Nr.  165. 
I  I.  Jahrgang. 
amburgerEcho 
Bfl 
Tomikrstag,  Ben  19.  Juli  1900 
habt  es  bt»Laschtia,  als  ob  sich  dir  blusslaadsbewtaung  ist  a»  antcrr  ichtcler  ©teilt  nichts  davon 
Von  Peking  nach  dem  Süden  aiiSbreite.  —  Ter  sran-  ^bekannt,  daß  die  eine  oder  andere  Macht  bereits  einen 
Hierzu  eine  Beilage 
Die  gelehrige  Regierung 
uci  xjticyit  -L'iTi:  jin  Xuuli  rill  u/i  eint  ytvpv  "  ..  ■  't*.  *T.  •  /  .  .  O 
Imilitärische  Bew  eaiing  wegen  der  Yr^cheinens  M>,ichlen  China,  au  Frankreich  und  die  Vereinig  en 
1  <Ce  —  e  <  •  -  -  -  ”  1  ,  »  1  o-tnAtm  hAtt  A  ,  ’K  aTi  -<  mtini'iii  rlAÜ  titr 
Phu  <o  weittragende  Aktion  will  nicht  von 
Weisung  an  die  Militärbehörden 
ävilbeawten  der 
das  Recht  der 
oben  zitirte 
fransens  aff  en  —  diese  einzigen  unter  allen  öffeut- 
Eine  5konfereuz  der  Otrnsimiichte ? 
?ln  der- 
Anstellung 
soll  ans  die 
entzogen  werden,  den 
Der  Lorsitzeude  soll 
waltuug  bestiinmt 
beamter  fein.  Auch 
Vorsitzenden  zu  wählen, 
von  der  Kommunalver- 
werden,  ein  Kontinuual- 
von  Kassenbeamten,  Kassirer  re., 
K  o  m  m  u  n  a  l  v  e  r  w  a  l  t  ii  n  g  übergehen. 
Gegen  diese  Absicht  nimmt  der 
(frine  Nachricht  aus  Nanking  besagt,  in  Folge 
der  Besehle  des  Prinzen  Tuan  herrsche  eine  große 
der  Javaner  aus  ctiüwVf  Böf-eiü^WWWWWW 
Nantmg  zeigte  ven  sremocu  xuniuin  an,  Daß  er  rut  die 
©retgimie  in  Schaosin,  Mngpo  und  Tfchmschan  die  Ver -
antwortung  nicht  übernehmen  könne.  Die  Äu-länder 
die  Europäer  forlbriugen  könne. 
.Daily  Mail"  meldet  aus  Shanghai  vom  17.  Juli: 
Es  gelangten  Nachrichten  hierher,  daß  am  9.  Juki  in 
Tal)  uan,  der  Hauplftadt  Schausis,  40  Ausländer 
und  100  chinesische  Christen  iiiedergemetzelt  worden  seien. 
1000  gut  bewaffnete  Chinesen  befinden  sich  in  der 
Umgegend  von  Shanghai.  Die  fremdenfeindliche  Be -
wegung  verbreitet  sich  schnell  in  Mittel-  und  Südchina. 
„Daily  Telegraph"  meldet  an8  Kanton:  Im 
Laufe  einer  Unterredung  mit  den  Konsuln  drückte  L  i  - 
Hiliig-Tfchang  große  Besorgiüffe  bezüglich  der 
freinben  Gesandten  in  Peking  aus.  Er  erklärte  den 
Konsuln,  daß  er  von  dem  englischen  Ministerpräfidenten 
und  dem  sranzösischen  Minister  des  Auswärtigen  gleich -
lautende  Mttheilungeu  erhielt,  in  denen  sie  für  die  Ge -
sandten  Schutz  verlangten  unb,  falls  dieselben  gelobtet 
würben,  die  verantwortlichen  hohen  chinesischen  Beamten 
mit  Todesstrafe  bedroht  wurden.  Li-Hung-Tfchang  über -
mittelte  diese  Mittheilungen  der  Kaiserin-Wittwe,  und 
hatte,  wie  er  sagte,  keinen  Zweifel,  daß  diese  Mit -
theilungen  viel  zur  Rettung  der  Gesandten  beitragen 
der  Regierung  an  den  deutschen  Kaiser  wegen  Ermordung 
des  Frhrn.  v.  Kelleter,  sowie  Vorschlag  der  Vermilllung 
anderer  Mächte  und  schriftliche  Zusicherung  der  guten 
v  c  rsi  ch  e  r  lui  g  og  e  s  e  tzes  betreffenden, 
scheu  Berwalluiigsblatt 
zenttirt,  wo  die  Fenidseligkeiten  erwartet  werben. 
Ans  dem  Norden  Chinas  liegen  verschiedene 
Melbuiigeii,  meistens  aus  russischer  Quelle  vor.  Danach 
greift  die  Bewegung  um  sich. 
Vize-Admiral  Alexejew  berichtete  an  den  Kriegs -
minister  aus  P  o  r  t  A  r  t  h  u  r,  daß  ant  3.  Juli  von 
Taku  aus  eine  halbe  Kompagnie  des  TschttaregimentS 
eine  Rekognosziruirg  vornahm  unb  auf  dem  rechnen  User 
des  Peiho,  25  Werst  von  Taku  entfernt,  ein  Geplänkel 
mit  den  Chinesen  Halle,  bei  dem  Offizier  Gusiew  und 
zwei  Kosaken  fielen:  ein  Kosak  wurde  verwundet. 
General  Gribssi  meldet  aus  Blagow  jescht- 
schensk:  Tie  Chinesen  längs  des  Amur  bei  Aiguen 
und  Blagowjetschscheiisk  in  einer  Ausdehnung  von 
20  Werst  Schanzen  aufgeworfen,  Batterien  gebaut  und 
diese  mit  40  Kanonen  besetzt.  Bei  der  Beschießung  von 
Blagowjeschtscheusk  waren  die  Chinese»  2000  Mann  stark 
und  stauben  ihnen  8  Geschütze  zur  Verfügung. 
Aus  Chaborowsk  wird  vom  14.  d.  Mts.  ge -
meldet  :  Der  Dampfer  „Großfürst  Alexei"  brachte  aus 
Charbm  300  Frauen  und  Kinder  von  Bahnbediensteten. 
40  Werst  von  Charbm  sammelt  sich  der  chinesische  Laud- 
sttlrin.  Die  Lagerzelte  konnte  man  vom  Tampser  sehen. 
Die  Holzdepots  sind  unversehrt  und  Schifffahrtssignale 
und  Fahrwasser  frei. 
