Hierzu zwei Beilagen, 18. Jahrgang. Nr. 21. AambnrgerEcho WWIWWMIWU^HkW»» NN J ■ «w «iMH» m iWlWWIJIKJ ■■ ■ ■ «i Da? „pnmbiirflcr (#d;a N erscheint tüglich. ausser Montags. SsvonnementSprels sinkt. „Die Neue Stielt*) beträgt: durch die Post bezogen ohne Bringegeld monatlich * l.eo, viertelsahrlich X s.GO; durch die tkolporteure wöchentlich 80 * frei ins Vans. Einzelne Nummer 6 *. Sonntags-Numnier mit illustrierter Sounlagsbellage „Die Neue Welt* 10*. Veraniwortlicher Redakteur: Retuhold Lteuzel in Hamburg. Dienstag, den 26. Januar 1904. Anzeige» werden die sechsgespallene Petitzelle ober deren Raum mit 80 4. für den Arbeitsmarkt. TlermietungS- und Kamiiienanzeigen mit 20 * berechnet. Auzeigeu-Sluuahnie in der Expedition (bis 6 llbr Abends), in den Filialen Ibis 4 Uhr Nachmittags), sowie in sämtlichen Annoncen-Bureaux. Redaktion und Expedition: Feblaudstraste II in Hamburg 1. WM' Liid-Lt. Panli bei Carl Lemeittzoiv, Davidstr. 35. Nvrd-St. Pauli, ^imSbiittfl, Langenfelde bei Earl Dreyer, Margaretheitilr. 48, Simsbiittel. .Hvhelnft, Eppendorf, Groh-Borstel und Winterlinde bei Ernst Grohkopf, Lehinmeg 51, Eppendorf. Barmbeek, Uhlenhorst bei Theodor Petereit, Bachstr. 12, Barmbeck. Lt. Georg, Hohenfelde, Borgselde, Hamm, Horn und Sehissbeck bei Carl Ortel Banslr. 26, Borqfelde. Hammerbiovk, Nvthenbnrgsort, Billwärder und Veddel bei Rnd. Fuhrmann, Schmabenstr. 33, Hammerbrook. Gllbeek, WandSbeck und Hinschenfelde bei Franz Krliqer, Sternstr.36, Wandsbeck. Altona bei Friedrich Ludwig, Biirgerslr.il«, Altona. Ottensen, Bahreiifeld bei Johannes Heine, Bahrenfelderstr. 14st, Ott ensen. v 7 Z Orffentllche AMHiiWiiIil-WlMliiluM finde« statt: Für Eppendorf am Dienstag, den Lst. Januar, Abends 8j Uhr, im Lokale der Wistve Gebeke u. Sohn, „Colossen m" (Eingang vom Garten). Ansprachen der s o z i a l d e in o k r a t I - scheu Kandidaten zur Bnrgerschaflsivahi: Aug. B ri u g in a u u (70. Bez.), H. Schrader (7t. Bez.). B. Weinheber (72. Bez.). Danach freie Dis - kus j i o it. Für Einiddnttel am Mittwoch, den L 7. I a n u a r, Abends Uhr, im „B e r e i n s l o k a l", Frnchtallee 104 (Inh. L. Hallwachs). Nach den An - sprache,t der s o z i a l d e tu o k r a t i s ch e n K a n d i d a t e n zurBmgerschastswahl: L.Jacobs(Ö8./5N Bez.),A. Nös ke (80. Bez.). H. Lüth (61. Bez.), H. Koenen (62. Bez.), B. Grosse (63. Bez.) und H. Stubbc (64. Bez.) findet freie Diskussion für jedermann statt. — Für die Wühler Eimsbüttels, welche nicht die nötige Zeit haben, die Wählerlisten uachzu- sehen, sind folgende Herren bereit, die Listen einzu- sehen: W. Schulze, Slellingcrweg 32a, 0.8 auzlin, Sandweg 16, H. Zabel, Ecke EiuiSbütteler Ehanssee und Sophicuallee, H. S t e l z e n »i ü l l e r, Ecke Eppen- dorserwcg und Marthastrahe. Für Winterlinde am Mittwoch, den 27. Januar, Abends 8j Uhr, im Lokale des Herrn Lh. Buchholz, „Zitni Stadtpark", Bariubecktlstraße. Dorstellnng des sozialdeinokratischeu Kan - didaten Emil Krause (Bez. 73/74). Für Nord-St. Panli am Mittwoch, 87. Januar, AbuidS 8^ Uhr, im Schlachter- InnungShaus in der Feldstrahc. Ansprachen der sozialdemokratischen Kandidaten: Blume (54. Bez.), Hoffmann (55. Bez.), Fischer (56. Bez.) und S t e n g e l e (57. Bez.). Für Snd-St. Panli am Mittwoch, 27. Januar, Abends 8£ Uhr, im Hotel Norder - ney in der Talstrahc. Ansprachen der sozialdemo - kratischen Kandidaten: Börard (50. Bez.), Bartels (51. Bez.), Neuman n (52, Bez.) und Ockelmann (53. Bez.). Für Harvestehude und Noterbanm ant DouucrStag, 28. Januar, Abends 8j