Nr. 179. 12. Jahrgang. . 3Ü' Da« „Hamburger Vcho" trldjeint täglich, außer Moutag«. Der AbonncmentSprciS (mft. „Dir Rene Welt") beträgt^ durch die Post bezogen (Nr. de« 'Jo|l= tatalog« 3172) ohne Bnngegcld vierteljährlich M. 4,20; durch di- «olpottövc wödjcntE 36 4 f”> '«» Hau«. Sinzeluc Nunuucr 6^. SountagS-Nuiumcr mit illustr. Sonutagä-Beilage „Die Nene «Veit 10 4. Verantwortlicher Nedallör: Gustav Wabersky in Hamburg. Mittwoch, »eit i. August 181)8. Anzeigen werden die stch«gelpaltene Petitzeile oder deren Raum mit 30 4, für den Arbeitsmarkt, Der» micthnngS- und Famiiienanzeigen mit 20 4 berechnet. Anzeigen-Annahme in der Expedition (bifl 6 llhr Abds ), sowie in fämmtl Annoncen- BNre«n« Redaktion und Expedition: Grohe Theaterstrahe 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. „Deutschland, die fromme Kinderstube." Die bürgerliche Prcffe hat dieses Jahr mehr Glück als der Weinstock. Als ihre zahmen und wilden Auslassungen über das Wahlglück der Sozial- demolratie auch dem Philister zum Hals heraus zu wachsen anfingen und schal schmeckteil wie abgestan - denes Bier, wenn das Faß zur Neige geht, bescheerte ihr eine gütige Fügung die Affäre Lippe-Detmold, ein Hlludstagsthenia, wie man es nicht besser wünschen kann, eine wahre Delikatesse für monarchistische Gaumen. Verzückt löffelt der loyale „Unterthan" die Kaunegießercien darüber aus wie Erdbeer- oder Ananasbowle und ergreift leidenschaftlich Partei für die eine oder für die andere Seite. Da ist er in seinem wahren Elemente, bei dieser „Politik" wird er warm, wie betreßte Lakaien, wenn sie sich über ein Zerwürfniß ihrer Herrschaft erhitzen. „Deutsch - land, die fromme Kinderstube" (Bedienten- stube wäre zu unhöflich), das Wort ist heute so wcuig veraltet, wie in bett Tagen seiner Prägung, aber fteilich nur auf das bürgerliche Deutschland bezogen, das Proletariat ist seitdem zur kräftigen Männlichkeit gereift. Wir können es daher dem „Neichsboten" (f. unsere Nummer 172) gar nicht verdenken, wenn er schrieb: „Das Volk als Nl'asse ist ein Kind, zu dessen Vormund die legitime Obrigkeit gesetzt ist", das konservative Ncuckerblatt verwechselt nur das „Volk" mit dem Biirgerthnm; das letztere ist aber nicht das Volk, sondern das „Uiwolk", uni mit dem natioualsozialcu Professor Sohm zu reden und hat in der That noch heute die politischen Kinderhöschen nicht verwachsen. Dafür liefert neuerdings jeder Tag wieder Be - weise. Das Biirgerthnm läßt die wieder aufci;\niibene vormärzliche Reaktion immer näher an sich herankriechen nud rührt sich nicht, hat sogar seine Freude daran, lueint das Reptil nach dem klassenbewußten Proletariat schnappt und ihm giftige Bisse versetzt, und ergötzt seine Blicke an der bunt schillernden Haut des gefährlichen Wurms, seinen langgestreckten und geblähten Leib und dessen zier - lichen Windnugeu. Ein Bürgerthum, das kein Kind ist, würde z. B. gegenüber einem Podbielski'schen Postbeamten- erlaß nicht so gelassen bleiben wie das deutsche; cs würde sich sagen: was heute der Sozialdemokratie passirt, wird morgen bürgerlichen Oppositiousparteien widerfahren. — Ein Bürgerthum, das k^in Kind ist, würde die „wunderbare" Entscheidung des OberverwaltnugSgerichts in Sachen der Ehrung der Märzgefallenen nicht ruhig einsteckeu, sondern in geharuischtcu Protesten dagegen aiiftreteu. Und die Erfahrung lehrt, daß die reaktionäre Bureaukratie vorläufig uoch vor solchen die Segel streicht. — Ein Bürgerthum, das kein Kind ist, ließe sich die Eisenbahuzensnr, wie sie längst gegen sozial - demokratische Blätter, neuerdings aber auch schon gegen mehrere bürgerliche Zeitungen geübt ward, nimmermehr gefallen. — Ein Bürgerthum, das kein Kind ist, würde den Herren v. Bötticher und Spitz in Sachen der Militärvereiue die gebühreLdr Antwort ertheilen. — Ein Bürgerthum, das kein Kind ist, würde nicht dazu schmunzeln, wenn der Senat der Freiberger Bergakademie zwei russische Studenten lediglich wegen ihres geselligen Verkehrs mit erklärten Sozialdemokraten ausweist, mit der skandalösen Begründung: sie hätten damit gegen die bergakademischen Begriffe von Sitte und Anstand verstoßen! Hätten die Eltern der Studirenden an dieser Akademie das Hirn auf dem rechten Fleck, so hätten sie Alle darauf hin ihre Söhne von dieser Akademie sofort abberufen und keinen Tag länger dort studiren lassen. — Ein Bürgerthum, das kein Kind ist, hätte seit lange gegen die kriminal- sophistische Epidemie energische Btaßregeln ergriffen, statt