Nr. 148« 10 Jahrgang. ®e« »Hamburger Echo" erscheint täglich, außer Montags. Der Älbouncmeutöpreis (intt. „Die Neue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. des Post- tatft(og8 3041) ohne Bringegeld vierteljährlich JiV 4/20; durch die Kolportöre wöchentl. 3ö/iL srei in s Haus. Einzelne Nummer 6 /H. Sonntags-Nummer mit illustr. Sonntags-Beilage „Die Neue Welt" 10 /ij. Verantwortlicher Nedaklör: R. Stenzel in Hamburg. Anzeigen werd«» die sechsgcspaltene Petitzcile oder deren Raum mit 80 /&, sür den Arbeitsmarkt, Ver- micthnngS- und Familicnauzcigeu mit 20 4 berechnet. Anzeigen Aunahme in der Expedition (bis 6 llhr Abds.), sowie in sainmtl. Annoncen-Büreaux. Redaktion und Expedition: Große Theatcrstraße 44 in Hamburg. Sonnabend, den 19. Juni 1896. Hierzu eine Beilage. Siisimrlk vor her Weltgeschichte. Wie die Weltgeschichte einstmals über die Bedeutung oeS Fürsten BiSmarck urtheilen werde, kam jüngst im Reichstage zur ErSrlernng. Bebel meinte, die Nach - welt werde namentlich die innere Politik des Fürsten stümperhast finden, worauf dec Nationalliberale Ben - nigsen und der Antisemit Liebermann von Sonnenberg in der bekannten überschwenglichen Weise das Lob des ehemaligen Reichskanzlers sangen und sich geberdeten, als könne fich gar keine Kritik an dessen Thaten heranwageu. Die Mehrheit des Reichs - tages war sichtbar nicht der Anschauung dieser beiden Bismarckoerehrer, und es war schon einigermaßen be - zeichnend, daß sich der genannte Antisemit, ans dessen Urtheil wohl nur sehr wenige Leute etwas geben, zum Vertheidiger des „Säkularmeuschen' aufwerfen konnte. Wenn es so schon in der Gegenwart aussieht, was wird erst die Nachwelt über den Mann sagen, den seine blin- den Verehrer als einen der größten Staatsmänner aller Zeiten anerkannt wissen wollen! Allerdings hat die vor - laute Ansdringlichkeit, mit der sie dies thun, auch ihr Theil dazu beigetragen, den Namen Bisniarck seines früheren Nimbus zu entkleiden. Die kühle Kritik späterer Zeiten wird ohne Zweifel den Nachweis führen, daß die Vismarck'sche Politik nicht eine Politik der großen Züge, sondern der kleinen Kniffe gewesen ist. Was manchen Zeitgenofien so groß erscheinen mochte, nämlich der Einheitsgedanke, war von Anderen vorbereitet und populär gemacht worden. Bismarck fand die Zustände reis für die Einheit vor, ober er ver- schlechterte den Einheitsgedanken, den das Jahr 1848 in eine schöne und großartige Form gebracht hatte, in der Ausführung. Er brachte, mit einem französischen Schrift- steller zu reden, nicht die Einheit des B i e neu - st o ck e s, wie wir sie gebraucht hätten, sondern nur die Einheit der Kaserne, wie wir sie heute noch haben. So tvenig wie wir Partikulariste» oder Föderalisten sind, so wenig entspricht die Bismarck'sche Form der Einheit unserem Ideal. Es giebt Leute, ivelche die innere und äußere Politik Bismarcks von einander trennen wollen. Die äußere, sagen sie, sei großartig und genial, die innere sei fehler- haft. Andere finden natürlich die Bismarck'sche Politik in jeder Richtung unübertrefflich. Unserer Meinung nach bildet die Bismarck'sche Politik ein untrennbares Ganzes; sie ist einem gemalt» thätigen Naturell entsprungen. Ihr Träger glaubte Alles, was sich ihm in den Weg stellte, mit äußerer Ge - walt niederwerseu zu können. Er machte die Ersahrnng, daß die Verhältnisse stärker als die Nienschen und auch als der Mensch Bismarck sind. Nur junkerlicher Ueber- muih konnte dies verkennen, und um so schwerer waren die Denttithignngen, die hinterher kamen, aber sie waren verdient. Der deicksche Dualismus wurde durch den Bruder - krieg von 1866 angeblich beseitigt; in Wahrheit aber ist an Deutschlands Körper die Wunde, die ihm jener Krieg schlug, niemals geheilt, ganz abgesehen davon, daß viele Millionen Deutscher aus dem Reich ausgeschlossen wurden. Der Krieg von 1870 setzte fort, was man 1866 begonnen hatte; die äußere Form der Einheit kam, aber um welchen Preis '? Der „bewaffnete Friede", als dessen Urheber man Napoleon III. so schwer verurtheilt hat, wurde verewigt und hat Opfer aiiferlegt, die das Mark der Völker anszehre». Der Wettlaus in den Rüstungen wurde damals eingeleitet. Dazu kam die Feindschaft mit den Franzosen, die nun ein Vierteljahrhundert dauert und länger dauern wird, weil Elsaß-Lothringen als steter Zankapfel zwischen den beiden Mächten liegt. Nationalliberale Hnrrahschreier preisen freilich die Annektion der beiden Provinzen als