Hamburger Echo. Sonnabend, oen 22. Jnni 1901 Anzeigen ivtrbtn 6it >cch«gcjpal>enc l^rtityilt oder deren Kaum mit 30 für den Aivrittiinarkt, PermiethungS- und ^amilienanzeigcu mit 30 4 berechnet. Anzeigen Annahme in der Expedition (bis 6 lU;r Abend-), in den giliakn, somit in sämmtlichen Annoncen-Bureau» Redaktion und Expedition: Aehlandstrastc 11 in Hamburg. Da? „Hambiiigci Echo" erichemt täglid), anher Montag». Der Abonnementsprei« (mH. „Die Reue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. de« Poft, katnlog? 3193) ohne Bringegeld vierteljährlich JH 3,60; durch die Kolportöre Woche,ill. 30 4 frei in'e Han» ©iiurlnt Ninniuer 5 4 Sonntag».Nninn,er mit ifluftr. Sonnlag».Beilage „Die Nene Welt" 10 4- Beranlivortlicher Skedaktor: Gustav Wabcrskh in Hamburg. /tli iiIflit ♦ Süd St. Pauli bei Carl Lementzow, Kastanienallee 25, L l. Nord Tt. Pauli, Eimsbüttel, Laugeuselde, bei Carl Dreyer, Margarethenstr. 48, Eimsbüttel. Hoheluft, Eppendorf, Eroh-Borstel und £ lllUllU. Wiutcrhudebei Ernst Großkopf, Lehmmeg 51, Eppendorf. Barmbek, Uhlenhorst bei Theodor Petereit, Heitmannstr. 12, Barmbek. St. Eeorg, Hohenfelde, Borgfelde, Hamm, Horu und Schtffbck bei Carl Ortel, Baustr. 26, Borgfelde. Hammerbrook, Nothenbnrgsort, Billwärder und Veddel bei Rud. Fuhrmann, Schwabenstr. 33, Hammerbrook. Eilbek, Wandsbek und Hiuschcnfclde bei Franz Krüger, Sternstr. 36, Wandsbek. Altona bei Friedrich Ludwig, Bürgerstr. 118, Altona. Ottensen, Bahrenfeld bei Johannes Heine, Erdmannstr. 14, Ottensen. Flottbek, Othmarschcn-Blankeuese bei Max Meisner, Gr.-Flottbek. Hierzu eine Beilage. Der Strom. Die nationalliberale Presse fährt fort, in den Wonnen zn schwelgen, welche die Biilow-Rede znr Enthiillnng des Berliner Bismarck-Tenknials ihr be - reitet hat. Die Stellen darin, die ans allerlei Flecken im Bilde des Nationalheros hinlviesen und deutlich zu verstehen gaben, daß dessen Politik manchmal eine verfehlte geivescn, machen ihr keinen Kummer. In gewohnter Manier, das Unbequeme hinweg zu räsonniren, werden dieselben nmgedeutelt, um zu dem Fazit zn gelangen: der gegenwärtige Reichskanzler habe sich „voll nnd ganz" mit allem Nachdruck zum Bismarck'schcn Geiste bekannt. Lassen wir den Kindern ihre Freude. Die Agrarier sind hierin gescheidter und machen sich nicht selber ein X für ein U vor. Namentlich die Rösicke und Diederich Hahn haben ans einer biindlerischen Versammlung in Halle sehr scharf gegen die Antibismarckitis Bülows Stellung genommen. Der Letztere schloß mit der Tirade: „Wie es in der Kunst eine Goethe'sche Tradition, eine Luther'sche für das evangelische Christenthum giebt, so steht auch in der Politik eine Bismarck'sche Tradition da, die wir uns durch Niemand nehmen lassen." Thatsächlich ließ die Rede erkennen, daß an der Stelle, um derentwillen sich der geschmeidige Redner auch des Ausdrucks „Wilhelm der Große" bediente, der Groll über die Kanalrebellen noch nicht verdampft ist. Hierauf zielte offenbar auch der Satz: „Was uns sein (Bismarcks) Wirken zeigt, ist, daß ein Mensch ein Schiff lenken kann, das im Strome fährt, nicht aber den Strom selbst." Damit wollte er zweifellos sagen, daß der Strom der industriellen Entwicklung sich von den Agrariern nicht anfhalten und rückwärts stauen läßt, und daß er selber es nicht könnte, auch wenn er wollte. Hat Bülow dabei vielleicht auch an seine China - politik gedacht nnd wollte damit entschuldigen, daß das ostasiatische Abenteuer so kläglich verknallt ist? Oder hat ihm dabei auch die sozialdemo - kratische Bewegung vorgeschwebt, bereit Strom der Nationalheros mit allen feilten Gewaltmitteln nicht anfhalten konnte? Und lag darin eine Absage an die Umstnrzgesetzmacherei der Scharfmacher? Wir möchten das keineswegs behaupten. Es ist ja nicht selten, daß Staatsmänner sich zu einem vernünftigen Prinzip bekennen, soweit es für ihre Politik spricht, es aber wieder ignoriren, wenn es nicht in ihren Kram paßt. Den Strom der Arbeiterbewegung rückwärts zu treiben, hat Bülow bis jetzt nicht versucht; er hat ober auch noch nichts gethan, das Staats - schiff der Richtung dieses Stromes gemäß zu lenken, d. h. eine gesunde Arbeiterpolitik zu fördern. Er ließ es auf den Strom treiben, überläßt den Arbeiterschiitz seinen Staatssekretären und dem Kamps der Parteien. . Insoweit scheint er allerdings der Schüler Bis - marcks zn sein, daß ihm die Arb eit ermassen eine quantite negligeable sind und nur die Interessen der besitzenden Klassen, des mobilen und immobilen Kapitals nnd deren Gegensätze für seine Politik in Betracht kommen. Im Interesse der besitzenden Klasse treibt er „Weltpolitik", im Interesse des industriellen und Handelskapitals tritt er für den Mittellandkanal ein und be - kämpft er die extremen Zollforderiingeu der Agrarier, will ihnen aber eine „mäßige" Er- h ö h n n g der landwirthschaftlichen Jolle zngestehen, was er eine „Politik der Diagonale" nennt, der Durchschnittslinie zwischen den beiden divergirenden Linien des beweglichen und unbeweglichen Besitzes. Läge» ihm die Interessen der Arbeiter - schaft ebenso sehr am Herzen, so mußte er jede Erhöhung der Zölle verwerfen, da schon der bestehende Zollsatz von der Diagonale tu agrarischer Richtung stark genug abweicht, d. h. die arbeitende Klasse ungerecht belastet. Der Strom der geschichtlichen Entwicklung hat unverkemtbar die Tendenz, die unteren, ver - nachlässigten und zurückgesetzten Schichten, die menschlichen Lastthiere der besitzendeii Klassen, Derer, die sich mit dem Staat identisiziren nnd deren Interesse für die Klassenstaatsmäimer richtung - gebend ist, mehr und mehr emporzuheben und Jenen sozial wie politisch gleichzustellen, je ergiebiger mit der Entwicklung der Produktivkräfte die Produktion wird. In einer an JleberfUiffen reichen Gesellschaft fällt jeder vernünftige Grund, daß die Atassen darben, fort. In einer über die mannigfaltigsten »lechanischen Arbeitskräfte gebietenden Gesellschaft fällt jeder vernünftige Grlmd, die Massen mit harter Arbeit übermäßig zu belasteii, fort. Die herrschenden Klassen und ihre ^Staatsmänner gaben aber für den Strom der Entwicklung mir Angeii, soweit er die eigene Wohlfahrt erhöht. Sie streichen die üppigen Güter, die er ihnen zu- schwemmt, behaglich ein, und dcllken nicht daran, die unteren Schicksten daran partizipiren zu lassen. Diese aber sind nicht gewillt, noch ferner am Katzen- tischchcn zn sitzen und mit den Knochen fiirlieb zu nehmen, die von reich bestellten Tafeln der Besitzeiideu absallen nnd sich lueiter unmäßig abznrackern, ohne daß ein gesellschaftliches Bedürfniß dafür vorhanden. Je mehr der Strom der Entwicklnng in seinem Fortgang au Breite und Tiefe zunimmt, desto mächtiger wird er von sozialem Gähren geschwellt, das seinen Lauf von der Klassengesellschaft ablenkt zum sozialistischen Gestade, dahin, wo Arbeit und Genuß unter allen Gesellschaftsgliederu gerecht, vernünftig vertheilt sind. Das Staatsschiff in dieser Richtnug zu steuern, die Flagge einer gesunden Arbeiterpolitik zu hissen, wäre die Aufgabe weiser Staatsmänner. Aber wo sind diese? — Von der Weltbühne. Zur Hanscateurcde dcs Kaisers haben nun auch agrarische Organe endlich Worte gefunden. Die „Krcuzzlg." wendet sich formell gegen eine Auslassung der „Boff. Ztg.", welche im bekannten Freisinnigen- Optimismus aus der Kaiserrede' die Hoffnung schöpfen zu können glaubt, daß „die agrarischen Bestre - bungen in der Handelspolitik auf entschiedenen Widerstand bei dem Herrscher stoßen werden". Darauf antwortet das Junkerorgan: „Dem gegen - über können wir nur wiederholen, daß die Bestrebungen, der Landwirthschaft einen gesicherten Zollschutz zu ver - schaffen, mit Feindschaft gegen den Handel nichts zu thun haben. Auch wir erlernten vor - behaltlos an, daß der Handel ein wichtiger Faktor in unserem Erwerbsleben ist. Nur wünschen wir nicht, daß er als der einzig maßgebende Faktor betrachtet werde, dem sich alle übrigen Inter - essen unterznorduen haben und der berechtigt ist, seine Förderung mit dem Ruin der heimischen Landwirih- schaft zu erkaufen. Wir wünschen auch Ieine3oll = kriege herbei. Aber allerdings lassen wir uns durch ' die Drohung mit einem solchen nicht abschrecken, mit Entschiedenheit für die Wahrung der heimischen Pro - duktion einzutreten. Auf wirthschaftlichem Gebiete geht es in dieser Bezichung ähnlich wie auf politischem. Wer bei jedem Säbelrasseln des feindlichen Nachbarn klein beigiebt, verliert seine nationale Ehre und vermag schließlich, wenn der Gegner den richtigen Zeitpunkt zu seiner Vernichtung für gekommen erachtet, den Krieg doch nicht zu vermeiden. Alan braucht die hierin liegende Lehre nur auf das wirthschaftliche Gebiet