Nr. 151. 11. Jahrgang. Da« „Hamburacr Echo" er,ch«nt täglich, °uß«r Montag». Dkr AbonneMktitöpreiS (inkl „Die Neue Welt") betragt: dtucch bi« Post b«,°g«n (Nr. b«, Post, ataloa» 3108) ohn« Bring-g«Ib vierteljährlich *4,20; burch bie Rotportöre wöchentl 36 4 ftei in «Hau«. Cuucln« Nummer 6 4. Lonntagb-Nummcr mit ifluflt. EonniagS-Beilage „Die Reue Welt" 10 4 Bcrantwortlichcr RebaktSr: Gustav WaberSky in Hamburst. Freitag, Sen 2. Juli 1897. «nzetgen werben bi« stchSgcjpaltenl Peiilzeil« ober beren Naum mit 30 4, für den ArbeitSmar« Oct« miethuugS- unb Familieuanzeigeu mit 20 4 btr«4»tt. «nzrtgeu-Aunahwr in bei Sxpebition (vis 6 llhr Abds.), sowie in fämmti Annaneen-Büriaur. Rebaktion unb Biptbitiew; Graste Tdeatcrftrahe *4 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. Ler trwtikttt ÄärPflüL Das Ucberwuchern der militaristischen Interessen tritt nidjt iLur au dem Punkte in die Erscheinmig, wo sich's daruui handelt, das stehende Heer zu ver - stärken, immer neue ungeheure Ausgaben für die Bewaffnuna und stetige Kriegsbereitschaft zu machen. Diese Zuteressen machen mehr und mehr in allen öff-ntlichen Verhältnissen sich geltend. Die militärstaatliche Idee und deren praksische Durch - führung erfahren fortgesetzt eine sowohl in sozialer wie in politischer Hinsicht sehr bedenkliche Er- westerung. Zwar stützt das System des Militarismus sich auf die ständige Bewaffnung und Kriegs - bereitschaft in möglichst großem Maßstabe. Diese wird lediglich ermöglicht durch die allgemeine Dienstpflicht, durch Zwang. Ein anderes Mittel, Massen unter die Fahnen zu bekommen, giebt es nicht. Aber damit reicht die Militärherrschaft nicht 0118; sie muß zu ihrer Erhaltung und Festigung noch anderer Diittel sich bedienen. Die Dienstzeit ist gesetzlich geregelt; es kann kein Dienstpflichtiger gezwungm werden, den militärischen Dienst als Beruf zu ergreifen. Das stehende Heer bedarf aber des Berufssoldatenthums, denn grade dieses bildet ' die wesentlichste Stütze des ganzen Geistes, welcher die Milüärherrschaft karakterisirt. Die vielberufene „Liebe zur Waffe" ist es durchaus nicht, oder wenigstens nicht allein, welche die Existenz des Berufssoldatenthums sichert. Hauptsächlich die Aussicht auf gewisse Vortheile giebt Veranlassung dazu, den Diilitärdienst als Beruf zu ergreifen. Da kommt in erster Linie die Zivilversorgung, das Militäranwärterthum in Betracht. Der Militarismus muß darauf sehen, seinem Interesse das persönliche Interesse Der - jenigen dienstbar zu machen, die er als Berufs - soldaten nöthig hat. Das wird in erheblichem Maße durch die Zivilversorgung erreicht, die be - sonders für die Klasse der Unteroffiziere von Bedeutung ist. Zivilversorgnug heißt der gesetzliche Anspruch eines Soldaten auf Anstellung in einem bürger - lichen Amt. Einmal hat dieselbe den Karakter einer ^nvarioeuoeriorgung aus »tvjleu per bürgerlichen Verwaltung. Nach den bestehenden reichsgesetzlichen Bessimmuugen haben die zur Klasse der Üuteroffiziere und Gemeinen gehörenden Per - sonen des Soldatenstandes Anspruch auf Jnvaliden- versorgung, wenn sie durch Dienstbeschädiguug oder nach einer Dienstzeit von mindestens acht Jahren siwalide geworden sind. Haben dieselben 18 Jahre oder länger aksiv gedient, so ist zur Begründung ihres Versorgungsanspruchs der Nachweis der In - validität nicht erforderlich. Die Vcrsorgungsberech- tigten erhalten den Zivilversorgungsschein. Gauzittvaliden erhalten diesen Schein neben Jber Pension, Halbinvaliden nach ihrer Wahl an Stelle der Pension. Unteroffiziere, welche nicht als Invaliden versorgungsberechtigt sind, erlangen durch 12jährigen aktiven Dienst, bei fortgesetzt guter Führung, den Anspruch auf den Zivil - versorgungsschein. Der Anstellung geht eine sechs- bis neunmonatliche Probedienstleistung voraus, zu der die Anwärter vom Truppencheil abkommandirt werden. Die für Militäranwärter vakant werdenden Stellen sind provinzweise den Generalkommandos anzunielden, welche sie periodisch durch die Vakanz - listen znr Kenntniß der Anwärter bringen. Man darf wohl anuehmen, daß es lediglich die Aussicht ans die Zivilversorgung ist, welche Jemand dazu besümmt, 12 bis 18 Jahre Unter - offizier