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Nr.  255. 
>3.  Jahrgang 
Dienstag,  de»  31.  Lktvdcr  1899. 
Da«  „Hamburger  Echo"  erscheint  täglich,  außer  Montag«. 
Der  NbonncmcutSpreiS  (inkl.  „Die  Reue  Welt")  beträgt:  durch  die  Post  bezogen  (Nr.  de«  Post- 
kalalogs  3248)  ohne  Bringegeld  vierteljährlich  H.  4,20;  durch  die  Lolportöre  wöchcntl.  36  frei  in'«  Hau». 
Einzelne  Nummer  6  -4  Sonnlagr-Nuniiner  mit  illustr.  Svniiiagr-Bcilage  „Die  Neue  Welt"  10  ^4. 
Verantwortlicher  Si-dakiör:  Hermann  Mvlkenbnhr  in  Hamburg. 
werden  di-  sech-gespaltene  Petit,eile  oder  deren  Raum  mit  30  4,  für  ent  Arbettdmar»«,  jver» 
Miirtbuitfld-  uitb  Tannliknanzrigen  mit  90  4  berechnet. 
dluzeigeu  Annahme  in  der  Expedition  <biS  6  llhr  AbdS  ),  sowie  in  sämintl.Lnnoncen-Büreau» 
Vedoftton  nnb  Expedition:  Drohe  Theaterstrahr  44  in  Hamburg. 
Hierzu  eine  Beilage. 
Die  gelbe  Gefahr. 
„Deutsches  Blatt"  heißt  die  Zeitung,  in  deren 
Znsemtentheil  ein  Grobiudustrieller  seine  Geneigtheit 
erklärt,  fünf  bis  sechs  Chinesen  einzustellen  —  als 
Dienstboten  —  und  Staudesgenosscn  sticht,  die  gleich -
falls  Versuche  mit  Chinesen  machen  wollen,  „so  daß 
eine  größere  Anzahl  junger  Chinesen  iulportirt  werden 
kann".  Uns  wundert,  daß  der  Inserent  des  „Deut -
schen  Blattes"  sich  nicht  die  patriotische  oder  nationale 
Kokarde  aufgestcckt  hat,  sie  hätte  ihn  so  gut  gekleidet. 
Kaun  man  etwa  seinen  Patriotismus  oder  Natio -
nalismus,  seine  Liebe  zum  Vaterland  schöner  be -
thätigen  als  dadurch,  daß  man  die  reichlich  vor -
handenen  Arbeitskräfte  desselben  schont  und  dafür 
auswärtige  heranzieht?  Kanu  sich  die  Liebe  zur 
eigenen  vaterländischen  Bevölkerung  rührender  äußern? 
Geiviß  empfindet  dieser  edle  Patriot  ethische  Ge -
wissensbisse  darüber,  daß  er  durch  die  verwünschte 
kapitalistische  Produktionsweise,  die  leider  Gottes  nun 
einmal  da  ist,  sich  genöthigt  sieht,  seine  proletarischen 
Mitbürger  in  das  harte  Joch  der  Lohnarbeit  zu 
spannen,  sein  weiches  Herz  blutet  beim  Aichlick  seiner 
kompatriotischeii  Lohnsklawen,  und  er  macht  es  daher 
wie  der  reiche  Bankier:  „Schmeißt  mer  hinaus  den 
Jsack,  sein  Elend  zerbrecht  mir  das  Herz." 
Das  Inserat  veriveist  auf  einen  Artikel  der 
„Kölnischen  Zeitung"  vom  1.  Oktober.  Wir  haben 
diesen  nicht  zu  Gesicht  bekommen,  wohl  aber  einen 
längeren  Artikel  desselben  großkapitalisttschen  Blattes 
vom  10.  September,  dessen  Verfasser  ernstliche 
Warnungen,  wie  er  sagt,  gegen  solche  Versuche 
ergehen  läßt.  Es  sei  zwar  nicht  zu  befürchten, 
meint  er,  daß  eine  deutsche  Regierung  in  absehbarer 
Zeit  die  planmäßige  Einfuhr  chinesischer  Arbeiter 
gestatten  würde,  aber  es  mag  trotzdem  zweckmäßig 
sein,  Diejenigen  über  die  unabtvendbaren  Folgen 
chinesischer  Einwanderung  aufznklären,  die  durch  un -
befriedigte  Arbeiterverhältnisse  veranlaßt  werden,  nach 
gelbem  Ersatz  auszuschauen.  Er  beruft  sich  dabei 
auf  seine  15jährige  Erfahrung  im  Umgang  mit 
Chinesen  verschiedenster  Städte. 
Daß  man  die  Warner  vor  der  „gelben  Gefahr" 
mit  Unrecht  für  Gespeitsterseher  gehalten  hat,  zeigen 
die  Zustände,  die  durch  die  chinesische  Einwanderung 
in  Nordamerika  und  Australien  geschaffen 
worden  seien.  Hier  wurden  die  Chinesen  Anfangs 
anstandslos  zngetasfeu,  da  sie  um  der  chneu  eigenen 
Schmiegsamkeit  auftraten  und  durch  ihr  anscheinend 
bescheidenes  Wesen  die  Ansässigen  über  ihren  wahren 
Karakter  täuschten.  Aber  es  dauerte  nicht  lange, 
bis  man  erkannte,  daß  man  sich  damit  ein  böses 
Uebel  auf  den  Hals  geladen  habe  und  genöthigt 
war,  zu  strengen  Maßnahmett  zn  greifen,  um  der  un -
heimlichen  Invasion  der  Zopfträger  einen  wirksamen 
Damm  entgegeuznsetzen. 
Der  Verfasser  schildert  eingehend  die  fabel -
haft  niedrige  Lebenshaltung  jener  Parias,  ihre 
unglaublich  geringen  Bedürfnisse  zur  Fristuug 
ihrer  Existenz;  daneben  ihre  Leistungsfähigkeit 
und  Anstelligkeit.  Wie  eine  Maschine  lebt  sich 
der  Knli  in  die  von  ihm  verlangte  Thätigkeit  hinein, 
die  eintönigste  körperliche  Krafteurfaltung  gilt  ihm 
gleich  mit  einer  beliebigen  abwechsluiigsreicheu,  auch 
den  Geist  beschäftigenden  Arbeit,  und  wie  eine 
Maschine  beendigt  er  sie  gleichmäßig.  Wie  den 
Unternehmern  der  Vtiind  dabei  wässern  mag!  — 
Es  giebt  aber  leider  nichts  Vollkommenes  unter  dem 
Monde! 
Der  Knli,  fährt  der  Verfaffer  fort,  hat  einen 
hochentwickelten  Sinn  für  rechtliche  Gleichstellung 
aller  Arbeiter  und  trachtet  daher,  wenn  immer  mög -
lich,  für  sich  und  seine  Kameraden  eine  für  jeden 
Einzelnen  gleich  abgemessene  Akkordarbeit  zu  erlangen. 
