18. Jahrgang o Mittwoch, den 20. April 1904 Hierzu eine Beilage. brr» i Uhr Abends), in den Filialen (bis 4 tthr Nachmittags), sowie in sämtlichen Annoncen Bureanr. Redaktion und Expedition: Feblandstrafie 11 in Hamburg 1. Mittelgut. Ich bin fein hervorragender Mensch, will weiter nichts, als zu dem großen Ban kleines Steinchen beigetcogen haben. Wenn e8 Bau überhaupt gibt. DaS ist die große JIttision sagte Marianne: froh, «ist Du ehr DaS „Hamburger Scho" erscheint täglich, außer MonlagS. AbonnementSPreis (inkl. „Die Nene Welt") beträgt: durch die Post bezogen ohne Vttngegeld monatlich M. 1.20, vierteljährlich A8.60; durch die Kolporteure wöchentlich 30 4 frei in» vau». (Eiujeliw Stummer 5 4. EonntagS-Nummer mit illustrierter Sonntagsbeilage „Die Neue Welt" 104. Verantwortlicher Redakteur: Gustav Wabersky in Hamburg. wird aus der Welt geschafft werdeu köuueil. Die Bevölkerung ist erschöpft, ausgepowert, iiberlastet und mit neuen Lasten bedroht. Fralikreich hat weit reichere Hiilfsquelleu als Deutschland, und England desgleichen. Und diese beiden Länder sollen nach den Wünschen der Sllldenlscheti von Deutschland mit dem Flotteuban überflügelt lverden! Einfach ein wahnwitziges Verlangen. Demi wenn der Gothaer alldeutsche Flotlenplau alisgefühit würde, so würden natürlich Frankreich und England auch inehr Schiffe bauen. Die Engländer in erster Linie haben für jeden, der es hören wollte, deutlich genug erklärt, sie würden auf der See keinen über- legeueii Gegner anfkoniineii lassen. Und dabei werden sie bleiben. Die Alldeutschen aber fragen nicht nach den Kousequeuzeil eines solchen Wettkampfes, der zum Bankrott des Reiches führen müßte, wenn es ihn anfnehnieii wollte. Die Stellung der Reichsregierniig zu all' diesen Frage» werden wir ja ersehen, weiiil die schon längst in der Luft schwebende Marinevorlage greifbar au den Reichstag herantritt. Sie wird natürlich aus die Torheiten und Phantastereien der Alldeutschen nicht eingeheu, aber sie wird, so fürchten wir, ihnen ein gutes Stück eutgegeukoimneu. Sie wird von dem unter gewissen Schichten der henscheiideu Klassen zur Zeit obwaltenden Tatendrang wohl ein Stück mitgerissen lverden. Dieser Tatendrang, der sich in verschiedenen Blättern mit chauvinistischem Geheul und Säbelrasseln ankündigi, kommt zum Teil wohl daher, daß die alten Parteien auf den Gebieteii der inneren Politik meist ratlos sind. Sie wisseii nicht, wie mit den sozialen Strömungen fertig werden, und manche Schichten erlvarieii darum alles von einer großeu Verwicklimg »ach außen, vor ivelcher die Fragen der inneren Politik vollkommen zurück- treten. Damit wäre nach der Meinnng dieser Leute auch die gefürchtete Sozialdemokratie überwunden. Eine Niederwerfung Englands, die Aneignung großer und reicher Kolouialgebiete, die Schaffung eines neuen Welthandels, das sind die Utopien dieser Leute, die dafür das deutsche Volk bis zur völligen Er - schöpfung mit Lasten bepacken wollen. Alle diese Utopien bedürfen gar keiner ernsthaften Widerlegung; sie lösen sich von selbst in Dunst auf, sobald sie mit der rauhen Wirklichkeit zusainmenstoßeii. Aber bie Gefahr bleibt, daß durch das unablässige Drängen und Treiben dieser Elemetite das Deutsche Reich in Verwicklungen bedenklichster