sie immer weiter und bösartiger fortwuchern zu lassen. In einem der jüngsten Hefte der „Zu - kunft" schreibt der bekannte Landgerichtsrath a. D. Gustav Pfitzer: „Wenn man die Organe der Orduuugsparteieu hört, so lassen bei uns Gesetz - gebung, Rechtspflege und Verwaltting kaum etwas zu wünschen übrig. Gewiß, für die Ordnung ist gut gesorgt, aber wie steht es mit der Gerechtigkeit? Offener Rechtsbrnch mag ja .selten vorkommen; aber wenn es, wie ich gelesen, für statthaft erklärt wird, daß die Gerichte bei Bekämpfung der Sozialdemo - kratie in der Auslegung der Gesetze bis an die äußerste Grenze des Erlaubten gehen, so wird damit doch den Richtern die Beherzigung des Satzes em - pfohlen, daß das Gesetz eine wächserne Nase habe, und strebsame Richter und Staatsanwälte lassen es an dieser Beherzigung nicht fehlen: jedes unüberlegte derbe Wort, jeder harmlose Spott über auffallende Reden oder Thaten eines gekrönten Hauptes wird als Majestätsbeleidigung verfolgt und bestraft. Ein Arbeiter, der in der Neichsdnickerei ein bedrucktes Blatt Papier im Werth von einem Bruchtheil eines Pfennigs an sich nimmt und es einer sozialdemokratischen Zeitung zuvorzeitiger Bekanntmachung ausliefert, wird nicht nur aus dem Dienst entlassen, sondern als gemeiner Dieb für Monate in's Gefängniß gesteckt. Ein sozial - demokratischer Gesinnuiig (mit Unrecht) verdächtiger Soldat, in dessen Händen ein äransches Geschirrstück zerbricht, wird wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung bestraft, weil ihm zwar die böse Absicht nicht bewiesen sei, er aber den Mangel dieser Absicht nicht bewiesen habe! Und schließlich wird Jeder, der sich politisch dadurch mißliebig macht, daß er etwas sagt oder thut, was einem Mächtigen nicht gefällt, wegen „groben Unfugs" bestraft! DieRtännerderOrdnungs- Parteien finden das Alles vielleicht nicht in der Ordnung, aber zu einem energischen Protest, raffen sie sich nicht auf!" Die Reaktion kennt ihre Pappenheimer und weiß, daß das einsaitige politische Kind sich noch viel mehr bieten läßt, ohne aiffzumucken. Schrieb da kürzlich das badische Militärvereinsblatt: „eine ge - wissenlose, jedes Ehrgefühls bare Gesellschaft, habe mit der Auslieferung Karlsruhes, der badischen Re - sidenzstadt, schnöden Undank gegen den Großherzog an den Tag gelegt. Treulose, undankbare Landes- finber hätten durch solch' vaterlandsloses Verhalten einen ewigen Schandfleck auf sich geladen." Wir haben nicht gehört, daß dieses Blatt auch nur einen Abonnenten deshalb verloren. Der Gedanke istübrigens nicht ganz neu. Schon bei den Kartcllwahlcn 1887 hat Herr von Miquel als Kandidat der National- liberalen zu den Wählern in Kaiserslautern gesagt: „Des Kaisers Herz ist traurig, macht es wieder froh", nämlich durch die Wahl Miquels. Es sollte uns gar nicht wundern, wenn einmal ein findiger Kriminalkopf auf die Idee verfallen sollte, jeden sozialdemokratischen Wähler wegen Majestätskränkung — welche gleich Majestätsbeleidigung — zu ver- knurreu. Das große Kind ließe auch das hingehen. Kinder müssen wählen wie Papa wünscht. Bon der Weltbühnc. Echt »ationalliberal ist die Aeußerung des „Hann. Cour." über die auch von uns gebrachte Mittheilung der Gründe, welche zur Abhaltung des internationalen Kon- greffes in Paris geführt haben. Das Organ des Herrn von Vennigscn schreibt: „Der „Vorwärts" begründet die Abhaltung des nächsten internationalen Arbcilerkougreffcs in Paris an - statt in einer deutschen Stadt damit, daß Deuffchland „leider noch nicht in die Reihe der KulMrstaaten ein- getrcten, die dem Inländer und Ausländer die persän- liche Freiheit und Sicherheit gewährleisten". Eine solche Herabwürdigung des eigenen Vatcrlaicdes füllt int „Vor - wärts" ja längst nicht mehr auf, ist aber in diesem Augenblick besonders verächtlich ; warum, kann das sozial - demokratische Zentralorgan vom Exhauptmann Dreyfus oder, falls dieser an der Ertheilung der Auskunft verhindert seht sollte, bei Zola erfahren. Vielleicht aber verzichtet der „Vorwärts" auf die Bcfragmig der beiden Herren und begnügt sich, von dem Briefe Kenntniß zu nehmen, mit dem der Redaktör des „Temps", Francis de Presience, sein Ehrenlegionkreuz zttrückgeschickt hat. Darin schreibt er: „Es würde mich anwidern, mein Knopfloch noch länger mit diesem Sttickchen rothen Bandes zu schmücken, das anscheinend das Sinnbild der VerachMng der Gesetz - lichkeit und der Schäudmig der Grundsätze von 1789 ge - worden ist." Wir sind gewiß die