zu bleiben. Ursprünglich beschränkte die Zivilversorgung sich auf Anstellung bei den Reichs- und Staats - behörden. Dann wurde sie in Mcksicht auf die stetig enorm wachsende Zahl der Atilitäranwärter auf den Zivildienst ausgedehnt. Die Zivil - behörden sind gesetzlich angelviesen, Subaltern- und Unterbeamtenstellen möglichst ausschließlich mit Militäranwärtern zu besetzen. Es ist das ein System, welches vom Volke als eine schwere Ungerechtigkeit empsunden wird, weil es eine lediglich durch militärische Sonderinter - essen gebotene Bevorzugung der Berufs - soldaten enthält, die mit dem Prinzip der allge - meinen Wehrpflicht und dessen Konsequenzen unver - einbar ist und in das Selbswerwaltimgsrecht der Gemeinde tief eingreift. Soweit Invaliden in Betracht kommen, hat der Staat die Verpflichtung der Fürsorge; indem er diese Pflicht auf die bürger - lichen Behörden abzuwälzen sucht, schädigt er andere Bürger. Was die sonstigen Atilitäranwärter, durch - weg der Klasse der Unteroffiziere entsprungen, aubetrifft, so kann das Volk es mit seinem Rechts- bewnßtsein nicht in Einklang bringen, daß Jemand das Privilegium genießt, sich eine bürgerliche Anstellnng beim Atilitär zu erdieneii. So - wohl auf solche Anstellnug als auf die im Reichs- uud Staatsdienst hat süglich nach rechtlichem und vernünftigem Ennessen jeder Bürger Anspruch, so - fern er die zur Ausübung eines Amtes erforder - lichen Fähigkeiten besitzt. In den Staatsver - fassungen ist diesem Ermessen ausdrücklich Nech- tiung getragen. So heißt es im Art. 4 der Ver - fassung des preußischen Staates: „Standeövonechte finden nicht statt. Die öffentlichen Aemter find für alle dazu Befähigten gleich zugänglich." Wer aber möchte in Abrede stellen wollen, daß die Zivilversorgnng thatsächlich ein Stan- desvorrecht involvirt? Sie hebt die Zu - gänglichkeit zu einer großen Zahl öffent - licher Aemter „für Alle" auf. Das Gewicht dieses Umstandes kann nicht nb- geschwächt werden durch die Berufung darauf, daß der Militäranwarter seine Dienste dem „öffentlichen Wohl", dem Staate, dem Reiche gewidmet habe. Eine recht haltlose Berufung, die die Tendenz des Militarismus, seine Interessen über alle anderen zu stellen, nicht verleugnet. Der auf den Zivil- versorgungsschein rechnende Unteroffizier muß während seiner Dienstzeit vom Bürger erhalten werden; für ihn ist gesorgt; er braucht nicht zu kämpfen um seine Existenz. Der Bürger hingegen ist rücksichtlich seiner Existenz, seines Fortkommens auf sich selbst angewiesen. Er hat schwere Pflichten gegen die Allgemeinheit im Reich, Staat unb Kommüne zu erfüllen, ungleich schwerere, als der Berufssoldat. Schon aus diesem Gesichtspunkte ist es ein Unrecht, ihm durch den Militäranwärter die Möglichkeit, im öffentlichen Dienst Anstellung zu erhalten, zu nehmen. Bei solchen Anstellungen sollte nicht die Frage, ob Jemand Soldat gewesen und wie lange entscheidend sein, sondern lediglich die, ob er fähig und würdig ist, Beamter zu werden. Diese ganz selbfwerständliche Erwägung fällt beim Militär - anwärterthum hinweg. Da wird lediglich nach der mMärischen Dienstzeit gefragt, unter der doch etwas sehr bedenklichen Voraussetzung, daß der Zivil-Ver- sorgungsschem an sich schon die Fähigkeit und Würdig- feit verbürge. Die Erfahrung allerdings belehrt uns eines Anderen, nämlich dchin: daß die viel - gerühmte „militärische Erziehung" durchaus keine Gewähr dafür bietet, daß grade sie es ist, welche Karaktere und Fähigkeiten bildet, wie sie der öffent - liche Dienst gebraucht. Wir behaupten, daß der in den öffentlichen Verhältnissen ausgewachsene, durch - aus mit denselben vertraute „Zivilmensch" von normalen Fähigkeiten und gutem, entsprechendem Karakter sich ungleich besser zum öffentlichen Dienst eignet, als der Unteroffizier. Ist dieser der „echte und rechte" Benifssoldat, wie das System des Militarismus ihn braucht, so geht sein Urtheilsvermögen über de» Erfolg der „militäri - schen Erziehung" nicht hinaus. Er hat gelernt, zu befehlen nach unten und blind zu ge - horchen nach oben; in der Regel hegt er gründ - liche Verachtung für alles Zivilwesen. Er hat sich mit öffentlichen Angelegenheiten entweder gar