zu übertragen und man wird unschwer erkennen, daß eine Wirthschafls- politik, die aus Furcht vor der Drohung mit einem Zoll - kriege die Interessen der heimischen Produktion preis- giebt, die verhängnißvollsten Folgen haben muß. Aber auch in umgekehrter Richtung kann jener Vergleich durch - geführt werden. Wie auf poliiijchem Gebiete für einen starken Staat die Unempfindlichkeit gegen Kriegsdrohungen das beste Mittel ist, den Frieden z n e r h a l t e n, so wird auch auf wirth - schaftlichem Gebiete ein Großstaat nur, wenn er sich durch Drohungen mit einem Zollkriege nicht einfchüchtern läßt, auf einen dauernden, auf beut Grundsätze der Gleich- berechtignng berutzwoen wtrch,chaiuutz«u Friesen mit dem Auslande rechnen können. Die „Kreuzztg." löst also nicht den Widerspruch, der besteht zwischen der vom Kaiser proklamirten Politik des weiten Blicks und der Förderung des Handels und der von den Agrariern verlangten kleinlichen und eng - herzig-selbstsüchtigen Abschließungspolitik. Das Blatt geht dem Widerspruch einfach aus dem Wege, indem es ihut, als ob er nicht vorhanden wäre. Aehnlich macht es der konservative „Reichsbote. Er erklärt, auf konservativer Seite fei „immer nichts weiter als Parität zwischen Industrie und Landwirthschaft verlangt worden in der Ueberzeugung, daß es falsch ist, wenn man die Interessen der Landwirthschaft nur als Handelsobjekt benutzt,um der Industrie günstige Handelsverträge zu verschaffen." In dem einseitigen Sinne, wie es die liberale Preße auslege, als müsse alles Andere vor den Wasser-, Schifffahrts- und Handels-Jntereffen in den Hinlergriind treten, ihnen dienstbar sein und als würden wir in der Zukunft nur ein internationales Schifffahrts- und Haudelsvolk fein, dem es daim gleichgültig sein könne, was aus den Bauern, Handwerkern, Lehrem u. s. w., überhaupt aus den Interessen des Festlandes werden würde — habe der Kaiser sicherlich das Wort nicht gemeint. „„ „ , „ . Die Agrarier nach Parität zwischen Industrie und Landwirthschaft rufen zu hören, das klingt gar erbaulich. In Wirklichkeit sind der Landwirthschast, d. h. eigeuilich nur den Großagrariern, Vortheile über Vortheile in den Schooß geworfen worden; ihre Begehrlichkeit ist dadurch immer mehr gereizt worden und sie verlangen fortgesetzt neue Liebesgaben. Damit entfernen wir uns immer weiter von der Parität, d. h. von ber gleichen Behand - lung von Jnbustrie unb Lanbwirihschaft. "Der nationalliberale „Haniiov. Courier' neht m per Kaiserrebe ein „erlösendes Wort", das „um so will - kommener ist, als a m t l i ch e S t e l l e n, die uns nähere Auskunft zu geben berufen wären, sich hinsichtlich der Einzelheiten der zukünftigen Handelsvertragspolstik leider noch immer in „absolutes Stillschweige n" hüllen". Ter klerikalen „Köln. Lolkszta." ist es unbehaglich bei den Versuchen der liberalen Presse, die Rede für eine „entsprechende Handelspolitik" auszubeuten. Sie klagt: „Solche Ansbeuliingsversuche können nur neue Ver - stimmung in ber Lanbwirihschaft hervor - rufen. Im Bunbe ber Landwirthe wirb man bie Rebe ohnehin wohl schon mit Verdruß betrachte». Unseres Erachtens mit Unrecht. Hat boch ber Kaiser selbst bei dieser Gelegenheit Industrie unb Lanbwirihschaft nicht vergeßen, sonbern versichert, baftir sorgen zu wollen, daß auch auf sie die Strahlen der Sonne, an der wir unseren Platz errungen haben, be - fruchtend wirken könnte». Ta gebietet ihm fetbftoerftänb» lieh seine Pflicht, nicht blos de» Überseeische» Handel unb die Ausfuhrinduflrie iit'ö Auge zu saßen." Im Uebrigen meint das Zentrumsblatt, daß der Kaiser das chinesische Hnt ernennen offenbar mit einem von dem größten Theile des deutsche» Volkes nicht getheilten Opti- mismus betrachtet. „ , m m „ Das Berliner Krupp-Organ, die „Berl. 91. Nacht. , bie natürlich an die henlichen Panzerplattenprofite ihres Protektors benken, versuchen bie Rede für bie Flotten- Vermehrung »ach Kräften auSzttbeuten. Sie er« Hären- Was ferner bie kaiserliche Wendung anbelangt, daß wir n o ch k e i n e F l o t t e hab e n, w i e sie fei n sollte so genügt ein Blick auf das Flotteiigesetz unb auf den heutigen Schiffsbestanb, um diese Acußerling vollkommeii gerechtfertigt erscheinen zu lassen, ganz ab - gesehen davon, daß die A u s I a n d f l o 11 e auch m der gesetzlichen Festlegung bis jetzt noch stark tui