Der  chinesische  Gesandte  erklärte  der  russi -
schen  Regierung,  bie  (Ereignisse  in  bet  Sianb« 
schurei  hätten  nicht  im  Einverständnisse  mit  der 
Pekinger  Regierung  stattgefunden.  Gleichzeitig  versprach 
der  Gesandte,  seiner  Regierung  auf  dem  Wege  über 
Hongkong  in  Peking  ernste  Borstelluitgen  zu  machen  und 
auf  die  ernsten  Folgen  hinzuweiseu,  falls  die  Feindselig -
keiten  in  der  Mandschurei  nicht  aushören  sollten. 
Wie  der  fraiizösische  Konsul  in  Tschifu  unter 
dem  7.  Juli  telegraphirt,  sind  alle  französischen 
Missionare,  drei  ausgenommen,  in  Tschifu  eilige« 
troffen. 
Unter  diesen  Umständen  wird  es  erklärlich,  baß  an 
tausend  Fremde  der  Metzelei  in  Peking  zum  Opfer  fielen. 
Aber  die  Frage  drängt  sich  auf:  Wozu  unterhalten  wir 
Gesandtschaften,  wenn  diese  gar  nicht  sehen,  was  um  sie 
vorgeht? 
einem  Stanhpnnll  au5  beurtheilt  werden,  ihre  Ein> 
Püffe  auf  unsere  inneren  Zustände  und  unsere  auswäv 
Anzeigen  werben  bie  sechsgespalteue  Petitzeile  ober  beten  Raum  mit  30  aJ, 
für  den  Arbeitsmarkt,  Bernt iethnngs-  unb  Familicnanzeigr»  mit  20  4  berechnet. 
Anzeigen  -  Annahme 
in  der  Expedition  <biS  6  Nhr  Abends),  in  den  Filialen,  sowie  in  sämmtlichen  Annoneen-Bürcau». 
Redaktion  und  Expedition:  Grosse  Thcatcrstrasse  44  in  Hamburg. 
Die  Zentruinspresse  hingegen  hat  noch  mit  keinem 
Wort  zu  den  Plänen  der  Regiernng  sich  geäußert. 
Sie  dnrfte  sich  in  einiger  Verlegenheit  befinden. 
würden. 
Tas  Verhalten  des  alten  Fuchses  Li-Hung-Tschang 
ist  äußerst  zweideutig.  Er  ist  nun  nach  dem  Norden 
abgereist,  trotz  aller  Vorstellungen  der  Konsuln,  bie  in 
seiner  Anwesenheit  in  Kanton  eine  gewisse  Bürgschaft  für 
bie  Sicherheit  der  Ausländer  sahen.  Vor  seiner  Abreise 
sicherte  er  den  Konsuln  Ruhe  im  südlichen  China  zu. 
Er  erklärte,  er  habe  nach  Peking  uülgetheilt,  daß  Eng -
land  und  Frankreich  die  Häupter  der  chinesischen  Negie -
rung  für  baS  Leben  ihrer  Gesanbten  und  Staats -
angehörigen  in  Peking  persönlich  haftbar  machen.  Er 
habe  daher  als  Einziger,  der  dies  rangen  konnte,  der 
Negierung  in  Peking  offen  seine  Mißbilligung  ihres  Ver -
hallens  ausgesprochen.  Im  Falle  die  Gesandtschaften 
gerettet  würden,  sei  ihm  von  England,  Frankreich 
und  den  Vereinigten  Staaten  bereits  Eutgegeiikommen 
versprochen  worden  unb  er  rechne  hierauf,  bei  beut 
guten  Willen,  bett  er  zeige,  auch  für  die  Verhand -
lungen  mit  den  übrigen  Mächten.  Die  Gnvernöre 
von  elf  Provinzen  hätten  dem  Throne  eine  gemeinsame 
Denkschrift  überreicht,  in  der  sie  die  Berücksichtigung 
folgender  5  Punkte  empfehlen:  I)  Schutz  bet  fremden 
Kaufleute  und  Missionen  im  ganzen  Reiche,  gleichviel, 
ob  Jhieg  herrsche  oder  nicht,  um  das  Ansehen  Chinas 
als  Kulturstaat  zn  wahren.  2)  Rettung  der  noch  über -
lebenden  Gesandten,  da  dann  noch  Verhandlungen  mög -
lich  seien,  wobei  die  Regierungen  der  Geretteten  sich  für 
China  verwenden  könnten.  3)  Entschuldigungsschreiben 
Meinung 
würde.  Tas  ist,  wir  wir  offen  zugeben,  bisher  nicht 
energisch  reklamirt  werden 
Da»  „Hamburger  <$rd)o"  erscheint  täglich,  ausser  Montag». 
»er  AbonnementSpreiS  (inIL  „Die  Nene  Welt")  beträgt:  durch  die  Post  bezogen  (Nr.  de»  Post- 
latalog»  3334)  ohne  Bringegeld  vierteljährlich  JK,.  3,60;  durch  die  «olportore  wüchentl.  30  4  frei  in'»  Hau» 
Einzelne  Nummer  5  4.  Sonntags-Nummer  mit  illustr.  Sonntags-Beilage  „Die  Neue  Welt"  10  4. 
Verantwortlicher  Redaktor:  Gustav  WaberSkp  in  Hamburg. 
Amtsgerichtsrath  Hahn  ebenfalls  energisch  Stellung, 
indem  er  sehr  treffend  darauf  hinweist,  was  wohl 
die  Berufs genossenschaften  sagen  würden,  wenn 
man  ihnen  solches  vorschlüge?  Wenn  das  bei  den 
Lkraukenkassen  geschähe,  so  könne  dies  nur  als  Aus -
druck  des  Mißtrauens  anfgefaßt  werden.  Ein 
solcher  Schritt  sei  aber  nicht  gerechtfertigt,  da  doch 
die  Arbeiter  grabe  ans  dem  Gebiete  der  Kranken -
versicherung,  zumal  in  den  sogar  von  ihnen  allein 
verwalteten  Hülfskaffen,  den  vollen  BefähignngS- 
lliachweis  für  die  Selbstverwaltung  erbracht 
haben.  Es  sei  auch  zu  erwägen,  ob  ein  solcher 
I  Schritt  sozialpolitisch  klug  wäre,  da  doch,  wer  Miß- 
'  trauen  säet,  nicht  erwarten  kann,  Vertrauen  zu 
ernten. 
Das  ist  eine  recht  vernünftige  Ansicht,  die  aller -
dings  ans  die  Regierung  keinen  Eindruck  machen 
wird.  Die  Gelehrigkeit,  welche  sie  feit  Jahren  auf 
dem  Gebiete  reaktionärer  Sozialpolitik  im  Dienste 
eines  Arbeitsheneitthiims  beweist,  schließt  die  An -
nahme  ganz  ans,  daß  es  ihr  darum  zu  thun  fei, 
das  Vertrauen  der  Arbeiter  zu  erwerben.  Der  jetzt 
regierende  Kaiser  Wilhelm  II.  hat  einmal  als  eine 
wichtige  sozialpolitische  Aufgabe  bezeichnet:  den  Ar- 
beitem  die  Ueberzeugung  beizubringeii,  daß  sie  gleich -
berechtigt  seien.  Im  Kraukeiwersicherniigs-Reform- 
Projekt  der  Regierung  erfährt  dieses  Wort  eilte 
drastische  Illustration  dadurch,  daß  man  die  Orts- 
Die  Ziämpse  tu  China. 