Art gerät, bei denen es von dem Traum der Ueberlegenheit über die nun - mehr verbündeten Engländer und Franzosen auf eine sehr unangenehme Art kuriert lverden könnte. „Tolle Träumer", von denen ein alldeutsches Blatt spricht, sind ganz gewiß nicht jene Deutschen, die dem Flottenkoller Widerstand leisten, sondern vielmehr jene Elemente, die beut deutschen Volke zii- muten, sich vollständig auspowern zu lassen, um einem Phantom uachznjageu, das die Ausgeburt einer über - reizten Phantasie und eines tollen nationalen Dünkels einerseits und einer schrankenlosen Gewinnsucht ander - seits ist. setzen, Monaockjien stürzen und vernichten, oder wenigsten- die Welt verbessern. Ich bitt längst nicht mehr ehrgeizig. AIS Student, im Horsaal und tu der Kneipe, da habe ich verglichen. Ich gehöre zum Mittelgut. Nein, Marianne, daS verstehe ich besser, und Du wirst int rlxtnrf) schon lieb behalten Mannes, daß er bauen möchte. Maurer möchten wir alle fein, Freimaurer; ober faule Maurer sind wir. Denn ich meine Arbeit, Du weißt ja, die statistisch;« Geschichte, vollendet haben werde, bann müssen erst ein paar hundert ehrliche Menschen in ganz Europa dieselbe Arbeit noch einmal tun, und Millionen Unechte müssen um Hülse schreien, bevor wir hundert zusammen einen kleinen Stein zum großen Bau her- beifd affen können. Ach wao! Ein Saudkron für den Mörtel. Vor jeder Ameise hätten wir uns zu Manien, wir faulen Freimaurer." Zwei Tränen flossen feiner Geliebten langsam Siid-St. Pauli bei Carl Lementzow, Davidstr. 35. Nord-St. Panli, Eimsbttttel, Langenfelde bei Carl Dreyer, Margarethenstr. 48, Eimsbüttel. Hoheluft, <5ppendvrf, («roh-Tlorstel und Winterlinde bei Ernst Großkopf, Lehmweg 51, Eppendorf. Barmbcck, Uhlenhorst bei Theodor Petereit, Bachsir. 12, Barmbeck. Lt. («eorg, Hohenfelde, Bvrgselde, Hamm, Horn und Schissbeck bei Earl Ortel Banstr. 26, Borgfelde. Hammerbrook, Notenbnrgsort, Billwärder und Veddel bei Sind. Fuhrmann, Schwabeustr. 33, Hammerbrook. Crilbi-rf, Wandöbeck und Hinsehen felde bei Franz Krügers Sternstr. 36, Wandsbeck. Altona bei Friedrich Ludwig, Vürgerstr. 118, Altona. Ottensen, Bahrcufcld bei Johannes Heine, Bahrenseiderstr. 140, Ottensen „Nein." „Niemals?" „Nein. Bescheiden wir unS. Wir sind zwei Scherben aus gleichem Thon. Zwei Scherben, die zu einander paffen. Bilden wir uns nicht ein, baß wir zins zu etwas Ganzeni verbinden können." „Sprich nicht so," sagte Marianne und bog ihre Hand herab, daß sie seine Finger berührt«. „Mein Sieben magst Du mit einem Scherben vergleichen. Aber Deines nicht. Von Dir sollst Du so etwas nicht sagen. Nicht nur, weil es mir weh tut. Es ist auch nicht wahr." Pan Tenius fuhr ihr dankbar und schmeichelnd mit seiner linken Hand über die ihre. Sie sagte, noch leiser und schüchterner: „Du kennst mich immer noch nicht. Mir kommt Zweifel immer wie Schwäck)e vor. Adlige Mensckien, wie Du, sollten nie zweifeln. Sieh, Robert, ich bin ja dumm. Ader . . . Schon vor dem Unglück war mir Wolfgang oft so . . . Er mar zwar tüchtig in feinem Berus. Aber er zweifelte doch eigentlich an der Notwendigkeit von alledem, von dem Militär und so. Und sieh, darum bin ich ihm schon damals fremd geworden. W«il er nicht eins war mit seinem Beruf. Und barum bin ich