Nr. 102. 12. Jahrgang. LanwurgerEc Da« »Hamburger Echo" erlchrint täglich, außer Montag«. Der AbounemciitSpreiS (infi. „Die Ncnc Stöelt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de« Post- katalog« 3172) ohne Dringkgeld vierteljährlich JIL 4,20; durch die Lolportöre wöchentl. 36 frei in’« Hau«. Einzelne N minner 6 SonntagS-Ruiumer mit illustr. SonntagS-Dcilagc „Die Neue SBclt" 10 Pcrantwonlich r Redaktor: Gustav Wabersky in Hamburg. Dienstag, den 3. Mai 1898. Anzeigen werden die sech«gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 30 4, für den ArbcitSmarkt, Der- miethungS- und Familienauzeigen mit 20 4 berechnet. Anzeigen Auuaiime in der Sxpeditton (bis 0 Uhr Abds.), fonne in itanntt. «nnoncnuvüreau«. Redaktion und Expedition: Große Theaterstraße 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. Nationalliberales aus dem Süden. Eins muß man den Nationalliberalen lassen: Bei allen Wandlungen, die sie durchgemacht haben — in umgekehrter Richtung von liberalen Schmetter - lingen zu bündlerischen Raupen — darin sind sie sich treu geblieben: so oft gegen die Reaktion eine An - klage erhoben wird, fühlen sie sich berufen, als deren parlamentarische Vertheidiger zu fungiren, um sorglich zu verhüten, daß das System sich bessert. Darin war von jeher ihr gefeierter Führer Herr v. Bennigsen groß. Kein Gerichtsvertheidiger der „Fliegenden Blätter" kann einen Spitzbuben mit rabulistischen Mätzchen eifriger zu decken und hinauszureden suchen, wie er es immer that, so oft irgend ein noch so empörender Fall im Reichstage von unseren Genossen zur Sprache gebracht wurde. Und konnte der Fall selbst von keiner Seite gerechtferügt oder beschönigt werden, so wurde wenigstens durch die stereotype und ungezogene Phrase, den Sozialdeinokraten sei es blos um Anfteizung zu thun, die Anklage abgeschwächt. Aber auch wenn die Anklage von anderer Seite er - hoben wird, treten sie in die Bresche und lasten der Reaktion kein Härchen krümmen. Hat da, wie berichtet tvorden, dieser Tage im baie rischen Landtage ein Zentrumsmann zwei Fälle zur Sprache gebracht, tvelche das Vertrauen auf die Rechtsprechung und Unparteilichkeit der Richter in Baiem erschüttert hätten. Der Mann, Josef Geiger, ist selbst Oberlandes - gerichtsrath und gilt als der beste Jurist des baierischen Zentrums. Natürlich handelte es sich nicht uni Ausschreitungen der Justiz gegen Sozial - demokraten oder Arbeiter, die lassen einen richtigen Zentrumsmann kühl, sondern gegen katholische Pfarrer. Ein anderer Zentrumsmanu, der bekannte Lerno, sekundirte ihm kräftig mid rückte auch der Groben-Unfug-Praxis zu Leibe. „Wer," sagte er, „ist heute noch sicher vor diesem Groben- Unfug-Paragraphen? Wer früher gesagt hätte, daß man mit diesem Paragraphen die Presse fassen werde, dem hätte man in's Gesicht gelacht. (Beifallallseitig.) Der Richter hat leider mit dem im Volke wohnenden Rechtsgefühl den Kontakt verloren. Der selige Dr. Völk hat einmal gesagt: Die größten Feinde des Rechls sind die Juristen — je gescheidter, je schlimmerl" Man sollte meinen, daß kein Volksvertreter den traurigen Muth hätte, dieser Anklage, die einer in der gelammten Bevölkerung des Deutschen Reiches bis tief in die Reihen der Rechten hinein vor - handenen Stimmung und Anschauung Ausdruck gab, die Spitze abzubrechen. Aber wenn auch der Muth nicht zu den hervorragenden Eigenschaften national - liberaler Parlamentarier gehört, den Muth, die herrschende Macht zu untersttitzen, sich auf Seite des Starken gegen den Schwachen zu schlagen, haben sie immer besessen, und so war es denn richtig ein Nationalliberaler, der über die wackere Dame Justitta seinen Schild deckte. Nicht sowohl die Erkenntnisse als vielmchr die Kritik derselben haben das Vertrauen auf die Justiz erschüttert — eine These, die ebenso weise wie, daß nicht der Brandstifter, sondern die Feuerwehr, die zu löschen kommt, die Panik verursacht. Im Verlauf der Debatte drehte er den Spieß um, indem er der ultramontanen Rechten zurief: „Treiben Sie in der Justiz keine Politik, es kann ja einmal die Zeit kommen, wo rechter Hand linker Hand Alles vertauscht ist. Es darf unter den Richtern kein Strebrrthum entstehen, bei dem sich der Richter fragt: mache ich keine Dumm - heit?" Selbstredend meinte er ultramontane Richter - streberei auf Kosten der Liberalen, die