Hamburger Echo. ToiinrrStag, neu 30. Mai 1901 Da« „Hamburger Echo" rricheia» täglich, außer Monlagr. Der -lbounemeill-prei'S (iufi. „Die Reue Welt") beträgt: durch dir Post brzvgrn (Nr. dr« Pvst- ktllalog« 3195) ohur Brinzcgrld vieNrljichrlich JK 3,60; durch die Kolparlijrr rvSchraN. 30 /ij frei in'» Hau» ©injelne Nummer 6 4 Eournagr.Nuinmrr mit illastr. Kouutagi-Leilage „Die Neue Welt" 10 4- Beraukwortlicher stlrdatldr: Olustad Wabcröky in Hamburg. 81 li 1 e i fl e 11 werden die fechsgrfpallene PetUzeüe ober deren Naum mit 30 4> für den Arbritömarkt, PcrmtethuustS- und ^amtltcuauzetsteu mit 80 4 berechnet. Aitzctsteu-Ruuahme io bet Expedition (bi» 6 Uhr Abend»), in den Filialen, sowie in sämmtlichen Annoncen Püreau» Nedaktion und Expedition: ^ehlaudstrahe 11 in Hautburg. iTilirtl »II ♦ «üd St. Pauli bei Carl Lementzow, Kastanienallee 25, L l. Nord St. Pauli, Eiinsbüttel, Laugeuselde, bei Carl Dreyer, Margarethenstr. 48, Eimsbüttel. Hoheluft, (Eppendorf, (Vroh-Porstcl und 1IIIUI V11 • Winterhude bei Ernst Großkopf, Lehmweg 51, Eppendorf. Barmbek, Uhlenhorst bei Theodor Petereit, Heitmannstr. 12, Barmbek. St. (Yeorg, Hohenfelde, Borgfclde, Hamm, Horn und Schiffbck bei Carl Ortel, Baustr. 26, Borgfelde. Hammerbrook, Rothenburgsort, BiNwärder und Veddel bei Rud. Fuhrmann, Schmabenstr. 33, Hammerbrook. Eilbek, Waudsbek und Hinschcnfelde bei Franz Krüger, Sterustr. 36, Wandsbek. Altona bei Friedrich Ludwig, Bürgerstr. 118, Altona. Ottensen, Bahrenfcld bei Johannes Heine, Erdmannstr. 14, Ottensen. Flottbek, Othmarschen Blankenese bei Max Meisner, Gr.-Flottbek. Hierzu eine Beilage. Doppeltarif? Während die preußischen Blätter ihre Leser mit dem Gretchenspiel: „Er wird aufgelöst" (der Land - tag), „Er wird nicht aufgelöst" imterhieltcn, der holde Traum von einer „liberalen Aera" den groß- kapilalistischen Parteien liebliche Phantasinagoricn vorgankelte und die Freisinnigen zmn soundsovielten Male wieder in süßen Hofftningen auf ein Porte - feuille schwelgten, kam von Berlin die Meldung, daß der einbernfcucu Minislerkonferenz ein Doppel - tarif vorgeschlagen werde. Mit der „liberalen Aera" wäre es also wieder einmal Essig, der Kurs bleibt der alte, konservativ-agrarische, trotz der Kaualrcbcllion, was wir niemals bezweifelt hatten. Oder Ivar die Meldung, wie cS jetzt heißt, nur eine Ente, die vielleicht irgend eine boshafte agra - rische Feder unmittelbar vor Pfingsten hat aufflattern lasiert, um den Gegnern die Festfreude zu verderben und ihnen die Vercstlung der Schnapsstcuer-Noveste eiuzutränken? Mehrere Blätter, darunter die „Frank- furier Zeitnug", erklären die Nachricht für falsch und halten daran fest, daß anch jetzt noch keine Entscheidung darüber getroffen sei, ob ein Doppel - tarif aufzustellen tväre. Bei dieser Auffassung scheint der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein. Die „Ente" dürfte eher ein „Bulow" sein — so heißt ja in vielen Gegenden der „Pfingstvogel" Pirol, der um Pfingsten bei uns eintrifft — und der seinen Standesgeuosien, den etwas beklommenen Junkern, eine Pfingstfrcude machen wollte. Graf Bülow hat sich ja auf die „Politik der mittleren Linie" fcstgelegt und man weiß, was diese Phrase in seinem Munde bedeutet: Erhöhung der Getreidezölle, uur nicht in der Höhe, welche die Agrarier verlangen, denn die Interessen des Industrie- und Handelskapitals kann er ja nicht zu stark vor den Kopf stoßen. Die geometrische Formel von der mittleren Linie berücksichtigt eben uur die beiden Hauptgruppeu der herrscheudeu Ülasse, den mobilen und immobilen Besitz. Für die Massen bewegen sich schon die bestehenden Zollsätze abseits der mittleren Linie und jede weitere Erhöhung rückt die Linie noch weiter hinmts zu Gunsten der Junker und weiteren Herabdrückung der Lebenshaltung des arbeitenden Volkes. Daß der Doppeltarif agrarisches Gepräge trägt, obgleich er einem uatioualliberaleu Hirn ent - sprungen — dem früheren natioualliberalcn Ab - geordneten und inzwischen in den Staatsdienst ge - tretenen Professor v. d. Borght — dürfte bekannt fein. Er soll in einen Maximal- und einen Minim alt ar if zerfallen. Jener gegenüber den Läuderu, mit denen wir keinen Tarif- oder Meist- begünstignngsvertrag abgeschlossen haben. Der agrarische Schwerpunkt liegt int Miuimal- tfliif, der eine Grenze festsetzt, unter welche bei Vertragsschlüssen nicht herabgegangen werden darf. Ist anch über die in Aussicht genommcuen Minimal- tarifsätze noch nicht? Näheres bekannt, so steht es doch außer Zweifel, daß sie bezüglich der laudwirth- schastlichen Erzeugnisse die bisherigen Sätze erheblich überschreiten sollen, d. h. daß die Einfuhr auch ans den Lertragsländeru mit höherm Zöllen als bisher belegt tverdeu solle». Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Minimal - tarif auch nach der handelspolitischen Seite von schwerem Nachtheil ist. Dars bei den Vertrags- Verhandlungen nicht unter einen höheren Zollsatz herabgegangen tverdeu, so werden uns die betreffenden Länder auch minder günstige Zugeständnisie machen, wenn sich der Abschluß der Verträge nicht überhaupt zerschlägt. Eben darum dürften für einen vollständigen Doppeltarif die Politiker des Industrie- und r jiwniMt 1 r r.uKiM—agp—i £28] (Nachdruck verboten.) Der Krast-Wayr. Ein humoristischer Musikanten-Roman. Bon Ernst von Wolzogc». X. Der Sündenfall. Dos war ein reicher, gesegneter Frühling für un - seren Florian. Jeder Tag. den er hier in der kleinen Muscustadt, in die Machtsphäre des Genius gebannt, verleben durfte, bot ihm soviel Nahrung für Herz und Geist, so viel Förderung für sein künstlerisches Stre - ben, wie sonst Monate und Jahre nicht. Die Morgen - stunden, die er meist ganz allein bei Liszt zubrachte, waren ihm die allerliebsten. Mit staunender Bewunde - rung lernte er die außerordentliche Arbeitskraft, die unermüdliche Pflichllreue und wunderbare Geisles- friiche des greifen Meisters kennen. Wenn Florian um n.tt Uhr bei ihm antrat, so war Liszt schon min - destens drei Stunden lang ausgewesen; manchmal erhob er sich gar schon um Vier. Dann ging er in die Frühmesse, las in seinem Brevier und versenkte sich im tiefen Frieden des Frühlingsmorgens in den Ge- danlenkreis der Arbeit» die ihn grade beschäftigte. Rach dem Frühstück ging er die Morgenpost durch, und wenn dann Florian kam, so hatte er diese reichliche Postbescheerung meist schon gesichtet. Der Sekretär be - taut eine Anzahl Briefe zu erledigen, die mehr in - timen behielt er zur eigenen Beantwortung zurück, und Florians Aufgabe war es hauptsächlich, die musi - kalischen Manuskripte oder auch gedruckten Noten- feniungen, die fast täglich in Fülle anlangten, prüfen zu helfen und alsdann den Absendern darüber zu schreiben. Liszt hielt cs für eine Pflicht, ine ihm feine Stellung als erster Stlaöierbirhiofe der Gegenwart unb besonders als Vorkämpfer der neuen Richtung in bei Musik auferlegte, alle Einsendungen gewissen- haft zu prüfen, und er widmete der Erfüllung dieser Wahrlich nicht leichten Pflicht tagtäglich mehrere Handelskapitals kaum zu haben sein. Die Meldung sprach ja denn auch nur von 31, »ach anderer Lesart 60 Tarifpositionen, worunter 29 Eisenpositionen betreffen sollen. ES ist amüsant, zu beobachten, wie von groß - kapitalistischer Seite versucht wird, das Bülow-Wort von der mittleren Linie aus dem Agrarischen iii's Kommerzielle untzudeuten. Die „Kölnische Zeitung" schent sich dabei nicht einmal, der „Genialität" des Grafen zu nahe zu treten und sich über die Leute zu moquiren, die zu glauben scheinen, sie hätten mit den Leitworten einer PolilikderSammlnng oder dermittleren Linie das wirthschaftliche Allheilmittel gefunden. „Als ob je ein Staatsinann, der nicht zugleich Parteiführer fein wollte, sein Ziel anders als auf dem Wege der Diagonale erreicht Hütte!" Es komnie vielniehr auf den Mann an, der das Progranim ansspricht. Als Miguel vor Jahren seine Politik der Sannn- lung proklamirte, begegnete er auf nicht agrarischer Seite lautem Hohnlache». Die Bülotv und Diöllcr dagegen vrrdirnrn Vertrauen, sagt das Blatt, und meint damit, sie möchten sich von den Agrariern nicht uutgarnen lassen zu Ungnirsteu deS Großkapitals. Und so weiter. Hätten diese Bürgerlichen. etwas von der poli - tischen Kraft und Tapfcrkcü des Proletariats, so brauchten sie die Rcgierungsleute nicht in solcher Weise anzuwinseln. Die Dreistigkeit und der Trotz der Junker wurzelt in der Schwückse der Bourgeoisie, die um die Gunst von oben buhlt, statt wider da? Jnnkcrthum eutschloffen und rücksichtslos