Nr. 128. 12. Jahrgang. Hamburger Echo. Da» „Hamburger Kcho“ erfdjtint täglich, außer Montag«. Der AbonucmcutsprciS (inN. „Die Neue äßclt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de« Pop- katalog« 3172) ohne Bringcgeld vierteljährlich JL 4,20; durch die Solpottöre wöchenll. 36 frei in’« Hau«. Einzelne Nummer 6 SonutagS-stiumuicr mit illustt. Sonulags-Beilage „Die Neue Welt" 10 Bcranttvvrtlicher Redaktör: Gustav Waberöky in Hamburg. Lomiabeuo, de» 4. Juni 1898. Anzeigen werde» du sechdgejpaltene Petitzeil» «der deren Raum mit 30 4, für den ArbcitSmarkt, Der» miethung»- und Fawilieuauzcigcu mit 20 4 berechnet. Auzefgeu-Annahme in der Srpeditton (bis 6 Uhr ÄbdS.), foroit in sämintt Äniwncte.»ütt«wl Redaktion und Expedition: Große Thcatcrstraße 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. Suche deinen Nutzen! Diese Maxiine scheint in der Werkstätte des leibhaftigen Egoismus geprägt zu sein. Und doch leitet einer der größten Philosophen aus diesem Grundprinzip seiner Ethik die edelsten mora - lischen Lebcnsregeln ab und gelangt zu dem Er - gebniß, daß Gerechtigkeit und Billigkeit, Wohlwollen unb Humanität gegen Jedermann, Gntracht und Friedfertigkeit, daneben Selbstbeherrschung, Auf - richtigkeit, Gesinnungstüchtigkeit und Karakterstärke die praktische Weisheit ausmachen und dem mensch - lichen Glück am zuträglichste» sind. Das erscheint widerspruchsvoll; aber man darf nur ein Wort er - gänzen: „Suche deinen wahren Nutzen!" Auch in den Fragm der Lebensführung ist die Vernunft die höhere Instanz und weist dem Willen einen besseren Weg, als denjenigen, den der oberflächliche, hausbackene „gesunde Menschenverstand" des Philisters zeigt. Denn wenn auch der Mensch in Einzelfällen eher seine Rechnung findet, wenn er der kalten Selbstsucht die Zügel schießen läßt: die Gesammtsumine zeigt doch, daß er weit besser fährt, wenn er die Lehren der Tugend fich zur Richtschnur macht. Das Gleiche gilt nun auch im politischen und wirthschaftlichen Leben und für die Klassen. WaS das gewöhnliche Urtheil für nützlich oder schäd - lich hält, erweist sich bei klarer Beleuchtung resp, im Verlaufe praktischer Erfahrung oft als das Gegentheil. Der blanke Egoismus ist auch den herrschenden Klassen nicht zuträglich. Wenn auch das Unternehmerthum zcstweilig höhere Profite einsackt, falls es seinem Ausbeuter - trieb keine Schranke zieht: so würde es doch west besser fahren, wenn es den gerechten Forderungen der Arbeiterschaft entgegenkonnnen würde, und das aus verschiedenen Gründen. Die maßlose Aus - beuterei zwingt die Arbeiter, zu erkämpfen, was ihnen versagt wird, und dieser Kampf erringt ihnen oft mehr, als fie aus dem Wege gütlicher Vereinbarung erlangt hätten und verstärkt überdies ihre Macht - position. Und da die Arbeiter keine bloße Maschinen find und der psychologische Faktor auch ein Wort mitredet, so kommt dem Unternehmer ein arbeiter- freundliches Verhalten auch insofern zu Statten, als die Arbeiter Anhängllchkeit für ein solches Geschäft empfinden, arbeitsfteudiger sind und nicht ohne Noth den Platz wechseln, so daß dem Geschäft ein Stamm tüchtiger und eingeschulter Arbester erhalten wird, was für viele Betriebe unstreitig von großem Werth ist. Mögen also die Unternehmer immerhin ihren Nutzen suchen, aber ihren wahren Nutzen, der auf dem Wege der Gerechtigkeit mib Billigtest liegt. In politischer Hinsicht bietet die Gegenwart die beste Illustration. Ihren Nutzen haben die in - dustriellen und kommerzielleil Kapitalisten zu finden geglaubt, wenn sie die Reaktion stärken zur Unter - drückung der Proletarierpartei und zur Eindämmung der Arbeiterbewegung. Und was haben fie erreicht? Daß dem Agrarier- und Junkerthum und dem Klerikalismus wieder gewattig der Kamm geschwollen ist unb diese finsteren Mächte nicht allein die Rechte des arbeitenden Volkes, sondem mich die bürger - lichen Interessen, die materiellen und geistigen, auf's Schwerste bedrohen. Einem süddeutschen national- liberalen Blatt ist darüber ein Lichtblick gekommen. Sonst bismärckisch und sozialistenfeindlich bis aus die Knochen, schrieb es neulich zur Mquel'schen Sammelpolittk: „Es sei nicht zu bestreiten, daß dem extremen Agrarierthum gegenüber die industnellen Arbeitgeber mit ihrm Arbeitern eine Gemein - schaft der Interessen haben, die zu verkeimen die Sozialdemokratte weder die Möglichkeit noch das Bedürfniß habe." Seufzend nmß das Blatt be- kemieii, „daß die industriellen Arbetter sich gezwungen sehen, die Sozialdemokraten als die Vertheidiger