Nr. 217. 11. Jahrgang. 7- -7 tust:. TT^;TaÄQ^-nMri3w^3Fgearx*i • "? • Mmwwxuarv. - " Da» „Hamburger Echo" erfd>cint täglich, außer Montag». Der Abounemcntsprriö (iuN. „Die Neue Weit") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de» Post - katalogs 3108) ohne Bringegeld vierteljährlich 4,20; durch die Solportöre wvchentl. 36 frei in'» Haus. Einzelne 'Jiumnter 6 a&. Sonntags-Nuinmer mit illnstr. Sonntags-Beilage „Die Reue Welt" 10 -H. Verantwortlicher Redaktdr: Gustav WaberSky in Hamburg. Freitag, den 17. September 1897. Anzeigen werden die sechSgespaltrne Petitzeile oder deren Raum mit 30 -H, für den Arbeitsmarkt, Ver- miethuugö- und Familieuanzcigen mit 20 berechnet. Auzeigeu-Annalime in der Expedition (bis 6 Uhr Abds.), fowie in fämmtl. Annoncen, Bureau». Redaktion und Expedition: Große Theaterstratze 44 in Hamburg. Vov der Wkltbllhlle, Sozialdenlokratislher Parteitag i« Hmbyrg befindet sich ganz in der Rahe die Nach Lage der (io. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) mein sauer ErfparteS in den sonstige Zuschriften find beim Hamburg-Eimsbüttel, Bismarck- d i e Ausstellung e n in Aussicht zu nehmen. Balentinskanip 40 —42, deS EmpfangslvkalS. Anmeldungen und Genossen G. Blume, praße 10, zu machen. Dor Lokakkomite. I. A.: G. Blitme. Fort mit der grauen Theorie l Sagt Protzer arrogant. Du redest Unsinn: Grün ist sie, Doch grau ist dein Verstand. Die Fledermaus uud der Kauz verwüilschien um Wette die Sonne, deren Erscheinen am Horizont Milliarde. E« ist nur zu wünschen, daß sich der Reicht- tag um das .nüchterne Urtheil der Fachn^nnkr" mdgltchst wenig kümmert, desto mehr aber sich den Schutz des Geldbeutel« der Steuerzahler angelegen sein läßt. werthes unserer Flotte liegt es, daß ein einheitlich bindender Plan geschaffen wird. glauben, daß ich Ihnen Rachen werfen werde?" Herr Bogel macht Gesicht. ,Ju den Rochen?* da» Börsengesetz ganz durchgesührt werd«, daß die Grenze» gegen die Biehseucheneinschleppiing gesperrt werden.' Weiter fordert da» Bundesblatt Aenderung des Ge - setzes über den unlauteren Wettbewerb, Besteuerung der Großlager und Waarenhüuser x Dann heißt es zum Schluß: .Das Eine wissen wir, daß, wenn die Regie - rung bet schönen Worten bleibt und auch ferner Thaten vermifien läßt, ihre Sammlung»« bestrebungen von vornherein wenig Aussicht auf Erfolg haben. Der Mittelstand schaut immer noch mit einem gewissen Vertrauen auf die neueste Entwicklung der Regierung Damit das Bertrauen aber bleibe und stark werde, dazu sind greifbare Thaten und durchschlagende Maßnahmen nöthig. Was bisher ge - schehen ist, genügt in keiner Weise Da» ist nicht» — sogar weniger al» nicht». Unsere Mahnungen mögen unbequem sein; aber ein wenig Unbequemlichkeit ist immer noch besser, als eine sichere Niederlage." Die „neuen Minner" müßen sich also beeilen mit ihren Thaten, wenn sie nicht die Gunst der Plötz und ikousorlen verlieren wollen Wahrscheinlich wissen sie aber selbst noch nicht, ton» sie thun sollen resp, dürfen, sintemalen noch Niemand weiß, wer demnächst der eigent - lich leitende Mann sein wird. Und so auf eigene Faust loszuwirthschasten, dürfte ihnen doch etwa» bedenklich erscheinen. Ueber daö Verhalten der Freist«»ige« zu audereu Parteien bei den Wahlen hat der frei- sinnige Parteitag in Nürnberg folgende Bestimmungen getroffen: 1) Auch in solchen Wahlkreisen, In welchen die Partei unter den gegenwärtigen Verhältnissen noch keine Aussicht hat, obzusiegen, ist gleichwohl zunächst MuttersoHn. 91 o m a ii von Arthur Zapp. Rachen I Hab' ich Ihrem Sohn nicht da» Geld gegeben baut aus den Tisch? Hat er es nicht verwendet für sich ?' Die Fäuste de» alten Köster ballen sich, seine Augen sprühen Zoruesfiinken. Der alte ruhige Mann ist wie umgewandelt. Jeder Nerv, jede Fiber in ihm bebt vor wüthender Erregung. „Wer heißt Sie," schreit er, »den Leichtsinn de» Burschen mit Ihrem Geld nuterstützen, obgleich Sie doch wissen, daß er noch nicht» verdient, keinen Pfennig? Sehen Sie zu, wie Sie wieder zu Ihrem Gelde kommen. Bon mir kriegen Sie nicht, nicht soviel." Er schnippst mit seinen Fingern und dreht dem Gelbverlecher den Rücken und beginnt, mit stürmischen Schritten in der Stube auf und abzngehen Herr Vogel sieht sich fragend, ängstlich um. Aber „^trachte «urVermst «ndWellsW! Das Lokalkomite in Hamburg ersucht die gewählten Delegirten und sonstigen Theil - nehm c r am Parteitag, umgehend M i t th eilung zu machen von ihrer Wahl resp, ihrer Theilnahme, damit e» in der Lage ist, sür genügende und an»reichende Quartiere Sorge zu tragen. Auch diejenigen Geuoffen, die durch persönliche Verbindung bereit» Quartier in Hamburg bestellt haben, wollen nicht nnkerlaffen, die Anmeldung zn bewirken, damit das Lokalkomite nicht unnützerweise Qnartier bestellt. Weiter werden die Delegirten und die sonstigen Theilnehmer am Parteitag daraus aufmerksam gemacht, daß an allen Bahnhöfen von Sonnabend, dem 2. O k t o b e r, Mittag» an Geuoffen zugegen sind — erkenntlich an rother Schleife —, die die Theilnehmer nach dem EmpfangSIokak „Lcssinghallc" am Gänsemarkt 35 führen werden. Im eigenen Interesse der Delegirten und sonstigen Theilnehnier wird bemerkt, daß sie bi» Bahnhof „Dammthor" zu fahren haben, von wo das Empfangslokal nur eine kurze Strecke — etwa 5 Minuten — entfernt liegt. Im Empfangslokal werden die L e g i tim a kion»> und Quartier karten ansgegebeu. Da« Lokal des Parteitages, „Tüige'S Etablissement", Tie Passivität der „neuen Männer" macht die Agrarier ungeduldig. Was nützt es ihnen, daß die Herren von Bötticher und Marschall gegangen worden sind, wenn die Nachfolger nicht endlich Anstalten machen, da» Rusen der Agrarier nach den „großen Mitteln" zn erhören Sie wollen Thaten sehen, Thaten, die erneut Geld in die junkerlichen Benkel bringen, damit, wie die agrarische „DeuischeTagesztg " anjführt, „das VertranenS- pflänzlei,!" nicht verkümmere. DaS Bündlerblalt erklärt: „Daß die Regierung sich in den letzten Wochen stark lind zielklar, kraftvoll »nd entschieden bewiesen habe, kann ihr selbst der lohalste ll n t e r t h a n nicht n a ch s a g e n , ohne mit der Wahr - heit in Gegnerschaft zu gerathen Die Nankee» haben den Zollkrieg vom Zaune gebrochen. Was haben wir dagegen gethan ? Wir haben zwei papierne Berwahrungen eingelegt, sehr ernst, sogar ein wenig drohend; — aber gethan haben wir nichts . . , Es wird unseres Erachten» die höchste Zeit, daß die Regierung jene Eigeiischaften zeige, die bisher vermißt worden sind. Wir fordern nichts Unmögliches, sondern stehen auf dem Boden der ge - schloffenen Handelsverträge nnb auf dem Boden von Mehrheitsbifchlüffen der Volksvertretung, wenn wir ver - langen, daß die gemischten Transitlager und die Zoll - kredite aufgehoben werden, daß da» Ansbeuterverhältniß bei der Mehlanssiihr eine Regelung erfahre, die die Ein. fuhr fremden Getreide» nicht mehr begfllistige, daß endlich Tie nächste ReichstagSsefsiott wird schon da- durch, daß sie die letzte vor den Wahlen ist, eine erheb - liche Bedeutung geroiitnen, weil die Verhandlungen der letzten Session natiirgemäß aus die kommendeii Wahlen am meisten eiutoiilen. Wenn es richtig ist, was offiziöser- feit« verkündet wird, daß das Arbeitspensum de» Reichs- tage» nach Möglichkeit beschrankt werden soll, so scheint die Regierung damit erreichen zu wollen, sich so kurz vor den Wahlen recht wenig Blößen zu geben. Die auSgisprochen reaktionäre Stiömung in der Regierung kann selbstverständlich nur reaktionäre Gesetze und Maß - nahmen gebären ; die Männer in der Regierung fühlen aber offenbar selbst, daß sie sich damit bei den Wahlen da» Konzept verderben. Mau kaun da» al» unfreiwilliges ZugestSndniß ansehen, daß die Regierungspolitik im be - wußten Gegensatz zum allgemeinen Volkswillen arbeitet. Ginge e» nach dent Willen der Minister allein, so würde man vermuthlich den Reichstag so kurz vor den Wahlen auch mit neuen Forderungen für Militär und Marine verschonen. Aber hier gebietet ein höherer Wille, dem zu widersprechen die Minister kaum den Muth haben werden, selbst wenn eine für die Regierung möglichst günstige Gestaltung der Wahlen in Frage steht. Im Allgemeiue» wird die Ankündigung, daß die nächste Session nicht mit allem Möglichen bepackt und überbürdet werden soll, mit Genugthuung und einem Be - fühle der Erleichterung ausgenommen. Es war auch in der That des „Guten" etwas zu viel, was in den letzten Jahren geleistet worden ist Und das Volk kann sich nur grotiitiren, wenn heute nicht viele Gesetze ge- macht