Nr. <50. 10. Jahrgang. I . V Da« „Hamburger Echo" erlchrwt täglich, außer Montag«. Der Bbon,lementöpreis (mH. „Die Reue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de» Post - katalog« 3041) ohne Briiigegeld vierteljährlich JL4.2O; durch die Ilolportörr wScheutl. 36 aJ frei in’« Hau«. Einzelne Nummer 6 aJ. Sonntags-Nummer mit illustr. Sonntags-Beilage „Tie Nene 10 aJ. Verantwortlicher RedaktSr: R. Stenzel in Hamburg. Mittwoch, den 11. März 1896. 3SSW Anzeigen werden die sech-gespaltene Petilzeile oder deren Raum mit 30 aJ, sür den ArbeitSmarkt, Der» mkcthuugS- und Familienauzeigeu mit 20 4 berechnet. Bnzeigen-Aunahme in der Expedition (bi« 6 Ubr Abdel.), sowie in sämmtl. Lnnoncen.Büreauz. Redaktion und Expedition: Krohe Theaterstrahe 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage Las Pjausrecht des Vemiethers Jahrhunderte ihr Vertrags- gegen spätere Wohlfahrt der arbeitenden Klassen" sich halten. Unsere Genossen F r 0 h m e und Stadthagen werden, nach - dem ihre ersten Anträge am Sonnabend net einen theil- iDetftn moralischen Erfolg gehabt haben, in der zweiten Kviiimissions. Berathung de« EiilwurfS um so nach, drstkklicher ihre grundsätzlichen und eventuellen For - derungen erheben. es durchziisetzen wissen, daß der Prätor Pfand an den Jllateu de« Kolonen selbst Erwerber schützt." Das ReleiitioiiSrecht blieb übrigens Berichtigung. Im gestrigen Artikel ist leider ein finneniftefienber Truckseblcr stehen geblieben. Im Berlin, 9. Mir,. .Für deutsche» Recht und deutsche Sitte" behauptet der AittisemiliSmus ciiizutreten. „Alleweil gut deutsch" ist eine seiner Prvpaganoaphrasen. WaS that aber Herr Dr. Vielhabeu, als er am Sonn - abend voriger Woche in der ReichStagS-Kvinmission für da» Bürgerliche Gesetzbuch die Anerkennung deS P s a n d - rechts deS BermietherS — und zwar des un- beschränkten Pfandrechts — forderte? Er trat ein für die Aufrechterhatlung einer Rechtsinstitution, die dem r S m i s ch e n Recht entstammt, ihre Entstehung der maß - losen AiiSbcutungSsilcht jener Geldoligarchie ver. dankt, die das wellbeherrschende Rom zu Grunde richtete. Folgen wir der Schilderung, die darüber der Ober- landeSgerichtSrath Thoniseu-Stettin aus dem 20. Juristen - tage in einem die Frage: „Ist da» gesetzliche Pfandrecht deS Bermiether» oder BerpächterS beizubehalten?" be - treffenden Referat entwarf. Der Spekulationsgeist der in Rom herrschenden Großkapitalisten richtete sich nicht bloS auf die Landwirthschast, sondern mit der schnell lvachseiiden Größe der Stadt auch auf den Gewinn durch Bauen und Berni leihen von Häusern. Es bildete sich ein gewerbsmäßiges Hausbesitzer« und WohnungSvcrmielherlhum. Tie Großkapitalisten bauten Miethskasernen und vermietheten sie entweder im Ganzen an Miethunteruehmer, die astervermietheten, oder in Einzelivohnungen an kleine Leute. Gab es doch um 700 n. Chr. in Rom nur 1790 von den Eigenthümern selbst bewohnte Häuser, dagegen 46 602 insulae (Mieth», kasernen). Die Monopolwirthschast de» gewerbsmäßigen BermictherthumS sühne zu einer Art Feudalismus, so daß Hausherr und Miether nicht mehr im Verhältniß von lSerkäuferu und Käufern einer Waare, sondern von Herren und Knechten zu einander standen. Die schriftlichen Miethverträge kamen auf und in diese wurde alsbald die Klausel der Verpfändung der Jllaten deS Miethers ausgenommen. Das Interesse der Bermiether führte bald dahin, im Rechte solch' eine Verpfändung als stet - vorhanden au> zusehen: ein sogenanntes stillschweigendes (gesetzliches) Pfandrecht. Die Praxi- der dem AnSbenterintereffe durchaus dienstbaren Gerichte führt« diesen Rechtssatz durch. Professor P e r u i c e sagt diesbezüglich : „Es lag nicht im Sinne der Juristen, den kleineren Leuten dem Kapital gegenüber einen besonder- wirksamen Rechtsschutz aiigedeihe» zu lassen" Und Profeffor Dernburg be - merkt: „In Rom sind eS die Grundeigenthünier, welche lang ein R e s i d e nz . P r iv i l eg i u m. Erft Kaiser Justinian dehnte es aus alle Provinzen an». Mit dem römischen Recht wurde e» in Deutschland eingeführt. DaS war, sagt Profeffor Stobbe, „eine besonder- unglückliche Neuerung". In seiner Kritik deS § 552 deS Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches sagt dann OberlandeSgericht». rath Thomsen: „DaS gesetzliche Pfandrecht deS 8 552 ist eine