ja auch keine Fabel zu sein scheint. Ergötzlich und nützlich ist es in jedem Fall, wenn die Klassenjustiz in der Sou - tane und im Bürgerkleid mit einander zanken. Um dieselbe Zeit wurde im badischen Landtage das famose Oncken'sche 10 Mark - Buch „Kaiser Wilhelm der Große" zur Sprache gebracht. Der Zentnlmssührer Wacker klagte, daß das Buch, das die heftigsten Angriffe gegen das Zentrum enthalte, durch die Schulbehörde unter den Schülern ver - breitet worden sei. Dazu bemerkte der Demokrat Venedey: „Ei' keime das Buch nicht, er habe es schon um des Titels „WWelm der Große" nicht gelesen. Ein Buch mst dieser Aufschrift halte er für eine bewußre oder unbewußte Geschichtsfälschung zu Gunsten des ersten Kaisers und seines Hand - langers, des Fürsten Bismarck!" Das war brav und sicherlich im Sinne so ziemlich der Gesammt- bevölkeruug Deutschlands gesprochen, mst ganz ge - ringen Ausnahmen; denn Niemand kann zweifeln, daß auch die Dteisteii derjenigen, die diese Apotheose okzeptirt haben, innerlich selber nicht daran glauben. Da war es denn wiederum ein Nationalliberaler, ber bekannte Fieser, dessen Entrüstungsfeuer auf - flackerte. Er entblödete sich nicht, dein Ketzer einen bewußten Mißbrauch der Redeftechest vorzuwerfen und ließ eine ganze Reihe von Gründen auf- marschiren, weshalb Wilhelm I. „der Große" heißen muß, Gründe von solcher Art, daß die berühmien quinque causal bibendi (fünf Gründe für das Trinken) des Kommersbuches an Skurrilität von denselben weit übertroffen werden. Auch über dm „Handlanger" erboste sich Herr Fieser gewaltig, zu seiner großen Blamage, da das Wort, wie jeder wiffeu konnte, als Anspielung auf eine bekannte Aeußerung gebraucht ward. Auch im württembergischeil Landtage habm die Natioiialliberalen dieser Tage wieder im Dienste der Reaktion ihren Nlann gestellt. Seit Jahrzehnten fordert das Volk Abschaffung der Lebens- länglichkeit der Ortsvorsteher, und nach langem Siräuben entschloß sich endlich die Regierung ■ ba^it und legte einen Gesetzesentwurf vor, der auch die im Amt befindlichen Ortsvorsteher treffen sollte, denen aber für den Fall der Nichtwiederwahl volle Entschädigung der festen Bezüge zugesichert war. Zu dieser Schwenkung der Regierung haben ohne Zweifel die in ganz Deutschland bekannten Hegel- maierskandale in Heilbronn Wesentliches beigetragen. Der Minister selber trat warm für die Rück - wirkung ein, die für eine größere Reihe von Ge - meinden ein Bedürftiiß und eine Wohlthat sei. Aber die Nationalliberalen im Verein mit dem Zentrum brachten die Rückwirkung zu Fall, und so wird das Gesetz, das man eine lex Hegelmaier nennen dürste, den Heilbronner Hegelmaier und die vielen kleinen Hegelmaier im Lande gar nicht treffen. Die be - treffenden Gemeinden müssen ihre Hegelmaier be - halten bis an ihr seliges Ende. Zum Schluß noch ein heiteres Stückchen. Znm ersten Mal hat die Stuttgarter Polizei den Sozial - demokraten, resp, den Gewerkschaften den Umzug am 1. Mai gestattet. Darüber ist der national- liberale „Schwäbische Merkur" ganz unglücklich, und da er die Kourage nicht hat, mit der Polizei anzubinden, kmirrt er, der „Takt" würde durch die Marschroute des Zuges verletzt, der sich an dem Königlichen Palais und — an den Büsten Bismarcks, des „Vaters des Sozialistengesetzes", und Moltkes, des „Heros des Militarismus", vorbei bewegt. Die Polizei ließ sich richttg insoweit in's Bockshorn jagen, daß sie darauf verordnete, nicht etwa daß die beiden Büsten mit einem Trauerflor verhängt werdm — das hätte uns eingelmchtet — sondern daß die Musik des Zuges während des Vorüberziehens an den genannten geweihten Stellen schweigen müsse. Ein Schwabenstreich erster Güte, durch den dafür gesorgt wurde, daß die ernste Feier der Würze der Komik nicht entbehrte. Von der Weltbühne. Die diesjährige Maifeier ist bisher in der gegnerischen Presse fast überall mit Schweigen übergangen worden. Die Gegner sind ja in diesem Jahre, da der Weltfeiertag auf einen Sonntag fiel, von dem Alpdruck befreit, der ihnen sonst um diese Zett auf der Brust liegt und zu allerlei Zornesansbrüchen reizt. Da man dazu in diesem Jahre keinen Anlaß hat, so sucht man sich durch demonstratives Schweigen zu entschädigen, wird aber da - mit den erhebenden Eindruck der proletarischen Weltfeier ebenso wenig beeinträchtigen, wie durch noch