werden, weil der Einfluß de» reattioiiänn Geistes nur b i e Dinge verschlimmert. Sind also dem Reichstage keine großen Ausgaben zugedacht, so würde das ja erklären, daß man, wie offi - ziös verkündet worden ist, ihn erst verhältnißmäßig spät einberuft. Trotzdem ist jedoch, wie dem „Hann. Cour." aus Berlin geschrieben wird, mit einer frühzeitigen Einberufung des Reichstages zu rechnen. Sie sei sogar wahrscheinlich. Da» nationalliberale ®Iatt begründet da» wie folgt: „Denn obwohl sich die Regierung mit der Termin - srage noch nicht beschäftigt hat, ist innerhalb des Mini - sterium» eine Strömung vorhanden, die den baldigen Zusammentritt des Reichstages und möglichste B e- ! ch k e u n i g u ii g der Arbeiten in der Absicht be - fürwortet, daß die Neuwahlen zum Reichstage womöglich schon Ende April stattfinden könne H. Gewiß läßt sich der Etat bis etwa zum 20. März erledigen, wenn die Regierung im Borlegen sonstiger Ge>etzeulwürfe weise Maß hält. Ob der Reichstag dann geschloffen ober, weil fein Mandat noch nicht ab- gelaufen ist, aufgelöst wird, bleibt sich gleich. Jedenfalls wird aber der nengewähkte Reichstag noch im Frühjahr zu einer Tagung eiiiberiifen werden; ob zu einer kürzeren, die nur der Bestimmung der Berfaffiiug Genüge leistet, wonach der Reichstag innerhalb so und so vieler Wochen nach feiner Wahl eiubernfen werden »>»ß, oder zn einer längeren, jn der wichtige Entschei - dungen fallen könnten, das dürfte natürlich von der Zu- fammciisetzuitg des neuen fiaufeg abhängen." Wenn diese Angaben richtig sind, so könnte man annehmen, daß die offiziöse Anknndignng vo» der späteren Einberufung nur den Zweck habe, die Parteien in Sicherheit zu wiegen, nm den Beginn der Wahlbelvegung möglichst lange hintanzuhalieu. Für die beabsichtigten neuen Mariiieforde- rnngen wird schou Stimmung zu machen versucht. Die „Marinepolitische Korrespondenz" schreibt: „Bevor der neue Marine-Etat den Bunde»rath pasfirt hat, ist übet seinen Inhalt selbstverständlich Bestimmtes nicht zu sagen. Als sicher kann indeffen gelten, daß das Personal und die Bauten, welche zum Ausbau unserer Flotte erforderlich find, in dem Umfange beantragt werden, wie es den militärischen, politischen und namentlich den wirthschast- lichen Verhältniffen des Reicher entspricht. Dabei wird eine möglichste Vereinfachung der zur Zeit bei uns noch sehr verschikdenen SchissStypen, von denen sich mehrere durch die Erfahrung als überholt erwiesen haben, aiijusirebeii fein Zm Interesse eines billigen Banes wie rechtzeitiger Wiederherstelliuig des seit geraumer Z it unbestreitbar verminderten Kriegs- und Friedens- Der kapitalistische Klassenstaat preußischer Spiel - art stiebt sich redlich Biühe, seinem Vorgänger, dem feudal-klerikalen Staat, immer ähnlicher zu werden. Wir haben schou früher einzelne Züge hervor - gehoben, die beide mit einander gemein haben, so namentlich den Fanatisinns, die Ketzerverfolgunz des Mittelalters, die in der niodernen Soziakistenhetze in flotter Neuauflage erscheint. Die Geringschätzung und Herabsetzung der Wissenschaft ist ein weiterer Zug, der sich in seiner Physiognomie immer schärfer ausprägt. Der moderne Klerikalismus geberbet sich zwar nicht uiehr so wissenschaftsfeüldlich wie ehedem. Er zieht im Gegentheil vor der Wiflenschaft den Hut. Solveit sie aber der Kirche in die Quere kommt, erklärt er, das sei gar nicht die echte, sondem eine Afterwissenschaft; die echte Wissenschaft sei vielmehr die gläubige, die jesuitische. Er sagt mit der Hexe im Faust: „Die hohe Kraft der Wissenschaft, der ganzen Wett verborgen! Uud wer nicht denkt, dem wird sie geschenkt, er hat sie ohne Sorgen." Der Kapitalisntus Stninm'scher Färbung und der Borussianismus sehen ihre Zirkel nicht minder von der Wissenschaft gestört. Sogar die bürgerliche Wissenschaft, soweit sie sich nicht zur Dirne der herrschenden Gewalt prostittiirt hat, kann in das Horn des gegenwärtigen Kurses nicht blasen und muß manche Forderung der sozialdemokrattschen Arbeiterbewegung als gerecht anerkennen uiib unter - stützen. Das Manchesterthnm schwimutt in seinem Blute uud sogar der Züricher Wolff hat noch nicht den Versuch gewagt, es wieder zum Leben zu er - wecken. Die Kathedersktzialistenhetze hat Fiasko ge - macht. Was