Rr. 302. 17. Jahrgang. Hamburger Echo DaS „Hamburger Echo" erscheint täglich, außer Montags. RbottnemkNtöprciS tinkl. „Die Reue Welt") beträgt: durch die Post bezogen (Nr. der Post- katalogs 3412) ohne Brlugtgeld Niertelj. M.3,60; durch die Kolporteure wächeutl. 304 frei luS HauS. Kinzclue Nunuuer 6 4- SountagS-Numnier mit illustr. Sonntagsbeilage „Die Ren« Welt" 10 4. Verantwortlicher Redakteur: Reinbold Stenzel in Hamburg. Dienstag, den 29. Dezember 1903. Anzeigen weiden die sechSg-jualtene Petiizeile oder deren Raum mit 30 4, für den Arbeit-markt, Brrmietniig». und ffamilienanzeigen mit 20 4 berechnet. Anzcigrn-Slttuabme in der »zpedition (bi# « Uhr Abend»), in den Filialen (bis 4 Uhr Nachmittags), sonne in sämtlichen Annvneen-Bureanr. Redaktion und tippedition: Feblandstraste I I in Hamburg 1. Eiid-St. Pauli bei Carl Lementzow, Davidstr. 3b. Nord-St. Pauli, Eintübiittcl, Langenfelde bei Carl Dreyer, Margarethenstr. 48, Limsbüttel. Hoheluft, Vppeudorf, Groh-Borstel und lylllllll II» Winterhude bei Ernst Großkopf, Lehnnveg 51, Eppendorf. Barmbeck, Ilhleuhorst bei Theodor Petereit, Bachstr. 18, Barmbeck. St. Georg, Hohenfelde, Bvrgfelde, Hamm, Horn und Schisfbeck bei Carl Ortel, Baustr. 26, Borgfelde. Hammerbrook, Rothenburgsort, Billwärdcr und Veddel bei Rud. Fuhrmann, Schwabenstr. 33, Hammerbrook. Eilbeck, Wandsbeck und Hinscheufelde bei Franz Krüger, Sternstr. 36, Wands deck. Altona bei Friedrich Ludwig, Vürgerstr. 118, Altona. Ottensen, Bahrenfeld bei Johannes Heine, Bahrenfelderstr. 140, Ottensen. liW. MWljskii! töfiilicl dkl liiimpffiiöfii Webn in ftiiiiiiiilfdjoii! Hierzu eine Beilage. Die Kosaken im Frack. Ob das finstere und drohende Kriegsgkw'ölk, das über Ostafien hängt, wieder sich zerstrenei'. ober ob es die Welt mit Blitz- und Dounerschlägen er - schüttern wird, darüber kann im Augenblick iiienmiib Gewißheit gewinnen. Aber soviel steht fest, daß nun dort eine ständige Kriegsgefahr besteht nnd deß früher ober später ein AuSbmch kommen wirb. Er wäre vielleicht schon da, wenn die russische Regierung mehr Truppen iiiib Schiffe in Ostasieu beisammen hätte, unb bie Gefahr ist doppelt groß, weil die Japaner gern losschlagen möchten, bevor sie c8 mit einer russischen Uebermacht zu tun habe». Die Situation hat sich rasch so zugespitzt, wie eL von alle» einsichtigen Leuten nach Beendigung des chiuesischen Feldzuges befürchtet wurde. Während im Haag die von der russischen Diplomatie arrangierte Friedenskomödie sich abspielte, wurden die russischen Streitkräfte in Asien vermehrt und bie Wirren in China wurde» vorbereitet, bei denen russische Agenten die Haub int Spiele hatten. Die Mächte vereinigten sich zu dem Fetbzug in China, das heißt sie nahmen Rußland die Mühe und die Kosten ab, wobei zu - gleich durch die Teilnahme am Feldzug ihre Eifer - sucht beschwichtigt wurde. Alsdann erfolgte die drohende Erklärung Rußlands, daß keine Macht chinesisches Gebiet au sich reißen dürfe; anderenfalls, war ganz deutlich gesagt, werde Rußland mit be - waffneter Macht einschreiten. Zugleich aber mmektirte Rußlnnd eine der besten ProvjnMi Chinas, nämlich die