Nachdem  bie  bestimmtesten  Nachrichten  über  die 
Niebermetzelmtg  der  Gesandten  in  Peking  eingetragen 
find,  kommen  heute  plötzlich  Depeschen,  wonach  die 
Gesandten  am  9.  Juli  noch  am  Leben  gewesen  fein 
sollten  unb  wahrscheinlich  heute  noch  leben.  Wie  ein 
Telegramm  bes  französischen  Konsuls  in  Shanghai  vom 
16.  Juli  meldet,  bcmenr.rt  Eisenbahn  birektor 
Sch  eng  die  Nachricht  von  der  Nieberinetzelung  der 
Gesandten  in  Peking. 
Schmg  hat  sich  bisher  so  eifrig  bemüht,  die  Vor -
gänge  in  Peking  zu  verschleiern,  daß  man  seinem  Dementt 
wenig  Werth  beüneffen  wirb.  Allerdings  wird  seine  Be -
hauptung  von  anderer  Seite  bestätigt.  Der  chinesische 
Gesandte  in  Washington  erhielt  von  dem  chinesischen 
Gesandten  in  London  eine  vom  Eisenbahndirektor  Scheng 
und  zweiBizekönigen  beglaubigte Tepef.he,wonach 
bie  fremden  Gesandten  und  Ausländer 
am  0.  Juli  noch  am  Leben  gewesen  wären 
und  den  Schutz  der  Regierung  genossen  batten. 
Andere  aus  Peking  <  »getroffene  ältere  Nachrichten 
lassen  indessen  erkennen,  daß  die  Fremden  schon  lange 
vor  dem  9.  Juli  hart  bedrängt  waren.  Ein  g  e  - 
Heimer  Bote  des  japanischen  Gesandten 
Barons  Rtshi  aus  Peking  ist  mtt  einem  Schreiben 
vom  29.  Juni  in  Tientsin  am  12.  Just  eingetroffen. 
Danach  wurde  die  Gesandtschaft  täglich  bom- 
i b0rbirt.  Da  Munition» mangel  eingelrelnt 
war,  staub  bie  Niebermetzelung  bevor.  Der 
Gesandte  hoffte  auf  baldige  Hülse.  Der  Bote  berichtete, 
daß  alle  fremden  Gesandten  in  der  eng -
lischen  Gesandtschaft  waren.  Man  befürchtete, 
nach  dem  1.  Juli  keine  Lebensmittel  mehr  zu 
erhalten.  Wie  der  Bote  er^ihlte,  waren  zu  dieser  Zeit 
in  der  englischen  Gesandtschaft  4  Todte  und  13  Ver -
wundete. 
Eine  vom  18.  Juli  batirte  Depesche  aus  Tschifu 
lautet:  PrinzTuan  mobilisiere  bis  960000  (?)  Mann, 
die  in  mehrere  Korps  getheilt  wurden.  TaS  nördliche 
Korps  erhielt  Befehl,  bie  Fremden  aus  Amur  zu  ver -
treiben.  Seine  Pekinger  Armee  ist  in  vier  Korps  ge- 
theiln  das  erste  hat  gegen  Mukbeit  zu  marschiren,  unb 
ein  Theil  desselben  die  Sttaßen  zwischen  Pekmg  und 
Shanhaikwan  zu  besetzen:  das  zwette  Korps  wird  bei 
iLicntfin,  das  dritte  bei  Peking  und  das  vierte  bei  Nan -
king  konzentirt.  Ein  Theil  des  dritten  Korps  wird  in 
Stärke  von  40  000  Mann  gegen  Waihaiwai  und  Tsingtau 
bhrigirt.  Gegenwärtig  stehen  in  China  23  000  Japaner ; 
die  Zahl  der  Schützen  in  Tschifu  beträgt  3000. 
Bou  der  Weltbnhne. 
Die  Anfgo.bc  brr  diplomatischen  Bertretnngrn 
im  AnSlande  soll  nach  allgemeiner  Annahme  doch  wohl 
auch  sein,  die  politischen  Verhältnisse  des  betreffenden 
Landes  zu  fmbiren.  Für  die  „Repräsentation"  allein 
giebt  man  die  ungeheuren  Summen,  welche  Gesandt -
schaften  verschlingen,  nicht  aus:  wmigstens  erwartet  der 
® teuer ial)ler,  daß  die  hochbesolbeten  Gesaudlen  sich  be -
mühten,  die  Verhältnisse  ihres  Wirkungsgebietes  zu 
ftnbiren  und  bie  erworbene  Kenntniß  zum  Nutzen  des 
Heimathlanbes  zu  verwerthen.  Die  b  e  u  t  s  ch  e  Ge -
sandtschaft  in  China  aber  scheint  thatsächlich  von 
dem,  was  um  sie  her  vorging,  keine  Ahnung  gehabt  zu 
haben. 
Die  „Sägt.  Rundschau"  veröffentlicht  einen  am 
31.  Mai  ans  Peking  abgegangenen  Bries  beS  Herrn 
Hans  von  Broen,  Profeffors  an  ber  llniversiät 
Peking.  In  Folge  bet  Boxergefahr  habe  schon  in  ber 
vorletzten  Maiwoche  der  französische  Gesandte  im  Minister- 
rath  schleimigste  Berufung  europäischer  Detachements 
vorgeschlagen,  habe  jedoch  ans  deutscher,  russischer  unb 
englischer  Seite  keine  Gegenliebe  gesunden.  „Am  Sonn -
abend  (26.  Mai)  erklärten  mir  meine  Diener,  baß  alle 
Europäer  unb  Christen,  welche  innerhalb 
ber  nächsten  zwei  Tage  bie  Stabt  nicht 
verlassen  hätten,  gelobtet  werden  würben. 
Am  Haupteingangsthore  Pekings  (Chuen  men)  prangte 
ein  rothes  Plakat,  welches  bieseS  allgemeine 
Blutbab  bereits  für  die  nächste  Nacht  (Sonn -
abend  zum  Sonnabend,  26.  bis  27.  Moi)  an  kündigte. 
Nun  begab  i  ch  nt  i  ch  zur  deutschen  Gesandt -
schaft,  fand  aber  dort  feinerlei  Ver -
ständniß  für  meineSJebenfen.  Auf  mich  allein 
angewiesen,  durch  llcberanftmtgung  und  Fieber  it.  s.  w. 
gänzlich  erschöpft,  beschloß  ich,  soweit  möglich,  mir  selbst 
zu  helfen.  Noch  einmal  ritt  ich  an  den  wuthschnaubet,- 
den  Boxern  und  Soldaten  langsam  vorüber;  packte 
bann  bie  alleruöthigsten  Sachen  in  drei  Kisten  und  be -
gab  mich  in  bar  einzige  hier  befinbliche,  mitten  zwischen 
den  Gesandtschaften  liegende  Hotel  eines  Franzosen  .  .  . 
