Nr.  218 
^Jahrgang. 
Mittwoch,  iicii  1V  September  1894. 
Hierzu  eine  Beilage 
der  Arbeitszeit 
u  ii  d 
Ec  jährte  Folgendes  aus; 
Vorschläge  zu  einer  gejetzgeberiiche»  Aenderung 
de« 
Vereinsrechtes  aüwartet,  auch  ans  der  Gegenseite 
wesen  sei,  für  das  Thenm  des  Achtstundentages  zwei  £  gLlXg  frei« 
Referenten  zu  bestellen,  einen  Volkswirth  und  einen 
schlagen  und,  ebenso  unbehelligt  vom  Hader  politischen 
Lori  Der  Neltbiihite 
teilest  it  eHe 
der  Arbeiter. 
eut» 
ent- 
des 
werden  müßte? 
diesem  Kampje 
thut 
jede 
der 
keine  von 
in  ihrem 
Regierung 
wiegenden  Theiles  der  Bevölkerung.  4)  Diesen  schädlicheu 
auf  das  Physische,  in- 
moralische  Befinden 
fttatiue  Unterstützung  erfuhr,  selbstverständlich  nicht 
mnthigeii  lassen:  sie  ist  vielmehr  dadurch  zu  immer 
schiedenerein  Eintreten  für  diesen  wichtigsten  Theil 
Arbeiterschutzes  veranlaßt  worden. 
^rdnungspolitischrr  Kammer.  Die  „National, 
liberale  StorriipoubcuV'  schreibt  und  her  Telegraph  blitzt 
Fabrikanten  Cz  e  r  m  a  ck  -  Aussig  und  M  a  t  i  t  s  ch  -  Wien 
sich  ebenfalls  s  ü  r  den  Achtstundentag  erklärt  hatten. 
T  z  e  r  m  a  ck  trat  allerdings  gleichzeitig  für  das  Akkord- 
s  y  st  e  m  ein,  während  M  a  t  i  t  s  ch,  der  Inhaber  der 
größten  Spitzenfabrik  auf  dem  Kontinent,  betonte,  die 
gesetzliche  Abschaffung  der  Nachtarbeit  sei 
ebenso  wichtig,  wie  die  Einsührnng  des  Achtstundentages. 
Ohne  Zweifel.  Aber  wir  meinen,  baß  diese  Einsührnng 
das  gesetzliche  Verbot  der  Nachtarbeit  nach  Möglichkeit 
einzuschließen  hat. 
In  einer  anderen  Sektion  referirte  Dr.  JnlinS 
Fel  ix.  Brüffel  über  den  Einfluß  der  Länge 
Tie  Wißellichllst  im  Bunde  mit  der 
Eozikldernokrntie. 
Sitte  und  Ordnung,  gegen  die  Parteien  des  Umsturzes  1" 
angeknnpst  In  den  „Parteien  des  Unisturzes"  bekänipsen 
wir  die  Feinde  der  Religion,  Sitte  und  Ordnung  ;  letzterer 
Ausdruck  ist  lediglich  eine  ausführlichere  Begriffs- 
bestinimuilg ,  die  unS  vergegenwärtigt,  ans  welchen 
Gründen  wir  den  Kampf  gegen  die  Umstnrzparteien  auf- 
nehmen  müssen,  was  in  dem  Kamps  auf  dem  Spiele 
steht,  und  die  so  die  Kraft  der  Mahnung  verstärkt. 
Dieser  innere  Zusammenhang  der  Worte  ist  jo  zlveiftllos, 
daß  man  ter  l’iciuuiig  des  Kaisers  Gewalt  autijut,  wenn 
vorurtpeilssrei  und  mit  dem  der  Sache  angemessenen 
Ernste  zu  prüfen,  luirb  man  eigentlich  nur  bei  den 
und  der  „Vorwärts"  veröffentlicht  in  der  1.  Beilag, 
seiner  Sannwgsvnmmer  einen  erschöpsenden  Bericht 
die  allgemeine  Neigung  zur  Vereinsbildung  verwerthen 
lassen?  Sollte  es  nicht  möglich  und  angezeigt  sein. 
Wendungen  oieses  Ausrufes  vou  ciuander  ablöst,  aus  den 
Worten:  „Ans  zu»  Kampfe  für  Religion,  für  Sitte  und 
Ordnung"  einen  anderen  Gegner  als  die  Umsturz. 
Parteien  herausinterpretirt  und  eine  Aiigrisfsfront  herstellt, 
bei  der  die  revolutionären  Parteien  als  Gegner  wenigstens 
zunächst  in  nebelhafter  Ferne  verschwinden.  Wenn  von 
„Bestrebungen,  die  sich  gegen  Lie  Grundlage  unsere« 
staatlichen  und  gesellschaftlichen  Lebens  richten",  ge- 
vielmehr  jenen  Znstaiid  herbeisühren  zu  wollen,  wo,  um 
die  Gedanken  drastisch  mit  der  Sprache  M  0  st  S  wieder- 
heit  im  Gnlcu  entstehen.  Darum  müssen  wir  hinauf 
bestehen,  daß  die  Gesetze  auch  ans  die  „Ord- 
n  n  n  g  s"  -  P  a  r  t  e  r  e  ii  augeioeiiüet  werden. 
zugebeu,  „fein  Eigenthum  mehr  existier  und  deshalb  auch 
nicht  beschützt  zu  werden  braucht,  wo  weder  Diebstahl, 
noch  Betrug,  noch  Wechselsälschung,  Raub  und  Mord 
ans  gewinnsüchtigen  Motiven  begangen  wird,  noch 
Schulden  gemacht,  noch  Ehen  geschieden  werden  (weil 
mau  nicht  heirathet,  sondern  stch  nach  Belieben  paart), 
noch  Hochverrath  oder  Tyranuenmord  existirt  (weil  von 
vornherein  kein  Staatsphautom,  da«  zu  verrathen  fein 
könnte,  ober  ein  Tyrann  da  ist,  den  man  attakiren 
könnte),  wo  anch  keine  Gotteslästermig  denkbar  ist  (denn 
der  Herrgott  ist  sammt  aller  Religio»  und  Pfafferei  ge -
legentlich  der  Revolution  in  Ranch  au  (gegangen),  und 
wo  Legislctturpfassen ,  Gerichlspagoden,  Gcnsdarme, 
Polizisten,  Kerkermeister  und  genfer  nur  noch  als 
RariiätSnngeheuer,  in  Spiritus  gestellt  oder  ausgestopst 
im  Alterthnuisiuuseum,  Abtheilung  Zivilisatiousbarbarei, 
auzutreffeu  sein  sollen".  Indem  die  sozialrevolnlionöre 
Propaganda  so  Alles  augreift,  giebt  eS,  mag  bet  Ein- 
zeliic  sich  im  Ganzen  oder  nur  au  dieser  oder  feuer  Stelle 
im  Einzelnen  als  Christ,  Bürger,  Familienvater,  als 
königsireiier  Unterthan,  als  Besitzer  ober  was  sonst 
immer  verletzt  durch  sie  fühlen,  überall  Gegnerschaft  und 
damit  eine  genügende  Ursache,  die  Kräfte  zu  vereinen, 
um  vereint  vorzugehen.  Mit  dieser  Schilderhebung 
aber  braucht  nicht  gewartet  zu  werden,  bis  der  Wieder- 
znfamnieutritt  der  Parlamente  eine  gesetzgeberische  Ab- 
wehr  im  Lande  und  im  Reiche  organisiren,  oder  die  Er- 
reguiig  einer  Wahlbeweguiig  die  Massen  in  Bewegung 
bringen  wird.  Die  Gegenwart  allein  ist  es,  die  zahlt, 
und  in  unserer  schnelllebigen  Gegenwart  ist  es  das 
Heute,  nicht  das  Morgen,  wo  Der  mahlt,  der  zuerst 
kommt." 