eine der größten „nationalen" Thaten. Diese Annektion aber hat Europa in den Zwei- und Dreibund gespalten. Wie, wenn das Wort von Karl Marx — mit dem er nicht allein sicht — daß der Krieg mit Frankreich nothwendig und unvermeidlich einen Krieg mit Rußland Bringen müsse, sich erfüllen sollte? Wenn dann der Weltkrieg käme, deffen schauder - hafte Verheerungen alle Phantasie übertreffen müßten? Die Generationen, die diesen Krieg erleben müßten, würden sie wohl in dem Fürsten Bismarck auch den „größten Staatsmann aller Zeiten" erblicken? Es wird für den Fürsten Bismarck bann gut fein, wenn er nicht mehr zu hören braucht, was über ihn gc- sprachen wird. Schnieicheleien und Danksagungen dürsten es schtverlich fein. Aber auch wenn diese Katastrophe in Folge ver - änderter Verhältnisse ausbleiben sollte — werden daun die Völker für die Last des bewaffneten Friedens, unter der sie zu seufzen haben, dankbar fein? DaS kann man von ihnen wirklich nicht verlangen. Die äußere Politik hat allerdings kriegerischen Ruhm gebracht. Aber dieser führt jedes Volk schließlich ans Abwege. Zudem ist er nicht einmal das Verdienst Bismarcks. BiSmarck überfluthete Deutschland mit de» fünf Milliarden der französischen Kriegsentschädigung. Der »Millionärzüchter" hatte nicht die ökonomische Einsicht, um z» begreifen, daß diese Neberfluthung nach einer künstlich gesteigerten Prosperität eine dauernde Krisis herbeif ühreu mußte. Die Krisis kam in raschem Rückschlag und sie rief eine Reihe von gesetzgeberischen Akten hervor, die wiederum mir nachtheilig wirken konnten. Die politischen Einrichtungen, mit denen Deutsch- land beglückt mürbe, haben sich Henie in ihrer Mangel- hastigkeit erwiesen. Das allgemeine Wahlrecht wurde gegeben, aber der Reichstag blieb ohne Diäten unb überhaupt ohne die Macht, die dec Vertretung eines großen Volkes gebührt, wenn dieselbe nicht ein bloßes Ornament fein soll. Einige Neuerungen kamen, die biclfarf) willkommen waren, wie Münzeinheit, Zivilehe und so weiter, aber für dies Linsengericht opserteu die Nativiialliberalen die politischen Rechte und Freiheiten. Die oppositionellen Parteien verfolgte ViSinarck mit Ausnahmegesetzen. Zentrum und Sozialdemokratie wurden unter solche gestellt. Der Kamps endete mit einem großartigen Mißerfolg Bismarcks in beiden Fällen; eine innere Politik war nachgrade nur eine Neuaus- Wärmung Metternich'scher Weisheit ge- worden. Daun kamen die wirthschasts- und sozialpolitischen Gesetze, die alle in einen großen Mißerfolg auSklaugen. „ES gelingt nichts m ehr!" war schließlich die Signatur dieser Politik. Bevorzugung einzelner Klassen, Steuerdruck, Bertheueriing der Lebensmittel, Unzu- ricbenfjeit überall — so war die Situation, als BiSmarck türzte, nachdem er seinen „Ruhm" längst überlebt hatte. In den Augen klarblickender Leute halte dieser „Ruhm" nie existirt. Es ist erklärlich, daß ein Gewaltiger in den Augen seiner Zeitgeiioffen immer größer erscheint, als er ist, namentlich bei Denen, die durch ihn Vortheile bekommen haben. Die große Maffe der Hnrrahschreier, die sich von jedem Ersolg saSziniren läßt, übertreibt immer. Was hat es doch schon für Fürsten, Staatsmänner, Feldherren gegeben, die von ihren Zeitgenossen gradezu überschwenglich verherrlicht wurden und die der Nachwelt gar nicht imponiren I Und unter ihnen waren solche, die größer sind, als Bismarck jemals war. Er hatte einen Zeitgenossen, der gar keinen Respekt vor der „Größe" des Mannes von Friedrichsruh hatte. Dieser Mann war kein „Reichsfeind" — es war Moltke. Die Benierknngen Moltkes über Bismarck, von denen eine Menge in der politischen Welt turfiren, verrathen, daß Moltke von Bismarck absolut keine große Mei - nung hatte. BiSmarck sagte einmal, die Geschichte von 1848 könne nicht geschrieben werden, wenn nicht die preußi - schen Staatsarchive dazu benutzt würden. Nun, diese Archive werden sich auch einmal anfthuii und dann wird nicht nur über baS Jahr 1848 sich manches Interessante herausstellen. Dan» wird auch die ganze und wahre Geschichte der Bismarck'schen Re- gieruug bekannt werden und die Nachwelt wird ihm seine Kränze flechten. Von der Wellbnhne. Aus beut Reichstage. Berlin, 18 Juni. Die Haupt- und Staatsaklivii, welche die Antisemiten aus dem Streit des englischen Berichterstatters mit dem Postfelietäc mache« wollten, tf: klüglich iu's Wasser ge- salleti. Es giebt wohl keinen Menschen, weicher das Vor - gehen des Herrn Bashford billigt. Er selbst