Uebersteigt  das  M!aß  die  von  ihm  gewöhnlich  er -
reichte  Leistung,  so  fällt  es  ihm  nicht  ein,  sich  damit 
abzuguälen.  So  billig  er  auch  seine  Arbeit  verkauft, 
so  hartnäckig  besteht  er  ans  einem  einmal 
festgesetzten  M  indestsatz.  Vorgesetzte,  die  aus 
langer  Erfahrung  die  für  die  Behandlung  der  Kulis 
nöthige  Gewandtheit  geschöpft  haben,  vermögen  mit 
ihnen  viel  zu  erreichen.  Ganz  anders  dagegen 
Vorgesetzte,  die  sie  noch  nicht  kennen  und  die 
noch  wenig  mit  Chinesen  vertraut  sind.  „Da  zeigt 
sich  der  verschlagene,  verschlossene,  zu  ver -
steckter  Widersetzlichkeit  neigeude  Karakter 
der  Kulis  in  seinem  vollen  Lichte.  Nicht  enden 
wollende  Reibungen,  boshafte  und  freche  Heraus -
forderungen  führen  dann  meistens  zu  Arbeitseiu- 
stellungeii,  wüsten  Auftritten  und  Gewaltthaten. 
Der  fanatisirte  Kuli  schreckt  vor  nichts 
zurück,  kein  Vorgesetzter  ist  während  eines 
„Rows"  seines  Lebens  sicher."  Der  Paffns 
schließt  mit  dem  Satze:  „Der  Kuli  steht  in  dieser 
Hinsicht  ans  einer  für  uns  gradezu  unfaßbar  tiefen 
Knlturstnfe,  nicht  viel  höher  als  das  Thier." 
Der  Chinese,  heißt  es  iveiter,  fühlt  keine  An -
hänglichkeit  ober  Dankbarkeit  für  Wohlthaten.  Er 
würde  nie  für  seinen  Herrn  in  dessen  Abtveseuheit 
eintreten,  sondern  ihn  vielmehr  mit  Wollust  hinter 
seinem  Rücken  verunglimpfen  und  sich  bübisch  über 
jeden  ihm  gespielten  Streich  freuen. 
Der  Kuli  ist  ferner  ein  geborener  Ver -
schwörer.  Er  zieht  den  heimlichen  und  ge -
waltsamen  Weg  zur  Erlangung  seines  Rechts 
stets  dem  gesetzlichen  vor.  Um  sich  mibercch- 
tigten  Einfluß  und  Anhang  zu  verschaffen,  schließt 
er  sich  einer  der  geheimen  Genossenschaften 
(Kong  Si)  an,  die  überall  unter  den  Chinesen  be -
stehen  und  ihre  Mitglieder  durch  furchtbare  Eide 
binden.  Eine  solche  Verbindnng  hat  viel  Aehnlich- 
keit  mit  der  italienischen  „Mafia"  und  „Camorra"; 
wer  ihre  Rachsucht  erregt,  wird  ermordet 
oder  unschädlich  gemacht.  Sich  eine  Gelegenheit 
entgehen  zu  lassen,  uni  seinen  Herrn  zu  be -
trügen,  betrachtet  der  typische  Kali  als  eine  un -
verzeihliche  Dummheit,  ja  gradezu  als  ein  Unrecht. 
Hierin  unterscheidet  sich  nach  de?  Verfassers 
Versicherung  der  Knli  nicht  von  seinen  Landsleuten 
überhaupt.  Die  Uebervortheiluug  erscheint  dem 
Chinesen  jeder  Schicht  als  nnzertremilicher  Bestand -
theil  jedes  Geschäfts,  das  er  macht.  Für  Ehrlich -
keit,  Offenheit,  Treue,  Ehr-  und  Pflichtgefühl  fehlt 
dem  Chinesen  schlechterdings  jedes  Verständniß.  Er -
werbung  von  llteichthümern  ist  dem  Chinesen  das 
höchste  und  einzige  Ideal,  und  ein  durch  seinen 
„Handel",  d.  h.  Schachern  und  Schwindeln,,  reich 
gewordener  Chinese  ist  für  uns  ein  höchst  abstoßendes 
Exemplar  seiner  Spezies,  er  ist  der  ekelhafteste,  ge -
mästete  Protz,  den  man  sich  vorstellen  kann.  Der 
Chinese,  behauptet  der  Artikel  schließlich,  ist  und 
bleibt  ein  der  abendländischen  Zivilisation  absolut 
verschlossener  Barbar.  Er  mag  äußerlich  von 
europäischer  Kultur  noch  so  sehr  beleckt  sein,  im 
Innern  bleibt  er  stockchiuesisch,  voll  Geringschätzung 
für  alles  Humanitäre.  „Deshalb  soll  man  die 
Völker  Europas  warnen  vor  der  gelben 
Gefahr!  Ihre  heiligsten  Güter  werden  in  der 
That  von  ihr  bedroht." 
Gewiß  wird  auch  einmal  für  die  gelbe  Rasse 
ein  Morgen  der  Zivilisation  dämmern;  er  wird 
aber  erst  anbrechen  im  Gefolge  der  höheren  Kultur, 
die  der  Sozialismus  der  Menschheit  bringen  wird. 
Der  neue  Flottenplan 
ist  von  der  „Norddeutschen  Allgemeinen  Zeitung"  am 
Sonnabend  Abend  in  einem  hochossizidsen  Artikel  ver -
öffentlicht  worden.  ES  handelt  sich  um  ein  ganz 
neues  Programm.  Dasselbe  soll  an  die  Stelle 
des  Flottenplanes  für  die  Jahre  1901,  1902  und  1903 
treten  und  sich  auf  die  Schiffsbauten  erstrecken,  welche 
bis  zum  Jahre  1917  vorgcnommeu  werden  sollen. 
Die  Regierung  bezweckt,  das  im  Flottcngesetz  vorgesehene 
Doppelgeschwader  für  die  heimische  Schlachtflotte 
ans  Linienschiffen  und  Kreuzern  noch  zn  vermehren  durch 
ein  drittes  und  viertes  Geschwader.  Für 
das  neue  Doppelgeschwader  sollen  10  Linienschiffe  bis 
1912  hmzukoiiunen  und  8  weitere  Linienschiffe  von  1912 
bis  1917  an  Stelle  des  Ersatzes  für  die  jetzt  schon  vor -
handenen  8  Küstenpanzerschiffe  treten.  Auster  den  Linien -
schiffen  soll  bis  zum  Jahre  1911  auch  die  Zahl  der  großen 
Kreuzer  noch  nm  8  erhöht  werden,  wovon  2  auf  die 
neuen  Flotteugeschwader,  6  auf  die  Auslandskrcnzer  ent -
fallen.  Die  Zahl,  um  welche  die  kleinen  Kreuzer  ver -
mehrt  werden  sollen,  ist  nicht  angegeben.  Voraussichtlich 
kommen  16  kleine  Kreuzer  für  die  beiden  Geschwader 
der  Schlachtflolte  in  Betracht,  da  ebenso  viele  für  die 
beiden  vorhandenen  Geschwader  im  FtoUeugejctz  vorge -
sehen  sind.  Zn  dieser  Vcrmchnmg  der  Schiffe  kommen 
dann  noch  die  Erjatzbanten,  welche  iu  der  Zeit  bis  1917 
fällig  werden. 
