Nr. 203. 8. Jahrgang. Hamburger Echo Das „Hamburger Echo" ersannt täglich, außer Montags. Der Aboiincmcutspreis (iiiH. »Die Neue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. des Post - katalogs 2846) ohne Bringegeld vierteljährlich jH 4,20; durch die «olportöre wöchentl. 36 4 frei itt’8 Haus. Be»,ntwortlicher Redaktor: Herma»» Molkenbuhr in Ottense». Sonnabend, den 1. September 189^. Anzeige» werden die sechsgespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 30 4, für den Arbeitömarkt, BermiethuugS- und Familienanzeigen mit 20 4 berechnet. Anzeigen Annahme in der Expedition (bis 6 Uhr Abds.), sowie in sammt!. «»noneen-Büreaur. Redaktion und Expedition: Vrohe Theaterstrahc 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. Zivti Programme. * Sozialpolitische Forderungen zu Gunsten der Ar- steiler müssen sie nothgedruugcn alle auf ihre politischen Speisekarten setzen, nämlich auf ihre Programm:; es ist von wegen der Wahlkuudschaft. Nur geht es dabei wie in manchen Restaurationen: So oft man nach gewissen ans der Speisekarte zum Schein verzeichneten Gerichten fragt, heißt es: „Giebt'S heute nicht!" oder: „Die letzte Portion eben bestellt worden 1" Uebrigens läßt schon die Fassung der fraglichen Programmpunkie auf den Programmen der bürgerlichen Parleieu erkennen, daß die Arbeiter ihnen gleichgültig sind, soweit sie dieselben nicht als Stimmvieh noth - wendig brauchen. Man vergleiche doch nur das sozial- demokratische Programm mit den beiden Pro - grammen, die kürzlich der Storch gebracht hat: der F r e i- sinnigen Volkspartei und des schwäbischen Zentrums; dort konkrete, scharf umrisiene, jede Unbestimmtheit ansschließende Forderungen, hier dagegen in beiden Fällen abstrakte Kautschuksormeln, die zu nichts verpflichten ; ähnlich dem famosen Satz deS am 26. d. M. zu Essen gegründeten christlichen Bergarbeiterverbandes: „Der Verein erstrebt zeitgeinüße Reform des Knappschafts- Wesens, die Schichtdauer soll so eingerichtet sein, daß die Gesundheit des Arbeiters durch zu lange Arbeit nicht beeinträchtigt wird". Aber was ist zeitgemäß? Wo ist die Grenze der Arbeitszeit? Darüber gehen bekanntlich die Meinungen der Grubeubarone und der Bergleute sehr weit auseinander, ebenso' wie über den Begriff „Schutz der Arbeiter gegen niißbr8^>liche Anforderungen an ihre Arbeitskraft" im Progra nieder Freisinnigen Volkspartei, und ebenso wie über dt.u^>.- 0 . unb Verfammlungsrechtes feine Zustimmung zu geueu, so wirb er aufgelöst. Unb versagt bann bei ben Wahlen das allgemeine gleiche Wahlrecht, kommt keine willfährige reaktionäre Majorität zu Staube, so muß, nach nationalliberaler Ansicht, der Reichstag be - seitigt werben, nöthigensalls burch einen Staats - streich — etwas Anberes kann man unter den „äußersten Konsequenzen" nicht verstehen. Da haben wir daS Ge- stSnbniß von P a r t e i w e g e n , baß ber national- liberalen Partei bie „Grundlage" deS Reiches, das Wahl - recht, feil ist, falls es sich als Hinderniß reaktionärer Anschläge ans die Rechte des Volkes erweist und daß man es sogar begrüßen würde, wenn die Gewalt diesem Rechte den GarauS machte. Da» Proirkt einer Verschärsniig bei pren - ßischen Vereins- und Versammlungs - gesetz e S ist bekanntlich bisher von der national- liberalen Presse freudig begrüßt und lebhaft unterstützt worden. Jetzt ist eine Schwenkung insofern