Das  ist  alter  Quark  in  neuer  Auslage.  Jetzt  quetscht 
man  ihn,  als  ob  Greme  daraus  werden  solle,  in  der 
Hoffnung,  ihn  den  Orduungsparteien  genießbarer  zu 
machen.  
EtwaS  für  Polizei  und  StaatSanwaftschafk. 
RuS  Nordhausen,  17.  September,  berichtet  der 
Telegraph:  „In  der  gestern  in  Harzburg  abgehalteueu 
Haiiplvcrsanimlnug  des  H  a  r  z  k  l  n  b  s  waren  82  Vereine 
mit  7785  Mitgliedern  vertreten.  An  den  Kaiser  wurde 
ein  Telegramm  abgesandt,  worin  der  Klub  sich  zum 
Kampfe  für  R  e  l  i  g  i  0  11,  Sitte  und  Ordnung 
unerschrocken  zur  Verfügn  ng  stellt." 
Offenbar  haben  die  Vereine  damit  eine  p  0  liti  sche 
Thätigkeit  entfaltet,  und  sich  zu  solchen  Vereinen  ge -
macht,  die  nach  dem  Gesetz  nicht  miteinander  in  Ber- 
biiibnug  treten  dürfen.  Daß  sie  sich  sonach  strafbar  ge» 
macht,  sann  gar  keinem  Zweifel  unterliegen.  Allerdings 
ist  ja  daS  Dciiunziren  nicht  unsere  Sache.  Aber  wir 
üben  nur  einen  Akt  der  Nothwehr,  wenn  wir  an 
mau  die  appositiv  gedachteil  und  appositiv  geordneten 
cnr-„n.„,..-..  M.i.s  —»  *—  kaun  erst  aus  der  Elleichheit  im  Schlimmen"  bie  Gleich. 
Wendigkeit  ei»  höchst  unlauterer 
Wenn  die  „Orduungsparteien"  sich  in 
ciuander  zu  überbieten  versuchen,  so 
ihnen  das  11  in  sonst;  vielmehr  wird 
Sonderiutercsse  G  e  g  e  n  l  e  i  ft  u  n  g  e  u 
verlangen.  
FraktionSgeplänkels,  wie  unbeirrt  von  den  verschiedenen 
Souberiuteresseu  des  Bernss-  und  Erwerbslebens,  mit 
der  Gründung  von  Vereinen  zur  Abwehr 
s  0  z  i  a  l  r  e  v  0  l  11  t  i  0  11  ä  r  e  r  Umsturzplane  vor- 
zugeheu  '?  Es  mußte  sich  hier  im  Festhallen  des  einen 
springenden  Punktes  ein  starkes  gemeinsames  Band  und 
ein  Boden,  breit  genug  für  Viele,  finden  I 
Wir  sind  sicher  keine  Freunde  der  polizeilichen  Be -
schränkungen  des  Vereinsrechtes  Aber  so  langt  man 
diese  politischen  Fußangeln  nur  benutzt,  um  Arbeiter 
darin  zu  fangen,  so  lauge  die  „Ordmmgs"-Parteien  fit 
nicht  selbst  am  eigenen  Leibe  als  lästig  enipfinüen,  ist 
keine  Hoffnung  vorhanden,  sie  zu  beseitigen  Leider 
Wie  bei  so  vielen  anderen  Fragen,  so  konnte  sie 
auch  bei  dieser  vou  vornherein  sich  daraus  verlassen,  daß 
ihr  die  M  a  ch  t  d  e  r  T  h  a  t  s  a  ch  e  n  zu  Hülsekoinmen 
werde,  und  daß  diese  Macht  ihren  Einfluß  insbesondere 
auch  auf  bie  Wissens  ch'af  t  nicht  verfehlen  könne. 
Waren  früher  bie  wissenschaftlichen  Stimmen  zu  Gunsten 
der  Arbeitszeitverkürzung  nur  vereinzelt  und  ticr- 
hälbu  iß  mäßig  selten  zu  vernehnten,  so  haben 
sich  dieselben  im  Lause  der  letzten  Jahre  in  immer 
schnellerer  Aufeinanderfolge  höchst  erfreulich  vermehrt. 
So  ist  auch  jetzt  wieder  über  eine  solche  Vermehrung  zu 
berichten,  die  wohl  geeignet  ist,  uns  mit  hoher  Genug- 
thuung  zu  erfüllen,  zumal  sich's  um  eine  Kundgebung 
einer  hervorragenden  wissenschaftlichen  Körper- 
schäft  von  internationalem  Karakter  handelt. 
Ans  dem  kürzlich  in  Pest  stattgehabten  in  ter- 
nationalen  Kongreß  für  Hygieine  und 
Demographie  befchästigten  sich  mehrere  Seklionen 
eingehend  mit  der  Arbeitszeitverkürznw;  und  den  damit 
znsanimenhSngeudeit  Fragen.  Es  ist  zunächst  zu  er- 
wähnen  eilt  Referat  des  Dr.  JnlinS  Donath-  Pest 
über  die  physische  Degeneration  der  SB  e- 
völkernng  in  den  modernen  K  n  l  t  nrsta  a  ten. 
Der  Referent  gelangte  zu  folgenden  Ergebniffen: 
„1)  Der  physische  Rückgang  der  Bevölkerung  in  den 
modernen  Kulturstaaten,  insbesoudere  wo  industrieller 
oder  landwirthschaftlicher  Großbetrieb  vorherrschen,  ist 
eiue  nicht  mehr  zu  verkennende  Thatsache. 
