Da» „Hc.ttiburgcr <^rho" trfrfjcint täglich, außtr Montag». Der 9tbouiicmrnte'yreiährlich M. 4,20; durch die «olportöre wöchentl. 36 4 frei in'« Hau«. Einzelne Nummer 6 4- Svnntags-Numtner mit istnstr. Sonntag«-Beilage „Die Neue Welt" 10 4- Berantivortlicher Redaklör: Gustav Wabersky in Hamburg. fcWTT» —II .. I MMU—>———■— Tomterstag, Ben 12. Jam,ar 1809. Anzeigen werben die sechrgespaltene Petitzeile ober beten Raum mit 30 4, für den ArbeitSmartt, Der- miethungS- und Jiamilicuaiizeigen mit 20 4 berechnet. Anzeigen Annahme in der Expedition (bi« « Uhr Abds.), sowie in säniintl. «nnoneen-Bürean«. bieoaftion und Expedition: Grohe Theatrrftrahe 44 in Hamburg. Hierzu eine Beilage. Die Töendnng in Nordamerika. Wenn die Nordamerikaner vielleicht der Meinung gewesen sind, ein Eroberungskrieg sei für eine Republik weniger verhängnihvoll als für eine Mon - archie, so dürften sie nunntehr einsehcn, daß sie in einer groben Tätlschung befangen gewesen sind. Denn mit großer Schnelligkeit erwächst eine unlieb - same Ikonseqnenz nach der anderen ans den Siegen von Nianila und Santiago. Am bedenklichsten dürften sich die Dinge auf den Philippinen ent - wickeln, wo ein langer und grausanier Krieg um den Besitz der ganzen Inselgruppe zwischen den Eingeborenen und den Nordamerikanern zu einer sehr naheliegenden Niöglichkeit geworden ist. Man kann aus der Ferne die dortigen Ereignisse nur sehr schlver beurtheilen, da die amerikanisch«!, spanischen, englischen und deutschen Berichte über dieselben gleich tendenziös gefärbt sind. Nur so viel scheint uns festznstehcn, daß die Tagalen auf den Philippinen einen fchwer zu beugenden Unab - hängigkeitssinn in sich tragen, der den Amerikanern eine Quelle uuabsehbarer Berlcgenheiteu und Kon - flikte gewordeu ist. Das komnit zum Theil wohl daher, daß die uordanierikanische Negierung es au einem bestimmten und befriedigenden Programm für die Zukunft der Inseln hat fehle» lassen. Die Kubaner scheinen vorläufig zum größten Theil damit befriedigt zu sein, daß der spanischen Ränberherr- schast ein Ende bereitet worden ist. Was nun werden wird und ob für Knba als neues Glied der Union nun bald dieselben Rechte und Freiheiten ein» treten werden, wie für die übrigen unter dem Sternenbanner vereinigten Staaten, dafür scheint tiite Gewißheit noch nicht vorhanden zu sein. Die Tagalen sind viel mißtrauischer, sie wollen die spanische Herrschaft nicht einfach mit einer Aankee- herrschaft vertauschen, und darin haben sie Recht. Es fragt sich nur, ob und wie lange sich die Tagalen der Nordamerikaner werden erwehren können. Die Unsicherheit der Situation und die Be - fürchtung der Iaukees, daß eine dritte Macht ihnen die Kriegsbeute noch streitig machen könne, hat die Union rasch dem Militarismus entgegen getrieben, mit anderen Worten, die sogenannte imperialistische Bewegung scheint Oberwasser gewonnen zn haben. Große HeereSvermehrnngeii erscheinen den repiiblikanischen Eroberungspolitikern nothwendig, nach deren Durchführung die große Union ein Militärstaat wird genannt werden müssen. Denn die Verstärkungen beziehen sich nicht nur auf das Landheer, sondern auch auf die Flotte, und man vergißt manchmal, daß eine Flotte auch ein Stück Militarismus ist, und zwar ein sehr kost - spieliges. Wenn die Nordamerikaner ihre Flotte auf der bisherigen Höhe halten und mit den übrigen Seemächten konkurrireu wollen, werden sie eine statt - liche Anzahl von Millionen für die Flotte anlegen müssen. Im nordamerikanischen Parlament tröstet man sich mit der Aunahnie, daß dic Heeresvermehrungen nur zwei Jahre dauern sollen; nach Ablauf dieser Frist wird, so glaubt man, der Bestand des Heeres wieder verringert werden. Diese Hoffnung däucht uns eine vollkommen chimärische. Denn die einmal eingeschlagene Eroberungspolitik wird es den „Imperialisten" nicht mehr rälhlich erscheinen lassen, wieder abznriisten, sie werden, wieesiiianderenMilitär - staaten bekanntlichauchgeschieht, die erhöhtenRüstungen für nothwendig erklären, „um den Frieden zu er - halten". Der Militäretat der großen Union wird dann einer der größten fein, denn er enthält bekanntlich einen umfangreichen Pensionsetat, was ja an und für sich ganz gut ist, denn die Versorgung der Niilitäriiivaliden und Veteranen in der Union ist ziemlich reichlich. Aber wenn man zu diesen Aus - gaben dann noch die Biillionen hinznrechnet, welche der Unterhalt und der