ihrer, der Arbestgeber, eigensten und unmittelbarsten Interessen anzuerkennen", und es verweist aus die Stelle im sozialdemokrattschen Wahlaufruf, wo der - selbe für eine stetige Handelspolitik eiutriit, die auf dem Abschluß von Tarif- oder Meistbegünstigungs - verträgen mit allen in den modernen Verkehr ge - zogenen Völkern beruht. Der neueste agrarische Vorstoß, das fredje Attentat gegen die Freizügigkeit, gchört auch in dieses Kapitel. Daß das Recht der Arbeiterfreiziigigkett den Junkern ein Dom im Auge ist, weiß man längst. Sie haben demselben auch mehrmals Löcher in den Kopf zu schlagen versucht. So im Biärz 1889, wo sie die Vertheuerung der Eisenbahnfahrt in der 4. Klasse verlangten und über „Eifeubahnvagabun- dage" der Arbeiter belferten. Jetzt blüht ihr Weizen unb die Erklärung des Dftnisters v. Hammerstein hat die saubere Absicht des gegenwärttgen Kurses grell erhellt. Wie sehr ober die Freizügigkeit auch im Interesse der industriellen Kapitalisten gelegen ist, liegt auf der Hand; sie wurde ja auch in ihrem Interesse Angeführt (in Preußen schon 1842, und nachdem sie vonibergehend durch „Einzngsgelder" beschränkt war, später durch Reichsgesetz garmUirt). Die „Kölnische Zeitung" tritt darum auch dem dreiste« Anschlag entgegen, natürlich nicht der Arbeiter wegen. — Hätten die kapttalistischeit Parteien ihren wahren Nutzen gesucht unb sich mit der Arbeiter- Partei zu vertrage» gewußt, so könnten fie jetzt ruhig schlafen. Aber sie haben ihren scheiubaren Nutzen gesucht unb müssen sich mm selbst anklagen : mea maxima culpa! durch unsere Schuld ist Henie das Deutsche Reich junkerlich und pfäffisch uerfendjt. Suche deinen wahren Nutzen! Dieser Appell er» 05W ganz besonders an die Arbeiter, speziell an diejenigen, die noch nicht in unseren Reihen stehen. Suchet euren wahren Nutzen! Wollt ihr die schweren Gefahren, welche die Arbeiterklasse be - drohen, abwenben, so schließet euch dem Banner der Sozialdemokratie an, agitirt mit allem Eifer und sorget dafür, daß im kommenden Reichstag die sozial - demokratische Volksvertretung in solch starker Zahl einzieht, daß der junkerlich - pfäffischen Reaktion ge - hörig auf's Maul geschlagen wird, daß ihr daS Gebiß in den Bauch hinuntermtscht. Von der Weltbühne. Ueber de« Ausgang des Wahlkampfes hegt der hiesige Bismarckmoniiör Besorgnisse, weil die Re - gierung nicht nach Bismarck'schcm Illuster mit fester Hand in den Wohlkampf eingreist und das Wahlglück zu ihren Gunsten zu korrigiren sucht. Die „Hamb. Nachr." be - klagen diese Zurückhaltung bitter und suchen die Re - gierung anzustachcln, noch jetzt in ihrem Sinne vor - zugehen. Sie erklären: „Wir unsererseits würden es für richtiger gehalten haben, wenn sich die Regierung offen an die Spitze der Politik der Sammlung und der Bekämpfung der Sozialdemokratie gestellt hätte, wenn fie mit voller Energie und mit ihrer ganzen Autorität für die Erreichung der an - gestrebten Ziele eingetreten wäre. Zweifellos wäre der Kampf dann heftiger geworden, als er es jetzt ist, aber ohne Kampf giebt es keinen Sieg, sondern nur Stagnation imd unklare Verhältnisse, bei denen lediglich die fubverfivm Tendenzen im Staatsleben ihre Rechnung finden." Das Bismarckblatt sucht dann nach den Gründen für die Pasfivftät der Regierung utib bemerkt: „Ist der ideale Wille darauf gerichtet, sich jeder Einflußnahme auf die Wahlen geflissentlich zu enthalten, um in dem neuen Reichstage eni möglichst getreues Bild der im Volke wirklich herrschenden Auf - fassungen zu erlangen? Diese Absicht möchten wir einer Regierung nicht zuschreiben, die sich chrer Pflicht bewußt ist, auf die Znsanimensetzung der Volksvertretung innerhalb der gesetzlichen Schrarcken im Sinne der Förde - rung derjenigen Polink pflichtgemäß einzuwirken, die sie nach bestem Wissen und Gewissm für diejenige hält, die den Interessen von Reich und Volk am meisten entspricht und die deshalb von ihr betrieben werden soll." Merkwürdiger Weife stimmen wrr hier einmal durch - aus mit den „Hamb. Nachr." überein. Die Regierung kann wirklich nicht in den Verdacht kommen, daß sie den „idealen Willen" habe, im Reichstage ein möglichst ge- weues Bild der im Volke herrschenden Strömungen zu schaffen. Wollte fie das, so hätte fie längst für that - sächliche Sicherung des Wahlgeheimnisses sorgen und mit der veralteten WahlkreiSeintheilung anf- räumen müssen, deren Auftechterhaltung das reichstag- liche Spiegelbild der Volksstimmnng gradezu fälscht. Solch ideale llllottve stecken ivirklich nicht hinter