Uhr, im Lokale der Wwe. Pingel am Mittelweg. Vor - stellung der sozialdemokratischen Kandi - daten Paul Hoffmann (65. Bez.), LoniS Gruenwaldt (66. Bez ), Emil"Krause (67. Bez.), Paul Weinheber (68. Bez.) und Gustav S t e n g e l e («st. Bez.). Für Barmbetk am Freitag, 29. Januar, Abends 8j Uhr, im groben Saale des Viktoria- g a r t e n S. Ansprachen der s o z i a l d c m o k r a t i sch c n Kandidaten für die Bezirke 16, 17, 18, Ist und 20 (Bömelburg, Gruen waldt, Schaumburg, Stubbe und Fischer). — Für diejenige» Wähler Barinbecks, welche keine Zeit habe», die Wähler- l i st e ii » a ch z u s e h e n, sind folgende Herren bereit, die Listen einznsehen: Gastwirt August Michel, Hamburgerstrabe' 1«1, Gastwirt Fr. Isensee, Fnhls- bültclcrstrabe 13, Gastwirt Rnd. Ellerbrook, Ham - burger strabe, Ecke Hniuboldtstrabe. Für die Neustadt im Lokale des Herrn Vor- wähle (früher Schtvaff) in der Nenstüdterslrabe am Freitag, 2 9. Januar, Abends 8j Uhr. Die Kau- didaten der sozialdemokratischen Partei: Birner (41.Bez.), Ehlers (42.Bez.), Stromberg (43.Bez.) Zasfke (44. Bez), Huk (45. Bez.), Meyer (46. Bez.), Josephjohn (47. Bez.), Allmann (48. Bez.) uitb Wentker (49. Bez.) werden sich in dieser Verjaniin- lnng vorftellcn. — Für diejenigen Wähler de» 41. und 42. Bezirks, welche keine Zeit haben, die Wähler - listen nachzuseheu, ist Herr Gastwirt Durbahn, Teilseld 21, bereit, die Listen eiuznseheu. Für Wohldorf Ohlstedt am Sonn, tag, den 3i. Januar, NachiuiitagS 8 Uhr, im Hotel . ZurWaldeSlust " (Inh.: H. Schwarz) Ansprache de» sozialdemokratischen Kandi-I d a t e u F. O s k a r I. Sl i e tu e y r r. Für Volksdorf am Mittwoch, den 3. Februar, Abends 7 Uhr, im Lokale „Waldes - ruh" (Inh.: Grund). Ansprache des sozial- demokratischen Kandidaten F. OSkar I. Niemeyer. * e • Die Gegner und die gegnerischen Kandidaten sind ausdrücklich zu allen Versammlungen cingeladen. Freie Aussprache wird ihnen zngcsichert. * * * LM" Unsere Parteigenossen werden eS für ihre Pflicht erachten, für eine» r e g e n B e s u ch d c r V e r s a ni ui l u n g e n Sorge Izu tragen. 'Wi Manteuffel Vater und Sohn. Wer kennt nicht jenes ergötzliche Gedicht des alten Uhland vom „Unstein, diesem guten Jmigett", bei immer bin richtigen Moment verpasst hat und bishalb niemals zum Ziele gelangen konnte. Schon bei ber Gebmt kam Unstern zu spät, beim „Alle Glückesstern' im Bunde Hätten weichend ihm gelacht, Wenn die Mutter eine Stande Früher ihn zur Well gebrach! I" An diesen Unstern eriimern uns die „starken Männer", welche zur Z.it die Negierung mit Vor- wiitfen nberhänf'ii, dast sie den „richiigeu Moment" Veiplistt habe, in welchem die Sozialdemokratie zu iibeiiuhtben gewesen sei. Die beiden Meergreise Kardoiff und Linibutg-Stirmu, deren Jereminden iiber die Sozialdemokraleu bekanullich von ihren eigenen Gisinnnngsgenossen nicht tragisch genonnnen werden, haben zuerst ihr „Wehe, es wird zu spül!" ertönen lassen. Nun aber ist ein ernsterer Mann g kommen, der Präsident des prenstischen Herren - hauses, Herr von Ptantcuffel, inib hat in dasselbe Horn gestoben. Herr von Manteuffel ist bekauutlich der Sohn des Slaalsslreichniinisti-rs von 1848 und e8 veistehi sich Von selbst, daß wenn auch nicht die staais- niäunische Begabung,^so doch die Welianschaniiug des Vaters auf ben Sohn iibergegaugen ist. Man - teuffel der Later fand allerdings einmal den „rechten Augenblick", inib zwar int Jahre 1848, als' er die „konstituierende" Versammlung aus Berlin vertrieb und die Sladt in Belagerungszustand