aufzn- marschiren. Sie wird auch itt der Frage des Doppeltarifs mit sich rede» lassen, d. h. ninsalleu. Uns aber soll die Meldung, mag sie sich nun bestätigen oder nicht, zur energischen Fort - führung des Kampfes wider den Brot - wucher mffpornen. Von der Weltbühne. Zur ZoNtarisvorlage wird offiziös bestritten, daß die Angabe von den 31 Positionen mit Doppelzoll- fäticn richtig sei. Das will nach der besonnten Art offiziöser Dementis nicht viel mehr besagen, als daß es vielleicht einige Positionen mehr oder weniger sind. Diese Annahme wird auch dadurch iiicht erschüttert, daß dieselbe offiziöse Auslassung erklärt, es sei ja kein Ge - heimniß , daß eine Zeit lang Strömungen vorhanden waren, welche dem System deS Minimal- und MaximaltarifS durchweg den Vorzug vor dem einfachen autonomen Tarif geben wollten. Der Gedanke sei dann fallen gelassen worden, und es hieß, es solle im Allgemeinen das bisherige, im Jahre 1879 feftgelegte Prinzip aufrechterhalten und nur für einzeln c Positionen, und zwar nicht allein für landwirthschaftliche, sondern anch für einzelne, wenn auch wenige industrielle Produkte, der Doppeltarif in Er - wägung gezogen werden. Das klingt weit mchr als eine Bestätigung, beim als eine Widerlegung der gestern mitgeibeiltcn Angaben, wenn man nicht allein nur die positive Zahl der Doppel - zollsätze in'S Auge faßt. Zn der Tariffrage im Allgemeinen wird der „Franks. Ztg." vom Main geschrieben: „Die Regierungen der größeren Staaten des Deutschen Reiches stehen alle auf dem Standpunkt, daß das Zustandekommen der Handelsverträge die Hauptsache sei, und daß Wünschen nicht statigegeben werden dürfe, deren Erfüllung das Zustandekommen von Handelsverträgen verhindern würde. ES gilt das von den Industrie- und von den Agrarzöllen. Der Schwerpunkt ruht auf den letzteren. Daß die l and w i r t h f ch a ft li ch en 8ö l I e erhöht werden sollen, ist die Meinung der egierungen sämmtlicher größerer Staaten. Sie haben sich auch schon zu einer Zeit in dieser Be - ziehung festgelegt, in der es nur schönen Worten des Wohlwollens galt. Jnzwisckicn find aber die agrarischen Ansprüche, in Ueberfchätznng besten, was von den Regierungen zu erwarten oder zu erzwingen sei, der - artig g e ft i e g e n, daß den Regierungen n a ch- grabe bange geworden ist. Das Uebermaß der agrarischen Ansprüche hat den Agrariern die Sache einigermaßen verdorben. Aus beut Standpunkt der Erhöhung der Getreidezölle stehen alle Regie - rungen der größeren Staaten, aber sie werden nur für eine mäßige Erhöhung eintreten, im Süden deS Reiches mäßiger als im Norden. Auch die hohen Fordermtgen der Hopfenproditzenten findeit SEHHeeeHHseHGÄseHeHeBB™” Stunden. Mit oberflächlicher Tageswaare, die nur Erzeugnis; handwerksmäßiger Fertigkeit war, hielt er sich natürlich nicht lange auf. Dergleichen wurde mit einem Scherz abgethan und in die passende Rubrik verwiesen. Sobald aber der Meister beim ersten flüch - tigen Blättern in einem Manuskript auch nur eine Spur von Eigenart, von ernstem Suchen nach neuen Ausdrucksformen ober ein sicheres Beherrschen überkommener fester Kunstformen bemerkte, da ver - weilte er und prüfte bedächtig. Er setzte sich selbst an den Flügel und spielte die oft schwer lesbaren und verzwicktesten Partituren so glatt herunter wie irgend einen sauber gedruckten Klaviersatz. Oft for - derte er Florian auf, eine solche Partitur vierhändig mit ihm zu spielen. Das machte ihm Anfangs große Schwierigkeiten, und er war froh, wenn er nur den Baß richtig brachte und die hervortretenden Stimmen herausfand. Aber durch die UiAerlveisung des Meisters lernte er viel und schnell. Wenn Florian entlassen war, arbeitete der Meister einige Stunden allein, bis um die elfte oder zwölfte Stunde. Dann machte ober empfing er Besuche und bann speiste er, meist bei einer feiner alten Freundinnen oder auch bei Hofe, seltener allein. Zu diesen Mahlzeiten daheim wurde meist auch der eine oder her andere der bevorzugten Schüler aufgefordert, ebenso zttm Spaziergang, den Ljszt gegen Abend zu machen pflegte, wenn sich der „Schwarm" verlaufen harte. Die Abendgesellschaften, die der Meister auch ziemlich häufig gab, hatten mehr den Karakter von Konzerten. Cs wurden dazu viele Laien eingeladen, besonders Herrschaften au8 der