Nr. 181. 11. Jahrgang. WlSHEzs^ - nw»w Das „Hamburger Sch»" trfötint täglich, außer Montags. Der AbonuemcutSprciö linL. „Die Reue Welt") beträgt: durch di« Post bezog«» (Nr. d«S Post, «talogs 3KB) ohne Bnugrgelt vicNeljährlich M 4,20; durch di« tiolportöre wochcnll 36 aJ frei in S Hau«, ktuzclnr Nummer 6 SomiragS-Ätuimner mit ivustr Konntags-Veilage „Die Reue Welt" 10 4- BrranNvortlichcr RedattSr: Wuftad WaberSky in Hamburg. Freitag, de» 6. Anglist 1897. Anzeigen werden Mt fechsgefpalken« Petitzelle oder deren Raum nut 30 aJ , für btn RrbeitSmarlt. Der» uiicthnugS und Fauiilienauzeigen mit 80 4 berechnet. Anzeigen Nnnabme in der Expedition (bis 6 Uhr 4lbdS.), sowie in fämmtl Äneeette»8üt«auti Redaktion und Exprditilm: lkrofte Tdcaterstrafte 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. Süchc« Ack-ii-dit-List. Die Naumann, Adolf Wagner und Genossen haben für ihre evangelisch »sozial« Bewegung nun - mehr Offizier« genug, aber wenig, fast gar keine Mannschaften. Und sie fehen selber ein, daß sie mit „Steifleinenen" auf die Dauer nicht aus - kommen können. Aber woher schilell die Mann - schaften nehmen? Der Zerfall der von Herrn Naumann als „altersschwach" und „überlebt" an - gesehenen Sozialdeuwlraüe scheint doch nicht so rasch eintreten zu wollen, wie die Herren Evangelisch- Sozialen es brauchen. Damit nun die Offiziere ohne Mannschaften nicht an der Zukunft verzweifeln, werden sie einst - weilen mir großartigen Hoffnungen getröstet. Die Naumann und Genossen verfügen, das muß ihnen der Neid lassen, über ein gutes Stück Zuversicht und Selbstbewußtsein. Wir mit unserer strengen Selbstkrüik ivaren bisher so bescheiden, als fest - stehend anzunehmen, daß die Verhältnisse stärker seien als die Menschen. Darauf lassen sich die sozialphilosophischen Kraftmeier der evangelisch- svNalen Richtung aber nicht ein; sie scheinen viel - mehr der Anficht zu sei«, daß die Verhältnisie von ihnen gemacht werden. Wie könnten sich diese Leute sonst eüibilden, es werde ihnen gelingen, die Arbeiter, uud speziell die sozialistischen, zur Religion zurllck- zuführen? Die klassenbewußten Arbester sind doch nicht aus irgend einer Laune gegen alle Religion gleichgültig geworden. Nein, sie haben vielmehr eingeschen, daß die Religion nicht der Hebel ist, mit dem man die Felsblöcke bei Seite wälzm kann, die den Weg zur Freiheit und zum gleichen Recht für Alle versperren, und diese Erkenntniß ist ganz gewiß nicht zufällig gekommen, sondern die ganze soziale Entwicklung unseres Zeitalters nöthigt die Massen, die Blicke vom Himmel abzuwenden und auf die materiellen Berhältuisse zu richten. Aber die Evangelisch- oder, wenn man lieber will, National-Sozialen bewegen sich in noch größeren Illusionen. Nicht nur, daß sie glauben, die deutschen Arbeiter für Flottenpläne und Kolo - malpolitik begeistern zu können — sie hoffen auch darmff, daß aus den Arbeitern selbst heraus eine Macht erstehen werde, die dem demokratischen So - zialisums den Garaus macht. Und diese Macht erblicken sie in den Gewerkschaften, die nach Meinung der Naumann und Genossen mit Ungeduld auf den Augenblick warten, wo sie die alte Hülle, die sie bisher getragen, abwerfen und in das national-soziale Gewand schlüpfen können. Dann fällt — immer nach Meinung der Naumänner — der demokratitche Sozialismus in sich selbst zu - sammen und die Arbeiter sind dann endlich dahin gekommen, wo die Herren sie haben wollen — sie treiben dann keine selbstständige Politik mehr rmd die Gesetzgebung und so weiter besorgen die „na - tional-sozialen" Herren Pastoren und Geheimräche allein, während die Arbeitermaffen die schöne Auf - gabe übernehmen, für diese Herren ihre Stimmen abzugeben. Das erinnert an eine Episode aus dem Jahre 1848. In ben Märzstürmen hatten die Arbeiter der großen und kleinen Bourgeoisie zum Siege ver- holfen; sie hatten am tapfersten gekämpft und hatten namentlich in der großen Barrikadenschlacht in Berlin fast alle Opfer geliefert. Ganz Deutschland hallte wider von Triumphgesängen auf die frisch erkämpfte Frecheit. Was war natürlicher, als daß auch die Arbeiter kamen, um chr bescheidenes Theil von dieser Frecheit zu fordern? Die „Arbeiterfrage" kam aber den Bourgeois höchst ungelegen. Die Spießbürger ließen den Arbeitern durch ihre Preßorgane zurufen: „Kehre Jeder an seine Arbeit