bleibt also übrig, als die Wissenschaft überhaupt für inkompetent, für unzurechnungsfähig zu erklären? „Die Entscheidung in solchen Fragen der praktt- schen Politik steht in keiner Weise der Wissenschaft |u," orakelt die „Nordd. Allgem. Ztg." in ihrer! Beklemmung ivegen der demnächst stattfindenden; Generalversammlung des Vereins für Sozialpolttik, und fährt fort: „Die Frage, wie viel Freiheit den Bürgern eines bestimmte» Staatswesens oder einer Kategorie derselben gelassen werden samt (das Koalitionsrecht ist gemeint), ohne daß durch Miß- Viur Baukcrottcrklärnng des Handwerk- kommt an» zünstlerifchkn Kreisen Ohne e» zu wollen, erklärt die „Deutsche Haubwerker-Zeitung', daß eS mit dem handwerksmäßigen Betriebe zu Ende Ist und die kapitalistische PrvdicktioiiSform allein sich halten sann. Ein Rechtsanwalt Berg hat Über die „Nutzbarmachung der Handwerksorganisation für die wirthfchaftliche Hebung deS deutschen Handwerks" einen Bortrag gehalten, welcher in dem Organ der Zünftler abgedruckt wird. Da die Konservativen auch stark auf Handwerkerstimmen spekuliern, behandelt die „Kreuz-Ztg." den Bortrag !n einem Leit- axtitel, dem wir Folgende» entnehmen: „Des Weiteren wird sodann aus die Nothlage bei Handwerks eiiigegaugen, wie sie entstanden ist, wie ihr die Liberalen scheinbar steuern wollen und rote in der That ihr zu steuern ist. Er (Berg) kommt zu dem Er - gebniß, daß dem Handwerkerstand nicht anders geholfen werden könne, al» daß man ihm die technischen u n d k a u s m ä n u i- schen Hülssmittel derGroßbetriebe leicht zugänglich macht. Seine weitere Losung für da» Agitationsprogramm zu Gunsten des Handwerks ist „Organisation und Geld". Damit diese Losung in die That umgesetzt werde, fordert er, nachdem er bestimmt für die Zwangs-Inn nagen eingetreten ist, zur Lösung der Geldfrage dreierlei: 1) Weitgehendste Kreditgewährung der Zentral-GenossenschastS-Kasse an die von den ZwangSiniiungen empfohlenen Haudwerker-Berband»- genvffenfchaften. 2) Errichtung einer besonderen Abtheilung dieser Kaffe, ausschließlich für handwerkliche» Genossenschaft» wesen. ein beleidigte», geärgerte» fragt er. „Wieso in den ihnen so iinwillkontmen, und priesen und feierten den Mond. ,D ihr dummen Geschöpfe," rief ihnen die Drossel zu, „was wäre denn der Mond ohne die Sonne? Er empfängt ja von ihr all sein Licht." Aber von der Bedeutttng der Wissenschaft für die gesammte Praxis im Geschaftsleben selbst hat der „praktische" Geschäftsmensch gewöhnlichen Schlages so wenig Verständniß, wie der Taube von der Schönhett einer Beethoven'schen Symphonie. Er weiß nicht, daß die Wissenschaft das, was er praktisch nennt, richtig stellt, korrigirt unb erweitert. Ihr Gesichtskreis beschränkt sich nicht auf das un - mittelbar Gegebene, auf ein Fragment, einen Aus« schnitt; ihr Horizont ist wett, sie zieht die ge« sammten Beziehungen einer Sache in Betracht und Berechnung und zieht daraus ihre Schlüffe für die Praxis. Und außerdem verfiigt sie über die Summe von Erfahrung, die sich im Verlauf der Geschichte aufgespeichert hat. Dadurch ver - meidet sie die Fehler bet theorielosen Praxis und läßt sich nicht von den Irrlichtern der Oberflächlichkeit aus Abwege fiihren. Die gescheidtesten „Praktiker" im Privat- und Geschäftsleben haben schon die gröbsten Böcke geschossen, weil sie die Führung der Theorie und ihrer Ergebniffe verschmäht und sich auf ihren „praktischen" Blick verlassen haben; genau so wie die „Realpolitiker", die Staatsmäimer ä la Bis - marck, die sich über die Prinzipien Hinwegsetzen und von der Hand in den Mund leben. Wenn Bismarck nicht als bornirter Praktiker gehandelt hätte, nach dem Rezept der Norddeutschen, hätte er nicht die' Dummheit des Kulturkampfes begangen, die richtig dahin geführt hat, daß das Zentrum heute eine so große Machtstellung behauptet. Vom Sozialisten - gesetz und anderen Dingen gar nicht zu reden. „Verachte nur Vernunft und Wissenschaft, des Menschen allerhöchste Kraft, laß nur in Blend- und Zaubcrtverken dich von dem Lügengeist bestärken, so hab' ich dich schon unbedingt." Das Wort Hingt wie gemünzt auf den Stumm'schen unb Lauser'schen Kurs. Nur immer hübsch praktisch fortgewurstelt und dem Krach zugesteiiert. Zum Glück ist die Sozialdemokratie auf dem