nachttäglich wohl kommende hämische Bemerkcmgen. Eine Ausnahme macht auch in diesem Falle die Berüner „Volkszig." Sie schreibt: „Wtt gehören nicht zu den Blättern, die der Meinung find, daß der Maifeier der Sozialdemokratie mit Hohn und Spott gedacht werden muffe. Ein solches Verhalten erscheint uns kindisch. Es zeugt von großer pofittscher Verstäildnißlosigkeit. „An sich ist der Umstand, daß sich Hunderttausende von deuffchcn Bürgern und Bürgerinnen zur Pflege eines kulturfreundlichen Gedankens fest - lich vereinigen, in hohem Maße geeignet, das aufrichtige Interesse jedes Unbefangenen zu erregen. Daß das Be - streben, die übermenschlich lange Arbeitszeit, unter der ungezählte Existenzen zu leiden haben, auf gesetzlichem Wege zum Schuhe der wirthschaftlich Schwachen zu ver - ringern, ein ideales, von den nienschenfteundlichsten An- ttieben ausgchendes , ein kulturfrcundlichcs Streben ersten Ranges ist, daran zweifell wohl nur der, der sich den einfachsten und gerechtesten Forderungen der Menschlichkeit verschließt. Ueber die Wege, die dahin führen, durch Verkürzung der Arbeitszeit/ d. h. durch Verlängerung der Schon- und Erholiuigszeit das geistige Niveau von Nlillionen von Arbeitern und Arbeiterinnen zu heben, ihtien die Guter der Kultur in höherem Um - fange zugänglich zu machen, ihrem Familienleben eine gesundere Basis zu geben, über die Mittel, zu diesem schönen Ziele zu gelangen, kann man streiten; je ruhiger und leidenschaftsloser, desto bester. Aber die Idee selbst ist eine so menschenwürdige, daß ihre Ver - wirklichung im sozialpolitischm Programm jedes be - sonnenen und verständigen Deutschen eine hervorragende Stelle entnehmen sollte. „Es ist tnt Interesse des Ausgleiches der sozialen und volittschen Gegensätze unser dringender Wunsch, daß alte demokrattsche Forderimgm, die sich der bürgerliche und manchesterliche Liberalismus zum Theil leider von der Sozialdemottatte hat aus den Händen winden lasten, von jedem entschiedenen und ehrlichen Liberalen mit mehr Verständniß gewürdigt werden, als eS bedauerlicherweise vielfach geschieht. Diesen Wunsch am Tage der Dlaifeier zum Besten deS einer gründlichen sozialpolstischen Er - neuerung noch immer sehr bedürftigen Liberalismus zu äußern, ist uns auch diesmal wieder Bedürfniß. Möge unsere Mahnung zu einer unbefangenen Würdigung der - jenigen Bcsttebungen der Sozialdemokratie, dte Fleisch vom Fleische der bürgerlichen Demokratte sind, nicht un« gehört verhallen I Solches schreiben wir um des sozialen Friedens willen!" Auf die sozialpositische Erneuerung bei Liberalismus wird die „Volkszig." wohl vergeblich hoffen. Die Getreidczoll-Jtttcrpcllatio» der sozial - demokratischen Fraktion ist am Sonnabend im Reichstage eingebracht worden. Sie lautet: „Die Unterzeichneten richten au ben Herrn Reichs - kanzler bic Anfrage: Beabsichtigen bic verbündeten Re - gierungen Angesichts der ungewöhnlich hohen G e» treidepreise eine zeitweilige Aufhebung der Getreidezölle herbeizuführen ?* Die Regierung wird also Farbe bekennen müffen, ob sie, die ein so warmes Herz für die „Notb der Land- wirthschaft" hat und fortgesetzt auf der Suche nach Mitteln ist, um das „standesgemäße" Einkommen der Junker aufzicheffern, auch die wirkliche Noch, bic weiten Volks kreisen aus bem riesigen Steigen der Ge- treibepreise erwächst, zu berücksichtigen gewillt ist. Die Berathung ber Interpellation wird wohl auch Gelegen - heit geben, etwas Näheres über die von ben Jmuern für ben Ablauf ber Handelsverträge gehegten Pläne zu erfahren. Die Debatten dürften deshach zur Klärung ber wirchschaftlichen Situation ein Erhebliches beitragen. Die Nuzufriedeuheit der stlgrarier hat nun auch Herr v. Miquel erregt, ber bisher ihr gehätschelter Liebling war, weil er sich stets bereit zeigte zu wenigstens einem halben Entgegenkommen, unb vor Allem mit Ver - sprechungen sehr freigebig war. Aber bie Bündler sind ber Meinung, daß man mit Versprechungen weder Sekt, noch Wettschnchcil, noch kostbare Tinge' für Maittesten bezahlen sann. Und so macht denn bie Korresponbenz des Bundes ber Land Wirthe bem Herrn Minister klar, baß die Gebuld ihrer Freunbe zu Eiche ist unb daß sie Thaten sehen wollen, bic ben Junten etwas Klingendes etnbringen. Das Bündlerorgan schreibt: „Die Art, wie nenerbingS auf bie Beschwerden ber Lanbwirthschaft