Mandschurei, und wie zuiu Hohne liest die russisch« Diplomatie die freche Erklärung verbreite», die chinesische Regierung habe die Mandschurei als Geschenk an Rußland abgegeben, wahrscheinlich zur Belohmmg für die uneigennützigen und edelmütigen Beiniihungen Rußlands nm China. Dazu wurde der weitere Hohn gefügt, Rußland werde die Mand - schurei wieder herausgeben, sobald die Zustände in China wieder geordnet seien. Es gab wohl in ganz Europa keinen Menschen mit gesunden Sinnen, der dies jemals geglaubt hätte; gewisse superkluge Diploniateu aber stellten sich, als glaubten sie daran. Die Besetzung der Mandschtirei mußte von Japan als eine Bedrohung aufgefaßt werden und so ist dort in Ostasieu bie Kriegsgefahr entstanden; es hat sich dort ein Wetterwinkel ge - bildet, der nunmehr die Welt in steter Beunruhigung Halle» wird. Selbst locttii der Krieg noch eine Zeitlang vermieden wird, so wirb der nette Wetter- winkel doch unaufhörlich seine unheilvolle Wirkung ans die ganze Kultnrwelt ansüben; die Kriegsgefahr treibt die Mächte zu netten Rüstungen ttttb verbreitet Erschöpfung. Rußland gewinnt auf alle Fälle dabei, beim es pumpt von der europäische» 5kapiialisten- welt, immer neue große Summen, die es niemals zurückzahken wird. Europa trägt die Kosten für die russischen Rüstnugeu, welche die Unterwerfung Europas unter bas russische Joch vorbereiten solle». Das alles sieht die europäische Diplomatie sehr wohl und kamt es nicht hindern. England ist isoliert; in Frankreich hält die nervöse und korrumpierte Bourgeoisie immer noch an der russischen Allianz fest, obschon doch die Gefahr eines deutschen „Ueberfalls" seit dem Sturze Bisniarcks nicht mehr besteht. Man kamt sehe», tvohiu der Großntachts- kitzel führt, beim er allein ist es doch, der die herrschenden Klassen der französischen Republik dazu bringt, ein Bündnis mit dein Zarentum aufrecht zu crljaltdt. Niemals sind die Grundsätze von 1789 schmählicher verleugnet worden, als gerade von dieser republikanischen Bourgeoisie. Bei uns in Deutschland sprechen die leitenden Staatsmättner von beut „wrsiünbelen" unb „befreun - deten" Rußland; der Reichstagspräsident weift An - griffe auf die russische Negierung als „unzulässig" zurück und die deutschen Justizbehörden sind der russischen Negierung gefällig, indem sie deutsche Staatsbürger des Hochverrats unb der Beleidigung des Zarentums anklagen, weil dieselben russische Gesinnnngsgenosseu hu Kampfe gegen den rnssifcheu DespotiSntiiS unterstützt haben. ist gerade, als ob das sogenannte Testa- nient „Peters des Großen", diese mit stannens- wertem THarffinu abgefaßte Enthüllung der End - ziele der russischen Politik, wörtlich dnrchgeführt werde» sollte. Unb dabei Hilst bie bürgerliche Demokratie in Frankreich genau so mit, wie anber- wcuts die reaktionären Elemente. Mau gewinnt immer mehr die Ueberzeugung, daß sich die allen Mächte der Reaktion so sehr an Rußland anklanuuern unb sich alles von ihm ge - falle» lassen, tveil sie in dieser Macht eine letzte Stütze gegen die sozialistische Bewegung zu besitzen glauben, wenn diese einmal so stark wirb, daß ihr die öffentliche