Es  sind  also  nicht  weniger  als  etwa  48  neue 
Schiffe  vorgesehen,  zn  denen  natürlich  die  Vervoll -
ständigung  der  übrigen  Flottenbestand- 
theile  bis  zn  den  Torpedobooten  hinunter  gehört. 
Statt  eines  FlottenvlaneS  auf  sechs,  ein  Flotien- 
plan  auf  siebcnzehit  Jahre,  d.  h.  der  Reichstag  soll 
auf  ein  halbes  Menschenalter  gebunden  und  deS 
Rechtes  entkleidet  werden,  in  Marilte- 
fragen  mit  jur  eben.  Doch  nein  —  meint  die 
Berliner  „Volks-Zeitung"  —  wenn  nach  einigen  Jahren 
abermals  der  Plan  als  nicht  ausreichend  befunden  werden 
wird,  so  wird  man  dem  Reichstage  gütigst  gestatten, 
einen  aller  neuesten  Flottenplan  gntzuhcißcn,  der 
vielleicht  96  Panzerschiffe  verlangt  und  den  Plan  auf  30 
Jahre  festlegt,  um  auf  30  Jahre  das  Parlament  zur 
Ohnmacht  zu  vcrnrtheilen  I 
In  den  offiziösen  Auslassungen  wird  behauptet,  daß 
sich  ein  derartiges  Programm  „ohne  neue  Steuern" 
durchführen  lasse.  Die  jährliche  Schiff  bang  note 
würde  von  durchschnittlich  60  auf  durchschnittlich  etwa 
85  Millionen  Mark 
steigen,  die  jährlichen  sonstigen  einmaligen  Ausgaben 
von  9  aus  12  Millionen  Mark. 
Bei  der  Steigerung  der  einmaligen  Ausgaben  würde 
indeß  nach  Maßgabe  der  bisherigen  Grundsätze  ein  sehr 
erheblicher  Theil  durch  eine 
neue  Anleihe 
gedeckt  werden. 
Also  zwar  angeblich  keine  neuen  Steuern,  aber 
eine  abermalige  Vermehrung  b  c  r  Reichs- 
schulben.  Woher  man  bie  Offiziere  unb  Mannschaften 
nehmet»  will,  um  diese  ungeheure  Zahl  schwinmiender 
Kasernen  zu  bevölkern;  wie  man  bei  diesen  enormen  Auf- 
wenbungen  für  Zwecke  des  Wassermilitarismus  bie  Kultur- 
aufgaben  des  Deutschen  Reiches  erfüllen  will,  die  jetzt 
schon  „in  beschämender  Weise"  zurückgestellt  werden 
niüffen,  das  wissen  die  Götter. 
Zutreffend  erklärt  bie  Berliner  „Volks  -  Zestung": 
„Die  neue  Flottenvorlage  übertrifft  weit  alle 
Befürchtungen,  bte  man  um  ihretwillen  haben 
mußte.  In  konstitutioneller  Beziehung  bebeutet 
sie  bie  Bankers  Verklärung  besReichStages; 
in  finanzieller  Beziehung  bie  schärfste  Zumuthung 
an  ein  Volk,  bas  unter  bem  Drucke  schwerer  Steuerlast 
schot»  jetzt  mühsam  ringt,  um  in  ber  Umklammerung  des 
Land-  unb  Wasscrmilitarismus  nicht  zu  ersticken.  Darum, 
wer  weiten  Blicks  iu  bie  Zukunft  sieht  unb  an  eine 
bessere  Zeit  glaubt,  bie  bem  beutschen  Volke  beschicken 
sei,  bie  es  sich  selbst  aber  schaffen  muß,  bet  sage  mit  uns: 
Nieder  mit  ber  Fl0  11env0rlage!" 
Aus  bet  Kritik,  welche  bie  „Freif.  Zig."  an  bem 
Plan  übt,  heben  wir  Folgendes  hervor:  „Zunächst  muß 
es  überraschen,  daß  derart  ein  neuer  Flotteuplan 
im  Einzelnen  plötzlich  der  Oeffentlichkeit  unterbreitet 
wird,  während  bisher  über  die  Vorbereitung  eines  solchen 
Plans  nicht  daS  Geringste  verlautete.  Ein  solcher 
Flottenplan  laßt  sich  aber  nicht  anS  der  Pistole  schießen, 
sondern  verlangt  ausführliche,  zeitraubeube  Vorbereitungen. 
Hat  benn  ber  Reichskanzler  bisher  von 
diesen  Absichten  nichts  gewußt?  Wenn  eS 
ber  Fall  ist,  wie  komm!  es,  baß  plötzlich  Hals  über  Kopf 
Admiral  Tirpitz  zum  Vortrag  iu  dieser  Frage  zum 
Reichskanzler  nach  Baden-Baden  fährt?  Noch  niemals 
ist  es  bagcivefen,  daß  ein  solcher  Plan  schon  ber 
Oeffen  tlich  keit  unterbreitet  wurde,  noch 
bevor  die  Regierungen  in  den  Einzel- 
staaten  davon  Kenntniß  erhielten.  Durch  die  Ver -
öffentlichung  aber  legt  sich  die  NeichSregierung  schon  ge- 
wiffermaßen  auf  die  Sache  fest. 
„ES  ist  eine  Zumuthung  sondergleichen 
ntt  den  Reichstag,  jetzt  schon  einen  Flottenbauplan 
festzulegen  auf  nicht  weniger  als  17  Jahre,  nachdem 
ber  für  sechs  Jahre  fest  gest  eilte  Flotten -
bauplan  schon  nach  zwei  Jahren  von  der 
Regierung  als  unhaltbar  verlassen  wird. 
Wenn  für  sechs  Jahre  ein  solcher  Flotteuplan  nicht 
iimegehalten  werden  sann,  so  ist  dies  iwch  weniger  für 
17  Jahre  möglich.  Für  einen  Zeitraum,  der  sich  so 
weit  hinaus  erstreckt,  lasten  sich  nicht  einmal  jene  tech -
nischen  Gründe  geltend  machen,  daß  bie  Ausführung 
eines  für  mehrere  Jahre  feststehenden  Planes  bie  Be -
gebung  ber  Lieferungen ,  die  Beschaffung  des  Per -
sonals  u.  f.  w.  erleichtere.  Im  Gegentheil  sprechen  alle 
lech nische li  Gründe  gegen  die  Festlegung 
eines  solchen  Planes  
„Dem  Reichstag  als  Justiviiion  wird  durch  den 
Flrucnplan  das  denkbar  scha-  jstc  Mißtrauens -
votum  ertheilt.  Die  Volksvertretung  soll  isjre 
Nachfolger  in  ihren  Rechten  und  derKiim  irkuug  auf  die 
Wehrkraft  zur  See  begrabireit.  In  keinem 
Staat  der  Welt  ist  jemals  ein  solches  Jlottenqesetz 
einer  Volksvertretung  aiigcfoiuicu  morde«. 