der wenigstens scheinbarm Zurückhaltung der Regierung. Auch darin stimmen wir den „H. R." bei, daß es nicht Rücksicht auf das Zenttum sein kann, wie von ultra- montaner Sette darzulegen versucht worden ist. Aber welche „Gründe bleiben dann noch". DaS Bismarck - organ legt sie fich nach seiner Weise zmecht. ES erklärt zum Schluß: „Unter solchm Umständm bleibt nichts übrig, als die Enthaltsamkeit der Regierung auf dm Fortbestand der Auffassungen zurückzuführen, welche bisher u. A. den Versuch einer Repristination (Wieder - herstellung) des Sozialistengesetzes verhindert haben und zu denen sich auch der Staatssekretär des Sinnern bekannt hat, als er erklärte, es müsse dm durch die sozialrevolutionäre Bewegung bedrohten Elementen der Bevölkerung überlassen bleiben, den Kampf gegen die Sozialdemokratte zu fiihrm ; der Erlaß eines Ausnahme - gesetzes gegen dieselben würde nur die Erschlaffung dieses Kanipfes zur Folge haben. Wir theilen diese Auffassung nicht mld können dem Verzicht der Regierung auf die Führung im Wahlkampfe in dieser Beziehung so roentg beistimmen wie in jeder anderen. Es liegt zu lief in unseren deutschen Anschauungen und Gewohnhettm be - gründet, daß eine Bewegung nur dann durchschlagenden Erfolg hat, wenn bie Legierung sich mit dem vollen Schwergewicht der Staatsauto - rität an ihre Spitze stellt. Daran fehlt es in dem jetzigm Wahllampfe völlig und deshalb schm wft feinem Ausgange nicht ohne Besorgniß ent - gegen." Neues Sozialistengesetz, brutale Unterdrückung der Arbeiterklasse und aller ihrer Bestrebimgm, das ist ja das Abmd- unb Morgenlied des Bismarckblattes, das es mit cm Blödsinn grenzender Blindhett immer aufs Reue herplärrt. Setti unheilbarer Rothkoller macht es blind für die entgegmsteheitdm Hindernisse und es sicht nur migenügenbe Entschlossenheit der Regierung, wo es sich in der That um schwere Verlegenheiten handelt. Die „H. 9t." könnten auch wissen, daß das jetzt am Ruder befindliche Konsortium von Ministern und Staatssekrctärm es in Bezug auf reaktionäre Gesinnung und in Bezug auf die Neigung, der Arbeiterklaffe neue schwerere Fesseln (nunlegen, mit' dem Alten im Sachsenwalde getrost auf» nehmen kann. Nicht mn das Wollen handell fich's, sondern um das Können. Wenn die Regienmg nicht so pstlmp draufgeht, wie ben „H. N." gefaHen würde, so geschieht es nur, weil die Herrm so viel staatsmännische Schläue besitzen, fich zu sagen, daß sie damit das Gegen - theil ihrer Wünsche erreichen würden und daß forsches reakttonäreS Draufaängerthum der Opposition zu Gute kommen würde. Darum die dem Bismarckblatt so unsympathische Zurückhaltung. Man hofft heimlich und M, von hinten herum auf dem Umwege der wirthschaft - lichen Sammlung eine reaktionäre Mehrheit zusamnienzutteiben, die bann die politischen Pläne der Reaktton verwwklichen soll, die Anschläge gegen bas Wahlrecht, die Fr e i z ü g i gke it, das Koali - tion s r e ch t 2C. Au? demselben Grunde schwören die Konservattven Tag für Tag Meineid über Meineid, indem fie ihre WahlrechtSfettcbfchaft verleugnen. Aber eS ist umsonst 1 Das Volk hat die Herren durchschaut tmd sie richttg erkannt; es wird auf seiner Hut fein imd auch auf ben beliebten Schleichwegen wird eine reaftionäre Mehrheit nicht zu Stmide kommen. Tie Wähler werden am 16. Juni beut einen Riegel verschieben Der Kampf gegen das allgemeine Wahlrecht. Wie Berlnter Blätter mittheilen, wurde am 29. Mai in einer zu Berlin abgehaltenen Versammlung der „kon - servattven und gemäßigt liberalen Wähler bc8 Kreises Niederbarnim" der konservative Landtaasabgeordnete, frühere Führer bar Berliner antisemitischen Stadt - verordnetenfraktion, Oberlehrer Proftssor Dr. Irmer, als Kandidat ausgestellt. Ueber die Stellmig Dr. IrmerS zum Wahlrecht giebt folgender Passus seiner Rede Auskunft: .Der Reichstag müsse die Rechte der verbündeten Regierungm schützen unb aus diesem Grunde jeden Gedanken eines parlamentarischen Re - giments abweise n. Selbstverstäitdlich verlange man auch, daß der Reichstag die Rechte des Volkes gegenüber der Regierung wahre, unb falle eS deshalb bat Konservativen gar nicht ein, das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht jetzt anzitgreifett. Auch liege augenblicklich kein Ättlaß dazu vor, tocitn er auch nicht aititehme, daß dieses Wahlrecht für alle Ewigkeit daS beste fein müsse. Detin eS fei eilt netter Zustand, baß eine Stadt w i e Hamburg, die durch ben Handel groß geworden, lediglich drei Sozialdenwkrctten in ben Reichstag entfenbet unb keinen Vertreter des