8. Jahrgang. Nr. 183. Ham tmrger Echo Donnerstag, den 9. Angust 1894 wur Lou Ser WeMßhne 9ff(fir8ntungen brr Brrkint-, Redr- und Kreftsrrf^it rotldje da« polikischr JJebrn an# der vrffrntlrchkcr» ii ba< DuiikrI br# fflfhctmniffr# brängrn müssen, geeignet h»li aW Gegenmittel, daß „feine anarchistischen Nomp lotse ausgeheckt" werben? Die polnische» Parteigenossen De«tschla»dS halten zu Weihnachten in Berlin ihren zweiten Parteitag ab. Da« Hamburger tScho" erscheint täglich, außer Montag». Der AbonnemcntSprcio (intl. „Die Reue Welt-) beträgt: durch du Post bezogen (Nr. de« Post- katalog« 2846) ohn. «ringegelb vierwljährlich A 4,20; durch die Kolportdr. wochenU. 36 4 ft« m» «an». Verantwortlicher RebakiSr: R. Stcuzcl i> Hamburg. Versammlung z n verbteten. , nicht tvahr? Antisemiten und Sozialdemofraien schwimmen ja sowieso, Gras Caprivis hoher Autorität zusolgc, in deiuselbeu Fahrwasser. Wie sein man bann in Preußen mit dem neuen Vereins' und Versamiulungsrecht Sozial- beniofraten und Antisemiten, Chnsttich.Soziale imb Agrarier nuierfriegen fönnte I . . . Sollte der preußische Landtag wirklich für ein Gesetz zu haben sein, d a 9 a n i Rückschrittlerthuu» noch über dasProdufti der preußischen ReaftionSepoche hinaus- geht, so müßte in unseren Preisen bet Rus nach einer r e i ch s g e s e tz l i ch e n R c g e l u » g de» Vereins- und Versammlnngsrechts immer lauter erschallen/ Sehr richtig bemerkt die Korrespondenz sür Zentrums- blätter: .Wird das preußische VersawutlungSrecht in diesem Sinne geändert, so sind nicht blos die sozial - demokratischen und anarchistischen Versammlungen, son- beut die Versammlungen aller bürgerlichen Parteien der PolizeibehSrde ans Gnade oder U n. gnabe au »geliefert. Bei jeder Ansammlung von Menjchenmaffen läßi sich bei schlechtem Willen eine Ge- fahr für die .Ruhe" rc. entdecken. In bewegten Zeiten, z. B. in eitlem Wahlkampfe, natürlich erst recht. Gegen- über einem solchen Polizeiwillfür-Paragraphen, der ave unbequeme Opposition trifft, war ja das verflossene Sozialistengesetz noch milde zu erachten, da eS blos Versammlungen betraf, in denen fozial- A N r t i g t u werden die iechSgespaltcue Petit, eile »bet deren HK um mit 30 4, für den stlrbeitömarkt, VermiethungC und Fantilienanzeigen mit 90 4 berechnet. Anzeigen 4l»nähme in der Lrpedilwu (bi» 6 Uhr 4lbdö.), sowie in jeuimtl. AuiwiwewBmeaus Redaktion und Lzpedttion: Wroste Thea irrst raste 44 in Hamburg. chütteru sännen. DaS hat aber der große Cornelius Herz gethan, der einen Abgrund der Korruption ausriß, wie man ihn ähnlich nur in den schlimmsten Zeiten der römischen Republik gesehen. Me Begriffe von Anstand, Rechtlichkeit und Ehre sind zum Hohn geworden und wie häßlicher zäher Schlamin lagen aus allen den jo glänzenden historischen Errungenschasten Frankreichs der PanamismiiS. Man sah die Panamisten bei der Er- morbung CarnotS Krokodilsthränen meinen und hörte sie am französischen Nationalfesttage von der großen Revolution und von der Erstürmung der Bastille sprechen. Wer möchte sich da nicht mit Widerwillen abwenden ’ Und zur selben Zeit wird unter dem Vorwand der Bekämpfung deS Anarchismus Aller unter Aus - nahmegesetze gestellt, war eS noch wagt, gegen all' diese elenden Zustände aiizukämpfen und waS dar Heil der Republik in der Säuberung von dem Pana- miSmuS erblickt. Ja, JanräS hatte ganz treffend be - tont. daß alle Check-Empfänger für die abfitzen, noch die 3000 Franks bezahle». Denn er ist vorsichtiger Weise in England geblieben und hat sein Nichterscheinen vor den französische» Richtern wie zum Hohn mit ärztlichen Attesten begründet, die ihn als schwer krank bezeichneten. Die französische Regierung könnte seine Auslieferung, nachdem er nunmehr als gemeiner Verbrecher verurtheilt ist, verlangen, und England müßte auf Grund der in ter nationalen Vereinbarungen diesem Verlangen ohne Weiteres stattgeben Aber die elende Bourgeois-Regierung in Paris, die täglich den Mund voll geschwollener Phrasen nimmt und die sich geberbet, als habe sie die .Ehre", die „Sittlichkeit" und die „Zivilisation" der ganzen Welt zu vertheidigen, muß kläglich die Segel streichen vor dem frechen Gauner, der an der englischen Küste sitzt und sich über die in Frankreich gegen ihn gespielte Komödie lustig macht. Denn etwas