2)  DaS  wichtigste  Beweismittel  dafür  sind  die  Re- 
k  r  ii  t  i  r  1111  g  s  -  E  r  g  e  b  n  i  s  s  e  in  Säubern  mit  all -
gemeiner  Wehrpflicht.  Bei  Benrtheilnng  des  Prozent- 
satzes  bet  Tauglichen  sind,  besonders  bei  den  großen 
Militärstaaten,  zwei  Faktoren  zu  berücksichtigen,  welche 
denselben  erhöhen  ohne  die  entsprechende  wirkliche  Beffe» 
rang  des  physischen  Zustandes.  Diese  find  a.  die  wegen 
bc3  physischen  Rückganges  vou  Zeit  zu  ZeU  erfolgenden 
Herabsetzungen  der  Aiiforderuugeu  au  bie  Militärtang- 
lichkeit;  b.  die  burch  die  fortwährende  Erhöhung  des 
Heereökontingenls  bedingten  Mehreinstellnngeu  an  Re- 
satten.  3)  Die  Ursachen  des  physischen  Rnckganges  sind 
neueren  Datums,  und  zwar  bie  msderiiekapita. 
l'  sti  >  ckt e  Produktionsweise  mit  ihren  Folgen: 
Zunehmende  Verdrängung  der  menschlichen  Arbeits -
kraft  durch  die  Maschine,  vermehrtes  Angebot  der 
Arbeitskraft,  Herabdrückung  der  Löhne  und  in  Folge 
deffen  immer  mangelhaftere  Befriedigung  der  noth, 
wendigsten  Bedärftnffe  der  Arbeiter,  d.  h.  des  weitaus  fiber- 
Anzeigen  werden  bie  sechsgespaltene  Petuzeile  ober  bereu  Raum  mit  30 
für  den  Arbeitömnrkt,  Mnnnethnngck  und  Finnilieuanzeigeit  mit  ‘30  aJ  berechnet. 
Anzeigen  'Annahme  in  bet  Expedition  (bis  «  Uhr  Abds.),  sowie  in  stimmt!.  Amioncen-Vlireaux 
Redaktion  und  Expedition:  iÄrvßc  Theaterstraste  44  tu  Hamburg. 
Mit  „jämmerlich  kleinem  Maßstab"  —  so 
führt  die  „Nordd.  Allgem.  Zig."  aus  —  sei  von  der 
„gutgesinnten"  Presse  die  Königsberger  Kaiser- 
rede  gemessen  worden  ;  man  habe  das  Wort  des  Kaisers 
„mit  den  subjektivsten  Deutungen  hin  und  her  gezerrt". 
Um  Sinn  und  Absicht  bet  Rede  zu  erläutern,  hätte 
es  nicht  vieler  Worte  bedurft.  „Nur  um  sie  mißzii- 
beuten,  war  die  Mühe  zahlreicher  Artikel  erforderlich. 
Und  was  ist  in  solchen  willkürlichen  Auslegungen  ge -
leistet!  Auch  die  im  Trotz  verharrende  Gesinnung  laS 
eine  Rechtfertigung  ans  der  kaiserlichen  Rede  heraus, 
jede  Tendenz  wollte  durch  sie  gebilligt  und  ermuntert 
sein,  jedes  Hauptschlagwort  deS  Gezänks,  mit  dem  die 
Parteien,  Koterieen  ober  ihre  Privat-Steckenpferde  reiten- 
beii  Redaklöre  gegen  einander  zu  Felde  liegen,  sollte  In 
Königsberg  die  höheren  Weihen  empfangen  haben  und 
die  Ouintesseuz  der  „richtig  verstandeiten"  ffaiferrebe 
bilden." 
Dieser  HoHn  deS  offiziösen  Organ?  ist  ganz  am 
Platze.  Es  heißt  dann  weiter:  „Bon  diese»  gewaltsamen 
Auslegiiugen  hat  ein  beträchtlicher  Theil  an  dir  Worte 
der  Kaiserrebe:  „Ans  zum  Kampfe  für  Religion,  für 
Das  „Hamburger  Echo"  erscheint  täglich,  außer  Montag«. 
Der  stlbonncmcntSpreiS  (infl.  „Die  Nenc  Wett")  beträgt:  burch  bie  Post  bezogen  (Nr.  bc«  Post- 
katalogs  2846)  ohne  Bringegeld  vierteljährlich  M.  4,20;  durch  bie  Solportöre  wöchcutl.  36  4  frei  in’«  Hau«. 
Veraulworttichcr  Redaktor:  R.  Stenzel  in  Haindnrg. 
□  Seit  ihrem  Entstehen  begnügt  die  sozialdemokra -
tische  Partei  in  Deutschland  sowohl  wie  in  anderen 
Ländern  sich  bekanntlich  nicht  damit,  den  Volksmaffeu 
die  Ueberzeugung  beizubringen  und  zu  stärken,  daß  die 
Beseitigung  der  Kapitalherrschaft  und  der  Sieg  eines 
neuen  auf  beut  Recht  der  Arbeit  bofirenbeit  Gesellschafts -
prinzips  mit  entwicklungsgesetzlicher  Nothwendigkeit  sich 
vollziehen  muß,  —  nein,  sie  erhebt  anch  an  die  öffent -
lichen  Gewalten  der  gegenwärtigen  Gesellschastsorduuiig, 
in  erster  Linie  an  die  Gesetzgebung,  bestimmte  Forde -
rungen  zuni  Schutze  der  Arbeiterklasse  gegen -
über  dem  kapitalistischen  Ausbeutungssystem.  Es  sind 
dabei  für  uns  hohe  humanitäre  und  kulturelle 
Gesichtspunkte  inaßgebend.  Vor  allen  Dingen  aber 
handelt  es  sich  darum,  der  anarchistischen  Verwüstung 
der  Bolkskraft,  der  Degeneration  der  arbeitenden 
Massen  durch  jenes  System  Einhalt  zu  thlin  und  so 
eine  Gewähr  zu  schaffen,  daß  diesen  Maffe»  die  Fähigkeit 
nicht  geraubt  wird,  Träger  der  Kultnrentwicklung 
zu  fein. 
Unter  den  betreffenden  Forderungen  steht  die  der 
Verkürzung  bezw.  gesetzlichen  Regelung 
der  Arbeitszeit  obenan.  Die  Erfüllung  dieser 
Forderung  bedeutet  veu  einzigen  Vortheil,  den  die  Ar -
beiterklasse  ans  den  großartigen,  im  Dienste  der  privat -
kapitalistischen  Produktion  geschehenden  Fortschritten  auf 
technischem  Gebiete  ziehen  kann.  In  demselben  Maße, 
wie  diese  Fortschritte  sich  praktische  Geltung  im  wirth- 
schaftlichen  Leben  verschafften,  hat  auch  die  Frage  der 
A  r  b  e  i  t  s  z  e  i  t  v  e  r  k  ü  r  z  n  n  g  an  Bedeutung  und 
Dringlichkeit  gewonnen.  Dementsprechend  hat  unsere 
Partei  aber  auch  es  nicht  fehlen  lassen  an  gesteigertem 
Eifer  für  die  den  berechtigten  Jntereffen  der  Arbeiter -
klasse  geiiiigettbe  Entscheidung  der  Frage.  Unsere  Ab- 
geordneten  haben  in  den  Parlamenten  eine  ent, 
sprechende  Thätigkeit  entwickelt,  indem  sie  bestimmte  Vor -
schläge  formiilirten. 