Macht znfällt. In diesem Falle werden sie sich täusche». Der Sozialismus ist auch in Rußland bereits eine Macht geworden und wird in absehbarer Zeit so stark werden, daß die russische Regier ung genug zu tun haben wirb, um sich noch gegen denselben zu be ¬ haupten, und daß sie auf den Luxus, bie politische Geubarmerie für ganz Europa zu spiele», wohl bald verzichten wirb. Wir erfahren wenig von dem, lvas im Sinter» Rnßlanbs vvrgeht. Die Zeitungen stehen dort ja unter eiltet barbarischen Zensur unb dürfen nichts berichten von den Wirren, die in Nnßlatid herrschen. Nach dem Wenige» zu urteilen, Ivas über die riissischen Grenzpsähle herausdringt, befindet sich ein guter Teil der riissischen Bevölkerung in fortwährendeui erbittertem Kampfe mit den Behörden. Was „Recht" und „Gerechtigkeit" in Nnßlatid heißt, konnte man ans den Verhaudlitngeu des Kischiuewer Prozesses sehen. Die akademische Jugend und die klaffenbeivußten Arbeiter in Rußland, bereit Zahl mit ungeheurer Schnelligkeit zunimmt, rangen manchmal das äußerste uub scheuen bie grausame Verbaunuug nach Sibirien nicht, um gegen ihre Bebrücker z» bemonstrieren, gegen ihre Peiniger zu protestieren. Die Streiks gleichen luauchmal Scharmützelu. Im Heere zeigen sich Symptome von demokratische» Verschwörungen unb die Ausstände und Tttmulte der ausgepliinderten unb ausgehungerten Bauern nehmen kein Ende. Keine Frage — das System des rnssischeu Despotismus steht auf einem vollkommen unterhöhlte» Boden nnd Weil» dieser znm Vulkan Wird und eilte Ernptioii erfolgt, dann fällt die Schuld allein ans jene russischen Kreise, bie mit einer Zähigkeit, wie sie einet besseren Sache wiirbig wäre, sich allen zeitgemäßen Neneritngen roiberfeßeu und mit den alten Mitteln Peters I. und der famosen Kathariita tut zwanzigsten Jahrhundert noch auskommen wollen. Die Sympathie der Völker ist ganz gewiß nicht bei jenen Kosaken im Frack, bie sich russische Diplomaten rnffischrn Stoffe, bat nm »efrtinn«' der Wnrflf seines Elends ttttb seiner Knechtschaft ringt. Au dem Tage, ba der russische Despotismus die Segel streichen muß, werden die freiheitlichen Beivegutigen in ganz Europa freie Bahn habe». Dem russische» Despotisiniis bleibt freilich noch ein verzweifeltes Mittel — wenn ihm die oppositionellen Elemente über den Kops wachse», so kamt er jederzeit in Ostasieu, in Afghanistan, am Balkan einen Welibraud entzünden, bei dem er freilich seinen eigenen Untergang riskieren muß. Dieser Weltbrand wäre eine Unmöglichkeit, wenn die europäischen Regierungen, statt sich vor dem offiziellen Rußlanb zu ducken uub beiuselbeit Freundschafts- bezeugungeu zu erweisen, sich vielmehr gegen den -arischen Despotismus zusautineitschließen wollten. Dazu wären freilich volkstümliche Regierungen erforderlich unb nicht solche, die aus Bourgeois oder Aristokraten zusamnieugesetzt sind. Von der Weltbühne. Die Handlanger der Reaktion benutzen auch das WeihnachtSfest, um nach UnterdrückmigSgesehen zu schreien. So fittben wir in einem Artikel, der „Weih - nachten" überschrieben ist, folgenden Erguß: „Heftige Wablkümpfe haben im abgelaufenen Jahr weite VolkSkreise