Dir so vertraut, weil Du selbst willst, was Du . . ja, weißt Du: das, waS Du willst, willst, ist Dein eigener Wille . . . Ich habe Dich lieb. Gerade darum, weil Du kein Scherben bist, wie . . . plan die andere immer waren." Wrm Tenius antwortete nicht gleiche Sein« ^timmmig konnte er «der Geliebten nicht verbergen. Diskussion über da» Referat wurde schließlich folgenb( Resolution einstimmig angenommen: „Der Gesamtvorstand des Deutschen Flotteuvereiu» beschtteßt, unverzüglich in ei ne gr ofi züaig« Aziiation für eine erhebliche Verstör- SliiS beut Reichstage. Berlin, den 18. April. Zwei Resolutionen zum Etat des Reichskanzlers, betressend die Vergebung von Arbeiten für daL Reich, bildeten heute den Gegenstand der Beratung. Unsere Genossen verlangen, daß bei Arbeiten für daS Reich die Arbeiter anständigen Lohn und gute Arbeitsbedingungen haben sollen. Das kann erreicht werden, wenn in den Lieferungsbedingungen entsprechende Klauseln ausgenommen werden. In manchen Ländern, u. a. auch in Großbritannien, geschieht es. Dort wird den Lieseraitten zur Pflicht gemacht, alle Fordernngen der Tratte unions zu erfüllen. Das Zentrum stellt eine ähnliche Resolution, nur daß es auch Vorteile für die Handwerker schaffen will. Als erster Redner erhielt Gröber das Wort, der an der Hand der bestehenden Vorschriften nachwies, daß diese veraltet und nebenbei so unklar sind, daß kaum ein Jurist sich hindurchfinden kaun. Der Glaube, daß durch neue Vorschriften dem Handwerk große Hülfe und Rettung vor dem Untergang gebracht werden könne, spielte in einer Rede eine große Rolle. Anders faßte Genosse Dr. Braun die Sache au, einen Angriffskrieg vorbereiteii, sondern nur „zur Erhaltung unserer Biachlstellung" dienen. Im selben Atem aber wird davon gesprochen, daß eine solche Flotte der französisch-englischen Koalition „mit Er - folg" gegeniiberlreten könne — man denkt also doch an den Ernstfall, an einen Seekrieg, bei dem es wahrlich nicht darauf ankoinmt, wer der Angreifer ist, denn wenn sich die Dinge einmal soweit zn- gespitzt haben, dann greift eben derjenige an, für den der Angriff die meisten und besten Chancen bietet. Das hat man im japanischen Kriege gesehen. In der Gothaer Nesolntion sieht man den ganzen Größenwahn und Aberwitz der „alldeutschen" Flotten - schwärmer, wenn man zwischen den Zeilen lesen will. Denn Ivas diese Leiste wollen, ist nicht mehr und nicht weniger als eine Seemacht, welche England und Frankreich zusannwn überlegen ist. Nun ist die ganze Flotteufrage doch tvesentlich eine Geldfrage. Deutschland kämpft sich zur Zeit mit einem Defizit ab, das durch die kümmer - liche „Finanzreform" des Herrn v. Stengel schwerlich Größenwahn. Als dieser Tage angesichts deS englisch-franzö- sischeu Bündnisses im Reichstage die immer mehr fühlbar werdende Isolierung Deutschlands betont tumbe, meinte der Reichskanzler, Deutschland sei int äußersten Falle auch stark genug, sich allein feinet Hanl zu wehren. Stimmt dies, nun, dann ist auch kein Grund vorhanden, mit netten Forde - rungen behufs Verstärkung deS Heeres und der Flotte au den Reichstag zu kommen. Allein, so unnachgiebig die Regierung gegenüber allen Be - strebungen auf Erleichterung der Militär- und Steuerlasten ist, so nachgiebig ist