k Das „Hamburger Echo" rrschcini täglich, außer Montag«. Der RbonnrmentSprciö (intl. „Die Neue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de« Post- katalog« 3108) ohne Bringegeld vierteljährlich jH 4,20; durch die Lolpvrtöre wöchentl. 36 frei in’« Hau«. Einzelne Nummer 6 4. Somitagr-Nummer mit illustr. Sonntags-Beilage „Die Neue Welt" 10 4. Verantwortlicher Redaktor: Gustav Wabersky in Hamburg. Dienstag, den 26. Oktober 1897. Z«. MWRMHamMrv ■ «nzeigen werden die sechsgespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 30 4. für den Brbeltsniarkt, Per» uiicthungS- und ffamilieuauzrigeu mit 20 u> berechnet. Anzeigen Annahme in der Expedition (bi.. -.x:- M iiiiimimi Hierzu eine Beilage. Zu NatrrgksWk der Z«riKcll. Es liegt in der Natnr des Rechts, das die Interessensphären im Klasseiistaat mit ihren unend - lichen Verwicklungen und Kollisionen auf mecha - nischem Wege obgrenzen soll, daß es sich mit seinem Prinzip, der Gerechtigkeit, niemals deckt und manchmal zu Konsequenzen fiihrt, die dieser in's Gesicht schlagen. Schon die Alten spotteten daher: Summum jus summa injuria (das höchste Recht ist das höchste Unrecht). Die Handhabung des Rechts, das selbst von den herrschenden Klaffen in ihrem eigenen Jntereffe festgesetzt und formulirt wird, durch Slngchörige dieser Klasse, trägt ebenfalls nicht wenig dazu bei, daß besonders den besitzlosen Klaffen gegenüber Recht und Gerechtigkeit sich weit von einander entfernen. Auch ehrliche Richter sind Menschen und sehen durch die Brille ihrer Klasse. Aber über die flagranten Kontraste zwischen Recht und Gerechtigkeit, wie solche seit einer Reihe von Jahren die deutsche Straftechtspflege immer häufiger zeitigt und die bis in die konservativsten Kreise hinein Mißbilligung und Besorguiß hervorgerufeu haben, kommt man mit Schlagwörtern, wie juristischer Formalismus und Scholasticisiuus, nicht hin - weg. Hier kommen noch besondere Umstände in Betracht, die freilich mit der Zersetzung der be - stehenden Gesellschaft auf's Engste zusammenhängen. Schon in unserer Nunimer 50 vom 28. Februar dieses Jahres zitirten wir eine bcachtenswerthe Stimme in der „ Kreuzzeitung", des Greifswalder Professors Dr. Stanrpe, der über das Sinken des wissenschaftlichen Niveaus im Juristenthum klagt und darlegt, daß unter dem Einfluß des Milliardentaumels der 70er Jahre, der alle Welt ergriffen hatte, jenes „ruchlose Verlottern" der Studienjahre (wie es v. Liszt genannt hat) begann, und namentlich die Vornehmen und Wohlhabenden unter dem juristischen Nachwuchs die Gewohnheit annahmen, ihre Universitätszeit in permanenter Faschingsstimmung hmzubringen. Dieser wissen- schaftliche Zusammenbruch unseres Juristen - standes in einer Zeit, wo das geisüge Können die Großmacht int Leben darstellt und die Wahrnehmung aller höheren Berufe komplizirte wissenschaftliche Bildung voraussetzt, sagt Stampe, bedeutet uatürltch eine furchtbare Gefahr für das Gemeinwohl; beim das moderne Stnatsregiinent liegt ja aus - schließlich in den Händen der Juristen. Seitdem haben sich derartige Stimmen ans juristischen Kreisen selbst gehäuft. Eingehend hat sich eine solche vor mehreren Monaten in der „Fr. Z." vernehmen lassen. „Zum juristischen Studium; Beobachtungen aus dem akadeunschen Leben", war der Artikel betitelt, worin der Ver - fasser zunächst auf die von oben liebevoll gepflegten überspannten Standesbegriffe unter den juristischen Studenten hinweist. Der Jurist, sagt er, kommt eben immer gleich nach dem Offizier. Das ist die Grundanschauuitg, die immer wieder zu Tage tritt. „Ein guter Bekannter von mir, Sohn eines ostelbischen Grundbesitzers, erklärte mir ganz naiv: Rittergutsbesitzer kann ich nicht werden, well ich der jüngere Sohn bin; Offizier zu werden, gestatten mir meine schlechten Augen nicht; was bleibt da anders übrig, als Jurist zu werden!" Und so tote er denken nur allzu viele, wenn sie es auch nicht so offen aus - zusprechen wagen. Während also zu den anderen Berufsarten neue Jünger strömen aus Liebe (oder doch aus Neigung) zu dem betreffenden Fach, bleibt für das juristische Studium (großeutheils) jene blasirte, indifferente Masse, die ihren künftigen Lebensberuf womöglich nach der Hofrangordnuiig wählt. Wie benutzt nun ein