gesetzliche Mobiliar Hypothek mit verschiedene» Spezialrechten (insbesondere Selbst, hülfe) und mit der Analogie des Faustpfandrechts. Es ist also ein juristische» Unikum. Beim Retentionsrecht des VermietherS ist es die Eigen, macht, welche mit oft brutaler Seroalt in die RechtSsphSre deS Mitbürgers eingreift. Diese Selbst, hülfe steht dem Miether wie ein drohendes Gespenst immer vor Augen und treibt ihn nicht nur zu den äußersten Anstrengungen, sondern auch zu den größten Entbehrungen für sich und seine Familie, nur um die Zahlung der Miethe zu ermöglichen. Jeder andere Schuldner darf sich widersetze», wenn gegen die in seinem Besitz befindlichen Sache» ein Gläubiger eigen- 'nächtig eiuschreitet, — nur bet Miether darf da- nicht." Das Retentionsrecht also ist weder deutsch, noch sozial; es ist eine den römischen Ausbeuter- privilegien entnommene soziale Ungeheuerlich - keit, die de» Stempel der schamlosesten Un- gerechkigkeit an der Stirne trägt I Vernehmen wir eine andere hochbeachtenstvertüe Stimme. Der nm die Aiisgestaltiiiig sozialer RechtSgruudsätze verdiente Stadtrath Dr. Fl e s ch. Frankfurt a. M. führt („Zur Wohiilingsfrage", Dresden 1890 und „Schriften deS Verein» für Sozialpolitik" XXX.) Folgendes ans: »Daß eine solche Vorschrift, wonach der Bermiether berechtigt ist, wenn ihn, der Miethzins nicht bezahlt wird, dem Schuldner sämmtliches Mobiliar zu retiniren, auch solche Gegenstände, die (nach der Zivilprozeßordnung § 715) nicht einmal gepfändet werden braucht dazu nur Krankheit ober Arbeitslosigkeit einzu« treten. Kann er nicht bezahlen, wo» er dem Bermiether schuldet, so wirb er mit den Seinen nackt und bloß aus die Straße gesetzt. Die Möbel, die er sich in besseren Tagen angeschafft hat, mit der Idee, daß sie ihm sein Lebenlang ein behagliches Heim verschaffen sollten, gehen bei solch einer Psändung zu Schleuder- preisen weg. Gelangt et wieder in bessere Arbeit». Verhältnisse, so steht er vollständig aus dem Punkt, neu anfangen, d. h. neu anschasse» zu muffen. Da wird er sich allerdings fragen, ob er wieder, sich anderweite Ent - behrungen auserlegend, mit Mühe und Anstrengung Möbel kaufen soll, damit ein Hauswirth sie ihm wieder nehmen kaun, ober ob er besser daran thut, sich so einzurichten, daß ihm nicht» zu nehmen ist? Die Antwort wird sehr leicht in letzterem Sinne auSsallen. „Ich behaupte" — sagt Flesch — „daß unsere ExekutionSgesetzgebung denSinn für Häuslichkeit, Wirthschaftlich- keit re. herabsetzt, daß sie zu ihrem Theil ver- schuldet, wenn die Unbemittelten sich in der schmäh - lichsten Verwahrlosung ihre» Hauswesens gefallen, und daß sie daher besonders mit einer Besserung der WohnungSverhältnisse absolut unvereinbar sind." E» ist das ein Raubsystem, da- auf Grund dieser Gesetzgebung sich geltend macht. Der Gläubiger, der 10 zu fordern hat, darf jetzt dem Schuldner Sachen wegnehmen, die diesem vielleicht * 100 gekostet haben und sür ihn auch noch nach wie vor M. 100 werth sind. Bei der Versteigerung aber werde» nach Abzug aller Kosten vielleicht noch nicht einmal M. 5 erzielt. Ja, oft kommen kaum die Kosten dabei heraus. Der Gerichtsvollzieher hat seine Gebühren, aber bet Gläubiger hat nichts oder wenig und eine Familie ist völlig arm und elend gemachtl Au» allen diesen Gründen fordern die Vertreter der Sozialdemokratie im Reichstage, daß das Bürgerliche Ge - setzbuch dem Bermiether da« gehässige Vorrecht bet Retention an ben Sachen de- Miethers überhaupt nicht eintäume. Dieses Recht ist ein brutales Unrecht; es benioralifirt; es macht dieArmenvetwaltungen zuGaranten für Mietheschulden; auS den Mitteln zur öffent- liche» Armenpflege werden Hausbesitzer ent - schädigt; e» treibt die Miethen in die Höhe, da e» den Bermiether in den Stand setzt, dem mit der Zahlung im Rückstände befindlichen Miethet einen höheren Miethzins förmlich abzuptessen; eS ist in zahl - reichen Fällen die Ursache des Verluste» der Arbeitsgelegenheit; der Obdachlose wird arbeit». loS und bet Arbeitslose verfällt nuS Berzweiflung nicht feiten der Arbeitsscheu; das Familienleben wird ver - nichtet ; allen Lastern, selbst dem Betbrecheii, wird erheb - lich Vorschub geleistet. DaS sind die „wohlthätigen" Wirkungeii deS grau - samen RechtSsatzeS vom „Retentionsrecht" deS VermietherS. Deshalb weg mit diesem „Recht"! ES