wie überhaupt bes Mittelstanbes in Stadt unb Laub vom Ministertische geantwortet wirb, ist so bezcichnenb für ben „neuesten Kurs", daß es einmal be - sprochen werben muß. Die heutigen Ministerreben unter« cheiben sich genau so von ben früherm, wie sich Herr v. Miquel vom Grafen Caprivi unterscheibet. Der ehrliche Solbat unb volkswttthschaftliche Dilettant hatte meist ein rundes „Nein" für unsere Beschwerden; setzte man ihm mehr zu, so wurde er böse unb ausfallend. Das ist heutzutage nicht mehr Brauch. Wmn wir heute klagen, so hemt es: Ja, Kinder, Ihr habt voll - ständig Recht, aber seid nicht allzu hitzig, seid ein Bischen „staaismännffch", benn erstens müssen wir uns bie Sache itäher überlegen unb zum Anderen geht es doch nicht so, wie Ihr möchtet. . . . Die Regierung hebt immer die Flinte, aber sie schießt nicht, benn sie erklärt, zu vorsichtig zu sein, um einen Fehlschuß zu riskiren. Aus ben Enqueten kommen wir nicht heraus unb werben immer auf eine „spätere Regelung" vertröstet. Herr von Miquel kommt uns vor wie etn Arzt, ber sich unaufhörlich mit berDiagnose beschäftigt unb gar nicht baju kommt, Mittel anzu- wenden. . . . Einfacher ist es, sich mit schönen Wortm, billigen Ausreden unb nebelhaften Versprechungen durch - zuhelfen. Mit „Diagnose" hat man sich doch schon genug beschäftigt, bet Worte sind genug gewechselt, aber von Thaten sicht man nichts." Ilm ber Thatenlust des Herrn Miauel etwas nach - zuhelfen, beißt es bann zum Schluß: „Wählet im prakttschen Leben stchenbe Männer, bie wiffen, wo ben 23alter unb Handwerker ber Schuh drückt, ehrliche unabhängige Männer mit steifem Nacken, die sich auch nicht scheuen, einerMinister- Exzellenz, wenn es fein muß, gründlich die Wahrheit zu sagen. Das wird schon helfen, unb Herr von Miquel wirb bann feine ewigen Ausflüchte unb Verklausulirungen sich sparen unb statt: „Ja aber" — „ja also" sagen I" Die Auslaffitng zeigt einmal wieder recht klar, baß bie Begehrlichkeit der Jmckerfippe keine Grenze nicht finoet. Zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben zu werden, ist das B ü r g c r t h u m in Gefahr. So klagt beweglichbie „Magbeb. Ztg." Nämlich zwischen dem Bund ber La bwirthe unb ber „sozialen Um- ftur ab artet". Der Klageruf zeugt immechin von einiger Einsicht, benn ber nationalliberalen Partei droht dieses Geschick sicher, ja richttg genommen hat es sie schon ereilt. Aber die „Maadeb. Ztg." sucht merkwürdiger Weise die kläglichc (Znmdsatzlosigkeit des Nattonalliberalismus verantwortlich zu machen, fonbem bie — Sozialdemokratie. Sie erklärt: „Die Sozialdemokratie hat durch ihr immer wüsteres Auftreten in ben siebziger Jahren das Meiste dazu bei= getragen, um die freiheitliche Entwicklung unserer Verhältnisse zu unterbrechen und ben ersten reaktionären Vorstoß, die ReichstagSauf- lösung von 1878, die Schutzzollpolitik unb bic Politik : „bas Papstthum ist Trumpf" hervorzurusm. Nichts hat so sehr bas Bürgerthum geschwächt, wie bas Auftreten der Sozialdemokratie. Sie hat nicht nm weite Schaaren ber Wählet dem Liberalismus untreu gemacht und dadurch besser, parlamentarische Macht erschüttert, sie Hai auch noch bewirft, daß Hundert- tau s e u d e von Wählern zur Reaktionüber - gegangen sind, weil bicic ben sichersten Schny gegen ben Umsturz versprach. Und was hat die Sozial- bemofratie dadurch erreicht? Nichts als den Triumph der Reaktion; diese ist eS in Wahrheit, bie feit zwanzig Jahren mehr ober rninber stark bie Gesetzgebung unb Verwaltung beherrscht hat. „Mit bet Einbämiuung der Sozialdemokratie Hai freilich wieder die Reaktion keinen Erfolg gehabt, imd nie wird ihr bas gelingen. Von 1878 bis 1893 ist bie Zahl ber sozialdemokratischen Stimmen von 437 000 auf 1 786 000 gestiegen. Das ist bic Probe auf das Exempel. Wenn einmal ber Staat ben politischen Grundsatz fanfnonirt, daß er berufen fei, die Einkorn mensvertheilung nach seinem Ermessen abzuändem, so wttb die Menge der Unbemittelten niemals dabei stehen bleiben, baß biefe Wirksamkeit des Staates nur zu ihrem Nachtheil geschieht. Ver- theilt einmal der Staat das Eigenthum, so wirb stets bie große Masse ber Nichtbesitzenden sich melden, baß ihr in erster Lütte bie Fürsorge des Staate; gebühre. Des - halb: so straff bie agrarische Reaktion auch ihren Bogen spannt, sie wirb niemals eine Nb- nähme ber Unzusriebenheit, niemals