Handels. Man werde versuchen müssen, diesen Uebelstand auf dem Boden der bestehenden Verfassung zu beseitigen. S er ch? in Deutschland arbeiten und hlanb arbeiten und — mögen immerhin die beten Gefahr für die Industrie, w Arbeiter verhungern ober auSwandern. Diese Anreiz zu allerlei Btacheproben t ttrioten unb SainmlungSbrüder sind gewiß über i Fällen Oie Arbeiterorganisation« veröffentlichten Erlaß hocherfreut. I Streiks verhindern, übersah der H> tangen zu finden: „Schutz der nationale» Arbeit." Der preußffche Eisenbahnmmister Thielen, der ben ostelbischen Groß - grundbesitzern schon durch die Einftihrung eines Getreide - ausnahmetarifs nach Oesterreich eine Freundlichkeit er - wiesen und die Abschiebung deuffcher Brotfrüchte nach dem Auslande wesattlich gefördert hat, ist jetzt daraus bedacht, der „nothleidettden Landwirthschaft" noch einen wetteren Gefallen zu thun und billige Arbeits - kräfte zu sichern, indem er innerhalb seiner Verwalltmg die Heranziehung ausländischer Arbeiter empfichlt. In letzter Zeit find mehrere dieSbezügllche Ver - fügungen des MnifterS bekannt geworden. Ter „Vor - wärts" ist in der Sage, folgende weitere Verfügung zu veröffentlichen: Ter Minister der öffentlichen Arbeiten. IV B. 4786. Unter Hinweis auf die Erlasse vom 15. April — IV B. 4187 — veranlasse ich die königkiche Effenbahn- direktton, mir binnen vier Wochen eine Aachweifinlg über die Zahl der gegenroätrig ttn Betriebsdienste und bei Eisenbahn-Reiwauten, (Ban neuer Bahnstrecken, Bahnhofsbanlen x.) beschäftigten ausländischen Arbeiter (soweit möglich, muh ihrer StaatSangehörigkett ge - trennt) einzureichen. Tie Nachweiftuigm find für die Betriebsverwaltung tmd die Neichauverwaltung ge - sondert aufzustellen mid für die BeiriebSverwaltmig nach Werkstätten-, StattonS- unb Streckenarbeiten zu scheiden. Bezüglich der Neubauverwolmng ist zugleich die Zahl der überhaupt beschäftigten Arbeiter anzugeben. Zugleich sehe ich einer Aeußerung darüber ent - gegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange eS thunlich ist, in der Betriebs - verwaltung, und soweit beim Neubau Regiearbeiten auSgeführt werden, auch in diesem ausländische Arbettcr vorüber - gehend, z. B. als Saisonarbeiter zu verwenden. „In der heutigen ersten Sitzung der General - versammlung des „Rabbinerverbandes in Deutschland", die von 120 Mitgliedern besucht ist, stellte daS AuSschußmttglied Rabbiner Dr. R a h m e r - Magdeburg den Antrag auf Absendung eines Er ¬ würbe .Herr Delbrück, „um die Str eil vereine etwas an den Zügel zu nehmen", einen Sparzwang der Arbeiter für vortheilhast Hallen, und zwar sollte bei Ansbruch eines Streifs das Gewerbegericht zu prüfen haben, ob der Streik gerecht oder ungerecht ist; «wird er für ungerecht bestrnden, dann sollen die Auszah - lungen aus ben Sparbüchern für gesperrt erklärt unb die Arbeiter dadurch der Mittel zur Durchführung ihres Streiks beraubt werden. Tamil wäre ja ein recht hübsches Mtttelchen ent - deckt, die den Unternehmern so unangenehmen Streik- zu hindern. Zur Milderung des in der Land- wirthschaft herrschenden Arbeiter- mangels würde es beitragen, wenn zu den Eism- bahnneubauten, bei denen die Arbeitsgelegenheit natur - gemäß nur eine vorübergehende ist, wenigstens in ge - wissen Landestheilen ht größerem Umfange al i bisher ausländische Arbeiter herangezogen werden könnteit. Die königlichen Kfenblchn- bireltioiieu wollen sich darüber aussprechen, ob fich in dieser Bezie^ing auf bie Unternehmer durch Aenderung der Verträge und in sonst ge - eigneter Wesse mit Erfolg et «wirken läßt und ob eine derartige Maßnahme ohne wesenttiche Schädigung fiskalsscher und sonstiger berechtigter Interessen aus - führbar erscheint. Der „Vorwärts" wirst Me Frage auf: Ist dies Erlaß Vaterlands- und staatSfreundkicl. Zwei Ansichten stehen sich gegenüber. Die Ansicht der Kraut- und Schlotjunker acht dahin: Profit und Rente der wenigen Reichen sei Zweck des Staates. Diese „Patrioten" führen die Worte national", -patriotisch" stets im Munde und treten begeistert dafür em, daß a n Stelle der deutschen Arbeiter ausländische Tie gesetzliche Gleichberechtigung der Ar - beiter ist dem anmatzmden Schlotjuickerthum ein Greuel. Daher richten sic ihre Angriffe gegen alle Institutionen, die diese Gleichberechtigung zum Ausdruck bringen, z. B. gegen die Gewerbegerichte. Einen solchen An - griff von Seiten der „Teusschen Lolksw. Korresp.', einem ganz im Stumrnsschen Geiste gehaltenen llnter- nehmerorgan, haben wft jüngst mitgetheilt. Die