eingetreten, al« dieselben Blätter aus ein Vor- gehen im Reiche Hinbrängen und es wieder als fraglich bezeichnen, ob überhaupt dem preußischen Land- tage mit Umgehung deS Reichstages die betreffende Vor - lage zugehen werde. Sehr auffallend und von keiner anderen Seite bestätigt ist die damit verbundene Be- Häuptling, daß der Reichskanzler es sei, der den Weg der preußischen Gesetzgebung zu beschreiten wünsche, während im preußischen Ministerium Bedenken dagegen herrschen. Die „Vosstsche Zeitung" bemerkt zu dieser Version: „Wir wissen nicht, welchem Kopse eigentlich der Gedanke entsprungen ist, Preußen als Vorspann der Reaktion zu benutzen; so viel ist aber gewiß, daß, al« dieser Gedanke zuerst auftauchte, bie nationalliberale Presse bie preußische Regierung wegen ihrer Thatkraft nicht genug zu preisen wußte, während sie eS an mehr oder weniger versteckten Angriffen auf den Reichs - kanzler, ber ber anarchistischen Gefahr thatenlos gegen- überstehe, nicht schien ließ. Jetzt, wo affin allinälig wieder zur Besinnung kommt unb die Bedenklichkeit eine« preußischen Vorgehens erkennt, soll der Gedanke ans ein - mal vom Reichskanzler herrühren und im preußischen Staatsministerium sollen „mannigfache Be- denken" dagegen herrschen. Das ist ein so über - raschender Rollenwechsel, daß man nur schwer daran glauben kann." Welche Bewandtniß ti mit diesem Rollenwechsel auch habe möge, so viel scheint uns gewiß, daß etwa» im Werke ist, gleichviel, ob nur Preußen ober da« Reich dabei in Betracht kommt. Ei» gründlicher Hereiufall ist dem durch be- sondere „Findigkeit" sich auszeichnenden nationalliberalen „Hannoverschen Courier" tvidersahren, und zwar mit folgendem ihm aus Berlin zugegaligeneu „wichtigen" Telegramm: „Der Reich-kanzler Graf Caprivi wüiischtdas Verbleibe» deS FinanzmiiiisterS Dr. Miquel in seinem Amte, da derselbe unentbehr - lich." Der „Haun. Cour." meiut, daß dieses Telegramm jedensalls seine Runde durch die gesummte Presse machen werde. Ob die darin angebeutete Lösung einen wirk- liehen Ausgleich ber oft obgeleugneten, aber nun doch einmal besteheuben Gegensätze zwischen Caprivi unb Miquel bringen werde, vermag bie .überschlaue" Re- baktivn nicht zu sagen. Die „Germania" kann nun ben „Hann. Courier" aus feinen Röthen befreien und die welterschüttcriibe, bebeutfame Kunde in die richtige Beleuchtung setzen Die von bem nationalliberalen Blatte so geflissentlich auf- gebauschte Notiz, bie beu meisten größeren Berliner Blättern bereits am Mittwoch Mittag zuging, stammt von einem ber vielen Pa.lamentsreporter her, der schon feit längerer Zeit mit einem zwar alle Siner- fennung verdienenden, zu feiner Bedeutung und feinen Kräften aber im umgekehrten Verhältniß stehenden Eifer Herrn Miquel seine — Protektion zu Theil werden läßt. Kein Berliner Blatt, sogar bie „Kreuzzeitung" unb ber „Reichsbote" nicht, hat die Notiz der Ausnahme gewürdigt — zweifellos, weil überall sofort die Mache erkannt wurde. Lediglich der „Hannov. Courier" war — Thebaner genug, darauf hereinzufallen. Wir gratu- liren ! Im klebrigen muß man, nachdem solche „Mätz- dien" zu Gunsten des Herrn Miquel angewendet werden, fast aunehmeu, daß für ihn der Anfang vom Ende ber Ministerfchast im Anznge sei. Dr» Boykott nutet Strafe z» stelle», hat dieser Tage der Leipziger konservative Verein in einer, mit ebenso dummen, wie brutalen