eine Abnahme der Sozialbemokratie erreichen, fonbem bethen immer nur neue Schaaren z u- sühren." Wer ist berat aber nun berufen, diesen so sehr er - sehnten Erfolg zu erzielm? Man höre, aber lache nicht: „Soll wirklich ein heilsamer Gegeneinsluß ausgeübt werden, so sann er nur von bem liberalen Bürgerthum ausgehen. Diesem ist bie Aufgabe auferlegt, ben beiben Extremen mit aller Macht entgegenzuwirken." Also dieselben Nattonalliberalen, welche aus Furcht vor ber Sozialbemokratie sich ber schlimmsten Reaktion in bie Arme geworfen habm, wollen beibe: Sozial - demokratie und Reaktion bekämpsm. Das Korn will sich gegen bie Mühlsteine wehren! Mr wünschm viel Vergnugm! Die ^»ohe« Kosten" werden von der Regierung niemals vorgeschützt, wenn sich's darum hmtdett, den hohen Beamtm baS Lebm so angenehm wie möglich zu machm, wohl aber immer bann, wenn die Lage der unteren Beamten eine Aufbesserung erfahren soll. Dieser Unterschied findet sich in jedem Verwal- tungSrcfiort Tas Reichspostamt hat, wie post- offiziöS mstgecheilt wirb, über bie Gestaltung des Er - holungsurlaubs ber Unterbeamten ber Reichspost- unb Telegraphenverwaltung neuerdings Be - stimmungen erlassen, die den weiteren Ausbau dieser Einrichtung zum Zweck habm. Zur (Erläuterung wirb offiziös dazu bemerkt: „Naturgemäß kann mit ber Verallgemeinerung ber Beurlaubung wegen ber hohen Kosten nur allmälig Dorgegangcn werben. Wmn schon im Jahre 1897 durch bie in beschränkterem Umfange stattgehabte Erihetlung von Erholungsurlaub au bie Unicrbcamtcn nach ber von bem Herrn Staatssekretär beS Reichspostamts im beutschen Reichstage abgegebene Erklärung 85 000 Mark Stellverlrettmgskosteu ent - stauben ftnb, so würbe bie plötzliche allgemeine Aus - dehnung der Vergünstigung auf bie sämmtlichen, ober auch nur auf bie etatS mäßig augestellten Unterbeamteu ben Kostenanfwanb zu enter unverhältnißmäßigen Höhe anschwcllm laffm. Hieraus folgt, baß bie Er - weiterung ber Einrichtung in derselben Weise, wie dies hinstchüich des Erholungsurlaubs der Beamtm ber Fall gewesen ist, nur nach unb nach ins Werk gesetzt werben kann, um aus ben Höhepunkt zu gelangen, zu welchem sich bie jährliche Beurlaubung ber Beamten entwickelt hat." Freilich ist's „naturgemäß", baß dm Unter« beamtm zuletzt eine Erleichterung zu Theil wirb — „wegen ber hohen Kosten". Es Hanbelte sich, um den „Ausbau" des Erholungsurlaubs vorzmiehmen, im vorigen Jahre zunächst um eine Mehrausgabe von JC 85000. Dieser stehen im Jahre 1897/98 zirka X 384 022 994 Einnahmen (25 Mllionm mehr als im Vorjahre) gegenüber. Unb bei solch einer, einen Millionen-Profit abwerfenben Einnahme nennt man bie im Interesse ber Unterbeamten zu machenden Mehranfwmdungm „hohe Kosten", ein Kosten - aufwand von „unverhältnißmäßiger Höhel" Dtti Recht bemerkt die Berliner „VolkS-ZeiMng", daß jede unangebrachte Rücksicht auf die vermeintlich zu hohen Kosten grabe Dom finanziellen Standpunkt aus zu bebauem ist. Es wirb in ber offiziösen Auslassung elbst deutlich anerkannt, daß ber beurlaubt gewesene Beamte „mit erhöhter Berufsfteudigkeit unb körper - lich tote geistig gestärkt" seine Dimstgeschäste toieber aufnimmt. Mithin bebeutet bie möglichst Weitgehenbe Urlaubsertheilung ttotz ber augen - blicklichen Kosten für bie Dauer eine Er - parniß, da sich mit der Verbesserung deS Gesund - heitszustandes der Beamten eine längere Dienst - fähigkeit der Betheiligtm und somit eine Ver - minderung des PensionsetatL erzielm läßt. Grade „wegen der hohen K 0 st e n", die der bei dem vorzeitigen Verbrauch der übermäßig angestrmgtm Beamten fräste immer größer Werdende Penfionsetat ver - ursacht, sollte man von ben „Hohm Kosten", bie durch die Beurlaubungen entstehen, kein Aufhebens machm. Uebrigens mögen die P ostbeamten sich merken: Von dm reaktionären Abgeordnetm, die außer der Nochlage ber ostelbischm Großgrund - besitzer keine atibete Nothlage anerkennen, habm bie Postbeamten nach ber angebeuteten Richtung hin nichts zu erwarten. Auch bie Unterbeamten bei kleineren Verkehrsanstalten bedürfen des Urlaubs, unb wenn einmal ein Sanbbtiefträger ausspannen sann, Wird es ihm in seiner Berufsfreudigkeit unb seiner Leistungsfähigkeit nichts schaden! So hoffen wir berat im Interesse ber Postunterbeamten, daß bie Begründung „wegen der hohen Kosten" recht viele Abgeordnete der