Ersten, tvelche das in Frankreich von antisemitischen und klerikalen Hetzern inszenirte Treiben verurtheilen. Wir brauchen nur darauf zu ver - weisen, wie unsere Genoffen Jaurss u. A. in der fran - zösischen Kammer über die Teudcuzprozesse sich geäußert haben. Aber nun, weil in Frankreich auch einige Fülle Vorkommen, wie wir in Deutschland Dutzende erlebt haben, hochmüthig über Frankreich die Nase zu rümpfen, daS ist echt natiouallibcral. Glaubt etwa der „Haun. Courier", daß ein Schriftsteller, welcher ein Urtheil eines deutschen Kriegsgerichts mit den Worten kritisirte, wie Zola es gethan hat, bei uns billiger weg- ko mitten würde? Sollen wir das nationalliberale Blatt an die Arnim-, G e f f ck e n - nud ähnliche Pro - zesse erinnern? Thatsache ist, daß Deuffchland dem Zarenreich oft Schergendienste geleistet Hai. Diese Schergendienste mahnen zur Vorsicht, und darum ist trotz ftanzvsisch-russischein Bnndniß und trotz Dreyfus- Zolaprozeffe Frankreich für politisch Verfolgte ein sichererer Aufenthalt als Deutschland. (Sine höchst peinliche und aufregende Ueber- raschung ist den Bismarck-Verehrern zur Leichenfeier für ihreii Heros bereitet worden. Im „Berliner Lokal- Anzeiger", der stets sehr enge Beziehnngen zu FriedrichS- ruh unterhalten hat, veröffentlicht Moritz Busch, der Intimus des verstorbenen Altreichskanzlers unter der Ueberschrift: „Die Wahrheit über den Rück - tritt des Fürsten Bismarck" daS dies - bezügliche Dokument in Verbindung mit in» formirenden Bemerkungen. Auf dieses bis jetzt geheim gehaltene Dokument ist von den Parteigängern Bismarcks im Laufe der Jahre öfters angespielt worden. Bismarck selbst hatte nach seiner Entlassung einer Anzahl ihn besuchender Personen erklärt, daß über seine Entlassung sofort nach seinem Tode durch die Veröffent - lichung deS betreffenden Gesuchs „HellesLicht ver - breitet" werden solle. Diese Zusage ist mit geradeM iinheimlicher Schnelligkeit eingelöst worden. Busch er - zählt zunächst meist Bekanntes, auch den Zwiespalt Bismarcks mit dem Kaiser in der Arbeiterfrage, die Ernennung Herrfurths zum Minister deS Innern, mit dessen liberaler Landgemeinde-Ordnung BiSmarck nicht einverstanden war — er hatte die Wiederberufung Puttkamers erwartet — und das Verlangen des Kaisers, daß Bismarck die KabinetSordre vom 8. September 1852 aufhebe, die dem Bttnisterprüsidenten die Aiitoritüt gegenüber seinem Kollegen und den entscheidenden Einfluß auf die gesammte Politik giebt. Außerdem hatte, wie bekannt ist, der Kaiser den Verkehr BiLmarckS mit Windt- Horst mißbilligt. BiSmarck wollte sich dieser „aller- liöchsten Kontrole seines persönlichen Verkehrs außer Dienst" nicht unterwerfen. Ferner sei zu der gleichen Zeit die Krists gesteigert worden durch chten Vorfall auf dem Gebiete der austvärtigen Poliffk, der dem Kanzler den Beweis lieferte, daß er dte Ansichten und Absichten des Kaisers von der Stellung, die im Osten cinzunchmen sei, nicht mehr vertreten könne, und ein kaiserliches Billet an den Fürsten, daS Weisungen enthielt, die er nicht auSführen konnte, und Vorwürfe aussprach, die ihm ein unverdientes und kränken - des Mißtrauen bekundeten." Das vom 18. Mürz 1890 datirte EntlaffungSoesuch setzt zunächst dem Kaiser auseinander, daß die Ordre boitt|8. September 1852, betreffend die L e r an t Wört - lichkeit deS G e s a m m t m i n i st e r i u m s für die Einheitlichkeit derPolitik, deren Aushebung der Kaiser verlangt hatte, im absoluten König - thum kein Bedürfniß gewesen sei, daß sie aber das „Wesen d e s V e r f a s s u n g S st a a t e S ' bilde. Wörtlich beißt cS in dem Aktenstück: „Tie Existenz der Ordre und die Gewißheit, daß ich das Vertrauen der beiden hochseligen Kaiser Wilhelm und Friedrich besaß, genügte, nm m ein e Au t0 ri tät im Ko lieg tum sicher z u st el I en. Diese Ge» to16peit ist heute aber weder für meine -"en, "och für mich selbst vorhanden, i Ich habe daher aus die Orde vom Jahre 1852 zurück- aiWit ‘itüffcit, um fatc nöthige Einheit tut Dienste Ew. Maiestat stcherzustellen. Aus vorstehendem «runde bin ich außer Stande Ew. Majestät Befehl auszufuhren, laut beiseit ich die Aufhebung der Äiurgcni bon mir in Erinnerung gebrachten jDrbe u f on selbst herbeiführrn und konlrasrgnircn, trotzdem aber das Prastdmm des «taatSministerium westerführen soll Nach den Mittheilungen, welche mir der General von Hahnke und der Geheime KabinetSrath von Lukanus festem gemacht haben, kann ich nicht im Zweifel ein, daß Ew. Majestät