bewegt. Die Wahlerfolge der Sozialdemokraten verfuhren jene unter dem Einfluß dieser Partei stehenden Gewerkschaften den Arbeitgebeni gegenüber vielfach zu Anfordernnget,, welche auch bet d c r gegenwärtigen G e - s ch ä f t s l a g e unerfüllbar, mitunter selbst mit einem geordneten Arbeitsverhältnis überhaupt nicht zu vereinbaren sind. Streiks auf der einen Seite, Aussperrnngeit auf der anderen Seite bringen nachteilige Folgen für alle Beteiligten wie für das gesamte Wirt - schaftsleben mit sich. Schon beginnt ein System d e s Terrorismus gegenüber Arbeitern unb Geschäftsleuten, welche der Sozial- demokratie nicht Heeresfolge leisten wollen, sich ansznbilden, ein Terrorismus, der drückender ist als alles, was die politische Reaktion selbst in früherer Zeit z u r Unterdrückung p e r s ö ti l i ch e r und politischer Freiheit u n t c r n 0 m tu e n hat. Solche Zustände im Innern Deutschlands sind geeignet, mehr mit Sorge zu erfüllen als die entfernten Mög - lichkeiten irgendwelcher auswärtigen Verwicklungen " Jeder Leser wird wohl nermuten, daß dieser Erguß in der „Post", bett „Hamb Nachrichten" oder einem ähnlichen, von halbverrnckten Söldlingen der Unternehmer- verbände redigierten Blatt gestanden hat. Denn dieser Erguß will doch nur dem Erlaß eines Sozialisten- ober Zuchthausgesetzes bie Wege ebnen. Und doch nennt sich das Blatt „Freifintiige Zeitung". Es ist das Organ des Herrn Engen Richter, welches wohl auf Subvention des Zentralverbandes deutscher Industrieller peknliert. Um aber Eindruck zu machen, hätte der Ver - leumder doch wenigstens eine Gewerkschaft nennen müssen, die ihre Forderungen nicht aus inneren Gründen, andern nach den Wahlerfolgm der Sozialdemokraten stellte; ei' hätte ferner die mit einem geordneten Arbeilsverhältnis unvcreiiibare» Forderungen näher bezeichnen müssen; auch hätte er den „Terrorismus" näher kennzeichnen müssen. Wir sind aber sicher, daß der Schreiber nicht eine einzige Tatsache für feine Verleumdungen entführen sann. Zum WeihnachtSfest gebärt ein Khiedjt Ruprecht. Was für furchtsame Kinder >cr Knecht Ruprecht, ist für den freisinnigen Spießbürger die Sozialdemokratie. So wird darauflos gedichtet. Wenn aber Richter an diese Behauptungen glauben sollte, dann wäre eS mtbegreislich, weshalb er gegen das Sozialistengesetz, gegen daS Umsturzgefetz und gegen das Zuchthansgesetz gestimmt hat. Das geschah, weil er wußte, daß das Material zur Begrüudmtg Lug unb Trug war, aber jetzt macht er den Scharfmachern die Freude, zu behaupten, er habe damals geg n feine bessere Ueberzeugung gestimmt. Einen Eibeshelfer fite seine Taktik hat Engen Richter in einem 0 st p r e n ß i s ch e u Landwirt gesunden, der in bet „Königsbg. Hart. Ztg." seine Weis - heit ablagert. Er schreibt da n. a.: Leider sei die frei - sinnige Partei auf dem Lande zu wenig in Konkurrenz mit der Sozialdemokratie getreten. Wo aber eine rege Agitation einsetzte, ba habe man vielfach bie Freude ge - habt, daß gerade die Arbeiter freisinnige Stimmzettel verlangten. „ES läßt sich nach- weiseu, daS in einer Reihe von Orten, wo 1898 viele sozialdemokratische