Anderes als eine schimpfliche Ko- mödie ist der Prozeß vor dem Zuchtpolizeigericht nicht gewesen und kann et nicht gewesen fein. Die französische Regierung muß sich vor 6en Enthüllungen des Herz fürchte» und die gegen ihn ausgesprochene Strafe wegen „Erpressung" wird unvollstreckt bleiben. So zweck - mäßig ist diese französische Bourgeois-Justiz eingerichtet, daß man den Herz nur wegen „Erpressung" bestrafen kann 1 Man weiß, warum man ihn zart behandelt. Fünf- hundert Panama • Diebe, die Blüthe der Bourgeoisie, haben sich gegenseitig für „Ehrenmänner" erklärt, nach dem einige Sündenböcke auf dem Altar deS Vaterlandes gejchtachtet worbe» sind. Man nahm es schon als eine» Akt catonischer Strenge auf, daß ein früherer Minister, der nicht herausgelogen werden konnte, auf die Anklage- baut kam. Die Wähler ließen sich durch die Lügen der Pauama-Blätter täuschen und wählte» die ganze Rotte wieder. Der Gauner Herz könnte diese ganze Komödie mit ein paar Federstrichen wirkungslos machen «nd die sämmtlichen Panamisten, die sich in die Staatsstellen und in das Parlament gedrängt haben, von Neuem bloß stelle». Darum wird man sich hüten, seine Auslieferung zu begehren; er wird in aller Gemüthsruhe in England von seinem Raube herrlich und in Freuden leben können. In seiner Art ist Herz ein Mann von psychologischem Scharfblick. Er hat die französische Bourgeoisie voll - ständig erkannt und wußte, daß unter einem glänzenden Aenßeren dort Alles faul ist. Während die rechte Hand republikanischeEide schwört, streckt f i d) bi e linse aus, um „Trinkgelder" und „Checks" zu empfangen. In Erkenntniß dieser Eigenschaften hat Herz die herrschende Klasse Frankreichs mit wenigen Ausnahmen zu seinen Füßen gesehen. Darin liegt eine furchtbare Lehre. Um diese Bourgeoisie sich dienstbar zu mache» und aus ihre» Händen den ganzen Apparat des Klaffenstaate? zu empfangen, dazu braucht es keinen Prätendenten mit großem Namen, mit mar - tialischem Wesen und staaismännischem Kopfe. Dazu genügt schon ein Kerl wieCorneliuS Herz, ein Börsenjobber höheren Stils. Diesem Menschen war von der Bourgeoisie die dritte Republik »»«geliefert worden, bis endlich der Skandal zu groß wurde und der Abenteurer, der sich noch nicht genügend befestigt hatte, entfliehen mußte Der Anarchismus, welcher die Propaganda der That" befolgt, hat mit feinen wahnwitzigen Mordthaten weder das staatliche noch gesellschaftliche Gefüge er- Die deutsche Presse scheint es den Gerichte» me - ntal« recht mache» z» köttueu. Eine neue Zwick - mühle für die erste ist durch eine eigenartige Aus - legung des BertcyNgut.gsp^agiaphett geschaffen worden, die von der zweiten Zivilkammer des Landgerichts in Aachen ausgegangen ist. Nach dem Erkenntniß dieser Kammer hat sich die deutsche Preffe in einem durch die konsequente Praxis ber Oerid) tf ge - nährten, vollständigen Irrthum befunden, wenn sie angenommen Hal, eine Berichtigung müsse auf Grund des § 11 des Reichspreßgefetze« unver - ändert, ohne Weglassungen ober Einschal - tungen ausgenommen werden, wie es der W 0 r t • laut des § 11 klar und deutlich verlangt. An diesen klaren und deutlichen Wortlaut deS Berichtigungs- Paragraphen soll sich »ach dem erwähnte» Erkenntniß bet Zeitung« Redaktor nicht kehren; eine „sach - gemäß e" Berichtigung besteht, nach dem erwähnte» Erkenntniß, vielmehr darin, daß der Redaktör aus der ihm zugestellten Berichtigung das Wesentliche her- a u 8 n i m m t, Alles aber, waS ihm unwesentlich oder ungehörig scheint, wegläßt. § 11 des Reichs-Preßgesetzes lautet im ersten Absatz: Der verantwortliche Redaktör einer periodische» Druckschrift ist verpflichtet, eine Berichtigung der in letzterer mitgetheilten Thatsache» auf Verlange» einer betheiligte» öffentliche» Behörde oder Privatperson ohne Einschaltungen ober Weglassungen anfzunehmen sofern die Berichtigung von dem Ein- fenber unterzeichnet ist, feine» strafbaren Inhalt hat und sich auf thatsächliche Angaben beschränkt. Gegen die Berliner „Volks-Zeitung" war noch im vergangenen Jahre sogar eine Klage anhängig gemacht worden, weil sie eine ihr zugegangene Berichtigung nicht wörtlich abgebruckt, sondern eine dritte Personen beleidigende Wendung a»S derselben ausgemerzt hatte, da eine ZeitungSredaktion doch durch den Be- richtigungS-Paragraphen