Aussällen gegen die Sozialdemokratie gespickten öffent- licheu Erklärnng gefordert. Gegen diese Forderung wendet sich das konservative „Volk", indem es aussührt: „Heutzutage können Handwerker unb Kauf - leute sich gegen unreelle Konkurrenz dadurch schützen, daß sie öffentlich auffordern, bei bestimmten Personen ober bestimmten Arten von Geschäften nicht zu kaufen. Eine Reihe von Gewerbefchutzvereinen besorgen bas in recht erfolgreicher Weise. Heute können, um nur einen Fall herauszugreifen, bie landwirthschaftlicheu Ver - einigungen für ihre Stanbesgenossen bie Parole auä- geben, bie und die landwirthschaflsfeindlichen Juden- zeitungen abzuschaffeu AlleS Derartige fiele unter ein Boykottverbot. Vor Allem ober würde davon betroffen die Losung: „Kauft nicht bei Juden!", das wirk- samste Feldgeschrei des praktischen Antisemitismus. Unb bet Leipziger konservative Verein erinnert sich vielleicht, baß selbst so zahme Konservative, wie sie in bem Konser- Dativen Handbuch zumeist zu Worte tommeii, es für an- gebracht gehalten haben, diese antisemitische Losung, wenn oud) in vorsichtiger Form, in der zweiten Auflage auf- znnehmen. Für ungerecht würden wir schließlich ein Boykottverbot deshalb halten, weit bie Arbeiter härter bauen betroffen würben als bie Arbeitgeber. Die Verhältniß- mäßig geringe, sich selten änbernbe Anzahl von Arbeitgebern eines bestimmten Erwerbszweiges sann sich leicht auch ohne Benutzung ber Oessentlichkeit bahin einigen, baß bestimmte Arbeit er kategorien bei Keinem von ihnen Beschästigung finden. Die „schwarzen Liften" find ja leider Irin „leeret Wahn", sondern traurige Wirklichkeit Und zumal wenn, wie wir das wissen, einzelne Behörden ihre amtliche Wissen- schäft ben Arbeitgebern zur Ergänzung ber schwarzen Listen zur Verfügung stellen, so läßt sich der Boykott politisch unbequemer Arbeiter in der voll - kommensten Weise durchführen, ohne daß man in der Oeffentlichkeit auch nur das Mindeste davon merkt. Den unendlich viel zahlreicheren, stets wechselnden Arbeiter- massen ist es dagegen natürlich fast unmöglich, in ühii- licher Weife unter Ausschluß der Oeffentlichkeit einen Boykott gewisser Arbeitgeber auszuführen. Unb da wir wünschen, daß bie Waffen in bem leider nun einmal be - stehenden wirihschaftlicheu Kampfe auf beiden Seiten von Gesetze? wegen „gut und gleich" seien, so erklären wir uns gegen ein Verbot des öffent- lichen Boykotts." Ter Boykott vor Gericht. Auch vor einem preußischen Gerichtshöfe hat man in diesen Tagen nach sächsischem Borbilde versucht, den Boykott mit dem § 253 des St -G.-B. (Erpressung) zu bekämpfen. Die Verhandlung fand statt vor der Strafkammer zu Dnisbyra und zwar handelte eS sich um den Boy- ~ rrfi v-r Militarismus und Prtvarcrgr»^««.. den Bestiinmungen des preußischen Enteig - nungsgesetzes, welches eine „geschätzte Seite" in der „Nordb. Allg. Zig." in Sachen ber Schießübungen unb der damit verbundenen Räumuugsbesehle angezogen hat, mässen vorübergehende Beschränkungen des Grund- eigenthümers von der B e z i r k s r e g ie r n n g an- geordnet werden. Dieselben dürfen wider den Willen des Grundeigenthümers die Dauer von drei Jahren nicht überschreite». Anch darf dadurch die Beschaffenheit des Grundstücks nicht wesentlich oder dauernd verändert werden. Zur Ueberschreitung dieser Grenze bedarf es eines sörm- lichen EuteignungSverfahrens nach