Nr. 161. 11. Jahrgang. Ham li u nter Echo. Dar „Hamburger (Scho" krlchcint täglich, außrr Montag«. Ler RbonnemeutSpreiS (infi. „Die Neue 8S3elt") beträgt: durch^die Post bezogen (Nr. be« Post, atalog« 3108) ohne Bringegeld vierteljährlich M 4,20; durch die Kolportäre wöchcntl 36 >4 jrei in'« Hau,, «inzelne Nummer 6 4. SonntagS-Nnmmer mit illustr Sonntags-Beilage „Die Neue Welt" 10 4. Verantwortlicher Redaktär: Gustav WaberSky in Hamburg. Mittwoch, den 14. Juli 1897. N az ei gen werden die sech«gespalienr Petitzeile oder deren Raum mit 30 4, fljr den flrbeUflmattt, Der« miethungS. und ffamilieuanzeigcn mit 20 4 berechnet. Anzeigen Annahme in der Expedition (bis 6 Uhr Abds ), (»reit in iämmU »nndncra-vüntutki Siedaktivn unb Expedition: «rohe Theaterftrahe 44 in Hambnrg. Hierzu eine Beilage, Ak Siiiiitr des Volkes gleichgültig ftnb. Der Bund der Laiidwirthe strebt be- I kauntlich den Antrag Kanitz an oder nach seiner neuesten Nur von den nur t der greifen! Hnter dem Druck de« widerstrebenden Ja, wer soll denn diese Revo- Herr Lenzmann und andere dicke es gewiß nicht thun. Aber die die werden am allerwenigsten so luHon" gedroht, lution machen? Philister werden Arbeiter? Nun, Die Konservativen befürchten, daß der antisemitische Kandidat von dem Lund der Landwirthe unter- lützt werden wird. Die antisemitische .Hannov. Post' hatte sich sür die Unterstützung be, Antisemiten durch den Bund aus eine Rede berufen, die der neue Direktor Flotteuagitation liegen? Sie wird in der Schule mit tausend Freuden in Angriff genommen werden. Man täuscht sich dabei aber in der Hauptsache, nämlich in der Jugend selbst. Es mag sein, daß man die Söhne und Töchter der „oberen Zehn - tausend* für eine Schlachtflotte begeistern kann, wenigstens zum großen oder größten Theil. Man kann es dahin bringen, daß die Knaben und Mäd - chen Marinemützen, Marinehüte und Marineblousen tragen. Aber die Kinder des Volkes — und sie bilden die ungeheure Mehrzahl — sie sind für solche Dinge nicht zu haben. Blöge man sie mit der Flottenftage nur anregen, sich mit politischen Fragm zu beschäftigen — immer zu! Diese Kinder sehen zu Hause den harten Kampf ihrer Eltern um das Dasein; sie haben einen Begriff von der Ungerechtig - keit der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung und sie sind schon für den Sozialismus gewonnen, ehe sie ihn näher kennen. Tausende von ihnen müssen ohne warmes Frühstück zur Schule gehen, Andere kommen mit ganz nüchternem Magen, Andere schon von an - strengender Arbeit erschöpft, und diesen Kindem will man die Ueberzeugung beibringeu, daß das Noth - wendigste, dessen sie bedürfen, eine große Schlacht - flotte seil Man möge es nur versuchen! Diese Jugend, die fteudlos und unter harten Entbehrungen heranwächst, sie wird das Werk vollenden, das ihre Väter begonnen; sie wird der Arbeiterklasse die polittsche Macht erringen, die zur Abschaffung der Klassenherrschaft erforderlich ist. Man schärfe und kläre die Anschauungen dieser Jugend, indem man sie mit den Marineplänen be - helligt — es wird unsere Sache nicht wenig fördern. r. Aus der Schweiz. Zu ben Volksabstimmungen am Sonntag schreibt unser Züricher Korrespondent unterm 12. Juli: Zn bet gestrigen, sowohl bezüglich der Bor« lagen als auch der Betheiligung bet StiMmberechtiglen nicht grobe bebeutenben Volksabstimmung trat einmal bet Geist der Negation weniger unangenehm her - vor. Beide neue Bunde«versassungsartikel wurden angenommen, und zwar derjenige, betreffend die Leben - mittelkontrole, mit 267000 gegen 83000 und der andere Ober die Forst- und Wasserpolizei Aenderung der bisherigen Toktik bei Bunde» b e r Landwirthe z u rechnen ' Zweifellos stehen somit die Aktien fiSr den konser - vativen Mandatsbewerber nicht besonder« günstig und es erscheint als anSgeschlosten, daß er im ersten Wahl- gange siegt. Der weitere Verlauf wird davon obhSngen, wer mit ihm in die Stichwahl kommt, wenn nicht der Zug nach links sich so scharf geltend macht, daß er über - haupt aussöllt, waS am meisten zu wünschen wäre. beginnen Denn der Handel ist in der kopiialistischen Gesellschaft nur ein Glied in der Kette der Ausbeutung deS Arbeiterstandel. Auch die Arbeiter sollten von dem Bewußtsein durchdrungen sein, daß Einigkeit stark macht. Aber dieselben Leute, welche den Elaat um Hülse anrufen, verweigern jede Hülfe, wenn die Aermsten im Staate, die Arbeitet, solche Hülse für sich in Anspruch nehmen