Rückstände ist. Diese Lücke wir!' allerdings schnell auS- gefüllt werde» ntüifcn, denn wir werden nicht immer daran denken können, eine Linieiischiffsdivision ober mehr unter Zerreißung der heimathlichen Geschwader- Oerbäiibe und unter Gefährdung ihrer Aufgaben auf Jahres - frist oder länger in der Heimaih zu entbehren ES handelt sich nicht um „neue Forderungen trotz schlechter Finanz- und Geschäftslage", sondern nm Erfüllung der allen." Zutreffend bemerkt die „Franks. Ztg." zu der Rede: „Die Konsequenz einer solchen Anschauung müßte ganz selbstverständlich eine Wirthschaftspolitik fein, die diesen Zielen dienstbar ist, und demgemäß auch eine Handelspolitik, die es ermöglicht, „neue Absatzgebiete" zu schaffen und die unser Verhältniß zu unseren fremden Abnehmern immer freundlicher gestaltet, bie also ben Verkehr, auf ben ber Kaiser so großen Werth legt, erleichtert. Denn Ziel und Zweck aller Weltpolitik muß wirthschaftlicher Natur sein — Welt - politik ohne wirthschaftliche» Untergrund ist kostspieliger und gefährlicher Unsinn. Diese selbstverständ - liche Folgerung einer Erleichterung des inter - nationalen Verkehrs wird aber nicht gezogen, es klafft hier vielmehr der grelle Widerspruch auf, ber; Misere Politik feit Wilhelm II. beherrscht. Auf ber einen Seite bie lockenbe See — ans bet anbereit bie Agrarier. Auf ber einen Seite die.Edelsten" und „Besten" ber Nation, der „Epheu", der sich um die Krone rankt, ans der anderen Seite — die Hanseaten ! Der Drang in die Weite und die Angst vor dem fremden Wettbewerb, bie Flottenvergrößeruiig unb bie Grenzabsperrnng — kurz, die neuen Absatzgebiete aus ber Grundlage des Doppeltarises, des „wesentlich" erhöhten Getreide- zolles unb allerhand weiterer Versprechungen an bie Agrarier. Daraus läßt sich keine Harmonie gestalten unb so kann man auch keine großen Ziele erreichen. Auch auf Blüthenträume, bie von biefer Kaiserrede aus - gehen sollten, müßte sich ber Mehlthau ber Kritik legen. Man soll eine Umkehr in unserer Handels - politik nicht von schönen Reden und freundlichen Worten erwarten. Sie muß durch Kampf erzwungen werden und die Arena dieses Kampfes ist das Wahllokal unb der Parlamentssaal!' Die einziae Gefahr für die Eriieuerimg der Handelsverträge soll »ach ber konservativen „Schief. Ztg." in ber Agitation gegen bie Erhöhung ber landwirthschaftlichen Zölle liegen. Alle in Bettacht kommenden Fakwren — die Mehrzahl ber Bunbesregierungen, bie Reich-tagsmehrheit unb ber Reichs - kanzler — meint bas Blatt, seien barübet einig, baß bei bet Erneuerung bet Hanbelsvetttäge eine angemessene Erhöhung bet Zollsätze für lanbwirthschaftliche Er - zeugnisse unerläßlich sei: wer sich also gegen biefe Vor- bebingung stemme, erschwere das Zustanbekommen neuer Hanbelsvetttäge. Das ist ein Versuch, die thatsächlichen Verhältnisse grabezu auf ben Kopf zu stellen. Je höher bie Getteibe- ,solle geschraubt werben, beste geringer werben bie Aus - sichten, neue Hanbelsvetttäge zu Stanbe zu bringen. Aber bas ist die beliebte Methode der Agrarier. Sie sind immer die Unschuldige», wenn man sie selbst hört, obwohl es keine größeren Störenfriede giebt als sie selbst. Gegen die Erhöhung der Getrcidezölle hat sich ber Setbanb Thüringer Ortskranken - kassen, bein über 114 000 Mitglieber angehören, ans bem Berbanbstag in Ilmenau ausgesprochen, lieber bie von ihm angenommene Resolution wirb mitgetbeilt: Es wirb barin hervorgehoben, baß bie Krankenkaßen ^urch eine Gerreioezollerrwyiing o-i-vuoigr »u ui Fol - der verlheuerten SebenSmitiel bie Ernährung ber Versicherten eine schlechtere werde, ^was wiederum vermehrte Erkrankungen zur Folge haben würde. Die Petition soll auch dem Zenttal- vetbandstag in Stuttgart übergeben werden. Die GewerbegerichtSnovclle ist abermals Gegen - stand scharfer Angriffe seitens der Scharfmacherorgane, nachdem dieser Tage verlautbarte, daß sie Aussicht auf Annahme im Bnndesrath habe. Die „Berl. N. 91achr." veröffentlichen die schon früher erwähnte Eingabe des Zentralverbaiibes deutscher Industrieller gegen den Gesetzentwurf im vollen umfangreichen Won- inhalt und knüpfen selbst noch eine lange Schimpfepistel daran. In der Eingabe heißt es u. 81.: „Schon bisher haben bie Gewetbegerichie burch Vermehrung berWahlen bie sozialbemo- f r a t i f dj e Agitation gestärkt. Sollten solche Gerichte