hat schon am anderen Morgen anerkannt, daß et in der Aufregung Aeußerungen gethan hat, die er bei ruhiger Ucberlegtmg nicht billigt. UebrigenS dürsten derartige Auftritte wohl täglich in Postämtern ober Bahnhöfe» Vorkommen. Die Hast des heutigen Verkehrslebens macht die betheiligten Personen nervös und bald ist cs ein Mann aus dem Publikum, bald eiu Beamter, der etwas thut rind sagt, i Ivas er bei ruhiger Ueberleguitg nicht thun und sagen würbe. Aber nicht der Vorfall selbst war es, welcher die Antisemiten zu ihrer Jnlerpellatioir veranlaßt hatte, sondern der Umstand, baß einer der Belheitigten ein Ausländer ist. Heute trat es klar ztt Tage, daß der AutisemitisuiuS dasselbe Gewächs ist, wie das Knownothiugthum und der Nativismus SlmerifaS. Bashsord ist nicht semitischer, fonberit germanischer Abstammung. Dieser Umstand hält die Antisemiten nicht ab, auch hier den Kamps gegen die „Ausländerei" ausznnehmeu. Durch dieses Vorgeheu bewiesen sie, daß die Phrase von der Minderwerthigkeit der semitischen Rasse eine bewußte Lüge ist. Der Amerikaner kann Nativ sein und die Ausländer bedrängen, ohne daß das Ausland in der Sage ist, Repressalien zu ergreifen, denn auf jeden Amerikaner, Welcher im Anslande lebt, kommen 100 in Amerika lebende Ausländer Uuigekehit ist das Verhältniß in Deutschland. Provoziren Wir das Aus - land durch Unduldsainkeit und Belästigung der Fretnden zu gleichen Maßnahmen, bann haben die Deutschen am schwersten zu leiden. Die teutschthümelnden Dichter preisen die Gasifrettndschaft als denlsche Tngettd. Tie teutschthümelnden Politiker beweisen durch ihr Thun daS Gegentheil. Auch heute bewiesen sich die Antisemiten als echte Bismärcker. Die Ausweisung war der Gipsel- punkt Bismärckischer Staatsweisheit, die er gegen Katholiken, Polen, Sozialdemokraten unb alle unbequemen Ausländer auwendete. Weist ans I schreien die Anli- semiten, sobald sie vor einer Frage stehen, bei Welcher sie, wie gewöhnlich, mit ihrem Latein zu Ende sind. Als Schleppenträger der preußischen Junker mögen sie keine angenehme Erscheinung sein; aber wenn sie zu einiger Bedeutung kämen, könnten sie zu einer Gefahr sür Millionen im AuSlande lebende: Lettischer werden. Das von dieser Sorte von Met scheu ver - tretene Dentschthttm wirb jeder vernünftige Mensch im AnSlande so schnell alS möglich verleugnen. Interessant war der zweite Theil der Tagesordnung. Denn: Preisend mit viel schütten Reden ihrer Länder Werth und Zahl, saßen heut die „armen" Junker in dem großen Reichstagssaal. Nicht klagend, sondern prahlend, nicht die Armuth, svnderu den Reichthum als spezifisch ost- preußische Eigenthntnlichkeit in den Vordergrund drängend. WaS hat den Umschtvnng hervorgebracht? Ivird Mancher tragen. Ist das offizielle Klageweib der Junker, der Bund der Landwirthe, verschwanden? Nein, nichts von alledem. Die Jnnker, welche beim Antrag Kanitz, bei der Branntweinsteuer, bei dem Zuckersteuergesetz, bei der Währungsfrage und vielen anberen Gelegenheiten das Lied von der bankerotten Lundwirthschast so schön sangen und in Znknnst fingen werden, waren Yente als Prahler auf der Bildfläche erschienen, weil sie nicht Almosen, sondern Kredit haben wollten. Sie verlangen, daß die Psaudbriese der Landschaften unter gleichen Be- dingnngen Wie die Reichsattleihen bei der Reichsbauk lombarbirt Werden sollen. ReichSbankdirektor Dr. Koch war schon bei den EtatSberathuuaeu biefem Ansinnen entgegengetreten, indem er daraus hinwies daß mit dem - selben Recht dieselben Forderungen von den Städten für die Stadtanlethen, von den Hypothekenbanken für ihre Pfand- briefe unb von anderen ähnlichen Jnstitnte>i gestellt werden könnten. Durch die Bewilligung dieser Forde - rungen würden die lombardsähigen Papiere so stark ver- mehrt, d«ß leicht Perioden eintreten können, in welchen die Baarvorräthe der Reichsbank nicht hiiireicheit zur Befriedigung der Ansordernngen. Um nun zu beweisen, daß die Pfandbriefe der Landschasten alle anderen Papiere an Sicherheit übertreffen, wurde das^Lied von der noth- leidenden Landivirthschafr in den Sack gesteckt und nun der Satz umgekehrt, wobei eS an Uebertreibungen ebenso - wenig fehlte, wie sonst bei den Klagen. Kenn sonst auch die Junker an geistigen Fähigkeiten weit unter Mittelmaß stehen, im Betteln wie im Pumpen sind sie GenieS. Schließlich sühne die Debatte noch zu einem scharfen persönlichen Renkontre zwischen dem Frei- sinnigen Dr. Barth und dem Konservativen Grafen