wissen und glauben. was gerichteteu icht denkbar Vorfahren schon ein iztelle» öffentliche M e i n u n g, die er dem Kaiser gegen - über in's Feld zu fi'ihren veftucht, ist noch nicht in dem Grade betont gewesen, wie es jetzt durch daS Gesuch selbst zu Tage trist. Im Uebrigeu hatte Fürst Bismarck, entgegen der liberalen Anschauung Voit der Ver - antwortlichkeit der Minister gegenüber dem Parla- so thun, als ob nichts vorgekommen sei, wobei er an - deutete, daß er das nicht gern sehen würde oder eS verhindern inöchte. Es war ;a auch bezeichirend, daß er nie von seinem Ausscheiden aus dem Amte, ober von seinem Rücktritte, sondern stets von seiner Entlassung sprach." Entlassung, die er niemals verwinden konnte, herbei - geführt haben. Soll er doch auch im Privatgespräch einmal gesagt haben, man werde nach seinem Tode ihn unter einem Berge von Lorbeeren begraben wollen und @iu Agitatorengesetz wird in einer aus deutsch- konservativen Kreisen stammenbeit Zuschrift an die „Post" gefordert. Es heißt in derselben: „ Ein kraftvolles Vorgehen gegen diese B e r u f s a g i t a i 0 r e n ist daS Mindeste, nach den Erfahrnugen der jüngsten Reichstags-Wahl - bewegung gefordert merben muß Die verbündeten Re - gierungen .verden einfach ihre Pflicht erfüllen, indem sie eine Strafgesetznovelle etwa folgenden Inhalts dem es thtmlich wäre, liniere auswärtige Politik unabhängig von der inneren Reichspolitik und unabhängig von der preußischen zu betreiben, wie dies der Fall sein würde, wenn der llieichskanzler der äußeren Politik ebenso un- betheiligt gegenüberstäude wie der baierische oder sächsische Minister und an der Herstellung des preußischen Votums int Bunbesrath dem Reichstage gegenüber kein Theil hätte, so mürbe ich doch nach bett jüngsten Entscheidungen Ew. Rtajestat über die Richtung unserer auswärtigen Politik, wie sie in dem allerhöchsten Handschreiben zu- sammengefaßt ist, mit dem Ew. Majestät die Berichte des Konsuls 3E. gestern begleiteten, in der U nm ö g l i ch - feit sein, die Ausführungen in der vorgeschriebenen Anordnung bezüglich der auswärtigen Politik zu über - nehmen. Ich würde damit alle für daS deutsche Reich wichtigen Erfolge in Frage stellen, welche unsere aus - wärtige Politik seit Jahrzehnten int Sinne der beiden hochseligen Vorgänger Ew. Aiajestät in unseren Be - ziehungen zu . . . (es ist offenbar Rußland gemeint) unter ungünstigen Verhältnissen erlangt hat und deren wider Erwarten große Bedeutung mir . . . nach ferner Rückkehr aus P. bestätigt hat. Es ist mir bei meiner Anhänglichkeit an den Dienst des königlichen Hauses und an Ew. Majestät und bei der langjährigen Einlebung in Verhälsttisse, welche ich bisher für dauernd gehalten haste, sehr schmerzlich, aus der gewohnten Beziehung zu Merhöchst demselben Md zu der gesamuiten Polistk deS Reichs und Preußens auszuscheiden. Aber nach gewiffm- hafter Erwägung der Allerhöchsten Intentionen, zu seren Ausführung ich bereit sein müßte, wenn ich im Dienst bliebe, samt ich nicht anders, als Ew. Majestät aller- unterthänigst bitten, mich aus dem Amte des Reichskanzlers, deS Ministerpräsidenten und des preußischen Ministers der aus - wärtigen Angelegenheiten in Gnade und mit der gesetzlichen Pension entlassen zu wollen. Nach meinen Eindrücken in den letzten Wochen und nach den Eröffnungen, die ich gestern den Mittheilungen aus Ew. Majestät Zivil- und Militärkabinet entnommen habe, darf ich in Ehrfurcht annchmen, daß ich mit diesem meinem Entlaffungsgesuch den Wünschen Eurer Majestät e n t g e g e n k 0 m m e und also auf eine huldreiche Bewilligung mit Sicherheit rechnen darf. Ich würde die Bitte um Entlassung aus meinen Aemtern schon vor Jahr und Tag Ew. Majestät unterbreitet haben, wenn ich nicht den Eutdrnck gehabt hätte, daß es Ew. Majestät erwünscht wäre, die Er - fahrungen und Fähigkeiten eines treuen Dieners Ihrer Vorfahren zu beitutzen. Nachdem ich sicher bin, d a ß E w. Majestät derselben nicht bedürfen, darf ich aus dem politischen Leben zuriick- treten, ohne zu befürchten, daß mein Entschluß von der öffentlichen Meinung als unzeitig verurchestt wirb." Diese Taktik bes Gesuchstellers, bem Kaiser daS versagen, so würde für Reichstags-Neuwahlen offenbar eine der Regierung und den vaterländisch gerichteten SammInngS-Parteien günstigere Parole gar nicht denkbar sein als die Forderung: Schutz unseren heiligsten nationalen Preststimmcn über Bismarck. Die Auslaffnngen der bürgerlichen Presse des In- und