Ausbau der Marin« erfor - dert, daun kommt eine Summe zusammen, welche auch den auf ihre reichen Hiilfsquellen pochenden Amerikaneru unheiinlich erscheinen dürfte. Indem Nordamerika sich in einen Militärstaat verwandelt und in der Weltpolitik als direkter Kon - kurrent der übrigen großen Mächte auftritt, verstärkt sich noch die Spannung, die bereits in der ganzen Welt vorherrscht und die immer die Befürchtung vor einer großen, die ganze Kultnrlvelt umfassenden kriegerischen Katastrophe ivachhält. Die bisherige reine Friedenspolitik der Union durch reine Eroberungs - politik ersetzt — da müssen eine Reihe ganz neuer Fragen von selbst sich aufrollen und neue Verwick - lungen in Menge entstehen. Für den oberflächlichen Beobachter sieht es eminent trostlos aus, wenn ein Land, in dem man bisher auf politische und bürgerliche Freiheit sich so viel zu Gute that, nun mit einem Male dem Mili- tartsmuS anhelnisällt. Dieser wird nicht nur die Union von der Erfüllung eigentlicher Kultiiraufgaben, dte bisher etwas gang Selbstverständliches war, vielfach abziehen. Er luirb auch die politische Frei - heit bedrohen und tvird Forderungen stellen, die wie bei uns zu politischen Krisen, zu Konflikten von Parlament und Regierung führen können. Die bürgerlichen Friedensapostel sind denn auch voller Berzweifltmg über die plötzliche Verwandlung des Oclzweigs, den sonst die Union in der Hand trug, in ein blinkendes Schwert. Manche von ihnen setzen immer noch ihre Hoffnung auf den Zaren und fein Friedensmauifest und glauben beim russischen Despotismus zu finden, was die bürger - liche Republik nicht gewähren kaun. Eine tiefe Auffassung ist das grabe nicht. Die „Gleichheitsflegelei" in der großen Union ist eitel Windbeutelei, wenn sie etwa wirkliche Gleichheit der Bürger dieses Gemeinwesens barstellen soll; sie ist höchstens eine Gleichheit tu gewissen „nationalen" Unarten, tote sie übrigens eine jede Nation hat. Die Ungleichheit der sozialen Schichten tritt in der Union so kraß hervor, wie in einem beliebigen anderen Klassenstaat. Die Behandlung und Be - urtheilung der Tramps z. B., der „Vagabunden" in Nordamerika, seitens der Aankees ist so roh und so unmenschlich; wie nur jemals bei einem deutschen Mastbürger, und der Farmer, der einen alnwsen- heischenden Wanderer von dannen hetzt, betrachtet die Arbeitslosigkeit ebenso als ein Verbrechen, wie der deutsche Bauer. Der Klasseustaat muß auch in Nordamerika, wenn er abwirthschaften soll, erst den Höhepunkt seiner Widersinnigkett überschritten haben. Dies ge - schieht in Nordamerika dadurch, daß die große Bourgeoisie, die sich als Beherrscherin eines so ge - waltigen Gemeinwesens fühlt, in Konkurrenz tritt mit bett Militärmächten der alten Welt; sie will sich nicht nur Reichthümer und Macht, sondern auch Ruhm und Glanz erwerben. Dies Bestreben mußte bei der ersten Gelegenheit hervortreten, und der spanisch-amerikanische Krieg hat sie gebracht. Damit ist aber auch das Werk der Washington und Ge - nossen in seinen Grundlagen erschüttert; die Ge - danken der Stifter der großen Union sind ad absurdum geführt, sind verzerrt. Unter diesem Gesichtspunkte betrachtet, bietet die Union das Bild eines bürgerlichen Gemeinwesens, das bereits in seinen Auflösungsprozeß eiiigetreteu ist. Die Interessen der herrschenden und der be - herrschten Klassen müssen noch schärfer miteinander in Widerstreit gerathen, als bisher. Das wird ungemein dazu beitragen, das Klassen - bewußtsein bei den nordamerikauischen Arbeitern zu wecken Hub die ganze Arbeiterbewegung gewaltig anschwellen zu lassen. Denn alle die knltuiwidrigen Erscheinungen unserer Zeit sind auch „ein Theil von jener Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft*. Selbstverständlich werden darum die klassen - bewußten amerikanischen Arbeiter nicht minder ent - schiedene Gegner des „Imperialismus" uub des Militarismus fein. Von der Weltbühne. AuS dem Reichstage. Berlin, 10. Januar. Allmälig toimnt das alliagliche Leben des neuen Jahres ganz in Fluß. Auch das parlamentarische Leben des Deutschen Reiches hat heute begonnen. Ganz alltäglich ging es zu. Der Präsident chcilie die üblichen Glück - wünsche mit, die Schriftführer verlasen eine Anzahl ein - gegangener Schreiben, und da die Schreiben im Original an dar stenographische Bureau gehen, werden sie so leise verlesen, daß selbst die Stenographen keine Silbe davon verstehen. Die