Mirbach, wobei MirbachS Rede deutliche Spuren von der Wirkung der Wärme ans das Gehirn deS Menschen au sich trug. Bei der Abstimmung stimmten 72 für unb 112 gegen den Antrag Der Mangel an Beschlußfähig - keit machte darum auch der heutigen Sitzung ein frühes Ende. Morgen soll die große Sommerarbeit, die zweite Lesung des Bürgerlichen Gesetzbuches, beginnen ; aber erst muß die Frage entschieden werden, wo man die zur Be- chlnßsähigkeit nöthige Zahl an Abgeordneten herbekomiuen will. Könnten die Junker sich .Millionen holen, wäre der Antrag Kanitz ober das Gesetz über Einführung der Doppelwährung in dem Bürgerlichen Gesetzbuch unter - gebracht, bann würde schon die nöthige Zalfl kommen; so aber wird die Regierung vielleicht, wenn auch mit äitrer Miene, bis zum Herbst matten müssen. Zur zweite» Berathuug des Bllrgerkichcu Kcsctzbnchcs mehren sich, wie vorauSzusehen war, die Anträge und damit verringern sich die Ausfichten für eine Erledigung. Bon der sozialdemokratischen Fraktion sind allein 91 AbänderungSanIräge, die sich aus den Dienstvertrag und die Arbeitsverhältniffe, den MicthSverlrag, das Bereinsrecht k beziehen, eingebracht worden. — Die F r e i s i n n i g e T e l k S p a 11 e i be - antragt, im Vereinsrecht die Beschlüsse der Kom - mission erster Berathung wieder hcrzustellen, also die politischen und sozialpolitischen Vereine unter dasselbe Recht in Bezug auf Erlangung der Rechtsfähigkeit zu stellen wie die übrigen Vereine. Von der konser - vativen RcichsiagSsraktion sind die Anträge ans Beseitigung der obligatorischen Zivil- ehe und Einführung der f-kultative» Zivilehe gestellt worden. Der Zentrnmsabgeolbitete R i n t e l e n hat seine mitgetheilten, nicht im Namen der Fraktion ge- stellten Anträge zum Eherecht miedet znrückgezogeti. Die Sache verspricht also sehr weilschichtige Debatte», wenn man überhaupt noch an dieselbe hei angeht, was sich vorweg bei Behandlung des sozialdemokratischen Antrages auf Vertagung der Berathungen bis zum Herbst entscheiden muß. Von den Freunden der Dnrchpeitichn g wirb beabsichtigt, zur Erleichterung beS Verfahrens zuerst die leichteren Materien, zuletzt bas BercinSrecht und Famikienrecht zur Berhanblung zu bringen. Aber auch das wirb kaum Helsen. Die Hoffnung schwindet auch bei Denen, die mit aller Macht daraus drängten, das Bürgerliche Gesetzbuch so schnell wie möglich bei sontmerlicher Hitze bnrchzupeitschen. Der bekannte nalio?allib:ra!e Berliner Korrespondent der „Hambg. Rachr." meint tu Bezug aus die heutige (Freitags-) Sitzung, die Ver- mulhnng liege nur zu nahe, „daß man mit der Präsenz keine besseren Erfahrungen machen wird, als in den letzten Tagen unb bann bürste sich die Regie - rung doch wohl entschließe n müssen,,dem grausamen Spjie l e e in Ende zu machen Mit verwickelt in bas Schicksal des Bürgerlichen Gesetz- bnches wirb aber bie Geiverbeordnungsnovelle Der Präsident hat die Schlnßabstiminung über dieselbe für morgen au zweiter Stelle auf die Tagesordnung gesetzt, was bedeuten soll, daß diese Schlnßabnimmnng nicht vor Beendigung der zweiten Lesung des Gesetzbuches erfolgen wird. Darin könnte sür die M liorität welche bie Ge- merbeordnu tgsnovelle anzunehmeu enl>chw>>en alter» bings ein Antrieb liegen; aber unter ben augenblick : Len Umständen ist stark zu bezweifeln, baß dieses Mittet verfangen wirb." Selbst im Zentrum ist, wie bie „Dtuische Tages - zeitung" schreibt, eine Mi'uderhert vorhttideu, die eine gtütidlichere Berathung des Bürge'.licheu Gesetzbuches im Herbste für geboten erachtet, und bie Zahl der Abge - ordneten in der freikouservativeu »nd der natioualliberaleu Partei, bie nur mit getheiltem ober schwerem Herzen sich für bie beschleunigte Durch- berathnug haben gewinnen lassen, ist sehr groß, vielleicht größer als bie Zahl Derer, die sich mit vollem Herzen dafür erhärt haben. TaS Reichsnvthgesetz ziii» PercinSwesen werde nicht die Zustimmimg des Bnndesratbs finden, so kündigt die „Post" bereits mit großer Bestimmtheit an. Sie erklärt, daß das an sich unhaltbare Verbot der Verbindung der Vereine mir vreisgegebeii werden dürfe gegen anderweitige Verschärfungen des Vereinsrechts mittels der Landesgesetzgebiiiig, also mittels der konservativen Mehrheit des Herrenhauses und des Abgeordnetenhanfes Stach diesem Rathschlag hat bet neue Minister btS Innern unb demnächst das preußische Staat-ministerium feine Entscheidung getroffen. Daß die mit großer Mehrheit gefaßten Beschlüffe des