Auslandes bemegen sich fast sämmtlich auf dem Niveau lobqnalmeuder Salbaderei. Das Junker-Organ, die „Kreuz- zeit n n g", versteigt sich zu folgenden Sätzen: „Wie ein Naturereigniß erschütternd wirkt der Tob des Fürsten Bismarck hinaus in alle Welt, und tief be - ttoffen steht an seinem Sarge trauernd die gesammte deutsche Nation. Ein Mann ist hingegangen, f 0 gewaltig, wie dem denffchen Volke kein zweiter erstanden ist, eine Kraft von uns genommen, bereit weiter wirkenbe Wellen fühlbar sein werben bis in die fernsten Zeilen hinaus. Jahrhunderte kommen und gchen, und die ewig schöpferische Kraft Gottes baut sich in der unergründlichen Weisheit seines Welten - planes die Werkzeuge, bereit er bebarf, aber er wiederholt sich nicht. Einen Mann, wie diesen großen Todten, wird die Zukunft nicht wieder bringen." Diese an Wahnsinn grenzende „Ehrung", die mit der „uuerforschlichen Kraft Gottes" rechnet, wie mit einem enthüllten Geheimniß, macht es begreiflich, worauf es dem Junker-Organ ankommt. Die „unerreichte Größe" Bismarcks soll nur die Folie abgeben, auf der die Erhabenheit des preußischen Junker- thums scharf sich abhebt. Das ist ersichtlich auS folgenden Worten: „Man kann Bismarck überhaupt nicht verstehm, wenn man den märkischen Edelmann und den stolzen Preußen in ihm vergißt. Dies ist der sichere Boden, aus dem er seine Kraft gezogen hat." Die .Kreuzzeitiutg" fonftatirt, daß Bismarck stets festgehalten habe an )einem Sammelrnf: „Preußen sind wir und Preußen wollen wir bleiben!" Bemitleidenswerth ist das Verhalten eines großen Theiles der „freisinnigen“ Blätter. In allgemeinen Rede - wendungen, die Abgabe eines sicheren und enffchiedenm Urtheils vermeidend, finden sie mit dem Todten sich ab. Die bemokratische „Frankf. Ztg." zwar schreibt: „Wer bars es jetzt, da der Abend dahin und die Rächt gekommen ist, der deutschen Demokratie ver - wehren, in der Reihe der Volksgenoffen mit umflortem Banner an das offene Grad zu treten und dem Todten die Huldigung zu weihen, die dem Lebenden erwiesen winde I" Daß die deutsche Demokratie, besonders die süddeutsche, jemals dem lebenden Bismarck Huldigungen erwiesen hättt, ist uns nicht bekannt. Wohl aber erinnern wir uns, daß am 16. November 1896 Bismarcks reaktionäres Regiment wttd in der Berliner „Volks-Ztg." beleuchtet. Zunächst wttd der in der reaktionärsten Geschichtsauffassung wurzelnde „Kultur - kampf" als folgenschwerer und verhäna- nißvoller Irrthum dargestellt. „Der Idee, die kulMrfeindliche, alles geistige Leben fesselnde Macht des UlttanwntaniSmus zu brechen und für das junge deutsche Reich unschädlich zu machen, jubelte jeder aufgeklärte Deutsche zu. Allein Bismarck in seiner unbegreiflichen Ueberschätzung der mechanischm, der polizeilichen Kräfte des StaateS führte diesen Kampf, anstatt mit geistigen Mitteln, mit den äußeren Dtachtmitteln der Polizetgewalt, mit Sttafgesetzbuchparagraphen, mit Verfolgungen, Ein- sperrungm mid der Produktion von — Märtyrern. Die Folge war das Gegentheil von bem, was bcab« sichiigt war. Unter dem Druck bet äußeren Gewalt sammelte sich ber Ulttamontamsmus; Hunderttausenbe, die bis dahin indifferente Katholiken warm, wurden fanatische Ulttamontane; das Zentrum, bis zum „Kultur - kampf" eine Fraktion von mittlerer Stärke, wurde an- dauernd die stärkste Fraktion des dentschen Reichstages. Die Kirche ttiumphttte; die Abbröckelung der Kultur- kampfgesetze martirtc Schritt für Schritt die Niederlage der Bismarck'schen Politik; die Reichsregierung mußte lernen, mit dem Zentrum und der Kirche zu pakffren; und als BiSmarck in da» Privatleben binüberging, hinter- ließ er seinen Nachfolgern einen Reichstag, in dem die Vertretung des UlttamontaniSmuS die „ausschlag - gebende" Macht geworden war. „Achnliche eklatante Mherfolge trug ihm seine irre- gehende Auffassung von der Bedeutung mechanischer Kräfte gegenüber der großen geistigen Bewegung des Sozialismus ein. Zwar Anfang», als die ersten Lebenszeichen dieser Bewegung zu Tage traten, schien sie ihm eine willkommene Handhabe zu sein zur Bekämpfimg des enffchiedenen LiberalisumS, wie er damals in der Fortschrittspartei organ ifirt war. Ihm war die Schwächung der Demokratie durch die Zwei- theilung in die bürgerliche und proletarische Demottatie ein vortrefflicher Diittel, jene durch diese lahm zu legen. Er ahnte nicht, daß ber eherne Tritt ber Arbeiterbataillone, von denen er hoffte, sie würden allein die KadreS de» forffchrittlichen Bürgerthum» sprengen, eines