Abgeordneten, die den Inhalt der Schreiben kennen möchten, können Einsicht in dieselben nehmen, oder sic warten 3o Stunden, bann können sie im Stenogramm selbst lesen, was vorgelescn worden ist. Die Unterhaltung der Abgeordneten wurde erst etwas gestört, als der Prä - sident dem verstorbenen bisher ältesten Dlitglied des Hauses, Sieben, einen warm empfundenen Nachruf widmete. Die Alltäglichkeit hielt auch noch an, als die Debatten begannen. Denn was ist alltäglicher in der deutschen Gesetzgebung als die Klagen der Landwirchschaft. Nur eins war neu in der Sache. Der neue Vor - sitzende vom Bunde der Landwirthe hielt seine Jungfern - rede. Hätte statt Frhr. von Wangenheim Herr von Plötz diese Rede gehalten, dann wäre sie heiterer gewesen. Bei Herrn von Plötz war jeder Zoll ein Don Quixote; und nun, da er todt ist, bedauern wir auf - richtig den Verlust. Der Nachfolger des Herrn von Plötz macht einen recht sympathischen Eindruck. Er wird wenig Vortheil von der Ferienmuße gehabt haben, denn was seit Dloiiaten in den konservativen und agrarischen Blätteni uub Zeitschriften an Ableugnungen der Fleisch- noth geleistet worden ist, hatte Herr von Wangenheim sorgfältig znsammengesucht und trug jeden Satz und jede Ziffer vor. Einmal war er nahe daran, als agrarisches Klage - weib aus der Rolle zu fallen. Er sprach von den tech - nischen und wissenschaftlichen Fortschritten und theilte mit, daß bei der jetzigen rationellen Fütterung bas Vieh viel schneller wächst und daher bei derselben Anzahl von Rindvieh und Schweinen ein viel größeres Quantum Fleisch auf den Markt kommt. Bet diesem Theil der Rede haben wir Plötz am meisten vermißt. Der alte Herr hatte Temperament, und er hätte den Satz, daß wir jetzt viel größere Ochsen haben als früher, viel glaubhafter vortragen können. Die ökonoinischen Folgen des Fortschritts werden doch sonst von den Agrariern geleugnet Interessanter wurde die Debatte auch nicht durch die Rede des Grafen P 0 s a d 0 w s k v. Er las erst den Fragebogen vor, den der Reichskanzler an die Re - gierungen verschickt hat. Die Regiernngen haben die Landwirthschastskammern u. s. tu. befragt und so in manchen Fällen Ainworiett erhalten, die die Agrarier hören wollten. Nicht selten sind dieselben Herren, welche alS Mitglieder der LaiidwirlhschaftLkaminer Gutachten abgeben, dieselben Leute, welche als Mitglieder des Bundes der Landwirthe und als Großgrundbesitzer die Absperrungen gefordert haben. Hätte der Reichskanzler wirklich ein Bild von den Folgen der Absperrungen haben wollen, dann hätte er nicht nur dort anfragen müssen, wo die AuSkunftspersonen mehr oder weniger am Fleifchhandel selbst betheiligl sind, sondern er hätte auch Hausfrauen hören müssen. Vielleicht hätten die Frauen der Postbeamten, der Eisenbahnbeamten und Arbeiter ihm viel bester sagen können, wie die Absperrung wirkt, als viele der besagten Behörden, die sich in ihren Mittheilungen meistens an Ziffern halten, die auch aus bett Marktberichten der Zeitungen zu erfahren sind. Mehr Jntereste erweckte die Debatte rst, als der frei - sinnige Abgeordnete Fischbeck die Wirkungen vor - führte, die jene Maßregeln bei den Konsumenten und den Schlachtern gehabt haben. Eine Unzahl von Mit - theilungen ans den Grenzbezirken stellten die Maßregeln in grelle Beleuchtung. Während Wanaenheiin und Posabowsky bir angebliche Veranlassung all die wirkliche Ursache der Absperrung angeführt hatten, näm - lich sanitäre und veterinärpolizeiliche Gründe, und Fischbeck gezivinigen war, diese „Gründe* zu bekämpfen, schob der baierische Kaplan und Banernbnndler Gerstenberger die ganze DiSkttssioti auf ein anderes Gebiet, indem er die Absperrungen als Maßregel zu Gunsten b er Agrarier behandelte. Gerstenberger bestreitet aber, best die Maßregel schon so gewirkt hat, wie sie nach An - sicht der Agrarier wirken soll. Nach seinen AttSführungen ist nicht allein keine Fleischnoth vorhanden, saubern noch ein lleberfluft an Schlachtvieh. Er weiß tninbestenS ein halbes Dutzend fetter Ochsen, die schon feit Wochen zum Verkauf bereit stehen und bisher noch keinen Käufer ge- fnnbeit haben. Wenn diesFleischpreise gestiegen sind, so haben nach Gerstenbergers Ansicht die Zwischenhändler ei ver - schuldet. Er sagt: Wenn erst drei bis vier Personen- ; nur an, daß es dänisch werden solle. druck äußerster Harmlosigkeit fiitden kann. daß rin geplantes Gesetz den ausländischen