Nr. 252. 14. Jahrqairli Hamburger Echo. Do» „Hamburger Ech»" -rlcheint iSglich, außer MoMag». D«r -lbottUementSpreiS (intl. „Die Neue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (71t. de» Poft, fctalog» 3334) ohne Bringegeld vierteljährlich K 3,60; durch die kolportöre wöcheutl. 30 4 frei in'« Hau« Einzelne 7!uminer 5 4 Sonntag- Nummer mit illustr. Sountagr Beilage „Die Neue Welt" 10 4- Verantwortlicher Rcdaltiir: Gustav Waberöky in Hamburg. Sonntag, den 28. Oktober 1900. Anzeigen werden die sech«gespaltene Pctitzeile oder deren Raum mit 30 4, für den ArbcitSmarkt, Vcrmicthungs- und Familicnauzrigcu mit 20 4 berechnet. Anzeige» 'Annahme in der Expedition (bis 6 Uhr Abends), in den Filialen, sowie in sämmtlichen Annoncen-Büreau^ Redaktion und Expedition: Große Theatrrstraste 44 in Hamburg. iTtltrtl Oti ♦ Nord - St. Pauli, Eimsbüttel, Lattgenfelde, Lokstedt und Eidelstedt bei Carl Dreyer, Velle-Alliancestr. 54, pt. [., Eimsbüttel. Hoheltift, Eppendorf, Erotz- Borstel, Fuhlsbüttel, Ohlsdorf und JlllUllll. Winterhude bei Ernst Großkopf, Lehmweg 51, Eppendorf. Barmbek, Uhlenhorst bei Theodor Petereit, Heitmannstraße 12, Barmbek. St. Eeorg, Hohenfelde, Bvrgfelde, Hamm, Horn und Schistbek bei Carl Ortel, Baustr. 26, Hs. 8, 1. Etage, Borgfelde. Hammerbrook, Rothenburgsort, Billwärder und Veddel bei Rud. Fuhrmann, Lchwabenstr. 33, Hammerbrook. Eilbek, Wandsbek und Hinschenfelde bei Franz Krüger, Sternstr. 36, Wandsbek. Altona bei Friedrich Ludwig, Bürgerstr. 89, Altona. Ottensen, Bahrenfeld, Othmarschen-Blankenese bei Johannes Heine, Erdmannstr. 14, Ottensen. Hierzu zwei Beilagen und das illustrirte Unterhaltungsblatt „Die Neue Welt". Der Landproletarier. Ein niederbaierischer Zentrumsmann hat seinen Wählern die Mittheilung gemacht, die baierische Zeutrumsfraktioii werde im Landtage zu München beantragen, vom Staate zu zahlende Prämien einznführen, um der „Leuteuoth" auf dem Lande abzuhelfeu. Nach 5jähriger Dienstzeit sollen die landwirthschaftlichen Arbeiter Ml. 250, nach lOjähriger M. 500, nach LOjähriger M. 1000 aus staatlichen Mitteln erhalten. Das würde also für den länd - lichen Arbeiter einen Staatszuschuß von M. 50 pro Jahr bedeuten. Es mag nicht wenige land- tvirthschaftliche Betriebe geben, wo außer der Zu - wendung an Wohnung, Naturalien und Nutznießung an Ackerland die ganze Baarentlohnnng nicht niehr als M. 50 pro Jahr beträgt, und die Großgrund - besitzer und Großbauern, bei denen solches der Fall, werden dem Vorschläge zujnbeln. Wenn er aus- geführt wird, dann brauchen sie ihren Arbeitern keinen baaren Lohn mehr zu bezahlen, denn bei der Einstellung verpflichten sie dieselben einfach auf je 5 Jahre und vertrösten sie auf die Prämie oder sie zahlen Loh», bedingen sich aber aus, daß sie die Prämie selbst eiiistreichen dürfen. Die Landtvirthe im baierischen Zentrum, die nur land- wirthschaftliche Interessen kennen und das Vorhandensein anderer maßgebender Interessen im Staat und in der Gesellschaft leugnen, werden sich nicht im Geringsten scheuen, einen solchen Zuschuß aus den Taschen der Steuerzahler zu beanspruchen, während die ländlichen Arbeiter wenig oder nichts davon haben. Die oben nngedeutete „Lohu- regulirnng" tritt ganz von selbst ein; gleichviel ob die Löhne höher oder niedriger sind, mit der Zeil lvird es allgemein Brauch werden, die Prämie vom Lohne hi Abzug zu bringen. Wie lange wird es dann noch dauern, bis die Dreistigkeit der Agrarier auch bei dem Verlangen ankommt, daß der Staat ihnen auf Kosten der Gesammtheit Arbeiter gratis srelll, während sie nach wie vor de» Erirag ihrer Wirthschaft eiiistreichen! Nun, die Prämien sind noch nicht Gesetz und die Mehrheit des baierischen Landtages wird das Verlangen nach solchen Dingen vielleicht doch etwas zu weitgehend finden. Es giebt anch im Zentrum Leute, die vor solchen Schritten znrückschenen, wenn auch gerade diese Partei nachgerade sich genöthigt sieht, zu den absonderlichsten Mitteln zu greifen, um ihren gefährdeten politischen Kredit noch mühsam zu erhalten. Was aber dem Vorschlag von vorn - herein eine gewisse Bedeutung giebt, das ist die Art und Weise, iuie sich die agrarische