sie gegenüber dem Drängen der Floiteusexe, gerade luic sie sich von den Junkern und Agrariern schieben läßt. Graf Bülow hat demgemäß mit seiner von ihm selbst gerühmten Kaltblütigkeit die über das englisch- französische Biiudniß sich aufregenden Flotteufexe nicht beruhigen können. Diese weisen wiederholt auf die geheimen Feindseligkeiten Englands gegen Deutschland hin; namentlich wird auch dem König von England eine sehr feindselige Gesinnnng gegen Detttschland zugeschriebeu. Dieser Monarch, hieß es unlängst in einem französischen Blatte, sei sich klar über den schweren Konkinrenzkampf, den Eng - land mit Deutschland zu bestehen habe, und er sei ein aufrichtiger Freund Frankreichs. Die Wendung ist also genau so- gekommen, iuie die Gegner der Welt- und Floiteiipolitik sie allezeit angeküiidigt haben. Die deutschen Großhändler, die davon träumen, mit einer großen dentschen Schlacht- flotte den Engländern ihre Seeherrschaft und ihren Wellhandel entreißen zu können, haben diese Absichten zu offen ausgesprochen, als daß nicht die Engländer bei Zeilen sich vorsehen sollten. Und zu diesem Zweck ist ein Bündnis mit Frankreich das bequemste und billigste Mittel, beim unter diesen Umständen brauchen die Engländer nicht einmal große Flotlen- verstärknngeii vorzunehmen, sondern können einstweilen ruhig zusehen, wie das Deutsche Reich sich „ver - baut" und sich immer tiefer in den MiUiardeu- Schiildeuabgrund hineindrängen läßt. - Die „Alldeutschen", die bekanntlich die Flotten- feyerei bis zum Wahnwitz treiben, haben dieser Tage in Gotha einen Beschluß gefaßt, der zeigen soll, wie man dem englischen llebergewicht zur See ent- gegeiitreteii muß. Sie fordern: Fertigstellung des Floitenprogramms von 1900 bis znm Jahre 1912 (anstatt 1920), schleunigen Bau der früher ab- gelehnten Anslandsflotte (unter Berücksichtigung der durch die inzwischen anders gearteten Verhältnisse gebotenen Aenderungen) und die Eisetzung der Küsten- panzerschiffe durch vollwertige Linienschiffe. Dies imt6 sobald wie möglich geschehen, sagt ein „alldeutsches Organ", wenn die Deutschen nicht eine Nation von „schwächlichen Träumern" bleiben wollen. Das alles soll natürlich nicht, sagt man, Loubcrbarcn Jllusioue» geben sich manche „Politiker" tu bezug auf den Charakter und die Absichten des neuen Scharfmacherverbandes hin. GS ist ihnen nicht geheuer bei der von dieser neuen Kampf» Organisation deS UnternehinertiunS drohenden Ver - schärfung des Ktaffenkampfeö, und sie möchten durch gute Ratschläge und Ermahnungen die Scharfmacher dazu bewegen, mildere Seilen aufzuziehen. So schreibt z. B. die „ W e f e r - Z l g.": „Auch uns steigen manche Bedenken bei dem Schritt des ZentralverbandeS deutscher Industrieller auf. Gerade in ihm verkörpert sich ant meisten jene R ücksichtS» l o f i g f c 11 d e S Unternehmertums, das auf die neuere soziale Entwicklung keine Rücksicht nehmen will und daS noch immer mit geheimen oder auch offenen Neignngen an dem ver - flossenen Sozialistengesetz hängt. In ihm sind die Kreise leitend, die sich von einer polizeilichen Aktion gegen die Sozialdemokratie etwas versprechen und die zugleich dem allgemeinen S t i m m r e ch t gram sind, Kreise, die auch dem Staate und den Konsiunenten gegenüber