den Be - stimmungen des Gesetzes. Ferner ist für die Be - schränkung in der Benutzung eine Entschädigung nach denselben Grundsätzen zu bestimmen, wie für die Entziehung des Grnndeigenthums. Tritt durch eine Be - schränkung eine Beuachtheitignng deS Eigenthümers ein, welche bei Anordnung bet Beschränkung sich nicht im Voraus abschätzen läßt, so kaun bet Eigenthümer bie Stellung einer angemessenen Kaution, sowie die Fest - setzung der Entschädigung nach Ablauf jedes halben Jahres ber Beschränkung verlangen. Gegen bie Ent- scheibungeu ber Regierung in Bezug aus die Entschädigung ist innerhalb 6 Monate nach Zustellung des Regierungs- beschluffes die Beschreitung des R e ch t s w e g e s zuläsiig. Tie Besitzer, denen durch militärische Anordnung die Räumung ihrer Gehöfte bezw. daS Nichtbetreten ihres Ackerlandes aufgelegt wird, mögen sich der Waffe, die ihnen dieses Gesetz in dir Hand giebt, bedienen. Die neueste Manteuffeiei. Die „Kons, korresp.", ba« Organ ber konservativen Partei, theilt einen Auszug au« einer Rede mit, die der Freiherr v. Man - teuffel-Crossen bei Gelegenheit einer ffrieger- Vereins-Fahnenweihe gehalten hat. U. A. sprach derselbe folgende „deherzigeuswerthe Mahnung" au«: „Als wir am 18. Januar 1871 endlich bie Träume unserer Jugenb erfüllt, als wir bie deutsche Kaiserkrone aus bem Haupte beS Königs von Preußen sahen, da er - bebte unser Herz in der vollen Zuversicht, baß baS, waS wir errungen, auch festgehalten werden würde für alle Zeiten. Diese Zuversicht lebendig zu erhalten, bas ist bie heilige Pflicht der Kriegervereine, und an dieser heiligen Pflicht darf sich kein Kriegerverein jemals irre machen lassen. De«halb gehören solche Männer nicht hinein, die unsere heilige Pflicht nicht theilen können, was uns beseelt: nämlich daS Bewußtsein ber ?Zusammengehörigkeit unter bem beut- chen Kaiser, der unser geliebter König von Preußen ist. Daß dieses Bewußtsein niemals ersterben möge, dies ist mein sehnlichster Wunsch, den ich zum Ausdrucke bringen muß; denn daß daS Bewußtsein sterben wird, sofern man sich Kameraden in Kriegervereinen gefallen läßt, bie solch Bewußtsein nicht theilen können, ba« ist meine feste Zuversicht. Solche Kameraden gehören darum nicht in den Verein I Aber daß diese königS- und kaisertreue Gesinnung, diese Gotte«, furcht der festen deutschen Herzen stets in den Krieger - vereinen mächtig walten möge, darauf bringe ich ein Hock) auS." Wenn die Kriegervereine sich nach dieser sehr schönen Rede des edlen Freiherrn richten wollten, so würde auch mancher „schreiende" Großgrundbesitzer, würden diejenigen „StanbeSgeuoffen" deS Herrn v. Manteuffel nicht „hinein- gehören", bie in ber Korrespondenz be« Bunde? ihre „Kaisertreue" in so überaus merkwürdiger Weise be- kündeten und mit ihrem Beitritt zur Sozialdemokratie drohten, wenn man die „Laudwirthschast" durch ben russischen Haubeisvertrag „ruiniren" würde. Oder sind bie Herren Nothleibeuden nach ber Ansicht bes Herrn v. Manteuffel unter allen Umständen in den Krieger- vereinen kurfähig? Die Jntercffcnpolitik der Bäckermeister. Gegen bie Vorschläge, welche bie Reichskommission für Arbeiterstatistik jüngst bem Reichskanzler in Betreff ber Regelung der Arbeitszeit in Bäckereien unb Konditoreien gemacht hat, scheint jetzt eine Agitation jener Meister in's Werk gefetzt werben zu sollen, die sich bei bem bisherigen