genügt nicht, daß der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches das Retentionsrecht beschränken will auf diejenigen Sachen, die nach der Zivilprozeßordnung pfändbar sind, daß et danach von der Pfändung ausnimlut „die Kleidungsstücke, die Betten, das Hau», und Küchengeräth, insbesondere die Heiz- mid Kochöfen, soweit diese Gegenstände sür ben Schuldner, seine Familie und sein Gesinde unentbehr - lich sind". Wa» heißt „unentbehrlich"? Der Begriff ist sehr dehnbar. Darüber zu befinden, ist in erster Linie Sache deS Gerichtsvollzieher», und dieser hat dann die beste Einnahme, wenn er herzlos genug ist, den Begriff „unentbehrlich" möglichst eng zu ziehen, z. B. erklärt: eS fei nicht für jedes Familienmitglied des Schuldners ein Bett erforderlich, ein Hemd genüge für Jeden und die Uhr und die Fenstervorhänge seien „LuxiiS", also „entbehrlich". Will das Gesetz sich mit einer Beschränkung deS Retentionsrechts begnügen, bann muß es ben Begriff „unentbehrliche Dinge" nicht nur viel weiter ziehen, alS er im § 715 bet Zivilprozeßordnung gezogen ist, sondern auch ihn möglichst fest bestimmen, wie daS die Gesetzgebung der Bereinigten Staaten von Nordamerika thut. Da wird der Schutz eines ausreichenden BesitzquantumS gegenüber den Ansprüchen deS Gläubigers gradezu al» Grund, recht proklamirt. In Indiana z. B. verordnet die Konstitution : „DaS Privileg deS Schuldner», die nothwendigenBequemlichkeiten des Lebens zu genießen, soll durch heilsame Gesetze anerkannt Werden, die einen angemessenen Betrag vom Eigenthum von jeder Beschlagnahme oder ZwangSverkaus wegen der Zahlung einer Schuld ober Verbindlichkeit befreien." Diese» Grund- recht wird durch Gesetz praktifch dahin durchgesührt, daß jeder ansässige HaushaltungSvorstaud das Recht hat, Gegenstände im Werthe von nicht über 600 Dollar» GM. 2400) aus seinem Vermögen hetauSzunehmen, welche keinerlei Zivaiigsvollstreckung unterworfen werden dürfen. Das ist für die Maffe der Arbeitet gleichbedeutend mit einem Schutz gegen Ausplünderung durch Pfändung überhaupt. Diejenigen Staaten aber, die solch eine Be - stimmung nicht haben, zählen dafür um so genauer und detaillilter die Gegenstände auf, an denen sich der Gläubiger nicht Vergreifen bars. Sie gelangen dabei auSnahin-loS zu ganzen Inventarien und zu Werthbeträge», die ben gesummten Besitz deutscher Arbeiterfamilien übertreffenl «Ifo mindesten» an dieses Beispiel praktischer Gesetzgebung sollte der Reichstag bei Schaffung deS Bürgerlichen Gesetzbuches im Jiitereffe ter ja grabe von ben „Ordnungsparteien" so viel berufenen „sozialen In Bezug ans die Umgestaltung der bietten Bataillone „hegt man", wie bie „Post" berichtet, „in gut unterrichteten Kreisen" die Ansicht, daß die geplanten Aenderungen erst aut 1. April 1897 zur Durchführung gelangen werben, so baß die durch diese Aenderungen ' entstehenden Mehrkosten in den nächstfolgenden Etat 1897/98 eingestellt werden könnten. Daß ein diese An - gelegenheit betreffender Nachtragsetat mit den Forderungen für Unterbringung der neuzubtldendeit Fot- mationen u. s. w. noch in dieser Session an den Reichstag gelangt, soll jedoch dabei keines- Wegs ausgeschlossen fein. So wirb die Sache in der Diskussion hin- und her- gezerrt, damit da« Publikum sich daran gewöhne und nicht überrascht und entrüstet fei, wenn bie große Rech, nung präfentirt wirb. DaS preußische Abgeordnetenhaus beläs - tigte sich in der Abendsitzung am Montag mit den jutn K ti ltnSetat gestellten Anträgen wegen Dezentrali - sation der Bertheilung der Fond» zur Unterstützung von Schulverbänden. DerKuliusmitiister Bosse erklärte sich mit dem Anträge der Biidgetkonimisfion ein- verstanden, daß die Grundsätze, Wonach ans diesen Fonds Beihülfen zu geben find, von feinem Ressort und den Ministern be» Innern »nd der Finanzen festgestellt werden, und daß die Fond» von den drei Ministern auf die Re - gierungsbezirke vertheilt werden, äußerte aber Bedenken dagegen, daß die Regiermtgspräsidenten bie Beihülfen selbststänbig nach Anhörung der SetbstverwaltniigSkörper zu bewilligen habe». Dieser Vorschlag bedinge eine gesetzliche Aenderung bet bestehenden Vorschriften. Abg. v. Zedlitz (FK) wollte diese Materie allgemein regeln durch eine gesetzliche Neuordnung der staatlichen Schul - verwaltung in der Provinzialiustanz. Gegen