junger Mensch, der mjit solchen Ansichten in das akademische Leben eintritt, seine Studienzeit? Der Ver - fasser, ein Göttinger, giebt darauf aus eigener Be - obachtung folgende Antwort. In den ersten vier Semestern (Halbjahren) existirt für ihn das Studium gar nicht; höchstens im ersten zeigt er sich im Kolleg, so lange väterliche Ermahnungen vorhalten. Dagegen wird die Zeit auf jene Weise vergeudet, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten auf den deutschen Hoch - schulen eingebürgert hat. Besonders in den Korps finden diese Elemente am häufigsten Unterschlupf. Der Verfasser theilt aus einer Unterhaltung folgendes, sehr karakteristische Stückchen mit. Ein Korpsstudent äußerte, bei seiner vielen freien Zeit beschäftige er sich täglich eine Stunde mit der Geschichte des Rechts. Darauf ei» Kommilitone: „Aber ich verstehe Sie nicht; Sie find doch erst im vierten Semester und streben schon so!" Also wer im vierten Semester ein wenig zu ftubiren anfängt, wird als „Streber" angesehen. Und häufig werden eben Jene, die auf solche „Streber" geringschätzig hernntersehen, später die ärgsten Streber, ohne Gänsefüßchen. Wenn so zwei Drittel der Studienzeit verbummelt find, wird dann in den beiden letzten oder auch erst im letzten Semester ans Kompendien, Repetitorien U. dgl. Alles zusammengerafft, was im Examen nöthig ist, und nachdem der „Einpauker" das Vor - bereitungswerk iwthdürfüg vollendet, geht's in's Examen, das wst Ach und Krach bestanden wird — freilich manchmal auch nicht. Grade in unserer Zeit, sagt der Verfaffer, find die Aufgaben des Juristen besonders hohe. Wir verlangen von ihnen eine auf gründliche juristische und allgemein wissenschaftliche Kenntnisse gestützte Bildung, aber dazu auch ein eben durch diese Bil - dung gefördettes Verständniß für unsere sozialen Verhältnisse, für die Verhältnisse des täg - lichen Lebens; mit anderen Worten: einen juristisch- wiffenschaftlich geschärften, aber zugleich gesunden Md vorurtheilssreien Blick. Es sei Pflicht des Zuristen, sich schon in der Studentenzeit mit den Anschauungen aller Kreise vertrant zu machen, die Denkweise auch beS kleinen Mannes kennen zu lernen, die Art und Weise seines täglichen Lebens zu verstehen. — Plan sieht, der Verfasser ist ein rechter Utopist und Schwarmgeist, der Trauben von den Dornen und Feigen von den Disteln lesen will. Er müßte zuallererst den Klassendünkel und Kastengeist der Kreise ausrotten, Ms denen der juristische Nachwuchs heworgeht. Aber seine Krittk ist durchschnittlich zutreffend, auch darin, daß er sagt: Ihr politisches Verständniß befähigt sie zur kritiklosen Hinnahme des Bestehenden und ihre Kenntnisse der sozialen Verhält - nisse sind eminent gering und höchst eigenartig. „So kannte ich Einen, der allen Ernstes und mit Verve die strenge Scheidung der „drei Stände", Adel, Bürger, Arbeiter, verfocht und in der Ab - sonderung des einen vom anderen den Kernpnnft der Staatsraison erblickte. Und der stand im 7. Se - mester!" Im Allgemeinen fängt bei ihnen der Mensch bei dem an, der täglich die Wäsche wechselt. Aus den Reserveoffiziersfitel legen sie natürlich das größte Gewicht und bilden so jenen gefährlichen Nährboden des immer tiefer sich einfressenden Militarismus. Die Folge dieser Zustände ist nach des Ver - fassers Worten: Eritweder wird ein solcher Mann — der doch schließlich fühlen muß, daß er den Anforderungen nicht genügt — sich nach unten durch schneidiges Auftreten, nach oben da - gegen im Bewußtsein der eigenen inneren Schwäche durch Rückgratlosigkeit auszeichnen. Oder er spinnt sich schließlich in einen solchen Dünkel ein, daß sein Selbstbewußtsein bis zu der Ucberspanntheit gelangt, er sei wirklich etwas Bedeutendes und Her - vorragendes. Der Verfaffer meint schließlich, unter den heute herrschenden Verhältnissen sei allein Abhlllfe zu er - warten durch die Wiederbelebung eines freien Bürger- sinns, durch das Wiedererstarken eines unabhängigen Bürgerihnms. Was für ein Schwarmgeist und Romantiker! Er könnte ebenso gut & la Don Quixote die Wiederbelebung der irrenden Ritter, die alles Ungrade grade machten, erwarten. Die ArbeiterUasse und ihre Vorkämpfer wiffen, daß sie überhaupt, daß von Richtern, die der ihr feindlichen Klasse