Agitation solcher Dinge zu bemächtigen pflegt. Der Reichstag hat bekanntl.ch den Agrariern nicht geringe Geschenke gemacht, aber er hat damit die Begehrlichkeit der Junker, der Rittergiitsbesitzer und der Großbauern nur bis zur Unersättlichkeit gesteigert. Ueber eine gewisse Grenze ist der Reichstag bis jetzt nicht hinansgegangen. Die agrarische Agitation hat sich darum auf die Eittzellaudtage geworfen, um dort zu erreichen, Ivas ihr im Reichstage versagt bleibt, soweit dies möglich. Man denke an die Versuche, in den Eiuzellnndtagen eine Bestrafung des Kontraktbruchs bei länd - liche» Arbeitern herbeiznfllhren, wie sie der Reichstag bisher stets von sich gewiesen hat. Ter famose Gedanke der Prämien für ländliche Arbeiter wird ohne Ziveifel von den Agrariern der anderen deutschen Vaterländer auch aufgcschnappt und eifrig propagirt werden. So kann es kommen, daß er da ober dort zur Verwirklichung gelangt. Möglich, daß sich die ländlichen Arbeiter im Anfang durch solche Prämien täuschen lassen. Den Dienstboten der Städte hängt man nach langer Dienstzeit Ehrenzeichen um. Es mag Einige unter ihnen geben, denen das schmeichelt; im Allgemeinen „zieht" es nicht. Geldprämien ziehen an sich schon besser. Aber die Landarbeiter werden bald merken, daß der Gewinn nur ein scheinbarer ist, wenn erst die Löhne mit Rücksicht auf die Prämien „regulirt" sein werden. Selbst wenn die Landproletarier an dem schein - baren Vortheil der Prämien festhalten wollen, so wird ihnen durch die Thatsachen bald klar gemacht werden, daß die Agrarier keineswegs gewillt sind, ihnen wirkliche Zugeständnisse zu machen. In Preußen lautet die Parole schon anders. Zu dem falsche» Zuckerbrot aus Baiern gesellt sich dort die Peitsche. Den» dort verlange» die Agrarier ganz unverholen de» Wohuiingsiiachweis für die vom Laude in die Städte ziehenden Arbeiter. Wie es heißt, sollen sie Aussicht habe», das dnrchzusetzcn. Wenn dem so ist, dann ist die Freizügigkeit für einen großen Theil der ländlichen Arbeiter so gut wie aufgehoben. Nur soll man sich nicht einbildeii, daß man damit der Industrie den Znzug von Arbeitskräften über - haupt abschneiden könne. Die indnstiiellen Unter - nehmer werden eben dann für die Arbeiter, die sie brauchen, die erforderliche» Wohmmgen bereit halte». Allerdings tverden eineMenge von läudlichenArbeiterii, die sich in der Stadt erst Arbeit suchen tvollen, durch beit Wohuuugsnachweiszwang auf Schwierigkeiten stoßen. Im Uebrigen wird momentan das Abströmen ländlicher Arbeiter nach dc» Städten sich ganz von selbst weniger stark geltend mache», da der Aufschwung der Industrie vorüber ist und bereit Probuktions- thä'tigkeit ganz vou selbst sich einschränken muß. Das muß auch der „Lenthenoth" auf dem Lande tmigerniaßen Eintrag thu», wie aus einigen Distrikten auch gemeldet worden ist. Im Ganzen aber wird die Leuteuoth auf deni Lande bestehen bleiben, mit und ohne Pflicht des Nachweises einer Wohnung für die in den Städten anziehenden Arbeiter. Den» die Leutenoth entspringt aus ganz bestimmten Ur - sachen und kann mit Zwaugsmaßregeln, die an die Paßscheererei längstvergangener Zeiten erinnern, nicht beseitigt werden. Es gilt nicht, neue Zwangsmaßregeln einzu- führen, sondern die alten zu beseitigen. Zu diesen rechnen wir in erster Linie die Gesindeordnungen mit ihren veraltete» Bestimmungen, die den länd - lichen Arbeitern die politischen Rechte verkümmern ober ganz nehmen. Sie sind einer der Hanptbeweg- grnnde der Massenflucht der ländlichen Arbeiter nach den Industriegebieten. Die Gewerbeorbnuug ver - bürgt ganz gewiß auch keine idealen Zustände, aber unter ihr kann sich der Arbeiter denn doch eher als Mitglied der modernen Gesellschaft fühlen, unter den Gesindeordmmgeii gehört er noch der Feudalzeit an. Die Besorgniß der reaktionären Elemente vor einer Gä'hrnng unter den ländlichen Arbeitern, die verzweifelten Versuche, sie im Zaum zu halten und von der ganzen modernen Entwicklung abznsperreu, beweisen allein schon, daß auch in jener bisher so gewaltsam niedergehaltene» und dadurch nothwendiger Weise zurückgebliebenen Klasse sich bedeutsame Aenderungen von unten auf