unmöglich gezwungen werden tSniie, eine strafbare £>anblung z it begehen. Die Klage ist in Folge Verjährung leider nicht zum Anstrag gekommen Jetzt aber werden wir dahin be - lehrt, daß grabe eine „sachgemäße" Berichtigung sich als eine nicht wörtliche Wiedergabe der ringe- sandte» Berichtigung darstelle. Bei der vorliegenden Entscheidung handelte es sich auch um eine der „Bolksztg." zugegangene Berichtigung, und zwar ausgehettd von der Oberpostdirektion in Aachen Ausnahmegesetz e gestimmt haben. Sie wußten natürlich sehr wohl, warum. Unter diesen Umstände» giebt es keine größere Täu - schung, als wen» man glaubt, der gegenwärtige Zustand in Frankreich könne und werde von Dauer sein. Das kau» er nicht. Der große Anarchist, der mit dreitausend Franks Geldbuße die Ehre der französische» Bontgeoisie wieder Herstellen soll, hat in Frankreich Alle« zu gründ- lich uuterwühlt. Die Pfeiler der Gesellschaft sind in’« Schwanken gekommen und es muß erst eine neue Grund - lage geschaffen werden, wen» das Eenieiitwesen wieder Festigkeit und Dauer erhalten soll. Alle reaktionären Bestrebungen sind dazu nicht im Stande. Diese neue Grundlage können nur d i e Ar- b eite r und der Sozialismus schaffen. D'k reaktionären Unkenrufe nach Beschränkung der so schon unsagbar knapp bemessenen Bolksrechte Be - wegen sich nicht mehr blos ans bent Gebiete des Vereins- und Versammlungsrechtes; die hitzigsten unter den Schreier» nach neuen Knebelgesetzen wollen auch der Presse neue Zügel anlegen. Das seit Langem int reaktionären Chorus an der Spitze matschirende Leib- organ des>König§ Stumm, die „Post", schreibt: „Sollte man meinen, daß durch eine solche Aende - rung des VereinSgesetzeS ausreichende Schutz- iv ehren gegen bie sozialdemokratische Propaganda geschaffen seien, so wäre dies, wie schon die Erfahrungen in Sachsen und Hamburg lehren, ein Irrthuui. iSae gepluui wirb, mjjt nur eint Seite ber Sache, läßt aber weite Gebiete ber Agita - tion, namentlich das ber Presse und der Pro - paganda von Mund zu Mund, ganz un - berührt. Soll wirklich geholfen werden, so müffen zu - nächst die sozialdemokratischen Agitatoren auf der ganzen Linie vollstäubig un - schädlich gemacht werben. Dazu bedarf es selbstverständlich noch weiterer Rbwehrmitlel, als der Verschärfung des Vereinsgesetzes." Die „Post" hat uns also eine hübsche Bescheerung zugedacht. Um die „Propaganda von Mund zu Mund" zu ersticke», wird sie vielleicht noch jedem Arbeiter einen Maulkorb oder einen Knebel in den Mund verordnen wollen. Auch die „Kons. Korresp." stimmt in die lieblichen Knebelschalmeien ein. Sie meint: „Wie das Abgeord - netenhaus, wie insonderheit die konservative Fraktion zu diesem Unternehmen sich stellen werbe, mag unerörtert bleiben, bis authentische und klare Nachrichten über Um - fang unb Inhalt dieser Gesetzesnovelle vorliegen. Man wird aber heute schon die Ueberzeugung anssprechen dürfen, daß eine noch so verschärfte Vereins- undBerfammlungsgesetzgebnng nur wenig gegen die Umsturzprvpaganda ausrichten werde, wenn der Sozialdemokratie auf dem Gebiete der Presse volle BewegungSfteiheit bleibt und wenn — wie die« leider mit Recht beklagt wird — die gesetzlichen Bestim - mungen gegen die Sozialdemokratie vielfach nur m i t auffallender Zaghaftigkeit an gewendet werden." Um die „auffallende Zaghaftigkeit" zur beurtheilen, mit der die Gesetze gegen die Sozialdemokratie an ge - wendet werde», braucht man nur die monatlichen Straf - register anzusehen. Das Stöcker'sche Organ „Volk" wehrt sich dagegen gegen die hübsche» Pläne der Reaktiv», weil es mit Recht fürchtet, daß auch die Antisemiten davon getroffen werden könne». Das Blatt meint, durch Erfahrung gewitzigt. „Also das Hamburger Vereins- und Versamm- lungsrecht ist das Ideal für die vereheliche „Nord- teutsche" l Das glauben wir gern. Mit diesem famosen Recht war eS bem Hamburger Senate ja mög - lich, den Antisemiten über ein Jahr lang jede Der Pericht der Uommissio» für Arbeiter - statistik über die Regelung der Arbeit-zeit in Bäckereien und Koiibitoreien ist jetzt im „Reich-- aitjeiger* veröffentlicht worden Er umfaßt 5 Seite» desselben Wir geben zunächst den in 18 Paragraphen formnlirten Entwurf der bett. Bestimmungen wieder. Sie lauten: § 1. In Bäckereien bars bie