Zustande einer uner - hört langen Arbeitszeit für Gesellen unb Lehrlinge cm? naheliegenden Gründen wohl fühlen unb e« beShalb bei bem bisherigen Schlendrian belassen möchten. Nachdem schon in verschiedenen Städten Meisterversammlungen die Aussührung der Kominissionsvorschläge als ben „Ruin" des Gewerbes — billiger thut man's »ach agrarischem Muster in dergleichen Fällen nicht mehr — bezeichnet haben, hat, wie wir gestern berichteten, am Dienstag in Berlin eine angeblich von fünfzehnhundert Bäckern besuchte Versammlung eine geharnischte Reso- lutioii gefaßt, an deren Schluß ber Reichskanzler auf- geforbett wird, den von ber „Arbeiterschutzkommiffion" ausgearbeiteten Vorschlägen bie Genehmigung zu ber - ingen. Die „Franks. Ztg." führt an«, recht bezeichueub für die Anschauungen, in bene» diese Herren Meister sich bewegen, fei, daß sie behaupten, bas „gute Verhältniß" zwischen Meister und Gesellen werde durch eine gesetzliche Regelung der Arbeitszeit „beeinträchtigt" werden; sie scheinen demnach der Ansicht zu sein, daß eine ArbeitS- zeit von 14, 16, ja 18 Stunden, wie sie nach den ge - pflogenen Erhebungen im Bäckergewerbe noch sehr häufig vorkommt, ben Gesellen zum ganz bejoitbereu Vergnügen gereiche und sie mit Gefühlen der Liebe und Dankbarkeit für den Meister erfülle, ber ihnen in uneigennütziger Weise die Möglichkeit gewährt, ihre Arbeitskraft in so ausgiebiger Weise zu bethätigen. Im Ernst gesprochen, ist beu Herren ber Gedanke unerträglich, in ber Aus - nutzung ber Gesellen nnb Lehrlinge nicht mehr absolut freie Hand haben, überhaupt nicht mehr die unbeschränkt „freien Herren" in bet Backstube fein zu sollen und in richtiger Selbsterkeuntulß fürchten sie, mit ber zu schaffenden gesetzlichen Regelung, aus deren Beachtung bie Geselle» natürlich Obacht geben werben, unb badurch auch mit letzteren selbst häufig in Konflikt zu gerathen Daß daS kein stichhaltiger Grund ist, ans die als noth - wendig erkannte Regelung zu verzichten, sehen die Herren natürlich nicht ein. Ganz besonders karakteristisch für ihre Kampfes, weise ist auch, baß, nach bem gestern erstatteten Bericht, „sämmtliche Redner schwere Bedenken erhoben bezüglich ber Objektivität der Commission, welche sie durch sozial - demokratische Wühlereien für voreingenommen erklärten". ES trifft sich gut, daß grabe in den letzte» Tagen ber Vorsitzende des Statistische» Bureaus, Dr. v. Scheel, wahrscheinlich veranlaßt durch die in der letzten Zeit gegen die Reichskouimission gerichteten Angriffe, eine quasi-amtliche Darlegung der Methode des Vorgehens dieser Kommission bei der Bücker-Enquete gegeben hat, durch welche die Abgeschmackheit ber Behauptung, bie Untersuchung fei einseitig, etwa gar beemflnßt von „sozialdemokratischen Wühlern" geführt worden, in ganz tinwiderleglicher Weise dargethan unb ber Bewei« ge- liefert wird, wie ängstlich bie Kommission bemüht ge- wesen ist, sich Vorwürfe solcher Art feruznhalten. Den besten Beweis, daß bie Kommission sich in keiner Weise von „radikalen" Strömungen hat hinreißen taffen, liefern übrigen« ihre Vorschläge selbst, bie im Vergleich zu den konstatirten Uebelständen als außerordentlich mäßig be- zeichnet werden müssen und bem vorausgesehene» Wider- stand der Meister leider nur zu sehr Rechnung tragen. Man ist berechtigt, zu erwarten, daß dies auch im ReichSkanzlerauite anerkannt und daher