vollziehen. Nur Junker und Pfaffen mögen sich einbildeii, eine nach Millionen zählende Kategorie der Bevölkerung inner - halb des ganzen modernen Getriebes wie mit einer chinesischen Mauer umgeben und vou jeder Mit- bethätigimg an den geistigen Bestrebungen des ge- fammten Volkes abhalten zu sönnen. Das geht eben einfach nicht zu einer Zeit, da die Entwicklung des Verkehrswesens in alle alten Schranken Bresche legt, ganz abgesehen davon, daß auch jeder Schimmer einer Berechtigung zu solchem Vorgehen fehlt. Die Uliterdrncknngs- und Tänschnngsversuche der Agrarier gegenüber den ländlichen Arbeitern werden eine ganz andere Wirkung haben, als man erwartet. Das Klassenbewußtsein wird bei den länd - lichen Arbeitern aber doch erwachen; dazu tragen der Uebermnth und die Anmaßung der Agrarier ihr voll- gerüticlt Maß bei. Ist es aber erst einmal so wert, baun hat die polnische Herrschaft vou Junker und Pfaff bald ein Ende. Die Zuchthlmsgesetz-Liebesgave der Scharfmacher. Die Diskussion über die Enthüllungen der finanziellen Beziehungen zwischen Reichsamt des Innern und Scharfmacherberband dauert fort. Gegen - über der gewaltigen Entrüstung in weitesten Volks - kreisen und im weitaus größten Theile der Presse sind die Scharfmacher-Organe selbstverständlich eifrig bemüht, den Fall möglichst zu verzerren, die Thatsachen zu ver - dunkeln und die gesunde Moral durch allerlei Be- schönigungs- und Bcjchwichtigungs-Kunststückchen zu ver- giften. Den konservativen und agrarischen Organen, die sich nicht entblöden, die Affaire hinzustellen als eine sozialdemokratisch-liberalePartei-Jn- trigue, die den Zweck habe, Graf Posadowsky, den Vertheidiger schutzzöllnensch-agrarischer Bestrebungen, zu stürzen, haben sich jetzt auch Zentrums - blätter angeschlossen. Die „Germania" vermißt nur noch, daß die „Fäden der Intrigue" bloßgelegt werden, meint jedoch, daß sich dieselben „mehr und mehr erkennen lassen". Dem fügt sie hinzu: „Es ist doch sehr auffällig, daß erst jetzt und grade im gegenwärtigen Augenblick ein sozialdemokratisches Blatt in die Sage versetzt worden ist, das Schreiben des Generalsekretärs des Zentralverbandes deutscher Industrieller zu veröffentlichen. Man kann unmöglich annehmen, daß der Zentralverband deutscher Industrieller ein sozialdemokratisches Mitglied in seinen Reihen zählt, dem das Rundschreiben des Herrn Bueck mit der Bitte um einen Beitrag zu den M. 12000 zum Zwecke der Agitation für die „Zuchthausvorlage" zugegangen ist. Ein solcher sozialdemokratischer In - dustrieller würde zweifelsobne sofort davon Gebrauch gemacht und diesen Bueck'schen Brief der sozialdemo - kratischen Presse oder der sozialdemokratischen Fraktion übergeben haben." Diese Gedankenkombination macht dem „Scharfsinn" des ultramontancn Blattes alle Ehre. Glaubt dasselbe etwa, mit diesem „aus den Busch klopfen" eine authentische Mittheilung über die Herkunft der Abschrift des Bueck- schen Briefes zu erlangen ? DaS wäre eine recht naive Hoffnung, die wohl nicht in Erfüllung gehen dürfte. Die' „Deutsche Tageszeitung" sieht darin, daß ein Berliner „jüdisches Börsenblatt" geschrieben, Graf Bülow möge Posadowsky gegenüber jetzt zeigen, ob er die ihm zugetraute Kraft habe, einen neuen Beweis für das Be - stehen einer Intrigue. Der bekannte Berliner Korrespondent der „Hamb. Nachrichten" erfrecht sich, zu behaupten, daß bei der Ver - öffentlichung des Bueck'schen Briefes eine Fälschung unterlaufen fei: „Durch das in der sozialdemokratischen Presse dem Schreiben v o r a n g e s e tz t e Dalum wollte diese in der Oeffentlichkeit den Eindmck her - vorrufen, als ob das ReichSamt des Innern die In - dustrie für eine Vorbereitung der öffentlichen Meinung zu Gunsten des zu erwartenden Gesetzentwurfs hätte zahlen lassen. In diesem Sinne beutete die Sozial - demokratie jenes Schreiben ans." Diese Unverschämtheit übersteigt denn doch alles Dagewesencl Was hier als der Zweck der angeblichen „Fälschung" behauptet wird, das ist bekanntlich in der Erklärung der amtlichen „Berliner Correspondenz" unumwunden angegeben worden. Und dazu hat bann der Skribent des in der Verhunzung der Wahr - heit geübten ehemaligen