„Aber  abgesehen  von  der  keustitutiouellen  Frage, 
sind  für  diese  Vermehrung  der  Flotte,  welche  nahezu 
einer  Verdoppelung  der  im  Flottrugesetz  vor -
gesehenen  Zahl  der  Schiffe  gleichkommt,  irgend  welche 
Gründe  in  dem  Artikel  nicht  angegeben.  ES  heißt  in 
demselben  nur  einfach,  wenn  einer  allgemeinen  Ver -
stärkung  bet  Marine  näher  getreten  werden  muß,  so  er -
gebe  sich  bas  Ziel  unb  bie  Richtung  dieser  Verstärkung 
auS  dein  Flottcngesetz.  Alsdann  folgen  lediglich  ziffer- 
mäßige  Darlegungen. 
„Tie  in  Aussicht  genommene  Verdoppelung  ber 
Schlachtflotte  schließt  aber  nicht  blos  eine  ziffermäßige 
Verstärkung  bet  Flotte  ein,  sondern  giebt  derselben  einen 
ganz  anderen  Karakter.  Die  Schlachtflotte  nach 
oem  Flottengesetz  sollte  Der  Vertheidigung  der  Nordsee 
unb  Ostsee  bienen,  der  Verhinderung  einer  Blockade,  und 
wurde  in  jeder  Beziehung  als  für  diesen  Zweck  aus -
reichend  dargestellt.  Das  neue  Dsppelgeschwader  bezweckt 
aber  offenbar,  die  Möglichkeit  zu  ßhaffen,  neben  den 
Kreuzergeschwadern  auch  Panzergeschwader  in 
andere  Welttheile  zu  sendetr  znr  Offeil- 
f  i  b  c  gegen  große  Seemächte.  Es  handelt  sich 
dabei  also  nicht  mehr  wie  bei  den  Auslandsschiffen  ber 
Kreuzergeschwader  um  b  cn  Schutz  des  Handels, 
sondern  um  eine  Betheiligung  au  Weltkriegen 
zur  See  durch  Schaffung  einer  Kriegsflotte 
ersten  Ranges.  Ein  solches  Bedürfniß  war  bisher 
von  Seiten  der  Regierung  entschieden  in  Abrede  gestellt 
worden 
„Mit  der  Schaffung  von  Panzergeschwadern  für 
überseeische  Kriege  ist  es  aber  allein  nicht  gethan.  Solche 
Panzerschiffe  setzen  K  0  h  l  e  n  st  a  t  i  0  n  e  n  voraus  auf 
ihrem  Wege,  tute  wir  sie  nirgends  besitzen.  Ebenso  er» 
heischen  solche  Geschwader  für  den  Fall  nothwendiger 
Reparaturen  ober  Beschädigungen  im  Kriege  eigene 
DockL,  wie  wir  sie  aitch  in  keinem  Welttheile  besitzen. 
Damit  eröffnet  sich  eine  gradezu  uferlose  P  er« 
spektibe  für  die  Steigerung  der  Ausgaben." 
Das  Agrarier-Organ,  bie  „Teutsche  Tageszeitung", 
schreibt  : 
„Plan  kann  ans  ber  Form  bet  Veröffentlichung 
nicht  erkennen,  ob  es  sich  tvirklich  um  Absichten  der 
verbündeten  Regierungen  oder  um  Ge -
danken  des  ReichSmarineamtes  ober  um  irgend  tvelche 
0  s  s  i  z  i  ö  s  e  S  l  i  m  tu  n  n  g  S  in  a  ch  e  handelt.  ES  tvird 
vor  Allem  nicht  klar,  ob  alle  diese  Pläne  unb  Möglich -
keiten  schon  im  Bunb  esrat  he  erwogen  sind, 
ob  es  sich  nur  nm  einen  Gcbmifcn  handle,  ber  ohne 
weiteres  Gewicht  in  bie  Oeffentlichtint  hinemgeworsen  ist... 
„Dem  ganzen  Plane  f  e  h  11,  v  0  l  l  k  0  m  m  e  n  die 
Begründung.  ES  ist  nichts  mit  einem  Sterbens -
wörtchen  gesagt,  w  e  l  ch  e  E  r  e  tzg  n  i  s  s  e  das  Denffche 
Reich  dazu  jluingcit  sollten,  bie  starke  Bind  11  n  g" 
bes  FlottengesetzeS  zu  lösen  itnb  dadurch  diejenigen 
Staatsmänner,  die  seiner  Zeit  ,  11  -  inet  folchey  starken 
Bindung  mit  allem  Nachdrucke  g-jprocheu  Huden,  in  Dieser 
gradezu  eklatanten  Weife  zu  desavviiireii.  ('■(je  man  ni 
eine  grundsätzliche  unb  verpflichtende  Würdigung  des 
weitfehauenden  Plane?  rinfritt,  muß  man  Die  Gründe 
kennen,  die  dazu  getrieben  haben. 
„Wenn  man  die  Schicksale  Der  früheren  Flottenpläne 
und  des  jetzigen  Flottengesetzes  erluägt,  so  wird  inan 
auch  diesem  neuen  Plaue  mit  dem  größten  Arg -
wohn  gegeuübcrtreten  müssen  Wenn  innerhalb  zweier 
Jahre  die  politische  Lage  sich  so  geändert  hat,  daß  das 
Flottengesetz,  diese  „starke  Bindung"  der  Regiernua, 
leichten  Herzens  über  den  Hansen  gciuorfcn  werden  muß, 
so  kann  sich  wiederum  in  zwei  Jahren  Die  politische  Lage 
ebenso  ändern,  so  daß  wir  bann  bie  Schiffobaulen  wieder 
beschleunigen  iiub,  statt  jährlich  3,  jährlich  5  neue  Schiffe 
tu  Angriff  nehmen  müssen  —  unb  so  weiter  in’*  Uin -
geniös  jene,  in’s  Uferlose  hinaus.  Der  Politiker,  ber  diese 
neuen  Pläne  für  bas  Endgültige  erachten  wollte,  würbe 
mit  Recht  zu  ben  „reinen  Thoren"  gezählt  werden." 
Nach  ber  Hamburger  Kaiserrede  und  den  Aus -
lassungen  ber  flotten  begeisterten  Presse  iu  ben  letzten 
Tagen  mußte  man  ja  «uf  neue  Marinefordernngen  gefaßt 
fein,  trotz  ber  von  Der  Regiernttg  als  auch  für  sie 
geltend  anerkannten  „Bindung".  Aber  im  selben  Augen -
blick,  wo  sie  diese  „Bindung"  kurzerhand  zerreißt,  für 
den  Reichstag  eine  neue  Knebelung  auf 
siebzehn  Jahre  zu  fordern,  das  überschreitet  doch 
Alles,  was  wir  an  „Staatsmäunischkeit"  bisher  erlebt 
hatten,  selbst  wenn  man  bie  Zumuthnngen  an  den  Geld -
beutel  des  Volkes  außer  Ansatz  ließe. 
Der  Krieg  in  Südafrika. 