Reichs- tage# so wenig Entgegenkommen bei den Regierungen finden, hat sich der Reichseag selbst znznschreiben. So lange er nicht die Kraft findet, bei Forderungen, die den Regierungen am Herzen liegen. Nein zu tagen, falls man nicht seinen eigenen Wünsche« nachgiebt, so lange wird er ohnmächtig sein und bleiben. UebrigenS ist Herr von Stumm, wenn die „Post" Recht behält, einmal wieder der Verkündiger der Rrgiernngsanfichten gewesen. Das ist ja für ihn nicht schwer denn der C’eift ©tnrnmS schwebt heute völlig über ben Wassern bet Regierung. Der BundeSrath hat in seiner Plenarsitzung Qm SouuerStag dem Entwurf eines Börsengefetzes nach den Beschlnffen des Re!chSIages bie Zustimmung ertheilt. Ebenso wurde der Vorlage, betreffend tic Aus - prägung von Kronen und den Beschlüffeu be# LandesauSschnsses zu beut Entwurf eine# Gesetzes für Elsaß-Lothringen über bie Wahlen bet Mitglieder der Bezirksvettreluugeu und SreiSoertretungen die Zustimmung ertheilt. Dem BundeSrath ist jetzt ein Entwurf von Aus- sührungSbestimmungen zum Zuckerfteuer- g e s c tz Dom 27. D. M. zugegangen. Im preustische» Abgeordueteuhausr kam es am Donnerstag bei der Berathung der Denkschrift, betr. das Bernstein Monopol, ,u einer 'interessanten Erörterung über den kürzlich ftattgefunbenen Prozeß Beckcr-Stautieii. Die Konservativen empfahlen, um ähn - liche Vorkommnisse, wie sie in biefem Prozeß zu Tage getreten finb, für die Zukunft zu verhiubern, Abänberiiiig bet- Realorbnuug und stellten eine weitere Verfolgung bieier Frage für bie nächste Session in Aussicht. Sine äußerst scharfe Kritik an dem Verhalten des Lommetzien- rathe# Becker, der das Monopol in unverantwortlicher, unlauterer unb eigennütziger Weise ausgcnutzt habe, übte Abg Krause (NL ), bet zugleich Der Regierung ben Borwurs machte, daß sie bie Firma zu wohlwollend be- handelt habe. Der Laiibwirthschastsminister Freiherr D. -v a in in erst ei ii uahiu tu feiner Erwiderung die Firma Slantien u. Becker in Schutz und wicS auf bie grossen Vortheile hin, die beut Staat aus dem Vertrage krwachsen finb. Obgleich der Minister das Haus ersuchte, keine Kritik an dem Prozeß zu üben, da das gerichtliche Verfahren noch nicht definiiiv abgeschlossen sei, erklärte er doch er begreife nicht, wie daS Gericht zu der Ansicht gekommen sei, daß der Angeklagte Westphal, der psticht- treue Beamte .besudelt" habe, in Wahrnehmung berech - tigter Interessen gehandelt habe. Nach weiterer un. wesentlicher Tebaite wurde die Denkschrist durch Kenntniß, nähme für erledigt erklärt. Nicht mtr der Reichstag, auch der Bundes- r a t h hat sich der Fuchtel der preußischen Regierung zu fügen So denken wenigstens die Heißsporne unter unseren Reaktionären. Der bekannte SilberwährungS- fnnatitcr Dr. Arendt sagt in der letzten Nummer seines „Deutschen Wochenblattes" anläßlich vou im Bnndesrathc zu Tage getretene» Meinungsverschieden - heiten: „Die preußische Regierung muß, ehe es zu spät ist, die Zügel fester fassen und die Kleinen darüber ausklären, daß ein M i ß b r a u^ch mit dem Stimmrecht im BundeSrathe bedcnNiche Folgen haben müßte. Damit daS aber geschieht, müssen wir eist wieder eine kräftige Regierung haben. Die Faust fehlt eben auf biefem 'roie auf allen Gebieten. Man kaun sich nicht vorstcllen, was passirt wäre, wenn bergleichen Abstimmungen im Bunbesiathe z» Bismarcks Zeiten sich ereignet hätten. Damals war daS einfach unmöglich." Diese Offenheit ist verdienstlich; sie dürfte noch manchem bisher Blinden die Augen öffnen, wohin der Kurs geht. Die preußische Reaktion soll Herr sein auf allen Gebieten; zu dem Zwecke soll nicht nur das Recht deS Volkes, sondern auch das Recht der kleineren Staaten mit Füßen getreten, unter bie preußische Fuchtel gezwungen werben, noch mehr, als bisher geschehen. Auf die MißtraucnSvotru deS oldenburgi- scheu Landtages gegen bie Minister hat jetzt bet Großherzog im Lanbtagsabschied eine Antwort er - theilt. Sie lautet: „Bon ben Beschlüffeu beS Landtages in Betreff der Leitung des VolkslchulwesenS und der nothwendig ge - wordenen Mehrverwendnngen für den Bau der Eisenbahn Oldenburg-Brake haben wir nur mit Bedauern Kenntniß nehmen können. Wenn bei Landtag diesen Beschlüffeu die im Berfassungsleben der deusichen Staalen unbekannte Form vou allgemeinen Mißtrauensvoten gegeben hat, so muß dies mitE nts ch i e d e nh ei t zur ü ckgew i esen werden, sofern in der Wahl dsifer Form die Tendenz einer maßgebenden Einflußnahme des Landtages auf