Bismarckblattes noch zu be - merken: „Die Angelegenheit, welche durch die Auf - bauschung in der sozialdemokratischen Presse zu einer Staatsaffaire auch von anderen Preßorganen ausgebildet zu werden droht, ist durch die Aufklärung auf das ihr gebührende winzige Maß von Bedeutung zurück - gebracht." Und dieses „winzige Maß" von Bedeutung soll darin bestehen, „daß ein Reichsbeamter private Kreise zur Deckung von Kosten herangezogen hat, welche für v o m Amte vorgenonimene Arbeiten veranlaßt waren, und die ihm dafür zugegangenen privaten Gelder zu diesem Zwecke verwendet hat". Also grade in d c m Umstände, in dem nach ehrlichem und vernünftigem Ermessen die Ungeheuerlichkeit der Sache beruht soll ihr „winziges Maß" von Bedeutung zu sehen fein! ■ So tief ist die politische Moral der Soldfchreiber ’ reaktionären Geistes gesunken, daß sie, um hohe Beamte, I die ihnen genehm sind, zu schützm gegen einen Sturm gerechter Entrüstung, den offenkundigen Thatsachen frivole Gewalt anthun ! Eine rühmliche Ausnahme im reaktionären Blätter - ringe macht diesmal der „Reichsbote". Er schreibt, es fei gleichgültig, um welche Person es sich handle, der Kernpunkt fei und bleibe, daß eine Staatsbehörde „Geld für eine Agitation von den Elementen gefordert, denen das Gesetz, für welches agitirt werden sollte, in erster Linie zu Gute kommen würde". Selbst die Pasodowsky-offiziöse „Allgem. Zeitung" schwingt sich — allerdings in der unhaltbaren Voraussetzung, daß ihr hoher Gönner in die Affaire nicht hinein verwickelt werden könne — zu der Bemerkung auf: „Es kann fein, daß das Verlangen, jene Vorlage schneller gefördert zu sehen, den einen oder den anderen Beamten dazu veranlaßt hat, private Kreise finanziell in Anspruch zu nehmen, wo es gatt, mit großen Kosten, für die ein Fonds naturgemäß nicht vorhanden war, umfangreiche Erhebungen u.f.ro. anmstellen. Und zweifels - ohne werden gegen eine derartige Bethätigung dienstlichen Uebereisers recht schwerwiegende Bedenken zu äußern fein." Und der „Hamburgische Corresp ondent", den wohl Niemand im Verdacht haben wird, der Sozial - demokratie nützen zu wollen, schrieb gestern mit Bezug auf die amtliche Aufklärung: „Uns scheint die Geschichte noch dieser Darstellmig ebenso schlimm wie vorher. Daß man im August 1898 Privatmittel der Industrie in Anspruch genommen bat, um „nach der ersten Lesung" eines Gesetzentwurfs, der damals noch fast ein Jahr auf sich warten liefe, für diesen Stimmung zu machen, ist ein geradezu ungeheuerlicher Vorgang, und Herr Bueck hatte ganz Recht, wenn er dieses Verlangen „eigenthümlich" fand. Unseres Erachtens ist Direktor von Woedtke durch sein Vorgehen schwer fotnprom ittirt und, wenn der Staats - sekretär GrafP osadowsky darum gewußt hat, auch dieser." Die gleichfalls anti-sozialdemokratische „Tägliche Rundschau" schreibt: „Au der politischen Ein - sicht und dem politischen Billigkeitssinn der Herren Gras Posadowskv und Dr. Woedtke darf man nach dieser Erfahrung billig zweifeln. Sie haben wieder einmal das leider nur zu wahre Wort des Zentruinsabgeordneten Gröber bestätigt: „Die Sozial - demokratie hat ein Schweineglück" — einen besseren Agitationsstoff als diese sich bis zurAnnahme von Geldern erniedrigende Parteinahme der Regierung für eine Jnteressenten- grnppe konnte der Sozialdemokratie garnicht geliefert werden und schlimmer fenr * * * * v ai. der Wunde, tu. baS unselige, völlig nutz- um, au»juttiloje Zuchthaiisgefetz schlug, garnicht gerührt werden, als durch Vie Veröffent - lichung dieses Erlasses, der unsere Regierung in den Schein der Abhängigkeit von der Großindustrie bringt, und dadurch auf die Arbeiterkreise erbitternd, auf die öffentliche Moral aber verwirrend wirken m u ß. Weswegen zu der Agitation nicht ein Fonds des Reichsamts des Innern flüssig gemacht, statt daß die Großindustriellen mit einerSettelfteuer belegt wurden, noch dazu wegen einer solchen Lappalie, das ist eine der unbegreiflichsten Seiten dieses an und für sich kaum verständlichen Vorgehens. „Erklärlicher wird es nur, wenn man sich erinnert, welche Rolle das Geld der Scharf - macher in unserer Politik, in der von ihnen aus