Opposition in dm Reichstag bringen werbe, bamit die Urlaubsertheiluiigm in schnellem Tempo den benfbar größten Umfang annehmm unb ganz all - gemein werben! Die Wahlen stehen vor bet Thür, unb bie viele Ta usenbenUnterbeamten ber Post haben dabei ein gewichtiges Wort mitzuredm! Ihr eigenes Interesse weist sie daraufhin, sozial - demokratisch zu wählen I Den Ausnahmegesetz-Schreiern i la „Hamb. Nacht." widmet die ultramoutanc „Märk. Volksztg." folgende Auslassung: „Die Negierung müßte gtadezn wahnwitzig sein, wenn sie auf diesen Weg sich drängen liefet, und dadurch der Sozialdmiottatie neues Blut unb neuen Agitationsstoff zuführen unb so dadurch ihr auch zu neuen Erfolgen verhelfen würde. Wenn aber — was Wir natürlich nicht zugeben — ein neues Aus - nahmegesetz als nothwendig sich erweisen sollte, so müßte unseres Erachtens dasselbe zunächst gegen jene ge- wissenlosen Elemente gerichtet fein, bie durch ihr b eständigcs Rusen nach neuen Ausnahmegesetzen die friedliche und gedeihliche Entwicklung unserer Zustände hindern und dadurch ein Verbrechen am deutschen Volke begehen." Tas klerikale Blatt hat dabei nur leibet vergessen, daß seinerzeit auch das Zentrum bei ber Umsturz - vorlage eifrig mitgearbeitet hat, ein Ausnahmegesetz zu schaffen. Der „grobe Unfug" im Verein mit bem ambulanten Gerichtsstand für die Presse hat kürzlich in dem Prozeß gegen Harden, dm bekannten BiSmätcket und Herausgeber der „Zukunft", Wieder ein Opfer gefordert. DaS bot dem Dlünchmer Journalisten- und Schnftsteller-Verein Anlaß, sich mit der Anwendbarkett des Grobm Unfug-Para- graphm auf bie Presse unb mit der Frage bes ambulanten Gerichtsstandes zu beschäftigen. Nach einem Referate des Monsignore Knab, ber bie Nothwendigkeit betonte, in ruhiger Ausdauer mit allen gesetzlichen Mtteln gegen die Art von Rechffprechimg vorzuaehm, wie sie heutzutage der Presse gegmüber angewenbet Wirb, inib einer leb - haften Diskussion Würbe eine diesbezügliche Resolutton angenommen. Selbst die sonst für alle reaktionären Maßregeln be - geisterte Münchmer „Allgemeine Zettung" wenbet sich sehr energisch gegen bie bei der Verurtheilung HardenS maßgebend gewesenen juristischen Grundsätze. Herr Harden ist eben kein Sozialdemokrat, dafür aber ein be - geisterter Verehrer des Fürsten Bismarck. — In ber „Deutschen Juristm-Ztg." schreibt ber Heraus - geber, H. Staub, zu biefer Blüthe mobemer deutscher Zuristenkunst : „Der Paragraph vom groben Unfug hat in der That seine Mission erfüllt. Er hat gezeigt, welchen Wand- ittngen eine Gesetzes stelle ausgesetzt ist, wie solch' ein Paragraph gegen muthwillige Bubetistreiche schließlich ein Paragraph werden kann, der gegen alle nur denk - baren Beunruhigungen angewenbet Werben samt, außer gegen bte Beunruhigung, welche biefe weite Ausbehnung bieses Paragraphen schiefelich im Gefolge hatte. Gegen biefe Beunruhigung ist nur ein Kraut gewachsen, bie Aus - hebung beS Paragraphen. Oder wirb er gar auf Vertheibiger stoßen?" Dafe bas nicht geschieht, scheint uns bmchaus nicht ausgemacht. So leicht verzichtet bie Reaktion nicht auf eine Waffe zur kleinlichen Ehikantttmg ihrer Gegner. Ju bet VcrcirtSgcsctzsrage hat sich bie säch - sische erste Kammer weniger rcakttonär erwiesen, als die zweite Kammer, welche die eigentliche VolkS- verttetung darftellen soll. Der Bericht ber Kommission ber ersten Kammer über bie DerciiiSgesetz-Rcvision empfiehlt ben Ausschluß ber Minber- jährigen von ber Theilnahme an politischen Ver - sammlungen, da eine gleiche Bestiinimuig auch in bem seinerzett von einer Reichstagskommission ausgearbeiteten, allerbitigS später nicht zu Staube gekommenen Entwürfe zu einem Reichsgesetz enthalten gewesen sei, desgleichen habe baS preußffche AbgcorbnetenhauS eine gleiche Be - stimmung angenommen unb auch in einem baierischen Gesetzentwurf habe eine solche Bestimmung Aufnahme ge - funden. Dagegen empsichlt bie Deputation, von bem Ausschluß ber Frauen von politischen Versammlungen abzusehen. Da ben Frauen bie Betheiligung an Vereinen, welche sich mtt öffent - lichen Angelegenheitm bcschäfttgen, unverwehrt fei, so könne man ihnen auch bie Theilnahme an Versamm - lungen, welche sich mtt öffentlichen Anaelegeuheiten beschäfttgeii, nicht versagen. Auch würbe der Beschluß ber zweiten Kammer, ben Frauen bie Abhaltung solcher Versammlungen zu