sf en dienen solle. Das übertrifft noch die es eine große KnlUtrerrungcnfchaft, wenn die ErtrSgniffe Befriedigung der heimischen Bedürftiiste reichen. Hierzu Vorlage angenoinmen und wieder wird das Gespenst der abgesperrten Znftthr heraufbeschworen. Gewiß wäre erstaunlichste Leistung des VollblutcaprivtSinus. Diese Art von Demuth vor dem AuSlande, diese alle Minister haben versichert, daß dies mögffch sei, wenn die Vorlage angenommen werde. Jetzt ist die Wie kläglich es um die RechtferffgungSgründe der Vertheidiger der Köllerpolitik bestellt ist, beweist eine Aus- steigern, daß wir im K-iegssalle versorgt sind. Im .Kriege, so ffchrte er auS, wird uni die Zufuhr auf dem leicht lasten sich diese Ausführungen gut verwenden, wenn die Rechte und das Zentrum einmal wieder „MittelstaiibSvolitik" treiben und zum Schutze derKlein- gewerbetteibenden Gesetze gegen die Konsumvereine machen Redner fabelten die Unthätigkeit der Regierung in der Zilckerprämiensrage. Es wurde einstimmig ein Beschluß- antrag angenommen, in welchem die Regierung ersucht , Herr Reinkart Schmidt, der 2. Vizepräsident des Reichstages, bementirt in ben Elberfelder „Neuesten Nachr." deren gestern auszitgSweise von uns mitgetheilte Meldungen über die Vorgänge beim Empfang d e s Reichstagspräsibiums durch den Kaiser. Herr- Schmidt legt Werth darauf, „in der Oeffentlichkeit festzustellen, daß ich zu dem Artikel in keinerlei Be - ziehungen stehe und daß die in demselben gegebenen Schilderungen ebenso unrichtig und entstellt sind, wie die den Betheiligteu, so auch mir in den Mund gelegten Aeußeruitgen". Herr Schmidt giebt weiter seinem tiefsten Bedauern über das Erscheinen des Artikels Ausdruck, vermeidet aber sorgsam, nun seinerseits zu sagen, was vorge- kontmen. Die Welt erfährt somit weder, ob Herr Schmidt sich überhaupt eine Auslastung erlaubt bat, noch ob sie mehr ober weniger freisinuig-inanueSmuthig gelautet hat, als berichtet wurde, noch auch, ob der beregte Anlaß zu einer Erwidenmg gegeben wurde. handelt hat, ist jo unwürdig, daß wir in unserem Sprachschatze keine augemefiene Bezeichnung dafür haben . . . Und welchen Eindruck soll denn derartiges Kriechen vor Amerika im Jnlaudemachen? Für ein Fleijchbejchaugejetz, das zugestandenermaßen den Interessen Amerikas, also der ausländischen Fleischzusuhr, dienen soll, von dem mit Recht be - hauptet werden kann, daß es die Einftchr erleichtere, danken wir ergeben st. Wir sollen dem henni- scheit Landwirth und dem heimischen Schlachter Lasten über Lasten anfbürben und das Ausland bevorzugen? Dafür wird die Mehrheit be8 Reichstages keineswegs zu haben jein, noch viel weniger aber dafür, daß sie den Erlaß von Estifuhrverboten dem Bundesrathe überläßt, wenn schon von vornherein in solcher Weise augebeutet wird, daß der Bmibesralh die amerika - nischen Interessen nicht verletzen werd«. Ein GuteS hat der Sirtitel gehabt. Er Hal uns die Augen vollkommen geöffnet. ES sollte un8 freuen, wenn die Regierung im Stande wäre, sofort öffentlich zu erklären, daß sie mit den Ausführungen der „Sollt. Zig." absolut nichts zu thun habe." Dieses blödsinnige Gezeter ist nur erklärlich, Wenn man anmnnut, daß nch bei ben Agrariern schon die fixe Idee herausgebildet bat, die Wirihschaslspolisischen Be - ziehungen zum Ausland hätten nur noch den Zweck, ■ das Ausland zn ärgern. Uebrigens hat das Blatt in 1 feiner Wuth verrathen, woraus es chnt beim Fleijchschau- ’ gefetz aufommt: nicht auf ben Schutz der Gesundheit, : sondern um die Hinausdrängung fremder Fleijchwaaren, 1 damit das- „nationale Schwein" den adeligen und nicht- t. adeligen Schweinezüchtern den Beutel fülle. Nicht befriedigte Agrariergier war eS, die dem preußischen Landwirtvjchafteiuiniüer v. Hammerstein- Loxten den Titel „Null" zuerkannte. Der Herr v. d. Groebeii-Arensteln hatte eS bis zu mehr als standesgemäßer Verschuldung feinee Grundbesitzes gebracht und faßte nun den ppffigeu Plan, sich mit Staatshülfe wieder flott zu ntacheu, Welcher Gedanke ihm ja als Agrarierhäuptling und Reichstageabgeordneter sehr nahe lag. Er wollte sein Gut Arenftein in eine „Genossenschaft" uniwaubclir, und hat den beiden Ministern Hammerstein und Miquel zugemuthet, dazu eine Mi lli 0 n Staa tsgelder herzugebenl Das ist ihm abgeschlagen worden. Vielleicht wird er nachträglich auch Herm v. Miquel für eine Null erklären. Wem: man diese echt junkerliche Dreistigkeit