gehaltenen Presse, wie bei einzelnen politischen Agitationen spielt und wie es allenthalben d e m o r a l i si r e u d, die idealsten Regungen unseres Volkes diskreditirend und ertödtcnd wirkt. Tas ist eilt weites Kapitel, über das noch Manches zu sagen sein wird." Jawohl, das Geld dcrScharf macher! Kann es eine vernichtendere Anklage gegen unsere mammonistisch Angeschnittene und beherrschte Staals- und Gesellschaftsordnung geben? Toch das flimmert die Scharfmacherpreffe nicht. Was geht sie die Moral au? Moral hin, Moral her! Die einzig wahre Moral liegt im Geldsack. Für Geld kann man den Teufel tanzen lassen. Es zeigt sich bei dieser Gelegenheit wieder die entsetzliche Korruption, der die „staatserhaltende" Scharfmacherpresse verfallen ist. Dieselbe Presse, welche unter Aufwand der elendesten, heuchlerischsten Phrasen vom Volk „Treu und Glauben für die Regierung" verlangtI Die Berliner „Volks-Zeitung" zieht eine richtige Konsequenz: „Wenn es erlaubt fein soll, daß die Re - gierung aus den Portemonnaies einer Handvoll Inter - essenten subventioniri wird für propagandistische Zwecke auf einem Gebiete, dann muß es auch erlaubt sein, daß das Volk fragt: Wie viel läßt sich das Agrarier- thum die Fleischsperre, die Zuckerprämie, die Br anntw einlieb eSgabe, dm Brot - wucherzoll, d. h. die Propaganda für alle biefe Singe kosten? Was zahlen die Mucker- steife für die V e r f r o m m u n g s - P r o p a g and a an die zuständigen Stellen baar? Ist aus Rom eine Sendung von X. 12 000 unterwegs für Propaganda- zwecke zu Gunsten der Aushebung des Jesuiten - gesetz cS? Wie viel beträgt die türkische L iebes- gabe für die Propaganda zu Gunsten der Nichtein- Mischung in die armenischen Gräuel? Was läßt sich England die Beeinflussung der abhängigen deutschen Presse in englandfreundlicheiii Sinne kosten? Wer A sagt, muß sich gefallen lassen, daß Andere B sagen." Die Wiener „Neue freie Presse" fällt folgendes Urtheil: „Der Fall, um den eS sich handelt, gehört zu jenen, die von Zeit zu Zeit grell in das ge- bciine Räderwerk der Regicriingsmaschinen hineiiileuchten. Daß er auch in Deutsch land möglich ist, darin liegt die peinliche Verblüffung, die er verursacht. Wenn man sich erinnert, wie heftig dort die öffentliche Meinung sich gegen die „Zucht - hausvorlage" auflehnte, und mit welcher Genugthuung die Verwerfung derselben durch den Reichstag begrüßt wurde, so begreift man, um wie viel beschämender es jetzt empfunden wird, daß wegen dieses gehässigen Versuches, die Koalitionsfreiheit der Arbeiter mit Zucht - hausstrafen zu durchbrechen, daS Reichsamt des Innern zu so kompromittirenden Agilationsmitteln griff In Deutschland ist man nicht gewohnt, hinter dem Schleier, der die intimen Schrauben des Re- gierungs-ApparalcS verhüllt, jene seltsamen Widerspruche zwischen der politischen und der privaten Moral zu er - blicken, und wenn ein solcher einmal aufgedeckt wird, so bäumt s i ch das öffentliche Gewissen grabe s o empor, als ob es durch eine Verletzung der privaten Moral empört wäre." Was wird nun zunächst der praktische Effekt der Affaire sein? Diese Frage geht auf die verant - wortlichen Personen im Reichsamt des Innern. Die „Germania" läßt den Ministerialdirektor v. Woedtke fallen, will aber nichts vom Rück - tritt PosadowSkYs wissen. Aehnlich spricht sich daS offizielle Parteiorgan der Nationalliberalm ans, welches gleichzeitig mittheilt, daß die maßgebendste Stelle im Reiche keinen Anlaß zur Kabinetsfrage in der Sache erblickt. Die „Franks. Ztg." meint dazu: „Wmn damit gesagt sein soll, daß der Reichskanzler Graf v. Bulow den Grafen Posadowsky zu halten wünscht, so möge das richtig sein, weil er den eingearbeiteten und fähigen Mitarbeiter gewiß ungern entbehren würde. Es frage sich nur, ob Graf Posadowsky zu halten ist gegenüber den Angriffen der Sozialdemokraten im Reichstage." Nach dem „Berliner Tageblatt" denkt Graf Posadowsky nicht daran, zurückzutreten. Für die That des Ministerial - direktors v. Woedtke glaubt sich der Staatssekretär mit bet Person des Kaisers decken zu sonnen. Der Staatssekretär habe geglaubt, heißt es im „Berl. Sagebl.", „den Wünschen