Kaum  im  Hotel  abgestiegen,  informirte  mich  bet  Besitzer, 
»aß  im  Falle  eines  Angriffs  ber  Chinesen  bie  Eingänge 
'0  lange  vertheidigt  werden  sollten,  bis  sich  bie  Damen 
und  Kinder  durch  eine  in  bie  Mauer  geschlagene  Deffnung 
in  bie  anstoßende  französische  Gesandtschaft  gerettet  hätten. 
Ich  fragte  bei  ber  deutschen  Gesandtschaft  an, 
ob  dieser  Plan  bekannt  und  genehm  sei.  D!an  ant -
wortete  mir:  „Mir  ist  von  einem  solchen  Plan 
nichts  besannt.  Ich  persönlich  glaube  : 
auch  jetzt  noch  nicht  an  irgend  welche  Ge -
fahr."  ! 
Offen  heraus  sagt  er,  daß  die  Arbeiter  in  der 
Kasseuverwaltung  nicht  die  Oberhand  be -
halten  dürfen  und  daß  dem  „Mißbrauche  der 
Kassenverwaltung  zu  politischen  Zwecken  ober 
gar  zur  Terrorisirnng  der  Versicherten,  der 
Aerzte,  Apotheker  und  soustigen  Lieferanten 
der  Kassen  energisch  gesteuert  werden  müsse“. 
Damit  stimmt  nahezu  wörtlich  und  der  Tendenz 
nach  durchaus  überein,  was  die  Regierung  in  ihrem 
Nundschreibeu  verfügt: 
Ja  einer  Nachweisung  sind  diejenige»  Orts- 
Krankenkassen  aufznführen,  bei  denen  Vorstands -
mitglieder  sich  als  Angehörige  der  sozial -
demokratischen  Partei  bemerklich  gemacht 
haben;  es  ist  hier  unter  kurzer  Darlegung  des 
Thatbestandes  anzugeben,  ob  und  in  welcher  Weise 
ein  Mißbrauch  der  Verwaltung  zn  sozial -
demokratischen  Parteizwecken  in  die  Eiffchei- 
nung  getreten  ist. 
„Insbesondere  sind  etwaige  Streitigkeiten  mit 
den  Aerzten,  Apotheken,  Krankenhäusern  tc., 
sowie  Veruntreuungen  von  Kassengeldern, 
die  mit  solchem  Mißbrauch  zusamiuenhaugeu, 
anznführen." 
Nach  dem  Dr.  Hoffmann  ist  ber  Terrorismus 
in  der  Krankenkasse  und  das  Bedürfiiiß  nach  Be -
seitigung  desselben  so  klar,  „daß  von  einer 
näheren  Begründung  abgesehen  werden 
sann".!!!  Aus  dieser  mindestens  sehr  kühnen 
Behauptung  ist  der  Werth  zu  ermessen,  der  in 
Negieruiigskreiseu  der  Enguete  beigelegt  wird.  Sie 
ist  nichts,  als  eine  Dekoration!  Sehr  berechtigt 
ist,  was  in  bet  Zeitschrift  „Arbeiterversorgung"  ber 
Amtsgerichtsrath  Hahn-Berlin,  Mitglied  des  Reichs -
versicherungsamts,  in  Bezug  auf  die  Aeußerung 
Hoffmanns  schreibt: 
„Das  ist  freilich  ein  recht  einfacher  und  ganz 
ungemein  wohlfeiler  Modus,  eingreifende  Reformen 
zu  rechtfertigen.  Kritische  Seeleu  werden  aber  doch 
grade  hier  de»  Nachweis  irgend  welcher  greifbaren 
Erfahriiugsthatscichen  zur  Begründung  ber  erhobenen 
schweren  Beschuldigungen,  sowie  irgend  einen  Hin -
weis  auf  irgend  eine  Stelle  vermissen,  an  ber  mau 
sich  von  ber  angeblich  allgemeinen  Anerkennung  des 
Reformbediirfittsses  überzeugen  könnte.  An  was 
für  greifbare  Vorkomnmiffe  man  bei  der  den  Kasseu- 
verwaltungeii  vorgeworfenen  „Terrorisirung  der  Ver -
sicherten,  Aerzte  u.  s.  w."  beuten  soll,  ist  ganz 
unklar,  und  es  ist  nicht  uiöglich  —  aber  auch  nicht 
nöthig  —  eine  so  ganz  in  der  Phrase  stecken  ge -
bliebene  Anklage  zu  widerlegen,  ohne  in  den  gleichen 
Fehler  zu  verfallen." 
Dem  „Terrorismus"  soll  mit  zwei  anderen 
Einrichtungen  begegnet  werden.  Bekanntlich  zahlen 
heute  die  Arbeiter  zwei  Drittel  der  Beitrage  zur 
Kraukeuversichenmg,  die  Arbeitgeber  ein  Drittel. 
Dementsprechend  sind  auch  die  Sitze  und  Stimmen 
der  Arbeiter,  ist  ihr  Einfluß  in  ber  Kassenverwaltung 
bemessen.  Die  Arbeiter  haben  also  in  ber  Kranken- 
versichenmg  die  überwiegende  Piacht.  Und  diese 
Macht,  welche  den  Arbeitern  eine  gewisse  Selbst -
ständigkeit  verbürgt,  dünkt  gewissen  Leuten  un- 
erftäglich.  Deshalb  sollen  den  Arbestgebern  unter 
Erhöhung  ihrer  Beiträge  gleiche  Rechte  mit  den 
Arbeitern  eingerämut  werden.  Und  weiter  soll  der 
Geiieralversammlimg  der  Ortskrankenkassen  bas  Recht 
tigen  Beziehungen  sind  gar  mannigfach.  Nun  wendet 
mau  freilich  ein,  die  Negierung  werde  im  Herbst  un -
schwer  Indemnität  erhalten  und  schon  deshalb  erscheine 
eine  Berufung  des  Parlaments  für  jetzt  zum  Mindesten 
überflüssig.  Mau  bars  dieses  Argument  nur  verall -
gemeinern  unb  man  sieht  sofort,  wie  trügerisch  unb 
versasstingSwibrig  öS  ist.  Tie  Regierung  würbe 
für  manche  Aufwendungen  Indemnität  erhalten,  sie  be -
müht  sich  aber  mit  Siecht,  sich  vorher  der  Varianten» 
tarischen  Zustimmung  zu  versichern.  Wenn  dies  jetzt 
nicht  geschieht,  wo  eS  sich  um  Tinge  von  so  ungeheurer 
Tragweite  handelt,  bei  denen  die  Natton  mit  Gut  und 
Blut,  mit  ihi'er  Ehre  unb  nach  Umständen  mit  ihrer 
Existenz  betheiligt  ist,  so  scheint  allerdings  die  Schuld 
weniger  bei  der  Regierung,  als  bei  den  führen -
den  Parteien  zu  liegen.  Tie  Leiter  ber  aus -
wärtigen  Politik  würden  dem  Reichstag  das  Recht,  mit» 
zurathen,  kaum  absprechen,  wenn  dieses  Recht  von  den 
verschiedenen  Faktoren  der  öffentlichen 
Ja,  ja,  wie  sich  die  Zeiten  ändern!  DaS  hat  Fürst 
Bismarck  wohl  nicht  vorauSgesehen  Tie  „Voss.  Ztg." 