Stimmzettel abgegeben worden sind, diesmal deren Zahl stark geschwunden uub entsprechend der der Freisinnigen gestiegen war. ES ist das ein deut - licher Fingerzeig' für unsere Partei, wie sie in Zukunft vorzugehen hat. Der gefährlichste Gegner steht links. Mit ihm werben wir in bet Zukunft zu ringen haben. Den Sieg über ihn werben wir nur ge - winnen, Wenn Wir schon jetzt bei jeder Gelegenheit die Wählet auf die Unmöglichkeit deö sozial - demokratischen ZukunftS staats Hinweisen und sie warnen vor den schweren Gefahren, die solche Bestrebungen für das Gesamtwohl und bamit auch für jeden einzelnen nach sich ziehen müssen. Jetzt sind die ländlichen Wählermafseii größtenteils noch ein unbeschriebenes Blatt. Haben sie ans innerer Ueber - zeugung sich erst einmal für eine Partei entschieden, so sind sie für bie anbere auf lange verloren. Darum wäre eS b er größte Fehler, den Gegensatz, in beut wir zu bet Sozialdemokratie stehen, irgendwie ober betirgenb einerGelegen- heit zu verschleiern. Unsere Parole lautet: „Gegen die Reaktion l" aber sowohl gegen bie von rechts Wie auch gegen bie von links." Der neue freisinnige Prophet hätte gut getan, feine Behauptungen über den Rückgang „sozialdemokratischer Stimmen zahlenmäßig zu belegen. Die offizielle Statistik redet auch für Ostpreußen eine andere Sprache. Sowohl im Regierungsbezirk .Königsberg, wie im Re - gierungsbezirk Gumbinnen sind die sozialdeniokratischen Stimmen gewachsen, im ersteren von 34 446 auf 38 682, im letzteren von 11 198 auf 16 649 Nur bie beiden Wahlkreise P r. H 0 l l a u d - M 0 h r u n g e n unb SenSdn i'i, -- 0 r t e l s t u r _ weisen einen utuutnaltii aBryMasf M mbkSmiM sinns fein? Dann wirb er noch lauge warten müsse», bis er es betrete» kau». Daß ber gef ärlichste Gegner links steht, Wolle» wir beut EideShelfer Richters gern zugebeu. Konservatives Terrain könnten bie Freisinnigen allenfalls noch erobern — wenn bie Sozialdemokratie nicht wäre; Rückeroberungen bei ber Sozialbeinokratie zu mache», sind sie dagegen völlig unfähig. Das ist ja der Aerger. Aber dieser Aerger ist eben in der Politik ein schlechter Berater. Er verführt nur dazu, schwere D u m m - feiten zu machen. Daß die Reaktion rechts n n b links vorn Freisinn stehen soll, ist eine Behauptung, bie sich von vornherein als solche Dummheit qualifiziert. Sie ist auch nur V 0 rwanb , per bie größere Dumm - heit becken soll, baß bie Freisinnigen aus Furcht vor der Sozialdemokratie unb ber von dieser ihnen gemachten Konkurrenz die wirklichen Reaktionäre unter- st ü tz t habe». Die ganze Wahltaktik des Richterscheu Freisinns beruht nicht aus sachlichen Erwägungen, sondern nur auf ber Erwägung , wo und wie noch von den freisinnigen Mandaten etwas zu retten ist. Der Sozialdemokratie gegenüber blühen ba dem Freisinn nur noch wenige Erfolge. Mit bet scharfen Kampfstellung gegen diese hofft man die Hülfe der Junker zu gewinnen, lieber die Erfolge, die ber Freisinn mit ber Schilderung der „Unmöglichkeit" des sozialistischen Zu- knnstSstaates zu erzielen vermag', sann Herr Engen Richler ja persönlich ein Wort mitreden. Sollte ihm ba nach neuen