wollen. Die Arbeiter durch Gesindeordnungen, KoalitiouS- verböte und Sozialistengesetze geknebelt und für die ouS- beutenben Junker olle Privilegien und Liebesgaben, daS nennt die konservative Partei .gerechte Sozialpolitik'. mit 163 000 gegen 86 000 Stimmen. Rantonen Freiburg, Appenzell-Jnuerrhoden und Walli«, alle drei katholisch, wurden beide Vorlagen verworfen, nur der Artikel über die Forst- unb Wasserpolizei von Luzern, Nidwalden und Graubünden und der Artikel über die LebenSmittelkontrole allein von dem sonst bunbel» DaS deutsche Volk befindet sich gegenwärflg in einer außerordentlichen Lage. In der Regierung herrscht eine unübersehbare Verwirrung; man kann keine bestimmte Politik derselben, sondern nur die Projekte einzelner Mitglieder erkennen. Herr von Miquel will eine Steuerreform und Herr von der Recke will ein „kleines Sozialistengesetz". Die zwischen rechts und links hin und her schwan - kenden Nationalliberalen werden heftig bearbeitet, damtt sie „umfallen" sollen, was sie wahrscheinlich auch thun werden. Das Zentrum liegt auf der Lauer und das Junkerthum sucht in den trüben Strudeln der inneren Politik zu fischen. Strengere Absper - rung der Grenzen und Steigerung der Korn- und Fleischpreise, staatliche Liebesgaben sind sein Ziel und ein schneidig gehandhabtes Ausnahmegesetz gegen allen „Umsturz", damit die Ausbeutung des ge- sammten Volkes ohne unangenehme Kritik und Oppo - sition vor sich gehen kann. Ob die Industrie mit ihrem Export unter einer reaktionären Agrarpolttik leidet oder nicht, ist dem Junkerthum ganz gleich - gültig. Dabei wird ein Feldzug gegen das allge - meine Wahlrecht eröffnet und unverschämte Junker- blätter drohen mit Staatsstreichen, wenn das Volk nicht einen Reichstag wählen will, der für einen „standesgemäßen" Lebenswandel verkrachter und ver - machender „Ritter" sorgt. Das Volk sieht alledem mit einer unerschöpflichen Geduld zu. Es muß die Wahlen abwarten. Bei diesen erst kann es sein Urtheil über alle Die - jenigen aussprechen, die es so herausfordern. Hitzige Menschen sind oft der Meinung, diese Volksgeduld müsse ein Ende nehmen; es müsse zu einer Be - wegn!^ ä la 1848 kommen. Herr Lenzmann hat auf der Tribüne des Reichstages sogar mü „Revo- bie Spinnerkibesitzer solche für Garn haben wollten Schutzzölle für Jnbnstiieprodukie waren aber nur zu er - reichen, wenn die Rrautjnnlet ihre Zustimmung gaben. Diese wurde nun dadurch erlangt, daß man die sogenannte „WirihschasiNche Bereinigung* gründete, in welcher die Industriellen den Krautjunkern Oklreibe», Vieh- unb Holz- jöHe bereinigten. Diese« Bündniß löste sich auf, al« bei ben Handel«vertrügen ein Theil von den früher zu diesem Zweck geschaffenen Erhöhungen der Getreidezölle wieder aufgegeben wurde. Jetzt werden Versuche gemacht, wieder Frieden zu schließen. Die „Franks. Ztg ' schretdt: „Lin Bertragen nach solchem Schlagen? Man möchte «> , llivvben, indeffen liegt hüben unb brüten ba« ’oebnrfnifc danach vor unb wenn der fleißige Scharf- xa'K ® ai,tr etier ben Nationalliberalen anfinnt, Hat mau die Organisation beS Handel« durchgesetzt, bann kann man auch mit ber Organisation ber Produktion (Sine Neuorganisation dcS Getreidehandels will die .Kreiiz-Ztg ' herbeiführen, nachdem die Ber- baublungen mit ben Weitesten ber Berliner Kaufmann- schaft zu keinem Resultat geführt haben. Da» Junker- Organ kommt zu folgenden Vorschlägen : .DaS Vorhaben bet hiesigen Bäcker, einen eigenen Mehlmarkt zu gründen, muß nach Kräften unterstützt werden; wird e« burchgesührt so ist ein bebeutungSvoller prinzipieller Anfang gemacht; hosleullich lassen sich die Bäcker nicht einschüchtern und gehen ruhig und sicher den einmal beschrittenen Weg weilet. Bange machen gilt nicht I .DeS Weiteren bürsten Sonder Märkte für Getreide und Fourage behötdNch elnzutichteu sein. Wenn blei auch zunächst auf Schwierigkeiten stoßen, wenn auch zu Anfang die Zahl der Ver - käufer überwiegen dürfte, so ist doch anzu- uehmen, daß die Zeit Wandel fchaffeu wird, namentlich wenn die mittleren unb kleineren Mühlen, die unter bet Konkurrenz ber mit beu meisten hiesigen Getreidehänblern verbündeten Gtoßmühlen zu leiden habe», sich mit den Landwitthen Bereinigen, und sich womöglich ver - pflichten, ihren Bedarf nur an diesen rinzurichtenden Sonder Märkten zu decken. Programmerklärung „stetig steigende Getreidepreise'. Er will ebenso die Fleischpreise in die Höhe treiben unb