich über Herrn Brausewetter ereifert. Aber ist dessen Auf- treten nicht eine Konsequenz bes Bismarckregiments, vor dem die Natioualliberalen noch heute auf beut Bauch rutschen und deffeit Wiederkehr sie so heiß ersehnen? In Württemberg hat voriges Jahr ein Kriminal - prozeß gleiches peinliches Aussehen gemacht, wie der in Rede stehende. Einem hochgestellteii und sehr bekannten adeligen Herrn, Schlviegersohii eines vielfache» bürger - lichen Millionärs, wurden in ber weiten Oeffentlichkrit antike erotische Neigungen unb entsprechenbe Handlungen nachqesagt. Die Fama hatte sich sogar über einzelne Details so verbreitet, daß die Sache unbebiugt als skandalös zu bezeichnen war. Es war gradezu publizi- stische Pflicht der Preffe, von dem Gerücht — das voll- komme» ernst zu nehme» unb offenbar teilt bloßer Stadt- klatsch war — Notiz zu nehmen. Aber tritt anderes Blatt hatte hierzu den Muth als bas sozialdemokratische. ES geschah indeffen mit aller Reserve unb Delikatesse. Aber siehe da, der Bezichtigte, seinem Hosamt unb beut schweren Gelb sack seines SchwiegerpapaS vertrauend, war dreist genug, gegen den sozialdemokratischen Redaktör Straf- klage anfiit strengen unb ber Rebaklör wurde zur allge - meine» Ueberraschuiig in allen Instanzen zu einigen Monaten verurthrilt, trotzdem die Jndizie» ztt Ungnnstett des Klägers so erdrückend waren, daß jeder gesunde Laienv.rstanb deu Kops dazu schüttelte und eS unerhört fand, daß der Redaktör wegen Verleumdung unb nicht vielmehr der Kläger wegen Unzucht vertirlheilt würbe. Bald nachher wurde von unbekannter Seite eine anonyme verduftet. Und wie die Zeftnngen erst kürzlich be- richtete», wild der Prozeß gegen den 6er- urtheilten Redaktör aufs Reue ausgenommen werden und eS ist nicht daran zu zweifeln, daß daS Strafurtheil aufgehoben wird. Wir erwähnen diesen Fall, der wegen seines lokalen Katasters in der auswärtigen Presse nur sehr spärlich erwähnt wurde, nicht blos wegen etwaiger Analogie mit dem Berliner Neuu-Redaktör-Prozeß, sondern um daran zu zeigen, daß der Thron der Unfehlbarkeit, auf dem die moderne Justiz sich breit macht, keineswegs ans granitenem Sockel ruht, und daß die öffentliche Meinung, die für Herrn Brausewetter Lust ist, noch Mittel und Wege findet, sich geltend zu machen und die Justiz, selbst in den höchsten Instanzen, zu korrigiren. Xie Regierung der „freien" Schweiz macht sich immer mehr zum Büttel ber internatio - nalen Reaktion. Während sie früher die An - archisten einfach ans wies unb ihnen überließ, zu gehen, wohin sie wollten, befördert sie dieselben jetzt zwangsweise an die Grenze» ihrer Heim ath- staateii. DaS ist die Auslieferung in bei Wortes vollster Bedeutung Und was mau Anarchisten thut, daS wird man gegebenen Falls auch gegen Sozialisten, die vielleicht als politische Flüchtlinge in der „freien“ Schweiz ein Asyl gepicht Haven, zu zerifche Pa r t ei • presse läßt <6 au Schärfe des Urtheil« über diese« Verbreche» nicht fehlen Der „Grütlianer" schreibt: „Früher hieß es: wer falsch geschworen, dein werden die Schwörfinger schwarz und es wachse ihm die Hand heraus zum Grabe. „Iu diesenr naiven Volksglauben drückte sich die Achtung vor dem Wahrhritrmnthe unb der Manue«- überjcugung aus. Heute opfert mau leichten Herzen« diese „idealen" Guter dem sogenannten „Partei'wohl unb dem allerniedrigstett Klassenhaß .... Das ist er - bärmlich. „Dr. Wassilieff hat am 19. Juni 1898 feine Pflicht gethan. Er hat vom Streite abgewehrt u»d zwar enter eigener Lebensgefahr. Die Zivil- und