Hof- aeielftchaft. Der Großherzog selbst war fast ein stän- mget Gast bet diesen Veranstaltungen, wie auch feine To-Üter die Prinzessin Reuß und die damals noch un- vermahlte Prinzes,in Elisabeth. Gina der Meister Abends nicht tn Gesellschaft ober sah er nicht selbst Gaste bet sich, so benutzte er den Abend zu schöpferischer Thätigkeit ober zur Lektüre. Um elf Uhr, manchmal auch noch spater, ging er zur Ruhe. Am glücklichsten war Florian, wenn er in den herrlichen Morgenstunden die Rede auf de» Meisters keinen Anklang. Für den Biehzoll iß eine erhebliche Erhöhung zu befürchten. Schon der Umstand, daß er nicht mehr stückweise, sondent vorn Zentner deS Lebendgewichtes erhoben werden soll, bedingt ein starkes Hinaitsschwcllen. Auf den ersten Blick scheint der GewichtSzoll der gerechtere, aber wenn man p B die Zentnerzahl eines Mastochsen mit einem nur mäßig böheren Zollsatz mnlliplizirt, kommt schon eine große Zahl heraus, eine weit größere, als bisher normiri war. Eine oder zwei Regierungen geben sich alle Mühe, eine Biehzollerhöhung abzuwenben. Die Aus - sicht, durchzudringeii, ist aber für sie gering. Was birst Regierungen bestimmt, gegen einen erheblich höheren ViehM sich zu wenden, ist, neben der Sorge wegen der Verschlechterung der Bolksnahnmg, die Rücksicht auf die Interessen eines erheblichen Theils der heimathlichen Landwirthfchaft. Hier stehen sich eben innerhalb der Landwirthschaft defselbeti StaateS große Gruppnt mit widersprechenden Interessen gegenüber. ES ist das — nicht tn einzelnen Staaten, sondern im ganzen Reich — auch in Bezug auf andere landwirthschafiliche Zölle der Fall. Das Balaneiren dieser Znteresscu übt naturgemäß einen mehr oder minder neiinenswcrthen Druck aus hohe Zollforderungen aus." Diese anscheinend auf Informationen aus Regieruuzs- kreisen beruhenden Blittheilungen lassen erkennen, daß thalsächlich innerhalb der Regierungen noch mancherlei Gegensätze imd MciituiigSdiffereuzeu bestehen, die noch der Ausgleichung' bedürfen. Daraus kaun man ent - nehmen, wie grundlos daS Geschimpfe der Agrari erpresse über die angebliche Verzögerung dcS Zolltarifs war und ist. Auflösung oder nicht? lieber die Frage, ob daS preußische Abgeordnetenhaus demnächst aufzulösen fei oder ob man im alten Tempo meitet« wursteln wolle, scheint in bet preußischen Regierung ent - weder selbst noch keine Meinungscinheit zu bestehen oder man hält er für gut, die Oeffentlichkeit vorläufig noch darüber in Zweifel zu lassen, was man beabsichtigt. Anders lassen sich die zweideutigen Auslassungen der O f s i z i ö f e n gar nicht erklären. So schreibt z. B. der Berliner Offiziöse der Münchener „Allg. Ztg.": Einstweilen werde tu unterrichteten «kreisen bestritten, daß „die Auflösung deS preußischen Abgeordnetenhauses beschlossene Sache oder gar schon ein bestimmter Termin für biefetbe festgesetzt sei. Deshalb läßt fich aber nicht ettua be meinen, daß ein solcher Entschluß dem - nächst gefaßt werden könne. Sobald sich ein - mal Spailmmgen in dem Verhältniß der Parteien zu einaiibCT herausgebildet haben, wie bas neuerdings ge - schehen ist. baun bedeutet es jedenfalls keinen Fehler, wenn die Regierung die praktische Entschloffenheil nicht verleugnet, eventuell an bje Wähler zu appelliren und oavurch der Anssaffuntz Geltung verschafft: bereit fein ist Alles." „ Dorans kann sich Jeder entnehmen, was ihm ge - fällt und fürchten oder hoffen, baß die Auflösung kommen oder auBbteiben werde. Tas Branntweinsteuer Nothgesetz soll doch vielleicht noch vor Ablauf der Breunsteuerfrist wiebcr aufleben. Nach der „«Rational!. Sorresp." hat der Ab - geordnete Bassermann in einer Rede in ßoburg eine kurze außerordentliche Session des Reichstages zur Erledigung des Braimtweinsteuer-Noth- gcsetzcS im September al« wahrscheinlich bezeichnet. Wenn das richtig sein sollte, so würde es eine neue Bestätigung dafür sein, daß den Junkern Alles zum Besten bienen muß. Das Defizit im Reichöhanöhaltsetat, bas der Reichsschatzsekretär für daS nächste Etatsjahr in Höhe von 70 bis 80 Millionen in Aussicht stellte, ist dem Zentrum auf die Nerven gefallen, da es selbst bei einem nur minimalen Grade politischer Ehrlichkeit und Selbstkrstrk sagen muß, daß eS durch sein Ent - gegenkommen in der Welt- und