selbstverständlich auch die Preise aller übrigen landwrrth- fchastlichen Produkte Wer ihm bienen will, muß sein Programm ungetheilt akzeptiren, er kann nicht sagen: bi« hierher und nicht weiter. Herr Burck wird keinem Arbeiter einreben, baß die Höhe ber Lebensmittelpreise für ihn und seine Familie gleichgültig sei; so lange noch ein Atom von KoalitionSrecht besteht, wird viel- mehr die Arbeiterschaft nach Gegenmitteln gegen solche Pläne suchen müssen. Wir bezweifeln sehr, ob ein solcher Zustand der Industrie dienlich iväre. Für heute wollen wir uii« damit begnügen, die Aufmerksamkeit auf diese Zettelnngen zu lenken unb dem Der Reichstagswahlkreis West - Priegniy, der in Folge ber (Ernennung v. PobbielkiS zum Post - general verwaist ist. macht ben Konservativen schwere Sorge Und mit Recht, denn obwohl ber Wahlkreis lange al« fester konservativer Besitz gelten konnte, ist er e« heute nicht mehr t:nb die Gefahr, ein weitere« Mandat zu verlieren, liegt für bie Janker sehr nahe. Die poli - tischen Schicksale beS Wablkreile« finb folgende: Vom konstititirenden Reichstage diS 1878 vertrat den Kreis der Oberpräsident der Provinz Brandenburg unb frühere Minister be« Innern, v. I a g 0 w. Seine Wahl erfolgte bei äußerst geringfügiger Wehlbetheilignng gegen eine beträchtliche, halb fortschrittliche, halb nationalliberale Minderheit Noch Jagow« Tode blieb da« Mandat in bet Familie; beu Oberpräfibenten ersetzte fein Brnber, der Land rath der West-Priegnitz wat, und schlug den nationalliberalen Gegenkandidaten mit 3000 Stimmen Mehrheit. Allein noch nicht drei Jahre später war die Stimmung vollständig umgefchlageii. Ohne baß eine sonderliche Agitation entfaltet worben wäre, siegte bet fortschrittliche Dr. Otto Hermes im ersten Wahlgange mit 6747 gegen 4571 konservative unb 63 zersplitterte Stimmen, dagegen erzielte bei bet Wahl von 1884 ber konservative Rittergut-besitzer von Salbern* Plettenberg 6163 unb wurde gewählt, während auf ben freisinnigen Äanbibaten, Fabrikant Teßmer-Witten- berge. 4222 und auf einen Zählkandibaten be# Zentrum# 31 Stimmen entfielen. Bei ber .Angftwahl' von 1887 erhöhten sich die konservativen Stimme« aus 8221, Teßmer erhielt nur 4122, obwohl er sich für be# Septennat er» erklärte, zum ersten Male wurden in diesem Kreise 90 sozialdemokratische Stimmen abgegeben. Im Jahre 1890 siegte bet konservative Erbjägermeister Günther vonJagow — ber britte Vertreter diese# Namen# — mit 6160 gegen 6245 freisinnige und 823 sozialdemokratische Stimmen Endlich erhielt bet ber letzten Wahl von 1898 bet Konservative v PobbielSki 6265 — nur 50,1 pZt. der abgegebenen Stimmen, während aus bie Kandidaten ber freisinnigen Bereinigung 1468, bet freisinnigen Volk-partei 2960, ber Sozialdemo - kraten 1798 entfielen und 11 zersplitterten. Bei ber kommenden Wahl wirb, wie wir schon er - wähnten, die Zahl ber Manbat-bewerber eine große sein , Der sozialbemokratische unb ber konservative Ranbibat thöricht sein, mit dem Militarismus anzubinden und sich niederschmettern zu lassen, wie gewiffe „große Staatsmänner" seinerzeit vergebens gehofft haben. Sie wisjeu recht genau, was die soziale Bewegung unüberwindlich macht, und die liebenswürdigen Ab - sichten der Junker sind eben so gegenstandslos wie die Revolutionsphrasen der Lenzniarm und Genoffen. Bei den Wahlen werden Kraut- und Schlotjunker die Zeche zu bezahlen haben für Alles, was sie gethan, und das Weitere wird sich finden. Und als ob noch nicht genug wäre mfl Allem, was man dem deutschen Volke zumuthet und von ihm verlangt, und als ob man seine Geduld auf die stärkste Probe stellen wollte, geben auch die Flotten - enthusiasten keine Ruhe. Für Verkümmerung der politischen Rechte, für Steigerung der Lebensmittel - preise, für Schädigung des Exports, von dem viele Millionen von Arbeiterexistenzen abhängm, zur Schmälemng des Wahlrechts soll auch noch die ungeheure Last kommen, welche eine große Schlachtflotte erfordert, mit der „Weltpolitik" getrieben werden kann. Man mag gar nicht daran denken, wie viele Millionen ein solches Experiment verschlingt. Das Mes kümmert aber die deutsche Kolonialgesellschaft und die Bismarckpresse gar nichts, beim die Sache soll doch wieder so eingefädelt werden, daß die große Masse ben Hauptantheil zu tragen hat. Wozu wärm beim alle die Geheimen Finanzräthe da, wenn sie nicht den richtigen Weg ausfindig machen Kirnten! Das deutsche Volk kann sich für die