Arbeitsschicht bet Gehülfen bie Dauer von 18 Stunden, ober, fall- die Arbeit durch eine Pause von mindestens einer Stunde unterbrochen wird, einschließlich dieser Pause die Dauer von 13 Stunden nicht Überschreiten. Die Zahl der Ar - beitsschichten darf für jeden Gehülfen wöchentlich nicht mehr als 7 betragen Zwischen beu Arbeit-schichten muß den Gehülfen eine ununterbrochene Ruhe von mindestens 8 Stunden gewährt werden. Während eine» Zeiträume- von zwei Stunden außerhalb der zulässigen Arbeit-schichten dürfen die Gehülfen zu gelegentlichen Dieustleistungeu de» (Be - werbet, jedoch nicht bei der Herstellung von Waare» verwendet werden. § 2. Aus bie Beschäftigung von Lehrlingen finden die vorsteheuden Bestiinniiingen mit ber Ma »gäbe An- Wendung, daß die zulässige Dauer ber ArbeitSschicht int ersten Lehrjahre 2 Stunden, im zweiten Lehrjahre eine Stunde weniger beträgt als bie für bie Beschäftigung von Gesellen zulässige Dauer der Arbeit-schicht. § 3. Aus Konditoreien finden die vorstehenden Be» fliinmiuigen mit bet Maßgabe Anwendung, daß 1) die Dauer bet Arbeit-schicht (§ 1 Absatz 1) an einzelnen Werktagen überschritten werden darf, wenn die Arbeitsfchicht an anderen Werktagen betfelbru Boche um die Dauer der Ueberfchreitung verlürzl wird, unb 2) bie ArbeitSschicht an Sonn- unb Festtagen die Dauer von 8 Stunden nicht überschreiten darf. § 4. Ueber die in §§ 1 bi« 3 festgesetzte Dautt dürfen Gehülsen unb Lehrlinge beschäftigt werden: 1) an Denjenigen Tagen, an welchen zur Besriedi- eines bei Festen oder sonstigen besonderen Gelegenheiten hervortretenden BedürsnisseS die höhere Benvaltnng-- behölde Ueberarbeit für zulässig erklärt hat; Der erste AmM FmkreW. o Er gehört nicht zu Denen, welche Dolch soder Bombe anwenden und doch hat er mit feinem Attentat Frankreich schwerer getroffen, als alle anderen Attentäter. Er wird nicht vom Anarchifleugefetze getroffen und die Gerichte haben ihn nicht zum Tode verurtheilen können. Und dennoch, wenn man die mit so viel Geist und Schärfe begründete Theorie unseres Genoffeu I a u r' « anerkennt, nach welcher die Nährväter des Anarchismus in den Trägern der gesellschaftlichen Korruption zu suchen sind - sann man dann einen gefährlicheren und bedenklicheren Aitarchisteii finden, als Cornelius Herz, den Urheber deS Panama- Skandals? Das Zuchtpolizeigericht zu Paris hat diesen großen Anarchisten zu 5 Jahren Gefängniß und zu 3000 Frank- Geldbuße verurtheilt. 3000 Franks Geldbuße für den Mann, der Frankreich um so viele Millionen bestohlen und beschwindelt hat I Er wird weder die fünf Jahre »ahmten hochverräiherifchen „Reminiscenzen" - Artilel Bezug hatte Wohl aber hieß mau eint weitere .Re - miniscenz", einige mit einer kurze» Einleitung versehene Gedichte von Hoffmann von Fallersleben aus dem Jahre 1842 —45, die bat PHUisterthunr kenn- zeichnen, mitgehen." Die „Franss Ztg." schreibt zur Sache: .Da» Ber- brechen soll geschehen jem durch den Abdruck eine- Flug - blattes aus der 1849er Bewegung, in dem zur Gründung der Republik aufgesordert wurde Mau hat et als» hier mit einem historischen Dokument zu thun, dessen Inhalt die Redaktion wiedergab, ahne ihn sich anzneignen. Die Anklage steht danach auf sehr schwachen Füßen, woran auch di« Mannheimer Staatsanwalt - schaft, die sich bereits zur Enttaffnng der beiden Direktoren der „Bvlk-stiu»»e" entschließen mußte, kaum mehr g Weiseln dürste. Mit Recht wirb man fragen, ob beim diese Verhaftungen überhaupt nothwendig waren, zumal die Herren Dreesbach und Fentz sich durch - aus loyal verhalten haben. Jedenfalls wirb der staat-- anwaltfchastliche Eingriff dazu beitrage», die etwa- er- schütterte Herrschaft der Sozialdemokratie iu Mannheim neuerding- zu befestigen Vorläufig wird man auch an - zunehmen haben, daß da» Vorgehen de- StaatSauwalte» aui eigener Entschließung und nicht etwa aus Karlsruher Weisung beruhte E» läge übrigen« keine gering«, aber auch keine ungewohnte Jroui« darin, wen» die Nachkommen der 1849c^r Kämpfer, bie sich heute zum guten Theil in Amt und Würben be - finden, de «Versuch einerwahrheit-gemä ßen Geschichtsschreibung der Thaten ihrer Vorfahren durch den Staatsanwalt »er. folgen ließen Sehr enttäuscht ist die nationalliberalePresse über die Haftentlassung Dreesbachs. Sie hatte mit schlecht