Weiter  haben  internationale  Arbeiter- 
fongreff 6  in  den  letzten  Jahren  sich  eingehend  mit 
der  Frage  beschäftigt  und  dahin  schlüssig  gemacht,  daß 
die  Arbeiterschaft  aller  Länder  für  die  i  n  t  e  r  it  a  ti  0  n  al  e 
Vereinbarung  eines  höchstenSachtStunden 
betragenden  Norm  al- Arbeitstages  eiuzu- 
treten  habe.  Hauptsächlich  der  Propaganda  für  diese 
Forderung,  der  Manifestation  zu  Gunsten  deS  Acht -
stundentages,  gilt  bekanntlich  die  Maifeier  des  Pro -
letariats. 
Unsere  Leser  wissen,  daß  die  herrschenden  Klaffen  ; 
und  Parteien  sich  von  Anfang  atr  allen  ans  die  Ber-  . 
kürzung  bezw.  gesetzliche  Regelung  der  Arbeitszeit  ge-  , 
richteten  Bestrebungen  entschieden  feindlich  gegen -
über  gestellt  haben.  Besonders  die  Forderung  des  Acht -
stundentages  ist  von  ihnen  in  gehässigster  Weise  bekämpft 
worden  mit  der  Behauptung,  dieselbe  fei  von  der  Sozial -
demokratie  für  die  Zwecke  des  „Umsturzes"  erfunden  , 
worden.  ■ 
Die  Sozialdemokratie  hat  sich  durch  solch  tendeiiziöseii 
Unfug,  der  oft  genug  durch  öffentliche  Gewalten  denion-  : 
Eine  tnimntc  Tendenzlngc  macht  die  Runde 
durch  die  bürgerliche  Presse.  eie  betrifft  den  Ber -
liner  B  i  e  r  b  0  1)  f  0  11.  Und  bezeichnender  Weise  läßt 
eS  auch  die  Presse  des  Zentrums,  der  Partei  „sikr 
Wahrheit  und  Recht",  sich  angelegen  fein,  die  Lüge  zu 
verbreiten.  So  schreibt  die  „Köln.  VolkS-Zeitnug"  : 
„Der  Berliner  Bierbot)kott  ist  den  Sozialdemokraten 
leid.  Eie  möchten  ihn  lieber  heute  als  morgen  los  fein. 
Mag  die  Bvnkottkomiuisfiou  auch  noch  so  feurige  Auf -
rufe  an  die  Genossen  erlassen  11116  der  „Vorwärts"  noch 
so  viel  prahlen:  „Der  Boykott  wirkt  I"  so  wissen  die 
Schürer  doch  recht  gut,  daß  die  Brauereien  nicht  so  rasch 
zu  Kreuz  kriechen  werden.  Wenn  der  Boykott  Jemand 
schwer  geschädigt  hat,  so  sind  dies  vor  Allem  die  kleinen 
Wirthe  und  die  Saalbesitzer  Mit  diesen  Beiden  es  zu 
verderben,  haben  grade  die  Sozialdemokraten  wenig  Ver- 
anlaffnng.  Die  kleinen  Wiethe  sind  gntn  Theil  „Ge -
nossen",  die  wenigstens  in  so  fern  auch  etwas  für  die 
Partei  thun,  als  sie  bei  allen  Sauimluiigeii  wohl  oder 
übet  bluten  müssen  Ganz  unentbehrlich  find  die  Säle 
für  die  sozialdemokratische  Bewegung  Mit  dem  Heran- 
uahen  der  Zeit,  wo  die  Versammlnugeu  wieder  beginnen, 
haben  sich  denn  bekanntlich  die  Sozialdemokraten  auch 
bereiterklart,  mit  den  Saalbesitzern  wegen  des 
Friedens  zu  unterhandeln." 
gemachte  Annahme:  nur  die  konservative  Partei 
sei  im  Stande,  den  „Kamps  für  Religion,  Sitte  und 
Ordnung"  zu  führen.  Dieses  Urtheil  stehe  nicht  im 
Einklang  mit  den  Anschauungen  und  Erwartungen  des 
Kaisers.  Dazu  wird  bemerkt: 
„Daß  sich  die  einzelne  Partei  die  Fähigkeit  zu 
besonders  lüchtigcii  Leistungen  im  Kampf  gegen  bie  Um. 
flurgbcmegmig  zutraut,  ist  durchaus  begreiflich,  auch  als 
Symptom  edlen  Ehrgeizes,  der  gute  Frucht  wirken  kann, 
nicht  zu  mißbilligen.  Aber  welche  Partei  wirklich  das 
bedeutendste  Maß  vou  energischer,  dnrchgreisender  Gegen- 
arbeit  beisteuern  und  als  Führerin  in  dem  Kampfe 
leuchten  wird,  soll  erst  die  Zukuuit  zeigen.  Ausgerufen 
zu  diesem  Wettbewerb  sind  alle  Parteien,  die  „an  den 
Grundlage»  unseres  staatlichen  und  gesellschajtlichen 
Lebens"  feslhalten  wollen." 
Sollte  der  „Norddeutschen"  nicht  der  Gedanke 
kommen,  daß  dieser  politische  „Wettbewerb"  mit  Noth- 
„patriotisch"  und  „ordnungssreundlich"  zu  zeigen  un* 
mau  bars  öffentlich  unter  den  Augen  brr  Behöroeii  Sa« 
Gesetz  verletzen.  So  war's  seither.  Warten  wir  ab,  vt 
im  vorliegenden  Falle  die  Behörde»  ihrer  Pflicht  genügen 
werden. 
,,l)  Die  Begrenzung  der  Arbeitszeit  ist  für  alle 
Arbeiter  nothwendig  und  muß  proportionell  sein  der 
Intensität,  der  Dauer  und  der  Gesundheitsjchädlichkeit 
der  Arbeit.  2)  Für  die  Großindustrie  und  speziell  für 
die  Vergbauarbeit  muß  die  berufliche  Arbeitsdancr 
acht  Stunden  dnichschniltlich  betragen  nnd  darf  nie 
zehn  Stunden  überschreiten,  wenn  der 
Arbeiter  seine  physische,  geistige  und  moralische  Kraft 
nicht  verlieren  soll,  auf  welche  jedes  menschliche  Wesen 
einen  begründeten  Anspruch  hat.  3)  Der  zivilisirte 
Mensch  hat  unter  allen  sozialen  Verhältnissen  nicht  nur 
das  Recht  auf  durchschnittlich  acht  Stunden  Schlaf 
zur  Nachtzeit  —  da  der  Schlaf  am  Tage  durchaus  nicht 
die  Kräfte  erneuert  —  sondern  er  hat  auch  das  Recht 
aus  eine  ausreichende  Muße,  um  feine  Mahlzeiten 
eiuziiuehiueu,  für  seine  persönliche  Gesundheit  und  Rein- 
lichkeit  zu  sorgen,  seine  geistige  Aiisbildmig  zu  Pflegen 
und  seine  GeniüthSeiiipfindnugen  durch  die  Ausübung 
seiner  Pflichten  gegen  die  Familie,  die  Gesellschaft  und 
das  Vaterland  zu  erhöhe».  Diese  Bedingungen  er -
scheinen  uns  unerläßlich  für  das  Glück  der  Menschheit 
und  sind  die  sichersten  Bürgschaften  für  das  Gedeihen 
der  Völker,  den  sozialen  Friedell  und  die  allgemeine 
Brüderlichkeit." 