sieht, verwundert man sich schließlich über nichts mehr. Wie lange es wohl noch dauern mag, bis die „Edelsten und Besten" Ostelbiens ben Antrag stellen, man möge ihnen die Schlüssel zum Juliusthurm in Spandau übergeben, bamit sie i discretion aus den Gowvorrächen schöpfen tonnten. wollen. Auch ber preußische Landwirthschaftsminister Frei - herr v. Hammerstein-Loxten mußte reden. Es war auch die höchste Zeft, die Debatte wieder in das offizielle Geleise zu brtngcn. Er keimt natürlich nur sanitäre und veterinärpolizeiliche Maßregeln. Diese Gninde werden auch immer im „Reichsanzeiger" ge - nannt. Nun sind aber doch die Grenzen ber verseuchten Gebiete nicht ibenttsch mit ben Lanbesgrenzen. Die Ab - sperrung ist aber immer an ber Landesgrenze. Herr v. Hammerstein konnte aber nicht die Trichinen, Bakte - rien und sonstige Schädlinge allein verantwortlich machen. Er wies auch daraus hin, daß es nöthig fei , die inländische Produktion an Vieh itnb Getreide so zu - ~ „v,—— -- • I „Wird einer unserer Leser uns übel nehmen, wenn Seewege atgeichiuttetu Wie anoers klang dieses ^ud ' ro i r dieser Leistung gegenüber unser Urtheil dahin zu- doch ’.m vorigen „mbre. Da mußten wir die flotte jammenfaffeit, daß sie unerhört sei? Ein deutsches habeu um dte Seezufuhr offen halten zn können, unb Blatt macht ohne jebe Verhüllung barauf aufmerksam, Friedliche Beziehungen der Völker auf wirth- schastlichem Gebiet sind ben Agrariern ein Dorn im '.Inge; ihr „Ideal" ist ber allgemeine Zollkrieg, um Deutschland nach Möglichkeit gegen bie auSläudsiche Zufuhr ■ abiperren zu können, damit die Junker es in der Hand hasten, die Bevölkerung nach besten Kräften zu brand- ichatzen. Schon die zarte Andeutung der „Köln. Ztg.", ; bie wir gestern mtttheilten, daß man nicht bie Abticht habe, bei ber Fleischschau Amerika besonders rtgoros zu behandeln, hat die agrarische „Deusiche Tagesztg." in i blinde Wuth versetzt. Ste poltert los: ihre Hände in dem Ertrag waschen, dann bleibt nichts Protokoll unterschrieben war, ben Amtsvorsteher gefragt für ben Probuzenten übrig. Tie Klagen über baS Un- habe: „Dars ich benn auch nicht wieder- heil deS Zwischenhandels Waren sehr interessant unb kommen, wenn es nun wieder dänisch hier sanden auf der rechten Seite lebhaftm Beifall. Viel- Wirb?" AIS der Amtsvotsicher ihn darob zornig an« ■ gefahren habe, habe Jetts gemeint: „Ich nehme ja sind aber andere Mittel als Avsperrungsmaßregeln nöthig. Da muß die Lage der Landarbeiter Verbeffert werden, damit sie Kraft unb Geschick zur intensivsten Arbeit erlangen. Freilich sann durch bie Absperrung auch) Produktion unb Konsumtion in Einklang gebracht werben, aber bann wirb biefer Einklang nur baburch erzielt, daß durch die Theuerung die Konsumtion auf das Maß ber Produktion herabgedrückt wirb. Dieser Weg ist aber nicht nur kulturfeinblich, fonbern grabezu ein Verbrechen am Volke. Herr von Hammerstein wollte unter allen Umständen lauten Beifall von ben Konservativen haben unb suchte biesett baburch zu erlangen, baß er behauptete, die Reden von ber linken Seite des Hauses klängen, als wenn sie im amerikanischen Parlament gehalten feien. Nur ein Ozean liegt zwischen ben Anschauungen der Herren von der Rechten und ber Linken. Die Junker spendeten dem Minister bei diesen Ausführungen denn auch ben er - wünschten Beifall. Auch sie sehen den Menschen, ber vernünftige Ansichten äußert, nur noch ganz im fernen Westen. Sie glauben, der Mann muß schon in Amerika fein. In diese Täuschung vert'allen sie, weil sie nicht ahnen, daß sie mit ihren Ansichtei! so weit nach Osten gerückt find, daß sie sich damit bereits hinter Rußland befinden. Nun war noch ein rsbcheimrath dazu bestimmt, die Wirkung der Vichjperre auf die Armeeverpsteguiia vorzu- sühreu. Der Mann hatte eine Rede ausgearbeitet, die ben Beifall des Kriegsministers und deS Smibwrrtbftbate« Ministers gefunden hatte. Er hatte diese Rede so gut cinstubirt, daß er sie schon mit rafenster Schnelligkeit, hersagen konnte. Von dieser Einstubirung legte er eine Probe ab, ohne irgend welchen Eindruck damit zu machen. Tas Will das Agrarierblatt als Beweis gelten lassen, j daß dte ausgewiesenen Dtenstmädcheu unb Dienstknechte : nicht so ganz unschuldig sind, während jeder vorurtheilS- los die Dinge bettachtende Mensch darin nur ben AuS- — — ™ —•; ...... ... Art von Betteln um bie Gunst einer Nation, der Lanbwirchschaft so gesteigert