CSafferpolilik die Hauptschuld an der Finanzmifsre des Reichs trägt. Die „Köln. Bolksztg." aber möchte diese drückende Schuld vom Zenttitm abwälzen und sie macht sich daher krampfhafte Blühe, den Nachweis zu erbringen, daß die Flottcnvolstik nicht die Ursache der Defizits sei. Die BeweiSsiihrung ist kostbar. Das Flottengefetz habe die Ausgaben im RetchshaiiShalt für 1901 „nur" um rund 43; Millionen Mark gesteigert, welche durch be - stimmte Zoll- und Steuererhölmngkii und neue Stevern gedeckt erscheinen. Im Etat für 1902 werde sich diese Steigerung „nur* um weitere 6—8 Millionen erhöhen, denen als neue Deckung, die Saccharin» und Schaum- weinftcuer gegenüberstehen. Also „nur" die Kleinigkeit von rund 50 Millionen kommt auf daS Konto des FlolteiigefetzeS. Dazu kommt noch der Zinsbedarf der Anleihen für die Kosten der Ehinaexpedition rund 8 MiMonen Mark, wofür ebenfalls daS Zentrum die Hauptverantwortimg als „regierende Partei" trägt Macht schon fast 60 Mill. Demgegenüber ist aller Mühen des ZeutrumkblatteS, die eigene Werke bringen konnte und dieser sich dazu her- beiließ, sic am Klavier mit ihm durchzngehen. Die großen Chor- und Orchestertvcrke Franz LisztS waren damals noch weit mehr als heute mit scheuem Miß - trauen betrachtete Fremdlinge in der musikalischen Welt. Die packende Gestaltungskraft, die dramatische Wucht Richard Wagners hatte längst schon daö Zeter - geschrei der musikalischen Zopfträger zum Schweigen gebracht und den allergrößten Theil des Publikums nut sich forigerissen. Das „Kunstwerk der Zukunft" war thatsächlich bereits das Ideal der Gegenwart geworden und dennoch hatte LiSzt mit seinen sym - phonischen Dick'tungen und großen Chorwerken, die doch ans demselben Geiste heraus wie Wagners Ton- dramen geboren waren, im Jahre 1880 noch immer gegen die «engstlichkoit der Konzertdirigenten, die Böswilligkeit der zünftlerischen Kritik und die Ver- ftändnitzlosigkeit deS Publikums zu kämpfen, wie Wagner bis in die siebziger Jahre hinein zu kämpfen gehabt hatte. ES war vielleicht der einzige Schmerz, der den heiteren Lebensabend des glücklichsten Künst - ler» unseres Jahrhunderts trübte, die einzige bittere Erfahrung, die dies Überaus gütige und verzeihende Herz selbst zuweilen mit schmerzlichem Groll erfüllen sonnte. Selbstlos war er bei Seite getreten, als das rücksichtslos männlich geartete Genie Wagners freie Bahn für sein Schaffen erheischte. Er hatte mit Ein - setzung seiner ganzen Persönlichkeit dem von ihm selbst als der Größere Anerkannten die Wege ebnen helfen, er hatte durch Wort und Schrift aufklärend gelvirkt, durch Geldopfer und unablässige persönliche Bemnhrmg den mit der Noth kämpfenden Verbannten über Wasser gehalten — nun war jener glorreicher Sieger geblieben, während er selbst, der auch mit seinem Schaffen Vorläufer und Vorkämpfer bc8 Ge - waltigen gewesen war, sich von der Allgemeinheit immer noch nur als der genialste Klavierspieler des Jahrhundert», nicht aber auch als ein Tondichter von einzigartiger Bedeutung, al» kraftvoller Neutöner und Pfadfinder anerkannt war. Sobald er daher bemerkte, daß dieser unscheinbare Florian Mayr mit seiner Schuld am Defizit an anderer Stelle zu entdecken, ver - geblich. Aber es hat einen Trost. ES rechnet: „Die Zollerträge dürften von Oktober 1901 dis April 1902 und später ganz erheblich sich steigern, weil Deutschland leider vor einer Miß- ernte in Brotgetreide steht. Voraussichtlich werden nur knapp 3 Millionen Tonnen Weizen und 8 MMione» Tonnen Roggen geerntet werden, was eine Mehreinfuhr von 16 Millionen Doppelzentner an Brot - getreide erfordern und eine Mehreinnahme von rund 56 Millionen an Getreidezöllcn herbeiführcu würde." Darum, so wird weiter gefolgert, sei eS verfehlt, „dauernd neue Steuern zu bewillign,, wenn eS sich um vorübergehende Schwierigkeiten handelt, deren Ursachen handgreiflich vor uns liegen*. Diese sophistische Argumentation dürste selbst die frommen ZentruluSfchäflein säum täuschen. Im Wachsen der Zollerttäge bei der Mißernte drückt sich grade die Besteuerung der bittersten Armuth auS. Die Mißemte sollte Anlaß zur Ermäßigung der Zölle resp, deren Abschaffung geben. Die Finanz - politik beS Zentrums aber rechnet ganz offen beuuit, die Noth noch erst recht aukzubcUen. Und