augehören, in der jetzigen Zeit heißen Klaffen - kampfes, kem Recht im Geiste der Gerechtigkeit er - warten touueu; am allerwenigsten aber freilich von Richtern, bei welchen die vorstehende Schilderung znttifft. Sie tragen ihr Krenz mit der Würde politischer Märtyrer und im erhebenden Bewußtsein, daß jeder Akt der Klassenjustiz, unter dein einzelne Proletarier leiden, mit verstärkter Wucht das herr - schende System trifft und seinen Untergang beschleunigt. Karl Grillenbcrgers Bestattung. Zum Abschiednehmm just da? rechte Wetter war's, als am Freitag Nachmittag die Münchener Arbeiter in Schaaren hinauswauderten zum Friedhof, um dem ver - storbenen Freund uud Genossen die letzte Ehre zu er - weisen. Bleigrauer Nebel lagerte über den feuchten Sttaßcn und der scharfe Herbstivind fegte das welke Laub von den Bäumen. Drinnen in der FnedhofShalle stehen schweigend die Deputattonen, die vielen KranztrSger. In das Dlittelgewölbe trägt man den Sarg, rechts und links bewachen ihn die Fackelttäger. Im Kreis umstellen ihn die Angehörigen und nächsten Freunde des theuren Todten/ Die'schweren Tomvellen eines Trauerchors er - füllen den Naum. Das Grablied, gesungen vom Arbeiter- Sängerbund, vertieft, wenn sie überhaupt sich noch ver - tiefen läßt, die weihevolle Trauerandacht. Dann nähert sich dem Sarge ein Freund und Schüler des Verblichenen, einer von der Schaar, die Grillenbergers Fürsorge der Partei erzog: unser Freund und Parteigenoffe S e g i tz aus Fürth. In warmen, zu Herzen gehenden Worten schidert er das Wirken des Ent - schlafenen, spricht von dem Parteimanne und von dem Menschen nnd giebt der Trauer Ausdruck, die sein Tod in tausend nnd tausend Herzen erregt. Raffen Auges haben die Stampf und Noth gewohnten Nlänner, laut schluchzend die Frauen diese erschütternden Worte mcgehört. Nun erschallt, wieder von den trefflichen Sängern des Arbeiter-Sängerbundes gesungen, Pfeils herrliches Arbeiterlied: „Ein Sohn des Volkes will ich sein und bleiben". Der Sarg wird in den Wagen gehoben, der mit Rieseiikränzen geschmückt ist, darunter der der Landtags- ftaktton und der von der Münchener Sozialdcmokratte gewidmete. Nach den Klängen von Beethovens Trauermarsch setzte sich der gewaltige Zug in Bewegung. Voraus eine Gruppe der wackeren Ordner, hinter dem Musikkorps eine schier unabsehbare Reihe von Kränze ttagenden Deputationen. Den Leichenwagen geleiten sechsunddreißig Fackel - ttäger, bäumtet waren zwölf vom Landtag gestellt, vier - undzwanzig von den Gewerkschaften. Dann folgen als nächste Leidtragende Bruder und Sohn des Unvergeßlichen, begleitet vom Reichstagsabgeordneten Gen. Birk, Gen. (Erhardt, Scherm und Oertel-Mrnberg. Darauf das Direktorium der baierischen Abgeordnetenkammer, eine große Anzahl von Dlitgliedern der Kammer aus den verschiedenen Parteien, darunter die Parteiftihrer Dr. Aub und Dr. Doller, Abordnungen des Magistrats der Stadt München, des Leichenverbrennungs-Verems u. A. m. Es folgen die Wagen mtt der schwergeprüften Gattin und Tochter, sowie der sonstigen näheren Ange - hörigen und Freunde, darunter die Genossen Vollmar und Löwenstein. Und dann hinter dem zweiten Dlufik- korps, angeführt vom Vertrauensmann und einem Sier« tretet des Gewerkschafts Vereins, von den Ordnern stanktrt, lawinengleich die Armee der Nttinchenet Parteigenossen und Arbeiter. In imposanter Ruhe bewegt sich der unermeßliche ärg in den Abend hinein, den das elektrische Licht der traßen erhellt, auf seinem borgeschriebenen Wege zum Bahnhof. Rechts und links auf den Straßen staut sich eine tausendköpfige Menge, in fhunmer Bewunderung und würdiger Thellnahme, schauend, wie das werkthättge Volk die Seinen ehrt. Wie auf Kommando entblößen die Männer das Haupt, da der Leichenwagen vorbeifährt. „So wird kein Fürst geehrt," töitt'S hie und da von den Lippen perwunderter Zuschauer. Und in der That, eine gewaltigere Trauerkimd- gebung, eine tiefere Ergriffenheit, eine mächtigere Ehren- demostration der Massen hat die Stadt Münchm kaum jemals erlebt. Aus Gotha schreibt man tmS unterm ^.Oktober: Ein wuitderbarer Sonntag. Die Herbstsotme lacht vom wolkenlosen Himmel, als wolle sie den Freund des Lichts, dessen Körper hier zum Verbrennungsprozeß er - wartet wird, auch noch die