diese Bor - wegnahme eine» Theile» der allgemeinen Schulgesetz- gebting erklärten sich sowohl die Vertreter der Rechten wie diejenige» de» Zentrums. Beide wünschen die Vor - legung eine» BolkSschnlgesetzeS. Abg. Rickert erklärte sich gegen bie Vorlegung eines solchen Gesetzes und für den Antrag Zedlitz; er ist der Meinung, daß auch einzelne Materien der Echul^setzgebung selbst- ständig in Angriff genommen werde» können. Er be= dauerte, daß eine so wichtige Angelegenheit in einer Abendsitznng unter allgemeiner Unruhe de« Hauses er - örtert werde. Da» fördere die Sache nicht uno auch nicht die Intereffen des Laude». Schließlich wurde unter Ablehnung de» Anträge» Zedlitz der Antrag der B ü dg et kam m i ss i 0 u mit einigen Erweitr- rungsanträgen de» Zentrums angenommen. Die Frage der Mandatöniedcrlegiing seitens der sächsische» sojialdenwkratische» LandtagSobgeordiieten behattdell die „Sächf. Arbeiterztg." in sich durch Ruhe und Sachlichkeit vor den erregten Auslassungen der .Leipz. Bolksztg." auSzeichnenden Darlegungen. Sie schreibt: „Da- sächsische Volk wirb zur rechten Zeit bie rechteAntwort an die Rechtsbrecher ergehen lassenl Und das hoffen auch wir. Nein — mir hoffen e» nicht, Wir wissen es. Der Ernst der Lage fordert gebieterisch das Znsainmeiistehen und Zu - sammenwirken aller Genoffen. Wer sich nicht auf die Höhe der Aufgabe emporschwulgen kann, der störe wenigstens nicht die Einheit der Partei I Angesichts der Thatsache, daßdieLanderversammlung zusammentritt, lohnt eS sich nicht, darum zu streiten, ob e» nicht zweckmäßiger gewesen wäre, man hätte die Landesversammlung ein paar Tage früher zusammen treten lassen. Noch gegeirstandSloser ist der Streit, ob alle sozialdemokratischeit Landtags- abgeorbnelen die MaudatSniederlegung für taktisch nützlich ober nothwendig halten Alle Abgeordnete it ohneAusnahtne haben erklärt, b e tu £8 e • Vsn der Wellbühue. B«S dem Reichstage. Berlin, ben 9. März. In der heutigen Sttzung rückte al« erster Kämpe in der von dem Abg. Schädler am Sonnabend begonnenen Flaschenbierschlacht bet wildliberale Abg Rzsicke gegen ben ZentrumSmann in bie Arena unb gab sich Mühe, bem Gegner die Waffe aus der Hand zn schlagen. Al» Fachmann bewies er zahlenmäßig, wie das Bier dem EchnapS von Jahr zn Jahr mehr Konkurrenz mache, welchen Erfolg et zu einem guten Theile dem Kleinhandel mit Flaschenbier zuschrieb, und wohl nicht mit Unrecht. Er bekämpste den Schädler'schen Antrag, den Flaschenbierhandel der Konzessionspflicht zu unter- werfe», mit großem Geschick und wurde dabei von Lenz, mann kräftig unterstützt Da Letzterer in seiner Rede behauptet hatte, daß die Konzession-pflicht eines Gewerbes oftmals von ben Poltzeibebörden zu Chikauen und willkürlichen Gesetzesanslegnngen benutzt würde, nahm der Regierungsvertreter die Gelegenheit wahr, zu behaupten, daß dies nie geschähe, wa» schon dadurch bewiesen wäre, daß der Vorredner nicht einen derartigen Fall zum Beweise für seine Behauptungen vorzubringen vermocht habe Die Polizeibehörden handel» nur streng gesetzlich unb nach Recht unb Gerechtigkeit, denn: wir leben in einem „Rechtsstaat". Dem von dem Herrn RegierungS- Dertreter gerügten Mangel der Lenzmann'schen Rede halsen unsere Genoffen Schmidt. Berlin und Birk dadurch ab, daß sie mit Nennung von Name» bestimmte Borkommniffe zur Sprache brachten, welche stark »ach Polizeiwillkür duftete». Daraus gab der Herr Re- gierungsvertreter bie bekannte schon so oft gehörte Ant - wort : „Ja, diese Fälle find mir nicht bekannt." Nach - dem im Lause der Debatte der Abg. Schädler seinen An- trag dahin geändert, daß die KonzessioitSpflicht deS Flasche»- bierhandel» der landesgefetzliche» Regelung unterworfen und noch diverse Flaschen inzwischen sehr schaal gewordenes Rebebier znm AuSschank gelangt, wurde die Diskussion geschloffen und nach Bblehnnug deS Antrages Schädler der Antrag Holleuffer angenommen, laut welchem der Abs. 2 deS § 85 der Gewerbeordnung folgenden Zusatz erhält: „Der Kleinhandel mit Bier kann untersagt werden, wenn der Gewerbetreibende wiederholt wegen unbefugten Betriebe» der Schankwirthschast bestraft ist." Da« ist eine Verbesserung der Regierungsvorlage, nach welcher der Flaschenbierhandel schon Don der Polizei untersagt werben konnte, wenn „Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit de« Gewerdetteibenbeu in Bezug auf diese» Gewerbe darthun". Die Drogisten sind dagegen schlechter weggelommen al» bie Flaschenbierhändler ; ihnen kann der Gewerbebetrieb untersagt werden, wenn sie solche Drogen und chemische Präparate verkaufen, welche zu Heilzwecken dienen. Einfach eine Konzession mehr an die ohnehin schon so gewaltig bevorzugte» Apotheker. Wer ba hat, dem Wird gegeben l Tie Rationalliberalen verfallen immer weiter dem Banne der agrarischen Strömung. Ein deutliches Zeugniß dafür ist die Zujaiumensetznng der Z u ck er - st e u e r k 0 rn m i s s i 0 n. Dieselbe ist selbst dem „Hamb. Correfp.", der dabei vom kaufmännische» Instinkt ge - leitet wird, „anfsällig". Man weiß, daß in der national- liberalen Partei eine Minderheit gegen die Bor - lage ist; in die Koiumisfion aber hat die Partei außer Herr» Paasche den Abg. R i m p a u (Rittergutsbesitzer in bet Provinz Sachsen) und Herrn Hische, be» Direktor ber Bennigsen' scheu Zucker, fabrik, also den Anwalt der Zuckerfabriken unb zwei Interessenten, gewählt. Selbst die Kon - servative» haben auf die Gegner in ihre» Reihe» mehr Rücksicht genommen, indem sie auch den Abg. v. Standy in die Koinmissio» schicken. Die Rationalliberalen haben sich also päpstlicher als ber Papst erwiesen. dürfe», — ü b e r h a ii p t e x i st i r e n k a ii u , die jeden Tag zu den s ch l i m msten Grausamkeiten und I n . Humanitäten Anlaß giebt, durch welche die Gesund- heil ber Frau und der Kinder des Miethers aiif's Aergste geschädigt wird, welche bewirkt, daß ein Mann, bet einmal außer Stande ist, seine Miethe pünktlich zu zählen, sofort jeder Möglichkeit, fein HauSwesen so rtzufilh reit, seine« tb eit zu verrichten, feiner Familie vorzustehen, beraubt Wirb, daS ist gradezu eine Unbegreiflichkeit, bie höchstens dadurch überboten wirb, baß Han», b es tgeroe reine ben Muth gehabt haben, ihre Ein- fnhrimg da, wo sie nicht besieht, zu verlangen." r rn r’ to ’ r h"den ja am verflossenen Sonnabend er - ben' sm "" RkichstagSabgeordneter „ 6 f)n " c ' di- Anerkennung be» Kahl, bn» tJentidiV9?? tei "" Bürgerlichen Gesetzbuch für Lenk Neckte iU b-Ewgeu l Der Herr ...aß ***•■ - -n “ krach. Ihm gegenüber weift S1«t * x c . teher m ... ,, , a 1 ' 1 barauf hm, daß r>n iuiueiii|ieuenoer ^ruateyier innen geblieben. , . . 13 Ü Bemittelte, iii»befo»bere jeber gewerb - vorletzte» Absatz der ersten Spalte muß es heißen: „Er Uche Arbeiter, leicht i» bie Lage kommen i'"‘B* dem Kahlpfäiidnugsrecht grabe einen sowohl in feinen Berpflichtmigea nicht fl'itüari tt a» '"?"Nichcr wie sozialer Hinsicht „wohlthätigen" 8 ä" Wunen. Es (nicht „iiachtheiligen", wie es hieß) Einfluß bei, ?c." schluß der höchsten Parteibehötbe in' SachseniberLandeSversammlung, gemäß' z u hanb el n Hiermit ist jeder berechtigte Streilgrund gefallen. Daß bie Frage ber MandatSniederlegniig nicht von einem einzelnen Wahlkreis entschieden werden kann, sondern Sache deS ganzen Land-S ist — da» werden inzwischen auch die eifrigsten Heißsporne eingesehen haben, lind ob die Entscheidung der Landesversammlung 14 Tage früher ober später erfolgt, ist in diesem Feldzug gegen die Wahlrechtsumstürzler, ber jahrelang bauern wird, vollkommen gleichgültig Die 14 Tage sind für die Agitation ja nicht verloren. Daß aber bie Mandat-- nieSerlegung al» Protestaktion einen weit wuchtigeren Einbruck machen muß, wenn sie von der Ber- t r e t u n g der Gefammtpartei, einschließ, lich ber Landtag» • Vertretung, al» b l oS von dieser auSgeführt wird, da» — dächten wir — kann keinem ruhig abmägenbcii Menschen zweifel- haft sein, zumal im Landtag das Attentat sich ganz ohne dramatische Schlußszene vollzieht. Bis zur Lande-ver- fammlung mache jeder Genosse sich schlüssig, was im Interesse ber Partei zu thun ist! Ist e» voriheilhafter, auch mit bem verschlechterten Wahlgesetz sich an den Landtagswahlen zu beteiligen unb in der Kammer, so lange eS irgend geht, weiter zu kämpfen, wie da» in einigen Landestheilen, wo auch viele der Genvffeu in die zweite Klaffe gelangen würden, befürwortet wird? ober den Umstürzlern die Mandate vor bie Füße z n werfen, und ben Kampf auf ein andere» Gebiet hin- über zu spielen, wie wir es befürwortet haben — ba» haben bie sächsischen Genoffen jetzt unter sich auSzu- machen. Im Jntereffe bet