Plan, die diesen mephistophelischen Kurs kreuzt. brauch dieser Freiheit das Gemeinwesen geschädigt wird, kann nun und ninmiermehr von der Wissen - schaft beantwortet werden. In konkreten politischen Fragen entscheidet immer nur der scharfe Blick und der gebietende Wille des Staatsmannes. Nichts Anderes." Bunnnl In dem Ton geht's weiter unb zum Schluß drückt das hoftäthliche Lauserblatt seine zarte Sehnsucht nach einem Maulkorb für die Wissenschaft aus: „Es wäre gewiß zettgemäß, wenn vom staatlichen Standpunkt aus versucht würde, für die Berechtigung der abstrakten Wissenschaft eine er - kennbare Grenze festzustellen." Ungefähr sagt das der Gröber auch. Neu ist die Melodie ja nicht. Der „praktische" Geschäftsmann sieht mit nicht geringem Ueberiegen« heitsgefiihl aus die „impraktische" Wissenschaft unb ihre Vertreter herunter. Ihm imponttt ja nur, was Gelb, viel Geld abwttst, „praktisch" ist sein Lieblingswort, und was man nicht direkt in Profit umsetzen kann, heißt ihm „unMktisch". Gern zitirt er sein „Grau, theurer Freund, ist jede Theorie uud grün des Lebens gold'ner Baum". Daß Goethe dieses Wort dem Teufel in den Mund legt, der den Denker von den lichten Höhen des Wissens in den Morast hernnterziehen will, daran denkt der „ge - bildete" Mmm der prosithungrigen Praxis ebenso wenig, als es seiner kapitalistischen Stupidität ein - fällt, daß die ganze kapitalistische Herrlichkeit nicht vorhanden wäre ohne die Wissenschaft,' daß die gesammte Probuktionstechnik wie bas moderne Ver - kehrswesen der Wissenschaft zu verdanken find unb in allen Adern des modernen Lebens die „graue* Theorie rinnt unb pulst. Sofern in solchen Wahlkreisen nahe stehende Par- teieu die Unterstützung ihrer Kandidaten im ersten Wahlgang in Anspruch nehmen, soll im Ein - vernehmen mit derZentralleitung augestrebtwerbe», daß die betreffenden Parteien in bestimmten anderen Wahlkreisen sich zu einet eben solchen Unterstützung der dortigen Kandidaten der Freisinnigen Volll- partei im ersten Wahlgang verpflichten. 2) In gleicher Weise soll bei Stichwahlen ver- fahren werden. Verabredungen vor der Haupt- wahl zur gegenteiligen Unterstützung bet der Stich - wahl in demselben Wahlkreise sind möglichst zu vermeiden. 3) Fall» bei Hanplwahlen oder Stichwahlen eine Unterstützung verschiedener Parteien In Frage kommt, ist die Unterstützung demjenigen Kandidaten zu gewähren, dessen Wahlerfolg vom Standpunkt der Freisinnigen BolkSpartel al» voriheilhaster erscheint. 4) Eine Unterstützung von Kandidaten, welche über ihre eventuelle Parteistelliing im Reich-tag keine bestimmte Erklärung abgeben oder er - klären, im Reichstag sich keiner Partei an« schließen zn wollen, ist nach Möglichkeit yi vermeiden. 6) Bei Veriinbarnngen mit anderen Parteien in den Wahlkreisen, wie sie sich zur Herbeiführung Volk», thümlicher Wahlen ergeben werden, ist zur Wahrung bei GesammtinteresseS der Partei die Zentralleitung nach Möglichkeit zuzuziehen, besonder» in den Fällen, in denen ausnahmsweise einer anderen Partei eine Unterstützung ohne Gegenleistung ge - währt wird. unschönes Gesicht und macht cs noch abstoßender al» e» schon ohnedies ist. „Wie?" ruft er, scheinbar sehr erstaunt und sehr entrüstet. „Sie wolle» Ihren Sohn im Stich lassen. Sie wollen ihm feine ganze schöne Karriere verpfuschen?" Der Alte starrt ihn ziisammenschrcckend, verständnißlos an; Karl macht unwillkürlich einen Schritt auf ben Sprechenden zu. Frau Köster beherrscht ihre Schwäche unb wendet sich, indem sie im Stillen die ihr zu Gebote stehenden Mittel Überschlägt, mit der schüchtern gestam - melten Frage an den Geldmann „Wieviel ist e» bemi ?