Nicht  eiue  einzige  Stimme  hat  sich  auf 
dem  Kongreß  gegen  die  Verkürzung  der  Arbeitszeit, 
bezw.  die  Fordenmg  deS  Achtstundentages  erhoben.  Die 
betreffenden  Verhandlungen  zeigen,  wie  die  sozialpolitisch 
unbefangen  denkende  Intelligenz  genöthigt  ist,  die 
Sache  des  arbeitenden  Volkes  zu  der  ihren  zu  machen. 
Andererseits  läßt  eine  Mittheilung,  die  der  Sektions- 
Vorsitzende  Dr.  Anton  Loew-  Wien  machte,  erkennen, 
zu  welch  ungeheuerlichen  Konsequenzen  die  A  b  h  ä  u  g  i  g- 
l  e  i  t  der  Wissenschaft  vom  Kapitalismus 
führt.  Dr.  Soeiu  erklärte,  „daß  es  seine  Absicht  ge- 
Fabrikarzt.  Es  fei  ihm  aber  trotz  lebhafter  SemiUjniigeii 
in  Oesterreich  und  Deutschland  nicht  gelungen,  eilten 
Fabrikarzt  für  dieser  Referat  zu  gewinnen,  weil  —  wie 
ihm  ein  Großindustrieller  aus  Deutsch -
land  schrieb  —  ein  Arzt  gegen  den  Achtstundentag 
aus  wisjeiischastlicheu  Gründen  nicht  sprechen  könne, 
s  ü  r  den  Achtstundentag  aber  a  u  3  Furcht  vor 
seinen  Brotgeber  11  nicht  sprechen  woll  e." 
Das  ist  karakteristisch.  Aus  berufenstem  Munde 
wird  hier  die  ja  allerdings  längst  bekannte  Thatsache 
zugegeben,  daß  Vertreter  der  Wissenschaft  in  Rück- 
sicht  aus  ihre  Existenz  gezlviingeu  sind,  sich  vor  beni 
Geldsack  förmlich  zu  p  r  0  st  i  t  n  i  r  e  ii,  ihre  Wissenschaft- 
liche  Ueberzeugung  dem  Unternehmer-Interesse  znin 
Opfer  zu  bringen  l  Wer  will  es  denn  da  dem  sich  auf 
die  tägliche  Erfahrung  stützenden  arbeitenden  Volke  ver -
denken,  wenn  es  den  sogenannten  „Vertrauens- 
ä  r  z  t  e  11"  des  UnteriiehmerlhninS  in  Fabriken  und  Unfall- 
Versicherungsberufsgenossenschaften  mit  dem  größten 
Mißtrauen  begegnet.  Solche  „Vertranensärzte" 
müssen  thun,  was  das  Sonderiutercsse  der  Unternehmer 
erheischt,  oder  sie  verlieren  ihre  Stellung.  Wir  wollen 
bei  dieser  Gelegenheit  unsere  schon  oft  erhobene  Forde- 
rillig  wiederholen,  daß  die  Justituliou  der  vom  Unter- 
nchnierthuui  abhängigen  „Vertrauensärzte"  gesetzlich 
zu  verbieten  ist,  beim  sie  stellt  in  bet  Regel  ein 
schanbbareS  Unwesen  zum  Nachtheil  ber  Wissen -
schaft  niib  der  Arbeiter  bar. 
Alles  in  Allem  kommen  bie  hier  mitgetheiltcu  93er- 
hanblungen  11  ub  Beschlüsse  bes  Kongresses  in  hohein 
Maße  bet  Propaganba  unserer  Partei  für  bcn  Acht- 
sinnbcutag  zu  Gute.  Die  Sozialbemokratie  bars  stolz 
sein  auf  biese  Nechtfertiguug  ber  wesentlichsten  Punkte 
ihrer  Acbeiterschtttz-Bestrebungcu  burch  eine  wissenschaft -
liche  Körperschaft.  Hub  wir  bürseu  uns  ber  Ueberzeugung 
hingebeu,  daß  die  hcrrfcheiibeuJutcreffeurichtuugru  halb 
genöthigt  sein  werden,  ihren  Widerstand  gegen  den  Acht -
stundentag  auszugeben.  Zwar  werden  sie  daun  thun, 
als  habe  es  niemals  einen  grundsätzlichen  Widerstand 
dagegen  gegeben.  Das  mache»  sie  ja  immer  so,  wen»  sie 
endlich  »ach  langem  Stampfe  zu  irgend  einer  sozial- 
reformatorischen  Maßnahme  sich  verstehen  müssen. 
Aber  dadurch  werden  sie  daS  Verdienst  der  Sozial- 
demokratie,  im  Bunde  mit  der  Wissenschaft  den 
Achtstundentag  erkämpft  zu  haben,  nicht  schmälern 
können. 
Z»r  „Lösuncz  ber  Frage",  wie  die  „gemein -
sam  e  A  b  w  e  h  r  gegen  die  U  in  st  u  rz  p  a  r  t  ei  e  n" 
zu  organisiren  ist,  läßt  sich  die  „Nordd.  Allgem. 
Zig."  Folgendes  schreiben: 
„Tie  sozialrevolutionäre  Bewegung  erblickt  ihrer -
seits  in  dem  Zusammenschluß  zu  Gewerkschaften 
und  W  a  h  l  v  e  r  e  i  11  e  n  eines  der  wirksamsteii  Agita- 
tionämitleL  Sollte  sich  nun  nicht,  ohne  daß  man  erst 
konservativen  Parteien  und  den  Rational- 
liberalen  vvrauSfetzeii  dürfen.  Diese  Partete»  er» 
geben  aber  höchstens  160  Stimmen.  Mau  wird  daster 
von  vornherein  öen  (Bebauten  a  11  einen 
Erfolg  aufgeben  können,  wenn  es  nicht  gelingt, 
einen  Theil  deS  Zentrums  für  eine  positive 
Lösung  der  Aufgabe  zu  gewinnen,  da  ein  Gewinnen 
anderer  Parteien  unb  Gruppen  ausgeschlossen  erscheint. 