Flotten - pläne nicht erwärmen; darüber bleibt kein Zweifel übrig. Und so verfällt man auf einen Gedanken, der für unsere Zeit so recht bezeichnend ist. Die deutsche Kolonialgesellschaft und die Bismarckpresse verlangen, daß die Agitation für die Flottenpläne in die Schule verlegt werde; ber Unterricht müsse darauf angelegt werben, bie „heranwachsmdm Deutschen" bavon zu überzeugen, baß eine große Schlachtflotte für Deutschland absolut nothwendig sei. Die meklenburgische Unterrichtsverwaltung soll den Anfang machen und enffprechmde Maßregeln treffen, und es wird die Hoffnung daran geknüpft, auch die anderen deutschen Uuterrichtsverwaltungen würden „ihre große Aufgabe" begreifen und dem erhabenen Beispiel Meklenburgs Nachfolgen. Man kann einigermaßen im Zweifel sein, ob dies zum Lachen ober zum Weinen ist. Wir für unser Theil lachen bazu. Wenn man glaubt, mst ben Erwachsenen sein Ziel nicht erreichen zu können, unb man toenbet sich an bie Jugend, so kann das unter Umftänben ganz zweckmäßig fein. Aber in Marinefragen? Will man vielleicht ben Gesetzgebern bie Nothwendigkeit ber Schaffung einer großen Schlachtflotte einleuchtender machen, indem man ihnen von Studenten oder gar Schulknaben Vorträge über die Flottenfrage fflSf i nJ Wichten mahnen K ""ll in den Mädchen, und höheren werdeii?chu en bCt Lotten - Unterricht angebracht Es wird von einigen Blättern in Preußen die Frage aufgeworfen, ob dergleichen nicht dem Geiste der Verfassung zuwiderlaufe, denn damit sei die „Freiheit ber Uuterrichtsleitung" bedroht. O, darüber braucht mau sich keinen Kummer zu machen. Unsere Herren Pädagogen werden für diese Freiheit nicht in die Schranken reiten. Unter dem Schiilweistetthnm groß und klein giebt es Taufende, bei denen die Ueber den Ursprung der Bielefelder Kaiser- rede haben sich bie Hofberfchtetstattet bürgetlldjer Blätter beu Kops zerbrochen. Reaktionäre Politiker erblickten in derselben ein wohlvorbereitete- neue- Programm Jetzt nimmt ter TeiifelauStreibet Pastor Bobeffchwingh in Bielefeld die Urheberschaft dieser Rede für sich In An - spruch. In der „Reuen Westfälischen Bolk-.Zeituug' veröffentlicht er eine Darstellung übet seine Bestrebungen und die Verhältnisse in seinen Anstalten, worin er auch seine Begegnung mit dem Kaffer eingehend schildert Dieser Schilderung entnehmen wir folgende Sätze: „Wir standen hier grabe in dem Waschhaus von Wilhelm-dorf vor dem SReinigungiofen ber Wander» atmen, dein Se Majestät besondere Theilnahme zuwaiidte. — Der Kaffer sprach gegenüber einer gegenteiligen An» sicht feine Ueberzeugung auS, daß schon die- eine große Barmherzigkeit fei und den Muth zur Arbeit wieder neu beleben müßte, wenn ein solch atmet Wanderer, von Ungeziefer gründlich gereinigt, in reinen neuen Kleidern sich suhlte, und fragte, wie lange e« dauere, bi« solch neue Kleider zu verdienen seien. Ich sprach von der großen Schwierigkeit unserer Lage, die rechte Mitte zu treffen, um nicht zu viel unb nicht zn wenig zu ge - währen, unb daß wir mit der Barmherzigkeit auch stramme Zncht verbinden muffen — ohne Zucht und stramme Ordnung fei keine Barmherzigkeit möglich. Namentlich sei e « auch Pflicht der Gesetz - gebung, daß der nationalen Arbeit voller Schutz gewährt werden müsse gegen bie Tyrannei Derjenigen, welche den steienMann, bet arbeiten will, durch Drohungen an seiner freien Arbeit hindern! Ich freute mich, hier auch Er. Majestät volle Zustiiuniiing zu finden ' .,. . . Welche Last drückt denn schlimmer ans unseren Arbeiterstand, al# die Last ber immer fteigenben WohnungS- mfethen? Muffen nicht in ben größeren Städten die Arbeiterfamilien schon über rin Viertel Ihre« ganzen Ver - dienste# für bie Wohnungen anSgeden und noch dazu für schlechte unb ungesunde Wohnungen? Sind nicht fünf Sechstel und mehr aller Bielefelder Wohnungen Arbeiter» reohnungm ? Für wen arbeiten also bieWaurer unb Zimmerleute? Arbeiten sie nicht sür ben kleinen Mann? Wenn nun brr Lohn in'# Ungemefiene hinaus-, die Arbeitszeit immer hernntergeht, so wird auch dadurch ba? Nöthigste dem Arbeiter unmöglich gemacht, um ein glückliche# Familienleben zn führen — der Besitz einer eigenen gesunden Wohnung l" „ . . Wit sind in großer Sorge, wie wir die biet bereit# begonnenen Arbeitcrheimhäuser fertigstellen I6nih>^_ Unb was nützt r# schließlich, wenn der arme Meister auch seine Arbeiter nicht mehr bezahlen kann I Ich weiß, wie viel Meister mit schwerem Hetzen