* Herr Bogel kehrt sich sogleich mit freundlichem Grinsen zu der Fragenden um und höflich dienernd, er- widert er: „Dreitausend Mark, nur breitaufenb Mark, meine verehrte, liebe Frau Köster." Frau Köster taumelt zurück; sie wäre zu Boden ge - sunken, wenn Helene Zimmermann nicht rasch einen Stuhl herangeschoben und die Wankende daraus hätte nieder sitzen lassen. Karl schlägt seine Hände ineinander mit einer Geberde de- Entsetzen». Der alte Köster stößt einen un- arlitulirten Schrei au«, dem ein gellende» Anflachen folgt. „Nur dreitausend Markl" schreit er. „Uud Sie Herr Vogel au» der Jägerstraße nickt. „Habe die Ehre," sagt er und seine Luchsaugen bemühen sich einen wohlwollenden Ausdruck zu zeigen. „Ich kann Sie nur »u einem solchen Sohne beglückwünschen," fährt er fort und sein Oberkörper macht eine sich neigende Bewegung nach Frau Köster hin. „Ein talentvoller junger Mann, ein kluger, eiu fleißiger junger Mann und wie ich höre, steht ihm eine große Zukunft bevor." Frau Köster ist ganz aufgelöst in Wonne und Glück. Ihre freudige Erregung möchte sich irgendwie Lnfi machen Sie erwägt, ob sie dem Fremden nicht ein 0lä#tf)en von dem Weine, den ihr der Arzt zur Siärknng verordnet hat, aiibielen soll Sie preßt die Hand Helene Üimniernianns, bie sie noch immer tu der ihren festhält, i c it'uswendung, die auf das junge Mädchen eiue fast schmerzhafte Wirkung ausübt. „ , 'glichen Köster machte dar geschmeichelte VateigesÜhl warm und auch bett jungen Mann am Fruster durchichauert ein angenehmes Gefühl al» Bruder des Belobten. „Sie haben wohl mit meinem Sohn amtlich zu thun?" wagt Vater Köster zu fragen, der endlich gar zn gern wissen möchte, was den geheiinnißvollen Fremden zu ihm führt unb der in ihm einen Vorgesetzten Ottos «der eiue ähnliche Respektsperson vermuthet. „Amtlich?" Ein flüchtiges, hartes Lächeln zuckt um die Mundwinkel Herrn Bogels Er fährt mit einer un - willkürlichen Bewegung seiner Rechten an die Brusttasche seine» RockeS. „Amtlich? Nein I Ich stehe mit Ihrem Herrn Sohn nur in geschäftlicher Verbindung Der Herr Referendar beehrt mich mit seiner Kundschaft Mein Gott" — die Gesichlsjüge de- Fremden verzerren sich zn einem Grinsen — „Sie wissen ja, wie die jungen Herren fiiib. Eiu Bischeu leicht sind sie je alle unb Geld brauchen sie Immer Aber schadet nicht, wenn nur etwa» Tüchtige» nachher an- ihnen wird. Und anS Ihrem Sohu wird mal' ne Exzellenz. Daraus gebe ich slimen Brief unb Siegel." Niemand erwidert seine Blicke mit dem erwarteten trö - stenden Zublinzeln. Aller Augen wurzeln am Boden. Sein Gesicht färbt sich aschgrau, seine Züge verzerren sich in Wuth unb Haß. „Gut l* sagte er und steckte die beiden Wechsel in seine Brusttasche. „Wenn Sie 'S denn durchaus nicht anders wollen, wenn Sie denn kein Mitleid haben mit Ihrem eigenen Sohn — gut l Aber da» sage ich Ihnen, wenn ich mein Geld verliere, so soll auch Ihr Sohn d'ran glauben. Darauf können Sie sich verlassen." Er zeigt eine drohende, rachsüchtige Miene Der alte Köster macht eine abwehrende, geringschätzige Hand- beroeguug. Frau Köster sieht zu dem Geldmann mit einem Gesicht aus, In dem sich eiue unaussprechliche Angst malt. Ihre Hände ruhen gefallet in ihrem Schooß, au» ihrer Brust ringen sich keuchende, würgende Laute herauf. „WaS meinen Sie damit?' fragt Rad Köster und runzelt feine Stirn. „Wa- ich meine ? Sehr einfach. Wenn ich nicht mein Geld erhalte innerhalb viernndzwanzig Stunden, so geh' ich zu feinet Exzellenz dem Herrn Präsidenten des Kammergerichts und lege ihm bie Wechsel vor und erzähle ihm, daß ich beschwindelt, daß ich geprellt bin. Und bann — wissen Sie, was dann geschieht? Ihr Bruder ist noch nicht augestellt, Ihr Bruder ist noch kein Beamter; ohne Weitere«, ohn^DiSziPlinaruntersiichung, einfach durch eine Verfügung de» Herrn Präsidenten wird Ihr Bruder entlassen, mit Schimpf und Schande davongejagt. Die ganze schöne stolze Karrivre ist futsch. Zum Assefsorexamen wird er überhaupt gar nicht mehr zugelasseu. Daun kann er zu einem Rechtsanwalt gehen und Schreiber werden, ober er thut sich al» VolkSanroalt auf, al» Winkeladvokat und fetzt Hagen auf für Zivil. Prozesse, fünfzig Pfennig da» Stück, fünfzig Pfennig 1 Da« ist baun da» Ende vom Liede, eine verpfuschte Existenz. Ein elender Hungerleider wird er bann, der stolze Herr Referendar, weil sein Vater ein Rabenvater ist, der kein Herz hat für feinen Sohn " Der alte Köster unterbricht feinen Gang unb schüttelt die geballten Fäuste gegen den Geldleiher (Serifet«16 fol*) „Was ich will?" Der Sprechende zuckt mit den Achseln unb in seinen Luchsaugen züngelt ei. „Ich möchte Sie höflichst ersuchen, hier die beiden Akzepte Ihres Sohne» gefälligst einzulösen." Der Alte fitzt noch immer regungslos unb blickt starr ans die Blätter in seiner Hand. Sein Gesicht hat sich völlig entfärbt, er ist blaß bi» in die Lippen. Frau Köster