Sollte  sich  ber  Reichstag  als  unfähig  erweise»,  diese» 
ernste»  Ausgabe»  gerecht  zu  werden,  so  sehen  mir  fciiien 
Ausweg  als  einen  Ausruf  an  das  Volk,  unter 
der  Wahlparole  „Abwehr  be#  Umsturzes".  Dieser  scheint 
uns  gar  nicht  so  aussichtslos,  wie  er  von  oppositioneller 
Seite  bargcfletlt  wirb  Ta#  Bürgerlhnm  in  den  weitesten 
M  reifen  will  Ruhe,  Zucht  unb  Crbmutg  haben.  Jede 
Regierung  wirb  seinen  Tank  finben,  die  beni  ruhigen, 
friedliche»  Erwerb  Ruhe  und  Orduung  sichert." 
Dos  uatioitnlliberale  Organ  wiederholt  hier  als» 
seine  frühere  Aufforderung  an  bie  Regierung:  vor  einer 
Auflösung  b  e  S  Reichstage#  nicht  zurückzu- 
schrecken. 
t  a  g.  Seine  Ausführungen  zeugen  von  tiefer  wiffen- 
schastlicher  Grünblichkeit  unb  Objektivität.  Er  ging  aus 
von  ber  Darlegung,  baß  bie  übermäßige  Arbeitszeit,  weit 
entfernt,  eine  geschichtliche  Rechtfertigiing  zn  haben,  erst 
ein  Kinb  beS  letzten  Jahrhnnberts  ist:  bie  Wirthschafts, 
grschichte  beginnt  mit  kurzer  Arbeitszeit.  Unb  schon 
halb  nach  der  kapitalistischen  Verläiigerniig  bcrfelben  ge- 
staub  ein  französischer  Industrieller  dem  Minister  G  uiz  o  t, 
die  zwölsstüiidige  Arbeitszeit  ruinire 
ihn,  denn  in  dieser  verderbe  der  Arbeiter 
in  Folge  seiner  Ueberm  n düng  viel  Ma- 
terial  und  leiste  wenig  Arbeit.  Von  da  ab 
begann  ber  umgekehrte  Kreislauf,  bie  allmälige  Ver- 
kürzung  ber  Arbeitszeit.  Der  Achtstuubentag  ist  in  eng -
lischen  und  amerikanische»  Staatsbetrieben,  in  letzteren 
schon  seit  1868,  eiugeführt,  die  australische  Kolonie  Viktoria 
ist  das  klassische  Laud  des  Achtstundentages  schon  seit 
1856,  und  die  Benutzung  der  öffentlichen  Bibliotheken, 
die  Betheiligung  an  den  Nationalspielen  und  die  Ab -
nahme  des  Schnapsgenuffes  wie  der  Verbrechen  in  dieser 
ehemaligen  Vcrbrecher-Kolonie  überzeuge  auf  das  Uit- 
Widerleglichste  von  der  Durchführbarkeit  wie  von  der  kiiltur- 
fördernden  Wirkung  dieser  Arbeiterfchntzbestimmung.  Eng -
land  habe  längst  den  Nutzen  einer  kurzen  Arbeitszeit  erkannt, 
und  der  ehemalige  englische  Handelsininisicr  Miindella 
habe  deshalb  das  treffende  Wort  gesprochen,  daß  die 
übermäßige  Arbeitszeit  der  fremden  Lander  für  England 
der  beste  Schutzzoll  fei,  da  dieselbe  die  Produktion  jener 
Lauder  verschlechtere  und  verringere.  Schon  Robert 
Owen  hat  im  Jahre  1817  prophetisch  ausgernsen: 
„Es  hat  Niemand  das  Recht,  vo»  seinem  Nebeiinicnschcn 
zu  verlangen,  daß  er  für  ihn  länger  arbeite,  als  es  für 
das  gesellschaftliche  Wohl  erforberlich  ist,  und  zwar  mir, 
um  sich  auf  Kosten  Anderer  zu  bereichern." 
Zum  Schluffe  sormulirte  Profcffor  Singer  solgeude 
Resolution : 
„Die  XIX.  Sektion  deS  VIII.  internationalen 
Kongresses  für  Hygieine  und  Demographie  spricht  sich, 
mit  Hinblick  auf  die  allgemein  zu  Tage  getretenen 
segensreichen  Folgen  der  allmäligen  Verkürzung  der 
Arbeitszeit  imb  bie  hygieinische  Schädlichkeit  der  Nacht -
arbeit,  tut  Prinzip  für  den  Achtstundentag  und 
die  Abschaffung  der  Nachtarbeit  aus  und  fordert  die 
gesetzgebenden  Faktoren  aller  Staate»  nioderner  Zivilisa -
tion  auf,  die  schrittweise  Eiusühruug  des  Achtstunden -
tages  für  bie  gewerblichen  Arbeiter  anziibahiten  unb  die 
Nachtarbeit  in  allen  Betrieben  zu  verbieten,  mit  Aus -
nahme  berjeuigeii,  für  welche  sie  aus  allgemeiiieu  volk#- 
wirthschastlichen  Rncksichkeu  nnentbehrlich  ist." 
Diese  Resolution  luurb«  vou  den  zahlreichen  Hörern, 
solchen  Vorgängen  bie  gerühmte  „Gleichheit  vor  bem 
Gesetz"  im  „Rechtsstaat-"  illustrireu.  Ja'rucksichtSlosester 
Weise  geht  Polizei  nud  Justiz  gegen  s  0  z  i  a  l  d  c  m  0  - 
kra  tische  Vereine  vor,  indem  sie  dem  Begriff 
„politische  Angelegenheiten"  die  willkürlichste  Aus- 
legung  giebt.  Dahingegen  üben  bie  Vereine  ber 
sogenannten  „Sutgefinnten"  unausgesetzt  eiue  ganz 
einbar nngen  —  enlgcgcntretcn,  welche  geeignet  sind, 
das  materielle  und  geistige  Wohl  der  arbeitenden  Bc- 
völkernng  zu  heben.  Unter  diesen  Arbeiterschutzgesetzen 
steht  an  erster  Stelle  die  Kürzung  der  A  r  b  e  i  t  s- 
zeit,  welche  sich  zunächst  nach  der  Arbeitskategorie  zu 
richten  hätte,  wobei  als  Maßstab  der  Grad  ber  Gcsuub- 
heitsschäblichkeit  ber  bctreffeuben  Brauche,  sowie  bie 
Ziffer  ber  roieber  zu  aktivircnbeu  Arbciterreservccirmee  zu 
diene»  hätten." 