erklärte. Es war damals nicht schwer zn erkennen, daß die Ver - sammlung selbst die richtigen Momente verpafft und ihie Zeit vergeudet halte, während man gut wissen sonnte, daß die Birlmer Spieffbiirgerwrhr für die Märzcrrungeuschasten ihr Blut nicht verspritzen werde. In der Tat wnrde die Berliner Revolution von dem nichts weniger als genialen Wrangel ohne einen Tropfen Alm beendet und es kam die zehnjähtige Periode der Manteuffelscheu Neaktion, die heute noch ein Gegenstand der Culriislung aller Rlenschen ist, von betten die Rechte des Volkes nicht als ein leerer Schall betrachtet werden. Mauteilffets Weik ist unter gegangen, wenn auch äubeiliche Neste desselben, wie das preuffische Herrenhaus und das Dreiklassen- wahlsystein, noch vorhanden sind. Aiaitteusfel der Vater war Bismarcks Lehrmeister in der Staalsknnst und Manteuffel der Sohn hat Bismarck als den Staalsmami gepriesen, der stets den rechten Augenblick zn finden geivnfft habe. Nun, zum Losschlagen gegen Oesteireich und für die Emser Depesche hat Bismarck wohl die richtige» Momente gesunden. Gegen die Sozialdemokratie fand er de» „richtigen Moment" nicht, denn auch Nkanteusfel der Sohn wird nicht behaupten wollen, dich BiSumick die Sozialdemokratie besiegt habe. Als 1878 die beiden Attentate gegen den alten Kaiser Wilhelm unternommen wurden, glaubte Bis - marck den richtigen Moment gesunden zu haben, gegen die Sozialdemokratie vorzugehen. .Dkaffregeln gegen die Sozialdeinokialiel" telegraphierte er nach Berlin, bevor er über die Attentate und iiber die Attentäter und deren allenfallstge Btotive hinreichend nnteirichtet war. Mittels der Neptilienpirfse ward eine rücksichtslose systematische Verleumdung der Sozialdemokratie behieben und der gr'öffte Teil des deutschen Volkes gegen die damals noch kleine Partei so sehr aitsgehetzt, daff es bei den Neuwahlen zum Neichstage gelang, eine Mehrheit für ein Sozialisten- aesetz dnrchznbringen. Fast zehn Jahre hatte Bis - marck mit diesem Gesetze die Sozialdemokratie drang - saliert und umsonst provoziert, damit sie zum Auf- staude schreiten sollte und er sie mit Waffengewalt niederwerfen könnte — die Bewegung gewann an Breite und Tiefe und 1884 waren schon zwei Dutzend wzialistischk 'Abgeordnete in den Reichstag eingezogen. Da glaubte Bismarck wieder einen „richtigen Moment" gesunden zu haben, und Manteuffel der Sohn Hal s!r er 8 rillfU besonderen Beweis de» politischen - joilltmtis Bismarcks gepriesen. In Frankreich war damals der Prahlhans und Paradeheld Boulanger HE di- französischen und die duutcheu Chauviiusten besonders reizbar gemacht. Da loste plötzlich Bismaick anläfflich des Miliiär- gesetzeS von 1886 den Reichstag ans und liefe in der Wahlbewcgimg das K riegs g e s pe n st er - scheinen. Seine Agenten übertrieben den Kriegs- schwindel ins Ungeheuerliche und brachte» es richtig dahin, dafe in weiten Streifen des deutschen Boths eine ernste Besorgnis vor einem französischen Angriff herrschte. Der böse Reichstag, hiefe es, hat der Regierung nicht die Vtittel zur Veiteidigung deS Vaterlandes au die Hand geben wollen; es muff also ein besserer geivählt werden. Und das betörte Volk ging ans den Leim und wählte die Hnira- niajorität, anS reaktionären Jniikern und national- liberalen Bourgeois bestehend, die alles mit „Hurra" bewilligte, was die Regierung verlangte. Zugleich aber schraubte sie die Geireidezölle ans M. 5 hinauf und bewirkte jene Teuerung bet Lebensmittel, der erst durch die Handelsverträge von 1892 etwas ge - steuert werden