Lorbeeren gelüsten? Schutzzoll uub hohe Tarife sind die breiten Mittel, mit denen die Agrarier Wncherprofile erzwingen wollen. Mit der Zollgesetzgebung im Reichstage und den Eisenbahntarifen in den Landtagen laßt sich ja manches erreichen; aber es ist ein lästiger Konkurrent ber Eisen - bahnen vorhanden, das sind dieFlü sse und Ströme. In dieser Zeit, in der man auf Mittel zur Hinderung des Verkehrs sinnt, taucht nun auch die Frage der Wasserabgaben für die Schifffahrt auf natürlichen Fluß- läufen wieder auf. Die Agrarierblälter schleppen alles erreichbare Material zusammen, um wieder Zustände zu schaffe», nie sie in vergangenen Jahrhunderten bestauben, als jeder Uferstaat sich einen Teil der Ladung ber Schiffe aneignete. Die „Krenz - Zeitung" nennt die Beseitigung ber Abgaben ein für bie Schifffahrt geschaffenes Privi leginm. Sie gräbt alte Schriften ans, in denen man sich gegen die Abgabeufreiheit gewandt Hal, und hat nun auch tm Archiv für Eisenbahnwesen von 1886 einen Artikel des früheren UuterstaatSfekretärs Lehmann gefunden, ber zu folgenden Ausführungen auSgenutzt Wirb: „Bei der Feststellung ber (5ifcitba6n« tarife wirkt ber Staat im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse mit. Er verlangt bie volle Oeffentlichkeit ber Tarife unb feit der Verstaat - lichung sitib berufene Körperschaften, bie Bezirkseiseu - bahnräte unb ber LaubeSeisenbahurat, eifrig bemüht, daß die Ordnung der Tarife unter tunlichst gleichmäßiger Wahrung aller beteiligten Interessen Wie beS Interesses ber Gesamtheit erfolgt. „Dagegen ist ber Staat nicht in der Lage, die Frachten ber Wasserstraßen irgendwie zu beeinflussen, obwohl nicht nur das allgemeine VerkehrSiuteresse, sondern auch bie Stuf» »enbungen deS Staates zur Unterhaltung unb Ver - besserung ber Schiffbarkeit der großen Ströme eine solche Einwirkung begründen. Seit ber Beseitigung der Schifffahrtsabgaben ist die Frachtenbildung auf den Wasserstraßen völlig frei und wird inmitten ber freien Konkurrenz bestimmt. Die Schiffsfrachten werben webet veröffentlicht noch find sic gleichmäßig unb stetig. Ihre Bemessung wirb nicht in Einklang gehakten mit den Absichten ber allge - meinen Wirtschaftspolitik, und deshalb werden diese Absichten durch deuWafser- st r a ß e n v e r k c h r vielfach durchkreuzt. Die Weizeneiufuhr rheinaufwäris über die deutsche Zollgrenze bei Emmerich stieg von 298 000 t in 1882 auf über 1 000 000 t in 1898. Diese außerordentliche Entwicklung ber Einfuhr auf beni Rhein ist auch deshalb bedenklich, weil sie auf Kosten der deutschen Seehäfen erfolgt. „In feinem Aufsatz warf Lehmann die Frage auf, ob eine fortschreitende Abdrängung d e S Ver - kehrs von d e r E i s e n b a h n auf die Wafferfiraße alS zur Befriedigung unabweisbarer Bediirsniffe deS Verkehrslebens uolwendig auzusehm ist unb ob ben Nach ¬ teilen, die den finanziellen Interessen der Gesamtheit ans der Verminderung des Eisenbahn - verkehrs unmittelbar erwachsen, solche Vorteile für ander - weitige Jutereffen gegenüderstehen, daß die sinanziellen Einbußen einfach ertragen werben müssen Schon ba- tnalS sprach Lehiuann bie Meinung