ihr Stücklein Brot effen, unb wenn ich wählen sollte, wollte ich viel lieber Maurer ober Zimiuetniann sein, al# Meister, wenn man mir nur bie Freiheit gestatten will, zu arbeiten, wann unb wie lange i ch will. Inzwischen glaube ich freilich, baß auch hier bie Gesetzgebung fleißiger fein müßte und unparteiische Schiedsgerichte auf» richten, bereit bem grausamen Spiel überall schnell ein Ende gemacht werbe, ehe die Wuiibe branbig unb eitrig wirb.' Tiefe wenigen Proben werden genügen, um zu be - urtheilen, wie c« In beui Kopfe diese« .gottbegnadeten" und „von Gott gesandten Manne#" auSsieht. Die Biele - felder Bauhaudweiker verlangen bei 9jftüiibiget Arbeits - zeit 40 resp 45 4 Arbeit-lohn. Solche Forderungen fiiidet ber „von Gott Gesandte" in'« Ungemefiene ge- steigert unb erblickt barin die Ursachen der Miethestei - gerungen. Man möge einmal in ben Großstäbten Um - fragen unb man wird dort nicht wenig Häuser finden, wovon die JahreSmielhe einen hbheren Betrag ergiebt, als der ganze Arbeit#lohn betragen hat, der für die Herstellung be# Baue« auSgegeben würbe Wie wenig eine Lohnsteigerung bei bem Mietpreise in Betracht kommt, möge folgenbc Rechnung ergeben. Wenn 30 Bau- hanbiverker an einem Mieth-Hause mit 10 Arbesterwoh- nuugen arbeiten, bann können sie ein solche« Han« in zehn Wochen sertigstellen. Würde der Tagelohn ber Arbeiter selbst um eine Mark erhöht, bann wirb ba« Hau« .K 1800 theurer. Rechnet man für diese Summe sechs Prozent Zinsen und Amortisation, so macht ba# 108 jährlich. Diese Summe auf zehn Wohnungen vertheilt, würbe eine MiethSsteigernnz von K 10.80 zur Folge haben. Jede« Kind in einer Großstabt weiß, daß MiethSsteigeriingen von Jt 20 bi« 30 viel häufiger vor- kominen, al« Lohnerhöhungen von X 1 pro Tag für bie Bauhandwerker Die ganze Gottbegnadung diese« Pastor« scheint darin zu bestehen, daß er schon so lange auf dieser Erde fierumläuft, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie eS im wirthschaftlicheii Gebiete hergeht. Zentralverband Gelegenheit zu einer Aeußerung darüber zu geben, ob er ix fernem Plenum wirklich gesonnen ist, sich vom Bürgerthum zu trennen unb den Agrariern al« williger Vorspann zu bienen ? Man würde nicht im Zweifel sein, wie da« Urtheil über ein solche« Verhalten anrfallen miißl' Die Freunde der Herren Bueck und Stumm wollen ba« Koalition-recht der Arbeiter vernichten, damit die Großindustriellen sich am Arbeitslohn schadlo« halten können für die Geschenke, bie sie ben Agrariern ziikommen lassen wollen. Da« Drängen nach bem preußischen Sozialistengesetz hat baher einen sehr materiellen Unter- grunb Die Konsumenten sollen aii#geplünbert werben, unb bamit bie Arbeiter nicht den Versuch machen, durch Vereinigung einen Theil be« Verlorenen zurück zu erobern, soll ihnen da« Koalition-recht genommen werben Nur so ist ber Satz ber Bneckffchen Rede verständlich, daß bie Höhe der Leben-miltelpreffe einen außerordentlich geringen Einfluß aus die Höhe der Löhne hat. Würden die deutschen Arbeiter ein freie# Koalition-recht haben und von diesem guten Gebrauch machen, bann wäre e« unmöglich, au kosten der Arbeiter solche Biindniffe zu schließen, wie bie Reaktionäre sie jetzt anftreben. treuen Rauten Glaru«. Die übrigen welschen unb katholischen Kantone nahmen mit ber großen Zahl gut eidgenössischer Kantone beide Artikel an — Weniger be - friedigend Ist der AuSgang der Volk-abstimmung im Ranton Bern über die Proportionalwahl be« Großen Rathe», welche mit 22000 gegen 28 000 Stimmen verworfen wurde. Am 3. Mai 1896 tinimten bei viel stärkerer Betheiligung an der Ab - stimmung 32000 dagegen und 29 000 dafür. S« wirb nun im Kanton Bern auch fernerhin ba« Mehrheitssystem König bleiben. — Im Kanton Solothurn wurde bas PollzetbesoldungSgesetz mit großer Mehr- heit angenommen. Lei einer Ersatzwahl in den Großen Stabtrott Winterthur« wurde im zweiten Wahlgang ber Kandidat ber Sozialdemokraten, Gastwirth SrüsSle, Vertrauensmann der Eisenbahner, mit 1440 gegen 1139 Stimmen gewählt, so daß nun die Sozial - demokraten In dieser Behörde auf 46 Mitglieder 17 Ver - treter haben. Die englische Unfnllversicherungs Bill stößt in englischen Unternehmerkreisen auf ebenso hartnäckigen Widerstand, wie er sich auderSwo gegen Gesetze zeigt, bie dem Schutze der Arbeiter dienen sollen. In dieser Be- ffehung ist sich da« Uiiternehmerthum überall gleich Die I, voriger Woche über den Gesetzentwurf im englischen