letzten Grüße spenden. Am Bahnhof finden sich von 12 Uhr ab die Leidttagenden ein. Da sind Deputationen aus fast allen Thüringischen Städten, ferner an« Berlin, Hamburg, Leipzig, Darm - stadt, Nürnberg, Ehemnitz, Hannover, Braunschweig u. s. w. Die Frattion und die Parteileitung find Perketen durch Bebel, Liebknecht, Singer, Fischer, Frohme, Meister, Schönlank, Bock, Reißhatls, Wurm und PäuS. Um ILj Uhr trifft der Zug mit der Leiche ein, welche Genosse Landtagsabgeordneter Ehrhardt von München auS begleitet hatte. Die sämmtlichen in München am Sarge niedergelegteil Kränze, über 200, find mitgesührt und werden auf einem großen offenen Wagen gnippirt Die Deputationen und Die hiesigen Genossen fuhren weiter, Dutzende von Kränzen mit sich. Unter den Klängen bet von einer Musik- Kapelle intonirten Trauennelodle loitb der metallene Sarg in den geschloffenen Wagen bet Feuerbestattungs- Gesellschaft gebracht, und dann geht eS langsamen Schrittes vorwärts dem dreiviertel Sttmden entfernten Friedhofe zu, wo das Krematorium sich befindet Den baierischen Genoffen folgen die Vertteter des Dartei- vorstandeS und der Fraktion, der Delegirten, und schließ - lich in langem Zug«, der auf seinem Wege stetig wächst, die hiesigen Parteigenossen. Der Kondukt erreicht kurz vor 2 Uhr den Friedhof, wo bereits bedeutende Menschen- massen versammelt sind. Da noch eine volle Stunde bis zu dem auf 3 Uhr angesetzten Verbrennungsprozeß übrig ist, so wird der Sarg von Dertteteru der hiesigen Gewerkschaften zunächst in der Leichenhalle niedergesetzl, wo immer mehr her Kränze sich über ihn hänfen Wir benutzen diese Frist, um dem Kolumbarium einen Besuch abznstattrn, in dem weit über looo Urnen mit der Asche, hier durch Feuer Bestatteter aufbewahrt sind. Auch die Asche unseres Genoffen Dr. Dulk hat hier ihre Stätte gefunden. Zwar ernst und wehmüthig stimmt dieser Ort, aber doch bleiben uns die düsteren Gedanken fern, die uns ergreifen, wenn wir zwischen moberbergenben Gräbern wanbeln. Präzise 3 Uhr wird ber Sarg wieder ausgenommen und unter den Klängen des Chopm'schen Trauermarsches in das Krematorium überführt, wo er, inmitten herrlichen Grüns, auf die Versenkung nieder- gesetzt wttd, durch die er zu den verzehrenden Flammen gelangt Die Leidttagenden füllen schnell du ziemlich weite Halle. Ein Säugerchor, gebildet au8 Mitgliedern hiesiger Gesangvereine, stimmt das ergreifende Lied „Rube im Tod" an. Nachdem dasselbe verklungen, ttitt Genosse Oertel aus Nürnberg zu Häupten des Sarges, um Namens derNürubergerParteigenoffeuschaftdementschlafenenFreund in schwerzdurchwehlen Worten die letzte Ehre zu erweisen. Ter Redner schilderte mit öfter durch Thränen fast er - stickter Stimme den edlen Karakter und das uneigen - nützige Wirken Grillenbergers. Die Sozialdemokratie habe einen ihrer tüchtigsten Vertreter verloren; speziell für die baierische Sozialdemokratie sei der Verlust grade- z u unersetzlich. Vollauf verdient habe er die Ehrung, die ihm indiesenTagen PonHunderttauseudenundNlilliouen bereitet worden. „Si^ii. werben uns bemühen, ihm irach- zneifern, irnablässig zu wirken in dem Geiste, welcher ihn erfüllt hat bis zum letzten Augenblick." Nunmehr trat unser alter Liebknecht vor, um Namens der Sozial- deinokratischeu Parteileitung und Reichstagsftalion den Gefühlen herzinnerttcher Trauer um den verstorbenen Mitkämpfer Ausdruck zit geben: Mit Karl Grillenberger ist die Parteigeschichte seit 25 Jahren verwachsen. Er - füllt vom Drange tcach Wahrheit, hat er schon in seiner Jugend die Bahnen gefiinden, auf denen er, ein treuer Anwalt des Volkes, gewandelt ist bis an seinen Tod. Er war nicht nur Agitator, der echte, der richtige Vollst ribuu, sondern in hervorragender Weise auch Organisator nnd Lehrer Mulhig und opfer - freudig hat er zu jeder Zeit den Gefahren Trotz geboten, die das Euctreteu für unsere Sache mit sich bringt. Er war ein Soldat ber Wahrheit, der in Erfüllung frei» willig übernommener schwerer Pflicht selbstlos seine höchste Besriedigung sand. Eine gewaltige Kraftnatur, ging er im besten ManueSalter zu Grunde unter dem Uebermaß des Schaffens für die Sache des arbeitenden Volkes. Unser Kamps erfordert einen ungeheueren, ja gradezu erschreckenden Krästeverbrauch. Weitaus