Tage« ans innerster Nothwendigkeit gerichtet sein müßte und wurde gegen die Reaktion überhaupt und daß da» organrrnte Proletariat bem Staate so viel zu schaffen machen wurde wie fehle andere Partei im Laude. Und als die Sozial - demokratie ersichtlich an Ausdehnung gewann, da sollten auch gegen sie, wie gegen den Ultramon aniSmuä, die alten rostigen Waffen äußerer Gewaltmittel das Wunder meint: „Daß eine solche Veröffentlichung Angesicht- deS offenen Sarges der Erbitterung der Bismarck- Gemeinde über dm Swrz ihres Helden neue Nah- rimg geben mutz, ist wohl selbstverständlich; gleich ber Emser Depesche mutz sie wie eine Fanfare wirken. Wenn der Alt-Reichskanzler sich diesen Koup schon bei feinen Lebzeiten ausgedacht hat, so kann Niemand im Zweifel fein, was er damit erreichen wollte. Zugleich ist denierkenswerch, daß andere Hände mit der Ver - öffentlichung betraut worden sind, damit nicht auf Bis - marcks älteren Sohn, ber Staatsbeamter — wenn auch a. D. — ist, das Odium der Veröffentlichung falle. Rechtlich ist die Publikation überhaupt nicht einwands- frei, da solche Entlassungsgesuche in die Geheim-Archive gehören. Aber der Stein ist in’» Rollen gebracht, und die Frage ber Entlassung bcS ersten Kanzlers wird nach acht Jahren plötzlich mieber aktuell. „In die Beerdigungsfeier ist dadurch st" ’ Mitzton gebracht, wenigsten» insofern die offi baß e8 für mich nicht möglich ist, bie Ordre Kreise daran sich becheiligenwerden. Man erfand daran aufzuheben undd 0 ch Dlinisterzu bleiben, die Eigenart des bereinigten Staatsmannes, der sich Dennoch hat Ew. Majestät nunmehr den mir am 15. er- rühmte, ein großer Haffer zu sein. DaS Wort Ver - theilten Befehl ausrecht erhaltm und in Aussicht gestellt, gebung stand in seinem Lexikon nicht, und so hat er m ein d adu r ch n 01 h w e n d i g w er d end es Ab-Sorge getragen , daß noch nach seinem Tode Denm chiedsgesuch zu genehmigen. Nach früheren Be-' Bomben vor die Füße getoorfen werden, welche seine prechnngen, welche ich mit Ew. Majestät über die Frage " ""— ~ • ! —'* - ■ - c • ' ' ' halte, ob Allerhöchsideniselben mein Verbleiben im Dienste unerwünscht fein würde, muß ich annehmen, daß es Aller- höchstdemfelben genehm sein würde, wenn ich auf meine Stellung in Allerhöchstdero preußischen Dienste verzichtete, im Reichsdienste aber bliebe. Ich habe mir bei näherer Prüfung dieser Frage erlaub!, auf einige bedenkliche Kon - sequenzen dieser Theilung meiner Aemter, namentlich des ttästigen Auftteten des Kanzlers im Reichstage, in Ehr - furcht aufmerksam zu machen und enthalte mich, alle Folgen, bie eine solche Scheidung zwischen Preußm und dem Reichskanzler habm würde, zu wiederholen. Ew. Majestät geruhten hierauf zu genehmigen, daß einstweilen Alles beim Alten bliebe. Wie ich aber die Ehre hatte, ausemauderzusetzen, ist es für mich nicht möglich, die Stellung eines Diinister- präsideuten beizubehalten, nachdem Ew. Majestät für diese die capitis äiminutio wiederholt besohlen haben, welche in der Aushebung der Ordre von 1852 liegt Ew. Majestät geruhten außerdem bei meinem ehrfurchtsvollen Vorfrage vom 15. d. MtS., mir bezüglich der Ausdehnung meiner dienstlichen Berechtigungen Grenzen zu ziehen, welche mir nicht das Maß derBetheili - gung an den Staatsgeschästen, dm Uederblick über letztere und die f r e i e B e w e g u u g in meinen ministe - riellen Entschließungen und in meinem Verkehr mit dem Reichstage und seinen Nlitgüedern lassen zur Uebernahme der verfass un gs m äßigenVerantwortlich- feit für meine amtliche Thätigkeit. Aber auch wenn ment, seinerseits im Reichstage vor aller Welt so oft und demonstrativ betont, daß der Minister nur der Vollstrecker deS Willens des Herrscher» und daher nur dem Herrscher „verantwortlich" sei, daß sich an ihm selbst nur seine eigene Theorie bewahrheitete. Er hatte also auch keinerlei Ursache, nach Gründen dafür zu suchen, daß er eigentlich hätte im Amte bleiben müssen, oder die öffentliche Mei - nung in Bettacht zu ziehen. Die Veröffentlichung des Gesuch», die offenbar auf eine ausdrückliche Bestimmnuna Bismarcks selbst znntckzufithren ist, wttd in ber „Post" als „grober Vertrauensbr 11 ch" unb „tiefbe - bau e r l i ch e r Mangel an Takt" bezeichnet. Freilich, daß sie angeorbnet, bezw. ermöglicht worden sei, um alte Wunden zu sch ließen, wirb wohl auch ber größte Optimist nicht aunehmm. DaS Ent- laffungSgesuch muß grabe in diesem Moment wie eine Anklageschrift wirken, unb bas