unterdrücktem Jubel daraus ausinerksam gemacht, daß Dree-bach nun nicht mehr in de» Streit mit Rüdt eingreifeu könne, denn „er werde sobald nicht wieder die Thüren de< Geföngniffe« hiuter sich zumachen können". Die Freud« wenigsten« war nicht von Dauer; darüber hinan- aber wäre sehr zu wünschen, daß die süddeutschen Regierungen dem Ansturm bet sozialistenfresserischeii Reaktionäre gegenüber mehr „Muth der Kaltblütigkeit" bewahren, al» er nach gewissen Anzeichen leider ber Fall zu fein scheint." wurde tu beu Wohnung«» ber Genossen Dree-bach. Fentz und Teufel gehau-sncht Gefunden de nicht«, was auf den am Sou nabend beschlag Zur Maunhcimcr .Hvchverrath«" AfiSrr schreibt unser dortige- Parteiblutt, die „BollSstimme" : „Wiederum wurden wir gestern von einer umfang - reichen Haussuchung heimgesucht. Dieselbe be- schränkte sich nicht blos auf die Redaktion, sondern auch auf die Druckerei und die Expedition Zu gleicher Zeit Mit den Schweinen hat der Ez-Hero- in Darzin jüngst die Anarchisten vergliche». Ein Interviewer pumpte ihn auS, um feine Meinung über die Maßregeln gegen die Anarchisten zu erfahren, worauf Fürst BiSmarck meinte, man müsse es mit den Anarchisten so mache» wie in Barziu mit bei Schweinen, man müsse sie ein- sperren Bon internationalen Vereinbarungen halte er nicht viel. Trüge nur jeder Staat innerhalb feiner Grenze» gehörig dafür Sorge, daß keine anar - chistische» Komplotte auSge heckt Würden, dann würde bald wieder Ruhe unb Ordnung in das Land zurückkehren. Schade, daß der Exkanzler nicht bie Konsequenz feines „Gedankenblitze»" gezogen hat. Ma» sperrt die Schweine doch nicht des Einsperrens wegen ein, sondern weil man sie „zum Fressen lieb" hat. Wie wäre eS mit dem Vorschlag, die Anarchisten gleich in die Wurst zu hacken? Dadurch würden doch endlich unsere „Kultur". Staaten die Höhe des — Kannibalismus erfiimmeit. Ob Fürst BiSmarck übrigens wohl die jetzt geplanten ei, sondern um die Wahrung deS Prinzip-, d. h nm bett Schutz der Presse gegen eine zu weit- , gehende Benutzung be» § 11. Indeß erkannte am , 8. Januar d. I. da» Amtsgericht und am 9. Juni d. I. - die zweite Zivilkammer de« Landgericht» in Aachen, daß i die „Volks - Zeitung" mit ihrer Klage kosten- pflichtig abzuweisen sei, da ber ohne Weg- taffunge» unb Einschaitungen erfolgte Abdruck der Berichtigung der Ober Postdirektion keine „sachgemäße" Erledigung des Berichtigiiugsersuchens sei. Da» Land - gericht stellt sich auf den Standpunkt deS Amtsgerichte», daß der Abdruck de» ganzen „Berichtigmtgs".Schrei- den« der Ober-Pvstdirektion „durchaus nicht noth- wendig" gewesen fei. Wäre bie z u bericht!» g e n b e Mittheilung an» der Berichtigung bet Ober- Postbireklion iu „sachgemäßer" Weise bereu»ge- n 0 m nt e 11 worben, so hätte bie Berichtigung keinen größeren Raum beansprucht, al» die berichtigte Notiz. So die Deduktion des Landgerichte- in Aachen. Nach dieser gerichtliche» Entscheidung wird thatsäch - lich zweierlei Recht in ber Berichtigung-frage an - gewandt Da, wo wegen ungenauen Abdruck- der Berichtigung geklagt wirb, erkenne» bie Gerichte, baß die Press« wörtlich die Berichtigung nachzndrucken habe. Wo die Presse die- aber thut unb auf Grund bet PreßgesetzeS die Konsequenzen ber wörtliche» Aus - nahme ber Berichtigung gegen den Einsender derselbe» zieht, sage» die Gerichte, es fei Sache be» Redaktör», die Berichtigung so z» rebigiren, daß sie nicht über ben zulässigen Rau m h i n a » » g e h e. Wie e< die Presse also auch macht, sie bekommt in jedem Falle Unrecht. Die Furcht vor der Sozialdemokratie scheint manchen Gegnern bereits da» letzte Bischen klare» Denk- vermöge» i» politischen Dingen geraubt zu haben. Man höre nur, war der nationalliberale „Hannov. Courier" zu der jüngsten Heldenthat des Leipziger Stadtrath- jagt. Dieser hat bekanntlich die Verleihung dcS Bürger- rechte- an eine Reihe Leipziger Einwohner abgelehnt mit bet Motivirung, da» Bürgerrecht solle bie Gesammt - heit derjenige» Gemeindemitglieder umfasse», deren Ver - hältnisse die nöthigen Garantien dafür bieten, daß sie ein dauerndes Interesse am Aenteindewohl unb die Befähigung, für dasselbe zu wirken, besitzen, und die bot- ' genommenen Erörterungen hätte» ergeben, daß diese Gewähr in den Verhältnissen der Bewerbet um das Bürgerrecht nicht gegeben fei. Das ist wenigstens ' eine scheinbar sachliche Begründung Der „Hann. Courier" aber bemerkt dazu: „Der Leipziger Rath ist also ber Ansicht, daß Leute, bie so- zialdem akratischen Ideen huldigen, „kein dauerndes Interesse am Semeindewohl und nicht die Befähigung, dafür zu wirken, besitzen".