Unterhaufe gepflogenen Verhandlungen zeigten sogar eine merkwürdige Berfchiebnug der Parteiverhältniffe in einen großen Fehlbetrag zn verwandeln, so daß bann bet Freisinnige ben Sieg davontragen würbe Unter Hefen Umständen erachtet e« bk „StaatSbürger-Ztg." nicht für ba« Nechl, saubern geradezu für die Pflicht Deutschsozialen Resormpartei, den Versuch zu machen, ob e« ihr nicht gelingt, den frei« gegen Freisinn und Sozial- demokratie zu vercheidigen. er dabei vermuthlich auch die Zukunft im Auge: da« Geschäft, da« große Hindernißrennen, da« bei der Erneuerung der Handelsverträge an- brechen wird. In agrarischen Kreisen, in denen man ja ein feines Verständniß für die materiellen Unterlagen der Politik besitzt, hat man sich längst darauf besonnen, daß der Sport der niaßlosen Beschimpfung von Handel unb Jubustrie zwar für feste Frennbe recht vergnüglich ist, baß er aber keinen monetären Untergrund besitzt und nicht einmal bie Zerstörung der Börse sich in den Ein - nahmen der Landwirthichast irgendwie vortheilhast be- merklich machen will. Deshalb hat man dort mit dem kühnen Leugnen begonnen und in der Tonart tiefster sittlicher Entrüstung bestritten, jemals ein böse« ober ge- wöhnlicheS Wort gegen bie Industrie unb ihre Vertreter in den Mund genommen zu haben. Mit vollendeter Biedermiene betont ma ' die Nothwendigkeit der „Einig - keit aller schaffenden Stände', d. h. derjenigen, die ba bie Klinke ber Gesetzgebung in ber Hand haben, in der Ausbeutung ber anderen; unb man labet bie Jn- bifftriellen mit freundlicher Handbewegung ein, doch ge - fälligst im Bunde der Landwirthe Platz zu nehmen. Da« ist ein ganz famose« Vehikel; e« hot Platz für Alle unb bringt doch Jeben bahiv, wohin er just will, wobei sich bie Fahrt noch besten« bezahlt macht Wenn sie aber nicht einsteigen — nur, bie Land wirthschaft könnte sich auch einmal ihrer freihänblerifchen Vergangenheit erinnern nub bie Thorheit einsehen, bie in einer höheren Be- Zahlung ber Jndnstrieprobukte liegt, al« die freie Kon - kurrenz e« verlangt. „Diese Drohung, die Furcht vor einem tieferen Niveau ber Jiidnstriefchutzzölle, hat bei einem Theile unserer „so überaus leistungssähigrn' Großinbustrie ge - wirkt. Er knurrt zwar sehr vernehmlich über Geist und Art beS BiinbeS ber Lgubwirthe, er hat aber nicht ben Muth, bie hiugestreckte Haub zu übersehen; er drückt sie einstweilen mit abgeroenbtem Antlitz und mit einem merklichen Gefühl des Schauderns — man darf sich doch mit so einflußreichen Leuten nicht überwerfen.' Vo« -er Weltböhue. Die Spekulation auf die Ehrlosigkeit der Nationalliberalen, die von Stumm unb anderen Scharfmachern betrieben wirb, um das „kleine Sozialisten - gesetz' durchzudrücken, wird von ben offiziellen Organen der nationalliberalen Partei fortgesetzt mit Entschieden - heit zurückgewiesen. Tie „Mittheilungen für bie Ver - trauensmänner der nationalliberalen Partei' erklären diesbezüglich: „Immer wieder dieselbe Spekulation aus die liberale Mittelpartei, nur daß jetzt eine Spekulation auf die RaraherloRgteit der nationalliberalen Abgeordneten unb auf den Verrath an der durch wiederholte Abstiinnimig bekundeten Ueberzeugung daraus geworden ist ES ist Verblendung, derart noch zu speluliren, nachdem der Reihe liach die Abgg Dr. Krause Schmieding und Hobrecht die Eininüthigkeit und Entschlossenheit der Partei bezeugt haben; daS wird ja am 23. Juli offenbar werben, wenn dieselbe Mehrheit, wie am 28 unb 31. Mai, mit ben Herrenhaiisbeschlüffen aufräumt und damit bie ge lammte gesetzgeberische Unternehmung begräbt. Was übrig bleibt, ist nur zu sehr danach angethan, die innere Lage noch zu verwirren. Eine Regierung, die feit Herr Bueck, der Generalsekretär des „Zeutrol- Verbanbe« deutscher Industrieller', der jährlich X 15 000 an Schweinburg für die Bekämpfung der Sozialdenio- Iratie bezahlt, hielt in einer Bersanimlung eine« rheinisch, westfälischen Fabrikaiiien-BereinS eine Rebe, in welcher er sagte: „Er erkläre im Namen, der ihm nahestehenden Industrie sich einverstanden mit einer Erhöhung ber Getreidezölle Wenn sich — so meinte er wörtlich — der jetzt bestehende Schutz nicht als genügend erweisen wollte, so erhebt die mir nahestehende Industrie keinen Widerspruch gegen die Erhöhung dieses Schutzes; denn, meine Herren, die Industrie hat sich überzeugt, daß bie Höhe der Broipreije einen außerordentlich geringen Eüi- fluß auf die Höhe der Löhne auSübt.' Dazu