die meisten unserer Kämpfer sterben in Folge ihrer Hingebung an die Sache jung oder im besten ManueSalter; nur Wenigen von uns ist es vergönnt, ein hohes Alter zu erreichen. Redner erinnert an Uork, Bracke, Geib, Sträter, Kayser, Hasen- ckber und schließt seine ergreifende Rede mit den Worten: „Du, wackerer Freund, lebst fort in unseren Herz, a Jetzt kehrst Du zurück zu den Elementen, woraus Du entstauben bist, Du wirst geliebt und geehrt werden, so lauge das Volk seiner Vorkämpfer gedenkt. Es ist nicht die letzte Ehre, die wir Dtt hier erweisen ; fort - gesetzt wirst Du geehrt werben, inbeni wir zu voll - enden bemüht sind, ivaS Du mit angefangen hast. TaS geloben und das halten mir." Als Dritter trat zu Häupten beS Sarges Land- tagsabgeordueter Ehrhard, um Namens der baicri- schen Laudtagsfraktion der vorzüglichen lÄgenschasteu und des Wirkens Grillenbergers, der ihm persönlich ein lieber Lehrer und Rathgft»er gewesen, zu gedenken. Man merkte ihm an, daß er oft vergeblich nach Worten rang, um die ihn erfüllenden Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Nachdem dann noch der Genosse ReichstagSabgeordueter Bock im Namen ber Gothaer Parteigenossen bent Todten Worte der Freundschaft und Anerkennung gezollt, stimmte bet Sängerchor das Lieb „Ein Sohn des Volker" an. Als. die Schlußakkorbe erklangen, sank ber Sarg geräuschlos in bie Tiefe. Die Versenkung schloß sich. Von unten heraus ein leises Rollen — unb die Flamme begann ihr Werk. In tiefernster Stüumuug verlaffen die Leid- ttagenben bas Krematorium, um sich Bahn zu machen burch die Tausende, roeldtc sich aus dein Friedhöfe an» gesammelt hatten Ter ernste und schwere Freund - schaftsdienst ist vollbracht Am Montag werden unsere Nürnberger Genossen die Asche nach Nürnberg überführen, tvo fit aus einem der Friedhöse in einem entsprechenden Denkmal Aus - stellung finden soll. Bon der Wcltbühne. Erhält ber Prozeß Stenzel ein «tegeufiiick in Belgien ? Durch bie belgische Presse gehl augen - blicklich ein Artikel, welcher bet „Revue von Montreal" entstammt unb sich mit dem Unfall, ber ben Kaiser an Borb ber „Hohen tollern" getroffen, unb mit bem Tobe bes Lieutenants hahuke besaßtj Bei unserer beufichen „Preßftecheit" ist eS nicht möglich, auch nur anoeutim-ie« weise zu tagen, in welcher Weise biefe beiben Ereignisse in Zusammenhang gebracht werden. Genug — ein deutscher Polizist oder Staatsanwalt muß, wenn er diesen Artikel zu Gesicht befommt, einfach und kurzerhand — um einen bezeichnenden Ausdruck zu gebrauchen — aus ber Haut fahren. WaS wird nun geschehen? Die Ehre der belgi - schen Majestät ist vom HMitburger Gericht glänzend wieder hergestellt worden ; ob ber Anstoß zu dem Ver - fahren von ber deutschen ober von der belgischen Le - gierung auSging, ist einstweilen noch umstritten. Was wird nun aber in S8 e I g i e n geschehen, um bem deutschen Kaiser Genugthuung zu verschaffm? Werden die schul - digen Redaktöre vor Gericht gestellt werben, um ote Gegenseitigkeit nicht nur auf bem Papier, son - dern awS> durch bie That zu bekunden '1 Wir sind sehr gespannt auf daS, wciS nun geschehen wird. Stellt bie Reichsregierung Strafantrag und wird diesem von bett belgischen Gerichten Folge gegeben ? ES würde sich ja im Wesentlichen nur um die Bekundung des guten Willens der belgischen Regierung handeln, denn praktische Folgen dürfte auch ein gerichtliches Verfahren für die Journalisten nicht haben, da die belgischen Grichworeneu, nach dem das ganze Volk bederrscheuben Geiste zu ur - theilen, die Majestälsbeleidiger fteisprechen würden. Wo daS Hinderuiß liegt, welches die Militär« strafprozeßreform aufhält, hat jetzt die „Post" verrathen, wenigstmS für Den, der noch bislang daran zweifelte. ES liegt dieses Hinderniß auf „preußisch- militärischer Seit e", WaS nur heißen samt beim Militärkabinet, welches sich gegen die Einführung der Oeffentlichkeit des Gerichtsverfahrens stemmt. Die „Post" enthüllt dies mit den Worten, daß. wie ihr ini (getheilt werde, nicht nur von preußischer militärischer Sette, sondern auch von der Regiening eines anderen Bundesstaates starke Bedenken gegen die Oeffent - lichkeit des Verfahrens bei der Reform der Militärstraf- prozeßordnuug geltend gemacht worden find. Da« Blatt