zurück!" — „Die ganze Führung Eurer Errungenschaft, der volle Stolz des freien Mannes liegt darin, daß Ihr sagt: Wir leben von unserer Arbeit!" So sprachen die Wortführer des liberalen Bürgerchums damals und mußten doch wissen, daß viele Arbeiter keine Arbeit bekommm und mindestens eben so viele von ihrer Arbeit nicht leben konnten. Ein Anderer rief gar den Arbeitern zu: „Jetzt keine Steigerung des Lohnes! Stellt durch Ordnung und Fleiß Euch das geschichtliche Zeugniß ans, daß Ihr für die Freiheit Eurer Nation zu arbeiten und zu leben wißt!" Die edlen Spießbürger nahmen also das Recht, die Verhältnisie neu zu ordnen, für sich allein in Anspruch, während die Arbeiter, tvelche ihnen die Piacht erkämpft hatten, schweigend zuschen imb über sich ergehen lassen sollten, was die Bourgeois zu beschließen geruhen würden! Mit den Nattonal-Sozialen ist es nicht viel anders. Die Arbeiter haben aus sich selbst heraus «ine machtvolle politische Bewegung geschaffen, die eine ttesgehende Wirkung auf unsere ganzen Zeit - verhältnisse ausübt und mit der solle bestehenden Machtfattoren rechnen müssen. Da kommen nun eine Anzahl „national-sozialer" Pfäfflein, Professoren, Geheimräthe u. s. w. und treten vor die Arbeiter hin. „Halt," meinen sie, „das geht so nicht. Kehrt Ihr auf den rein gewerkschaftlichen Boden zurück! Dort mögt Ihr Eure Differenzen mit den Unter - nehmern und Kapitalisten ausfechten! Aber die Politik überlaßt uns! Wir kennen Eure Inter - essen viel bester als Ihr selbst und missen sie auch besser zu wahren!" Merkwürdig ist, daß die bürgerlichen Parteien, so ost sie die Arbeiter in's Schlepptau nehmen wollen, sich dabei mit den Anarchisten in demselben Stteben begegnen. Auch die Anarchisten wollen die „polttische Enthaftung" und den „rein wirihschaft- licheu Kampf", nur mit dem Unterschied, daß die Anarchisten gegen das Wählen überhaupt sind, wahrend die bürgerlichen Parteien die Arbeiter- stimmen, die für sie abgegeben werden, mit Be - hagen entgegemiehmen. Wenn die „National-Sozialen" glauben, die Arbeiter würden um chretwillen, um sich von den Herren Naumann und Genossen mit Religion und Flottenenthnsiasmutz trattiren zu lassen, der Polüik und damtt der Sozialdemokratie den Rücken kehren, so ist das einfach eine Art Größenwahn. In - dessen ist dieser Größenwahn den niedergchenden Schichten häufig eigen und kommt auch gelegentlich bei der bürgerlichen Demokratie zum Borschein. Auch dort wiegt man sich manchmal in die Täuschung ein, die Sozialdemokratte habe all ihre ungeheure Arbeit nur geleistet, damit nicht die bürgerliche Demokratie die ganze Bewegung zu sich hinüberleite und dmnit plötzlich zu einer Macht werde. Alle diese Elemente verkennen den Karakter der sozialisfischen Bewegung, die auf dem Klassen - bewußtsein der Arbeiter beruht. Der demo - kratische Sozialismus und seine Vertreter haben Alles gethan, um das Klassenbewußtsein der Arbeiter zu wecken. Die bürgerlichen Parteien, welche die Arbeiterbewegung in's Schlepptau nehmen wollten, müßten Alles thun, um das Klassenbewußtsein der Arbeiter zu unterdrücken. Dies aber wird keiner Macht der Erde mehr gelingen und darum auch keiner der bürgerlichen Parteien, sie möge sich nennen wie sie wolle und möge sich noch so vorsichtig mit dem Schafspelz um - hüllen. Im Uebrigen haben wir nichts dagegen, toetm die National-Sozialen in ben Gefühlen ihres Größen - wahns schwelgen. Sie werden schm einmal, wie Hänschen Guck-in-die-Lust, stolpern und purzeln. Bon der Wettböhlle. Die Einberufung einer außerordentlichen Reichstagstaguug zur Gewährung staatlicher Hülse ist anläßlich der Wasserkatastrophe in einigen Blättern angeregt worden. Hierzu bemerken die „Berl. Pol. Nachrichten": „Dabei wird übersetzen, daß, abgesehen davon, daß zur Zeit sich der Umsang der Schäden und das Maß der Hülfsbedürftigkeit, mithin auch noch gar nicht mit Sicherheit übersehen läßt, ob, in welcher Höhe und in welchen Formen aus Staatshülfe Bedacht zu nehmen sein wird, sowohl eine solche Hülssthätigleit wie demnächst die Fürsorge gegen die Wiederkehr solcher Verheerungen nicht Sache des Reiches, sondern der Bundesstaaten ist. Was Preußen anlangt, daS neben den lkönigreichen Sachsen und Württembeig der am meisten von Hoch. Wasserverheerungen betroffene Staat ist, so ist es jeden, falls in der Lage, aus