ans, baß bie au» gebeuteten Bebenkeu in verschiebenen Beziehungen gegen - über Vorschlägen auf Herstellung neuer Wasserstraßen zur Geltung konnnen müssen und eine gewisse Vorsicht im Eingehen aus solche Plaue geboten erscheinen lasse». Inzwischen sind biese Bedenke» stärker hervorgeirelen unb klarer erkannt worden." Hier rückt daS Jnnkerblatt einmal mit der Sprache heraus und giebt zu, baß die Frachtsätze auch uiißdranchi werden. Denn bie Bemessung der Höhe, um die Ab - sichten ber allgemeinen Wirtschaftspolitik zu erreichen, heißt doch nicht« anderes, als die Wucherzölle durch hohe Tarife zu verschärfen. Da« kann durch die Schifffahrt gemildert Werben und barum möchte mau enteil Zöllner hinstellen, der bie Zölle erbeben soll, welche ber Grenzzöllner nicht nehmen darf, weil bie Grenzzölle durch Verträge gebunden sind. Was sonst daS Junkerblatt anführt, ist nicht stichhaltig. Wohl ist der Wassertransport erheblich gestiegen, aber nicht auf Kosten bet Eisenbahnern Während die vollspurigen Eisenbahnen 1882 an Gütern IS036 Millionen Tonnen - kilometer befördert haben, stieg bie Zahl 1901 auf 32 989 Millionen Tonnenkilometer. Auch bie Rücksicht auf bie deutschen Seestädte ist Heuchelei. Erschwert man die Rheinschifffahrt durch Stromzölle, dann werden dadurch Hamburg und Bremen nicht gewinnen Die Stromzölle würden die Schifffahrt auf der Weser und der Elbe gerade so schädigen wie auf bem Rhein, und Hamburg unb Bremen Würben genau so getroffen wie Antwerpen unb Rotterdam. Die Grundidee btt ganzen Bewegung ist, ben Verkehr, den man durch Grenzzölle nicht tol- schlagen kann, durch Slromzölle zu erdroffeln. Die schwere» Mißstände im Heerwesen, welche im Parlament und in der Presse in den letzten Wochen besonders eingehend behandelt worben find und demnächst im Reichstage eine weitere Behandlung erfahren dürften, liiflCfltbrn. thue türfM) ci >ch,eiienc iruju/l stauben" von .. Januar stattfinden soll. Wirb der „Deutschen Tageszeitung" aus Dres - den geschrieben: „Tie S 0 z i a 1 d e in 0 k r a te 11 entwickeln eine ungemein lebhafte Agitation .... Wenn man daraus schließen wollte, daß die Sozial demokratie mit dem Verluste des Kreises rechnet, so Würbe daS ein Fehlschluß fein. Ter Wahlkreis ist den Genossen u n b c b i it g t sicher, sie agi - tieren nur. Weil ihnen die Agitation um ihrer selbst Willen Bedürfnis ist. Der Gegenkandidat, Gr a f H 0 enSbr 0 ech, hat eine Ansprache an bie Wähler veröffentlicht, in ber er ziemlich scharf über den Dresdener Parteitag urteilt. Damit wird freilich nicht aus der Welt geschafft, daß ei unter gewissen Umständen ein Bündnis mit der Sozialdemokratie unb ben (Eintritt von Sozialbemokraieii in ba» preußische Herrenhaus empfohlen hat. Wie verlautet wird Graf Hoenobroech nur einige Wenige Versamm - lungen abhalten. Auch daraus ist ,;u schließen, daß er selbst und seine Freunde einen Ersoff für ausge - schlossen halten." Dem „Vorwärts" Wirb in derselben Sache ge« I frUicUeir: Vuwn Fuchs, dem die Trauben sauer KUn-eu, pellt bie■.