unsere landesherrlichen Entschließungen in Betreff der nach dem StaatS- grundgcsctz unS ausschließlich zusteheiideu Erucuming und Entlaffuug der Minister zu befinden ist. Wir halten es sür unsere Pflicht, zumal auch im Hinblick auf die allgemeiuereBedeiitungdieserFragesür alle monarchischen Staaten Deutschlands, in diesem Anlaß unsere versaffungsmäßigeii Rechte in ihrem gesummten Umfange entschieden zu wahren, wie auch wir die dem Landtage zusteheuden Rechte während unserer mehr als dreiuudvierzigjährige» Regierung stets gewissenhaft beachtet haben," Der Oldenburger Landtag wird sich nun zi^eutscheideu haben, ob er die Konsequenzen feiner Beschlüffe ziehen will, indem er den Ministern, die sein Vertrauen nicht mehr besitzen, auch keine Gelder bewilligt. Das gel;8rt zweifellos zu den, dem Landtage zusteheuden Rechten. Aber wir fürchten, daß die bürgerliche Opposition im Oldenburger Landtage dazu nicht den Muth finden wird. Die Arbeitcrschuybestiuimnugen, so unzu - reichend sie sind, werden von den Unternehmern fort, gefetzt übertreten, und zwar in den meisten Fällen straf. !o5, beim „wo kein Kläger, ist auch kein Richter". ES muß schon ein ganz krasser Fall sein, wenn er vor bie Gerichie kommen soll, ba bie unteren Aufsichtsbehörden in bet Regel vou einer bemerkenswerthen Duldsamkeit gegen Umcruchuiersünbeu sind. Im Chemnitzer fÄ JU.-ÜT ‘ £ r norgekommen, >wß ei« OrtSvor- fte her her rir.f.ioii einer Filzu: lsadtck auf beten Er. suchen Kinder zur Beschäftigung znwkes. Die Fabrik be - schäftigte 49 Scknlkinder, vou denen manche erst 11 Jahre alt waren, insgesammt 6479 Stunden für 6 Pfennig bie Stunde. Eist als der Lehrer sich beschwerte, daß bie Kinder sich beim Unterricht schläsrig zeigten, wurde die tägliche Arbeitszeit von 5| aus 4| Stunden gemindert. Angeklagt, suchten die beiden Direktoren der Fabrik geltend zu machen, daß sie die Belchästigung der Kinder iiir zulässig gehalten hätten, ba sie ja nicht in ber Fabrik, sonder» in als-its der Fabrik über dem Kontor belegenen Räumen ersolgt und bie Arbeit eine leichte gewesen sei. Das Gericht hatte jcboch eine erheblich andere Auffassung. Es vernrtheilte beide Direktoren wegen Vergehens gegen § 146 der Gcwerbeorduuog zu je 3k 400 unb bie beiden mit bet Aussicht über bie ftiiibet betrauten Arbeiter gleichfalls zu 3k 40 unb 30 Geldstrafe. Hoffentlich hilft das, denn dadurch kommt der Preis der Ardcitsstnnbe eines Kindes auf ungefähr 25 was lei den billigen Arbeitslöhnen ber Erwachsenen bie Kinderausbeuiung nicht mehr rentabel erscheinen läßt. Der allgewaltige Laudrath ist für bie preußi - schen Kreise nahezu bas, was für Rußland der Zar ist. Seinem Willen gegenüber sind zwar nicht der Form nach, desto mehr aber in der Sacke Kreistag wie Kreisangehörige ohnmächtig. Wie sich schließlich ein solcher Landrath in feine Allmacht hineiulebt und wie er sie anSiiützt, davon giebt die „Franks. Ztg." ein hübsches Beispiel, welches auch deswegen Ausmeikfamkeit veidient, weil hier wieder der Einfluß eines S t u m m , diesmal eines Bruders des bekannten „Königs", eilte Rolle spielt. Der arme hessische Kreis Kirchheim sollte mit einer Kleinbahn beglückt werden, derOhmtbalbahn, und im Sommer vorigen Jahres halte der Kirckiheimer Kreistag auf Be - fürwortung durch den Landrath Schenk zuSchtveins- berg und etlicher anderer Autoritäten, wie den Frhrn. v.. Stumm, den Bruder des Halbergcrs, ,tk 800 000 ‘filiern Berliner Unternehmer bewilligt, der außer große» Versprechunge» i» keiner Hinsicht irgend welche Garantien bot. Tie Einwohmi be? Kreise- konnten jedoch keinerlei „Zweck und Rutzen" dieser Vahnanlage entdecken; die „Hess. Landcszlg." kämpfte hartnäckig gegen daS Projekt unb zog sich einen Prozeß zu, ber mit ihrer Verurtheiluiig wegen Beleibigung einiget KreiStagemit- glieber durch einen — Gedanke u strich endete. Richt verhiubern konnte bie „Lanbeszeitnng", daß ber Re- gierungSpräsibent bie Vorarbeiten zur Bahn genehmigte, was ber Landrath stolz allen ..vergeblichen Agitationen" gegenüber int .KreiSblatt" verkündete. Nichtsdestoweniger warben bie Waffen nicht gestreckt; eS gelang endlich, bas Jnlereffe bei Regierung für bie vcrhäuguißvolle Gründung zu gewinnen, unb im Februar b. I. würbe ber Kreis durch die Konzessionsverwcigerung seitens der Regierung überrascht. Mau hätte nun anuehmen sollen, daß daniit die Gründling beseitigt war. Ta - ge schah nicht, sondern etwas Sonderbare- trat ein: Der Landrath legte gegen