nicht oder lediglich in dem ihm aufoktroyirten Geiste der herrschenden Gewalten beschäftigt. Mit den diesen Gewalten oppositionellen Richtungen, besonders mit der Sozialdemokratie, hat er sich nie selbst- uimüm vLiuMjUeu asiiieu. LMtzpisxm von ihm, ohne weitere Prüftmg, zu glauben, daß jeder der Regierung und den bestehenden Einrichtungen widerstreitende Mensch ein „vaterlandsloser Geselle", ein „Umstürzler", ein „Verbrecher am Heiligsten" ist. Der Wille der jeweilig Herrschenden gilt ihm als das höchste Gesetz. Mit dieser „Bildung" meldet der Unteroffizier sich zur Zivilversorgung; auf Grund dieser „Bil - dung" beansprucht er nach gesetzlicher Maßgabe Anstellung im Staats-, Reichs- und Gemeindedienst. Da ist bis zum Dorfnachtwächter herunter in der ganzen großen Reihe der subalternen öffentlichen Dienste nicht einer mehr, auf den der Militär - anwärter nicht Anspruch erhebt. Bürger, die für Staat und Gemeinde sich Jahrzehnte lang abgemüht haben, das Vertrauen ihrer Mitbürger genießen und fähig sind, einem öffentlichen Dienste vorzustehen — Bürger, bereit bedrängte oder erschütterte Existenz durch eine Anstellung in diesem Dienste gesichert werden könnte — Bürger, welche die Stützen ihres Alters, ihre Söhne, vielleicht auf dem Schlachtfelds verloren haben — sie müssen zurücktreten hinter den Unteroffizier. Demi der hat's PrivUegmm auf den subalternen öffentlichen Dienst. Der wird Polizei- und Büreaubeamter, Gesängnißanffeher, Schul-Pedell 2c. 2c. Sobald ein neuer Verwaltnngs- zweig sich aufthut, wie die Unfall-, die Alters- und Jnvaliditätsversichenmg re., meldet sich der Unter - offizier mit seinem Zivilversorgnngsschein zur An - stellung. Der Unteroffizier allüberall im öffentlichen Dienst. Und immer weiter wird das Feld der Zivil - versorgungsberechtigung ausgedehnt. In erheblichem Maße kommt dem Mlitäranwärter die reaktionäre Gesetzgebung auf allen ihren Gebieten zu Gute. Die „Umsturzbekämpftmg", die zoll- und steuer - politischen Einrichtungen re. re. crforbeni eine stetige Vermehrung des Beamten-Heeres, was bem Militär - anwärterthum natürlich nur erwünscht fein kann. Als vor etlichen Jahren bas Projekt bes Tabak- Monopols zur Eutscheibimg staub, machten kon - servative Stimmen gar fein Hehl barait?, daß die Durchführung dieses Projekts viele neue Beamte erheische, also auch den Militäranwärtern zu Gute kommen werbe. Daß man ben Unteroffizier zum Volksschnllehrer machen solle, ist erst kürz - lich wieder von konservativer Seite vorgeschlagen worden. Ein unerhört monströser, aber trotzdem ernst zu neljmenber Gedanke. Er zeigt mit ver - blüffender Deutlichkeit, daß die Militärherrschaft in der Erfüllung ihrer Konsequenzen vor nichts znriick- schreckt. Ter Militärfanatiker Gustav Tuch ver - tritt in einem Werke über die soziale Bedeutung des Militärstaats folgende Idee: „Die Armee muß der Aufgabe gewidmet werden, fachgewerbliche Kenntnisse zu verbreiten, sowie den Kunst - sinn in verschiedenartiger Weise zu beleben. Zur Envcckimg der Herzensgüte soll sie sich der Religion bedienen." ES giebt also thatsächlich kein Gebiet mehr, aus welchem der Militarismus nicht eine Aufgabe erfüllen soll. Selbst Gewerbe, Kunst und Re - ligion sollen seiner Pflege theilhaftig werden. Das ist zwar Wahnsinn, aber ein Wahnsinn, in welchem Methode steckt. Nehme man dazu die Thatsache, daß es immer mehr Regel wird, auch die höheren unb höchsten Posten im öffentlichen Dienst mit Leuten zu be - setzen, bie eilte Militärkarriöre hinter sich haben, dann hat man Alles das beisammen, was den erweiterten, den vollkommenen Militär- taat ausmacht, in welchem der Soldat Alles, der Bürger Nichts gilt, außer daß er das Mittel zum Zweck bet Sicherung unb Durchführung des militärischen Interesses ist. Hauptsächlich mit in diesen Verhältnissen ist die Gefahr des persönlichen Regiments begründet. Man hat ja längst die ungcheuerliche Lehre auf - gestellt, Jemand, der Soldat gewesen ist unb bem Monarchen ben „Treue-Eib* geleistet hat, müsse, auch wenn et nicht mehr bei bet Fahne stehe, bem- selben in allen Stücken gehorsam sein. Ist bet öffentliche Dienst fast ganz ober völlig in ben Hänben von Militäranwärtern unb