England  muß  wegen  des  „Bischen  Transvaal"  An -
strengungen  machen,  bie  weit  über  das  Maß  dessen  hin- 
auSgeheu,  was  Großbritannien  im  letzten  Halbjahrhundert 
an  Kraftatffwenbungen  machte.  Richt  einmal  im  Kampfe 
gegen  das  russische  Weltreich,  im  Krimkrieg,  bot  England 
auch  nur  annähernd  so  viel  Mannschaften  auf,  wie  zum 
Angriff  auf  Die  beiden  föoerenrepublifen,  bie  an  Weißen 
zusammen  noch  nicht  zwei  Drittel  ber  Einwohnerschaft 
deS  Hamburger  Staates  haben,  nämlich  etwa 
425  000.  Die  schon  in  Afrika  befinblichen  unb  noch  dort 
erwarteten  englischen  Truppen  zählen  47  551  Mann  mit 
11426  Pferden  und  13  413  Maulthieren  sowie  122  Ge -
schützen.  Die  Erwerbung  der  Manlthiere,  auf  die  die 
Armeeverwaltmig  wegen  des  bergigen  und  zerrissenen 
Terräns  bei  den  Grenzen  der  Repttbliken  nicht  verzichten 
wollte,  hat  viele  Umstände  gemacht.  Tiefe  Thiere  sind 
zum  Theil  schon  unterwegs  nach  Kapstadt  und  Natal, 
zuin  Theil  werben  sie  bald  nachgesandt  werden.  In 
Italien  sind  etwa  6000,  in  Südspanien  2000  und  in  New- 
Orleans  3700  augelauft  worden.  Lon  New-Orleans 
werden  noch  etwa  3500  nadjgefanbt  werden.  Außer -
dem  sollen  nach  Möglichkeit  afrikanische  Zugochsen 
zur  Beförderung  Der  ungeheuren  TrcmZportkolouue 
benutzt  werden.  Der  Artillerietrain  besteht  außer 
den  Geschützen  allein  aus  360  Fuhrwerken.  Im 
Ganzen  giebt  es  einen  Train  von  etwa  2200  Fahrzeugen 
aller  Art.  Auf  ihrer  Fahrt  über  den  Ozean  soll  die 
Ausbildung  der  zum  Theil  jungen  Mamischaften  im 
Gewehrschüßen  noch  nach  Möglichkeit  gefördert  werden. 
Es  soll  jeder  Soldat  nach  Scheiben,  die  am  Stahlbanm 
hinter  dem  Heck  der  TranSportdampser  geschleppt  werden, 
25  Patronen  der  Marke  IV  verschießen.  Außer  diesen 
Truppen  der  Armee  geht  von  Southampton,  dem  Haupt -
einschiffungsplatz,  iwch  ein  Marittekontingent  von  240  Mann 
ab,  die  außer  Handwaffen  noch  Marimgewehre  und 
Landungsgeschütze  mit  sich  führen.  Aus  ben  Mannschaften 
der  großen  Kreuzer,  bie  nach  Südafrika  gesandt  ober 
dort  schon  ftalionirt  sind,  wirb  das  Marinekontstigent 
noch  verstärkt  werden.  Für  den  Transport  von  Ver -
wundeten  und  Kranken  werden  ans  Haubelsdampfem 
große  Hospitalschiffe  eingerichtet.  „Army  aub  Navy  Ga -
zette"  vergleicht  ben  diesmaligen  Truppentransport  mit 
denjenigen  ans  früheren  britischen  Feldzügm  und  stellt 
zusammen:  1854  Krimkrieg :  33  452  Mann,  3349  Pferde 
unb  88  Transportschiffe;  1878  Besetzung  von  Eypern: 
8500  Marni,  1840  Pjerbe  in  28  Schiffen;  1879  Süd -
afrika  :  8136  Mann,  1851  Pferde  in  18  Schiffen:  1880 
Transvaal:  7374  Mann,  2442  Pferde  in  19  Schiffen; 
1882  Egypten :  19150  Mann,  3900  Pferde  hi  44  Schiffen. 
Die  Zahl  der  Schiffsladungen  wird  jetzt  bie  Hundert  be -
deutend  übersteigen,  ehe  Alles  in  Südafrika  zur  Stelle  ist. 
Die  Kosten  sind  ungeheuer.  Schon  hat  daS  Par -
lament  10  Millionen  Pfund  Sterling  bewilligen  müssen  — 
„bte  Schlächterrechnnng"  (the  butchers  kill) 
nannte  bas  demokratische  Blatt  „Rehnoldö  Newspaper" 
den  Kostenanschlag  I 
Die  Stimmung  iu  England  ist  trotz  des  jiugoifnschen 
Geschreis  ziemlich  trübe.  Immer  deutlicher  tritt  die 
Wahrheit  zu  Tage,  daß  die  englischen  „Siege"  bei 
Glencoe  Ntederlageu  waren.  Hatte  num  Anfangs  ben 
Rückzug  bes  Generals  i!)ule  eine  „brillante  strategische 
Bewegung"  genannt,  jo  bemerkt  utait  jetzt  mit  Schrecken, 
baß  diese  Bcweanitg  einen  etwa»  eiligen  Kataster 
hatte.  Zunächst  wurde  buk  Zurück! assen  bet 
Verwundeten  gemeldet,  baun  kant  bie  Meldung 
vom  ZnrLcklassen  beö  Proviants  unb  endlich 
heute  hört  man,  daß  außerdem  die  M  u  n  <  t  i  0  n  i. 
k  0  l  0  uiien  zurückgeiassen  werden  mnßtcrr,  unb 
baß  PuleS  Truppen  „einer  flehten  Ruhe  bedürfen",  um 
wieder  kautpsfrisch  zit  sein.  DaS  genügt,  nnt  über  ben 
Karakter  ber  „Siege*  des  General«  Hule  Har  zu  werden. 
Noch  überraschender  war  Hit  bie  Jingos  aber  bie  Nach -
richt,  daß  bie  Kolonne  Aule  zwar  keine  Gefangenett  ge -
mocht,  bafüi  aber  bett  größtem  Theil  deS  18.  Husaren- 
regiments,  welches  „ben  fliehenden  Feind"  über  die  Grenze 
lagert  sollte,  sowie  Leute  unb  Offiziere  vott  ben  ant  Kampfe 
bei  Gleneoe  bctfniligten  Jetsanllrietegimentern  als  Ge -
fangene  in  den  Händen  der  Boeren  ließ.  Ent  merkwürdiger 
Siegl  Ebenso  scheirren  bie  Siege  bei  Elandslaagte  unb 
daS  Stetigenebneil  bei  Ladysmith  wunderbare  Siege  zu 
(ein.  Die  gefangenen  Beoren  von  Elandslaagte  gebot  an, 
daß  ihre  kleine  Abtheilung,  nur  mit  einer  solchen  hatten 
die  Engländer  e«  zu  thun,  fünfzig  ober  hbarstenk  hundert 
Mann  verlor,  während  ine  Engländer  nach  ber  amtlichen 
Verlustliste  257  Mann  eindüßten.  Die  Scktottm  all  ehr 
haltert  größeren  Verlust,  als  bie  Boereit.  DaS  „Artillerie- 
dnell",  dort  beut  mau  heute  glaubt,  baß  es  wohl  „an» 
scheinend  seinen  Zweck  erreicht  habe",  brachte  bat  Eng -
ländern  einen  Verlust  von  106  Mann  und  wurde  nach 
ihrer  eigenen  Angabe  gegen  eine  Boeren truppe  geführt, 
bie  nur  über  ein  Geschütz  verfügte. 