starkknochig ihren Vorteil wahrnehmen und dabei mit dem Schlagwort „national" verschwenderisch umgehen. Der Sozialreform dagegen sind sie meist gründ - lich abgeneigt. ES tst zu sürchlen, daß anch von dieser Seile her der Kampf manchmal mit un - nötiger Schärfe und Unpersöhnlichkeil geführt wirb, so daß die Allgemeinheit dabei Schaden leidet. Aber er liegt im Zuge der Zeit, daß diese fllich- tung die Führung an sich nimmt. Die Schärfe der sozialdemokratischen Angriffe erzeugt eine gleiche Schärfe in der Abwehr. Hart gegen hart, Ange um Auge, Zahn um Zahn. Au» Rücksichten auf die Allgemeinheit muß mau das mit Besorgnis auseheii. Aber es ist ei» Uebel, das ans der sozialdemokratischen Verhetzung hervorgeht; diese bildet dir Wiirzel. Von der Aktion des neuen Arbeitgeber- verbandes muß man hoffen, baß sie der N o t w e n d i g - feit versöhnlichen Verhaltens eingedenk bleibt und, soweit c8 irgend möglich ist, auf das schöne Ziel der „Förderung eines friedlichen Zusammengehens von Arbeilgebern und Arbeilnehmeru" hmwirkt. Denn nur m i t G rauen mag man daran denken, daß der soziale Kampf in Deutsch - land noch höher unsichere und daß unser Volk vollends in zwei Hälften anSeinanderfielr, die die Gesamtheit den größten Gefahren anssetzen, weil sie sich über die Verteilung deS nationalen Einkommens nicht einigen können." In ähnlichem Sinne schreiben aiich die „ D r e 8 d. Nachrichten": „Eins Miiß auch der schärfste Gegner der Sozialdemokratie und der lcbhafleste Frennd deS lluleruehtiieiltuus wünschen, daß nämlich die neue Organi- salion der Arbeitgeber über ihren kampfpolitischeu Zielen gegenüber ber Sozialdemokratie nicht die ebenso nölige soziale Friedensarbeit bernachläffigt. In dieser Beziehung läßt das Beste erhoffen, was der § 2 ber Satzungen besagt, bemz ’lge die Hauplstell« ausdrücklich von der Generalidee g iiet wird, ein fried - liches Zusammenwirken von Arbeiigeberu und Arbeil- iiehmeru zu ermöglichen. In welchem Sinne dieser Hinweis zu verstehen ist, darüber gibt eine vom bäue - rischen Jiidnstrielleuverbande kürzlich veröffentlichte Denk - schrift Aufschliiß, in der cs heißt: „Das Recht der Koalitionsfreiheit darf den Arbeitern nicht ge- iiomme» und auch kein Versuch gemacht werden, dasselbe in irgend einer Form beschränken zu wollen. Der Arbeil- geberbiinb muß grundsätzlich auf dem Staiidpnnkte stehen, daß jeder Mensch das Recht hat, sich durch Vereinigung mit feinen Berufs- genossen i in wirtschaftlichen Leben Vorteile zu erkämpfett." Diese Worte enthalten offenbar eine ehrliche Anerkennung der Gleichberechtignng der Arbeiterorganisationeit, sofern sie nicht politische Macht- und terroristische Parteizwecke verfolgen, sondern wiikiich auf die Hebung der wirt - schaftlichen Lage ihrer Milglieder bedacht sind. Um nun Schadenersatz nicht besteht, meint aber, es liege in dem eigensten Interesse des Schutzgebietes, daß die Geschädigten durch öffentliche Hülfeleistimgen zur Wiederaufnahme ihrer Wirlschaflsbetriebe in den Stand gesetzt werden. Aus dem Umstande, daß die Geschädigten sich int Vertrauen auf den Schutz des Reiches in dem Schutzgebiete angesiedelt hätten, laste es sich auch recht - fertigen, sie wenigstens in ihren notwendigen Lebensbe- büignitgen zu schützen und