bemerkt die „Franks. Ztg': „Da# ist ba« formelle Angebot des neuen Schutzzvllkartells auf Grund einet Erhöhung der Gelrridezölle. Es wäre interefioit, zu erfahren, auf Grund welcher Befchlüffe jener Vereine Herr Bueck sich hierzu berechtigt glaubte, unb ob in«- befonbere der Zentralste»-nd — wa# wir bezweifeln — Herrn Bueck bevollmäch^gt hatte. Vale MUglieber be« Zentralverbande« werben vermuthlich über diese Er - klärung ebenso erstaunt fein wie über bie Biieck'fche Ent- bt'rfung, wonach die Brotpreise für bie Höhe ber Löhne Ter Bund der Laudwirthe macht auch schon für die ReichrtagSwahlen mobil Am Montag tagte In Berlin eine Versammlung bet Wahlkreis- unb BejirkSvvrsitzenben be« Bunbe« für die Pro- vinz Brandenburg, an welcher ber erste Bor- sitzenbe be« Bunde«, Herr von Plötz- Döllingen, unb ber Direktor deS Bunde«, Abgeordneter Dr. Diederich Hahn, theilnahmen. Auf ber Iage8erbneng stand zunächst die Besprechung ber nächsten Reichstagswahlen unb bie Ausstellung agrarischer Kandidaturen in der Pro - vinz Brandenburg. Die Ergebnisse der (tätige- habten eingehenden Berathungen beschloß man vorerst als geheim zu behandeln. Sobenn tourbe bie Agi - tation in ben einzelnen Wahlkreisen und die öatfenbung von Rednern besprochen. Die Herren wögen ba« Er - gebniß ihrer Berathungen auch fernerhin geheim be- banbeln, da Niemand auf dasselbe neugierig ist. Daß ber Liebe Müh' vergeblich ist, werden bie Agrarier bald genug erkennen. Bon besonderer Wichtigkeit war die sich anschließende Berathung über den augenblicklichen Stand der Aus - führung deS Börsengefetze« bezüglich des GetreidehandelS. E« wurde einstimmig folgende Reso - lution angenommen: „Die Besprechungen, welche am Sonnabend, bem 10. Jnli b. I. zwischen Vertretern der Landwirthichast«. lammet Brandenburg unb be« Verein« ber Berliner (betreibe- und Produktenhändler stattgesniiben haben, lassen erkennen, baß bie Börseninterefienten nicht gewillt find, sich den klaren Bestiminungen be« LanbwirthschostSkammer. Gesetze« über die durch daS Gesetz gewährleistete Bethei- ligung ber LaiibwirthschastSkammern an der Verwaltung nud ben Prei-notirungeu bet Börsen unb Märkte zu unterwerfen. Die Henie versammelten Wahlkreis- unb Bezirk«. Vorsitzenden be# Bunde« ber Landwirthe der Provinz Brandenburg iprechen die Erwartung an«, daß die königl. preußische StaatSregiernng nur einer solchen Neuregelung der für bie Berliner Produktenbörse zu erlaffenden Bestimmungen ihre Zustimmung geben werde, welche bem Geiste be« Landwirt Hs chaftSkanimer- Gesetze« entspricht, und daß sie umgehend die Schl ießnng der Berliner Frühbörse anordnen werde ' Ob die Regierung nach bem bi«her im Kampfe gegen die Produktenbörse erlittenen Fia-ko noch geneigt fein wird, sich von ben Agrariern weiter treiben zu lassen, muß doch fraglich erscheinen. g soll die Losung sein: bestimmt zu- Warten hat keine Aussicht aus Erfolg mehr kann vielmehr die Situation uur verschärfen. Zur deutschen Landwirthfchast, bie schon schwere Stürme ausgehalten hat, haben wir da« feste Zutrauen, daß sie auch diesen ihr aufgebrnngeuen Kamps durchsechten und sich In dem- eiben gegenseitig stützen wird, baß sie energisch an die Lösung der neu gestellten Ausgaben herautritt. ES gilt je|t, Har ba« Ziel in'« Auge zu fassen mit der Devise: Einer für All« und Alle für Tinen, mit dem Bewußtsein : Einigkeit macht stark.' „Daß ferner der genossenschaftliche Ber- kauf von Getreide weiter energisch auJgebauf, daß namentlich eine gut orgauifirte Zentralstelle für beu Ber- tauf von Getreide durch die LandwirthschastSkamniern errichtet werden muß: ba« sind so naheliegende Far - bern ngen, daß hier die bloße Andeutung genügen möge.* Der Artikel schließt mit folgende» Sätz-n: .Für bie Regierun- —* ■ - =- Verherrlichung kriegerischer Thaten die angenehmste Seite und die Hanpffache deS erzieherischen Unter - richts ist. Man bringt es ja auch fertig, in Mädchen - schulen Kriegsthaten verherrlichen zu lassen — wo; "" ®a«rmner Den wationaiiiberaien anjtnnt, W «If. auf Weser We We ScWerW für We K Monaten au« bem Dämmer nicht herausgekommen unb an Ansehen nur Einbuße erlitten, kommt, vom Herrenhaus rücksichtslos ansgerüttelt, endlich zu einem Entschluß, aber der ist nur aus der @r- Wartung entsprungen, daß in der Volksvertretung eine mehr ober minder große Zahl von Ehrlosen sich finden unb dem endlich gewonnenen Standpunkt der Regierung eine Mehrheit entstehen