Sache warnen mir, in diese Diskussion, bie durchaus ruhig geführt werden muß, nicht zur Sache gehörige Momente zu tragen. Es ist häßlich, um den mildesten Ausdruck zu gebrauchen, den Abgeordneten, bie nicht ohne Weiteres ihr Mandat niederlegen wollen, ein „Kleben" an den 12 Mark Diäten vorznwersen. Da» sind Fechlerkunststückcheu, ber Partei unwürdig." Der Meinung sind wir auch unb barum haben wir es nicht verstehen können, baß von Seiten der „Leipziger Bolksztg." bie Wahrung be» Rechte- der Gesanimtpartei, durch bie Landesversammlung als Gesammtheit die Ent- Icheibung zu treffen, gewissermaßen als Parteiverrath bargestellt würbe Auch der gegen ben „Vorwärts" an- geschlagene Ton kann nur als Bu-fluß einer ganz über - flüssigen Erregung erscheinen. Den in einer Korresponbenz be» „Vorwärts" er - hobenen Einwand, von dem wir in ber Sonntag-nummer Notiz nahmen, daß nämlich ans Grund § 8 de« sächsischen Wahlgesetze» während des Zusammensein» der Kammer Abgeordnete ihr Mandat nur mit Genehmigung der Kammer niederlegen könne», sucht die „Leipziger Bolksztg." mit einigen nichtssagenden Redensarten ab- zuthun und erklärt ihn für b iimm unb lächerlich, um dann zum Schluß zu bemerken: „Zu denen, die diesen Aprilscherz ernst nahmen, gehört außer bem „Borwärt»" auch da» „Hamburger Echo", ba» vH« jede Bemerkung ben „Vorwärts" uachbruckt." Solche Hiebe gehe» in bie Lust, indem sie nur ben Herget widerspiegel» Wen» die „Leipz Bolksztg." nicht klipp und klar erfläre» sann, daß die fragliche Beftiin- iniing im Wahlgesetz nicht steht, dann ist sie im Unrecht. Darüber Helsen auch alle Redereien nicht hinweg. Wir habe» eS von Anfang au abgelehnt, un» — wozu bon Leipzig au» Anregung gegeben wurde — in die Frage ek»D»mischen, weil wir der Meinung sind, daß die sächsische» Genoffen — aber alle — die Sache unter sich zu entscheide» habe». De» Parteigenoffen einer einzelnen Stadt können wir nicht daS Recht zu- gestehe», über die Köpfe der übrige» sächsischen Genossen hinweg die Entscheidung allein zn treffen. Daß man in ber „Leipz. BolkSztg." diesen Standpunkt nicht auer- kenne» will, läßt sich nur au« purer Recht- b aber ei erklären. Wir möchten dem Blatte deshalb empfehlen, sich die ruhigen, zur Beilegung des unnütze» Zankes rathenden Beiiierkungen ber „Sachs. Arbeiterztg." zu Herzen zu nehmen. Un» wäre cs keineswegs ange- nehm, wenn auch auf n n S hergeschoffen werden sollte, zurückschießen zu müssen. Ader im Nothfälle würden wir eS daran nicht ermangeln lassen. Die sächsische« Reaktionäre kaffen bie MaSke falle», nachdem die zweite Kammer den Wahlrechtsraub an den Mafien beschlofieir hat. Vor bet Berathung bei Gesetzentwurf» wurde er damit begründet, daß unter bem noch bestehenden Wahlgesetz die Sozialdemokratie in abseh. barer Zeit die Pkehrheit im Landtage erlangen werde. Daß die» da» offenste Zugeständniß war für das Schwinde» de» EinfiiificS der bürgerlichen Parteien im Lande, irrt- tirte die WahlrechtSräuber nicht. Jetzt nach dem Be - schluß der Kammer schreibt die „Lcipz. Ztg.": „Bor Allem die Regierung verdient dabei den Dank deS Lande». Denn hätte sie sich durch Rücksichten auf ihre Bequemlichkeit leiten laffen, so würde sie diesen Gesetzentwurf gewiß nicht eingebracht haben. Die Mehr- tz eit, die ihr seit Jahren in der Landesvertretung zur Seite steh!, war eine so sichere, daß vom Stand- punkte persönliche» Wohlbefinden» die Regierung von Allen am wenigsten Grund hatte, daran zu rütteln." Also: Man hat vorher unverschämt gelogen, nm bie ängstlichen Gemüther zu beeinflnffen. Da» sind die Ber- tretet Voit „Moral und Sitte" l Dasselbe Organ bet Reaktionäre bezeichnet den Proscffor Sahnt al» „Revolutionär wider Willen", weil er gegen bie Wahlrechtsverkümmerung entschieden Front gemacht hat. Prof. Sohm habe binnen Jahresfrist für die Seeolutioeitinig der Mafien bereit» mehr gethan, als die Herren Bebel und Liebknecht in Jahre». Al» Zeuge gegen de» „christliche» Staat“, gegen die sächsische Wahlootlage und für die Naumann'sche Schule sei er den bewußten 8!evolutio»äre» mehr werth geworden als ein ganzes Dutzend von digitaleren. Um ben jetzt noch wohlgesinnten Männern aus dem Arbeiter- stande den Kops zu verdrehe», fei er Wie gemacht Noch vor Kurzem hatte die „Leipz. Ztg." der Reich»- tagsrede Sohm» bei ber Berathung