seinen eigenen Mitteln für Alles, waS nach Lage der Diitge von Staats wegen zu bessern sein wird, vollständig zu sorgen. Ma» wird indeffen nicht vergeße» dürfen, daß die Verwendung von S t a a t s g e l d e r n zur Beseitigung der Ueberschwem- muugsschäden sehr ihre zwei Seiten hat, und daß die Ersahrungen, die mit den in Folge der Hochwaßerfchäden von 1888 und 1889 beantragten Nothstandslredite» ge- macht sind, dringend zur V 0 s i ch t mahnen." Weshalb bezeichnet das Blatt die Thatsachen, welche zur Vorsicht mahnen sollen, nicht näher? Unklar und verworren ist die inner« politische Lage »ach wie vor. Niemand weiß zu sagen, was werden wird. Herr v. Miquel ist aus Kiel von seiner Konferenz mit dem Kaiser zurückgekehrt und offiziös wird nunmehr versichert, daß es dort „keine Krisis gegeben hat". Der Kaiser soll Miquels Politik der „Sammlung und Versöhnung" ge - billigt haben. So erscheint der ehemalige Umstürzler immer mehr in der Rolle eines leitenden StaatS- mannes, obgleich er ja nur in Vertretung deS ab- wesenden Ministerpräsidenten Fürsten zu Hohenlohe zum Kaiser nach Kiel gereist ist. Er hat gewiß auch nur in dessen Vertretung die Rede im Abgeordnetenhanse ge> halten, die eine Programmrede sein sollte und sich nach Form und Inhalt a>S das persönliche Programm deS preußischen Vizepräsidenten und FinanzniinisterS dar - stellte und noch dazu als ein Programm, besten Aus- fährung, soweit man sie sich überhaupt vorstellen kann, im Reiche und im Reichstage liegt Herr v. Miquel erschien da alS der Leiter der Reichspolitik. Biele halten ihn dafür, und die Agrarier, die seinem Pro - gramm Beifall zollten, erwarten offenbar viel von ihm. Inzwischen hat der Kaiser seine Reise nach Petersburg angetreten. Dieselbe wurde um einen Tag verschoben. Anscheinend ist dieses, einer Berliner Meldung zufolge, geschehen, weil der Kaiser den Wunsch gehabt hat, den Reichskanzler vor seiner Abreise und dem Eintreffen in Petersburg noch persönlich zu sprechen. Fürst Hohenlohe aber hat Berlin, trotzdem er wegen der Unterbrechung der Bahnlinie auch nach Wien sich von Auflee nach Kaiuisch hatte tragen lassen, erst mit einer starken Verspätung erreichen können. Ob in der Unter - redung, die der Kaiser mit dem Fürsten gehabt hat, die erwarteten wichtigen Entscheidungen getroffen worden sind, muß abgewartet werden. Die Berliner „Neuesten Nachrichten" sind ungehalten, daß Graf Salberfee wieder einmal alS Reichs- kanzlerkandidat bezeichnet wird, und versichern, daß Graf Waldersee aller und jeder politischen Kombination voll - ständig und endgültig fernstdjt und fernbleibeu wird Es wird übrigens jetzt wohl 10 Jahre her fein, daß Gras Waldersee, den damals die BiSmarck'sche Preße als kommenden Mann angriff, Berichtigungen erzwang und erklärte, daß er nur Soldat fei und sich „nicht um Politik kümmere". Die Reise des deutschen Kaisers nach Petersburg giebt einigen Pariser Blättern Anlaß, Hundstagspolitik zu treiben. So berichtet der sehr deutschfeindliche orleanistische „Solei!" au# PeterS- bürg, eine von Deutschland auSgegangene und gegen England gerichtete Bewegung mache sich in russischen diplomatischen Kreise» geltend, die darauf abziele, einen Dreibund Frankreich- Deutschland- Rußland gegen England zu Stande zu bringen. „Soleil" zergliedert diese Idee und findet, Frankreich habe nichts dabei zu gewinnen; Ruß - land dagegen beabsichtige, auf diesem Wege Kon- ftantinopel und die Dardanellen in seine Hand zu bekommen, Deutschland wolle Holland und Belgien einverleiben (11). Oesterreich, im Geheimen sondirt, habe feine Einwilligung gegeben gegen eine Entschädigung auf der Balkanhalb. ins el. Hanotaux sei dem Plan günstig gesinnt. Ernsthast sind derartige Mittheilungen nicht zu fritifiren. Zu weitgehenden politischen Rombinationen dürste der Besuch in Petersburg kaum Anlaß geben, umsoweniger, als Rußlands äußere Polttik, speziell im Punkt der orientalischen Frage eint durchaus bestimmte und feste ist Etwa# Friedenskonzert wird's geben, sonst nicht# von Bedeutung. Und wenn der deutsche Kaiser die Hauptstadt unsere# „ErbfreandeS" verlassen bat, wird der Präsident der fran - zösischen Republik als Gast de# Selbstherrscher# daselbst erscheinen. Zum Zollkrieg gegen Slmerika hetzen in frivoler Weise die „Berl. Neueste» Nachr." Sie schreiben u. A.: „Wir