erinnert  daran,  daß  dieser  selbe  Graf  Ballsstreu:  eS  war, 
der  in  der  Zeit  des  StulturlampfcS  beut  ersten  Reichs -
kanzler  fern  .Pfui!"  zurief;  er  hat  auf  ben  Katholiken- 
tagen  noch  vor  wenig  Jahren  einen  besonders  scharfen 
Xon  angeschlagen  und  die  Wiederherstellung  ber  well» 
lieben  Macht  deS  Papstes  verlangt.  Als  am  23  März 
1895  bie  Mehrheit  des  Reichstages  unter  ber  Führung 
zudeugeii.  Das  europäische  Bahnversonal  hält  bie  Bahn- 
,  linie  Hankau—Peking  bis  215.  Kilometer  besetzt.  Tie 
Frauen  und  Kstidei  derselben  sind  jedoch  nach  Hankau 
gebracht  worden.  Der  Mostolische  Vikar  telegraphirt,  er 
sei  in  seinem  Sitze  Naiivangsoii  angegriffen  worden. 
Der  apestolisckie  Vikar  im  nördlichen  Hupe  berichtet, 
die  Plissionsaustatten  in  Sianayaug  seien  zerstört  und 
Aiißerordeutlich  katakteristisch  für  bie  reaktionäre 
Staatsgewalt  und  ihre  Organe  in  Preiißeu-Deiltsch- 
Istnb  ist,  daß  sie  bet  ihrem  Vorgehen  gegen  die 
Arbeiterklasse,  bezw.  bei  ihrem  steten  Bemühen, 
diese  Klasse  möglichst  zu  entrechten  und  unter 
Vormundschaft  de»  sogenannten  „staatserhaltenden" 
Elementes  zu  bringen,  ber  Selbstständigkeit 
entbehren.  Die  Erfahrung  lehrt,  wie  sehr,  ja, 
mau  kann  sagen,  wie  durchaus  und  unbediugt 
sie  bei  ihrer  diesbetreffenden  Initiative  den  An- 
schaunngen  und  Wünschen  der  herrschenden 
Klassen,  in  erster  Linie  des  Unternehmerthums 
Rechnung  trägt.  Das  läßt  sich  feststellen  durch  einen 
Zeitraum  von  drei  Jahrzehnten  von  Fall  zu  Fall. 
So  sind  alle  die  willkürlichen  Beschränkungen, 
welche  seitens  ber  Polizei  und  Justiz  unter  Zu -
stimmung  oder  direkter  Anweisung  ber  Regierungen 
bas  Koalitionsrecht  der  Arbeiter  erfahren  hat, 
die  Behandlung  des  Streikpostenstehens  als  „grober 
Unfug",  bie  Androhung  des  Streiks  als  „Er -
pressung"  zc.  zc.  znrückzusühren  ans  die  „Rechts -
belehrung",  welche  das  Unternehmerthuni  den  Herren 
im  Regiment  in  eindringlicher  Weise  zu  Theil  werden 
läßt.  Der  ganze  Inhalt  der  Ziichthansvorlage 
und  ihrer  Begründungen  war  thatsächlich  nichts 
Anderes,  als  eine  legislatorisch-regelrechte  Zusammen -
fassung  iiub  Ueberarbciiuiig  alles  Dessen,  was  an 
ungerechtfertigten  Klagen  über  de»  „Mißbrauch  des 
Koalitionsrechtes"  durch  die  Arbeiter  und  au  Vor -
schlägen  zur  Verhinderung  solcher  „Mißbräuche"  bie 
maßgebenden  Kreise  des  Uiiternehmerthilms  und 
sonstige  Orduiings-Politiker-Klignen  Jahre  hindurch 
hatte»  verlauten  lassen. 
Ganz  dasselbe  zeigt  sich  jetzt  wieder  bei  ben 
von  der  Regierung  begonnene»  Vorbereitungen  zur 
„Reform"  des  Krankeuversicheriingsgesetzes, 
über  die  wir  unsere  Leser  bereits  iiuterrichtet  haben. 
Als  Herr  von  Stumm  im  Jahre  1897  erklärte, 
baß  die  Aenderung  des  §  153  ber  Gewerbeorbnung 
eine  „Iiothwenbigkest"  sei  unb  „unter  bie  schwebenbeu 
Fragen  bet  Gesetzgebung"  falle,  durfte  man  mit 
Sicherheit  einen  Angriff  ans  die  Koalitionsfreiheit 
erwarten  —  und  es  kam  bie  Zuchthausvorlage. 
Dieselbe  Richtung  erhob  großen  Lärm,  als  vor  eiwa 
einem  Jahre  mehrere  Or  tskraiikenkassen  in 
Konflikt  mit  ben  Aerzte»  geriethe».  Man  entrüstete 
sich  über  ben  angebliche»  Mißbrauch,  ben  bie  Sozial -
demokraten  in  Ortskrankenkassen  ausüben  und  ver -
langte  energisch  Abhülfe.  Da  konnte  man  nicht  im 
Zweifel  darüber  sein  —  und  wir  haben  dieser  Ueber« 
zeugnug  damals  auch  Ausdruck  gegeben  —  daß  die 
Reform  ber  Krankenversicherung,  bie  bereits 
angeküiidigt  war,  Gelegenheit  zu  bem  Versuch  geben 
werbe,  ben  maßgebenden  Einfluß  der  Arbeiter 
in  den  Krankenkassei!  zu  brechen,  lind  jetzt 
stehen  wir  vor  der  ernsthaften  Inangriffnahme  dieses 
Versuchs,  ber  bie  offiziellen  unb  offiziösen  Phrasen 
von  einer  „großen  Reform  ber  Arbefterversicheruiig" 
in  ihrer  ganze»  Hohlheit  erkennbar  macht.  Diese 
„Reform"  sieht  nunmehr  so  aus:  ber  so  sehr  ge -
botenen  Zusammenlegung  ber  drei  Zweige  ber 
Versicherung,  ans  beut  Unterbau  bet  Krankenkassen, 
hat  man  widerstrebt;  die  Reform  ber  Jnvaliben- 
versicherung  entsprang  wesentlich  agrar-poli -
tischen  Motiven,  sie  war  von  vornherein  auf  bie 
Entlastn ng  ber  Lanbwirthschaft  zn  Lasten  ber 
Jnbnstrie  berechnet;  bie  Unfallversicherungs- 
Reform  blieb  in  vielen  wichtigen  Punkten  unzu -
länglich  —  unb  nun  soll  das  relativ  Beste,  was 
wir  auf  dem  Gebiete  ber  Sozialgesetzgebung  haben, 
bie  Krankenversicherung,  einer  erheblichen 
Verschlechterung  unterworfen  werbe». 