be» Bürgerliche» Gesetzbuchs, die gegen die Sozialdemokratie gerichtet war, lebhafte Anerkennung gezollt. Durch ihr jetzige» Ber- balten bekundet sie klar und deutlich: Die Männer der Wiffeiischaft sollen nur die Handlanger fein für die Wahrung des Klasseuintereffe» der Besitzenden; sie sollen selbst da nicht wider den Stachel zu löcken wagen, wo die Patentirten Vertreter der Besitzintereffen im ScgritT sind, die grandioseste Dummheit zu machen. Nun, wohl bekomme ihneu diese Praxis! DaS KoalitionSrccht wird den Arbeitern durch die Anwendung reaktionärer Bereinsgefetze immer mehr verkümmert. Die baierische Regierung macht von ihrem Vereinlgesetz, welche» mit dem sächsischen „Juwel" auf gleicher Stufe steht, ben Arbeiterkoalitionen gegenüber einen rigorosen Gebrauch Furchtsame Büreau- Itaten und brutale Unternehmer sehen in ben Arbeiter - organisationen nämlich die Ursache alles Uebels, aber die Leute, welche bei Ausübung ihres Berns» mit den Organi - sationen in Verbindung treten, fällen ein ganz andere» Urtheil über die Wirksamkeit der Vereine. In dem jetzt erschienenen Jahresbericht der baierischen Fabrikiufpektoren heißte»: Die ArbeiterAuS- schüffe konnten sich wenig entwickel». Dagegen habe» die Arbeiterorganisationen sich wohl - thätig erwiesen. Recht interessant ist. was In dieser Beziehung d^r schwäbische Bericht sagt: „Tie sozialdemokratische Besch iverdekommtfsio» entfaltete im Ver - gleich zu jener der ordnungsliebenden Arbeitervereine eine regere Thätigkeit. Letztere war nur mit zwei berechtigte» Beschwerden an ben Fabrikinfpektor heran - getreten, während die erstere eine weitaut größere Anzahl Beschwerden anbrachte, die größtentheils al» zutreffend sich erwiesen und auch nach Thunlichkelt mit Hülse der Polizeibehörden abgestellt wurden." Der Bericht konstatirt, daß an bem, WaS al« Fort- schritt im vergangenen Jahre bezeichnet werden darf, in erster Linie die Arbeiter selbst und be. sonders ihre Organisationen mitgewirkt haben. Der Bericht sagt: „Die Arbetterschast entwickelt eine lebhafte unb nicht erfolglose Thätigkeit zum Zwecke der Verbeffernug der Arbeit»- und Lohnbedingiingen. Sie nimmt wachsenden Antheil an der Durchführung ber Schutzgefetze. Sie be« «heiligt sich eifrig und opferwillig an sozialen Einrich - tungen aller Art (Krankenkaffen, Gewerbegerichten, Arbeits - ämtern, Bolkrbürean» «.), sowie an Bildung»- und Wohl- fahrtSbestrebungen (Arbeiterbildungsvereiueu, Unterstützung Arbeitsloser, Sanatorien re.)." An anderer Stelle heißt e»: „Die hinsichtsich ber Verringerung der Arbeit-dauer erzielten Erfolge waren großentheil» ober ausschließlich dem Vorgehen ber Arbeitnehmer selbst zn verdanken und führten den Werth starker, gut geleiteter Arbeiterorganisationen wieder deutlich vor Augen." Dazu bemerkt die „Franks. Ztg.": „Aird man au« diese» hier objektiv lonftatirteu Thatsachen endlich einmal etwa» lernen I Da bekämpfen bie Ordnungsmänner die Sozialdemokratie al» den Umsturz, betragen sich aber so, daß die Arbeiter nur im Wege der sozialdemokratischen Organisation in so unb so viel Fällen zu ihrem Rechte kommen könne». Jetzt hat man auch den Schlüffel, worum Magistrate so gerne die Koalitionsfreiheit der Arbeiter unterbinden." DaS Strtmm'fche Bevormurtdungssystem, da» im Saarrevier gegen bie Arbeiter verübt wird und sie in ihre» Meiischeurechte» verkürzt, blos weil sie ba» Unglück hoben, ben König Stumm al» „Brotherrn" zu habe», d h. ihm feine Millionen verdienen zu müssen, wirb wieder hell beleuchtet durch einen neuen Uta 8, von dem der „Freis. Ztg." Wittheiluug gemocht wird. Danach hat Kommerzienraih Böcking zu Halberg, der Schwager de» Frhrn. v. Stumm, auf de» Letzteren Veranlafiung ein neue- Reglement erlassen in Betreff der Vereine und der Vergnügungen der Arbeiter, nach welchem ein Arbeiter bet Stumm'schen Werke keinem Fochverein angehören darf In Betreff det Bergnügung». vereine darf sich der Arbeiter nur einem Verein anfchließen Auch bars ein solcher Verein während bei Jahres nur eine einzige Festlichkeit abhalten. Ausflüge, Fahnenweihen, Stistitngsfeste sind dabei mit einzurechneii. Vereinen, welche auf solch« Festlichkeiten verzichten, soll e» gestattet fein, einen Boll jährlich abhalten zu dürfen. Arbeiter, welche diesen Vorschristeu eutgegeithandeln, werden entlassen Zur Bet- lefung