bie Aufforberung Meister, beu Kommission-vorschlägen bie Genehrui- ■-sagen daS gebührende Schicksal bereitet, deS H-xien werden wirb, i r ~ ae»v. u Sotideriiitercssc» - Wirthscha, deutscher Gast Wirthe hält feinen ..re- girtentag am 13. unb 14. September tu ,»tg ab. Die süddeutschen Delegirte» haben eilte Reihe Anträge gestellt, von denen nachstehende von weiterer Bedeutung sind: „Der Bund wolle mittels Petition an den Reichs- tag, an die Reichs- und Sanbeiregierungeu dahin wirken, daß die B e d ü r s n i ß s r a g e h e i K 0 n z e s s i 0 n S - ertheilungeii in alle» Orten Deutschlands eilige- führt werde." Weiterhin verlangen sie, daß der Flasche nbierhandelkonzesfionSpflichtig gemacht und auch die Kostgebereien mit Getränke. Verabreichungen zu ben LanbeSsteuern herange- zogen werden sollen. Die denkbar kleinlichste Sonderiiiteressenerwägung offenbart sich in diesen Anträgen. Thöricht sind Diejenigen, welche von derartigen Maßregeln eine „Hebung des Gast- wirthsgewerbeS" erhoffen. Statt bie üble Lage desselben in ben allgemeinen schlimmen wirthschastlichen Verhält - nissen begtünbet zu sehen unb gegen biefe zu sümpfen, schafft man Wasser auf bie Mühle einer reaktionären Gesetzgebung, will Helsen zur Eiiischräiikung der Bewerbe- sreiheit und zur Mehrbelastung des Volkes durch neue Steuern. Der Gastwirthstag wirb sich bie Sympathien des Volkes grünblich verscherzen, wenn er, Sonder- intereffeu über bie allgemeinen Interessen stellend, An- träge der in Rede stehenden Art aniiimmt Die deutschen Nrbeiterkolouicn haben bekannt - lich die Erwartungen, von denen ihre Gründer au«gr- gangen find, nicht ersüllt. Sie Begehren nur und do« Interesse der herrschenden Gesellschaftskreise an diesen Instituten schwindet mehr und mehr, während die Arbeiterklasse ihnen niemals Sympathie entgegen - gebracht hat. Jetzt ist der Zen t r a l v 0 r st a n d bet Kolonien auf ben Gedanken gekommen, dieselben zur Lösung der Frage der „bedingten Berurtheilung" zu verwerthen. Er beschloß in seiner letzte» Sitzung, allen Arbeiterkolonievorständen zu empfehlen, auf Anträge der Laude-polizeibehörde, die ben Zweck haben, zu korrektiv- neller Nachhaft Berurtheilten unter einstweiligem Auf - schub derUrtheil«vollftreckuug den A u s e n t b a 1 11 n b e n Kolonien zu ermöglichen, bereitwillig einzu- gehen. Dal badische Ministerium de« Innern ist dem hier angeregten Gedanken nähet getreten und hat sich mit beut Ausschüsse deS Landesverein« für Arbetter- Kolonien im Großherzogthum Baben de«wegen in’« Be - nehmen gesetzt. Aus Grund bet Verhandlungen hat nun - mehr, wie die „Bad Korr." erfährt, da« Ministerium ben in Betracht fommenben «mtsstellen versuch-weise die Ermächtigung ertheilt, ben der Lande-polizelbehörde über- wieselten ntännllchen Personen, unbeschadet der Festsetzung ber korrektionellen Nachhast, den Eintritt in die Arbeiter- kolonie Ankenbuck unter bet Zusage sreizustellen, daß bei dteimo natiget lidelloset Führung daselbst hon ber Unterbringung ImAr - beit S h a u s e abgesehen werden soll. Von dieser Ermächtigung, die ber Natur ber Sache nach nur auf eine verhältnißmäßig beschränkte Zahl von Fällen Anwendung finden kann, wird aber nur gegenüber solchen der Laiide-polizeibehörde lleberroiefenen Gebrauch gemacht, deren Uebcrroeifung zum ersten Mol erfolgt unb be - züglich beten befonbere Umstände für eine