AuS  Knnbaley  kommt  zum  Ikeberfliiß  bie  Nachricht, 
baß  man  sich  wegen  Mangels  an  NahrungSutilteln  ge -
nöthigt  gesehen  habe,  bat  Ezport  von  Provision  ztt  ver -
bieten.  Matt  denke  sich  einen  Derartigen  Unsinn  1  Wer 
sollte  wohl  aus  bem  belagerten  Kimberley  Provision  ex» 
portirt  haben?  Haben  wtr  etwa  in  dieser  NachriÄ  bat 
Vorkäufer  der  Nachricht  von  der  Kupstulation  Kimberleys 
zu  erkenuett?  Wahrscheinlich.  Mr.  RhobeS  wirb  jetzt 
einsehen,  daß  er  rin  Esel  war,  sich  in  diese  exponirll: 
Feste  eitizuschließen.  Ihm  blüht  keine  (Unabe,  baut  bie 
Transvaalregierung  hat  erklärt,  alle  Mitschuldigen 
am  Einfall  Ja  mesonL  Hinrichsen  zu 
lassen.  Wir  find  keine  Frettiide  der  Todesstrafe. 
Aber  toettn  je  ein  Schuft  bett  Strick  tausendfach  verdient 
hat,  so  ist  eS  der  Hallmcke  RhobeS. 
Dem  „Reuter'schen  Vüreatt"  sind  ans  Südafrika 
folgende  Meldnitgett  zugegattgen:  Aus  Pretoria  vom 
27.  Oktober  wird  tclegraptjiri,  daß  General  Joubert  sich 
von  Gletteoe  zur  Front  begeben  hat.  —  Rach  einer 
Depesche  aus  Kapstadt  vont  Sonn  abend  beziffert  eine 
dem  Asrckaicherorgau  „South  Asriemt  Reirs"  au8 
Pretoria  ^gegangene  Depesche  bat  Verlust  der  Boeren 
iu  Dem  G.'echt  bei  Elaudslaaate  auf  36  Todte  und 
64  Verwundete.  (5üie  L.peche  ans  Ladhsmsth  au  die 
„Eape  Times"  besagt,  daß  nach  Etngeoornett-Berichten 
von  bett  Bo  ereil  bei  Rietfoutein  80  fiele»  und  150  ver -
wundet  wurden.  —  Ans  Durban  wird  vom  Sonnabend 
gemeldet:  Oberst  Schiel  unb  andere  hervorragende  Kriegs -
gefangene  sind  auf  ein  Transportschiff  gebracht  woicen, 
das  sie  nach  bet  Stmonsbai  überführen  soll;  doll  soll 
sie  das  Kriegsschiff  „Penelope"  aufuehmen.  Vom  Freitag 
wird  auS  Dur  lau  telegraphirt:  Nach  amtlicher  Bekannt -
gabe  übermittelte  der  oberste  britische  Mill  tät  atzt  iu 
Gleneoe,  Major  Donegan,  dem  Staatssekretär  Reitz  in 
Pretoria  telegraphisch  den  Dank  ber  im  Hospital  zu 
Glencoe  liegenden  britischen  Offiziere  und  Soldaten  für 
die  ihnen  von  den  Boeren  ttuD  Offiznreit  erwiesene 
anßerordcntliche  Güte.  Staatssekretär  Reitz  gab  von 
diesem  Telegramm  ber  Regierung  von  Natal  zdemtlniß 
mit  bem  Hinzufügen,  baß  eL  sämmtlichen  Ver- 
tounbeteit  gut  gehe  unb  anscheinend  keiner  ber  Offiziere 
feilten  Wunden  erliegen  werde.  General  Joubert  hat 
beut  General  White  seine  Theilnahme  anläßlich  deS  Todes 
dcS  Generals  StzmonS  ansgebrückt  tuib  dabei  bemerkt, 
er  hoffe,  der  Allmächtige  werde  bald  diesem  unglücklichen 
Zustand  ein  Ende  machen,  den  gewiffeulose  Spekulanten 
uitb  Kapitalisten  herbeiführten,  die  nach  Transvaal 
sauten,  um  Reichthum  zu  gewinnen  und  ihre  Interessen 
zu  fördern,  die  Anderen  irreleiteten  und  diesen  schmach -
vollen  Kriegszustand  über  ganz  Südafrika  brachten. 
Aus  Maseru  wird  telegraphirt:  B«sutotand 
ist  ruhig.  Der  Ealebon-River,  der  Gieitzstuß  zwffchen 
Basntolaud  und  dem  Oranje-Freistaat,  führt  Hochwasser 
unb  ist  iinpasstrbar. 
Die  englische  Stadt  Mafeking  an  bet  Westgrenze 
Transvaals  wird  seit  einer  Woche  von  einer  Boereu- 
Abtheilnug  belagert.  Nachdem  erst  allerlei  „erfolgreiche 
Ausfälle"  ber  Besatzung  und  „fürchterliche  Verluste  der 
Boeren  bttrd)  Mejiuitminen"  in  die  Welt  hinausgelogeii 
luntoett,  heißt  es  jetzt  auf  einmal:  In  Pretoria  ist  die 
Nachricht  eingegmigen,  baß  Mafeking  ht  Flammen  steht. 
Die  „Times"  mrfbnt  aus  de  Aar  vom  28.  Oktober: 
Emern  Spezialtclegrmnm  aus  Kimberley  vom  28.  b.  M. 
zufolge  herrscht  dort  eine  äußerst  ziwersichtliche  Stimmung. 
Die  britischen  RekoguoSziritngSlrmvpen  find  ans  7  Meilen 
von  der  Stadt  vorgeschoben.  Die  Hoftänme  find  mit 
Vorräthen  angefüllt,  bie,  wie  angenommen  wirb,  9  Mo -
nate  miSrrichen  Die  Mclbtmg,  nach  ber  nur  kleine 
Rationen  zur  Bcrthriluug  gelangen,  ist  völlig  unrichtig. 
In  den  Bergwerken  wird  noch  gearbeitet.  (Augenschein -
lich  ist  daS  Kiniberley-Telegranm!  fabrizirt:  bie  Stadt 
ist  eiubefchloffen  unb  bie  Boeren  werden  wohl  nicht  au» 
Gefälligkeit  gegen  bie  „Times"  bie  Telegraphenleitung 
unverletzt  gelassen  haben. 