gestatten, welche lebiglich für btc Er- orienmg ber befouberen Berufs- unb Standes interessen ber Frauen bestimmt ftnb, voroieSsichtlich zu so vielen Zweifeln Anlaß geben, baß es besser sei, ben Franeu ihre bisherigen Rechte zu belaffen. Der Bericht bürste noch in dieser Woche zur Berathung kommen. Beschließt bie erste Stammer demgemäß, so muß noch ein Vereinigungs- Verfahren zwischen beiden Kammern statt sinken, um einen ständischen Beschluß zu Stande zu bringen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß bie zweite Kammer nach giebt. Es bleiben bann aber immer noch bie Bedenken der Regie- rung, bie ben Ausschluß ber Minberjährigen nur bann akzcptiren will, wenn sie bic Auflösmtgsbefugniß aus Anlaß ber Anwesenheit Minderjähriger erhält; diese Auf- lösungbefugnife stöfet aber namentlich bei den Rational- liberalen auf Widerstand. Die Situation ist also immer noch ziemlich verwirrt. Der Einfluß des spauisch - amerikanischen Krieges aus bie beutsche Jnbustrie tritt immer schärfer zu Tage. Den verschiebenen darauf bezüglichen Mittheilungen, welche wir schon gebracht haben, ist nun auch noch bie Nachricht tzinznzufügen, daß btc voiat-^ länbische Stickereiindustrie in bebe utenbem Maße leibet In ben Stickereien, welche mit Aufträgen für Amerika versehen waren, stehen schon 6 Ule Maschinen, so find z. «. in einer ©tuferet mtt 22 • Schiffchenmafchinen nur noch drei Maschinen im Gange. Die Nutzlosigkeit ber Gewaltpolitik gegen bie sozialistische Bewegung muß mm auch bie ungarische Regierung erfahren. Die Aus - weisung ber besonnteren Genossen au« ber Hauptstadt hat für keinen Augenblick bas Parieigefiige erschüttert. In ihrer Wuch Hai nun die Regierung, wie schon ge» melbef, bie für ben 1. Mai in Budapest einbentfenen Volksversammlungen verboten. Auch auf bem Lande, wo bie Regierungskommiffäre noch vor Kurzem von Dorf zu Dorf zogen, nm ben Sozialismus zu ver - nichten, offenbart sich bic Nutzlosigkeit bet Gewaltpolitik. Die thörichten Ausweisungen Haven nur zur Folge ge - habt, dafe in bie verschiebensten, bisher vom Sozialismus ganz imberührt gebliebenen Gegenden geschulte Agitatoren gefommen ftnb, beten lleberwachung eine schwere Sorge der KomiMlsbehörden hübet. Auch mit der beadsichngten sofortigen Zerstörung bet ganzen Felbarbetterorganisatton ist es nichts geworden, und bie Regierung bemüht sich nun, bieses Ziel sozusagen hinterrücks, burch Ehikanm unb administrative Vergewaltigungen zu erteichm. Wie unverschämt unb zugleich unsinnig sie hierbei vorgeht, zeigt ein Erlaß des Ministers bes Innern an dieRiuni- zipien, ber im „Pestet Lloyd" veröffentlicht wttd. Die Munizipalbchörden Werben darin aufgeforbert, die sozialistischen Fach- und Felbarbeiletvereine mit ver - doppeltem Eifer zu überwachen. Diese Art, in ber bie ungarischen Machthaber bie sozialistische Bewegung, bie doch im Lande grabe so feste Wurzeln gefaßt hat wie bie kapitalistische Ausbeutung, uutbringen wollen, könnte beinahe komisch erscheinen, wenn sie sich nicht gegenüber ben einzelnen Bürgern als bie empörenbste Vergewaltigung unb Rechtsbeugung kunbgäbe, bie ihre Urheber ber Verachtung ber gesitteten Welt preisgiebt. Wohl zu ben nieberttächtigsten aller Gewaltthaten, deren sich bic als Richter verkleideten ungarischen Ausbeuter schuldig machm, gehören die B er ur t h eilutl g en jener Arbeiter, die keine Kontrakte für bic Erntezeit ad- schließen wollen. Dieses Jahr muß nänstich für bie Agrarier ein goldenes werden, da die Weizmpreise in Folge des amerikanischen Krieges in die Höhe ge - trieben werben. Die ungarischen Grundherren schmunzeln schon in ber Erwartung einer Hungersiioth, aus der sie ihren Profit ziehen sonnten, und empören sich bei bem Gedanken, daß die Arbeiter in die Lage kommen könnten, diese günstige Situation für sich auszunutzen. In ber ungarischen Jnstizkomödie zeigt sich unverhüllt so dir Grundchatsache der bürgerlichen Welt, die Identität der „Ordnung" mit dem Prosit. Drei Menschenopfer sind von der D—ante Justitta dm ungarischen Machthabern dargebracht Worden. Am Sonnabend wurden in Agram drei Bauern unter den üblichen Formalitäten vom Henker erwürgt — „von Rechtswegen". Unsere Leser erinnern sich wohl noch deS von uns ausführlich geschildert« Prozesses gegen die kroatischen Bauern von S j e n i c a. Die armen, unwissenden Leute, die