würben, daß sie zur uns hochmüthig und widerrechtlich be- lafftmg der agrartjcheit ..Deuffchen Tageszeitung". Siesantrag angenommen, in welchem die Regierung ersust wurmt eS furchtbar, daß die oppositionelle Presse immer j wird, unverzüglich ein Abkommen mit Teutsch»! mit so großem Recht auf die unschuldigen Opfer ; l a n b , Oesterreich-Ungarn, Belgien und der Ausweisungspolitik Hinweisen sann, lind um zu ste- Holland abzuschlteßen, durch welches die Zucker- weisen, daß es auch „Schuldige" unter ben Ausgewiesenen aussuhrprSmieu abgeschafft werden und den Zncker- giebt, wirb beut „Flenödorg Avis" nacherzählt, baff ein Produzenten Sicherheit auf ben offenen britischen Märkten Knecht JenS Anbresen auS Ballum, als das AuSweisitngs-' bor staatlich unterstütztem Wettbewerb qaranlirt wird. Die pfälzischen Nationallibcralen sind am 8. d. M. in Neustadt mm „Parteitag" beisammen gewesen uub haben sich insofern als bejdjeibene Leute ge - zeigt, als sie sich mit dein Vorgehen deS Bunbes ber Landwirthe, ber ihnen bekanntlich so ziemlich allen ihren einst so mächsigeti Einfluß in bet Pfalz geraubt hat, baburch abfanben, daß sie ben Bund als — national» liberal bezeichneten. Reichstagabgeordneter Gander erklärte näurlich, daß der Bund ber Landwirthe in ber Pfalz mir nationaßiberal sein könne. Man könne ben Bund bet Landwirthe innerhalb bet nationaUiberalen Partei ganz ruhig seiner Wege geben lassen. Man könne ein Mitglied des Bundes der Landwirche sein, und doch bis in bie Knochen uationaUibcraL Rechtsanwalt Platz von Ztveibnicken führte ans, man solle ben pfälzisch»! Bauent ihren nationalliberalen Rock unb ihr bauern« büiiblerisches Hemd lassen. Laiibrath Keller von Lauterecken trat ebenfalls für ben Bund ber Laub- wirthe ein. Einen komischen Eindruck machen die Aus - führungen des bekannten Dr. B ü r k l i n : Die national« liberale Partei dürfe über den nationalen Gesichtspunkten auch die liberalen nicht vergessen, sie müfie frei - sinnig sein, bie Augen vor ben Zeichen ber Zeit nicht verschließen, entern mäßigen Fortschritt huldigen, sie müffc freimüthig sein sowohl nach oben wie nach unten. Ein „nach Oben" freimüthiger Nationalliberaler — baS wäre in der Thal einmal etwa? Neuei, unb wenn Dr. Bürki in, ber Intendant des Hoftheater« in Karls - ruhe, selbst einmal bie Rolle bes Marquis Posa spielen wollte, müßte sich baS prächttg machen. Ein städtisches Brbcitersekretariat ist in Ulm errichtet worden. Es ist mit dem städtischen Arbeit»- und Wohnungs-Vermittlungsamt verbunden unb hat bie Aufgabe, Jedermann, insbesondere Unbemittelten, Ar - beitern, Dienstboten, Handwerkern, Händlern, kleinen Unternehmern u. f. W. Rath und Auskunft zu gewähren, namentlich in Sachen ber sozialpolitischen Gesetzgebung, in Steuer-, Schul-, Militär-, Unterstützungi-, Vormunb- schafts-, Erbschasts- und dergleichen Fragen. Auch hat baS Sekretariat Schriftsätze, Eingaben re. anzuserttgen. Die Rathschläge und Auskünfte werden kostenlos gegeben; für Schriftsätze ist eine Gebühr von 10 4 für die Seite zu enttichten. Steflcn die Zuikcrprämie» macht sich in Eng - land eine Bewegung geltend. Am Montag sand eine stark besuchte Versammlung der „Amt Sugar-Bouitty- League" statt. Alle Zucker probuzirenden englischen Kolonien, Indien und Kanada waren verwettn. Die Gegen die zweijährige Dienstzeit läuft bie ^Kreuzztg." abermals Sturm in einem langen Artikel, in welchem sie ein gewundenes Elaborat der „Rordd. Allgem. Ztg." als Beweis für die Thatsache erklärt, daß bie zweijährige Dienstzeit sich „n i ch t bewährt" habe Das Junkerblatt sucht die Regierung scharf zu machen zur baldigen Abschaffung der verkürzten unb Wiedereinführung der dreijährigen Dienst - zeit. „Daß auch dem wüstesten Geschrei gegen - über eine entschlossene Regierung Stand zu halten vermag, hat Preußen seinerzeit unb zwar in derselben Frage zu seinem und des Reiches Heile bewiesen" . Nach dieser Probe bart man sich also darauf gefaßt ntacheu, daß die ganze reaktionäre Presse nächstens gegen die zweijährige Dienstzeit einen wohlorganisirieu Feldzug eröffnen wird. Wenn das Volk, das bie Militärlasten zu tragen bat, nicht rechtzeitig prote flirt, wirb es vielleicht seine Passivität bitter zu bereuen haben. Eine Volkskunde,ebung für eine Politik, bte tief im V 0 l k s b ew n ß t s e i n wurzelt, nennt der „Hambg. Eorresp." die HaderSlebener Fackelzuggejchichte zu Ehren Söllers, d e S