•mal oci Gia; v. Ho.i, ruedj im £?9. fä'1'fffd'cn Wahlkreise dar. Er Iniirbe, Wie man c8 aus feinen „Offenen Briesen" entnimmt, zur nodunatigen Kandidatur gebracht. Weil man mit einem anderen Sianbibatcn noch größeres FiaSkc zu madien glaubt und Weil — man noch angeblich für über 1/ 10 000 „Sorgen" von der letzten Wahl hat. (5ö soll diesmal möglickfft wenig ober nichts kosten» unb Herr Hoensbrocch Will höchstens in brei Ver - sammlungen (am 2., 8 und I Januar) sprechen; Ivas soll man sich auch Mühe geben, wenn bie Stauben so hoch bangen Er schreibt fleißig Artikel gegen die Sozialdemokratie, die aber nicht einmal bie Mffchmaschprefff vertreten Will unb sie daher alS Inserate bringt. Nebenbei sei bemerkt, baff, er in ber vorletzten Epistel an bie Dummen sich zu bet Be - hauptung versteigt, in Dresben Wäre bei ber Rede Göhres öffentlich das Christentum „pöbelhaft, gemein beschimpft". Und Bebel hätte bie Gewalt in Dresben proklamiert und gedroht, „alles in Trümmer 3 u f di t a g e n I" Diese offenbaren Unwahrheiten sind gewiß ein Beweis dafür. Wie Wenig es ber Herr Gras notivenbig hatte, sich von ben Jesuiten loszusagen, er könnte ihnen noch immer als leuchtendes Beispiel dienen istenoffe Adolf Hoffmann, ber sozialbemokratische Kandidat des Ai reife*, Welcher nur einmal in allen Orten des Kreises, wo Wir einen Saat erhalten, ge - sprochen hat, nagelte bi- Verdrehungen beS Herrn Grafen an. indem er feststellte, daß, wenn daS Christentum „pöbelhaft befchiinpft" Wäre und Bebel in Dresden zur Gewalt aufgefordert hätte, die Be - amten, Ivelckie ben Parteitag überwachten, ihre Pflicht vernachlässigt haben müssen, ba sic weder eingriffen, noch bis heute einer der Schuldigen angeklagt ist —, hielt es nunmehr ber Herr Gras boch für rötlich, in feiner letzten Epistel an „die. Welche nicht alle Werben", in bezug auf Bebel ein paar Löcher zurück« zusteckeii und fick, selber zu rektifizieren — „er Wollte nur sagen, es mache ben Gin« b r v rf." Unsere Genossen im 22 sächsischen Wahlkreise Iverden am 5. Januar dem Ep Jesniten einen Marsch blasen, der ihm für alle Zeit das Dieberkommen ver - leidet. — trfii Wahlbkeinslnssmtgsprozeft spielte sich in voriger Dowe vor bei Strafkammer in Saar« brücken ab Gö handelte sich um einen Be- leidigungSprozeß, den bie BetgWerkSdirek- tion, beziehungsweise bereit Vorsitzenber Ge - bei in rat Hilger (als Nebenkläger) gegen ben Redakteur Lehnen von ber „Neunkirchener Zeitung" angestrengt hatte. Die Zahl der Zeugen betrug etwa 150 Die Beleidigung soll begangen worden fein durch drei Artikel, die die „Neun - kirchener Zeitung" der „St Johann-Saarbrücker Volkszeitung" entnommen hatte Die Artikel er - schienen als Antwort aus eine Rede Hilgers im April dieses JahreS Ter Prozeß wurde von vornherein charakteristisch durchchie zu Veg.int ber Verhandlungen erfolgte Mit - teilung. daß Oberbergrat Raiffeisen- Berlin, Bergmeister Adam« Hamm nicht die Ge - nehmigung zur Z e it g 11 i -s a b g a b e vom Ministet erhalten haben. Die Entscheidung de» Minister, erfolgte auf Grund eine# Berichtes des Herrn Hilger Mlägerifdkrfeite waren neben unteren Bea men sämtliche Direltoren be Berz',eftiott Saaibritcken geloben, an &•; föl’-iti: .V.gvi: ge« ti lei touiL