Zeit - schrift „DaS Gewerbegericht" antwortet jetzt darauf mtt wohlthucnder Schärfe, indem sie besonders auch die sozial - demokratischen Beisitzer gegen ben Vorwurf der Parteilich - keit bei der Rechtsprechung in Schutz nimmt: „Wenn ohne jede Begründung uub Beweis bie Klagen über gewerbegerichtliche vrthette, die von einseitig sozialdemokratischer Parteiauffassung beherrscht werden, wiederholt werden, so möchten wft doch daraus Hinweisen, daß solche Klagen uns von keinem Gewerbe- gerichtS-Dorfitzenden bisher besannt ge- worden sind und daß auch unter Den Urtheilen, die uns wohl in reicherer Fülle als irgend einer Stelle sonst in Deutschland zugehen, sich niemals solche gesunden haben, die einen derartigen Vorwürf rechtfertigen. Es ist diese Behauptung über die von sozialdemokratischer Panei- auffapung beherrschten^ also parteiischen und deshalb ungerechten llittheile eine Phrase ohne jeden Inhalt, die eine schwere Beleidigung der Gewerbe- gerichtS-Dorfitzenden tote der Beisitzer enthält. Im Gegen - theil, eS ist das Übereinstimmende Urtheil aller GewerbegerichtS-Vorfitzenden, daß auch die sozialdemokratischen Arbeiter in den Spruchsitzungen fast ausnahmslos sich ledigstch als Richter unb nicht als Parteimänner fühlen." Wie glücklich wären die Richter an den Strafgerichten zu pressen, wenn man von ihnen allen das Gleiche sagen einigem Falschen unb Schlechten gemischt enthielt, sprach der Rational-Soziale Tifchendörfer ebenfalls zu Gunsten der Arbeiteroraanssationen. Sehr kraufeS Zeug brachte dagegen da Prof. HanS Delbrück, be Herausgeber der „Prrnß. Jahrbücher", zu Tage. Rach ihm bilde daS Bestehen der Gewerkschaflen ein» itngt» peirrt Gefahr für die Industrie, wett dies Bestehen den bentschen Arbeiter verhungern oder aus wandern. Diese Anreiz » allerlei Dtacheproben biete. Ai wie v«len Talmi-Patrioten und SanmttungSbrüder sind gewiß über । Fällen die Arbeiterorganisationen den AuSdrnch von den oben veröffentlichten Erlaß hocherfreut. I Streiks verhindern, überseh der Herr Professor. Trotz- Die Ansicht der er w erb S t h ätig en nnd ar-, dem will er aber den Arbeitern das Recht, sich zu der - be i 1 e n d e n Bevölkerung ist grade entgegengesetzt. SA einigen, nicht nehmen, weil dies doch einmal zu den meint, nicht die Höhe des Profits und der Rente der! modemen bürgerlichen Frecheitm gehöre. Dagegen I Tie freie Konkurrenz in „monarchischer @e< finnnug". Nach Ansicht der Nntisemften find die Juden „nicht würdig", sich auf „monarchische Ge- fiTMimg" zn berufen und sich „Deutsche" zu nennen. Die antisemitischen „Patrioten" werden n cht wenig erbost sein, folgende Berliner Meldung vom 1. Juni m ben Zei- toenigeu Reichen, sondern baS Wohlergehen der Gesammtheit bestimme bie Größe des Vaterlandes. Ter Wohlfahrt des Valerlaudes handelt der zuwider, der den inländischen Arbeiter benachlhettigt oder gar die Schnmtzkonkurrenz ausländischer Lohnsklawen noch kmisittch steigert Schon der Grundsatz der aCgaueiuen Wehr - pflicht verbietet das Verdrängen der inländischen durch ausländische Arbeiter. Eine Lichtung, die die inlätcdischen Arbetter durch Konkurrenz von Ausländern benachtheiligt, greift die Grundlagen des Staates an. Wenn nun gar die Heranziehung ausländischer Arbeiter de» reichsten Leutm im Lande noch billigeres und willigere« Arbetter- material verschafft, so ist die, wenngleich unbeabsichtigte Folge solcher Heranziehung ein» jedes 5kulturstaattS unwürdige Unterstützung der krassesten Ausbeutung. Die arbeitend« Bevölkerung Deutschlands möge °S sich daher angelegen fein lassen, über die gemeinfchäd- lichen Versuche der Verdrängung deutscher Arbeiter durch ausländische ihre eigenen Genossen und die Gesammtheit der Arbeitschätigen aufzuklären. Gebt am 1K.Juni die Antwort auf die Pläne, Euch des Vaterlandes zu berauben! Führt der S 0 zialdem 0 kr ati e neue Kämpfer zur Be - schleunigung des Sieges der Arbeiter über das vaterlandslose Kapital zul Die „Voss. Ztg." bemerkt zu der Verfügung : „Von der amttichen Emplehlung der Verwendung ausländischer Arbetter ist vielleicht der Weg nicht allzu weit zu der von einzelnen Agrariern längst befürworteten Ein - führung von LuliS. Ob man die auSländifchen Arbeiter in jedem Falle auch so leicht loswerden kann, wie man sie ruft, ist ftaglich. Nur zu wahrscheinlich aber ist eS, daß die Verfügung des EisenbahnministerS dazu führen wftd, die Zahl der Arbeiter- stimmen für die Sozialdemokratie zu vermehren." Ebenso müsse daS Dreiklasfen-Wahlrecht für ben Landtag beibehakien werden, das