Einer  Meldung  ber  „Times"  zufolge  erging  der  Be -
fehl  zur  Formimng  von  ziismumeinzesetzteu  Regimentern 
aus  der  Garde-Kavallerie  der  Königin  für  den  Dienst  in 
Süd-Afrika.  DaS  Regiment  soll  aus  je  einer  Schwadron 
deS  ersten  und  zweiten  Lrib-Sarb«reginieutS  und  der  be -
rittenen  königlichm  Garde  bestehen. 
Im  nördlichen  Natal  sind  die  Engländer  unzweifel -
haft  von  ben  Boeren  uuiflaiimtert  Ladysmith  scheint 
zu  einer  richtigen  Falle  geworden  zu  sein,  in  welche  die 
britischen  Truppen  von  den  drei  getrennt  ober  halben 
Kolonnen  der  Boeren  hincingedrängt  wurden.  Die  De -
peschen,  obwohl  sie  die  Situation  ber  Engländer  be -
schönigen,  lassen  doch  erkennen,  daß  bie  Boeren  einen 
wohlüberlegten  Plan  ht  geschickter  Weise  ant  führten. 
Nach  einer  Depesche  des  „Natal  Mermry"  aui 
Ladysmith  war  dort  am  Sonnabenb  AlleS  ruhig.  Die 
Truppen  hielten  Rast.  EL  wurde  eine  Abtheilung 
Boeren  bemerkt,  bie  schwere  Gesckmtzc  bergaufwärts 
brachte.  Nach  einem  ant  Sonntag  in  Durban  emge» 
gangenen  späteren  Tekegro.miu  ftnb  die  Bveren 
näher  auf  Labyj  müh  vorgerückt  und  haben 
auf  einem  Kopse,  baS  2j  engt.  Meilen  gegen  Elandslaagte 
zu  von  Ladysmith  entfernt  liegt,  zwei  schwere  Geschütze 
aufgepflanzt.  Ein  Angriff  wird  stündlich  erwartet;  die 
Einwohnerschaft  verhält  sich  ruhig. 
Eine  Depesche  deS  Reuter'schen  BstreanS  aus 
Ladysmith  vom  Sonntag  Abend  6  Uhr  besagt;  Heute 
ist  Alles  ruhig;  die  Wasserzuftthr,  die  nutet» 
krochen  worden,  wird  wieder  bergc6cllL i 
auS  Ladysmith  wlegtaphirt  mau  am  gleichen  Tage: 
Die  Boeren  schließen  L-dystnith  immer 
enger  ein.  Die  nicht  ortsansässigen 
Zivilpersonen  erhielten  den  Befehl,  bie 
Stadtznverlassen. 
Das  Hingt  sehr  bedenklich  für  die  Engländer  l 
Richt  weniger  unheilverküirdend  klingen  folgende  Nach- 
richleu: 
Die  „TuneS"  melden  aus  Ladhsmsth  vom  88.  Oktober: 
Die  Ballonabcheilmtg  ließ  einen  Fesselballon  über  die 
Stadt  aufsteigeu,  der  die  Stellung  des  FestrdeS  unb  bte 
Lage  ber  Lerschanzuugeu  feststellte. 
Die  „Times"  melden  auS  Kapstadt  vom  29  Oktober: 
Nach  hier  auS  Ladhsmsth  eingeiroffeucn  Nachrichten,  sind 
honte  bie  britischen  Vorposten  mit  de« 
Boeren  in’8  Gefecht  gerathen.  General 
Joubert  gewann  Fühlung  mit  den  Kom -
mandos  des  Oranje-FreistaateS.  Die  Ge» 
sammtuiacht  der  Boeren,  16  000  Mann,  wenn  nicht  mehr, 
nahm  nördlich  Ladysmiths  in  einem  Halbkreis  mit  einem 
Radius  von  10  Meilen  Ausstellung.  Sine  Boeren» 
abt()eilinig  uiarschiri  um  bie  Hintere  SiabtRite,  wahr -
scheinlich  mit  ber  Absicht,  dir  Eisenbahn  zwischen  8ady- 
fmitb  imb  Eolensa  abzuschneiden  Präsident  Krüger  fei 
in  Glencoe  seht. 
(Meldung  deS  „Reuter'schen  Bstreaus".)  Fünf 
Bataillone  Infanterie,  drei  Regimenter  Kavallerie,  ritte 
Batterie  Gebirgsartillerie,  Vie»  Fridbattenen  unb  bte 
Natal  -  Freiwilligen  rückten  anS  Ladysmith  gegen  ben 
Lombardskop  vor;  eine  Schwadron  Husaren  stellte  bat 
Feind,  welcher  ein  heftige»  Geschütz-  unb  Gewehrfeuer 
eröffnete.  3»ei  Pterde  wurden  gettotet,  rin  Mester  ver -
wundet.  Der  Feind  hatte  eine  starke  Stellung  bei 
Dewcials  Farm  inne;  der  berittenen  Infanterie  gelang 
es  nicht,  ihn  daran»  zu  vertreiben,  und  da  durch  einen 
Angriff  am  Nachmittag  nichts  erreicht  werden  konnte, 
bezog  bie  Truppe  ein  Biwack.  Bei  Tagesanbruch  zog 
der  Feind  sich  nach  Stetstmtein  zurück. 
Nach  Depeschen  französischer  Blätter  haben  die 
Boeren  zwischen  Eolenso  unb  Ladysmith  einen  Eisen- 
brchnzug  mit  Geschützen,  Munition  unb  Mannschaften 
abgefangen. 
In  enter  Unterredung  mit  einem  Redaktör  des 
„Echo  |bc  Paris"  erklärte  Dr.  Le  VdS,  der  Gesandte 
LranSvaalS,  nach  seiner  Ansicht  werde  sich  bei  Lady -
smith  ein  ernster  Kampf  abfpielen.  Obgleich  Europa 
ben  Boeren  Sympathien  entgegendringe,  erklärte  Leyds 
weiter,  würde  eS,  wenn  eö  bte  Boeren  vriiegt  sehe,  nicht 
internenitnt,  wenigstens  nicht  für  den  Augenblick.  Lon 
e  i  n  e  r  B  e  r  in  i  111  u  it  g  sei  feine  Siebe.  Dr.  Leyds 
Tigte  hinzu,  Transvaal  habe  Lerhaudlungen  angeknüpft 
wegen  Legung  eines  Sabel»  nach  Europa.  Die  Ver -
handlungen  hätten  knrz  vor  dem  erfolgreichen  Abschlusse 
gestanden,  alS  der  Krieg  dazwischengetreten  sei. 
Von  ber  Weltbiihne. 
Die  Zuchthansvvrlage  ist  bekanntlich  iu  der 
b«ierische«  Abgeordnetenkammer  Gegen -
stand  sehr  ledhaster  Erörierunyeu  gewesen.  ES  hat  sich 
dabei  ergeben,  daß  die  bayerische  Regierung 
nicht  nm  mit  ber  preußischen  unb  sächsische»  m  der  Be -
urtheilung  bei  Gesetzentwurfes  nberrinstimml,  sondern 
daß  sie  mich  RI  a  t  c  r  i  a  1  für  die  dem  Entwürfe  bei« 
gelegte  Denkschrift  dem  NeichSmnte  des  Innern  ge -
lle  sen  bat. 