Die  von  ber  Regierung  bieserhalb  ungeordnete 
R  n  it  b  f  r  a  g  e  ist  offenbar  darauf  berechnet,  ben 
Glauben  zu  erwecken,  baß  bie  „maßgebeube  Stelle" 
noch  der  Information  bedürfe,  daß  sie  erst  eine 
gründliche  Enquete  veranstalte»  und  bann  an 
das  Reformwerk  gehen  wolle,  um  basselbe  ben 
eingegangeiie»  Urtheilen  unb  Nachweisungen  ent -
sprechend  anszuführen.  Dies  wäre  ja  auch  der 
richtige  Weg,  vorausgesetzt,  baß  bie  Enquete  ganz 
ciiibers  beschaffen  wäre,  als  sie  ist,  daß  nämlich 
nicht  nur  Diejenigen  befragt  würden,  die  ben  Orts -
krankenkassen  von  vornherein  gar  nicht  ober  wenig 
geneigt  sinb,  sonbetn  vor  Allem  bie  Kassen 
selbst,  unb  zwar  in  vollster  Oeffentlichkeit.  Was 
die  Regierung  jetzt  vornehmen  läßt,  ist  luieber  ein- 
iitnl  nichts  als  eine  Polizei  -  Enquete  mit  ber 
Teitbeuz,  ihre  Urtheile  und  Nachweisniige»  so  zu 
geben,  wie  bie  „maßgebende  Stelle"  zwecks  „Recht- 
fertigmtg"  ihrer  Ansichten  und  Absichle»  es  wünscht. 
I»  den  gestellten  Fragen  ist  für  bie  Verwalttmgs- 
behörden  bie  Direktive  für  ihre  Antworten 
gegeben.  Was  bei  derartigen  Polizei-Enqueten,  be -
sonders  wenn  sie  in  der  Hauptsache  gegen'  die 
Sozialdemokratie  und  die  Arbeiterschaft  sich 
ziispitzen,  heranskommt,  dafür  ist  die  famose  Denk- 
eilten  nach  Shanghai,  wo  meitig  Truppen  feien.  T  t  e 
Sage  fei  beunruhigend.  Aus  Ningpo,  wo  die 
Häuser  ber  Ausländer  in  Brand  gefleckt  und  die  Misio- 
narc  mißhandelt  wurden,  seien  16  Ausländer  aiige- 
konmien.  Die  auffländische  Bewegung  be -
mächtige  sich  auch  Süd-ChinaS,  die  Fremden 
in  Tschuautschii  und  Jusschu  würden  angegriffen;  e  s 
herrsche  allgemeine  Panik. 
Eine  Meldung  aus  Shanghai  lautet:  D  i  e 
chinesische  Flotte  ist  im  chinesischen  Meere  Ion» 
r  „SR  vrx-  io™  .miiti)ctt  oes  meiqsiages  unter  der  Führung 
schied^ien  Blättern  wird  der  Zusammentritt  emer  Konferenz  deS  Zentrurnc-  dem  Fürsten  Bismarck  den  Slückwimfch 
.  'stachle  angeregt,  bereit  Aufgabe  es  fern  wurde,  zum  80.  Geburtstag  verweigerte,  erging  an  den  Schlotz- 
etne  Verständigung  der  einzelnen  Staaten  über  dte  Maß  Hern:  vorn  Sachsenwalde  folgende  Kundgebung:  „Euer 
nahuien  zur  Unterdrückung  der  oxerbewegitng,  Durchlaucht  spreche  ich  ben  riiiSdruck  tiefster  Ent» 
Oberkommandos  und  über  da«  ruftung  über  den  eben  gefaßten  Beschluß  deS  Reichs- 
8  §  h'  n  a  herbetzitfuhre».  tage?  <nt8.  Derselbe  ftefit  int  vollsten  Gegensatz  zu  den 
L  izioS  wird  dazu  aus  Berst»  geschrieben:  „Hier  Gefühlen  aller  deutschen  Fürsten  und  Völker.  Wilhelm, 
Tic  Frage  der  baldigen  Vinberusung  deS 
Neichstagcs  gewinnt  durch  die  letzten  Nachrichten  aus 
China  erheblich  an  Bedeutung  und  Dringlichkeit. 