müssen Anierika da treffen, wo e# am empfind - lichsten ist, an seinem Getreide-, Fletsch, und P e t r 0 l e u m - E x p 0 r t, da wir die Baumwolle nicht entbehren können. Alle diese Artikel sind von anderwärts her beziehbar. Petroleum von Rußland, dem mir even - tuell Zollerleichteruiigen gewähren könnten. Die deutsche Industrie wird ohnetziu so geschädigt werden, daß auch weitere Repressalien der Republik die Noth kaum steigern dürsten, und wenn auch die Schiffsahrt sehr empfindlich getroffen werden mag — so bleibt dennoch keine andere Wahl übrig." Das arbeitende Volk Deuischland# würde solch' eine verbrecherische Wahl theuer bezahlen müssen. Die pariikularistischen Strömungen geben nationalliberalen Blättern Anlaß zu folgender Klage: „Mit großem Bedauern beobachten alle um daS Wohl der Aatioii besorgten Kreise die lebhasten Schwin- gitngen aller der Verstimmungen, die sich in den letzten Tagen in herben Worten über den Main hin- und her - über äußern. In Württemberg hat der Führer der schwäbischen Deniokratie das verbitternde Schlagwort mis. gegeben: „Gottlob, daß wir keine Preußen sind", und in Baiern wird der Ausruf, zur BekSnipsung der „borussi- fizirenden Einflüsse" int Reichstage eine ausschließlich die baierischen Interessen vertretende .baierische katholische Volkspartei" zu begründen, mit bet Autorisation einer sehr hohen Stelle motivirt. Und in norddeuische» Blättern, insbesondere den Organen der Rechten, Hänsen sich AuSsälle und Sticheleien, welche im Süden ver - stimmen niüflen. Dazu regt sich die polnische und dänische Agitation und in Braunschweig die welfische Be- wegung stärker als je zuvor. Alle diese Mißtöne be - rühren um so unangenehmer, al# die Zeiten nicht danach angethan sind, um auch nur den Anschein einer Ver - minderung, nicht nur deS orgaiiifirten Zusammenhangs, sondern auch de# ZusammengehörigkeitSgesühl« der heut - igen Stämme anskommen zu lassen. Ans dem Gebiet der äußeren Politik liegen die Verhältnisse so komplizirt wie jemals seit dem letzten Kriege. Und Deutschlands Friedensmission ist nur zu erfüllen, wenn eS sich selbst stark genug weiß und vor Allem auch von Anderen dafür gehalten wird. Mehr aber, wie angenehm und nützlich ist, werden in der au#- ländischeuPrefle bereit# die oben angedeuteten Bekundungen eine# zentrifugalen SondergeisteS behaglich auSgesponnen; und eine durch die Wünsche beschwingte Phantasie Hilst weiter, um sich bereits in Vorstellungen von einem Verfall deS deutschen EinheitSgefühl# und der deutschen Volkskraft einzuwiegen." Wir Haden schon he# Oefteren ausgesührt, daß diese Situation lediglich der preußische Sondergeist ver- schuldet hat, jener Geist, welcher Deutschland für spezifisch preußisch-dynastische und junkerliche Jntereflen in Anspruch nimmt D -> beklagte., partklularistischeu Strömungen im Südei» ic. sind die ganz naturgemäße Jieaktion gegen die Gefahr der Berpreußung. Die Getreideernte, die sich in ben meiste« Theilen Deutschland# vorzüglich anließ, ist durch da# Unwetter und die Ueberlchwemmuugeu zum großen Theil stark gefährdet und jedenfalls in erheblichem Umfange qualitativ und quantitativ beeinträchtigt. Das Orga» des „Bunde# der Landwirthe" bespricht diese Lage, aber natürlich ohne zu verrathen, wie sehr die Folgen des Börsengesetzes die Preisbildung des Getreides beeinträchtigt haben. Das Blatt spricht nur von den verzweifelnden und unter der Noth zusammenbrechendeu Landwirtheu; Millionen würden noch verloren gehen, wenn sich nicht bald eine Aenderung vollziehe, und fährt dann fort: „Ist'# den» ein Wunder, daß der Laiidwirth, dem die Noth bis an die Kehle geht, der tagtäglich zu - sehen muß, wie feilte Hoffnung verdirbt und er - stirbt, von einem dumpfeu Gefühle der Empörung übermannt wird, wenn er hört, daß bei fröhlichem Mahle der Landwirth, der sich nicht selber zu Helsen verstehe, als unwürdig bezeichnet wird, den Namen eines deutschen Landwirthes zu süßten? Fürwahr, man muß diese Bitterkeit nachempsindeu können, wenn man sich in die Seelen derer hiueiuversetzt, die jetzt hüls- los der hereiubrechendeu Noth gegenübersteheu. Was wird man thun, nm solcher Noth zu wehre», um das zu wahre», was überhaupt noch zu wahren ist? Der Hochsommer hat die Abwürtsentwickelung der deutschen Landwirthschaft unheimlich beschleunigt. Es wankt und schwankt