da» will sich dann noch al» volksthümliche Politik auSgeben. Recht Vriniinfrtfle Ansichten finden wir einmal in der „Köln. Ztg ". In der vorigen Woche machten die konservativen Blätter noch einmal den Versuch, den Bre wer Zw i s ch en sa l l als ein von der Sozial» bemofratie beeinflusstet Attentat einer Verbrechers hin» zustellen. Darüber schreibt jetzt daS nationalliberale Blatt: ..Nach dem Bremer Zwistheiifall haben die weitesten Kresse eS mit Ingrimm vermerkt, daß das Juiikerthum bemüht war, salbungsvoll ben Wurf mit bet Eisenlasche zu einem f l >: ch iv ü r d i g e n po litischeii Alten tat anfzu bauschen, das Gemüth deS Kaisers zu ver - düstern mit) die Bahn frei zu machen sür K u e b e l g e s e tz e, von Venen fich nm die reaktio - nären Angstmeier noch irgend welchen Nutzen ver - sprechen. ES ist n i ch l k l u g , daß die Konservativen an dieser kümmerliche Iiitrigaiilenstück wieder erinnern. Denn die bürgerlichen Parteien können n i ch i S W ahn- witzigerer unternehmen, a I - derSozialdenio» fraHc ein offenkundiges und schreiendes U n r e ch t ' a n z u t h u n , dar alle anständigen und rechtlich denkenden Menschen gradezu zwingt, für die „Genossen" Partei zu ergreifen. Ein derartiges Ver - brechen begeht man aber, wenn man auch nur den Versuch macht, die Sozialdemokratie sür einen politischen MordansalI verant - wortlich zu machen, der nur in der Einbil» buug junkerlicher Ränkeschmiede vorhanden ist. Einem Maune, der cnisthaft glaubt, die deutsche Sonal- vemokrattHrage sich mit AucnlatLabfichten oder sie fei erbaut davon, wenn tn dunkeln Gehirnen AttcuwlSubsichteii auf- keimen, kann man nur den Rath geben, sich einem verständigen Arzt anzuverlraucn jeden - falls aber jegliche Beschäftigung mit politischen Fragen einzustcllen. Es scheint ivsiklich, als ob das Junkerthum mit allen Mitteln den Beweis autrelen wolle, daß c8 jeden Anspruch auf seine historische Führerrolle verwirkt hat. Jedenfalls wird keine prelchifche Partei elender geführt als diejenige, die den stolzen Anspruch auf die alleinige Beherrschung deS behördlichen Apparats erhebt." Wicher kommt denn plötzlich die Vernunft bei dem rhcnlifcheu Kapitalistmblatt? AIS Bismarck Ende der siebziger Jahre feine RaiibziigSpolitik beginnen wollte, brauchte er anch einige Attentate, um bie öffentliche Meinung irre zu führen. Der geisteskranke Anhänger Stöckers, ber Klempner Hödel, undDder Gegner der Sozialdemokratie Nobiling wurden zu Sozialdemo - kraten gemacht und gegen die Sozialdemokratie, die damals ebenso wenig AitentatSabsichten hatte wie Henle, aiiSgefpielt. Damals hat die „Köln. Zeltniig" weder dem Fürsten Bismarck, noch ihren Parteigenossen ben Rath, gegeben, sich einem verständigen Arzt anjuDertrauen, jedenfalls aber jegliche Beschäftigung wil Politik einzu« stellen. Wie eS damals Fürst Bismarck machte, so machen es jetzt die Junker. Bei normalen Verhältnissen und mit ehrlichen Mitteln läßt sich die RoubzugSpolitik nicht durchführen. Moralisch verwerflich ist das Treiben, aber wer bie Scharfmacher für verrückt oder dumm hält, darf fich nicht wundern, wenn er Ueberrafchnngen erlebt uiib schließlich durch Schaden fiug gemacht wird. Nur dann, wenn man die Frnktifizirung der Attentate koSlöst von den Nebeiiabfichten, kann man sie für eine Tollheit ober Dnmmheit halten Zur Bekämpfung der Sozialdemokratie war daS Sozialisteiigcsctz ein völlig untauglicher Mittel. Weiln dir Väter de» Schandgesetzes geglaubt habe», die Vernichtung der Sozialdemokratie herbcisühren zu können, dann wäre der Rath, jegliche Beschäftigung mit politischen Fragen einzustelleu, am Platz gewesen. Bismarck erreichte aber den Zweck, daß er die RaubzugSpolitik durchsetzte imd die liberalen Parteien völli?, zerrieb. Wollen die Nationalliberalen die Junker enisthaft bekänipfeii und imfchädlich machen, dann dürfen sie sich nicht damit be - gnügen, einige besondere Schurkenstreiche zu brandmarken, fonbtm sie müssen zum Angriff übergehen und der Junkerpolittk einen Stoß in'» Herz geben Dazu sind die gialionaUibetakn aber nicht im Stande, weil e» ihnen an der nöthigen Kraft fehlt und, war da» Schlimmste ist, weil die Interessen der Kraut- und Schlokjimker fo sehr dincheinander laufen, daß man den Einen nicht ernsthaft fchädigen kann, ohne dem Anderen wehe zu thun. Pine Neuwahl znm Reichstage ist im Wahl - kreise Neuwied (2. Koblenz) nothwendig geworden durch den Tod be» bisherigen Vertreters Bender, der der Zentrumspartei angehörte. Der Wahlfrei» ist eine der festesten Domänen des Zentrum». Nur 1871 war er nationalliberal her treten. In einer Nach - wahl 1873 würbe er vom Zentrum erobert, da» bisher im Besitz be» Mandats verblieben ist, das seit 1878 Bendei innehatte. 