ent passendes Gegengewicht gegenüber dem ReichStagS-Wahlrecht fei" Also auf dem Boden der Verfassung soll daS Reichstagswahlrecht „refornnrt" werden. Ein gescheidter Gedanke l In der Reichsverfassung ist allerdings da« allgemeine, direkte Wahlrecht mit gcheimer Ab - stimmung garantirt, nicht aber das gleiche Wahlrecht, und deshalb brauchen Diejenigen, welche nur für daS „verfassungsmäßige" Wahlrecht einfteten, nicht für das gleiche Wahlrecht zu sein, sondern können, un - beschadet dieser Erklärung, ein abgestuftes Stimmrecht, beispielsweife wie in Belgien, befürworten. Nach der „Franks. Ztg." erklärte sich der frei- konservative ReichstagSabgeordnete Dr. H ö s f e l in einer Wählewersammlung zu Tmlingm gegen daS geheime Wahlrecht bei den ReichStagSwahleu. Die .Kreuzzeitung" goß neulich ein vollgerüttelt Maß antisemitischen Unflalhs über Diejenigen aus, die nicht müde werden, die Wähler auf die Gefahr hinzuweisen, die ihrem tastbarsten politischen Rechte von der ostelbischen Reaktion her droht. DaS Junkerblatt machte in jenem Artikel den Versuch, die Mahnungen und Warnungen vor der reaktionären Gefahr als ein unsauberes Wahl - manöver darzustellen. Was sagt das edle Blatt zu diesen neuesten AuSlaffttngen konservativer Politiker? Den Sinfluß der gewerblichen mib land- wirthschastlichen Kinderarbeit auf die Jugend - erziehung behandelte auf der in diesem Jahre in Breslau tagenden Deutschen Lehrer- versammlung Herr Lehrer Fechner-Berlin in entern hochinteressanten Vortrage. Der Redner zeigte ein tiefgehender soziales Verständniß für die Frage unb trat mich mit Much und Entschiedenhett für bie Kon - sequenzen seiner Feststellungen ein, indem er ein scharfe- Vorgehen der Lehrer gegen die Erwerb «arbeit der Kinoer forderte. Die deutsche Lehrerschaft lege bet Be - handlung dieser Frage den Finger in eine tiefe Wunde am Körper unterer Gesellschaft. Nach der Statistck würden in Deutschland eine Million Kinder zur Erwerbsarbeit herangezogen. In ben Stäbten beziffere fich bi* Zahl der beschäftigten Stoiber auf 12—13 pZt., auf dem Lande gar auf 25 pZt. aller Kinder. In den Jndustriezenften sei die Kiuoerausbcutung auf da« Schlimmste ausgebildet, am ungünstigsten leien die in der Hausindufrrie beschäftig ttn Kinder daran. Aber überaus verderblich mir feit auch jnandje andere Arten der Beschäftigung von Kindern. So sei das Frühstück- brotauSftageu in den großen Städten für die Sittlich - kett der Jugend so verderblich, daß die Bäckermeister i» Berlin erklärt haben, fie können unmöglich ihre Lehr - linge, mtt Rücksicht auf die damit verbundenen Mlichen Gefahren, noch ferner zum FrühftiickauS tragen ver - wenden. Trotzdem erkläre der Obermeister der Berliner Bäckerinnimg, Herr Bernard (gegenwärtig koisservativer ReichsMgSkcmdidat), die Böcker könnten die Kinderarbeit nicht entbehren, während dieselben Bäckermeister bei anderer Gelegenheit behaupten, daß fie die Kinder nur aus „Huma - nität" beschäftigten, um ihren armen Eltern einen Verdienst zuzuführen. Redner wandte fich dann auch mit scharfen Worten jcgcn die KinderauSdeutung in der Landwirch» schäft. Die LanSwftthschast behaupte zu Unrecht, daß sie die itrnberarbeit nicht entbehren könne. Die Schule werde gleichmäßig bedroht intrch „bie Klerisei", die wieder rntttel- alterliche Schulzustäitde einführen möchte, und „durch die Agrarier, die die Hörigkeit wieder einführen möchten". Schars ftat der Redner auch ben Aeußerungen des kon - servativen Abgeordneten G a m p und des uitramontanen Grasen Ballestr em zu Gunsten der Kinderarbett ent - gegen. Gegen solche kulturfeindliche Befftebungen Prott» stire die deussche Lehrerschaft. Die Lehrer müßten da - gegen eintreten, daß den Kindern das geistige Brot noch mehr geschmälert werde. Auch die Lehrer wollten Arbeit für dir Kinder, aber durch diese Lrbett solle em Mittel geboten sein, die Kinder körperlich imd geistig zu erziehen, und als solche Arbeit sähen die Lehrer bie Schularbeit an. Vor Allem müsse ben Kindern Zett zur Bewegung in freier Lust gegeben werden. Die Lehrerschaft fd nicht dagegen, daß bie Kinder zu häuslicher Hüffeleistungen verwendet werden aber fie sei Gegnerin der fitnber arbeit in der heutigen Form, für die zumeist die gegenwärtig» soziale „Ordnung" verantwortlich sei. In einer Zett, wo Reichthum und Luxus ht solcher Wesse wachse, wie eben jetzt, ht einer Zett, wo bie Maschine für Diillione» Menschen arbeite, sei eS im höchsten Maße verwerflich, die Klnder mtt zu der Arbeit heranzuziehen, das fei wirklich