sonstigen ehe - maligen Militärs, so ist bamit nach jener Lehre bie Basis gegeben für ein absolutes persön - liches Regiment, wie eS ja recht eigeMUch zum Militärstaat gehört. Wirb Alles auf bas militärische Interesse berechnet und zugespitzt, was bleibt ba schließlich noch für bie Entscheidung in öffentlichen Angelegenheiten als der Wille des „obersten Kriegsherrn"? Diese Konsequenz ergiebt sich ganz von selbst aus nüchterner Bekach - tung des Systems. Die weiteren Konsequenzen in Mcksicht auf die gefammte innerpolitische Ent - wicklung unb ben Faktor Volk kann jeder Leser leicht selber ergründen. - Vov der WeMhllt. Ein scharfes Schlaglicht auf die politische Situation wirst die Haltung der Regierung in der Mittwochs-Sitzung des preußischen Herren - hauses. Bekanntlich war die Regierung anfänglich entschlossen, auf die Weiterderathung der BereinSgesetz - V0r la ge zu verzichten, wenn das Herrenhaus einen von dem des Abgeordtieten- hauseS abweichenden Beschluß fasten sollte. Tann kam der Bierabend beim Handelsmiuister. Es hieß, da fei die Regierung u n: g e st i ni m t worden. Daß eine Umstimmung thatsächlich vor sich gegangen, ersuhr man am Mittwoch. Die Regierung hat aus der Situation „ihre «onjequenzan gezogen", d h. sie hat vor König Stumm und den Junkern kapitulirt, indem sie sich bereit erklärte, das „kleine preußische S 0 z i a l i st e n g e I e tz", das thr das Herrenhaus bietet, an zu nehmen und vor dein Abgeordnetenhause zu vertreten. Der Polizeiininister v. d. Recke selbst hat resignirt diese Erklärung abgegeben. Ostenbar war das ganze Bcffahren verabredet, es verlies völlig „prog: amutniäßlass. ohne störende Zwischen, .fälle * * * * v t); -it nr ktw 's Komödie. Der Bericht- erstatter der Ronuwijju .1, Gras Udo Stolberg- Wernigerode, ein führet der konservativen Fraktion, litUic tut Ofii Fall einer ausweichenden Hauung der Regierung die Ablehnung der Vorlage in Aus- sicht. Die Regierung ergriff „die ihr dargeboteue Hand" und meinte: daß allerdings die Vorlage weit geeigneter sei, die Machtbefiigniffe des StaakeS zu stärken, daß aber auch die Vorschläge der Kommission in ihrer beschränkten Fassung ein festes Bollwerk gegen die Umsturzbestrebuugeii errichte» würden. Die SeeleiiVerwandtschaft zwischen v. d. Recke und seinem Vorgänger v. P u t t k a m e r kenn - zeichnete sich bejondcs darin, daß er versicherte: mit dem Gesetze sollten „allein d i e U m st u rz p a r t eien" getroffen werden, die anderen Parteien hätten zur Lesorguiß keine Veranlassung. Bezeichnend war es, daß der Minister selbst einge- stehen mußte, die Regierung sei zu schwach, ihren Wollen im Reichstage kurchzujctzeu; er erklärte, daß es allerdings am zweckmäßigsten wäre, wenn die im Gesetze verlangten Bollinachteit der Regierung v 0 m Reichstage ertheilt würden, daß diese aber unter den gegenwärtigen Umständen gegen ihren Welle» auf den Weg der Landesgesetzgebuug gedrängt sei. Das Herrenhaus also soll dem preußischen Volke ein Ausnahmegesetz bescheirett. Für die Stellung desJuukerthunis war es karakteristisch, daß Gras Hoheitthal nicht einmal das Vorliegett einer Verfaffttugsättderung aiterkenncu wollte und erst durch den Justtzmittister daraus hiugewieseu werden mußte, daß der Ausschluß der Miiiderjährigen von der politischen Thätigkeit die durch die Berfaffung gewährte Freiheit beschiäukt. Freiherr v. Stumm meinte daß, wenn jeder Abgeordnete „rein naw seinem Gewisse»", ohue den Zwang der Fraktion, absttmmte, die Vorlage eine große Mehrheit im anderen Hause finden würde. Diese „Unterstellung" wird von der itationalliberalen Presse schars zurvckgewteseu. Die „Magdeb. Ztg." meint, dieselbe entspreche ganz der Kampsesiveise bei Herrn v. Stumm und bemerkt dazu: „Die Mehrheit, mit der das Gesetz im Herrenhauje angenommen ist, fuhrt auch dem Blödesten vor Augen, welcher Hort der bürger - lichen und politischen Freiheit die preußische Erste Kammer ist Mir erwarten, daß das Abgeordtieten- harts in etwa drei Wochen die richtige Antwort daraus ertheilt * Ter „Hannov Courier" läßt sich dahin aus: „Die ans politischen, nationalen und praktischen Erwägungen resultirende Unbrauchbarkeit eine- solchen aus P r e u