— Eine radikale, aber ber sozialdemokratische» Rücksichtslosigkeit gegenüber immerhin entschuldbare Anschauung-weise." Ob das nationalliberale Blatt gar nicht bemerkt, welch einen Hieb e» unbewußt dem nationalliberalen Leipziger Stadtrath damit versetzt ? WaS der Stadtrath mit sachlichen Scheingründen hübsch zu verschleiern sucht, verkündet das nationalliberale Blatt offen al» Grundsatz Die Annahme, daß die Kategorie bet Zurückgewiesenen durchweg „sozialdemokratischen Ideen huldige", dürste freilich in Sachsen am eheste» jiitreffen; das berechtigt aber noch keineswegs zu bet absoluten Feststellung, um sie als „Recht-grund" verwerthen zu können. Wir b t. dauern, daß leidet noch nicht durchweg da» geringe Einkommen gleichbedeutend ist mit ber sozialistischen Ge- {Innung. Wäre das ber Fall, baun wäre es mit ber „otdunugS' parteilichen Herrlichkeit Matthä am Letzten. revolutionäre Bestrebungen zu Tage traten Auch dieser Paragraph deS AnsnahtnegesetzeS ist gelegentlich gegen nicht • sozialdemokratische Versammlungen miß- brancht worden ; was würde erst mit der geplanten allgemeinen Vollmacht geschehen? Sogar die jetzt bestehende preußische Bestimmmiz über bie Auflösung einer Versammlung ist trotz ihrer sehr klaren und präzisen Fassung vielfach mißdentet und grob mißbraucht worden. Hat bie gepriesene Vollmacht in Sachsen und Hamburg reizende Früchte getragen ? In beiden Staaten sind die Sozial- demokraten sehr stark entwickelt, und die Polizeikünfte in Sachfen diene» wahrlich nicht ber Rnhe und dem Frieden, sondern schaffen nur Herget, Streit und Er- bitterung.“ Daß die bürgerlichen Opposition» - Parteien alle Ursache haben, auf der Hut zu sein, beweist eine AuS- lassung des „Hambg. Corresp,", dahinlautend: „Wenn der gesetzgeberische Plan auch seine Spitze gegen die Sozialdemokratie richtet, sagt er, so giebt er doch der Staatsgewalt auch Wassen gegen andere gleichwertige demagogische Mißbräuche des Vereins- und Bersamnilungs- rechte« in die Hand." ES ergiebt sich daraus, daß der Plan der preußischen Regierung so ziemlich gegen sämmtliche poli - tische Parteien Anwendung finden kann. Denn was sind schließlich „demagogische Mißbräuche be# Vereins- und BerjammluiigsrechtS?" Darunter kann man Alles und jeden Tag etwa» Andere» oerstehen. Da» schmeckt, 1 Diese Berichtigung veröffentlichte die „BolkSzig." den klaren Vorschriften deS PreßgesetzeS gemäß Da die Berichtigung jedoch den Rau m der zu berichtigenden Notiz bedeutend überschriftt. so machte sie gegen die Oberpostdirektion in Aachen von dem dr i t t e n Absatz des § 11 Gebrauch, welcher lautet: Die Ausnahme erfolgt kostenfrei, soweit nicht die Entgegnung den Raum der zu berichtigenden Mittheilung überschreitet; für die über diese» Maß hinauSgeheuden Zeilen sind die üblichen @ i n- rückungSgebühren zu entrichten. Die „VolkSzig." erklärt, daß es ihr bei der alsdann vorgenommenen Einklagung derJusertionS- > e b ü h r e n nicht um bie paar Mark zn thun gewesen M Ur. n. R0mau von Jules Claretle. In antorisirter deutscher Uebertragung von Arthur R 0 ehl. (28. Fortsetzung.) . (Nachdruck verboten.) Und sich bann an eine andere kleine runde Frau die Hebamme, wendend, fuhr die Nachbarin fort • ®a« ist der Vater." * " Die Hebamme lächelte. „Sie komme» gerade zurecht " meinte sie, ein» der schönsten Bälge zu küssen, denen ich je aus die Erde Man ließ ihn in das Zimmer eintreten, in dem Laurtane neben der Wiege ihres «indes lag Lei e und behutsam schlich er hinein, von dem eigenthümlichen Ge- fühl überkommen, das jeden Vater bei diesem stets schreck- lichen Drama der Geburt überfällt, bei dem er, zur Un- thätigkeit verurtheilt, nicht helfen und nichts Anderes thun kann als ruhig in einet Ecke warten. „Schläft bie Mutter," meinte er zur Hebamme io wecken Sie sie nicht auf." " Jnbeß Lanriane schlief nicht, ihre Lider hatten sich nur ans Mattigkeit über ihre schönen blauen Augen qe- fenft. Bei dem leisen Geräusch, das Martial beim Ein. treten machte, Öffnete sic, bodi sichtlich mühevoll, ihre Augen und ein liebliches unbeichreibliches Lächeln sanften aber noch schmerzreichen Stolzes trat auf ihre Lippen' 3.