Demi  diese  Nachrichten  lassen  keinen  Zweifel  mehr  an 
der  Tragweite  der  Aktion,  die  ben  Machten 
dort  bevorsteht,  und  an  den  Schwierigkeiten 
innerer  und  äußerer  Natur,  die  dabei  zu  überlviuben 
sein  werden.  Die  „Franks.  Ztg."  meint  diese  neueste 
Perspektive  lenke  neuerdings  die  Lsttsiuerssamkeit  darauf, 
ob  bei  uns  bie  Verantwortlichkeit  innerhalb  der  ver- 
fassuiigLutäßigen  Gewalten  zutreffend  vertheilt  ist  oder 
ob  sich  nicht  bie  baldige  Einberufung  deS 
Reichstages  trotz  alledem  empfehle.  ES  wirb  bann 
ausgesühri: 
„In  Frankreich  hat  die  Negierung  eine»  Kredit 
für  China  bereit!  bewilligt  erhalten,  in  Engi  and  sind  • 
Forderungen  in  bedeutendem  Umfang  angekündigt,  und 
in  den  Vereinigten  Staaten  soll  der  Kongreß 
zu  einer  Extrasessio»  zusammen  treten.  In  Deutsch -
land  ist  bisher  lediglich  der  BundeSraths- 
a  u  S  s  ch  u  ß  für  auswärtige  Angelegenheiten  berufen 
worden,  und  die  leitenden  Männer  haben  dadurch 
wenigstens  das  Streben  nach  Entlastung  ihrer  Ver -
antwortlichkeit  bekundet,  von  einer  Befragung  deS  Reichs -
tages  glaubt  man  jedoch  für  bie  nächste  Zeit  Abstand 
nehmen  zn  sollen.  Tie  Gründe,  die  hierfür  geltend 
gemacht  werden,  erscheinen  imS  nicht  stichhaltig.  ES 
wird  zrmächst  betont,  eS  fei  ganz  unmöglich,  eine  genaue 
Rechnung  über  die  voraussichtlichen  Kosten  der  Expedition 
mifzuinachen.  Die  Kosten  konnten  sich  ebenso  _giit  auf 
50  wie  100  Millionen  oder  auch  erheblich  baritber  be -
laufen.  ES  wird  gewiß  zntreffen,  daß  heute  jeder  lieber« 
blick  über  die  finanziellen  und  sonstigen  Folgen  der 
chinesischen  Aktion  fehlt,  indsssen  unterschätzt  man  doch 
daS  Verwaltungstalent  unserer  militärischen  Aemter, 
wenn  man  bezweifelt,  ob  bisse  auch  nur  die  nächsten 
Kosten  berechnen  können.  Man  weiß  genau,  wie  viele 
Schiffe  und  Mannschaften  jetzt  in  Dienst  zn  stellen  find, 
und  danach  kann  man  schon  für  die  nächsten  Monate 
einen  Voranschlag  aufinachen,  von  dem  ja  doch  Niemand 
absolute  Zuverlässigkeit  verlangen  wird.  Läßt  sich  die  Re -
gierung  einen  solchen  Kredit  vom  Reichstag  genehmigen,  so 
entspricht  sie  dem  Geist  der  Verfassung  unb  sie  giebt  dem  Par -
lament  die  ihm  gebührende  Gelegenheit,  seinerseits  Fragen 
zu  stelleit,  Bedenken  und  Wünsche  zu  äußern  und  auch  das 
AktioiiSprogrannn  derRegiernngbnrchZustimmnng  zu  unter -
stützen  oder  durch  Einweiidungm  zu  modifiziren.  Auch  die 
Opposition  besitzt  das  verfassnngS- 
mätzige  Recht,  gehört  zii  werden  niidihr  Ein -
greifen  wird  unter  Umständen  keineswegs  bedenttingSloS 
Ueber  die  Vorgänge  in  Tientsin  liegen  einige 
neue  Meldungen  vor.  Tie  russische  „Industrie-  und 
HandelSzeitung"  berichtet  aus  Tientsin:  Am  11.  Juli 
theilten  Patrouillen  mit,  daß  sich  die  Chineseu  im  Nord- 
osten  konzentrirten.  Tarans  eröffneten  um  10  Uhr  früh 
die  russische  unb  japanische  Artillerie  das  Feuer  auf  die 
Chinesen.  Diese  versuchten  vergeblich,  die  Geschütze  zu 
stürmen.  Als  tikneraf  Stossel  ein  Weichen  des  rechten 
Flügels  bemerkte,  verstärkte  er  ihn  durch  zwei  Schützen- 
bataillone.  Zum  ersten  Male  war  die  japauische  Kavallerie 
am  Kampfe  beteiligt  Nach  scharfem,  dreistündigem 
Kainpie  gelang  es  den  Schützen  der  jopantfefjen  Infanterie, 
verstärkt  durch  Kosaken  -  Ariillerie  die  Chinesen  zurück -
zutreiben.  Biele  Cbinesen  fielen.  Tie  Japaner  verloren 
67  Mann.  Drei  Geschütze  und  360  Gewehre  wurden 
erbeutet.  Am  gleichen  Tage  brach  eine  Feuersbrunst  in 
Tientsin  anS,  die  aber  bald  gelöscht  wurde. 
„Daily  Expreß"  meldet  aus  Tienssin  vom  15.  bi.: 
Die  Verluste  der  ausländischen  Truppen 
am  14.  Juli  betrugen  460  Todte  imd  Verwundete.  Dem -
selben  Blatte  wird  von  seinem  Korrespoiidenten  in 
Shanghai  vom  17.  Juki  gemeldet:  Ich  erfuhr  au- 
chinesischer  Quelle,  daß  in  dem  Edikt  des  Prinzen  Tuan 
daS  Tatum  für  den  allgemeinen  Aufstand  festgesetzt  war. 
Der  Korrespondent  fügt  hinzu,  daß  bie  Chinesen  in 
Shanghai  offen  erklären,  sie  würben  auf  bie  fremben 
Truppen  schießen,  wenn  sie  dort  landen  sollten. 
Ein  Telegramm  des  iraiizöfischeu  Konsuls  m  H  a  n  ka  u 
vom  11.  Juli  besagt,  am  genannten  Tage  sei  in  seinem 
Wohnsitz  Alles  ruvig  gewesen.  Ter  Vizekönig  ergriff 
Maßnahmen,  um  Unordnungen  in  feinem  Gebiete  vor ¬ 
der  Fall;  es  Haden  sich  mir  vereinzelte  Stimmen  für 
die  Einberufung  beS  Reichstages  erklärt  und  grabe  die 
eiitflußreicheti  Parteien  schweigen  sich  über  dieses  Thema 
ans,  als  wäre  es  ihnen  unbequem,  in  dieser  Sommer -
hitze  zu  einer  Zwischensession  nach  Berlin  berufen  zu 
werden  Tas  ist  ja  menschlich  begreiflich  —  aber  sollen 
hier  Rücksichten  der  Bequemlichkeii  oder  Unbequemlichkeit 
den  Ausschlag  geben?  TaS  scheint  uns  mit  deiisschem 
Wesen  schwer  vereinbar  zu  fein  I  Wir  können  bisse 
Gleichgültigkeit,  wo  es  sich  um  so  große  Tinge  handelt, 
heute  nur  tonfiatiren;  eS  ist  das  ein  Zustand,  ber  ein 
sehr  trübes  Licht  auf  unser  Verfassimgsleben  wirft  und 
der  bie  Sorgen  für  bie  Zukunft  gewiß  nicht  verringert." 
Wir  können  unter  Anerkennung  all  dieser  Argumente 
nur  wiederholen,  was  wir  kürzlich  bereits  äußerten:  bie 
Negierung  steigert  ihre  Verantwortlich -
keit,  bie  sie  für  bie  Vorgänge  in  China 
so  wie  so  schon  hat,  in'i  Ungtmeffcne, 
wen»  sie  den  Reichstag  nicht  beruft 
Ter  ZentrumSflihrer  Tr.  Lieber  ist,  wie  die 
„Franks.  Ztg."  berichtet,  ber  Ehre  eines  Besuches 
beS  Reichskanzlers  Fürsten  Hohenlohe 
getofirbigt  worben.  Es  wird  zu  dieser  Mittheilung  be -
merkt:  „Man  bars  wohl  annehmen,  baß  in  der  Unter -
haltung  ber  beiden  Politiker  auch  bie  Ereignisse  in 
China  und  die  Einberufung  des  Reichs -
tages  eine  Nolle  gespielt  haben." 