ß e n und aus daS B e r e i n i « und Versammlungs- wesen beschränkte» Sozialistengesetzes ist wieder- holt nachgewiesett worden ES kontml hittzu, daß eS doppelt bedenklich wäre, einer Regierung, die man weder nach ihrer Zujaiumensetzung noch nach ihren Tendenzen kennt, solche Vollmachten zu bewtlligett; und endlich fällt bedeutsam in’# Gewicht, baß auch hier die Regierung nicht führend vorgegangen ist, sonder» sich hat schieben laffen — ein neuer Beweis, daß wir bie starke und zielbewußte Regierung, die zu einem erfolgreichen Kampfe gegen die Sozialdemokratie nothwendig ist, nicht besitzen. Die grundsätzliche Schwenkung, die die Regierung hier wieder kurzer Hand vollzogen hat, kann ihr das fehlend« Vertrauen nicht verschaffen, wenn sich auch die Konservativen de# Abgeordnetenhauses be - eilen weiden, dein Beispiele der Fraktionsgenoffen im Herrenhause zu folgen. WaS die National liberalen des Abgeo rbneten hauseS anlangt, so geht »ns von uiiterrichtetster Seite die Bestätigung zu, daß die- selben, der Erklärung d«S Herrn Hobrecht entsprechend, bei der erneuten Abstimmung im letzten Drittel dieses Monats vollzählig auf dem Platze fein unb gegen bie Herren haus- Vorlage stimmen werben. Auch für biejcitigeit Mitglieder der Fraktion, die einem neuen Sozialistengesetz nicht ab - lehnend gegenüberstehen, ist die Herrerihausvorlage, von ihrer praktischen Unbraitchbarkeit ganz abgesehen, nach ihrer Entstehung unb den Rückschlüssen, bie dieselbe aus die allgemeine politische Lage nöthig macht, u n • a niiehinbar." Wir geben aus derartige Versicherungen der national- liberalen Preffe nicht viel. Thatsächlich haben die Konser - vativen immer noch die Hoffnung, wenigstens etliche Nationalliberale im Abgeordnetenhaufe zum Umfallen zu bringen. Woraus stützt sich diese Spekulation? Freiherr v. Stumm, er, der will, daß die Abgeordneten „rein nach ihrem Gewissen" unb „ohne ben Zwang ber Fraktion" abstimmen, hat ben Plan verrathen: In verschirbenen inbustriellen Wahlkreisen, welche burch nationalliberale Abgeorbnete ver ¬ treten werben, sollen Kundgebungen arrangirt werben, um bie nationalliberalen Abgeorbneten dieser Wahlkreise zu bestimmen, sich bei der erneuten Ab - stimmung lm Abgeordnetenhause neutral z u ver - halten, b. h sich ber Abstimmung zu enthalten. Solche Rücksichtnahme auf bie Wahlkreise käme, so meinl» Freiherr v. Stumm, hundertfach im parlameniarffchen Leben vor. — Also unter den Zwang aus- gehetzter Wähler sollen die nationalliberalen Abgeordneten gestellt werden. Art. 83 ber preußischen Bersassnngsurkunde aber sagt: „Die Mitglieder beider Kammern sind Vertreter des ganzen BolkeS; sie stimmen nach ihrer freien Ueberzeugung und sind an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden." Die „Freis. Ztg." weist darauf hin, daß somit ein Abgeordneter, der durch fein Verhalten entgegen seiner freien Ueberzeugung in früheren Ab- stinimungeii die Aenderungen des Herrenhauses gutheißt, einfach gegen die eidliche Verpflichtung zur gewissenhaften Beobachtung ber Ber- f a ff u n g Hanbelt. WaS würbe auch Frhr. v Stumm sagen, wenn von ber linken Seite dieselbe For- berung geltend gemacht würbe. Es ist zweierlei, ob bie Wähler durch Kuiidgeben ihrer Meinung auf bie Abgeorbneten etnzuwirken suchen, biefelben für ihre Meinung z u gewinnen, oder ob nach bem Stumm'schen Rezept die Wähler dem Abgeordneten sagen: Du hast Deiner Meinung nicht zu genügen. Aber freilich, derartige Erwä - gungen politischer Ehrlichkeit find von Stumm nicht zu erwarten. Die wegen ber Bersaffungsänbernng erforderliche zweite Abstimmung im Herreuhaufe soll am 22. Juli erfolgen DaS Abgeordnetenhaus wird, wie bie „Freis. Ztg." erfährt, denigeinäß auf Freitag, 2 3. Juli, Vormittags 11 Uhr, zusammenbernsen. Sa bie Beschlüsse deS Herrenhauses bem AbgeorbnetenHanse erst am 22. Juli, Abends, zugehen können unb zwischen ber Mittheilung an die Abgeordneten unb der Verhanblung eift freier Tag sei» muß, fe wird in der Sitzung bei Abgeordnetenhauses am 23. Juli nicht bie Bereinsnovelle zur Verhandlung kommen, sondern bie Novelle zum Haiidelskaniniergeseh, in Bezug aus welche bas Herren- hauS bekanntlich eine Reihe von abweichenden