von den ungarischen Beamten bis aufs Blut ge - peinigt worben sind unb bie vergebens um Schutz gegen ihre Ausbeuter unb Unterdrücker riefen, hatten in einem Aloutent der Verzweiflung drei Feldmesser, die sie für Abgefeutbie ber Regierung hielten, welche den kroatischen Bauern auch noch baS Letzte nehmen wollten, gelobtet Darauf folgte das Blutgericht von Agram, welches eine Schaar von Männern unb Frauen auf Jahre in ben Kerker schickte, brei Bauern aber sich aussuchte, nm an biefen „ein Exempel zu stattiiren". Unb wirklich find die drei Unglücklichen als Opfer ber „Staatsraison" am Sonnabend abgeschlachtet worden. Der „milde" Monarch hat fein Begnadigungsrecht nicht ausgeübt — atme Bauern haben ja keine Fürsprecher bei Hofe, Wie hoch - wohlgeborene Hallunken — unb ber Henker that seine Arbeit. Ungarische Kultur am Ende des neunzehttten Jahr- hmtberis! Wann wirb bie Abrechnung erfolgen? Neue Hungerrevolten in Italien meldet ber Telegraph. In den Provinzen Ferrara unb Bo - logna fanden am Freitag an einzelnen Orten schwere Brot-Krawalle statt. In der Stadt Ferrara demolirte die wüthende Menge viele Läden und Eafös. Die Kavallerie machte drei Angriffe. In EastelSam- pietro (Bologna) plündertm die Weiber alle Bäcker - läden unb eine Mühle; in Mazzara würbe berPalast Zuchim in Brand gesteckt. Der Broipreis stieg in Ferrara auf 55, in Treviso auf W Eentesimi per Kilogramm. Der Agrar-Stteik dehnt sich in ber Provinz Mantua immer weiter aus. Am Sonnabend zogm mehrere Tausend Personen, meist Frauen, mit Fahnen, auf denen die Inschrift stand: „Wir wollen Brotl" vor das RalhhauS in Neapel. Truppen zerstreuten die Demonsttanten. Im Sieiitregen Wurde ein Karabiniere verwundet. Der Stadttath bewilligte eine halbe Rtillion, um den BrotpreiS auf 35 Eentesimi für das Kilogramm zu bringen. In A v e r s a (Provinz Caseria) kam es am Sonn - abend wegen der Brotpreise zu Rlcheftörungeu. AnS demselben Grunde herrschte ut Rimini unb m einigen kleineren Orthschaften in der Nahe von Neapel Erregung. Und diese Zett der Htingersnoth — denn um Hungersnoth ha «Welt es sich wirklich — fand ein italienischer Agrarier Häuptling , 6 alanbra, für passend, um in der Kammer für Beibehaltung ber hohen Getreidezölle zu sprechen. Die Frechheit ber privstegirten Räuber ist wttklich Überall bie gleiche! ©alanbra hatte ben traurigen Muth, als Motiv für Beibehaltung ber Zölle bie Nothwendigkeit aufzuführen, bie Grunbrente müsse auf ihrer bis - herigen Höhe erhalten werden, bamtt die Besitzenden vor' einer etwaigen künftigen Krise bewahrt blieben. Selbstverstätchlich leuchtet diese Slrguuteraatton der Re - gierung ein, und so wttd benn bie Aushungerung des Volkes loetter bettieben werben. Rew-Horlk, 18. April. Während aus den meisten Plätzen, an denen sich unsere Partei an ben Wahlen be» Heiligte, günstige ober doch — iu Anbetracht des „Krieg*» rummels" — befriedigende Resultate gemeldet worden ftnb, machte bie „Seidenstadt" Paterson, ober richtiger gesagt, der für und wichtigste Alberman-Bezirk bieses Ortes eine Ausnahme. Das Gesamiitttesuftat, rund 2000 Stimmen, ist zwar als ein gute! zu be - zeichnen, boch unterlag int 8. Distrikt unser bisheriger Vertreter im Stabttaty Maguire der „einen reaktio - nären Masse"; er erhielt 977 Stimmen gegen 1206 de* von bett vereinigten Demokraten unb Republikanern auf- gestellten Gegners. Freibier unb „cash 1 ' (Baarzahlung) spielten bei ben Anstrengungen ber Gegner, ben un - angenehmen „Hecht im Karpfenttich" loszuwerden, Re einzige Rolle, unb biefe „Argumente" werden ja auch so lange threnWerch^dchattet^M In Chicago erzielten wir 8000 Summen gegen 200 tut vorigen Jahre, während unsere Snmmenzahl m Cleveland »on 1500 auf 1206 zurnckgegangen ist Dies ist indessen immer noch günsttg gegenüber dem Rückgang ber übrigen Parteien dort; es stimmten nämlich uon 73000 registrtrten Wählern überhaupt nur 40 000; bie Republikaner gingen von 32 000 auf 21000, bie Demokraten ungefähr in gleicher Weise zurück, bie Pro - hibitionisten aber gar von 1500 aus 200. In Milwaukee erzielten wir 518 Stimmen, doch hat sich nachttäglich heransgesteltt, dafe viele unserer Wähler irr thu ml ich für bie Kandidaten der „Social Democraoy os SUietita" ge - stimmt hatten, welcher man auf beut offiziellen Stimm - zettel eilte Rubrik eingeräumt batte, die man unser er