in ihrem Haus- und Nahruiigs- stande zu erhalten, wie man ja in der Heimat auch z. B. bei Ueberschwemmuugen entspringe. Die ungünstigen Er - fahrungen, die insbesondere in Preußen mit der Rück - erstattung von Darlehen gemacht worden seien, ob sie nun verzinslich oder unverzinslich gegeben wurden, ließen diese nur dort am Platze erscheinen, wo sie wie in Fälleit größerer Betriebe zur Aufrechterhaltlmg der Kreditfähigkeit der Geschädigleti ausreichen. In allen übrigen Fällen werde grundsätzlich die Form ber Beihülfe ohne Auf - lage der Rückerstattung zu wählen fein. Attszuschließett seien alle diejenigen, welche ttach- gewiesenermaßen beim Aufstande eine der Landes - regierung unfreundliche H a 11 u n g ange - nommen oder den Attf sta nd durch eigen - mächtige und gesetzwidrige Handlungen mit verschuldet hätten, keineswegs aber alle Ausländer. Zu bedenken feien insbesondere solche Aus - länder, die dem Schutzgebiete gute Dienste int Kampf gegen die Eingeborenen geleistet haben; die Entscheidung darüber empfehle sich dem Reichskanzler vorzubehalten. Für Beihülfen müste die Voraussetzung die Verpstichtiing des Geschädigten zur Wiederaufnahme seines Anwesens und zur Fortsetzung seines Wirlschaftsbetriebes im Schutzgebiete sein, .vanble es sich um eine Person ober Gesellschaft mit einem Lanbbesitz, ber ihre derzeitigen Winschastszwecke erheblich übersteige, so werde die Hülss- Iciftung von ber Abtretung eines angemessenen Teiles besbewirlsch asteten La nbbesitzes anbenFiSkuSzu Eigentum abhängig gemacht werden führung von Ba°uten werde meistens an großkapitalistische Baugeschäfte übertragen; der Bau von Kriegsschiffen, die Lieferung von Waffen, Stoff zu Uniformen, sowie die Lieferung von Kabeln, Telegraphendraht, Telephon- apparaten, Schienen für Eisenbahnen, Lokomotiven, Wagen usw. feien alles Dinge, bei denen das Hand - werk nicht konkurriere. Die Kostenanschläge werden meistens auf ber Basis berechnet, baß für eine nicht die Wangen herunter. „Du bist unglücklich, Robert. Skti hast Du? jkannst Dv es mir nicht sagen? O, icki weiß, Dtt bist ’u gut! Diese Verteidigung regt Dich auf, die Du übernommen hast. Der arme Pole regt Dich so auf. Seit dem Tage bist Du so." ,.ES mag fein. Aber ba$ muß ich dnrck'führen. DaS ist ein Hauptpunkt in meinem Programm. Ich mutz den Armen helfen lernen." Er zwang sich ruhiger zu werden, und begann ein leichteres Gespräch über Mariannens bevor - stehende Dresdener Reise, über die schwierige Er - ziehung Wölfis und über ihren ajjss' >M«o. sie ein - mal nach Dresden zu begleitens dort einen gan d e-tt S'ag, von Soiinenai'*^' Hs, Mitternacht frei und glücklich u»it ihr.Viv,(gingen. 1 (Fortfftnm, foW übermäßig lange Arbeitszeit ein anständiger Lohn ge - zahlt werben sann. Wenn nun Unternehmer die Kon - junktur ansnntzen und für Huugerlöhne die ©egenftänbe herstellen taffen, bann hat bas Reich keinen Nutzen, saubern fei eher gefchäbigl, weil meistens dem Lohn und den Arbeitsbedingungen entsprechend die Qualität der Arbeit anSsällt. Wenn aber in solchen Fällen, wo die Unternehmer Tarifverträge mit den Arbeitern ge - schloffen haben, das Reich auf Innehaltung der Verträge bringt, bann förbcrt es die Abschließuug solcher' Verträge. Sind solche Klauseln über