kein gute» Zeugniß für unser Jahrhundert. Der Zusammenhang zwilchen kriminellen Vergehen unb Ver - brechen der Jugend und gewerblicher Beschäftigung bet Kinder werde immer mehr ersannt. Längst hätten daher die Sozialdemokraten daS Verbot der Rinber arbeit in ihr Programm ausgenommen, unb auch der internationale Srbetterfchtttzkongreß in Zürich, ans dem auch sehr viele Richssozialbemokraten tiertreten warm, habe diese Forde» rung zu der 'einigen gemacht. Redner schloß unter leb - haftestem Beifall mit den Worten: „Wenn wft die mtS anbertrauten Kinder für die Kultur erziehen wollen dann müssen wir nicht nur Erzieher, sondern auch Kämpfer für unsere Kinder seht." In der Tikstsssion, bie dem trefflichen Vortraa folgst, zeigten einige unserer Herren LolkSbilbner, daß chnen zum Berstänbinß sozialer Fragen leider noch fast Alles fehlt. Besonders entrüstet über bst Beleidigung „politischer Personen", wie des Grafen Ballestret»,' war ein Lehrer Nicke ans dem Breslauer Landkreise I Er sprach dem Referenten jede Kenntniß landwirthschaftlicher VerhÄtniffe ab und erklärte es für eine große Wohlchat, weun die Kinder auf dem Lande des NachmtttagS drei bis vier Etimden beschäftigt würden. Die Ausführungen des Referenten wurden dagegen energisch unterstützt dtwch ben bekannten, um bie Aufhebung der schmachvollen Krnberausbeutung unb chrer verderblichen Folgen sehr verbiethen Lehrer Agahd aus Rixborf-Berlin. Echlccsilch Die „fRcformbebürftigfeit" des ReichstagS- wahlrechtS hat, wie wir gestern mittheilten, das Lrgan der sächsischen Regierung, bie ^Leipziger Zeitung", be - tont. Tas Blatt fügt dem hinzu: „Aber so lange wir mit dieser Ueberzeugung nicht die Mehrheit der Varianten tarier und die Regierung gewonnen haben, besteht für das allgemeine Wahlrecht keine Gefahr." Unsere Kritik dieser Auslassung können wir durch Wiedergabe einiger Bemerkungen der ultramoutanen „Germania" vervollständigen: „DaS ist doch wenigstens offen gesprochen. So lange eine Diehrheit der Parlamentarier für eine Beseitigung ober Beschränkung des Reichstags - wahlrechts noch nicht vorhanden ist, kann natürtich Niemand daran denken, es fei beim, daß er auch vor einem Staatsstreich nicht zurückschreckh wie ihn der konservative Graf Mirbach in der Sitzung des preußi - schen Herrenhauses vom 28. März 1895 empfohlen bat. Ans der Erklärung der ^Leipz. Ztg." ergiebt sich aber von selbst der Schluß: So bald eine Mehrheit im Reichstage für die Beseitigung oder Beschränkung des Reichstagswahlrechts vorhaiweu ist, kann diese in Angriff genommen werden. Denn daß die Regie - rung gern zugreifen würde, wenn eine Reichsmgs- mehrhett ihr die Beseitigung oder Beschränkimg deS Reichstagswahlrechts auf dem Präsentftteller entgegen» bringen sollte, wird doch im Ernst Niemand bezweifeln. So hat sie ja auch die Verlängerung bet Legis- taturperioben des Reichstages, bie insofern auch eilte Beschränkung des Wahlrecht» enthallen. als diese- statt drei nur mehr alle fünf Jahre ausgeübt werden kann, von dem Kartell Reichstage von 1887 sich gern „apportiren" lassen. In einem neuen Kartell- reichstage liegt also, wie auch die halbamtliche „Leipziger Zeitung" indirekt zugiebt, die Gefahr ftir das bestehende Reichstagswahlrecht. Daraus ergiebt fich bann von selbst, daß Derienige, welcher das Reichstagswahlrecht erhalten will, gegen die Aariellbrüver als Feinde desselben seine stimme abgeben muß. Man kann fich auch dadittch nicht irre machen lassen, daß der ehre oder andere Kartellkandidat sich jetzt vor den Wahlen für bie Erhaltung des bestehenden Reichsiagswablrecht» ausspricht. Sticht daß wir ehrenwerchen Männern bannt imputiren wollten, sie gäben toiber ihre Ueberzeugung em solches Versprechen vor der Wahl ab, ohne fich nach der Wahl darum zu kümmern. Aber btt Gefahr für das Reichstagswahlrecht bleibt bestehen, wenn auch einige wenige Mitglstber unter enter neuen Sarteümehrhett im Reichstage nicht für die Beseitigung oder Beschränkung desselben eintreten würden." wurde eine Resolution deS Referenten nahezu einstimmig angenommen, die fich in ihrem ersten Theile mit der Schilderung der verderblichen Wirkungen der gewerblichen Kinderarbett in pädagogischer, moraisscher, geistioer und körperlicher Beziehung beschäftigt und in ihrem Schluss« folgende nSchstlftgende Forderungen aufstellt: a) DoS Verbot jeder Beeinttächttgung deS regtf» mäßigen Schulbesuchs durch Rücksichtnahme auf erwerbs - mäßige Beschäftigung der Schulkinder, insbesondere Be» seitigimg der Hüteschulen, sowie solcher