allenthalben. Halte man, was noch gehalten werden kann!" Wohlgemerkt: Das Blatt spricht hier von den Folgen des andauerndeu Regens. Man könnte feinem ganzen Ton nach glauben, es spräche über Dinge, die durch die Fehler der Gesetzgebung ober her Regierung herbeigeführt worben sind und bnrch diese geändert werden können. Die Landwirthschast ist vom Wetter abhängig und zieht das in Rechnung. Es gibt feine Macht, die gutes Erntewetter herdeisühren und das Auswachsen de# Getreide# verhindern könnte. Das Blatt vermeidet auch wohlweislich anzudeuten, was denn geschehen solle. Vielleicht der letzte berühmte Vorschlag des „Bundes der Landwirthe": Verbot der Getreideeinfuhr? Wie stände es denn dann, wenn die Ernte wirklich so schlecht ist, wie e# das Blatt übertrieben darstellt, um die Brotversorgung? Scharfe kritische Bemerkungen gegen die agrarische Agitation hatte die Handel#- und Gewerbekammer für Unters ran len in ihrem vor - jährige» Bericht gemacht, woraus der tinterfränkifche Laiidrath unter Führung de# agrarischen Häuptlings v. Thüngeit eine Protestkundgebung losließ und die Regierung aufforderte, der Handelskammer die Sub - vention zu entziehen. In dem letzten Jahres - berichte der unterfränkischen Handels- und Gewerbekammer findet nun die Anmaßung der Thüngen und Konsorten folgende treffliche Abfertigung: „Unsere Ausführungen Über die wirthschasiliche Lage im letzten Jahresberichte gaben der Majorität bei unter- fränkischen Lmibrathes Anlaß zu einer politisch gefärbten Kritik und zu einem verletzenden Versuch, durch Einfchränkunguuserer materiellen Mittel die Beschluß- und Urtheilssreiheit unserer Kammer zu unterbinden. Wir müssen gegen die beleidigende Zumuthu 11 g, daß unsere Berichte den politischen Ansichten einer zufälligen Lanbrathi-Majo- rität entsprechenb gehalten sein sollen, ganz entschieben p r 0 t e st i r e n. Die Art und Weise, wie dieser Maß. regelungSversuch eingeUitet wurde, und da# Gewaltmittel, den bisherigen Betrag des gesetzlich uns zustehenden Zn- schuffeS zu schmälern, richten sich nach unserer Meinung in ben Augen der Allgemeinheit von selbst. Wir sind nicht gewillt, dem Sensation#- und Agi- tationSbebürsniß derFührer dieserLand- rathSmajorität durch eine eingehende Darlegung unsere# Standpunktes nochmals Nahrung zu geben. Wir konstatiren vielmehr einfach, daß wir auf Grund der unS zugegangenen Einzelgutachten und nach freier Ueberzeu - gung eilten wahrheitsgetreuen Bericht für unser vorgesetzte#, hohe# k. StaatSministerium de# Innern erstattet haben, und an diesem unserem Recht und unserer Pflicht werden wir uns auch künftig durch keinerlei «Einflüsse hindern lassen." Die „NcmeiugcfShrlichkcif in Puttkamernn. Der königliche Landrath de# Kreises Gtolp, der Geheime RegicritiiqSrath Herr von P u 11 la me r, erließ am 28. b MtS. „portofrei laut AverS pp." ... an sämmt - liche Lehrer be« Preise#. I Nr 2758 II, folgenbc Ber- ügung: „NeuerbingS hat der Herr Richard Haffe Pier« el bst unternommen, vor Beginn bet von ihn, nrrengirten Versammlungen deS Bauernvereins Nord-Ost das „D e u t s ch e R e i ch S b l a 11" und den „B a u er n. freund" durch noch schulpflichtige Kinder vertheilen zu lassen. Ich kann hierin nur einen Mißbrauch der Schul - kinder zu gern eingefährlichen (ll) Zwecken er- blicken, da die veriheitten Schriften ohne Zweifel Auf - reizungen (l) der verschiedenen VolkSklaflen gegen- einander und auch oft B e r d ä ch t i g u 11 g e n der könig - lichen Behörden enthalten, und ersuche die Herren Lehrer recht dringend, diesem Mißbrauch der Schnljugend auf da« Entschiedenste entgegen zu treten. Es wird die» am zweckmäßigsten dadurch geschehen, daß jeder Lehrer, der von einer beabsichtigten Versammlung in seiner Ortschaft Kenntniß erhält, einige Tage vorher die Schulkinder auf die Möglichkeit, daß ber pp. Hasse auch an sie mit dem gleiche» Verlangen herantritt, nnfmertfam macht und ihnen untersagt, sich in irgenb einer Weise mit ihm einzulassen." Die genannten Blätter find Organe der „frei - sinnige 11 Vereinigung* und lasten an Mattigkeit nichts zu wünschen übrig. Der Herr Landrath hat de. kanntlich in Uebereinstimmung mit dem Kösliner Re- gieriings-Präsidenten ans Gnmd des nicht mehr zu Recht bestehenden § 10 deS Preußischen Preßgefetzes vom 12. Mai 1851 verboten, „ReichSblatt" und „Bauern- freunb“, in den Versammlungen des Bauernvereins Rordost zu vertheilen, weshalb dieselben durch^Boten in die Wohnungen der OrlSeingeseflenen geschickt werden müssen. BiSmartk und daS Zentrum. Dem Fürsten Bismarck schreibt die „Germania" für den gestern von unS anSzüglich mitgetheilten, gegen ba« Zentrum gerichteten Artikel der „Hamburger Nachrichten" die Autorschaft zu. „Es sind" — sagt ba# ultramwi- tone Blatt — „dieselben leitenden Gedanken, die Fürst BiSmarck in dem Kampf gegen ba# Zentrum stet# unb aDroege vertreten hat, und wenn die konservative Presse sich den Anschein giebt, ben unzweifelhaft vorhanbene» „Zug nach links" in ben Parteien nicht zu verstehen, anbererseits aber auf ba# natürliche Bünbniß zwischen Zentrum und Konservativen hinweist, so weisen wir daraus hin, daß dieselben Konservativen mit demselben Fürsten Bismarck stet« einig gewesen sind, sobald dieser eS für angebracht hielt, die Spitze seiner Politik gegen das Zentrum zu richten." Die „Germania" nimmt für ba« Zentrum bas Zeugniß in Anspruch, baß bostelbe häufig vom Fürsten Bismarck selb st zum sachlichen Beistanb in Anspruch genommen worben ist, unb daß es „lebigllch au# sach. lichen Rücksichten zum Wohle be# ganzen brutschen Vater. lanbeS" blesen Beistand in wichtigen polilischeu Fragen geleistet habe. Dann sührt sie ans : „Aus bie schmachvolle», hundert Mal wiederholte» Verdächtigungen des Zentrum# al# einer Partei, bie ihre Interessen mehr in „internationalen Beziehungen" als auf dem Baben de# beutfdjen Vaterlandes zu vertreten suche, gehen wir weiter nicht ein. Wir sinb vom Fürsten Bismarck stärkere Dinge gewöhnt und legen bie# zu ba» Uebrigen. „Die „Galvanisining deS Kartell#" ist heute ein noch aussichtsloseres Unternehmen als im Jahre 1890, ba« be» Fürsten BiSmarck, „weil nichts mehr gelang", au« seinem Amte entfernt hat. Die tiefgehenden wirthschastlichen Differenzen, welche alle Parteien nach ber Aussöhnung ber verschiebenen Jntereflen- gruppen schreien lassen, sind heute schärfer wie je und haben auf ben Gang unserer politischen Entwicklung einen unleugbar bestimmenden Einfluß gewonnen. Diese Spaltung ist eS, welche die „Hamburger Nachrichten" be - flogen, die sie aber mit bodenlosen Angriffen gegen ba« Zentrum als schuldigen Theil in majorem gloriam de# Kartell# nicht an# ber Welt schaffen werben." Schließlich werden alle treuen Katholiken ermähnt, „vor der unter dem Schlagwort: „Sammlung ber Par - teien" broheiiben direkten Gefahr für ba# Zentrum (wozu noch die konfessionelle Verhetzung befonbert zu rechnen ist), um so enger zusammenzuhalten unb alle mehr ober weniger nebensächlichen Differenzpunkte im Hinbllck aus bie bevorsteheiiben wichtigen Entscheidungen in den Hintergrund zu drängen." Des Zentrum# oft erprobte Wahlparole sei: „Einig, einig, einig I" Diese Parole siege znversichtltch. Fürst Btsiiiarck habe al# unbeschränkter Machthaber das Zentrum nicht „zertreten". Der Greis im Sochsenwalde werde es mit einem Zeitungsartikel auch nicht vernichten. Ei» Pertheldiger ber Heiligkeit bev Eigen - thums. I» einet bet letzten Sitzungen des u n • gotischen Abgeordnetenhauses warf Gras Alexander Karolyi der Regierung vor, daß sie in ihren Organen gegen die Heiligkeit de« Eigenthums an- stürmen laste und ein System des „legitimen Wuchers" begünstige, daS bie Gruubbesitzet benacbtheiligt. Die An - griffe auf die Budapester Geldmenscheii interesstren nn# hier nicht; desto mehr aber eine Enthüllung, die in Folge dieses Zwischenfalle# über die moralischen Qualitäten de« Grafen bekannt geworden ist Gras Alexander Karolyi, der Hüter reiner Moral, ist schon längst alS der ärgste Bode ii Wucherer bekannt, auf besten Gütern die Arbeiterverhältniste so elenbe sind, daß man ihn mit einem guten Theil der Schuld an dem Ernte streik belasten bars. Was für ein Subjekt bet noble Gras sonst ist, bezeigt folgende von dem Abge - ordneten Heltai, der auch Mitglied der Budapester Stadtrepräsentanz Ist, verbürgte Thatsache. Während bet Eholerazett hatte ber Minister be« Innern oie Stobt ge- drängt, ein Wasserwerk zu errichten, da# die ganze ffommüne mit gtfunbem Trinkwasser versorge» könnte. Aus eine Anfrage der Hauptstadt hatte ber Gras Alexander Karvlyi, auf dessen Gebiet bie ergiebigsten Quellen liegen, geantwortet, daß er mit Freuden feiner geliebten