Beschlüffen gefaßt hat. Außerdem werden die noch rückstäudige» Petitionsberichte auf bie Tagesordnung gesetzt In der zweiten Sitzung des Abgeordnelenhanfes ant Sonn - abend, 2 4. Juli, Vormittags 11 Uhr, soll dann die Novelle zum Verein Sgesetz als erster Gegenstand ber Tagesordnung verhandelt werden. Don dcn Wirkungen dcS „kleinen Tozia- listengefetzes", falls es zur endgültigen Annahme ge - langt, gab in der HerrenhauSsitzung am Mittwoch der Breslauer Oberbürgermeister Bender eine sehr zu - treffende Sd)Ubttimg—?r 4agk:._ „DaS Wort „agitiern" schreck! mich nicht, iurr müßten nur wünschen, daß alle Gebildeten möglichst viel für Verbreitung ihrerJdeen agitirten. Mit de» Beschwerden über Agitationen ist es ebenso, wie mit ben Beschwerden über die Presse. Was wird denn nun anders werden durch die Vorlage? Die Sozialdemokratie wird aus ber Oeffen t- lichkeit verschwinden vielleicht, aber sie wird nicht ganz unb gar verschwinben. Andere Par- leie» können aber ebenso gut von deut Gesetz betroffen werden; der Geist, der von der Verfolgung der Sozialisten aiiSgeht, bet Geist ber Polizei, trifft alle Parteien und vergiftet unser ganzes öffentliches Leben. Unter diesem Gesetz werden die AuSführungSotgane schlechter, das ist meine Ueberzeugung. Gesetze müssen so gegeben werden, daß gute Menschen damit kämpfen unb zum Kamps angeregt werden, aber nicht so, daß sie a b g e s ch r e ck t werden. Der einzelne Bürger, der opposi - tionelle Neigungen sühlt, wird sehr schwer ge - troffen durch die? Gesetz, auch wenn er sonst durchaus loyal denkt. Ich selbst habe dies erfahren, ber Staats - anwalt hat mich einmal angeklagt, es hat mir fast ein Lebensjahr gekostet, um auS ber Sache siegreich hervor - zugehen. Damals war bie Luft von bem Sozialistengesetz gtabezu vergiftet. „Wollen Sie denn in bie Lohnkämpfe mit diesem Gesetz eingreifen ? Zn Westfalen besteht ein Bet- band christlicher Bergarbeitervereiiie, bie bezüglich bet Lohnforderungen mit den Sozialisten vollständig übereinstim meu. Sollen diese von dem Gesetz verschont bleiben oder auch getroffen werden? Wenn da« Gesetz wirklich Gesetz und so angewandt wird, wie cS gemeint ist, nämlich nur auf politische Versamm - lungen, dann können deshalb doch nach wie vor bie „dummen Jungen" der Frhrn v. Stumm in den Streik- versammlungen bet Kohlenreviere so viel Radau ma«hen, wie sie wollen. Ucbrigcn* ist eS nicht wahr, daß die Sozialdemokratie den Ton angiebt in bet Verhetzung Sehen Sie sich 'mal bie Versammlungen deS Bunde» ber Landwirthe an 1 Die Sojialbemofratie hat sich in vielen Beziehungen geändert. An» meinen Er- fahruiigeii in Breslau kann ich nur versichern, daß die Sozialdemokraten dort keineswegs einen herausfordernden Ton anschlagen; sie verhalten sich anständig unb ruhig, und daS ist auch sehr klug von ihnen. Von dem Gesetz werden nur die zahlreichen dunklen Existenzen Vortheil haben, welche sich heute überall vordrängen unter dem Borgeben, da» deutsche Volk in (einen geben«- Interessen schützen zu wollen. Der Hoffnung soll man sich auch nicht hingeben, durch da» Gesetz ben Sozialbemokraten Anhänger wegnehmen zu können. Machen Sie bie Arbeiterbewegung äußerlich still, so wird bie Sozialbe mokratie ben Vortheil davon haben. Glauben Sie etwa, baß die Tausende streikender Arbeiter in Hamburg nicht überzeugte Sozialisten ge- wesen wären? Mit so bösartigen Auslassungen, wie sie Herr von Stumm gegen die Sozialdemokratie gebraucht hat, wird zur Bekämpfung dieser Partei nicht» erreicht. DaS Erlöschen bei Sozialistengesetzes ist seiner Zeit auch von gut konservativen Leuten mit Freude be - grüßt worden, man freute sich, daß wieder Rechtsgleich - heit bestand unb man sich nicht immer einem Borwurf auSzusetzen brauchte, daß man mit fluchwürdigen Zwangsmitteln einen Kampf aufnehme. Ich bitte Sie, da» Gesetz abzulehnen." DaS Gewicht dieser Gründe vermochte selbstverständlich bie Junker nicht iimzustimmen. Sie wissen zwar nicht» vorn Wesen unb Karakter der Sozialdemokratie, aber es genügt ihnen, daß diese «rbeiterintereffen vertritt und den Privilegien deS GrundadelS und bei Gelbsack« ent- schieden entgegentritt, um ein gehässige» Knedelgefetz zu