Dispenfationm Dom Schulbesuch, die rat Interesse der Erwerbsthätigkeit geschehen. b) Jede erwerbsmäßige Beschäftigung bon Kindern unter zwölf Jahren ist zu verbieten. c) Ebenso die Arbeit älterer Kinder Morgens vor SJcginn der Schule, nach 6 llhr Abends und an Sonn - tagen und,jede Akkordarbeit. d) Die Dauer der regelmäßigen tägsichen Beschäf- tigirag ist möglichst kurz zu bemessen, auch während der Ferien. Bei der Arbeit müssen birfc-tioen besonderen Rücksichten auf Gesundheit und Sittlichkeit genommen werden, die durch da? jugendliche Alter geboten find. e) Ganz zu verbieten ist: .Hausiren, Beschäftigung m Wirthshäusern, bei Schaustellungen und bei Treibiagden. k) Di« staatliche Beaufsichtigung ist auch auf die Neschästigung bet Amber in der HauSinbustri« und « der Landwirthschast auSzudehnen. Die deutsche Lehrerverfaumilung spricht weiter den lebhaften Wunsch ane, daß bie kürzlich seitens der Reichsbehörden aufgenommene Statistck über die «r»erbS- niäßig« Arbeit fchulpflichriger Kinder, unter vermehrter Berücksichtigung der Belastung der Kinder brach die Arbeit, in regelmäßigen Sdstänoeii wiederholt und auch ans die Arbeit in der Landmirihschast ausgedehnt »erb«. Ter evangelisch-soziale Kongreß, eine aus der Siöcker'schen christlich - sozialen Partei hervorgegangene Bereinigung evangelsscher Sozialpolitiker, hat ht diesem Jahre Berlin zu feinem VerfwnmlimgSort gewählt. An« den im klebrigen nicht sonderlich mirreff anten Verhand - lungen sei ein Vortrag deS Proseffors Stieda- Leipzig über die Arbeiterorganisationen hervor ge - hoben. Der Vorftagende erinnerte daran, daß nach der kasserlichen Bosschaft des JahreS 1881 und ben Erlassen vom 4. Februar 1994 bie sozialpolitische Weiterentwicklung neuerdings in’8 Stocken gerochen sei. Er hoffe jedoch trotz - dem ans eine baldige Wiederanftiahme der sozialpolitischen Srbeüen, da bie? auf bie Dauer nicht zu umgehen fei. Tie kaiserlichen Erlasse hätten angeregt, baß man bei Allem, was für die Arbeiter geschehen solle, diese selbst hören müsse. Dem fei f. Z. bie Verwrrklichung auf bas Fuße gefolgt, indem geietzstch die ArbeiterauS- s ch ü s s e geregeü worden feien. Solche Arbeiterausichäffe sonnten zweifellos als vermittelndes Organ zwischen ben v erschienen Interessen der Unternehmer imb Arbeiter dienen unb auf beiben Seiten bie Schärfen mildern. Trotzdem halte der Redner bie günstige Auffassung der ArbeiteranSschüsse rauer den deutschen Nationalökonomen für zu enchufiakiscb. Die Unternehmer zeigm Abneigung gegen die AirSschüffe, bie Arbeiter @lftcftgnftigfeit und Miß trauen. Wo sie bestehen, verfallen fie enier rühmlosen Vergessenheit Man komme in den Ausschüssen selten über eineHstawnische Behandlung der Ardenerverhältnisse hinaus. Denn der Iluternrhmer fei eben durch StichtS gehalten, die angeregten Verbesserungen auch brachzuführen. Die Ausfchüffe seien z. B. bet Fragen ber Lohnregnlftitng so gut wie ohnmächtig. Tie Arbeiter müßten sich daher, nm wirklich in die Gestaltung chrer Lerhälttmse era» greifen zu können, in Vereine zurammenschließerr. Dft Arbeitervereine leiden ober unter einer bedauerns- werthen Rechtsunsicherheit trab auch die gegen - wärtige Regierung sei nicht geneigt, die Sicherhett der Rechtsstellung zu erhöhen. Der c?rimdzug aller Be- denken sei, daß bie Gewerkschaften und dergleichen keine Institution deS Hrftdens, sondern Kampsorganffationen seien. Man fürchte, daß ihre RechtSsichenrag der Soziak- bemofratie dienen würde. Reine Friedmsinstitutionm seien die Gewmkvereine allerdings nicht: In einem ge - wissen Segensatz stchen nun einmal Unternehmer und Arbeiter; freiwillig verzichte das Kapital auf einen bisherigen Gewinn nicht. Deswegen feien Friktionen unvermeidlich. Das begründe aber noch nicht die ewig« Angst vor den Gewerkfctia'ten, denn es fei anzunehmen, daß dir posttffche Organisation der Arbeiter in demselben Maße zranckgehen werde, wie fich die Arbeittr ht Fach- verbänden zusammemchkießen. Endlich hielt der Vor - tragende btt staatliche Errichtung von Arbeiter- kammern für sehr wünschenswerch. Ebenso wie der Handel, bie Landwirthschast, daS Handwerk, sollten auch bie Arbeiter ihre legale Vertretung haben. ES handeltt fich hierbei gar nicht um eine Institution, dft aus- schließlich tat Interesse ber Arbeiter liege, weil eS auch fift die Regierung unb für die übrigen Gesellschaftsklassen wünschenSwerth sei, die Ansichten ber Arbeiter über Gesetzesvorschläge ober bergleichen kennen zu lernen. Nach diesem Vorftage, bet vieles Richtige mit