1898 fielen auf Bender 8091, ans einen Nationalliberalen 6258 und auf ben sozialdemo - kratischen Kandidaten 218 Stimmen Der Kampf wird sich auch dieses Mal hauptsächlich zwischen Zentrum und Nationalliberalen abspielen. Für die Fenerficherhcit von Waarcnhäuscrn und anderen Geschäftshäusern, in beium größere Mengen brennbarer Stoffe onsbewahrt Werden, hat der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten in einem im „Sentralbl bei Bauvcrw * veröffentlichten Rimdcrlaß miter Hinwei» auf bie Brände in Woarenhäufern Bestimmungen ge - troffen. Die neuen Bestimmungen sollen auch in den bestehenden Waareiihäuscru zur Durchführung kommen. Der Minister empfiehlt, mit den Inhabern zunächst in eine Besprechung darüber ciiizutietcu, in welcher Weise zweckmäßig den einzelnen Maßregeln der „Bestimmungen* zu genügen sein Wirb. „Von besonderer Wichtigkeit ist, daß für Wohnungen und Arbeitsstätten, welche sich übet den zur Aufbewahrung ber leicht brennbaren Stoffe bieueiiben Räumen befinden, rauch- und feuer - sichere Treppen und AuSgänge voihandm find. Die für diese oberen Räume bestimmten Treppen und AuSgängc müssen daher in besonderen, von massiven Wänden iiusschlossenen Räumen liegen, welche mit den unteren Stockwerken in keiner Verbindung stehen dürfen.* Um Unfällen durch Herabsallen großer Scheil»en borzu- beugcii, sollen die Fenster der oberen Geschosse durch Sprossen angemessen getheilt oder besonders gesichert werden. Die nothwendigen Treppen müssen von ben Geschäftsräumen getrennte feuersichere Verbin - dungen mit bei Straße erhalten. Von jedem Punkte des Gebäudes au» muß eine Treppe auf höchsten» 25 Meier Entfernung erreichbar sein Bei sehr an»- gedehnien Anlagen soll „auf Erfordern* eine geeignete Alarm-Dorrichtnng hergestelli werden. Angefirllle« awffw Ohr» ww» b-4m-z»et»nen der Alarm-Vorrichtung im Interesse der Sicherheit zu thun hoben, genau unterrichtet gehalten werden.* Endlich soll auch Vorsorge getroffen werden, daß eine Ueber- füllung ber Verkaufsräume nicht siaNsindet. Auch der Vogelschutz verfällt den in der kapita - listischen Gesellschaft unvermeidlichen Interessengegensätzen. Ein in ben Pfiiigstfeieriagen in Berlin ftattgepnbter Kongreß deutscher Vogelbändler beschloß nach einem ausführlichen Referate des Redaktörs Neunzig. Berlin die Absendung folgender Petition an die Reichr- rcgicrunp: „Die NcichSregienliig mögt 1) den von Seilen der Kanarienziichtervereiiie ausgehenden Petitionen, beten Zweck es ist, den Handel mit einheimischen Bögeln und das Halten solcher zu vcrbieteii, nicht stattgeben und event, einem dasselbe Ziel verfolgenden Beschluß des Reichs - tages die Zustiiiiinung versagen; 2) baldigst eine Revision deS VogesschutzgesetzeS voiiichiiien, um den Maffenfang der geschützten Bögel zu verbieten, sowie den Handel mit todten Bögeln zu Speifezwecken und ben mit Bogelbälgen zu Modezwecken; 3) den Handel mit lebenden Bögeln, sowie da» Halten solcher in feinet Weise beschränken : 4} Geldmittel für praktischen Vogelschutz (Schaffung künstlicher Niststätien, Sttichtung von Bogclfchutzgehölzeu u. bergt.) bewilligen." Die Kritik an den Leistungen deS ostafiaii» scheu PxpcditionskoipS, welche wir gestern bereit» auszugsweise mittheiiten, setzt ber Korrespondent der „Franks. Zig." fort und behandelt neuerdings ben Sanitätsdienst. »Man behauptet in militärischen Kreisen, daß eS unserem Sanitätskorps bei feinet Ankunft in Chino am nothwendigsten Material gefehlt Hobe, iuib daß ganz traurige Verhältnisse emgeketen sein Würben, wenn man wirklich in Folge von Schlachten viele Verwundete gehabt haben würde. So soll bei dem Angriff auf die Peitanfforls nichts zur Stelle gewesen sein, was ben sanitären Anforderungen eine» ernsteren Gefechtes einigermaßen entsprochen hätte Ein Stabsarzt soll beispielsweise