deSKaisers zu entsprechen, wenn er Alles daran setzte, um die Vor - lage durchzubringen". Wir glauben nicht, daß dem Kaiser und dem monarchischen System durch Hineinziehung des Monarchen in die Ayaire ein guter Dienst erwiesen wird. Doch das haben die verantwortlichen Personen mit sich abzutnachen. Sollte die Mittheilung des „Berl. Tagcbl." sich bestätigen, bet Staatssekretär sich mit der Person des Kaisers zu decken versuchen, so würde die öffentliche sReinung ihr Urtheil über die Affaire konsequent aus - zugestalten haben. Die chinesischen Wirren. Zur Vorgeschichte der gegenwärtigen Situation in China liegen heute zwei bcmerkeiiSwertbe Auslassungen vor. Tie eine ist in der „Fortnighily Review" erfolgt und geht von dem langjährigen Leiter des chinesischen ZollwesenS, Sir Robert Hart, aus. Sie hat in London großes Aufsehen erregt. Nach einem Auszug der „Voss. Ztg." bezeichnet er die Boxerbewegung als nationale Erhebung, die von der chinesischen Regierung angeregt und begünstigt wurde, weil sie die Ueberzeugung gewonnen halte, daß nur ein groß angelegtes Freiwilligen-HeereS-System das Reich gegen die Eingriffe bet Fremden sicher stellen könne. Die Boxerbewegung wurde von einige» fremden Gesandten als sehr bedeutsam bettachtet, aber etwa daraus entstehende Wirren wurden erst im September erwartet und alle Warnungen blieben un - beachtet. Hart meint, die Boxet hätten nur Schlappen erlitten, und in einet nicht zu fernen Zukunft würden 20 Millionen derselben mit ge ¬ fährlicheren Wassen als Speeren ent - schlossen sein, ihre Politik: „China für die Chinesen: Hinaus mit de» Fremden!" durchzuführen. DaS sei die wirkliche gelbe Gefahr. Hier-wird also von einem ausgezeichneten Renner ver Verhältnisse Chinas benötigt, baß die europäischen Diplomaten in Peking die Sachlage total falsch beurtheilt haben. Gleichwohl wird in der Chinapolitik nach den falschen Auffassungen der Pekinger Diplomaten todter« gearbeitet Für die Schuldfrage erbringt der frühere deutsche Gesandte in Peking, Herr v. Brandt, in einem Artikel bet soeben erschienenen Nummer bet „Nation" neues Material. In einer Besprechung der Forberungen, die von den Gesandten im Auftrag der Mächte an China gestellt worden sind, sagt Herr v. Brandt: „Ganz besonders schwierig wirb sich die Frage wegen der Etablirung dauernder Schutzwachen der Gesandtschaften gestalten, wenn auch nicht während der ersten Zeit, so doch später - hin. Und sie wird dadurch nicht erleichtert werde», daß die Verwendung der S ch u tz w a ch e n der Ge - sandtschaften im Juni d. I. nicht eine solche gewesen ist, wie sie sich nach dem Völker - recht rechtfertigt. Die ersten Angriffe auf die Gesandtschaften haben am 20. Juni ftaltgefunben, aber schon in bet Zeit vom 14. bis zum 17. Juni sind zahlreiche Chinesen, angeblich Boxer, von den Schutzwachen der Gesandtschaften und Privatpersonen, die sich den ersteren angeschloffen hatten, auf den Straßen und in Tempeln niedergemacht worden. In manchen der von Augenzeugen angeführten Fälle kann die Entrüstung über den Mord und die Mißhand - lung eingeborener Christen als Erklärung und Ent - schuldigung dienen; aber wenn, w i e dies leider n n z w e i f e l h a f t s ch e i n t, von der Stadtmauer der Tatarenstadt ans auf die in der Chinesenstadt exerzirenden Boxer geschossen wird und einige vierzig der - selben getöbtet werden, ohne daß die Leute den fremben Siu greisem auch nur die geringste Veranlassung gegeben hätten, so kann man daS dringende Verlangen der chinesischen Behörden nach der Entfernung der Schutz- wachen wohl auch aus anderen Gründen als den ihnen untergcicgtcn erklären, die Gesandtschaften wehrlos machen zu wollen." Mau kann ohne Weiteres annehnten, daß Herr von Brandt eine so schwere Anklage wegen V e r- letzung des Völkerrechts nicht erheben würde, wenn sie nicht berechtigt wäre. Aber woher nehmen die europäischen Mächte noch den Muth, wegen Bruchs des Völkerrechts Sühne zu verlangen von' den Chinesen, wenn sie selbst so schwere Verfehlungen ans dem Ge - wissen habe». DaS könnte man allenfalls verstehen und ans dem Recht des Siegers erkläre», wenn China in Wirklichkeit ein besiegtes