soll e» wohl auch. Man Hai im Bismarck’schen Lager sich schon Jahre lang Wunderwirkungen von ber Publikation dieses Schriftstückes versprochen und ost in geheimnitzvoller Weise barauf hingewiesen. Es ist ein Bieistersttick bes Stiles. Bei aller'U n t er » ür ft $ fe i t bes Tones grollt der Zorn durch seine Satze; der Fürst sucht darzulegen, datz die Aufhebung ber Kabinets-Ordre von 1852 nur die Handhabe sein solle, um ihn zu treffen und aus dem Amte zu bringen, besonders hervorzuheben ist ber Hinweis auf Rußland; bie Schlußsätze athmen gegen den Kaiser eine förmliche Ironie. Eine Berliner Korrespondenz für ZmttumSblätter gelegentlich ber Debatte über den Bismarck'schen Staatsgehei mniß-Verrath im Reichstage der demokratische Abgeordnete Haußmann mit beißendem Sarkasmus über den mit Bismarck getriebenen albernen P ersonenkuktu» sich erging. Jetzt treibt die „Franks. Zfg.", das Hauptorgan der bürgerlichen Demo - kratie, diesen Kultus selbst zu Ehren des Manne», der diese Demokratie womöglich noch mehr gehaßt hat als bie Sozialdemokratie. Zutreffend bemerkt die Berliner „Volks-Ztg.": „Die kritiklose Bewunderung und Ver - herrlichung des Fürsten Bismarck spitzte sich zu einer förnilicheii Konstruktion des Dogmas von ber politischen 11 nsehlbarkeitbeSKanz - lers zu. Tausende und Hunderttausende begaben sich des selbstständigen politischen Denkens voll - ständig in der Meinung, cs genüge, wenn dieser Eine für Alle denke, ba ja boch nur biefer Eine daS Richtige zu denken und zu thun begnadet unb im Stande sei. Vollends in der auswärtigen Politik stand dieses Dogma von der Unfehlbarkeit des ersten Reichskanzlers so unumstößlich fest, daß für eilten Wahnsinnigen galt, wer gegen dieses Dogma cmkämpfte. Mit keinem Sterblichen dieses Jahr- hunberts wurde daher ein solcher Heroenkultus getrieben, wie mit bem Fürsten Bismarck." Uitb biesen Kultus soll bie „deutsche Nation" auch jetzt noch unb jetzt erst recht als chrer würdig erachten ? I Die ultramontanen Blätter schlagen einen sehr milden Ton an, offenbar nur in Rücksicht auf die Stellung des ZenttumS al» „Regierungspartei". Reichstage vorlegen: „Wer bie Grundlagen ber bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung, insbesondere den Bestand des Reiche» in seiner gegenwärtigen Gestalt, bie Monarchie, bie vom Staate anerkannten Kirchenaemeinschasten, bie Ehe uiib Familie, das Privateigcnthum, bie Rechtspflege, die Heereseinrichtungen gewohnheits- ober berufsmäßig in Versammlungen, Zeiiungen, Druckschriften aller Art in bewußt gehässiger Weise angreift, wird mit Gefängniß bis zu fünf 3 ab r en bestraft Daneben kann auf Geldstrafe, im Wiederholungsfälle auch auf L andes- Verweisung erkannt werden. In denjenigen Fällen, in denen auf Grund des ersten Satzes auf eine Gefängniß- strafe von mindestens zwei Jahren ersannt wird, tritt zugleich Verlust ber bürgerlichen Ehrenrechte auf mindesten» fünf Jahre ein." „Ein solches Agitatoren-Gejetz ist nicht nur noth - wendig, sondern auch sehr leicht durchzubringen unb durchziisührm. Die Sozialdemokraten werden schreien, das ist selbstverständlich, und darüber ist kein Wort zu verlieren; wenn die „bürgerlichen Dernottaten" mitschreien, um so besser für die Belehrung weiterer Volkstteife über die wahre Natur der „Vorfrucht" 1 Sicher wären für bie Vorlage bie Stimmen ber Konservativen unb — nach ben ausdrücklichen, bestimmten Erklärungen der Herren Dr. Krause unb Dr. Sattler gelegentlich der Vereins- gesetz-Berathnug im Abgeordnetenhaufe — auch die Stimmen ber Rationalliberaleu, denen sich aller Vor - aussicht nach eine zur Mehrheitsbilduug hinreichende Zahl von Zenttumsstimiucn hinzugefellen würde. Die Er- fahrungen in Oberschlesien, Mainz, Köln, Aachen ms. to. dürften auch in diesem Lager auftiärenb gewirkt haben. Die berufsmäßigen Agitatoren arbeiten ausnahmslos nicht nur auf die Vernichtung ber Vaterlandsliebe unb ber monarchischen Gesinnung, sondern acnau ebenso auf die Ausmerzung aller religiösen Empfindungen hin, und durch die Fassung des Gesetzes ist ber Möglichfat, daß über den flrciS her berufsmäßigen Agitatoren hinaus - gegriffen werden könnte, hinreichend vorgebeugt. Sollte aber wider Erwarten die Mehrheit der ZenttinnSftaftion Vertrauen vor Augen zu führen, das er bei feinen "ihren genoffen, unb ber Hinweis auf die tliche Meinung, bie er bem Kaiser gegen» Die Getreibe-Emsithr in daS Deutsche Reich betrug im Monat Jimi 1 175 467 (im Vorjahre 877 942) Doppelzentner Weizen , 1 263 181 (932 097) Doppel - zentner Roggen, 530 900 (411 150) Doppelzentner Hafer, 720 684 (533 365) Doppelzentner Gerste, 44 816 (54 090) Doppelzentner Raps unb Rübsaat, 1 652 816 (915 340) Doppelzentner Mais und Dari. Vom Januar bis Juni 5 994 935 (5 261 674) Doppelzentner Weizen, 4 194 191 (3 839 107) Doppelzentner Roggen, 2193 887 (2358 638) Doppelzentner Hafer), 4 593 649 (4 891 879) Doppel- zentner Gerste, 847 481 (386 144) Doppelzentner Raps und Rübsaat, 8 162 754 (6 975 684) Doppelzentner Mais und Dari. Danach werben 'im laufenden Jahre bie Erträge aus den Getteibezöllen dtt Erttäge des Vorjahres noch erheblich übersteigen. Und ba plant man noch Erhöhung bet Zölle. Ruch auf die Laudwirihschast soll nach einer Mittheilnng des Staatssekretärs Grafen PofadowSky in bem Landwirthfchastsralh die ProduktionSstatistik aus - gedehnt werden. ES sind deshalb Erhebungen über die Rentabilität ganzer landwirchfchastlicher Bettiede in Aus - sicht genommen, für die verschiedene Wttthschaftstypen berücksichtigt werden sotten unb zwar nach Klima, Höhen - lage, Bodenverhällniffen, Groß-, Ättttel- unb Kleinbesitz, extensiver unb intensiver Betriebsweise, Körner- und Vieh- wirchschast, Zuckerrübenbau, Brennereibetriebe, Wenibau und Anbau von Tabak, Hopsm, Flachs u. f. w. Eine solche Stanftik könnte sehr lehrreich und sehr interessant werden, wenn sie objektiv und allgemein dmch- gesührt werden würde. Hier aber soll «in titelt werden, ob und welche Erhöhung der landunrthjchafttichen Zölle stattfinden muß, damit die Landwirchschaft existtuMbig bleibt. Es wird also darauf ankommen, zur Stahfnf solche Bettiede auözuwählen, die in gfoe i£er »enrtrt£ chaftung und ökonomischen Lage die Roch der Land- wirthschaft recht kraß zum Ausdruck bringen. Je grohei bie Noch in den betreffenden Betrieben, desto mehr Aus - sicht ist für hohe Zölle vorhanden. Die Fleischverthenerung. — In den Berliner Blättern findet sich folgende Erklärung deS Vor- standeS ber Berliner F l eif ch er-Jnnun g: „Wenn in nächster Zeit bie Fleischerei - Gewerbe - treibenden Berlins — um ihre Existenz aufrecht zu er - halten — veranlaßt werden, die Preise von Wurst» unb Fleif chw aaren zu erhöhen, so find dieselben durch die verhältnitzmäßig Hohm Preise auf dem hiestgm Viehmarkt hierzu gezwungen. Ehe nicht bie Grenzen für bie Einfuhr von lebendem Gütern gegen deren gewerbsmäßige Verkleinerer I" Der „Vorwärts" bemerkt hierzu: Wtt zweifeln keinen Augenblick, daß sich btt Regierung gern ein solches Kautschuk-Gesetzchen avportiren lasten möchte, bas ist schon bebeutenb angenehmer, als ba» Risiko von Niederlage», lute bei der Berathung der Umsturz - vorlage. Eiir Wort der Kritik über diesen Vorschlag erübrigt sich, da derselbe augenscheinlich teilten anderen Zweck verfolgt, als so ziemlich jede Agitation innerhalb der Grenzen be» Deutschen Reiches völlig unmöglich zu machen. Ueber die Aussichten einer solchen Vorlage macht sich selbst die „Post" teilte besonderen Illusionen. Wir zweifeln Mar nicht an bem guten Willen vieler „nationaler" Politiker, deutsche Staatsbürger, bie anderer Meinung wie sie sind, deS Landes zu verweisen. Wir glauben aber auch, daß man einigen Anlaß hat, bie äußerste Ver - schärfung bes Klasienkampfe» herauSzuforbern. wirken, die Fluth zum Stehen zu bringen. Zwölf Jahre lang drückte ein hartes Ausnahmegesetz einen großen Theil ber deutschen ReichSm,gehörigen zu Bürgern zwetter Klaffe herab. Und der Erfolg Als Fürst BiSmarck auS seinen Remtern schied, stand feinem Nachfolger bie Sozialbemokrafie als bie stärkste politische Partei gegenüber, wie das Zentrum bie stärkste Reichstagsfrattion aufbot. Und das Sozialistengesetz hatte die Kluft zwischen ben staatlichen Ge - walten itnb ben Unterdrückten erweitert unb ver - tieft, hatte ber Sozialdemokratie eine Organisation gegeben, wie sie keine andere Partei anfzuwetsen hatte. Als Fürst Bismarck zwischendurch seine Sozialposittk maugurirte, bie die Vernichtung der Sozialdemottattt auf politischem Wege durch „positive Maßregeln" er - gänzen sollte, erwies sie sich lediglich als ein Hebel zur Förderung sozialistischer Ansprüche, weil der sozialbemo- krasischen Anschamma von der Staatshülfe im Prinzip wichtige Zugeständnisse gemacht wurden, in ber Sache selbst aber für die Arbeiter praktisch so wenig abfiel, daß es keiner besonderen agitatorischen Anstrengungen bedurfte, nachzuweisen, um tote viel das Gewährte hinter dem mit Recht zu Fordernden zurückblieb."