sagt leider nicht, welcher Bundesstaat außer Preußen der widerstrebende ist. DaS ist aber auch nebensächlich gegen - über der Feststellung, daß Preußen nach wie vor gegen die Oeffentlichkeit ist Die offiziösen Stimmen, ivelche in letzter Zeit betheuerten, daß die vom Reichs - kanzler versprochene „moderne" Militärstrafprozeßordnung kommen würde, haben einmal wieder gelogen. Denn eine moderne Prozeßordnung ohne Oeffentlichkeit deS Verfahrens ist unbeufbar. Die in letzter Zeit so scharf in den Vordergrund gedrängte Frage des baierischen Reservatrecht« war des - halb auch wohl nur herbeigezerrt, um die Aufmerksamkeit von dem Kernpunkt der Sache abzuleukeii und den An - schein zu erwecken, alS ob an jener Nebensächlichkeit die endliche Ersüllnng de« reichSkanzlerischen Versprechen« scheitere. Diese« unwürdige Spiel läßt schließlich auch seht „gutgesinnten" Leuten den Geduld-faden reißen. So läßt sich ber nationalliberale „Haim. Courier" aus Berlin schreiben: „Durch das Ausiverseu der Frage bes vermeintlichen Irnierischeu Reservattechts ist bie Erörterung ber Mililär- strafprozeßresorm dermaßen verwirrt, daß die Haupt - sache völlig in deuHintergrundgebräugt worden ist. In ber Hauptsache kommt eS daraus au, ob ber seit mindesten- einem halben Jahre in ben BundeS- rathSausschüssen steckenbe Gesetzeuiwurs abgesaßl ist in Uebereinstimmung mit der vom Fürsten Hoheiilohe am 18. Mai v. I. tut Reichstage abgegebenen Erklärung, d. h. ob derselbe ben modernen Recht-anschauungen Rechnung trägt ? Ist dies der Fall? Niemand weiß es I Mau streitet sich wegen de« baierischen Reservat- rechts unb des baierischen obersten Gerichtshofs feit Wochen ober Monaten hin unb her unb übersieht ganz, daß dieser eine Punkt doch nur eine „große Neben - sache" ist. Weit wichtiger wäre eö, zu missen, wie weit in der Vorlage die Eiitftihrnug der O e s f e n 11 i ch - teil und Mündlichkeit des HaupWersahretiS in Aussicht gestellt und ob die Beseitigung d e S B e - stätigungSrechtS vorgesehen ist Wenn der Geietz- enttourf in diesen drei Punkten den niobernen Rechts- anftoamingen nicht entspreche» sollte, was scheert uns baun das angebliche baierische Reservatrccht k Vor einigen Monaten verlautete mit großer Bestimmtheit, bie Frage der Neforin de« Militärstrafprozesses habe sich zu einem fast als persönlich zu bezeichnenden Konflikt zwischen bem .Kaiser unb dein BuitdeSrath zngespitzt. Die Mehrheit beS letzteren sei geneigt, daS Bestätigung«» recht preiSzusteben; der Kaiser aber wolle in biese Beeinträchtigung seiner bisherigen Rechte als 0 b er st er Kr i e g s h er r unter keinen U m ft ä it b e n willigen. Hiervon ist eS alsbald ganz stille geworden, statt dessen beschäftigt sich die Presse mit der künstlich aufgebauschten Angelegenheit de« baierischen Reservatrechts. Ein Gesetzentwurf aber, bet bie Bei - behaltung des Bestätigung-recht- ver - fügt, hat weber in bi e j c in n 0 d) in einem andere uReichStagAuSsicht,angenommen zu werden. Man gebe un« also zunächst volle Klarheit über diese Seite der verwickelten An - gelegenheit und lasse un« mit bem baierischen Reservat - recht bis dahin hübsch in Ruhe. Die Offiziösen der „Post" unb bet „Berl. Polit. Nacht." mögen sich die Finger inunb schreiben; eö wird ihnen boch niemals ge - lingen, ben wirklichen Thatbestand zu verbunkeln. Man glaubt vielfach, daß die zur Zett maßgebenbeu militä - rischen Kreise in Preußen über Haupt Gegner jeder Reform des Nlilllärstrafprozesses sind, unb daß sie nur hieran für jetzt scheitert. Gegen da« Ansspieten bes baierischen Resetvattechles haben wir insofern nichts einzuwenbeu, al« es bei» Fürsten Hohenlohe ermöglichen soll, bis auf Weiteres in seinen Aemtern auszuharren. Dieser Zweck ist ja nun anscheiuenb erreicht, natürlich auch nur „bis auf Weiteres", ohne welche Einschränkung hentzutag» keine politische Ankiinbignug Aitsptnch aus (Slmibwiirbigfeit erheben kann. Nun aber lasse man uns enblich mit Baiern ungeschoren unb gebe uuS Klarheit über die viel wichtigeren Punkte, welche die Beseitigung der preußischen Bor urtheile betreffen." Diese Klarheit ist wenigstens zum Thell in den oben zitirten Auslassungen ber „Post" gegeben. Es ist bet preußische Partiknlari-niuS, bet preußisch- militärische