Land wäre; wie weit wir aber davon entfernt sind, beweisen die Darlegungen Robert Harts. Die europäischen Diplomaten und Heerführer haben alle Ursache, sich vorznsehen, daß ihnen in China nicht etwa das Schicksal bereitet wird, das den ersten Napoleon in Rußland ereilte. Der „Franks. Ztg." wird von einem Spezial- korrcspondenten aus Shanghai, 26. Oktober, ge - meldet : Wie ein erlassenes geheim esDekret besagt, wurde der kaiserliche Hof von den Vizekönigen und Knvernören ersucht, nach Peking zurückzukehren. Dies könnte jedoch nur geschehen, wenn die Mächte die Unabhängigkeit Chinas garantiren, was der Hof als Gntndlage für die Verhandlungen fordere. Inzwischen wurde bett Vizekönigen befohlen, Hülfs- truppen nach ©inganfu zu schicken. Dem „Daily Telegraph" wird ans Shanghai gemeldet: Die Chinesen behaupten, L i -H iin g -Tsch a n g habe an jeden der ausländischen Gesandten, mit Aus - nahme Sir Glaube Macdonalds, eine Depesche geschickt, welche lautet: „Ihre Güte ist Chinas einzige Hülse. Tie anderen Mächte sind zweifelhaft." Die fremdenfreundlichen Vizekönige schickten eine Denkschrift an den Thron, worin sie die Besttafiing der schuldigen Rathgeber des - selben forderten. Jetzt sind sie aber sehr in Verlegenheit, weil die Kaiserin-Wittwe ihnen telegraphirte, sie möchten sofort angeben, welche Bestrafung sie empfehlen. Sie fürchten, Prinz Tuan habe die Ant - wort biftirt, weil er wissen will, wie jeder einzelne Vize- könig von ihm denkt, damit er ihn dann eittsprechenb behandeln sann. Nach einem Telegramm der „Expreß" ans Hong - kong haben b 1 u ti g e K ämpfe im Bezirke Kwais in im östlichen Theile der Provinz Kwangtung zwischen Rebellen und bet Bevölkerung stattgefunoen. Die Re ¬ bellen verloren anfänglich 200 Mann, dann sammelten sie sich wieder und besiegten in zweitägiger Schlacht die von kaiserlichen Truppen geführte Bevölkerung; zwei - tausend Mann bet letzteren wurden gelobtet und bie kaiserlichen Soldaten wurden gefangen genommen. Dem chinesischen Gesandten in Washington, Wutingfang, zugegangene Meldungen besagen, Prinz I u a ii fei gehindert worden, den Hof nach S i» g a n f u zu begleiten; er bleibe in Schonst, wo et keinen weiteren Einfluß auf de» Thron ausüben könne. Von der Weltbühne. Tie Stichwahl in Brandenburg -Wcsthavel- lanb hat, wie unsere Leser schon aus dem Telegramm in der gesttigen Nummer ersehen haben, einen Sieg der Sozialdemokraten mit einer saunt zu er - hoffenden Majorität gebracht. Nach weiter als unser Telegramm gehender Ziisammenstellung hat Genosse P ä ii s 10 991 Stimmen erhalten, bet Konservative v. Soebett 10 343. Das wäre ein Vorsprung von rund 650 Stimmen. Bei der Hauptwahl am 18. Oktober hatte Psus 9509, Loebell 7116 und der Freisinnige Bode 3416 Stimmen. Es sind bei der Stichwahl also rund 1300 Stimmen mehr abgegeben worden als am 18. Oktober. Pons hat rund 1500 Stimmen mehr er - halten, während Soedell fast genau soviel Stimmen zu- bekommeii hat, als im ersten Wahlgang der Freisinnige hatte; nur 200 Stimmen fehlen daran. Das sieht in Bezug auf das Verhalten b er Freisinnigen sehr verdächtig ans. Es läßt die Muthmaßung begründet erscheinen, daß die überwiegende Mehrheit der Freisinnigen thatsächlich die selbstmörderische Taktik befolgt hat, für den Konservativen zu stimmen. Vielleicht haben sie sich einfangen lassen durch eine vom Vorsitzenden des nationalliberaien WahlvereinS in Brandenburg, Pros. Pitsch, im „Brand. Anz." ver - öffentlichte Erklärung des Herrn v. Loebell, die dieser auf eine an ihn gerichtete Anfrage über seinen wirthschaftlichen Standpunkt abgegeben hat. Diese Er - klärung lautete: „Wie ich dies in meinen Wahlreden, insbesondere in Brandenburg und Rathenow, gethan habe, erkläre ich auch hiermit ausdrücklich, dafe ich für eine gleickS mäßige Berücksichtigung der Interessen der Industrie und der Landwirthschaft bei Regelung des Zolltarifes bezw. dem Abichluß von Handelsverträgen unbedingt eintreten und insbesondere in Rücksicht auf die große Industrie meines Wahlkreises einer derartigen Erhöhung bet Getreidezölle, daß badurch der Abschluß von Handels - verträgen mit langet Bindung für bie