den Regierung-- descheid Beschwerde ein, schloß unter ver- änderten Bedingungen mit den Unternehmern einen neuen Vertrag, und unterbreitete endlich, . Anfangs dieses MonaiS, das refornürte Projekt dem Kreistag zu wiederholter Beschlußfassung. Lange wußte man sich nicht bie seltsame Opposition des Lanbrath- gegen bie Regieiung zu erklären, bis neuetbingS ber Grunb an's Licht kam. Der Lanbrath hatte nämlich, schon im Oktober v. I., also bevor dicKonzession er- theilt w a r, 3t. 100 000 b e m Unternehmer in IkhenSroflrblger Vertrauensseligkeit angewiesen, unb biefe für ben blutarmen KreiS bebeutenbe Summe war — nicht mehr aufzntreiben. Darum suchte man bie Gründung trotz ber Weigerung bet Regierung zu Stanbe zu bringen, unb ber Lanbrath ließ sich herbei, persönlich bie KreistagSmitgliebcr zu besuchen, um sic von ber Noth, wenbigkelt der Annahme auch bet neuen Anträge zu über - zeugen. Die Kreisbewohner waren aber boch stutzig geworden unb wollten nichts mehr von bem Unternehme:! wissen, bie Mißstimmung über all bie hier nicht barzulegen, bett Meikwürbigkeiten beS Projekts unb seiner Geschichte war so stark, daß sich auch bi« KreiStagsmitglicber nicht dem Truck ihrerWähler entziehen konnten, nnbbieOhmthal. bahn würbe diesmal, trotz beS Landraths, abgelebt. I Damit ist bie Grünbung beseitigt, wen» man auch seitens ber Interessenten noch baS Uitmögliche versuchen wirb, baS Projekt trotz alledem burchzubrückeu. Für ben Kreis aber ist, sofern nicht etwa brr Lanbrath haft - pflichtig gemacht wirb, ei» schwerer Verlust entstanden, der freilich noch gering ist Im Vergleich zu bem, bet bei Ausführung bet Gründung entstanden wäre. Bon den dem Unternehmer bereits durch den Landrath ange - wiesenen 3t. 100 000 können nur 3k 25 000, die al- Kantion hinterlegt sind, als gerettet gelten. Zweifelhaft aber ist es, ob man von dem mittellosen Unternehmer die fehlenden 3t 75 000 wird zurückerlangen können. Man fragt sich, wo die 31. 75 000 geblieben seien unb wie viel bnton noch witbtr zu gewinnen fein möge». Daß bisse Summe als verloren gelten kann, bics @e< ständniß ist bem Lanbrath selbst in der Kreistag-sitzung entschlüpft, der mit dem drohenden Verluste die Noth - wendigkeit der Annahme deS Ohmlhal-Antrage- zu be - gründen suchte. Di« Aufsichtsbehörde hat noch keine Klarheit in diese dunkle Angelegenheit gebracht. Tie „sozialistische Gefahr" hat den Ultramon- tauen Anlaß zu verschiedenen Gründungen gegeben, mittels welcher man den katholischen Arbeiter dem ver - derbliche» Einfluß sozialdemokratischer oder gewerkschaft - licher Arbeitervereine entziehen wollte Auch in München gründete das Zcntrnm einen katholischen Arbeiterverein und ein Geistlicher verschaffte demselben sogar ein eigenes Wochenblatt. Nun aber faßte ber Hierein bas ihm gege - bene Programm als ernstgemeint auf nnb bie Folge ist, baß er an allen Ecken unb Silben an bte arbeit- gcberischen Sonberintereffen bcs Zentrum- stößt. Die Herren vom Zentrum nehmen bem Verein Alles übel, was er zur materiellen Verbesserung ber Arbeiter thun will. Er soll eben nicht gegen bie Arbeit- geberinlereffe» verstoßen, vielmehr biefe Interessen gegen bie „verführten" Arbeiter schützen unb — Wahlarbeit thun. Weiteres will man ihm nicht gestatten. Die be - kannte Pichler'schc Einengung des Vereins- unb Ver - sammlungsrechte- würbe vom Zentrum auch gegen ben Willen bes katholischen Arbelterwahlvereins vertreten; ja daS Zentrum wollte mit ber Einengung des Vereins- und VersammlungsrechtS ganz besonders auch bie katholischen Arbeitervereine davor behüten, baß sic bie Flügel zu sehr regten. Nun Ist ein neuer Konflikt entstauben. DaS Zentrum will 'mit ben Liberalen bei ben im Herbst stattfinbcnben Gem ein bemahlen gemein« a m e S a ch e machen, um baS weitere Einbringen ber Sozialdemokraten in die Stadtverwaltung zu ver- hinberu. Der katholische Arbelterlvahlvereln ist gegen ein solches Kompromiß, unb baruni ist nun Feuer Im Dach beS Zentrums Dem Arbeiterverein wirb unver - blümt gesagt, er habe sich einfach ben Anorbnung«» bei Zentrums zu fügen. Die Formen, in bene» fich bie Meinnugsverschiebenhciten zwischen ben behäbigen Zen- lrumsfüyrern unb ben katholischen Arbeitern äußern, werben immer schärfer. Jrn Grunbe glimmt bas Feuer des ZorncS schon lange unter der Asche, denn die ehr- Wüidigeu Häupter sind außer fich, daß auch Jemand anbeiec als sie Im Zenlriim chic Meinung habe» unb äußern will. Früher ober später wirb ben