mitbete Be» hanblung sprechen. Einem Wunsche be« «urschnsse« für Arbeiterkolonten entsprechend, hat da« Ministerium be# Innern weiter bestimmt, daß bie Beförderung in bie Kolonie weder mittel« eint« Transportbegleiter« noch im Schul'wagtn geschehe; bie Uederweisung an bie Arbeit er- kolonie wird also auch nur bann erfolgen, wenn kein Fluchtverdacht vorliegt. E« wird nun allerdings versichert, der Eintritt in bie Arbeiterkolonie und ber Aufenthalt daselbst werde stet« ein freiwilliger fein, „bem ffarafter ber An - stalt gemäß". Aber e« bürste unter bcwandten Ver - hältnissen mit biefer „Freiwilligkeit" boch in der Regel sonderbar bestellt sein. Da wird ber Wunsch ber AmtSstellen ober ihr Rath, ber Häftling möge in die Arbeiterkolonie eintreten, diesem wohl Befehl fein. Man weiß ja au« Erfahrung, wo- in solchen Fällen bie „Freiwilligkeit" bedeutet. Aber auf diese Weise hofft man ben Arbeiterkolonien einen gewissen öffentlich- rechtlichen Karakter verleihen zu können. Die Klage» dcrOrdttuugSprcffe über „illoyale Konkurrenz" wollen nicht verstumme». Jetzt wendet die „Schlesische Zeitung" sich gegen die „illoyale Kon - kurrenz in der La n d w I rt hsch a st". Sie schreibt: „NeuerdiugS find auch in der Landwirthschaft eine Reihe von Fällen vorgekommen, welche zeigen, daß auch bei dieser ein erhebliche- Interesse obwaltet, gegenüber heimtückischen und hinterlistigen Konkurrenten in besserer Weise geschützt zu sein als bisher. Eine landwirthschafl. liche Zeitung führt neuerdings verschiedene drastische Fälle an. So bietet eine Käsefirma „Prima holsteinischen holländischen Käse" für etwa 80 bi« 40 4 da« Pfund an. Thatsächlich war der Käse Magerkäse, eventuell nach Art ber hollänbischeu Fettkäse bereitet. Nach ber Anzeige war der Käse in Holstein nach Holländer Ari hergestellt. Eine solche Fabrikation findet thatsächlich in Holstein statt. Wenn nun aber bet Käufer auf Grund der Anzeige bestellt unb minderwerthiges Produkt be- zieht, so ist damit da- Ansehen be« ganzen FabrilatiouSzweige« geschädigt. In einem anderen Falle bereitete ein Meiereibesitzer eine Käsesorte unter bem Ntnnen „Schloßkäse" oder „Bnrgkäse", der in weiteren Kreisen sehr beliebt war. Ein Konkurrent stellte daher einen schlechtere» Käse her, dem er den gleichen Namen gab. Die Abnehmer des letzteren beurtheilten nun den „Schloß, ober Burgkäse" überhaupt nach der Waare des Konkurrenten, womit da« Renommöe der Käsesorte dauernd beeinträchtigt war. Im Butterhandel sühren die Fässer jeder Meierei meist eine besondere Buchstabenmarke. Die Butter ist hierdurch gekennzeichnet, und bei bekannten Meiereien verläßt man sich einfach auf bie Marke. Da jedoch bie Buttersässer nicht zniück- geliefert werde», bietet sich hierdurch für unreelle Kans- leutc Gelegenheit, schlechtere Butlersorten In die gezeich - nete» Fässer zn verpacken und auf diese Weise zu höherem Preise abzusetzc». Das Publikum weiß natürlich von dieser Manipulation nichts, sondern sagt einfach, wen» e« den Unterschied in der Qualität bemerkt: „Die Butter der Meierei ist jetzt schlechter geworden." Man kaust vielleicht anderSwo, während die Butter der Meierei so gut ist wie zuvor, ober durch die geschilderte Manipulation dauernd in ihrem Rufe geschädigt ist. Sine gleiche Täuschung findet statt beim Saatgetreidehandel, indem gewisse bekannte Firmen ihr Saatgetreide In