konnte. Aber drei Jahre daraits kanten die Neuwahlen und das Volk hatte inzwischen bemerkt, wie es geprellt worden war. Da brach denn die ganze Bismarcksche H,rrl>chkeit rettungslos zusammen. Die famose Hitrranmjorilät Ivar bei den Wahlen uieder- geworfen und die Sozialdemokratie eirang einen un - geheuren Erfolg. Das Sozialistengesetz halle Zu - stände gezeitigt, die auch den „staalSerhaltenden" Parteien nachgerade zuwider wurden. Es fiel und mit ihr fiel sein Vater Bismarck. Eine solche Politik nennt Mantenffel der Sohn „den rechten Aiigenblick ersasien". Mögen die „starken Männer" es mir auch so machen. (Sitte kurze Zeit der Krisis und sie „fliegen" ruie Bismarck „flog" auf Nimmerwiedersehen l Namentlich wenn ein „starker Mann" kornmen und den Zoll - tarif so eirrführen würde, wie ihn die Agrarier zn- gestutzt haben. Gegen den wurde die allgenreiire Boikssttmrnnng fichertich stark reagieren, dafe er mitsamt feinem Zolltarif weit schneller in den Orkus befördert würde, gerade wie Bismarck mit seinem Sozialistengesetz. Wir ergötzen uns an den Wutausbrüchen dieser Neaktionäre, weil sie uns damit immer wieder von neuern den Beweis liefern, daß sie keine Ahnung von dem Wesen nuferer Bewegung haben. Man - teuffel der Vater konnte seinerzeit hoffe», mit einem verwegenen und brutalen Streich eine Demokratie hinwegznfegeu, die durch eine Revolution plötzlich an die Oberfläche geschnellt worden war inib in ben wenigen Monaten ihrer Existenz keine Zeit gehabt Halle, sich zu befestigen. Rtauleuffel der Sohn lebt in der naive» Hoffnung, nmii körnte mit einem brutalen Streich eine Be - wegung ans der Well sthaffeu, die sich direkt aus den modernen Zuständen heraus entwickelt und feit mehr als dreiffig Iahten int deutschen Volke Boden gewonnen, sich verbreitert und verliest hat. Die Wurzeln dieser Bewegmig liegen so tief, dafe keine Reaktion sie mehr erreichen und anSroden kann. Sie wird nach dem historischen Gesetz sich in Wellenlirtien fortsetzeu, aber sie wird nicht stille stehen, bis sie ihr Ziel erreicht hat. Blantenffel der Vater Halle vielleicht GeschtchlskennlUis genug, nm dies begreifen zu können; Manleuffel der Sohr, ist in der Geschichte nickst so gut beschlagen. Mit einem wohlgezielten Schwadronshieb ä la Seydlitz will er ben Sozialismus töten. Derartige Prahlereien erinnern an bie be - rühmten Reden des Ritters Rodomoitt in Ariofls „Rasendem Roland", an die Nodomoniaden. Und der klaffeubewufete Arbeiter, der sie lieft, sagt still zu sich: „Dor lach ick öwerl" Von der Weltbühne. Graf Bülow ist plötzlich konstitutionell geworben, imrkwürdigerweife aber nichl Im RAch, sondern tn Preußen, im gelobte» Lande der Junker. Man imtB das gleich hinzniügen, um diesen merkwürdigen KousttlMionaliSnnrS zn verüehen. Gras Bülow, der gleichzeitig Ehes der RelchSregierung und prenbischer MiniiterprSsrdent ist, Hal Dntzerrde vorr MehrheiiSbe- schtüssen des Reichstages, darunter sogar fast ein - stimmig beschlossene, wie den DiStenantrag, ohne viel Federlesen in den Papierkorb geworfen. Sein konstitu - tionelles Gewissen machte ihm da keine Sorge. Aber in Preuffeu, wo die Junker dominiere», da ist da« anders. Die Herren trumpfe» auf trüb wolle» den Mittel - landkanal nicht bewilligen. Und plötzlich entdeckt Gras Bülow, daß er als konstitutioneller Minister nicht gegen den Willen der — junkerlichen — Mehrheit re - gieren dürfe. Und so trat et ben Rückzug an und erbittet vom Hanse der edlen und erlauchten Herren nur noch den Sackkanal. Und dar soll noch obcnbrtiii