Industrie unmöglich gemacht würbe, meine Zustnnmung versagen würde. Die vorstehende Frage habe ich gern und ohne Vorbehalt beantwortet, weil sie eine brennende ist und weil ich weiß, daß ein großer Theil der Wähler auf ihre Beantwortung einen großen Werth legt. Im Uebrigen habe ich aus der vorigen Wahl und aus meiner Theilnahme an den Sitzungen deS Reichstages die Ueber - zeugung gewonnen, daß es falsch und unwürdig ist, sich auf theoretische Einzelfragen, bie gar nicht zur Er - örterung stehen, vor der Wahl gewissermaßen fest - zunageln. Ich habe schon um deswillen es rundweg abgelehnt, dem Bunde der Landwirthe oder irgend einer Parteigruppe irgend welche bin - dende Erklärungen über meine zukünftige politische Haltung in Einzelfragen ab- z u g e b e n. Im Uebrigen habe ich aus meinem politischen Standpunkt niemals einen Hehl gemacht, habe oft genug betont, daß ich kein einseitiger Interessen- Politiker bin, sondern das Wohl der Gesammtheit und aller einzelnen Erwerbsstände zu fördern suchen werde, habe u. A. mich auch auf den Boden des gel - tenden Reichstagswahlrechts und der bestehenden Koalitionsfreiheit gestellt" Dem Konservativen hat diese verdächtige Erkläning und den Freisinnigen ihre jämmerliche Haltung nichts genützt. Mit Stolz können wir jetzt sagen: PsuS ist trotzdem gewählt, ohne wesentliche Wahl- hülfe von anderer Seite. Und somit haben wir volles Recht, den Sieg als einen glänzenden zu bezeichnen und können uns desselben um so mehr freuen, als nunmehr Aussicht ist, den Kreis auf die Dauer zu behaupten, auch wenn sich alle Gegner zusammen werfen. Der eieg ist ebenso eine Absage an die agra - rischen Brotwucherpläne tote an die Welt- und Ch in ap o 1 i t ik. Daß et in einem Wahlkreis mit starker Landbevölkerung erfochten ist, macht den Sieg um so bedeutsamer. Im Wahlkreise Wanzleben erhielten bei der atu Freitag stattgehabten Stichwahl nach den bisherigen Feststellungen Fabrikbesitzer Schmidt (Lid.) 8692, Gerlach (SD) 6484 Stimmen. Zur Zolltarifsrage bringt die „Köln. Zeitung' tolgende offiziöse Mittheilung au8 Berlin: Vielfach wird gemeldet, daß der neue Zolltarif den Wirthschaft- lichen Ausschuß mit einer Maximal- und Minimalrubrik verlassen habe, daß also bie Idee des Doppeltarif» zum Siege gelangt sei. Dem gegenüber können wir auf Grund sorgfältiger Erkundigung fest stellen, daß der Wirthschastliche Ausschuß sich eines Be. schlusseS zu Gunsten der Aufstellung eines Doppel« tarifeS überhaupt enthalten hat. Tie Vorzüge und Nachtheile einer solchen grundsätzlichen Neuerung sind allerdings bei den letzten Berathungen im Wirth- schaftlichen Ausschuß eingehend erörtert worden, man hat es aber mit Absicht unterlassen, über diese Frage, die zunächst der Entscheidung deS Reichskanzlers unterliegt, einen förmlichen Beschluß herbeizuführen. Immer nette Rathschläge werden von den ber» schiedmsteii Seiten dem neuen Reichskanzler er - theilt. Die „Freis. Ztg." schreibt: „Die Nothwendigkeit einer einheit - lichen und geschlossenenRegierung, welch« Graf Bülow in der ersten StaatSmmisterialfitzung al» unerläßliche Vorbedingung für diejenige Stetigkeit und Zielbewußtheit in der inneren Politik hingestellt hat, bie das Laud verlange und brauche, muß £cr neue Reichs - kanzler vor Allem hei den Vorbereitungen deS neuen Zolltarifs bethätigen. Die Gegensätze zwischen dem Reichsschatzantt und dem ReichSamt des Innern in der Frage des Doppeltarifs sind offenkundig." Zu der gestern mitgetheilten Auslassung der ,Berl. N. Nachr." über ernste Gegensätze in den Reichs - behörden, betteffend die Gestaltung deS neuen -Zoll. tarifS, bemerkt die „Freis. Ztg.", eS handle sich nicht so - wohl um „Ressortgegensätze, sondern um die Frag«, ob durch das Entgegenkommen deS Reichsamts de» Innern gegen die Agrarier Handelsverträge von vornherein unmöglich gemacht werden sollen. Etn solcher Gegensatz, wie et zwischen dem Reichschatzamt und dem ReichSamt des Innern in der Frage dc» Doppeltarifes Vorhände» ist, läßt sich auch nicht überbrüden durch einen Kompromißvorschlag, der nach den „Berl. Neuest. Nachr." „vorläufig" für gewisse Positionen dc» Zolltarif» Doppelsätze in Form bei