jetzt auch für ländliche Gemeinden von mehr als 20 000 Einwohnern errichtet werden müssen, so würde diese Agitation planmäßig »ach zahlreichen ländlichen ©emeinben des Reiches getragen werben, was sicherlich nicht im Interesse bet staatliche» Lrbiiung liegt. „Die Beschlüße bes Reichstages si»b ferner geeignet, bie Gernerdegerichte völlig an bie Sozial- bemofratie aus»»liefern unb sie z» einem ausschließlichen Organ ber Klassenjustiz zu machen." Tie Scharfmacher haben sonst nichts gegen bie wirk - liche Klassenjustiz einzuwenden, wen» sie ihre Ausgabe barin sieht, bie Arbeiter burch kniffliche Gesetzesauslegung an ber Ausübung ihrer Rechte zu Hinbern ober sie burch brakonische Strafen bavon abzuschrecken. Dafür aber benunzire» sie es als „Klassenjustiz", wenn eine gleich - mäßigere Vertheilinig des Einflußes auf die Gewerbe- gerichte herbeigeführt wird. Dic „schwersten Bedenken" haben die Herre» vom Scharimacherverband gegen die neuen Bestimmungen über das E i n i g u n g s a m t. Mit einem großen Wortschwall wird bie Thatsache zu umschreiben versucht, baß die Großiubusttiellcu sich bem EinigiingSamt nicht unterwerfen wollen. Es wirb sogar behauptet, daß diese Ausdehnung der Eiuigimgsanttsihätigkeit vom Reichs - tag nicht beabsichtigt gewesen sei. Aus ben Berhanblungen in ber Kommission unb im Plenum gehe hervor, baß sie unbewußt geschehen sei. Diese Aus- behnung sei eine „Vergewaltigung der Verttagssreiheit" unb jo flehen bie Herren ben Buudesrath an, doch um Gottes willen bas gefährliche Gesetz nicht anzuuehmen. Roch berber, als es sich für eine Eingabe an ben Biuibesralh schickt, schimpfen die „Berl. N. Nachr." in einem Leitartikel gegen das „grundstürzende Gesetz", das im Reichstage hastig „durchgepeiffcht" fei. Es ist auch etwas wahrhaft Schreckliches, was den Scharfmachern droht: „Der gesetzgeberische Uebereifer, der daraus ausgeht, ben Einfluß ber Hanbarbeiter auf bte Gestaltung unserer wirthschaftspoliti- sche» Verhältnisse zu steigern unb benjenigen von Intelligenz unb Kapital entspreche»!) z u - rückzud rängen, sieht in solche» Gesetzen ein Mittel zu feinen Zwecken. Ta von feinen Trägern nur ganz verschwinbenb wenige die thatsächlichen Verhältniße beS Fabrikbetriebes und seiner soziale» Begleiterscheiimngeii kennen, so neigen sie sammt unb sonders zu einer Ueber» schätzung der Wirkung solcher Gesetze. Man glaubte ehedem, durch Einschränkung der Vefugniß des Unter - nehmers, bei Verfehlungen feiner Arbeiter Geldstrafen zu verhängen, die Arbeiter besser zu stellen Tie Praxis hat das als Irrthum erwiesen. Wo früher eine Der« hältnißmäßig hohe Geldstrafe auferlegt wurde, wird heute der Arbeiter bereits entlaßen, was besonders verheiralhele Leute schwer trifft und in Zeiten niedergehender Kon - junktur oft bis zur völligen Säuberung der Betriebe von widerspenstigen Elementen führt. Aebiiliches gilt von dem neuen Gesetz über das GewerbegerrchtSwesen Durch die Nachlässigkeit des Reichstages ist eine von diesem selbst ganz ungewollte Bestimmung in das Gesetz gekommen. Früher gehörte zum Einschreitm des EinigungSamteS die Zustimmung beider streitenden Parteien, und in Folge dessen tonnten die Anläße dazu so bestimmt werden, daß sie durch „Stteitigkeiten über die Arbeitsbedingungen bei Fortsetzung ober Wieberauf- nahme bes Arbeitsverhällniffes" gebildet wurden. Die sonstigen Bestimmungen schloffm jede Anwendung auf andere Fälle "als Ausstände und Aussperrungen aus. Seit das Einigungsamt nach dem ReichstagSbeschluß auch auf Anregung einer Partei entscheiden sann, wird es bei jedem Streite über die Arbeitsbedingungen zu - ständig, auch wenn ber unzufriedene Arbeiter noch in dem betreffenden Betriebe in Arbeit steht unb auch wenn er von seinem Arbeitgeber unter Streit über bie Arbeits - bedingungen bereits entlassen worben ist. In dem einen Falle handelt es sich um bie Fortsetzung, in dem anderen um die Wiederaufnahme des ArbeitsoerhälinisieS. Daß eine solche willkürliche und praktisch unbe- grenzte Einmischung eines Einignngs- a m t e S in bie inneren Verhältniße eines Betriebes bem Unternehmerthnm nicht erwünscht jein sann, liegt auf ber Haub. Die Frage ist nur: nutzt sie ben Arbeitern etwas? Die «ozialpolitiker ber Stubirftube erwarten bas. Ader nichts kann falscher sein. Was dem EinigungSamte das Einschreitungsrecht giebt, ist das Moment bes „StteiteS über die Arbeitsbedingungen". Wenn es dem Unternehmer gelingt, diesen zu vermeiden, so bleibt er von dem Gesetze ungeschoren. 