^0^101 war bis zu Thränen gerührt, als er sie so bleich m,t so tiefen Augen und so hohlen Wanae, bänegeu , M. 2aUna " e VwäuberL Sie reichte ihm unter ber weiften Decke ihr» unb flüsterte ihm, mit den Augen nach der kleinen ver- üanb ei 1 *n^ 8l<9e IBei ^ nb ' bie i uc Linken ihres Bettes „Da — da liegt Deine Marthe. Deine Liebe fall Ku hab?"' IVa5 id> bitfer Stunde ajge“ Martial beugte sich über sie und drückte einen langen weihevollen Kuß dieser lächelnden Dulderin auf bie Stirn, die es eben an sich erfahren, daß von allen Titeln bet schönste ber ber Mutter, aber auch der schwerste zu erringen ist. Dail» wendete et sich von ihr ab. Es drängte ihn, sie, die Kleine zu sehen Laut pochenden Herzens näherte er sich der kleinen Wiege, schob vorsichtig die weißen, mit blauem Perealin uitternähteu Monsselinvorhänge leicht auseinander unb erblickte tm Lichte der mitergehenden, goldig durch die beruntergelaffciien Jalousie» be» Fensters hereinstrahlen- den Sonne, mit tiefer Erregung ein kleines, in warmen, weißen Decken fast verstecktes, noch rothes Geschöpfchen mit geschlossenen Augen unb mit einem noch kaum von bem ersten Hauch des Lebens umspielten ausdruckslosen Gesichtchen, das bem glücklichen Batet inbeß mit dem reizende» Mündchen, dem Grübchen in dem fetten Kinn und bet fleischige» Linie, die sich kokelt von der Nase zur rosigen Oberlippe hinzog bezaubernd erschien. Die Kleine lag müde voui ersten Kampfe mit dem Leben in ihrem erstell tiefen Erbeiischlumtner und bot mit ihren zarten, krampfhaft zusammengepreßten Fingetchen. den fetten aus den Decken hervorlugenden Händchen, die der Batet sorgsam unter das warme Bett zurücklegte, einen, Martial köstlich dünkenden Anblick, von dem er sich, das Hetz von Freude geschwellt, kaum zu trenne» vermochte. „Wie wunderschön, wie niedlich ist Deine Tochter," sagte er zu der jungen Mutter, „und wie sie Dir ähnlich sieht." Und dabei lächelte Lanriane. Schließlich jedoch verbot ihm die Hebamme ,edeS weitere Sprechen Er sollte daSKind schlafen lassen und nicht bie Mutier aufregen. Der Doktor hätte die tiefste Ruhe besohlen. „Gut, gut, antwortete Martial vergnügt, ich sehe, ich falle zur Lastl Wie wenig doch ein solcher Later gilt. Ist dem so, so will ich mich lieber entfernen. ” Und damit warf er Lauriane und der kleinen neu - geborenen Marthe ein paar fröhliche Kußhände zu Im Uebrigen empfand er jetzt das unwiderstehliche Bedürfniß, die frohe Kunde allen seinen Freunden mit- zutheilen Wie Hamelin sich wundern würde 1 Und was wohl sein Depotches sagen würde, wenn er erführe, daß es statt eines Sohnes, der das Polytechnikum besuchen sollte, ein Mädchen geworden. O, ich werde ihm schon sagen, daß mir eine Tochter ebenso lieb ist Ich werde schon für sie für eine anständige Ausstattung sorgen und ein« Erziehung soll sie erhalten, daß sich kein Ingenieur und kein Polytechniker einst ihrer zu schämen haben wird! Plötzlich unterbrach er sich, über sich selbst lachend: „Da denke ich ja gar schon daran, ihr einen Mann zu verschaffen", meinte er zu sich „Man merkt eS auf Ehre, daß Freude verrückt zu machen vermag." Und nachdem er noch rasch einen letzten glücklichen Blick auf Lauriane geworfen, die endlich einzuschlummern begann, eilte er, singend vor Wonne, dem Hause Etienne Hamelins zu. Der Weg bis dahin war nicht weit. Ueber den Boulevard Magente und den äußeren Boulevard war die Plaee du Thäätre in wenigen Minuten zu er - reichen. Martial wollte sich beeilen ; indeß, mit der tiefen Genugthuung, die er empfand, Vater zu fein, schien ihm Alle» ringsum einen so freudigen Anblick zu besitze», daß er sich unwillkürlich Überall aushielt. ES war einer jener warmen Sommerabende, an denen in diesem volk - reichen Stadtviertel nach der Hitze des Tage- Alle» auf die Straße» hinauskommt, um frische Lust zu schöpfen. Di« Bänke der Boulevard» waren von doppelten Reihen von Menschen besetzt, von Arbeitern in Hemdärmeln und Westen und Arbeiterinnen in weißen Blousen. Bor den gas- erhellten Cafss und Weinwirthschaften saßen die Gäste an ihre» kleinen Tischen auf der Straße und in fröhlichen Gruppen wogte es unter den