Batet- stabt fein Terrain zur Verfügung stelle, unb die gerührte Repräsentanz, ber Meinung, daß ber Immen# reiche Magnat Ihr die brachliegende Sanbfläche zum Geschenk mache, war sogar so weit gegangen, dem Herrn Grafen protokollarisch Dank zu votiren. Al# ober da# Wasser- werk fertig, da# ganze Röhrenney gelegt war und nicht mehr weggenommen werden konnte, forderte der patriottsche Herr Gras von der Hauptstabt für 218 Hektar Sanb - fläche, die von dem Jngenlöramt ans 120 000 fl taxiti wurde, nicht weniger al« da# nette Sümmchen von 2 162 118 fl. Und da# redet vom Wucher l Trotzdem kriecht da# ungarische Bürgerthum vor diesen adeligen Schmarotzern unb Betbünbet sich mit ihnen gegen da# gute Recht ber armen Bauern unb aufgebenteten Ar- bester 1 Der parlamentarische Bitrgerwehrkriea in der belgischen Kammer ist am Dienstag zu Ende gegangen. Der Reorganisations-Gesetzentwurf wurde mit 73 gegen 37 Stimmen angenommen, jedoch völlig ver. ändert und verstümmelt. Die Mehrheit hotte nicht den Muth, ber Regierung bei ben beanstandeten Bestimmungen einen kräftigen Widerstand zu leisten, zu- mal der Minister erklärt hatte, zu der Bestimmung über die Zusammenziehung ber Bürgerwehr verschiedener Ortschaften zu gemeinsamen Uebungen die Robinet#. rage zu stellen Die Mehrheit hatte vorige Koche die 'Bestimmung gestrichen, welche gestattete, die Wehrmänner jährlich ans zehn Tage zu Lagerübungen zu- sammenzuziehen. Da sand die Regierung den Ausgleich, daß sie ihre Forderung auf eine fünftägige Uebung beschränkte, unb vom Lager war keine Rebe mehr. Damit sand sich die Mehrheit ab. Zur Sache bemerkt eine Brüsseler Korrespondenz der „Köln. Zig." folgende#: „Der srlebsertig>u»botmäßige Bürgergardist wird auch bei einer fünftägigen Uebung, wobei die Leute Abend# wieder In ihre heimathlichen Quartiere zu entlassen sind, bleiben, wa# er war: ein ungeübter SonittagSfoldat Die Regierung hat somit ihren, von ihr selbst mit falschen Mitteln »er - folgten Zweck, die Bürqerwehr zur Landesnertheidignug geeignet zu machen, verfehlt, somit ist nach wie vor die Frage ber Heere#r«forin offen In Bezug auf letztere Frage gab bie Regierung gewunbene Erklärungen, au# denen nichts Deutlichere# zu entnehmen ist, al« daß sie sich genöthigt sieht, ihrer Mehrheit zu folgen. „Jed bin ihr Fübrer ba muß ich ihnen doch folgen", sagte jener. Die Mehrheit hat übrigen« dem Lanbe unnütz« Kosten erspart, bafttr auch bie Gleichheit vor bem Gesetze verletzt, insofern al# bie alte Regel beibehalten wstd, daß bie Bürgerwehr zur Aktivität nn Allgemeinen nur in ben Gemeinben mit 10 000 Einwohnern berufen werden soll, außerdem noch in FestungSrayon# unb wo sonst die Wahrung der Ordnung e# erfordert. Die Gefahr, daß bie 6oji allsten sich zum Wehrdienst amn eiben und da« gute Bürgerheer, wie sie selbst sage», verseuchen, ist nach wie vor vorhanden." Hoffentlich bringen e# unsere belgischen Genvflen zu einer recht gründlichen „Verseuchung". v. KlnS Holland ist zu melden, daß die befben Stichwahlen, an welcher Sozialdemokraten be» tpeiligt waren, zu Ungunften derselben aiilfielen. In Le »warben unterlag Dr. Bax, der sozialdrinvkra. tische Kandidat, mit 1668 bem liberalen Kandidaten, Pytlersen, der 1943 Stimmen auf sich vereinigte Im ersten Mahlgang hatte Pyttersen 1399, Dr. Bax 1081, Ban Münster (klerikal) 856, Middelkoop (radikal) 333 Stimmen erhaUeu. Bei ber Hauptwahl halte bekanntlich ber Sozialbeniokrat Troelstra gesiegt, der inbefleii in einem anbeten Streife bie Wahl aiinahm In Win. schoten erzielte unser bekannter Genosse Ban Kol 2100 Stimmen, währeub fein Gegner bei ber Stichwahl, bet Rabikale unb Schutzzöllnet Syben«, 2302 erhielt. Jin ersten Wahlgang hatte Syben« 1208, Ban Kol 1181, Gerritsen (radikal) 1050, Dyhui# (klerikal) 441 Stimmen erhalten. Auch in diesem Streife war in ber Hauptwahl Troelstra als Sieger hervorgegangen. NuS Belgien ausgewiesen wurde im Juli v. I. das englische Parlamentsmitglied Ben Till et. In Antwerpeit sollte» Berfauimluugcn zum Zwecke berOrgani* sinnig der Hafenarbeiter staltfiuden und u. A. war zweck# Agitation dafür auch Ben Tillet erschienen, aber ver- haftet unb „abgeschoben" worben. Wohl ober übel mußte bie englische Regierung bet öffentlichen Meinung Rechnung tragen unb bei bet belgischen Regiern »g Be- schwetde erheben. Die Verhandlungen