hat zwar nur einen sehr unklaren Begriff von der Bedeutung eines Wechsel», aber sie weiß, daß ein Wechsel unter Umständen ein gefährliches, bedeutungsschwere« Dokument ist, das zuweilen schon eine ganze Familie zu Grunde gerichtet hat. Sie zittert am ganzen Körper und hält sich mit der einen Hand am Kleide des neben ihr stehenden jungen Mädchen« fest, da» unwillkürlich seine Arme schützend und unterstützend um die Taille der kleinen schwächlichen Frau schlingt. Karl Köster beugt sich vor unb siebt seinem Vater über die Schulter. „Da» ist ja gar kein Akzept meine» Bruder»," ruft er und sieht mit nicht grabe freundlichem GesichtSauSdruck zu Herrn Bogel hinüber. Aber dieser läßt sich nicht au» feiner sicheren Haltung bringen. „Ihr Herr Bruder hat giritt," erklärt er. „Akzeptirt bat Herr non Markwald. Faul die ganze Familie I Kein Geld zu haben weder vom Sohn noch vom Vater. Hätt' ich mich nur nicht eingelassen mit diesem Herrn von Habenichts I Sie, Herr Köster, Sie sind ein einfacher Mann, aber Eie sind ein anständiger Mann und Sie haben Ihren Sohn lieb und Sie werden mir zahlen, was mir der Herr Referendar schuldig Ist", Vater Köster macht eine Bewegung mit der Hand, al- wolle er die Wechsel wüthend zusammenkuülleu, aber er besinnt sich noch rechtzeitig und begnügt sich, die Un» gtückspaplere dem freundlichen Geldverleiher zornig In den Schooß zu werfen. „Nichts bezahle Ich, keinen Pfennig bezahle Ich," ruft er bebend vor Erregung und fein noch eben bleiche» Gesicht färbt sich in einer Sekunde dunkelroth. Herr Bogel bückt sich hastig und rafft die Papiere, die zu Boden geflattert sind, mit ängstlicher Sorge wieder auf. Ein häßlicher Ausdruck von Merger und Angst blitzt in feinen grauen Luchsaugen auf und zuckt über fein und grundsätzlich eigenerSanbitiat Stimmung int Lande ist anzuttehnieir, daß den Schwer - punkt für die Berathungen das nüchterne Urtheil von Fachmännern, welche die Vorlage zu be. gründen haben werden, bilden wird, und daß im Reichs - tage eilte Mehrheit für begründete Forderungen sehr wohl vorhanden fein wird. Daß die Forderungen nicht über da» Maß de» erwiesenermaßen Nothwendigen hinanSgehen, kann als zuverlässig bezeichnet werden " DaS ist zwar erst eine zarte Andeutung, die jedoch erkennen läßt, daß die Absicht besteht, etwas Erkleckliche» zu fordern. Daß man sich auf das „Nothwendige" be - schränken wolle, ist eine nichtssagende Phrase; die „nüchternen Fachmänner" haben noch jede Marine- forderung al» nothwendig erklärt. Das wird heute schwerlich noch Jemandem imponiren. Wenn e» nach den Herren und ihrem Urtheil allein gehen würde, säßen wir mit unseren ReichSschnlden schon hoch in der dritten Deu Konflikts- und CtaatSstrcichpolitikeru im konservative« Lager ertheilt die agrarische „Deutsche TageSztg" den Rath, für die Zeit bl« nach den Reichstag-wahlen ihre volkSverrätherischen Pläne hübsch zu verbergen, weil die Sacke sonst für die Son- servativeu recht unangenehm anSsallen könnte Die AuS- laffnng ist ein hübscher Beleg einmal für die Befürchtungen der Junker, bann für die ganze Denkweise. DaS Bündler- otgan schreibt nämlich: „Auf dem sreisinnigen Parteitage rühmte sich Eugen Richter, daß die sreisinnige Partei jetzt von der Volkr- strömung getragen werde. Darin hat er bi« zu einem gewissen Grade Recht. Die Verstimmung und Ver- b 111 e r u n g , die in vielen Kreisen nicht ohne Grund ^genommen und sich vertieft hat, macht sich parteipolitisch in einer Hinneigung zu den Parteien bet äußersten Linken bemerkbar. ES herrscht eine gewisse Ängst vor einem drohenden Staatsstreiche, vor dem Absolutismus. Obwohl diese Angst gewiß nicht begründet ist, wäre e« doch thöricht, nicht mit ihr zu rechnen. Immerhin bars man ihre Wirkung nicht unterschätzen, voraus- gesetzt, daß man die nöthigen Vorkehrungen trifft, um den demokratischen Parteien ben Wind aus den Segeln zu nehmen. Zu diesem Zwecke wird es nothwendig sein, baß die Kandidaten aller anderen Parteien sich fest und ausdrücklich auf den Boden der Verfassung stellen, und daß sie, vielleicht mehr al» sonst, jeden Versuch eine« Bersassnngsbrnchet auf« Entschiedenste ab. lehnen. Man halte da» nicht sür unnütz l Darin besteht eine Hauptarbeit bet demokratischen Hetze, daß sie ben Gegnern