Sodann  referirte  RcgierungS-  und  Mcdizinalrath 
Dr.  G.  Roth- Oppeln  über  den  Einfluß  der 
Arbeitszeit  ans  die  Gesundheit  der  Ar -
beiter.  Ter  Redner  begründete  folgende  Thesen: 
„1)  Die  Arbeitsdancr  muß  um  so  kürzer  fein,  je 
körperlich  oder  geistig  anstrengender  die  Arbeit  und  je 
gefährlicher  die  gewerbliche  Beschästignng  ist.  2)  Die 
Arbeitszeit  muß  um  so  kürzer  fein,  je  weniger  entwickelt 
und  je  weniger  widerstandsfähig  der  Organismus  des 
Arbeiters  ist.  3)  Frauen  u  n  d  jugendliche  Ar -
beiter  sind  von  allen  körperlich  anstrciigenden  Arbeiten- 
sowie  aus  Betrieben,  wo  ihre  Gesundheit  durch  Eiu- 
Wirkung  giftiger  Substanzen  oder  staubentwickelnder  Ma -
terialien  bedroht  wird,  oder  die  eine  besondere  nnd  an -
haltende  Ansmcrkfamkcil  erfordern,  ansznschließcn. 
4)  Jugendliche  Arbeiter  b  i  s  zu  18  Jahren 
sind  den  gesetzlich  geschützten  Personen  von  14  bis 
16  Jahren  zuzuzählen.  5)  Anch  wo  die  Fabrik- 
arbeit  eine  direkt  nachweisbare  körperliche  oder  geistige 
Ueberbärdiing  nicht  herbeiführt  und  mit  erheblichen 
Betriebsgefahren  nicht  verbunden  ist,  darf  die  tägliche 
Arbeitszeit  eilte  bestimmte  Däner  nicht  überschreiten. 
Soll  ein  durchschnittliches  Llaxiinnm  festgesetzt  werden, 
so  dürfte  eine  zehnstündige  tägliche  Arbeite' 
batter  im  Allgemeinen  bcn  gegenwärtigen 
Verhältnissen  entsprechenb  unb  eine  längere 
Arbeitszeit  Weber  im  Jntcreffe  ber  Arbeiter  noch  ber 
Arbeitgeber  gelegen  sein.  Ausgenommen  bleiben  bie» 
jenigen  Betriebe,  bie  eine  genaue  Umgrenzung  ber 
Arbeitszeit  nicht  zulassen.  6)  DaS  System  ber  Ueber- 
stnnben-Arbeit  bcbars  bringend  nothwenbig  ber 
Einschränkung.  7)  Für  jugendliche  Arbeiter  ist  außer 
der  Mittagspause  eiue  regelmäßige  Unterbrechung 
der  Fabrikarbeit  durch  vorgeschriebcne  unb  koulrolirte 
Bor-  unb  Nachmittagspauseu  erforderlich.  Es  ist  darauf 
hiuzuwirken,  daß  die  für  jugendliche  Arbeiter  vor- 
geschriebeiicn  Pansen  überall  da,  wo  die  Arbeit  in  gleich- 
bleibender  Stellung  verrichtet  wird,  möglichst  durch 
Turn-  und  Bewegungsspiele,  wozu  bei 
schlechter  Witterung  geeignete  Räume  zur  Verfügung 
fein  müsse»,  ausgefüllt  werden.  Eine  Verschiebung  ober 
Eliminiruug  ber  Vor-  und  Nachmittagspauseu  daburch, 
batz  die  Mittagspause  cutfprecheud  verlängert  wird,  liegt 
nicht  im  Interesse  dieser  Arbeitsklassen.  Für  die  er -
wachsenen  Arbeiter  sind  außer  einer  iniubestens  ein- 
stündigen  Mittagspause  Arbeitsiinterbrechnngen  dann 
vorznsehen,  wenn  die  nnunterbrocheiic  Arbeitsdaiier  vier 
Stunden  und  die  Gesamnitdaner  der  Arbeitszeit  acht 
Stunden  überschreitet.  Ausnahmen  können  für  leichtere 
Betriebe  im  Eiuverstänbiiiß  mit  der  Arbeiterschaft  juge- 
lassen  werden.  8)  Die  Ansdehuuug  gesetzlicher  Schutz -
maßnahmen  auf  Hausindustrie  und  Handwerk 
ist  eine  der  dringendsten  Forderungen  der  Gewerbe- 
Hygieine." 
Weiter  sprach  Proseffor  Dr.  I.  S  i  n  g  e  r  >  Wien  ans 
nationalökouo  mischen  Gesichtspunkten  für  den 
allmäligen  U  e  6  e  r  g  a  it  g  znm  Achtstnuden- 
„Die  sozialrevolutiouäre,  kürzer  und  prägnanter  ge- 
fßgt  bie  anarchistische  Propaganda  wendet  sich  gegen  I  An  dieser  Darstellung  ist  mir  das  eine  richtig,  daß 
Alles,  was  die  heutige  Ordnung  in  religiöser,  staatlicher  die  Boykott-Kommission  sich  bereit  erklärt  hat, 
nud  geftllschasmcher  Beziehung,  was  sie  für  Familien-l,„jt  den  Saalbesitzeru  zu  iinterhaudel».  Aber  e3  wird 
leben,  Eigkuthiim  nnd^ute  als  Grundlage»  anerkenn!  I  verschwiegen,  daß  die  Initiative  dazu  von  Letzteren 
Vffen  erklärt  |te  Religion  jiir  Prwatfache  oder  höhn«.  I  „»tz  nicht  von  der  Boykott-Kommifsion  auigegaiigeu  ist. 
keinen  König,  feinen  totaat  unb  kein  Gesetz  anzueikeiiueu,!  Jie  Untcrhanblung  hat  am  Sonnabenb  (tattgefunbeu 
1  darüber.  Es  heißt  da  zunächst,  Herr  Feuerstein 
habe  die  Sitzung  eröffnet  uni  u.  A.  gesagt: 
Die  Saalbcsitzcv  und  Gastwirlhe  feien  die  Opfer 
de#  BicrboykottS  geworben  und  iiu  Hinblick  auf 
die  Nolhlage,  namentlich  Der  kleine»  Gastwiuye,  hätte 
die  Kommission  der  Saalbefitzer  sich  ent -
schlossen,  den  Versuch  zu  machen,  ob  sich  Be -
dingungen  foi'uniliteu  lassen,  bei  deren  beiderseitiger  Au» 
iiahinc  die  Saalsperre  aufgehoben  werden  könnte. 
Auf  Eifiichen  des  Vorsitzenden,  die  Vertreter  der 
Arbeiter  möchten  sich  zu  (einen  Ausführungen  äußer», 
nimmt  Genosse  Siiiger  das  Wort,  um  irrthürnlichen 
Bemerkungen  in  der  bürgerlichen  Presse  gcgeiiflbet  fest- 
-»stellen,  baß  brr  Wunsch  mrb  die  Einladung  zu  der  Bc- 
fpeechmig  von  den  Saalbefitzcrn  ansgegangen  sei. 