lassen werde! ES vergehen nicht 24 Stunden, so kann die Regierung aller Wegen hören, daß diese beleidigende Voraussetzung der nationalliberalen Partei nicht? weniger als zum Schaden gereicht. Bei Freund und Feiud be - gegnet man derselben Ansicht, daß in solchem Falle nur der an Achtung und Ansehen verlieren konnte, der so niedrig von einer großen Partei zu denke» im Stande war So sind also die Beziehungen nicht nur der nationalliberalen Fraktion, sondern der LaubeSvertretuug Überhaupt zur Regierung wie zum Herrenhause weiterhin verfahren. Nicht minder ist aber die Kluft zwischen den - jenigen Parteien erweitert, auf deren Verständigung und Zusamtuenwirken schließlich jede Politik im Reiche wie in Preußen angewiesen ist, die nicht eine Politik von Zentrums Gnaden sein will. Und dies Alle« Im letzten Jahre vor den allgemeinen Reichstag«, n e ii re a 6 l e n I” Die Frage der Wirkung der Katzbalgereien um die lex Recke-Zedlitz auf die nächsten allgemeinen RkichStagSwahIen wird auch von der Münchener „Allgeni. Ztg." erwogen. Sie schreibt: „Der Wunsch, ein solches Gesetz noch in diesem Jahre angenommen zu sehen, weil „das wenigstens einige Ga - rantie für einen ruhigeren Verlaus der Wahlen gebe', entspringt einem verhängnißvollen Irr - thum. Allem Anschein nach werden bie nächsten Wahlen auS naheliegenden Gründen vielmehr ein Anwachsen des politischen al« de« sozialen Radika- liSm us an den Tag bringen. Sollten sich in gereiften Bezirken am Rhein unb in Westfalen beide Strömungen in unheilvoller Weise vereinigen, so wäre bie wenig kluge Kundgebung der Großindustriellen in Düsseldorf an diesem Ersolg nicht völlig unbeteiligt. Welche kind - lich eUeberschätzung ber Wirkungen poli - zeilicher Gewalt ist doch noch immer in manchen Kreisen lebendig I Ruhigere Wahlen sich von diesem V e r e i 11 « g e I e tz zu versprechen, heißt, wenn man bie Hoffnung ernst nimmt, von rührender politischer Naivetät fein. Diese Optimisten würben sehr bald die Erfahrung machen, baß sie bie Ruhe vor Volksversammlungen mit einer Beunruhi - gung ber Bevölkerung erkauft haben.' DaS Münchener Blatt hält eine Annahme ber Vor - lage für ausgeschlossen, ba bie Nationalliberalen gegen biese stimmen müßten, denn: „Jedermann sieht, baß, wie bie Dinge sich entwickelt haben, bie Partei s j ch selbst ba« Tode«nrthell unterschreiben würde, wenn sie jetzt nicht alle Mann an Borb riefe, um bie Ablehnung bet vom Herrenhause tornmen- bitten Novelle zu sichern.' Sin Raubzug auf die Taschen der Arbeiter soll bie rettende That werden, bei welcher Kraut, und Schlotjunker sich brüdettich znsanimeiifinden. Bi« zum Jahre 1879 waren die Krautjunker sreihändlerifch, während die Eisenindiistriellen Schutzzölle auf Eisen und sind schon benannt; ebenso hat am Sonntag die freisinnige Volk-partei den Landtagsabgeordiieten Max Schulz ausgestellt. Ob die freisinnige Vereinigung sich bem an- chließeii wird, ist fraglich; wahrscheinlicher erscheint un« >ei der kleinlichen Eisersucht bet beiden Parteien, daß bie Ricketffchen auch einen Ranbibaten aufstelleu. Dazu kommt noch bei Antisemit, ber den Konservativen am meisten Besorgniß eiuflößt, so baß die „Rouf. Kortesp." dieser Tage schon mit schwerem Geschütz dagegen losbonnerte. Diese Kanonade hat aber bei den Antisemiten keinen Ein. druck gemocht. Die „StaatSbg. Ztg.' entgegnet mit einem Hinweis daraus, daß die Konservativen im Wahlkreis Torgau-Liebenwetda bei der letzte» Wahl 2066 Stimmen verloren haben, ohne daß bie Antisemiten einen „zer- ctzenden Einbruch' unternommen hätten; auch in West, haveilanb gingen bie Stimmen des .nationalen' Kandi - daten um 2743 zurück, trotzdem auch dort kein antisemi. tischer ®tgenfanbibat ausgestellt war Da dürfte e« denn wohl den Konservativen auch im Kreise Westprignitz ge - lingen, au- eigenen Kräften die riesige Mehrheit von 38 Stimmen, mit der sie sich 1893 noch behaupteten, in de« Bunde«, der Abg. Dr. Hahn, kürzlich in einer Versammlung in Friesack gehalten hat. Dr. Hahn soll dort erklärt hoben, die deutsch-soziale Lesormpartei habe die Forderungen de« Bunde« ebenso, ja z. B. i» der Frage der HaudelSverträge btfier unterstützt als die Konservativen; e« fei daher ein Fehler, daß der Bund die leiifereatiecn Kandidaten bevorzugt habe. Dazu bemerkt recht kleinlaut bie „Kreuzztg?: „Sollte sich ber Abg. Dr. Hahn wirklich so ausgebrückt haben,! so hätte bie konservative Partei mit einer bietet Frage.