Konse - quenz feilt. Mit Recht bemerkt die Berliner „Volks - zeitung" dazu: „ES gehört die göttliche Un - befangenheit deS prenffischen Mimsterprästdenteu uiib deutschen Reichskanzler» dazu, tun von der Konsequenz einet Regierung zu sprechen, deren ZickzackknrS sprichwörtlich geworden ist. Von dieser bielgerübmten Konsequenz gab Graf Bülow eine besonders glänzende Probe, als er die elementaren Er - eignisse, die zir ben Hochwasserschutz - Vorlagen gesühri haben, vorschob, um daS Falleulassen deS MitleUand- kanals durch die prenbische Regierirug zu bemänteln. Wir sind die letzten, die die Notwendigkeit der geplanten Stromkorrektioiien bestreiten; aber diese» ängstliche Drehen und Wenden de» Ministerpräsibenten nur ben entscheidenden Punkt, diese kraittpfhasten Versuche, durch Wttzcheu und Mätzchen vom Ker» bet Sache abznschweifen, boten ein nicht weniger al» erhebendes Schattspiel, da» nach der kühlen und hochfahrendeit Art, mit der der konservative Redner vor bem Grafe» Aulow die Kanalangelegenh.il behandelt hatte, doppelt peinlich wirkte. Gras Bülow glaubt zwar immer noch, daß tiu leistungsfähiges Wafferstrechennetz im Interesse der Gesamtheit liegen würde; er hoff! auf ein positives Ergebnis feiner „Sfatinladion"; er Hai dunkle (9 es ü h I e über feinen Liberalismus. Diese Gefühle liegen allerdings so arg int Dunklen, dast noch niemand elivas von ihnen ge - merkt bat. Alle diese Redensarten befeiiigen aber nicht die Tatsache, dasi die Regtermtg vor dem Agrariertum tuieber einmal kapituliert hat, und die Hast, mit der Gras Bülow nach beut ihm vorn Grasen Limvurg-Stiriim bereit gehaltenen Rettung-ball der „Lammlung ber stantSerhalteiide» Faktoren" griff, beweist, in welcher Verlegenheit er sich befand, als er daS Falleulassen ber großen Kattalvorlage zu „begründen" hatte. Da-schwarze Kartell aber wird in wenigen Monaten dem Glauben uitb Hoffen deS Grasen Bülow ein jähes Ende bereiten. Wer noch diesen AnSgang der Kanalaffäre bezweifeln sollte, ben wird die gestrige Rede des Zentrumsabge- orbiieteu Dr. Bachem eines Efferen belehren; Herr Bachem bat bie vom rheinischen Zentrumsorgan be - gonnene Kanal-Miebmacherei krüfiiglich fortgesetzt." Herr B a ch e »t tat aber noch etwa- anderes. Er verriet daS Sehnen deS Zentrums nach der uollftäiibigeu Verpfaffung ber Schule uitb sprach sich, ohne noch lange Einschränkungen zu machen, gegen ba6 Reichstag-Wahlrecht aus, iiibem er bie Möglich - keit bes MipbrauchS beSselbe» betonte. Ein „Misjbrauch" ist natürlich jebe Ausübung beS Wahlrechts, bie nicht bem Zentrum zu gute kommt Von ber Ausdehnung der nachgerade in ihrem Fiasko berühmt gewordenen „Ostmarkenpolitik" auf Oberschlesien, bie Gras Bülow aiifünbigtr, will das Zentrum dagegen nichts wissen. Es weife, bafe die „GermanisieutngSpolmk" in OberschUsien dieselben Früchie tragen wirb, wie in Posen und West- pienfeeit. Das Zentrum hat aber schon heute Ktnnmer geling mit den aufsässigen Polen. Graf Bülow tut also bem Zentrum keinen Gefallen, wenn er in Oberschlesien nach poseitschem Muster eiligrefft. DaS Zentrum ist nun zwar nicht in Peeufeen, aber boch im Reich „regierende Partei". Gras BülowS junger KonstitutionalismuS kann also in arges Öebräuge geraten, wenn et in Prenfeen eine Politik gegen die Interessen deS ZentruntS treibt. Seine konstitutionellen Konsequenzen sind aber total falsch. Wenn er nicht gegen den Wille» der Mebrhrit regieren will, aber bie Ueberzeugung hat, bafe etwa», was bie Mehrheit verweigert, gut unb notwendig ist, so hat er — seines Weges zu gehe» uitb ber Mehrheit bie Verantwortung zu fiberlafien. So ist es in wirk - l i ch kontiitutionellen Ländern. Jru Lande des Schein- k o u st i t u t i o » a l l S m n S aber wirb ben volkSfreitnd- tichen Parteien gegenüber ber „starke Mann" markiert, ben Junkern gegenüber zu Kreuze gekrochen. Ein flriiitblirfjcS Aufräumen mit der Sozinl- brmofrntit hat ber Vizen, uibent des pninnichen Herrenhauses, Freiherr v. Manteuffel, in einer int konservativen Bolksverein des .sireises Nicder- barnint gehaltenen Rede gefordert. Die an anbercr Stelle unseres Blattes kritisierten Auslassungen sind Wert, im Wortlaut vermerkt zu werden. Er be - zeichnete die Dezemberrede des Grasen Bülotv gegen die Sozialdetnokratie als beneidenswert und bewundernswert. Ein Reichskanzler, der diese Red« zu halten im stände sei, der mit solcher Schärfe bem Gegner an die Kehle gehe uitb ihn so außer« ordentlich nicbertoürge, der habe immerhin eine grosse Leistung vollbracht und man dürfe sagen, man kann diesen Kanzler beneiden, bewundern. Aber die Sozialdemokratie habe er nicht besiegt. Die Sozial - demokratie werde man nicht mit Reden be - siegen. Die Tat in Crimmitschau sei viel wirksamer und vernichtender für die Sozialdemo - kratie als der Unfug in Dresden unb bie „herrliche" Rede deS rasen Bülow Es komme darauf an, daff bie Staatsmänner ben rechten Seyt> litz - s ch eM Schlag sinden und von Worten zu iatlii Übergabe! n. Dann sagte er weiter: „In dem bevorstehenden llampfe gegen bie So - zialdemokratie muff die Negierung eigentlich die Führung übernehmen. Versagt sie da, so müssen wir sie fortreifecn dazu. Wenn man au die Zustände vor Jahresfrist denkt, so waren eS boch schwere Fehler, bie bie Verbündeten Regie - rungen gemacht haben. Ueber bie wilbe Ob - struktion im Dezember 1902 herrschte nur eine Stimme ber Erbitterung. Hätte damals bie Negie - rung den Reichstag aufgelöst unb an das Volk appelliert, so wären die Zlvisttgkeitcn unter ben bürgerlichen Parteien nicht erst wieder ausgebrochen und es wäre nicht daran zu denken gewesen, daff nach diesen scheufflichen Szenen im Reichstage über 80 Sozialdemokraten zuriickgekommen wären. Hier haben uns die Verbündeten Negierun - gen im Stiche gelassen! Ich habe das auch rnahgebenden Persönlichkeiten gegen - über ausgesprochen. Aber man hat mir erwidert, daff bie Zeit zu energischen Dkatzregeln noch nicht gekommen sei und daff das Er - gebnis ber Wahl doch zweifelhaft wäre. Ich sagte darauf: Es gehört eben ein feiner politischer Sinn dazu, das zu wiffen, waS wir bei Bismarck so sehr bewunderten. Als 1886 die Armeevorlage gefallen war, löste Bismarck auf und wartete nicht erst die dritte Lesung ab, etwa in ber Hoffnung, daff die Gegner vielleicht doch noch umfallen würden. Es kam ber Septennatsreichstag mit einer so ge- sinnuiigstüchtigen Mehrheit, wie wir sie nie toicber hatten und schwer auch wieder bekommen werden. Wir müssen wünschen, baff man auch so handelt, daff nicht wieder ein groher Moment verpatzt würd. In ber ersten Sitzung bes Herren - hauses hielt Graf Bülow eine äufeerft bemerkens - werte Rebe, ebenso kurz wie treffenb unb schlageub: In Preutzen ber König allezeit voran, in Deutsch - land Preußen voran unb in ber Welt Deutschlanb allezeit voran. Dieses Wort wirb jeber von uns unterschreiben. Wir wünschen, bah bieseS Wort ge - prägt werbe auch für unseren Kampf gegen bie Sozialbemokratie. In diesem Kampfe ber König voran, Preußen wird ihm folgen unb mit Preußen Deutschlanb. unb bann werben