3 u m „Streiten" gehöre» stets Zwei. Greift ein Arbeiter ober eine Gruppe von Arbeitern künftig einen solchen Streitpunkt auf, bann bleibt bem Unter - nehmer nur der Ausweg, sie kurzer Hand ohne Angabe eines Gmiides unb ohne auf ihre Beschwerben auch nur zu antworten, zu entlassen. Anbers kann er sich vor ber Einmischung beS Einigungs - amtes in seine Angelegenheit nicht schütze». Tas Gesetz geht barauf aus, eine Zwangsverhanblung zu schaffe», indem es einen Erscheinungszwang vor bem EiingungS- amt einführt. Was es aber in Wirklichkeit thut, bas ist eine Beseitigung auch berjenigen privaten Aussprache zwischen Unternehmer unb Arbeiter über bie Arbeitsbebingungen, die es bisher gab unb bie allenthalben bie Regel war. Rian hat bei bem Gesetze eben vergessen, daß ber Unternehmer hinsichtlich der staatlichen Eimuischung in seine Privatangelegenheiten gleiches Recht mit den anderen Staatsbürgern ver - langt und sich nicht ohne Weiteres durch Gesetze chikaniren läßt. Einst erließ man Aus - nahmegesetze gegen die Sozialdemokratie. Heute find wir soweit gekommen, daß mau b a 6 Unternehmer» thum unter Ausnahmegesetze stellt, bem Dentschlanb an erster Stelle seinen industriellen Auf - schwung verdankt. So geht's im Wandel der Zeiten". Ja, wir sind wirklich erschrecklich weit gekommen. Die Willkür ber Unternehmer soll nur ein klein wenig eingebämmt werben; flugs kommeir sie nnd schreien über Ausnahmegesetze, welche bie Regierung — man bente 1 — gegen dieselben Leute ansheckt, bie ihnen * 12 000 zur Agitation für die Zucht - hausvorlage vorgestreckt haben. So etwas ist wirklich unerhört unb wir begreifen die Aufregung ber Scharfmacher. Daß übrigens für ju ou .iLeiatzr^vestrhi, ore Gewerbegerlchisnovelle könne Gesetz werden, scheint 11116 aus der Thatsache hervorzugehen, daß die „Köln. Ztg." sich bemüht, den Unternehmern das Gesetz mundgerecht zu machen. Sie schreibt: „Es wird Uldeß angenommen, daß auch der Bundesrath binnen Kurzem bem Gesetzentwurf feine Zustimmung ertheilen wird. Der Entwurf enthält vor Allem bie große Verbesserung, baß er ben Reichskanzler ermächtigt, nicht nur ben Text bes Gewerbegerichtsgesetzes aus Grunb ber beschloßenen Aenderungen auf'S Neue besannt zu machen, sonbern vor Allem auch, in biejem neue» Texte be» Verweisungen ans bie Vorschriften ber Zivilprozeßorbnimg unb ber Gewerbeordnung diese Gesetze in ihrer gegenwärtigen Fassung zu Grunde zu legen. Dieser Fortschritt wird von allen an den Gewerbegerichten Betheiliglen mit be - sonderer Genugthuung begrüßt werben, denn zur Zeit ist es kaum noch möglich, sich in dem geltenden Rechte rasch zurechtzufinden, schon weil die Zivilprozeßordnung eine ganz neue und von ber alten vielfach abweichende Nummerbezeichnung ber einzelnen Paragraphen erhalten Hal. Als nicht minder glücklich kann der Versuch an - gesehen werden, bei Wahlverfahren den Grundsatz ber Verhält ttißwahl einzuführen, unb damit auch der Minderheit bei den Wahlen zu ihrem Rechte zu verhelfen. Dieses Verhältnißtvahljystem ist allerdings nur als ein fakultatives beschloßen worden, und es wttd abzuwarten sein, wie weit eS sich in der Praxis ein» führen und bewähren wird. „Ein Theil ber Industriellen hat nun von den Neuerungen des Gesetzentwurfes besonders heftig die Bestiminnng angegriffen, wonach der Vorsitzende des Gemerbegerichtes, das als Einigungsamt in Thätigkeit tritt, bie Berechtigung erhält, zur Einleitung ber Ver- hanblnngeu unb in bereu Verlaufe an den Streitigkeiten beteiligte Personen vorzuladen und zu vernehnlen, nnd unter Umständen für ben Fall des Nichterscheinens eine Geldstrafe bis zu X. 100 anzubrohen. Jene Jnbustriellen Hallen biefe Bestimmung für einen schweren unb ver- häiignißvollen Eingriff in die Freiheit des Slrbeiis- verttages, während für die große Mehrheit deS Reichs - tages bie Erwägung maßgebenb war, daß der Staat alle Ursache hat, eine Vermittlungs- insta 11 z zu schassen, um nach Möglichkeit den AnSbruch großer Ausstandsbewegungen zu verhindern, die nicht nur die zunächst davon betroffenen Arbeiter und Arbeitgeber und deren Familien, sondern vielfach die weitesten Kreise der Bevölkerung in Mitleidenschaft ziehen und