dieses Reglement« wurden vom Komnierzienrath Böcking die DorstaudSmitglieder ber Vereine elngeladen, mit Ausnahme der katholischen Arbeitervereine. Und die Verkünder solcher ennvürdigenbeu , den Menschen znm Sklawen herabdrückenden Vorschriften er» dreisten sich noch, sich al» Vertheidiger der „Freiheit ber Arbeiter" aufzuspielen I Der Parteitag der österrrichischet, Sozial - demokratie wird nicht, wie beabsichtigt war, in Linz, sondern in Prag abgehalten werben. Diese Stadt war schon früher in An-sicht genommen, da aber einige Schwierigkeiten zu überwinden waren, hatte» unsere Ge- »offen auch in Linz Vorkehrungen getroffen. Die Hinder- niffe In Prag sind nun gehoben und so folgen unsere österreichische» Parteigenosse» der Emladiing nach Prag um so lieber, al» sie Werth daraus legen, baß der Partei - tag der internationalen Sozialdemokratie Oesterreichs auf dem klassischen Boden des bürgerlichen Nationalitäten- zwistc» stottfinde, in der Stadt, die vor Kurzem noch vom Grafen Thu» und seinem An-uahmezustanb be - herrscht war, Im englischen Nnterhanse beantragte am Montag bei ber Berathung über den Marineetat der Abg. Labouchdre zu dem Poste» „Präsenzstand" eine B e r rn i ii d e r ii ii g der Mannschaften um 1000 Ttann. Der erste Lord der Admiralität, G »scheu, erklärte darauf, England könne alle Schiffe bemannen, die zur Abfahrt fertig sein würde». Wen» e» 5000 Re - servisten in Dienst stelle und wenn jedes seetüchtige Fahr - zeug in Dienst gestellt wäre, so könne die Bemannung mit Einberufung von 11000 Reservisten vollkommen werden. England habe jetzt bei Weitem mehr Schiffe in Dienst als je zuvor in Frieden-zeiten, er glaube fest, ebenso viele wie die übrigen europäischen Mächte zu - sammen. Die Politik der Regierung fei bestrebt, eine Streitmacht zur Verfügung zu haben, auf Grund beten England sicher daraus bauen könne, daß seine Jnterefieu in allen Erdtheileu, wo sie angegriffen würbe», auch ver- theidigt werben könnten. Allein dieser Boranschlag fei keine Provozirung. DaS Flottenprogramm fei schon im November vorigen Jahres festgestellt worden, als» zu einer Zeit, al» noch keine ernsten Fragen entstanden waren Darauf wurde das Amendement Labouchsre mit 262 Stimmen gegen 45 Stimme» verworfen und der Bon ber Regierung vorgeschlagene Präsenzstand mit 261 Stiinrncii gegen 45 Stimmen angenommen. Die belgische klerikale Negierung, bie nicht mit Unrecht fürchtet, baß ihre Herrlichkeit nicht mehr von langer Dauer fei» wirb, trägt sich auch mit dem Ge - danken einer Wahlrechtsverschlechteriing, ob - wohl erst vor wenigen Jahren da» Wahlgesetz nach den Wünschen der Klerikalen geschaffen worden ist. Aber die schlauen Leutchen sehen, daß sie sich verrechnet haben. Darum will man ändern, so lauge man bie Macht in Händen hat. Durch Zerschlagen der großen städtifcheU Wahlkreise unb rassinirte Wahlkrrisgeoinetrie zu Schaden der Arbeiterbevölkeruiig und zu Gunsten der RegierunpS- a»bänger hofft man einen Theil ber sozialdeuwkrattschen Depntirten au» der Kammer zu verdrängen. Dieser Versuch kann aber der Regierung und dem Könige recht theuer zu flehen komme». Zu förmliche» Strasicukämtzfex kam eS tu der belgischen StadtMechelu wegen einer Maßregel ber klerikale» Regierung, ber Biinnllirnug der liberalen Kommunalwahleu durch bie klerikale Behörde. Etraßeukäuipse fanden zwischen ben Anhänger» beider Parteien statt; mehrere Personen wurde» ver - wundet. Aus die berittene Polizei wurde mit Steinen geworfen. Der Oberst wurde schwer am Kopse verletzt. Auch Bürgeroffiziere wurden verwundet. Ein Manifestant wurde durch einen Messerstich lödtlich verwundet. Zwei Wakile,, zur frauzSfischc« Kamme, sind am Sonntag in Pari» unb Saint Seat» vollzogen. Im statigehabten zweiten Wahlgange wurden bie Sozialisten S a n t n iu i e unb Renou gewählt. DaS neue italienische Ministerium 'st ie* 1 ~ Wenigsten» auf dem Papier fertig; es stützt sich den Blatter- meldungen zufolge znfauinirn aus di R u d i n i (Präsidium und Innere»), Gaetant Sermanetn (Aeußeres), Rirotti (Krieg), Brin (Marine), Co- l o ui b o (Schatz), ® ra nca (Finanzen), Gianturc» (Unterricht), Perozzi (öffentlicheArbeiten), Guieciar- » i n i (Ackerbau) und Carmine (Post und Telegraphen). Das Programm bei neuen Ministeriums wirb wie folgt angegeben: Erzielung eines ehreuvolleu