Wie  bie  baierische  Kammer  darüber  denkt, 
haben  wir  unseren  Lesern  nistgrtheilt.  Jetzt  schreibt  ber 
Berliner  Offizwfus  ber  Münchener  „Allgem  Ztg  ": 
„Wir  inuufchten,  bau  auch  andere  Stellen  al«  die 
baicrififu  Regierung,  die  dem  Inhalt  Der  Denkschrift 
vielleicht  noch  wesentlich  näher  sieben,  mit  gleichem 
Muth  und  gleicher  Offenheit  für  dieselbe  ein« 
treten  möchten,  statt  sich  in  ein  vielleicht  bequemet,  aber 
politisch  desto  bebenkstchereS  Stillschweigen  zu 
hüllen.  Auch  durch  die  äußere  Haltung  der  Vertreter 
der  verbündeten  Regierungen  ums)  zum  Ausdruck  kommen, 
daß  birfclben  einstimmig  auf  dem  Boden  des  Ent -
wurfs  stehen  unb  die  Verantwortung  für  das  vorgelegte 
Material  um  so  bereitwilliger  inittragen,  als  sie  eS  nach 
dem  Inhalt  der  Denkschrift  offenbar  selbst  geliefert  haben." 
Das  offiziöse  Blatt  versucht  also  die  Verantwortung 
für  die  famose  Posadowsky'sche  Denkschrift  auf  möglichst 
viele  schultern  zu  schiebe»,  —  auch  ein  Zeichen,  waS  es 
mit  der  Denkschrift  auf  sich  hat. 
Zuckfthausvorlage  unb  Rationallibrrnle. 
Gegen  Die  ZuchthcmSvorlage  hat  sich  ber  ReichSgerichtS- 
ratl)  a.  D.  Dr.  @tengleiu  gewandt  Der  Gesetz -
entwurf  sei,  so  sagte  et  iu  einer  sächsischen  national« 
liberalen  Versammlung,  allseitig  als  wenig  glücklich 
sowohl  in  seinen  Bestimnumgeu  als  in  seiner  Fassung, 
mit  seinen  dehnbaren  Begriffen  mid  Unklarhesten  auf- 
gegeben,  so  baß  bezweifelt  werden  bürste,  ob  e8  der 
NeichSregierung  »och  darum  zu  thun  sei,  ihn  eingeheich 
berathen  zu  seheir.  Dr.  Stenglein  verlangt  für  bie 
Arbeftswilligeu  eilten  den  Verhältnissen  angepaßteu  wirk -
samen  Schutz  auf  dem  Boden  des  g  e  m  einen  R  e  ch  te». 
TaL  könne  erreicht  werben  durch  Ausgestaltung 
dcS  §  153  ber  Gewerbeordnung. 
Als  ob  bie  sehr  scharfen  Urtheile,  bie  in 
ben  letzten  Monaleu  über  alle  wirklichen  imb  angeb -
lichen  Strcikvergehen  gefällt  worden  sind,  iwch  zu  milde 
wären! 
Selbstverständlich  wird  Dr.  Steugleiu  ob  dieses 
Ausspruches  von  der  Scharfmacherprcffc  gegen  den 
bösen  Bassermann  ausgespiell.  Dieser  ist  über -
haupt  für  Die  Scharfmacher  zum  schwarzen  Mann  ge -
worden.  Die  Versuche  in  der  nationadiberalen  Presse, 
Bassermanns  Hockenheimer  Rede  abzuschwächen,  werden 
von  bem  Organ  des  Herrn  v.  Stumm  als  ein  „Heretn- 
fall"  außgetegt,  und  das  Gerede  des  Oberschleisstein» 
wird  zum  ztvanzigsteu  Male  ungefähr  mit  der  ab -
gedroschenen  Phrase  aufgeputzt,  „daß  Bassermann  gegen 
bie  Großindustrie  aggressiv  mit  verhetzenden  soztal- 
demokratischen  Schlagtuonen  vorging."  Ein  recht  arm -
seliger  Ersatz  für  thatsächliche  Gründe  I  Man  sieht,  den 
Scharfmachern  wird  immer  mcheimkicher,  je  näher  bie 
zweite  Lesung  der  Zuchthmlsvorlage  nickt. 
Zm  Denkschrift  dcS  uationnllibera(cn  LandiagS- 
abgeorbueteu  van  ber  B  0  rght  über  KoalitiouLrecht 
unb  Schutz  ber  Arbeitswilligen"  äußert  sich  bie  „Kreuz- 
zeitung".  Der  Verfasser  hat  bckamillich  erklärt,  baß  er 
nur  seiner  persönlichen  Ueberzeugung  Artidruck  gebe, 
unb  in  keiner  Weise  ben  Anspruch  erhebe,  die  tu  ben 
streifen  ber  nattouaUiberultn  Partei  herrschenden  An -
schauungen  wicbcrzugebeit.  Tie  „Kreuzzeitnug"  schließt 
daraus,  daß  bie  Denkschrift  keine  politische  Be -
deutung  habe,  wennaleich  der  Verfaffer  etwas  zu  bc- 
scheideit  sei,  wenn  er  sich  in  dieser  Sache  schlechtweg  als 
„Privatmann"  bezeichne,  beim:  „ES  liegen  manche  An -
zeichen  vor,  daß  ähnliche  Stunmuuaen  in  manchen 
nationalliberalcu  streifen  herrschen,  d.  h,  baß  man  im 
Grunde  selbst  gegen  recht  scharfe  Maßnahmen  nichts  ein- 
zuweuden  hätte  ;  mit  Rücksicht  auf  Die  getheilten  Ansichten 
ber  Partei,  und  noch  mchr  aus  Furcht  bar  einer  zum 
Theil  selbst  gemachten  „öffentlichen  Memuna"  es  aber 
nicht  wagt,  offen  für  dieselben  einzutreten,  sondern  sich 
hinter  allgemeinen  Redeivendnngen  verschanzt,  wie  dies 
z.  B.  eine  uatioiialliberale  Versammlung  in  Dresden 
kürzlich  gethan.  NnS  wundert  baS  natürlich  nicht  üu 
Geringsten  Wir  kennen  die  Sepflogenheiten  der 
Nationalliberalen,  welche  sich  schon  all  .Kaiser» 
Partei"  in  der  Paulskirche  zu  Frankfurt  am  Main, 
bann  später  alS  „Gothaer"  und  als  „Deut -
scher  Nattonal-Lereiu"  nicht  anders  benommen 
haben,  zu  genau,  als  daß  wir  von  chnen  je  etwas 
Ganzes  erwarten  könnten.  Seit  einem  halbm  Jahr -
hundert  haben  sie  schon  „Kirchen  zu  backen"  versucht, 
ohm  die  „Eier  zu  zerschla,M";  uitb  so  bieten  sie  auch 
jetzt  AlleS  auf,  um  in  der  Arbeitswilligelffache  mit  einer 
„Halbheit"  davonzukomuten.  Angesichts  der  verschiedenen