E i n z i g e n, tu einem Artikel, an deut sonst nur noch folgende Schlußsätze von Jntereffe sind: „Der Grundsatz, daß Ausländer nirgends geduldet werden sollen, wo sic von ber in« ländischen Agitation zur Verstärkung bes staatsfeindlichen Elementes heran- gezogen und mißbraucht werben, bildet bie Grundlage nicht für eine Kampfes-, sondern für eine organische Politik und muß immer unb überall zur Anwendung gebrach^ werden — nicht blos in Norb- jchleöwig. Denn fein Staat kann uub darf mit ver - schränkten Armen zusebett, daß seinen Gegnern vom Aus- lande die Waffen geliefert werden, mit betten der staat - liche Bestand bekämpft werben soll. Unb grabe dieser organische Gedanke ber jetzigen nordschleswigschen Politik giebt die sichere Gewähr dafür, daß die preußische Siaatöregirrung den einmal betretenen Weg nicht ver - lassen wird." Eütt schöne „organische Polink", die durch Ver - folgung Unschuldiger Haß und Verbittermtg im eigenen Laude nährt unb die Beziehungen zum Ausland ge - fährdet ! Und auf wie schwache,! Füßen muß der „staat - liche Bestand" stehen, ber durch so gefährliche Waffen, Wie vorn Anslande kommende arme Dienstmädchen unb indifferente Knechte, Lehrlinge ic, gefährdet werben kann. Armes Deutsches Reich, daS hast Du trotz Deiner vielen Sünden nicht verdient, so vor aller Well bloßgestellt zu Werden 1 Der Versuch ist ja schon in Brsisiel gemacht, aber bekanntlich gescheitert. Einmal in die Prämien wirthschaft hinetngerathett, kommt man ohne Opfer nicht wieder heraus. Die Znckerinteressenten haben aber viel zu sehr da« Ohr der Regierung, als daß ste ihnen Webthun möchte. Eine nette FriedettSliga, nämlich eine Vereini - gung zu Gunsten der Abrüstung, ist in E n g 1 a n d gebildet Worden. Deren Geiteralkontmiffion berieth dieser Tage die Nüttel zur Herbeiführung einer etisiprechenden Bewegung in den Ländern des Festlandes und erwog bte Frage der Massenvertheilunz bezüglicher Schnftm. Die Führer ber englischen Arbeiter - partei unterzeichneten einen Ausruf an die Arbeiter - klasse zu Gutisten des Friedens. Dte Bewegung schrettet andauernd fort. In ben hauptsächlichsten Provtnzstäbten werden öffentliche Versammlungen organifirt, die sich mit ber Frage beschäftigen sollen. Tas antiklerikale Kartell in Belgien macht den bottigen Ultramontanen nicht Wenig Kopfschmerzen, namentlich feitbem sich durch bie große Demotiftration, bie am Sonntag vor bem Marnix-Denkmal in B rüffel stattfaub, gezeigt hat, daß nicht nur die Partei f ü h r e r, sondern die V 0 l k s ni a s j e n darin übereinstimmen, baß bei aller sonstigen Verschiedenheit ber Parteianschauungen, boch bie Vernichtung der klerikalen Herr - schaft daS erste Ziel aller freiheitlich Gesinnten sein muß Die ultramoutane „Köln. Volks-Ztg." schildert die Demonsttation in einer Weise, bie neben dem Singer auch bie Furcht deutlich genug ausdrückt; „In ber Lhat Haden bies Vkal bie starrsten Doktrinäre ihren Gefühlen Zwang angethan, und man konnte sie sozusagen Arm in Arm mit den Leuten von der phrygischen Mütze zum Älarnix - Denkmale, baß neben denjenigen von (rginont unb Horn steht, schreiten unb nachher mit Vander- b e I b e unb Furnsmont gemeinsam auf bie Estrade eines VolkS-TanzlokaleS steigen sehen, wo die Herren Einer nach dem Anderen ihr anti-klerikales Sprüchlein herfagten ober vielmehr vom Blatte ablaseit. Etwa 1600 Personen Waren im Straßenzuge, Andere warteten am Eingänge bes Sablonplatzes, wo daS Denkmal steht, auf die Ankunft deS Zitges. Sehr zahlreich waren die Fahnen, unter denen bie rothen mit phrygischer Mütze und Bell überwogen. Nicht un - erwähnt darf es bleiben , baß ben Reigen der Redner ber Sozialist Fumömont eröffnete und der Sozialist Vanbervelde schloß, wäbrenb Doktrinär-Liberale unb Radikale zwischen diesen Betden zum Worte kamen. Den Umstand, baß er bas Schluß - wort hatte, wußte Vanbervelde geschickt sich zu Nutze zu machen, indem er darauf hinwics, daß Marnix vor mehr als drrihinidert Jabren sich auf die gucux, die Bettler, stützte uub dadurch zu feinen Erfolgen gelangte; so habe auch jetzt und in Zukunft daS Bürgerthum feine Kraft bei ben Ar - beitern zu suchen, ohne deren Beistand künftige politische Erfolge nicht mehr möglich seien. DaS war bie richtige Tonart, unb btt iätmenbe Beifall, welcher diese Worte begrüßte, hätte ben anwesenden Liberalen sagen muffen, daß Anseele nicht allein es in seiner Partei ist, Welcher