Geist, bet ein einheitliches militärisches Ge - richtsverfahren iw moberuem Geiste nicht julaffen will. «6: st igen Eindruck, sondern erwartet grade dasGegen theil." Wie mau sich erinnert, fft aber im letzten Sr 0 u - rath ausdrücklich die R i ch i v e r ö f s e u 111 ch u u g ber Vorlage beschlossen worden. Stam man im Retchsu.arttw- amt sich von bet Veröffentlichung Vortheil verbricht, so ist mizunehmen, daß Herr Tcrpitz demgemäß iui Kt ontalh für bie Veröffentlichung t i n g e U e l e n ist. Wie bie Erfahrung lehrt, vergebens. Das wäre aber die erste Niederlage des von den *Duirme»(hiU)ufuutnt als „Roon der Manne" begrüßten Ehrt« de« Nccchsma.üw- amts. Wir leben int Zeichen des Bei kehr«! Dieses seinerzeit so viel fomuienlirte Won der JtaifnB scheint von iet Eisenbahnver wattung nicht verstunden iu sein. E« zeigt sich von Tag zu Tag deutlicher, daß sie den Bedürfnissen des Verkehr« bin? bau* nicht in ge - nüge, idem Maße gerecht werden sann. Bon allen Seiten häuten sich die Klagen über SBagenmaugel. So schreibt man der „Franks. Zig." ans dem R uhrkohlen- bezirk, 21. Oktober: „Der mtt dem Enncitt des dies - maligen Herbstes iui ganzen Industriegebiet besonders stark berl'orgefretrne Wagenmangel scheint 1K einer schweren Kalamität zu werden. Täglich fehlen bi» zu 20 pZt. der augeforderten Wagen, und auf einer ganzen Reihe von Zechen sind schon zahlreiche Feierschichten eingelegt worden. Allein am geflrigtn Tage mußte auf nachfolgenden Zeckten die Förderung etngestellt werden: „Julius Philipp" bei Bochum, „Graf Bismarck", „Hufer Fritz", „Reckling - hausen". Die Zeche „KönigSgrnbe" erklärt, daß es den durch den Wagenmangel betroffenen Zechen gänzlich un - möglich sei, irgend tvelche Dispositionen zu treffen. Die genannte Zeche mußte iu der abgelaufenen Woche nicht weniger als drei Mal feiern und außerdem einen großen Theil der Fördeniug direkt abftfirieu lasten, weil es an leeren Wagen gänzlich fehlte. Diese llebelstände treffen am härtesten die Arbeiter, unb bie Zeche spricht daher in einer Zuschrift an bie „Rhein -Wests Zig." bie Befürchtung auS, daß Nu ruh eit unter den Ar - beitern entstehen könnten. Da« sind die Folgen des auch rechnerisch falfdien Verhaltens de» StaalSbahubettiebeS, ber thatsächlich nicht im Stande ist, den Ausordeningen des Kohlen- unb KokeSversandtS uachzukommen " Da« title rheinische Zechencwgan steht jedenfalls in ber Hinsicht zu schwarz, wenn eS ilnnihen bei ben Ar - beitern befürchtet. Die von bem Wagenmangel in ihrem Profit bedrohten Zechenkönige wollen mit der auS- gesprocheuen Befürchtung offenbar nur die Eisenbahn- verwaltung graulich machen, um sie anzuspornen, energischer auf die Abstellung deS Sstagenmangels hiuzuwirken. Viel - leicht wären aus diesem Grunde den Grubenbesitzern einige „Unruhen" gar nicht so ganz unangenehm. Wir sind überzeugt, daß momentan die Eiseitbahnverwaftung ihr Möglichstes thut, um auS der Patsche herauszukommen. Ist eS doch für sie nicht« weniger als angenehm, zu ben Angriffen über bie Häufung der Eisenbnhnunsälle nun noch die entrüsteten Klagen über den Wagenmangel bin« nehmen zu müssen Aber augenblickliche Maßnahmen können nicht giitmachen, wa« jahrelange mangelnde Vor - aussicht gesündigt hat Eisenbahuunsälle unb Wagen- mangel finb ein und derselben Ursache entsprungen: dem falschen Sparsvstem, der lleberschußpolitik der Eisenbabn- verwaltting. Beide (^rscheiunitgeii bofiuuentiren den Bankerott dieser Eisenbahnpolittk. lieber die Pastkoifferenz, welche am Freitag in Berlin unter Theilnahme von Vertretern von 1« deutschen Handelskammern, de« Deutschen HandelStaaeS, der Aeltesteu der Kaufmannschaft von Berlin und des Verein« Berliner Kaufleute unb Industrieller statlfand, wird Folgendes mitgetheilt: „Gegenstand der Besprechung waren die Reformen, welche der SlaatSsekretär im P 0 st t ar i f w esen borjunebmcit, dezw bem Herrn Reichskanzler vorzuschlagen beabsichtigt. Diese Reformen betreffen : die Erhöhung deS einfachen Brief- gewichts, die Ermäßigung de« Brief - portos für den Nahverkehr und die Gebüf)r für Postanweisungen über kleine Beträge. Neben diesen Fraaen, die voraursichilich eine allaemein zitsriedenstellende Lösung finden werden, wurden seitens txä Herrn Staatssekretärs Vorschläge gemacht, welche eine Vereinfachung d eS t echicis ch en Be - triebes bezwecken lleberall war daS Bestreben er - sichtlich, den Wünschen der betlieiligten »treffe durch Schaffung zettgemäßer und praktischer Erleichtenmgm Folge zu geben.