Original- öden versenden, in die dann später andere Sorten von geringerem Werthe eingepackt werden." Da« Blatt bemerkt dazu, eS handle sich in der That in allen gedachten Fällen um eine Vorspiegelung fr" Thatsachen. Trotzdem erscheine ein Einschre-' Betrug« fast durchweg ausgeschlossen. ' täuschten Mitglieder de« Publikuv" nur der Preislage entspreche»' ihrem Vermögen nicht o»‘ durch? die Manipulo'' --- Hier einen inbio- . len ” aber in ben Schp ,.t Ausschreitungen dcz " ' i>0) wegen der Mannlg- t- jut nur schwer in eine konkrete .., bedarf e« einer allgemeinen me die illoyale Konkurrenz allgemein stellt und ti im gegebenen Falle dem a-terllchen Ermessen anheimstellt, ob da« uiiehreu- ... Geschäftstreibeu beu Thatbestand ber strafbaren Handlung erfüllt. Daß alle produktiven GesellschastS- tlassen durch bie illoyale Konkurrenz in gleicher Weise bedroht sind, zeigen bie oben auS dem Gebiete ber landwirthschaftlicheu Produktion angeführten Beispiele. Es handelt sich also um kein besondere« Klassen, und Parteiintercsse, sonder» einsach um bas berechtigte 8er - langen , baß bie ehrliche Arbeit gegen Betrug geschützt werde." Wir meinen, wenn man diesen Deinig gründlich unb in seinem ganzen Umfange beseitigen wollte, so würde das gleichbedeutenb sein mit Beseitigung ber kapitalistischen Wirthschaft überhaupt, bie vergebens gegen ihre eigenen „Auswüchse" ctnkämpfl. In erster Linie gilt e«, die wirklich ehrliche Arbeit, b. h. ba« ganze arbeitende Volk, zu befreien von einem System, welches sie von Recht« wegen betrügt um die materiellen Bedingungen meuscheulvürdiger Ezistenz, »ie um Freiheit und Glück. Betrieböergebniffe der deutsche» @ife»^ bahnen im Monat Juli. Nach dem amtlichen Betriebsanrweise für sämmtliche deutsche Bahnen, mit Ausnahme der baierische» und der in eigener Ver - waltung stehenden Schmalspurbahnen, wurde» im Juli insgesammt 116,42 Millionen Mari eingenommen, da - ist 313 Millionen Mark oder 2,8 pZt. mehr al« im gleichen Abschnitt be# Vorjahre«. Sen bem Plu« ent - fallen auf bie Preußischen Staat«bahnen 2,11 Millionen Mark. Da bas Bahnnetz sich um 660,45 km »er. mehrte, so ermäßigt sich die kilometrische Mehreinnahme ans 1,1 pZt. Der Personenverkehr allein ergab Ä 1975 694 oder 5,1 pZt. mehr al« im gleichen Monat des Vorjahre«, der Güterverkehr K 999 823 oder 1,5 pZt. mehr. In der Zeit vom Beginn de« Etatsjahres bis Ende Juli d. I betrug bie Einnahme bet denjenigen Bahnen, deren Rechnungsjahr die Zeit vom 1. April bi« 31. März umfaßt, au« dem Personen - verkehr : im Ganzen jK. 108 832 545 ober Ä. 1 491106 mehr al« in demselben Zeitraum de« Borjahre«, auf 1 km Betriebslänge A 3550 ober 0,25 pZt. weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres; au« bem Güterverkehr tm Ganzen *. 234 035 861 ober 7 122 201 mehr al« in demselben Zeitraum be« Vorjahre«, auf 1 km vetriebslänge JtL 7503 ober 1,62 pZt mehr als in demselben Zeitraum be« Vor - jahre«. Bei denjenigen Bahnen, deren Rechnnng«jahr mit bem Kalenderjahre zusammenfällt, wurden der- einnahmt au« bem Personenverkehr im Ganzen M. 38 757 301 ober X 2 101 645 mehr; auf 1 km Betrieb-länge JC. 5684 ober 4,37 pZt. mehr; au« dem Güterverkehr im Ganzen J4 68 887 788 ober Al 264 068 mehr, auf 1 km Betriebsläuge A 9988 »der 0,54 Pro - zent mehr. Ueber die »Tpielwtrih- der Berliner «e- völkcruug wird der „Weser-Ztg." von Berlin eu» a«-