von ben Liberalen benft, daß sie nur noch unter den Falten der rochen Fahne existenzberechttgt find." Die Perdächtignng der Rriutinalfauiuier deS Kaffanonshofes, die von einem bisherigen Mitglied dieses höchsten Gerichts der französischen Republik auSgeht, wirb fortgesetzt. Herr QueSnay be Baurepaire, augenscheinlich bemüht, sich lieb stinb bei den Generalen uub — ben Thronprättndenten zu machen, hat im „Echo be Paris', wie wir schon kurz melbeten, seine Vorwürfe gegen seine bisherigen Kollegen niebergdegt. ES lohnt sich nicht, bas tbctlweife ganz kinbtsche Gewäsch wieberzugebeu. ES genüge, bie „sieben Fragen" auszuführen, die er zum Gegenstand einer Enquete gemacht wissen Will: 1) An einem anderen Tage, als am 24., hat Bard den Oberstlieutenant Picquart in seinem Anjenthaltszimmer im Jnstizvalasi ausgesucht und chn auch dort gefunden. 2) Der Vorsitzende Loew hatte ebenfalls Begegnungen mit Picquart. 3)Der Gensdaru!erie- haupttnaiin Erqus war bestürzt über die außerordentliche Gefälligkeit, welche die Richter Picquart gegenüber an den Tag legten, uub ließ sich eines Tages zu ber Erklärung Hinreißen: ich hatte bisher immer große Achtung vor ber Justiz, aber ist beim bas Justiz i 4) Der Vorsitzende Loew soll einmal Picquart nach feiner Zeugenaussage ein erfrischendes Getränk haben auftragen lassen. 5) Herr Bard gab eines Tages nach 5 Uhr Abends einem Büreau- bicner Beseht, einen warmen Grog für Picquart zu bereiten. Der Büreaudiener war ebenfalls bestürzt über diesen Befehl unb rief auS: „So viel thut man für unsere Generale nicht! llebrraC bat man nur Gefällig - keiten für Picquart. Ich soll ihm einen Grog bereiten, lieber würbe ich ihm ein Brechmittel vorfetzen!" (Der „Slatin* theilt mit, daß auch dem früheren Kriegsminister Billot während bes Verhörs in Folge eines UnwohlfentS ein Grog überreicht worden sei.) 6) Ein Gerichtsdiencr berichtete seinem Vorgesetzten, daß er Barb in einer Ecke ber Gänge mit den Advokaten Dreyfus' unb Zolas in Unterredung angettosseii habe. 7) Bard beauftragte einen Gerichtsbieuer, Picquart zu melben, baß mau ihn nicht bis nach 4 Uhr vernchmeit könne, und fügte hinzu, bet Dienet möchte Weiter Picquart das Bedauern deS Kaffattonshofes mittheilen, daß er ihn so lange warten lasse. Der Diener beschränkte sich aber darauf, dem Gensdarmeriehcuiptmann Erqus diesen fluttrag zu geben. Dieser Weigerte sich, einem aus der Armee gestrichenen Offizier das Bedmtern deS Kaffattonshofes anszitsprechen. — Als Kernpunkt des schrecklichen Verbrechens bleibt also ein — Grog, den erneut erschöpften Zeugen zu verschaffen, ein Richter io höflich War. Aitgenschrinlich hat Beaurepaire die Nothwendigkeit eingesehen, auch noch etwas Entsthastes zu sagen, und so veröffentlicht er einen zweiten Arttkel, ber neue „Thatsachen" aufzählt, worauf sich eine neue Enquete grünbeu könnte. Die öffentliche Meinung verlange, man dürfe an dem Urtheil deS Kriegsgerichtes nicht rühren, bevor nicht die Unparteilichkeit der Richter fest- gestellt und ein gesetzmäßiges Vorgehen garanttrt sei. Die Anhänger DreN'itS geständen selbst ein, ste ver - langen einwandfreie Richter. Rkan müsse daher an die Stelle der 15 Mitglieder ber Sriminalkammer die «9 Richter setzen, bie ben gefammten Kassationshof bilden. Eine Weigerung der Rndänger DrevfuS' würbe einem Eingestänbniß ber Schuld Drenfns' gleichkommen. Beonre- paire verlangt von dem Jiisttzminister eine umfassend« Untersuchung und anderweite Regelung deS zuständlgen Gerichtshofes. Dte Zeitungserörterungen über bte Erklärungen Quesnay be BeaurpaireS sind leidenschaftlicher wie,n irgend einer Zeit feil dem Beginn der Dreiffurwnreit. OlauloiS" schreibt: „Die @ercärigfeü zerbröckelt und schwank!! bald wird sie bi Trümmer zerwllen! TaS Heer allein ist, Gott sei Dank, noch unberührt; die An - griffe haben sein sttllicheS Ansehen gestärkt, da« ist das Einzige, was von ber ehemaligen großen Natton noch ausrechtsteht. Alles Uebriqe verfault und verjaucht zu - sehends. Der Todeskampf eines Regierung-systems btt begonnen, aber gleichzeitig bereitet sich Frankreichs Auferstehung vor 1" ^ntransta." hat folgende Über - schriften und Untertitel: „Tie Gencht-knns", .Ta- Verbrechen ber Strafkammer", „Die gefälschte Unter» suchnng", „Nene Enthüllungen", „Weitere Anklagen, „Loews Fättchungen", „Picqimrts Grog". Die ganz« Drrtisitspreffe jubelt unb verkündet, jetzt sei thr Sieg sicher.