sind jetzt so weit gediehen, daß Belgiens Regierung auf ba# Verlangen Englands hui sich bereit erklärt hat. den Fall durch Schiedsspruch entscheiden zu lassen. Der Munster bei Auswärtigen hat von ber Kammer die Eruiächtigimg verlangt, auf dieser Grundlage bie Differenzen zu be« gleichen. Es könnte nicht schaben, wenn die von ber Ham. bürget Polizeibehörde au« gleichem Anlaß ausge - wiesenen Engländer Tom Man unb Genossen eben - falls da# EntschäbigungSversahren pro - vozieren würden. Der Militarismus in Frankreich. Der Bericht über die Aushebung-operationen gestaltet, den numerischen Stand der französischen Wehrkräfte festzu- ftelleu. Da« stehende Heer, da« 603 000 Militärpersvueu aller Grade umfaßt, entläßt alljährlich 70 000 Disponible und 212000 Reservisten Die Disponiblen bleiben zwei Iahte lang in dieser Stellung unb können durch ein ein - faches Ministerialdekret zum aktiven Dienste herangezogen werben, so daß da# aktive Herr in Wirklichkeit 743 000 Soldaten zählt. Die Reservifteu bleiben zehn Zechte in ber aktiven Reserve, sechs Jahre in der Territorialarmee und sechs Jahre in ber Tcrritorialresetve. Wenn man von ber Giundzisser von 212 000 Man» ausgeht und für jedes Jahr einen Verlust von zwei Prozent in Abzug bringt, erhält man folgende Ergebnisse; 1887 000 aktive Reservisten, zehn Jahrgänge; 957 000 Territorialtruppen. sechs Jahrgänge, 847 000 Tertilatialreservisteu, sechs Jahrgänge. Fügt man zu diese» drei Elemeule» der französischeu Wehrkräfte bie 743 000 Soldaten und Dis - poniblen der aktive» Armee, so erhält man 4 434000 Kämpfer, die alle eine militärische Durch - bildung erhalten haben, zwei Drittel mehr al« ein Jahr, ein Drittel ein Jahr hindurch, abgesehen von der Weiter - bildung In ben Uebungsperioden der aktiven Reserve unb ber Territorialarmee. Es muß außerdem bemerkt werden, daß bie Mobilisituiig noch 25 Jahrgänge von 38 000 Mann in ben Hülfsdiensten, die nicht au#gebilb:t find, unb ferner 230 000 Rekruten de« nächst einzubetuseiideu Jahrgange# zur Verfügung der Milttärbehördeu stellen würde. Eine ungeheure miliiärische Krastanspannung, mit ber bekanntlich ber deutsche Militarismus beständig konkurrirt. Herrliche „Seguuitg" de# bewaffneten Frieden« I Im «uglischrn Untrrhause lenkte am 4. August gelegentlich der zweiten Lesung ber AppropriatiouSdill Courtney die Aufmerksamkeit ans die ttiinbiguug btt Handelrveettäge mit Deutschlaub unb Belgien unb bemerkte, seine Aeußerungen richteten sich nicht gegen die Schutzzollpolitik ober beren Noch. Wendigkeit überhaupt, aber e« würden dadurch im Aus- lande unb besonders in Frankreich große Mißver - ständnisse hervorgeruseii Die Kündigung der Bet- träge widerspreche bem System be« Freihandels nicht, noch könne sie zum Tarifbruch führe» Chamberlain et- klärte, der Zweck der Bemeikungen Eourtney's fei nicht klar. Die Kündigung bet Verträge fei ent - sprechend bem einstimmigen Wunsche bet Kolonien mit Selbstverwaltung erfolgt, die mit dem Vereinigten Königreiche unter Vorzugsbedingungen Haube! zu treiben wünschen. Die AdelSfrage erregt in Schweben und Norwegen recht lebhaft bie Gemüther. Es ist dort ba# Gerücht verbreitet worben, ber König beabsichtige aus Anlaß seine# im nächsten Monat ftaltfindenden 25jährigen RegierungSjubilännis eine nicht geringe Anzahl von hochgestellten Bürgerlichen in ben Adels- ftanb zu „erheben" Unter diesen Glücklichen nannte man mit aller Bestimmtheit den KonfeilSptäsidenten Boström, ben Gerichtspräsidenten Forsell, den General Gadd unb noch zwbls Andere Die Meisten derselben hätten indeffen, alS sie in Betreff der ihnen zugedachten „Erhöhung" sondirt wurden, zu verstehen gegeben, daß fie die ihnen zugedochte „6bre“ ablehnen müßten Die dortige Presse hat nun engefangen, sich mit der Angelegenheit zu beschäftigen, unb e« verdient hervor - gehoben zu werden, daß nicht nur die liberalen, sondern auch nicht wenige konservative Zeitungen sich mit aller Entschiedenheit gegen solche „Erhöhungen" au«, sprechen. „Wie die Adelserliöhnugen ihre Zeit gehabt haben," sagt eine dieser Zeitungen, „so wird auch die Zeit kommen, wo ein Titel ohne entsprechende Wirk - samkeit den Inhaber unwiderstehlich lächer- l i ch machen wird, aber bie Zeit ist noch nicht ba, und noch in diesem Augenblicke kann der König von Schweden die Staatsbürger auSzelchnen;