auch im übrigen Europa bie Staaten folgen unb man wirb ein grünbliches Aufräumen mit ber Sozialdemokratie vor - nehmen." Wir verlveisen zur näheren Würdigung dieser „Tat" auf die Ausführungen in unserem heutigen Leitartikel. ES sei nur noch bemerkt, baß ber edle Herrenhäusler vergessen zu sagen hat, worin denn bie „Daten" bestehen sollen, mit denen der Sozialdemo - kratie ber Garaus gemacht werden soll. Die Reichs - tagsauflösung allein tut# ja nicht. Will ber Herr etwa einen Staats st reich zur Abwürgung deS allgemeinen gleichen Wahlrechts? Glaubt er. damlt bie Sozialdemokratie aus der Welt schaffen zu können? Sie würbe leben nach wie vor, wie sie leben wird, so lange die kapitalistische Wirtschaf- mit all ihrem Elend unb ihrer Ungerechtigkeit besieht. Gegen die bürgerlichen Sozialpolitiker lassen die „Haiubg. Nachr." einen neuen Wuürgufe vom Stapel, indem sie besonders Herrn K u l e in a n n wegen einet in der „Nationalztg " veröffentlichten ArilkeS anfS Kor« nehmen. Es heisst da i» der lieblichen Tonart deS ehe - maligen AismarckblatteS: „Herr Kuleman» ist als Politiker nicht tanti, uwt zu einer Erwiderung auf feine Ausführungen zu ver - anlassen. Jin übrigen bleiben wir dabei, bafe eS ein Verrat an ber Sache beS Bürgertums ist, wenn ein Angehöriger beSfelben unter bem Deckmantel ber Arbeiterfreuttblichkeit tatsächlich bie Geschäft« der Sozialdemokratie besorgt. Unserer An - sicht nach brauchen bie Arbeiter und ihre Interessen keine Verteidiger aus beut bürgerlichen Lager; sie sind sowohl hi ber Presse wie im Parlament stärker vertreten, alS ihnen zukommt unb ber Allgemeinheit nützlich ist. Da - gegen bebarf baS b e b r ä n g t e unb bedrohte Bürgert» m aller Kräfte ber feinigen zum Widerstanb gegen bie immer mehr anfdnuellenbe sozialistische Hochflut, zumal bei ber Passivität ber Regierung, unb es ist mithin Verrat am Bürgertum, wenn sich in seinen Reihe» Leute finden, welche die Sache der Arbeiter zu der ihrigen machen und ber Sozialbemokratie dadurch die Wege zur Niederwerfung bc8 Bürgertums ebnen. Solche Leute stehen allerdings den Begünstigern deS FriiideS in Krlegs- zelten uitb ben Ucbertäuferu aiuiäheiud gleich. Man braucht sie beSwegeu noch nicht „aufzithängen", wie ürrr Kiste mann ironisch vorschlägt, aber wir bekennen affe», bafe c8 niis alS kein so grofeeS Unglück erscheinen würbe, wenn — um weiter mit Herrn Kistemann zn reden — alle bte Kathebersozlalisten, sowie bie Herren v. Berlepsch, v. fNotteuburg, Wassermann usw. veranlasst würben, ihresozialpolitlscheTätigkeitein- znstelle n. Nutzen haben wir davon »och nicht gehabt, wohl aber schweren Schaden." Nach ben „hainl>g. Nachr." ist nur eine Methode zur Bekämpfung ber Sozialdemokratie berechtigt: Immer braus mit Feuer und Schwert! An ben Schönheiten bei Kapitalismus darf beileibe nicht bie leiseste Kritik geübt werben. Das sann er nämlich nicht vertragen und attt, solche Kritiken komiiun schlüfelich ber Sozialdemokratie zu gute. DaS arme, „bedrängte unb bebrohte Bürgertum" ist wirklich schlimm baran, bafe feine „beste ber Sßelten' so wenig vertragen kann und solche Leute, Wie sie hc ben „Hamb. Nachr" ihr politisches Unwesen treiben, M seiner „Berteldlgnng" braucht. Die inilitärischc Kritik. Ueber bie angeblich kürzlich ergangene K a b i ti c 18 o i b r e, durch die üt ungewöhnlich scharfen Ausdrücken bie Mißbilligung über bie an militärischen Einrichtungen geübte Kritik von Offizieren a. D ausgesprochen und ihnen eine künftige Tätigkeit in diesem Sinne Verbote» worden sein