schaffen. Zur KriflS. „Sieg de« von Tausch über Freiherrn von Marschall." Mit diesem Rus haben, wie aus Berlin berichtet wird, dort bie Zeitung», verkänser auf öffentlicher Straße, befonber# Unter ben Sinben, ben „Vorwärts" antgeboten. Ausgehend von dieser Thatsache schreibt ein Berliner Korrespondent de« „Hannoverschen Courier": „Die Preffe der äußersten Rechten und ber Antisemiten hat sofort, als Freiherr v. Marschall seinen Urlaub antrat, verkündet, daß er nicht Wiederkehr« :i werde; dieselbe Preffe hat wenige Tage später unverhohlen ausgesprochen, Frei - herr von Marschall fei al» Opfer de» Tausch-ProzeffeS gefallen. Vorher, und zwar schon vor bem Beginn biefe» Prozesse» hatte man in konservativen Kreisen gemunkelt, bie weiteren Ministerschicksale de« Freiherrn v. Marschall würden vom AuSgang be# Verfahren- gegen Tausch abhängen. ES scheint, al» wenn diese Legende Wurzel faffen soll in ber zeitgenössischen Geschichte. Oder hat man es etwa nicht mit einer Legende, son- bern mit Wahrheit zu thun? Warum ist man der - artigen Jusiniiationeu bis jetzt, nachdem fast vier Woeheu seit dem Ende be« Prozesse» verstrichen sind, noch immer nicht von autoritativer Seite entgegengrtretni ? Wenn eS wirklich den Gegnern des Freiherrn v. Marschall gelungen sein sollte, im Hinblick auf bie Freisprechung des Herrn v. Tausch bie Verabschiedung diese« Minister» burchzusetzen, so wäre daS ein Vorgang, der im Inter - esse be« monarchischen Bewußtsein« im beutschen Volke aus'« Schwerste zu beklagen wäre. Freilich hat iin« jener Prozeß viele Räthsel aufgegeben. Herr v Tausch hat bie furchtbarsten Unwahrheiten über ben Kaiser ver - breitet; er hat sich gerühmt, ben Monarchen, sür besten persönliche Sicherheit er häufig amtlich zu sorgen halte, mit einem Heer von Spionen umgeben zu haben. Gleich - wohl hat man — von allem Uebrigen abgesehen, wa« bie GerichtSverhanblungen zu Tage förderten — bi« heute nicht vernommen, baß gegen Herrn v. Tausch bie DiSziplinaruntersiichung eingeleitet oder bie Anklage wegen Majesiät-beleibigung erhoben fei. Die Berab- schiedung be» Herrn v. Marschall aber ist beschloffene Sache." Ja, e« ist so: Sieg beS Tausch Aber Marschall I Derselbe Korrespondent vertritt solgenbe Ansicht: „Der neue Staatssekretär, Herr v Bülow, muß, fe viel Gutes man auch über feine diplomatische Thätigkeit im AuSlande hört, als Minister oder Staatssekretär nn« al# .weiße« Blatt" erscheinen. Jedeusall« bedenket feine Ernennung kein Programm. Wenn seine definitive Er- nennung erfolgt, wenn bie übrigen Perfonakveränderungeu besannt gegeben fern werden, werden wir bann eine starke Regierung haben, welche weiß, WaS sie will, nnb wie sie baS, was sie will, durchführen soll ? Diese Frage schwebt auf Aller Lippen. Gras PosadowSkd wird al« Staat#« fefretär bei Reichsanits be« Innern schwerlich mit großen neuen Jbeen vor ber Volksvertretung erscheinen Lou Herrn v Miquel hätten wir das schon eher erwartet. Aber wird er als preußischer Finanzminifter und Vize- Präsident deS Staat-ministeriums bie Rolle spielen, die er vielleicht al« „Vizekanzler" gespielt hätte? Schwerlich! Von Herrn von Podbielski als Staatssekretär de« ReichS- postamts wird man gleichfalls nicht» Außerordentliche« erwarten dürfen. Vor einigen Jahren hat der Reich«tag«- abgeorbnete v Fiege als konservativer Etatsredner ein - mal die Abschaffung der 3 Pfennig-Marke befürwortet I Man bars also ganz zufrieden fein, wenn bie Reformen de« neuen Generalpoftmeistci« sich nicht in dieser Richtung bewegen Wenn das Ministerium in dieser Keife rekvn- ftrnirt wird unb Fürst Hohenlohe wirklich noch länger al# bis zum Herbst in seinen Aemtern bleibt, ist bann wirklich eine heilsame Verjüngung, eine Stärkung bet Regierung erzielt worden ? Wir sehen keinen Grund, diese Frage jetzt zu bejahen " Der urspiüngliche Plan, Herrn von Miquel zniu Stellvertreter be« Reichskanzler# und da - mit zum 3titer der inneren Politik zu machen, ist, Ivie di« „Rational-Zeitung" hervorhebt, aus Wunsch Miquel« felost angegeben worden. Da# ge - nannte Blatt dekäiupit mit gutem" @i««bf h»u Glauben, baß die Trauben für Herrn vo» Miquel zu sauer grr" wesen seien, unb führt weiter Folgendes