während de» Gesechte» er - klärt hoben, daß Mangel an Material ihm nicht gestatte, einen Mann zu verbinden, bet nicht zu seinem Truppen- rührenden Verehrung nicht nur vor dem Klavierhcros, sondern iveit mehr noch vor dem Kompouijtcii kniete, wuchs die Theilnahme, die er diesem bescheidenen jungen Manne entgegenbrachte, zu einer ernsten väterlichen Zuneigung heran, die ihre Nahrung aus der Hoffnung sog, in ihm sich einen verständintzvollen Dolmeifch feiner großen unverstandenen Werke, einen treuen Bewahrer seines geistigen Erbes hcranziehcn zu können. Sv entwickelte sich denn in diesen frucht - baren Morgenstunden aus dem Bayreuther Orga« niftensohn ein echter Lisztdirigent. Und noch eine andere höchst werthvolle Eigenschaft entdeckte der Meister bald genug an feinem Schüler: seinen zornmüchigen Eifer gegen die zudringlichen Schmarotzer, den blos neugierigen Pobei, der sich überall an den berühmten Mann hcrmizudrängen suchte. Als Abschreckungsmittel, al» unerbittlich strenger Thürhüter und, wenn'» sein mußte, gar als hinanswcrfendcr Hausknecht war Niemand besser zu gebrauchen als Florian Mayr. Liszt war bei seiner übergroßen Guiniüthigkcit einigermaßen energischen Angriffen gegenüber vollständig wehrlos. Ei ließ sich sogar die Freundschaft und Duzbrüderschaft von ein paar im Grunde herzlich unbedeutenden Menschen aufdrängen, die ihm irgendwann einmal gute Dienste geleistet halten und nun auS seiner Dankbarkeit Kapital schlugen. Da erwies sich denn Florian als ein wahres Juwel. Er kannte keine Rücksicht, weder auf das schönere Geschlecht, noch auf Namen und Rang unb er führte mit wahrer Wonne die unangenehmsten Aufträge ou8 und ließ sich weder durch Schmeicheleien, noch durch böse Blicke und scharfe Worte zur Nachsicht bewegen gegen Leute, von denen der Meister verschont zu bleiben wünschte. Es konnte natürlich nicht auS- bleiben, daß er als neuester Günstling bald in ganz Weimar bekannt war und daß er in Folge dessen fast ebenso viele Neider al» Kollegen hatte. Trotzdem hütete man sich, t» mit ihm zu verderben, beim wenn er rachsüchtig war, konnte er Einem vielleicht übel schaden. Do zog man e» denn vor, ihm in o Gesicht zu schmeicheln und sich hinter seinem Rücken über — ihn luftig zu machen, und wer ein Anliegen an den Meister hatte, unterließ c» selten, tzerrn Mayr um gütige Befürwortung anzugehen. Aber er wies alle solche Zumiithungen, selbst Wenn sie harmloser Natur Ivarcn, schroft von sich, und ließ sich nicht einmal durch die vcrführerifchen Blicke schöner Damen be - stechen. Das einzige weiblickze Wesen, zu dessen Gunsten er gleich Anfangs ein gutes Wort einlegte, da» war seine Hnusgeiwfsin, jene Helena Mikulska, mit der er trotz freundlichsten Entgegenkommens von seiner Seite immer noch nicht besser stand, als am ersten Tage. So oft er sie auch schon angeredet, nie hatte er eine andere Antwort bekommen als immer dasselbe blitzdumme: „grau Mutter erlaubt nicht". Ein oder zwei Mal war ihm auch die Frau Mutter selbst im Hausgang begegnet: aber die war noch schlimmer als die Tochter: die starrte ihn mit so einem eia setzten Ausdruck an, als ob er die Börse oder das Leben von ihr gefordert hätte, und lief alsbald in lächerlicher Host davon. Er erfuhr von der Wirthin, daß diese sonderbare Dame fast gar kein Deutsch verstehe und außerdem eine wahrhaft kindische Angst vor Dieben, Mördern und Gespenstern habe. UebrigenS war die Frau noch sehr jung, noch Anfang der Dreißiger, aber ihre hülslose Verlassenheit unb die bleiche Noth grinsten ihr aus den tiefliegenden Augen und färbten die welken Wangen mit ihrer kalkigen Leibfarbe. ES half nichts, daß Florian sich immer wieder einen Narren schalt und bie „damischen Weibsbilder" zum Teufel wünschte; ihr jammervolle» Elend drängte sich seinem mitleidigen Heizen tagtäglich aus und ließ ihm keine Ruhe. Und darum machte er eine» TageS feinen Meister auf den fabelhaften Fleiß und da» bedeutende Können de- Mädchen» aufmerksam und erbat für sie die Erlaubniß, einmal vorzuspielen, damit sie, mit der gewichtigen Einpsehlung Franz LisztS versehen, sich irgendwo ihr Brot suchen lönne. Der Meister bat ihn. ihm do» Mädchen doch gleich am nächsten Morgen zuzuführen, und versprach, sein Möglichste» für sie »u thun. cll»rtt.,u», folgt)