soll, urteilt ein offenbar militärischer, aber ungenannter Ver - fasser int „Berliner Tageblatt" folgendertnafeen: „Es scheint fast, als wenn mau jedes offene Be - sprechen wliklicher oder vermeintlicher Mtsistände Hinfort al« grofecn Mangel an Taktgefühl, an Eharakter und an Vornehmheit betrachten uitb danach sein Vorgehen ein« richten würbe. Sonach müsste lebet verabschiebeie Offizier, ber i tu Besitz ber Uniform sei und dennoch seine Ansicht über Organisation, Bewaffnung, innere Znstäitbe itt einem ber HeeieSv>rwaltnng tuife» liebigen Sinne öffentlich zu bersteten wage, sich auf feine B r a n b m a r k n n g durch Entziehung bei Rechte» auf bie Uniform gefaßt mache ti. „Es sammt uns nicht unwahrscheinlich vor, bafe eilte KablnellSorbre, bie auf ähnliche Aus - sichten schliesst» lässt, in ber Tat ergangen sein könnte, wie wir beim auch hören, bafe ber offiziösen Ableugnung zum Trotz ben Fotdacher Nichtern wegen b r Nich tanSIchliefeung ber OessentlIch- feit im Bilse-Prozefe allerdings ein harter Tadel zu teil geworden fei. Ein« Interpellation im Reichstage würbe über beide Punkte ja wohl bie Klarheit verschaffen, auf welche daS brutsche Volk ein »ndebingteS Anreeht hat. Erscheint und) bet einen Nachricht bie Unabhängigkeit bet Militärgerichte auf ba6 Aeufeerste be - droht, so würbe bie anbere Ordre, sofern bie von mtS angebeuteteii Folgen au» ihr wttklich gezogen würben, eine Verkürzung bet Verfassung»inäßi, gewährleisteten Rechte einer ganze» Klasse von Staatsbürgern gegenüber bebeitleit.“ Sonderbare Phantasien bringt ber „Hann Cour." übet bett Ausgang be8 Kampfe» in Crimmitschau. Er schreibt: „In bett allgemeinen Betrachtungen über den An»- gaitg des sozialen Klassenkatnpie» in Criuuuitschau ist bisher ein bebciitfaiue# Moment wohl nicht auSreichenb genug gewfirbigt worden. Bo» mindestens eb-iifo grofeet Bedeutung, wie der Sieg ber Unternehmer über die Ar - beitet, ist ber Sieg, den bie Gewerkschafts - bewegung über bie in ber Sozialbemo» Cratic organisierte politische Partei er« rungett hat. Die Kommentare ber politischen Pr>fe- orgatte bet Sozialbemokratie zu bet Beendigung de» Streik» lassen nnziveifelhast etfeniten, bafe bie sozial» beut akratische Parteileitung bnrch den plötzlichen Abbruch br» Kampfe» seht unliebsam überrascht worben ist. Wenn e» noch bem Wunsche ber sozialbeuiokratischeii Scharfmacher gegangen wät^ Io sollte in Crimmitschau der Kamps bi» zur völligen Erschöpfung beider Teile geführt werden, unbekümmert darum, ob bie Crimmitschauer Industrie dadurch vielleicht für alle Zeilen lahingelegl worden wäre. In dem kritischen Stadium entschlossen sich die Führet bet Gewerkschaftsbewegung, diesem für beide Teile verhängnisvollen Ausgang bei Kampfe» mit Aufgebot aller ihnen zu Gebote steyeuden Mittel eulgegeuznwirken. Der Abg. Legien verhandelte selbst an Ort und Stelle mit ben Streikenden, unb el gelang ihm auch, Wie ber von ihm im „Vorwärts" über diese Verhandlungen veröffentlichte Bericht de» näheren barlegt, die Streikenden binnen wenigen Tagen davon zu überzeugen, dafe sie mit einer Fortsetzung de» Kampfe» ihre gesamte zukünftige Existenz in Crimmitschau auf ba» Spiel setzten. Die GewerkschaftSbewegnu» hat sich hier also in bet Tat im Gegensatz zu bet au»« schließlich bie Klassengegensätze ausstachelnben politischen Agitation bet Sozialbemokratie al» bie e in s i ch t i g e te unb für bte Arbeiter weitaus ersptiefelichcr Witkenbe Ver - tretung ihrer Interesse» erwiesen." Man fragt sich ganz unwillkürlich: Ist e» möglich,