Sehr  wohl  möglich,  daß  Fürst  Hohenlohe  in  der 
gegenwärtigen  tritijdjen  Situation,  politischen  Erwägungen 
folgend,  gedacht  hat:  „Mit  Euch,  Herr  Doktor,  m 
spazieren,  ist  ehrenvoll  und  b  r  i  n  g  t  G  e  w  i  n  n  !"  Ta 
dürfte  es  denn  nicht  ausgeschlossen  sein,  daß  der  Gewinn 
in  ber  Bewilligung  noch  etlicher  Kriegs -
schiffe,  neuer  Steuern  zc.  bestehen  fol 
Wie  sich  die  Zeiten  ändern  k  Längst  ist  bas 
einst  als  „  r  ei  ch  S  f  e  in  d  l  i  ch  e  U  mstur  zp  a  rte  i' 
in  Acht  unb  Bann  erklärt  gewesene  Zentrum  die 
„regierende  Partei"  bezw.  bie  „sicherste  Stütze 
der  Regierung"  geworden.  Au  demselben  Tage,  wo  wir 
melden  könne»,  daß  der  Reichskanzler  dem 
ZentrnrnSflihrer  Dr.  Lieber  einen  Besuch  abftattctc, 
theilt  bet  „Reichsanzeiger"  mit,  baß  dem  Major  a.  D., 
Majoratsherrn  Grafen  von  Balle  st  rem  auf 
Ptawniowitz,  der  Sfaratter  als  Wirklicher  Ge -
heimer  Rath  mit  dem  Prädikat .Exzellenz" 
verlieben  worben  sei. 
Auch  Graf  v.  Ballestrem  ist  Zentrumsführer 
und  Präfident  beS  Reichstages. 
Provinz  Tfchlli,  bie  Räuber  und  matodirenden  Truppen 
zu  bestrafen. 
In  einer  von  beut  chinesischen  Gesandten  der  aineri- 
kailischen  Regierung  zugestellteii  Botschaft  ist  ferner  an 
die  Mächte  das  Ersuchen  gerichtet,  Tientsin  nicht  zu  zer -
stören,  da  eine  Zerstörung  für  den  europäisch-chinesische» 
Handel  von  den  schwersten  Folgen  begleitet  sein  würde. 
Tie  Depssche  ist  vom  16.  Juli  batirt  unb  von  den  Vize -
königen  in  Naukütg  unb  Wtttschaug  und  dem  Eisenbahn- 
dttektor  Scheng  unterzeichmt. 
Tie  „Nordd.  NUg.  Ztg."  meldet:  Staatssekretär 
Graf  Bülow  sah  sich  veranlaßt,  der  chinesischen 
Gesandtschaft  in  Berlin  bekannt  zn  geben,  daß 
ihr  bis  auf  Weiteres  nicht  mehr  gestattet  werden  könne, 
chiffrirte  oder  in  verabredeter  Sprache  abgesagte  Tele -
gramme  abzufeiiden.  Offene  Telegramme  seien  vor  ber 
Absendung  dem  Staatssekretär  zur  Genehmigung  ber 
Besörberuitg  vorzulegen. 
r  .nein  ii  in,  uay  utc  tuic  uuti  uuuui  a'iuiyi  vuut»  uin,n 
zöfische  Konsul'  in  Tschnngting  telegraphirte  am  Vorschlag  wegen  Zusammentritts  einer  Konferenz  gemacht 
11.  b.  M.:  In  der  Provinz  Sztschwau  sei  Alles  ruhig  habe;  auch  verhehlt  man  nicht,  daß  eine  Verständigung 
Die  Konsuln  hielten  im  Hinblick  auf  etwaige  Ruhe-  über  die  oben  angeführten  Punkte  leichter  und  schneller 
störungen  emen  Dampfer  zurück,  ber  gegebenen  Falles  durch  Verhandlungen  von  Kabinet  zu 
die  Europäer  fortbringen  könne.  (Stabinet,  als  durch  langwierige  Konferenzfitzungen 
erzielt  werden  dürste." 
■  I  «ach«  der  Arbeiter  ist  e?  mm,  gegenüber  diesem 
„  ni  nn  „Prcllßi-  neuesten  Projekt  der  offiziellen  Reaktion  mit  ge- 
Idjen  Verwaltungsblatt"  vor  einiger  Zeit  veröffent-  bührender  Schärfe  und  Energie  Stellung  zu  itchme». 
lichte»  Aufsatz  des  Regicruiigsraths  Dr.  Hoffmann.  Ju  diesem  Punkt  sind  zweifellos  die  Arbeiter  aller 
bDari»  ist  alles  Das,  was  durch  die  Polizei-Enquete  politischm  Richtungen  einig.  So  hat  ja  auch  der 
„erfragt  werde»  soll,  bereits  empfohlen.  Dr.  Hoff-  Delegirrentag  der  katholischen  Arbeiter- 
bie  ''n  preußische»  Hande^uimtperium  spezicll  vereiiie  der  Erzdiözese  Köln  sich  entschieden  für  die 
°*  V“" 1  ‘°' 11  ’* 1 '8el<gfiil)etteit  bearbeitet,  i  strikte  Aufrechterhaltung  der  Selbstver- 
en  -eifebttt,  bie  Oeffentlichkeit  mit  den  waltnng  der  Krankenkassen  mit  Zweidrittelmehrheft 
•  ‘  m  der  Regierung  bekannt  zu  machen,  der  Arbeitervertreter  in  den  Vorständen  ausgesprochen. 
schuft  zur  Zuchihausvorlage  ei»  abschreckendes  lieh  -  rechtlichen  Institutionen,  in  denen  die  Arbeiter 
Bet  spie..  so  viel  Einfluß  basten  daß  sie  hnrA  ibn 
Der  Vizekönig  i)onl^ tQatcu  vou  9U)rbammfa.  4)  Doller  Schadenersatz  int  l  bleiben. 
?  -  »'.  um.  Lrrttche  an  (teuouu  *xuUt  ttttd  Lt^iichum.  5#  3Ut--  ' 4  **"  ” 
S  m  ,  ....  ..  m  .  f°  viel  Einfluß  haben,  daß  sie  durch  ihn 
Die  Negterimg  bemüht  dte  Behörde»  wirklich  in  und  vo»  ihm  zu  selbstständigen  Persönlich- 
ganz  überflüssiger  Weise.  Denn  sie  hat  die  Ergeb-  feiten  sich  heranbilden  -  dem  Büreaukrati«mus 
Nisse  der  Euqnetc  ja  gar  nicht  erst  abgewartet;  ihre  zum  Opfer  bringen,  bie  Betriebs-  Innungs- 
Absicht  war  schon  fix  und  fertig,  ehe  sie  die  unb  Ban-Krankenkasse»  jebvch  in  denen  die 
Enquete  nnorbnete.  Das  war  deutlich  z»  er-  Arbeitgeber  maßgebend  find,  bestehen  lassen  will 
sehe»  ans  einem  die  Abäiideriiug  des  Kranken-  Sache  der  Arbeiter  ist  es  »»»  gegenüber  diesem