nicht selten bem Aus lande zuui Nachtheile des Inlandes von größtem Nutzen werden können. Wenn von industrieller Seite darauf verwiesen wird, daß der hier ausgesprochene Erscheinungszwang deshalb so bedenklich fei, weil daraus weiter nicht nur ein Verhandluugszwang, sonder» auch ein Eüiignugszwang hervorgerufen werden könnte, so bietet unseres Erachtens ber Wortlaut bes Gesetzentwurfs zu dieser Befürchtung keinen Anhalt. Der Entwurf kennt thatsächlich nur den Er s ch e inungS zwang nicht aber einen Der - handln n gL- oder E i n t g u n g S zwang. Wenn ein Arbeitgeber wider seinen Willen gezwiingen wird, vor beut EinigungSamte zu erscheinen, so genügt eS für ihn, sachlich die an ihn gestellten Fragen des Vorlitzenden ju beantworten; im Uebrigen aber braucht er sich auf keine EinigungSverhandtungeii einzulassen; er kann vielmehr von vornherein erkläre», daß er nach Lage der Sache von einer Einigung zur Zeil keinerlei Nutzen ermatte unb eS für zweckmäßiger Halle, baß bie Arbeiter ihren Kamps burchsührtm. ES ist daher nicht e i n z u s e h e n, welcher Schaden ans einem solchen ErscheinungS- zwange hergeleitet werden kann." Hier wirb bie Sachlage in ber That richtig dar- gestellt. Daraus ergiebt sich aber auch, daß bas ganze Gezeter ber Scharfmacherbaiibe in bet Gesetzesnovelle keine Unterlage für ihre Berechtigung findet. In Wirk - lichkeit handelt eS sich bei bem Widerstande bet Scharf- machetkliquen auch nur um den Versuch, jede Besse - rung im Interesse der Arbeiter zu Verbindern und sich bie Gelegenheit zu Machtproben zu erhalten. Zur Riichstagöersatzwahl in Duisburg wird als Kandidat der Nationalliberalen und Konservativen der Landtagsabgeordnete für den - selben Wahlkreis, Dr. Beumer, ausgestellt. Beumer ist Generalsekretär des Vereins zur Wahning der ge« meinsamen witlhschajisicheii Interessen in Rheinland- Westfalen und der nordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Slahlindusttieller und einer der ausgeprägtesten Scharfmacher, bie eS giebt. Interessant ist das Verhalten der Antisemiten. Sie wollen in Duisburg nach bem „Deutsch. Blatt" auf die Aufstellung eines eigenen Kaiibibaien verzichten. Sie wollen für ben National- liberalen stimmen, wenn eine frühere Abmachung, wonach sie ein Landtags Mandat zugejagt erhalten habe», aufrecht erhalten bleibt. Sonst denken sie für de» christlich-sozialen Kandidaten einzutreten. Also für ein LandtagSmandat verschachern die Antisemiten ihre Stimmen an die Natioualliberaleir. Bekommen sie den Kaufpreis nicht, so stimmen sie für den Christlich-Sozialen. Eine saubere Art von Politik! Die RcchtichreibungSkonfercnz, die am Mitt - woch Abend nach dreitägiger Dauer beendet wurde, soll nach der „Nalionalztg." einen „befriedigenden Verlauf" genommen haben Das genannte Blatt weiß darüber zu berichte»: „Der Karakt er dieser Konferenz ist viel - fach verkannt worden. Es handelte sich nicht um eint amtliche Reichsangelegenheit, sondern um eine freie Verständigung der deutschen Bimdesregieruiigen, zu der bekanntlich mich Oesterreich einen Vertreter entsandt halte. Daß es sich auch nicht um eine wissenschaftliche Konferenz zur weiteren Ausbildung der dmtschen Rechtschreibung handeln konnte, ging schon aus der mitgetheilten Theil« »ehmerliste hervor. Vielmehr hatte die Konferenz bie praktische Ausgabe, bie Herstellung einer Einheitlich - keit in bet beutschen Rechtschreibung anzubahneii, um einige anerkannte Uebelftänbe in betreiben zu beseitigen. Eine Gtnnblage hierfür war in ber sogenannten „Putt- kamer'fchen Orthographie" bereits borhanben, bie in ben meisten deutschen Bundesstaaten als Schnlorihographie ein» geführt ist; cs kam darauf an, die wenigen noch besttheichen Differenzvunkte zwischen den einzelnen Ländern der dentschen Sprache zu beseitigen. Dies ist, wie wir hören, für bie Konferenz gelungen. Daneben sind noch einige strittige Fragen ber Rechtschreibung, bie schon lange zur Diskussion stauben unb einer balbigcn Losung dringend bedürftig waren, erörtert worben. So ist z. B eine Verstänbigimg barüber herbeigeführt worben, daß die Anwendung des DehnungS-h sowie der Doppelbnchstaben erheblich eingeschränkt roerben soll. Beträchtlich sind diese Aenberuugen kaum zu nennen, so baß für ben beutschen Buchhandel feine Nothwendigkeit vorliegen würde, die Schulbücher ic. plötzlich zu