Arbeitern, welche im katholischen Verein so hübsche Erfahrungen machen, klar werden, wo ihre Interessen Vertretung finden, und dieser Erkenntniß wird bie Bbfchweiikung in's sozialistische Lager folgen. Im Grnnbe tarnt bie Eozlal- bcnwtratie den frommen Herren nur bantbar sein, wenn sie bv Arbeite, ^juorupuifirr» suchen. Ist erst einmal das Jutereffe jii öffinilichc» Angelegenheiten gewtdi. bann folgt auch bas Verstänonttz unb schließlich findet der Arbeiter auch ben Platz, wo er hlugehört. Auö dem Eisast wirb bem „Vorwärts" geschrieben: Ein sozialbemotratischer Gehei mbunbS- Prozeß in Sicht. Gegen bie Theilnehmer an bet LanbeStonserenz ber elsässischen Sozialbemotraten ist seitens ber Straßburger Staatsanwaltschaft bie Unter - suchung wegen Theilnahme an einer geheimen Berbinbung bezw. geheimeii Versammlung ei »geleitet worbe». Der Leiter bet Konfere»z, Genosse Böhle- Straßburg ist bereits vor bem Unlersuchuiigsrichtet vernommen worben. Mail verlangt von Ihin bie »och nicht bekannten Namen ber übrigen Theilnehmer. Was mit bitfer Untersuchung bezweckt werben soll? Die Konferenz war eine sogenannte „Reunion priväe“, zu bet bie einzelnen Thcllnchmer persönlich und schrlktlich eingeladen waren, was nach den Laiidesgesetzen zulässig ist und keiner polizeilichen An - meldung bedarf. Es soll wohl eine zweite Auflage des Prozeffcs Anet geben ? Der QrdnnngSbrei ist nun auch in Elsaß- Lot h t i n g e u fertig, da die Erfolge der Sozialdemo, kralie bei den jüngsten GemcinderathSwahlen die gesamiiite Bourgeoisie in Schrecken gefetzt haben. In Mülhausen schloffen Liberale und Altdeutsche ein Kompromiß mit den Klerikalen, tun im zweiten Wahl - gang bei den Gemeindewahleii die Sozialdemokraten zu schlagen. Die Klerikalen erhalten 16, die Liberalen 13 iiiid die Altdeutschen 2 Kandidaten auf bet gemeinsamen Liste. In anberen Stäbten , wo bie Sozialbemokraten in Betracht kommen, Wirb In gleicher Weise verfahren. Nur tu Straßburg hat ein Theil bet Demokraten sich mit ben Sozialdemokraten über eine gemeinschaftliche Liste geeinigt. v NuS Holland ist zu berichten, daß die Paria- meiilatische Bethaiidlung der Wahlreform Vorlage bald beendigt fein wird. Bemerkeiiswerlhe Aenderungen der RegieriiiigSantiäge sind bisher nicht votgeuommen worden, da die beideii Parteien, von denen bie eint Ein - schränkung, bie anbere Ausbehiiung bcS Wahlrechts geg-nüblt ber Vorlage haben will, sich ziemlich bit Wage halten. Tas Pluralstinimsystem (zwei Stimmen für 45 Jahre alle Wähler) wurde verworfen, als ber Minister bic kkabinelsfrage stellte, ebenso bit Einführung btt Wahl- Pflicht. Zwar brohtu bit Ultramontantn, bti bet Schlnß- abftiminung gegen das Gesetz zu stimme«, indessen wird dieses voraussichtlich doch, wenn auch mit knappet Mehr - heit, angenommen werben. Taß eine Frau in eine öffentliche Be - hörde gewählt wurde, ist dieser Tage zum erste» Mal in Holland vorgekommen, und zwar in Rotter - dam, wo eine Frau I» die Schul.Aufsichtskommission gelaugte. In A iii sterdain trat von den Schnlbehördcn bkfchlofftn worden, keine Frau zuzulassen. Eine neue sozialdemokratische Zeit - schrift, „De Nieuwe Tijd" („®ie Neue Zeit"), ist in Amsterdam erschienen. Ticselbe Wird monatlich in Heftsorm unter Redaktion des Genossen F. van der GoeS htrausgegeben. Tie bevorstehenden Wahlen in Belgien, be - sonders die in Brüssel, verursachen den klerikalen arge Beklemmungen. Ein Korrespondent bet gleichgesinnten „Germania" stellt über bie Aussichten seht trübselige Betrachtungen an. Et schreibt: „In de»Reihen ber verbniibeien Radikalen unb Sozialisteii herrscht volle Einigkeit, seitdem die ersteren sich bedingungslos der Führung der Sozialisten unterworfen haben, und seitdem ihr Hauptführer sich selbst ausdrücklich als Sozialist bezeichnet. Die Agita - tion, die dieselben feit Monaten schon in der Haupt- stabt unb in ben Cniibgtnitiiiben des Wahlkreises be - treiben, ist beispiellos. Daß sie in ber jüngste» Zeit sehr viele neue IRetrittcn für ihre Truppe» angeworbeu haben, unterliegt keinem Zweifel. Die Agitation Ist noch durch Fehler begünstigt worben, welche dte katholischen Abgcorbiieten sich im Lause bet bfibeu letzten Iahte hinsichtlich wichtiger Rcsorm- fragcit, namentlich auch gelegentlich bet Neuregelung bei G e ni e t n b c w a h l r e chtS, hatten zu Schulben kommen lassen, vor Allem aber bnrch bie innerhalb der katholischen Partei ansgebrocheneii bekannten scharfen Zwistigkeiten, bie man kurzweg alt