Neigung zum Versassungsbritche oder wenigstens eine milde Ausiaffutig der VerfaffungSverletzung vorwirft. Stellen sich aber die Kandidaten, die den Demokraten entgegentreten, fest und freimüthig auf den Boden der Verfassung, so wird der Hetze die Spitze abgebrochen. Aber noch ein Anderes ist nöthig 1 8» muß im Wahl- kämpfe ein frischer, sreierBolkSton gewählt werden. Man bars sich nicht scheuen, rückhaltlos die Wahrheit zu sagen. Dabei braucht man nicht in bie Gepflogenheiten der Volksverjührer zu versallen. Die Wahrheit wirkt auch daun, wenn sie etuft und ohne bitteren Beigeschmack vorgetragen wird. Deshalb muß auf die Auswahl der Kandidaten diesmal ganz besonderes Gewicht gelegt werden. I e abhän - giger der Kandidat nach seiner Stellung zu fein scheint, je fremder er der Masse des Bölke« gegenüber steht, um so schwerer wird seine Arbeit, um so zweifelhafter der Ersolg. Nur bann wird man die Parteien der äußersten Linken wirksam bekäiupsen können, wenn die Kandidaten, bie man ihr entgegenstellt, möglichst unab - hängige, kernhaste, freimüthige Männer sind, die da« Herz und den Mund aus dem richtigen Fleck haben. Wer den Fürsten Bismarck richtig kennt und beurtheilt, der weiß, daß er mit seinem vielbesprochenen Urtheile über bie Partei der Rechten nicht nur hat kritifiren, sondern in erster Linie mahnen unb warnen wollen Der Erfolg wird wesentlich davon abhängen, welche Wirkung die Mahnung haben wird." Die nnveisroiene Offenheit, mit der hier den Son- servativeu bie Wahldeuiagogie empfohlen wird, ist auch etwa» werth. Mau wird wissen, woran man ist, wenn die Herren, bie so gern mit der Staatrstreichpolitik spielen, jetzt Hand ans's Herz den Wählern ihre BersaffnngSlreue und Volkssrennblichkeit betheuern werden. Diese Ver - fassungstreue reicht nichtüberdieWahlenhinauS. Sind diese Doiübet, bann bläst man wieder au« einem anderen Tone. Aber die Junker irren sich, wen» sie glauben, durch „versassnngstreue" Wahlreden ihre bis - herigen Thaten vergessen machen zn können. Aber diese tröstliche Versicherung macht nicht mehr de» beabsichtigten Eindruck auf die Anivesendeu. In Aller Mienen malt sich eine instinktive , unbestimmte Unruhe. Vater Köster blickt ganz verdutzt drein unb Frau Köster läßt unwillkürlich Helene Zimmermann» Hand fahren; von ihrem freundlichen, runzligen Gesicht ist der verklärende Glanz geschwunden, ihre Äugen irren ängstlich zwischen Köster und dem Fremden hin unb her. Karl ist der Einzige, beut jetzt ein ziemlich klare« Veiständuiß der ©ituaiton ausgeht. Die elegante Ein ridjtung von Ottos Zimmer, baS er vor wenigen Wochen betreten, die gestrige Szene vor dem ZirkuS: wie Otto mit Helene eine Droschke erster Klaffe bestiegen — tanckt vor seinem geistigen Ange auf und er ahnt die wahre Mission deS sreundlicheu Lvbredners seines Bruders. Herr Vogel knöpft seinen Rock auf, greift in bie Tasche unb zieht ein Porteseuille heraus von verdächtig abgegriffenem und dickbäuchigem Aussehen. Er öffnet seine Brieftasche langsam und entnimmt derselben einige jusammengesaltete Papiere von einem ganz bestimmten Format, bei dessen Anblick ben alten Köster ein unwill - kürlicher Schrecken befällt. Helene Zimmermann macht eine Bewegung, um sich diskret zu entfernen, Frau Köster aber ei hascht im Nu ihre Hand und hält sie zurück. Während er langsam in den Papieren blättert und zwei davon bedächtig entlastet, nimmt Herr Vogel von Neuem mit einer widerwärtig häßlichen Miene da» Wort: „Ich weiß, Sie sind ein anständiger, eiu ehrlicher, ein gerechter Manu, Herr Köster. Ich weiß. Sie sind bei Iakob» und Kompagnie, eine feine Firma, eine respektable 8irma. Sie wissen Bescheid in Geldsachen und Sie werden nicht zulassen, daß einem armen Geschäftsmann fcdjaben jugesügt wird. Sie wissen, daß Wechsel am Verfalltage eingelöst werden müssen und daß der Girant haftbar ist ebenso gut wie der Akzeptant." Er hält dem Alten die beiden Papiere hin, die er vorher langsam ge - glättet hat. Köster nimmt die ominösen länglichen «lütter mechanisch iu Empfang und starrt sie mit wirren Blicken an «bet er ist nicht fähig, zu lesen, bie Bnch- ftaben flimmern ihm vor ben Augen: er sitzt wie be - täubt, wie versteinert. .Was wollen Sie von mir?" fragt et endlich mit heiserer Stimme |