ändern. Haupt - gewicht wurde immer darauf gelegt, eine einheitliche Orthographie herzustelleii, die nicht nur für bie Schule, sondern auch für die öffentliche Verkehrs- und Amts - sprache Geltung erlangen unb auch in unserer Literatur Eingang finden soll. Die Konferenz trug selbstverständ - lich nur einen vorberathenden Karakt er, boch ist nach ber hier erzielten alluiimen Verständigung mit Sicherheit zu erwarte», daß die Regierungen ber deutschen Bundes - staaten und Oesterreichs die angenommenen Vorschläge billigen und auSführe» werde». Wie die Literatur, die Presse, das Publikum sich dazu stellm wird, ist natürlich eine andere Frage." Tic Wirkung des „BermögeusauSglcichs", der durch das neue Invalide nverficherungs- gesetz vom 13. Juli 1899 zwischen den einzelnen 11 er« fichernngsanstalten der Provinzen und Mttetstaalen herbeigeführt ist, zeigt jetzt klar und deutlich, daß nur bie agrarischen Provinzen davon Vortheil haben. Es wurde zu dem Zweck auS 40 pZt der Beitrags - einnahmen aller Versichernngsträger (in den letzteren gemeinsames „Gemeinvermögen" gebildet, von welchem bestimmte Theile ber Renten („Gemcinlast") zu tragen sind, während die übrigen Ausgaben, soweit sie nicht durch den Zuschuß des Reiches gedeckt werden, dem „Soiidervermögen" der einzelnen Versicherui'.gSträger zur Last fallen. I» Folge der anderweitigen Stenten« vertheilung, einerseits auf das Gemeinvermögen, anderer - seits auf das Sondervermögen der Anstalten, finden statt E ii 11 a st u n g e» u. A. für Ostpreußen um 50 pZt., Westpreußen um 40 pZt., Posen 36 pZi., Schlesien 22 pZt., Niederbaiern 44pZt., während andererseits Mehrbelastungen 'Eintreten u. A. für Berlin um 123 pZt., für die Hanse - städte nm 90 pZt., für Westfalen um 40 pZt., für die Rhein Provinz um 44 pZt., für das Königreich Sachsen um 31 pZt. Tie Hausagraricr sind überall vom selben Kaliber. Aus dem VerbandStagedersächfischenHaus- b e s i tz er v er ein e, der in Plauen im Vogtlande abgehalien wurde, theilte der Vorsitzende des Zentral- verbandes deutscher Haus- nnd Grnndbefitzervereine, Banmeister H a r i w i e g - Dresden, mit, daß dieser Ver - band an da» Reichsversicherungsamt daS Ersuchen ge - richtet habe, dieses möge die Landesversicheruiigsanstalten anweisen, Gesuche von Privatpersonen um Dar - lehen genau so günstig wie jene von Baugenossen» schäften zu behandeln. Geschehe das nicht, fügte Herr Hartwieg hinzu, so werde es Pflicht der Hausbesitzer sein, Jedermann im Deutschen Reiche abzu mahnen, Rrbeiterhäufer zu bauen. Ter sächsische Ver- banbStag nahm beim auch eine Erklärung an, die sich gegen die Bange nojsenschafteii und ihre etwaige Unterstützung aus öffentlichen Mitteln richtet. Tie Herre» Hausagrarier simulier» sich zwar den Teufel um das Bedürfniß nach Wohnungen; aber gleichwohl soll kein Anderer, ob Staat, ob Genossenschaft, sich der Sache aunehmen. Jene wollen eS eben ganz in ihrer Hand haben, die Miether nach Belieben schröpfen zu können. Zum (öumbiiuier Mordprozeß wird der „Voß. Ztg." auS Insterburg, dem Amtssitze des Gerichts- Herrn Generalleutnants v. Alten, geschrieben: Die Ver - handlung gegen Marten unb Genoßen wegen Ermordung des Rittmeisters v. Krosigk findet nach einer AuSkunfl- ertheilung an genau unterrichteter und maßgebender Seite in zweiter Instanz keinesfalls vor Anfang August statt Gcg nwärtig hat noch nicht einmal bet Wortlaut des Urtheils mit seiner Begründung den Angeklagten unb der Staatsanwaltschaft zugestellt werden können. Thatsächlich sind neue schwereVerdachts- gründe aufgetaucht, welche wenigstens _ nach - träglich die erneute Untersuchungshaft rechtfertigen können. Tie Vethanblnng vor dem OberkriegSaericht wird locber in Gumbinnen noch In Königsberg, sonbern ant Sitze des DivistonsgcrichtS, also in Insterburg, statt - finden. Die Vertheibigmig scheint von den neuen Verbachls- grünbeu bisher nichts zu wißen. Dic hübsche Üanal-Eriimcrung, bie biefer Tage die .Waßerstraßen-Nachrichieu" brachten, ist leider nicht richtig DaS Gesetz über den Dortmnnd-EmS-Kanal ist jdjon am 9. Juli 1886 publizirt worden, während der Reichstag, an den die Vorlage wegen Erhöhung der Getreidezölle gelangte, erst am 26. November 1887 ein« berufen wurde. Auch bat das Zentrum damals nicht für den Zollsatz ber Vorlage, sondern für einen geringeren Betrag gestimmt.