* Die Pridatposteit, welche in fast allen Großstädten gegründet sind, haben die Aufmerksamkeit deS preußischm HandelSmiuisterS auf sich gelenkt. Der Minister hat Erhebungen über diese Anstalten zu dem Zivecke ange« ordnet, über die Frage Entscheidung zu treffen, ob und inwieweit eS rathsam erscheine, solche Betriebe eiltet staatlichen Aussicht zu unterstellen. Nach den Veobachtnugen und Ermittlungen ber Reichspost- Verwaltung habe der betrieb solcher Anstalten, deren Errichtttng selbst iu kleineren Orten de- Staatsgebietes immer mehr an Ausdehnung gewonnen habe, in mehreren Fällen hauptsächlich dadurch zu iluzuttäglichkeiten unb zu Schädigungen de« Publikum- geführt, daß die Gründer ober Leiter mehrfach schlecht belcumunbete Personen ge - wesen seien, ober daß Leute, denen bie nöthige Sach» keimtniß oder das zum ordnungsmäßigen betriebe er - forderliche Vermögen gemangelt habe, Anstalten der be. zeichneten Art erridjtet hätten. Der Minister wünscht Ausschluß über folgende Punkte zu erhalten: I) Vorleben, Vertrauenswürdigkeit, Vermögens - verhältnisse unb Sachkemttuiß ber Leiter unb bc8 Personals. 2) Sind mangelhafte Bettiebseiurichtnngeu unb un« zureichenbe Leistungen zu Tage getreten? (Richtbesorgnug von Briesen, Unregelrnäßio-eiteu in der Leerung ber Briefsaiumelkasteu und Unpünktlichkeit bei der Bestellung der darin vorgetundeneu Sendungen.- 3) Sind Zahlung«Verbindlichkeiten nicht erfüllt, ins - besondere Löhne de- Llestellpersonal« nicht bezahlt worden? 4) Sind Werthzeichen bei ber BettiebSeinstellung nicht eingelöst worden? r>) Sind Unterschlagungen unb Vernichtungen von trrchümlich den Briefkasten ber Privatanstalt übergebenen, mit Post Werthzeichen verschonen Seudungen bot» gekommen? 6) Smb etwa bi« von den Bebienftcten ber Anstalt hinterlegten Kautionen durch die Leiter ber Anstalt ver - untreut worben? Die arme ttaliounllibrrnle Partei verliert ihre Führer, b. h diejenigen Personen, die noch national- liberal finb, schon vor den Wahlen. Außer R. v. Beiinigsen will auch Dr. Hammacher sich an« bem parlamen - tarischen Leben ziirückziehett. 'Zkibt Führer geben ba- hohe Alter als Rialto ihre- Rücktritt« an. Run leidet aber bie iiatioiiallibrrale Pacte, daran, daß ber Nach - wuchs nicht mehr natioiuilliberal ist. Wohl waren bie Nation-illiberalen von jeher die «loiupron-ißinacher, wie sie im Buche stehen; sic opferten einen freiheitlichen Grundsatz nach bem anderen, behielten aber immer da« Interesse bet Kapitalisten im ringe. Der junge Rach- wuch« hat nur die schlechten Eigenschaften iibernonuiun. Die Paasche, Placke, Atiedbcrg u. j. ID. stieb nichts als Streber. Um ein Mandat zu erhaschen, gehen sie heute mit beut Bauerubunb für ben Antrag Kanctz, morgen mit den lOimetallifieu für Doppelwährung. Sie sind fit jeden Schutzzoll, für Zünstieret unb jede reaktionäre Maßregel zu Haden. Bei den Abstimmungen übet die Hanbelsvcrträge mnßten die alten Führet erleben, daß sich die Partei selbst vernichtete, uibtui eine gleiche Anzahl für unb gegen stimmte. Der Arffcmg» nur auf politischem Gebiet von ben Führern geübte Servilistnuv i allgemein geworden, unb da sann man e« bett alten wahrern nicht verdenken, wenn sie nicht nteht tnitutacheu mollen. Die Mittel - part rien sind thetlsächsich schon '/trieben, k int sie auch beut Nsnten nach noch vorhanden sind. Stint politische Selbti'täiibigfeit ve. kaufte oa» Bsirgerthum an Bismarck miß tu wnthschafttichen Dingen übernehmen bie Herren Vlötz Kanitz und Halpt bie Führung. Unter bie Füh- ruit|, ptrtzenhaster mtb unwissender Junker unb bereit Hausknechte wollen Leute wieveunigseu und Hammack^r sich nicht stellen, unb jo treten sie von bem Platz zurück, 100 sie vor zwei Jahrzehnten die erste Rolle spielten Dao beutidte Bttrgerihum verschwindet vom politischen Kampf - platz, bevor eS auch nur einmal bie Herrschaft ge - habt hat. Die „Politik der Tarnmluuy", wie sie Herr Miquel prcklatnirte, haben sich bte sächsischen Agrarier in eigenartiger Weise zurechtgelegt, um sie