(Diese  Thatsache  wird  durch  Z  11  ,t'i  111  m  11  u  g 
der  Herren  Jakobi,  Feuerstein  und 
M  e  n  11)  e  6  e  ft  ä  t  i  g  t.)  Die  Vertreter  der  Arbeiter, 
fährt  Singer  fort,  seien  erschienen,  so  wie  sie  sich  ftiiui 
Berhanbliiiig,  bie  möglicherweise  zur  Beendigung  des 
Kampfes  führen  könne,  entziehen  würden. 
Ans  den  Wunich  der  Saalbesitzcr,  bie  Saalfperre  zu 
beendigen,  eingehend,  erklärt  Genosse  Süiger,  baß  nach 
seiner  Ansicht  Verhaiibtiingen  über  bie  Aufhebung  der 
Saalfperre  nur  dann  mit  Aussicht  auf  Erfolg  gciührt 
werden  könnten,  wenn  die  Ursache  bc#  gegenwärtigen 
Kampfes  der  Berliner  Arbeiterschaft  mit  den  Ring- 
branereien  beseitigt  sei  Der  Redner  meint,  über  die  Be- 
diugungeu  der  Saalbesiyer  zur  Zeit  noch  gar  nicht 
sprechen  zu  irollcn,  ba  selbst,  wenn  eine  $ctjtiii6fgung 
hierüber  erfolgen  sollte,  eiue  Benutzung  der  Säle  zu  Ve:- 
jammliingen  und  Feste»  nach  Lage  der  VeihäUuiffc  doch 
nicht  erfolgen  Mime,  da  bie  Saalvefftzer  vermuthlich  fei» 
ringfreie#  Bier  eiuführeu  und  die  Arbeiter  sicher  Mu 
boykottirteS  Bier  trinken  würden.  Der  Redner  kaun  den 
Saatbesitzeni  nur  anheiiiistclleu,  den  flrauerriug  zu 
veranlassen,  in  Verhandlungen  über  die  Beendigung 
deS  Bierbvykott#  zu  treten.  Die  Vertreter  der 
Arbeiter  müssen  cs  a  b  l  e  h  11  e  u  .  bic  ©aalfuerre 
einseitig  z  n  behandeln  und  die  Saalbesitzer 
sollten  in  Wahrung  ihrer  Interessen  ihicn  Einfluß  bei 
dem  Blauerring  geltend  machen,  damit  unter  An -
nahme  der  A  r  Ü  e  i  t  e  rf  0  r  d  e  r  u  n  g  e  u  der  Bier. 
boykott  iiiid  mit  diesem  zugleich  dieSaal» 
sperre  aufgehoben  werde. 
In  demselben  Stunt  sprach  Genosse  Auer  sich  aus. 
Schlirsilich  erklärte  Singer  noch:  Wie  uotij» 
wendig  eS  für  die  Saalbesitzer,  bie  sonst  nicht  zu  einer 
Auftfick'nng  der  Saalfperre,  rcsp.  zu  einer  Beiuitzung 
ihrer  Säle  kämen,  sei,  die  Brauerei:»  zu  einer  die 
Arbeiter  befriedigenden  Lösung  der  Augetegeicheit  zu 
veranlaffen,  gehe  am  besten  ans  dem  Umstande  hervor, 
baß  bie  Arbeiter  mit  dem  Staub  des 
Boykott#  sehr  zusriede»  seien.  Redner 
bittet,  ei  als  einfach  beu  thatsächlichen  Verhältnisse» 
entsprechend  aufziinehmcn,  wenn  er  müthcilt,  daß  ba» 
Saakbedürfniß  fflr  Versammlungen  — 
wenn  schon  er  den  Werth  großer  Säle  nicht  unterschätzt 
logmannuii  „wuign.nH.wi  »3  —  vollständig  gedeckt,  daß  ferner  genügend 
zweifellos  politische  Thätigkeit  in  offenbarstem  Dier  vorhanden  ist  und  daß  endlich  die  Arbeiter 
Widerspruch  mit  dem  Gesetz  unb  mit  der  behördlichen  fest  entschlossen  find,  im  bevorstehenden  Wut« 
Praxis,  die  gegen  bie  Sozialdemokraten  geübt  f  alle  Feste  unb  Vergnügungen  in  de»  betreffeirbeu  Säle» 
wird.  Und  e#  fällt  den  Behörden  gar  nicht  eiu,  solche,  so  lauge  eiuzuftcllcii,  bi#  der  Boykott  in  einet  den 
Vereine  zur  Rechenschast  zu  jicheu,  was  wir  an  Arbeitern  passend^  erscheinenden  Weise  geregelt  ist. 
Hunderteii  von  Fällen  bewiesen.  Ergo:  bie  „Gleichheit  f  Au#  dieser  Stellung  der  Arbeiter  mögen  die  Saal, 
vor  dein  Gesetz"  ist  eine  Lüge.  Mau  braucht  mir  der  besitzer  erseheu,  daß  cS  nur  ihren  Interessen,  entspricht, 
herrschenden  politischen  Macht  zu  dienen,  sich  hübsch  '  wenn  sic  ihren  Einfluß  aus  Beendigung  des  Boykotts 
■  W  .  -  ,—.  unter  denen  auch  industrielle  Unternehmer 
Folgen  kann  nud  muß  ber  Staat  mit  allen  Mitteln  —  tack-  ]  sich  besanden,  mit  rauschendem  Beifall  ausgenommen  und 
Thunlichkci't atfAruudinternatioiiaterVer-ieinst i-ui  inig  akzeptirt,  uachdrni  zwei  große 
.  .  v  c  cs  al#  wichtige  politische  Rachrickü  in  die  Welt:  „Daß 
prochen  wird  so  denk  Niemand  an  p  We  über  re,  bic  Aussicht-,  im  Reichstag  für  jedes  ge  je  »gebe- 
lig.öfe  Glaubensbckeniitniffe  die  diesseits  »ru  tifdje  SBorgehen  gegen  die  llmsturzbefire- 
b  e  r  rrf  °  6  C  =*  °  *  C  6  1  .*  C ,  V  ?, e  11  tu-  *  b  1111  g  e  ii  zur  Zeit  sehr  1111  g  ü  11  ft  1  g  find,  lehrt  ein 
.  "  11  5  utrt l  vornherein  tlar.  Aber  gut  i)t  158Hrf  ans  die  Zufammeufehuug  dieser  Körpernhaft.  Festen 
doch,  daß  das  vorn  ofsiziöfeu  Ergan  uochiuals  a  u  s  ■  I  TBitleu,  bie  zu  erwarteubeu  Vorschläge  eutgegenkoiiimrnb, 
drucklich  koustatirt  wirb.  Tayelbe  weiibct  sich  ■  --  ---  -  -  •—  -  -  - 
schließlich  gegen  bic  von  ber  konservativen  Presse