Platanen auf und nieder. Hier umstanden Neugierige zu Hausen die Würfelbuden, in denen mau Ausschußvorzella» und bunte Blumenvase» gewann, dort drängte man sich um einen Eskaniotör, der seine Pokale und Zaubergeräthe vor sich auf einer halbzersetzten, befransten streifigen Leinwanddecke stehen hatte, und dazwischen priesen Eisverkäufer und Kokosnuß- Händler mit schriller Stimme ihre Erftischungen an. Bon allen Seiten aber hörte man fröhliches Rusen und Lachen von Kindern und überall sah man Linder-Reise» unb Kinber-BalloitS. Martial burchzog vor alle» diesen bewegten bunten Bilder» ein wahres Woiiiiegesühl. Die banale Szene, die er so oft in feinern Lebe» gesehen, schien ihm heute von einem poetischen Zauber verklärt und er sagte sich, aus das Gaslicht in den Bäumen hinblickend, da» den noch frischen Blättern das Aussehen einer aschig-grüne» Spitze verlieh: „Wie schön, wie schön ist das Leben I" Eins nach dem anderen besah er sich die Kinder, die ihm aus seinem Wege begegneten. Indeß zu dieser späten Stunde waren bie ganz Kleinen nicht mehr draußen. Die jüngsten, bie er erblickte, mochten längst über ein Jahr sein unb konnten schon laufen. Wie freudig tadelten sie in bie aufgehalteneu Arme bet Mutter i Unb wie lange würbe es dauern, so wäre auch feine Marthe so wett I Und dabei lächelte Martial, indem er zu sich sagte, daß sie morgen zu dieser Stunde schon einen Tag zählen würde. „Man bedenke, einen Tag! Einen Tag! Das war der Vittfang der Rechnung 1* Etienne Hamelin war noch auf. Er rauchte, al» Martial bei Ihm an der Thür klapste, an seinem Fenster sein Pfeifchen und vernahm mit lebhafter Freude die frohe Nachricht, die ihm sein alter Jugendfreund glück- strahlend überbrachte. „Mein lieber Martial," sagte er zu dem Wonne- erregten Vater. „Ich freue mich von Herze» über bie Kunde, die Du mir bringst Ein Kind ist stets ein Halt ür bie Ehe Selbst nach bittereu Stürmen finben unb lieben sich Eltern in ihrem Kinde wieder." Martial lächelte. „Du hast Recht," meinte er. „Glücklicher Weise aber haben wir, Sauriane und ich, dazu keine» Kinde» bedurst." „Nein, nein, sicherlich nicht, indeß Tu wirst'» sehen, schaden wird Dir die Kleine auch nicht." Martial entging bet warnende To», den Etienne dann unb wann ihm gegenüber allerdings mit äußerste» Diskretion anschlug Im Uebrigen hätte Hamelin feine» innersten Gebanke» offen und deutlich Worte gebar können, er wäre von feinem Freunde, bet überdies jetzt in feiner Saierwoune nicht wußte, wie überschwänglich er sein Schicksal preisen sollte, einsach al» Schwarzseher ausgelacht worden. „Du weißt," meinte er zu Etienne, ,$» stehst natürlich Gevatter." „Sehr gern, lieber Martial, und glaube ei mir, ich werde meine» Gevattertitel und meine Gevatterpflichte» ernst aufzufassen wissen. Deine Tochter soll ein klein wenig die meinige sein und einst, wenn sie auf meinen Rath hört, die Zierde ihre» Geschlecht« werben." „Hoho," lachte Martial, „bit dahin hat e« gut« Wege, indeß immer zu —" Dann drückte er Etienne herzhaft die Hand, Verab. redete sich mit ihm für ben folgenden Tag zum Gang aus'S Stande»amt, um da-Kutd anzumelden, unb kehrte, er, der sonst so ernst und gesetzt war, jodelnd und aus- gelassen wie ein Schuljunge »ach Hause zurück E« drängte ihn, sei» Heim unb seine Lieben wiederzufehen. In seiner Wohnung angelangt, dämpfte er behutsam seine Schritte, um nicht di« Ruhe triefe» kleinen, stillen Raume« zu stören, in dem, gleichwie in einer Ari Kapelle, die blasse Flamme eine« Nachtlämpchen« brannte. Lanriane schlummerte in ihrem Bett, neben dem sich die Warlesran ans der Erd« «in Lager gemacht hatte und schlief, und in ihrer Wiege ruhte die Klein«, ohn« einen Laut von sich zu geben. Martial war bei feinem Eintritt so verwirrt und erregt, wie er e« in feiner Jugendzeit stets beim Eintritt in einen Tempel gewesen. Und war nicht auch in der That diese- bescheidene Arbeiterheim ein Tempel in seiner Art, der heilige Tempel von Bott gesegneten Familieuglück«? Halb angekleidet warf sich ber «ater ans einen Strohsack nietet, ben man für ihn in da» andere Zimmer gelegt, und schloß die ganze Rächt lang kein Auge, besorgt unb doch überglücklich ans den leisesten Rnj achtend, der au» der Wiege seiner Tochter im Nebenzimmer zu ihm hindrang. (Fortsetzung folgt.)