au«: „Nach unserer Ansicht verhält sich bie Sache folgendermaßen: Wurde Herr von Miquel Stellvertreter des Reichskanzler«, so war daran» ,u schließen, daß Fürst Hohenlohe noch längere Zeit Reichskanzler zu bleibe» bereit ist. Bleibt Herr von Miquel aber Finanzminister, unb werb er da - gegen nur Bizepiäsident be« preußischen StaatSminifte- rinmS so ist anfzirnehmen, daß Fürst Hohenlohe sehr bald einen Nachfolger erhalten wirb, unb zwar nicht etwa, weil Fürst Hohenlohe und Herr von Miquel mit einander politisch solidarisch wären, sondern weil ein Mann in der mächtigen Stellung de« preußitchen Finanzminister« diese wohl gegen die formell dem Reichskanzler untergeordnete des „StellvettreterS" desselben vertauscht, wenn er an nehmen kann, al« solcher mit einem ihm bekannten, gleichfalls in htherem Lbens- alter stehenden Kanzler noch für längere Zeit zu thun zu haben, aber nicht, wenn er sich auf einen demnächstigen neuen, Verhältniß mäßig jungen Reich», tangier gefaßt zu machen hat. Die Schlußfolgerung ergiebt sich von selbst." Nun wird wieder ber Kopf darüber zerbrochen, wer dieser neue, verhältnißmäßig junge Reichs - kanzler wohl sein könnte. Räthsclhaft erscheint Allen, selbst seinen Verehrern, meint bie „Franks. Ztg", ba« Verhalten be« Fürsten Hohenlohe. „ES st u n v e r st ä n bl ich, warum dieser alle Staatsmann einen ganz offenbaren schroffen Kurswechsel mit feinem Ranien decken Hilst. ES war schon höchst auffällig, baß er sich entgegen früheren eigenen Bestrebungen znm Beretnsgefetz bat drängen lasten, wodurch der Glaube an fein Wort stark verloren hat. Dringender Anfklämng aber bedürftig ist, wie der Fürst es über sich bringt, tim Jnbek gehässiger Gegner die Entlassung ber Männer mit seinem Ramen zu decken, deren hoher Befähigung nnb auf - opfernder Thätigkeit er ganz wesentlich die Diöglichkeit einer reichskanzlerischeu Existenz verbankt. Fürst zu Hohenlohe seheint aut eilte Bahn gebrängt zu fein, an ber er allmälig zu - setzt, wa« er au politischem »üb persönlichem Ansehen bisher beseffen hat. Wie lange Fürst Hohenlohe noch im Amte bleibt, weiß Niemand, wahrscheinlich er selbst nicht." Ter „neue KnrS" mit BiSmarck. Mit bem FürstenHohenlohe sind auch Freiherrd.Stumm und Gras Waldersee in Friedrichsruh gewesen, um das „Programm deS neuen Kurses" zu entwerfen. Die „Tägliche Rundschau", daffekbe Organ, welche« zur Zeit der unbedingten Herrschaft der WmartTfdjen Politik daS geflügelte Wort erfand: „Die Politik verdirbt den Karakter", kündigt an, „daß mir vor einem gründlichen Wandel nuferer gefammte» '-Politik ft eben". Sie dieser Sandel beschaffen fein soll, waS da» „FriebrichSrnber Programm" enthält, ersehen wir au» folgenden Auslaffnngen : .Da« Ausscheiden dieser beiden ttänuer (gemeint sind Mar sch all und Bötticher) au« dem ReichS- dieuste hat nach ben Umständen, unter betten e« statt- findet, die Bedeutung eine» Umschwunges in der ReichSpolitik, unb wir glauben, baß wenn die Richtung, nach der hin et flattfinbet, nicht schon auS anderen Anzeichen erkennbar geworben wäre, sie durch ben Besuch karakterisirt würde, den gestern bet Reichs - kanzler, Fürst z u Hohenlohe, aus seiner Rücksahtt von Kiel, natürlich im Einverständniß mit dem Saiftr, in Friebrichsruh beim Fürsten Bismarck gemacht hat. Wir haben Grund zu bet Annahme, daß dieser Besuch ein weitere» Symptom de» Bedürfniffe« und be# Wunsche» ber maßgebenden Stelle bildet, den Staatt- wagen in bie erprobten Geleise be« nlteu Kurse« zurückzusühren, nachdem sich herau«. gestellt hat, daß die Fahrt auf den neuen Strecken unsicher, schwankend und gefährlich fei. „Nächst bem Bedürfniß, Personen, bie sich unter bem Regime ber Alle# überwältigenden Persönlichkeit de» eisernen Kanzler» Kaiser Wilhelm» I. „unterdrückt" unb deSlialb außer Stande fühlten, die „neuen Aufgaben" bet „neuen Zeil" zu erfüllen, den Weg frei zu wachen, waren e# namentlich Meinungsverschiedenheiten Über bie B e - Handlung der Sozialbe mokrntie, über bk „Versöhnung" derjenige» Parteien, die unter bem alten Kurse al« reichsfeinblich galten, Aber da» Maß von Schutz da# bie nationale Arbeit von Reich«- wegen zu finden habe, und endlich über die Gestaltung