Lohn- unb Arbeitsbedingungen in den Verträgen, baun hindert das Reich die schmutzige Ausbeutung, welche oft bei Arbeiten für das Reich vorkommt. Viele Unter - nehmer spekulieren auf bie Notlage ber Arbeiter und suchen int Hinblick hierauf anständige Unternehmer zu unterbieten. Mil einer großen Zahl schlagender Argu - mente an« ber Praxis begründete Dr. Brann jeden Satz und jedes Wort der Resolution. Wenn Gelegenheit vorhanden ist, über daS Hand - werk zu reden, bann kommt eine Fülle von Mittefftcuibs- retterreben. In diesem Strome schwanimen ber Mecklen - burger Dr. Dröscher, Erzberger, Böckler usw. Erzberger unb Böckler benutzten nebenbei bie Gelegenheit, gegen unsere Genossen zu polemisieren, indem sie den alten Kohl aufwärmten, daß die Vernichtung des Mittel - standes eine Forderung ber Sozicttbemokratie fei. Die Tatsache bes Rückganges des Hanbwerks erkennen sie an und brachten zum Teil recht jchlageube Beweise dafür. Sie waren auch nicht in ber Lage, nachzuweiseu, daß bas Handwerk in großem Umfang an den Lieferungen für das Reich beteiligt ist. In einem kurzen Schlußwort führte Dr. Braun bie hauptsächlichsten Argumente, welche gegen feilte Aus - führungen vorgebracht waren, ad absurdum. Als dann abgestimmt wurde, stimmten nur bie Freisinnigen unb unsere Genoffen für unsere Resolution; bie Resolution des Zentrums wurde dagegen fast ein - stimmig angenommen. Nur über den Grund konnte er tättsdzen. Und nicht einmal Täuschung war cs, ivenn er fein ganzes arbeitsames Leben überblickte und sich dann unzu - frieden nannte. Wieder einmal erzählte er ihr von seiner Jugend, aber diesmal anders, bitterer als sonst. Eine öllig mittellose Waise war er von seinem achten Jahre gewesen. Ganz unb gar von den Wohltaten wohlhabender Verwandten abhängig. Man hatte ihn großmütig nicht zu einem .Handwerker in die Lehre gegeben, man hatte ihn, weil er ein begabtes Kind war, studieren lassen; fünfzehn Jahre lang hatte er Bettelbrot gegessen. Sie hatten ihn nicht kärglich gehalten, die Verwandten. Aber täglich mußte er die Unterstützung bezahlen mit dem besten Stolze seiner Seele. Liebe hatte er heucheln müssen, Dankbarkeit, Achtung. Zwölf Geburtstage hatte er sich merken müssen. Zu jedem Geburtstag hatte er einen schönen Brief fdjteibeii müssen, unb zwölf auf einmal zu Weihnachten. Niemals warf mau ihm die Wohltaten vor. Mau lobte ihn, aber gönnerhaft. Fünfzehn Jahre lang hatten die Onkel unb Vettern — unb wie erst die grauen — ihn mit ihrer Gönner - haftigkeit hineingctrieben in den Haß gegen ererbten Reichtum, in den Haß gegen die Gesellsckzaftsovdnung, in den Haß gegen sich selbst, gegen seine eigene Un - wahrheit, gegen sein knechtisches Wesen „Du wirst es säum glauben Marianne, aber erst zwölf Jahve war ich alt, da Ijabe ich das Programm meines Lebens enfluorfen, nach dem ich bis heute gelebt fatbe. Vielleicht war es auch ein Lehrer, dem ich das Programm verdanke. Ein armer trauriger Mensch, der mich lieb hatte. Er hatte nichts zu ver - schenken al« seine Trauer. Zwölf Jahre war ich erst alt, da nahm ich mir vor undankbar zu fein, die Gnaden aller der Vettern und Basen hmzunehmem meine Seele dafür zu knechten, die Komödie dafür zu spielen, weil ich was lernen wollte, weil ich Hammer fein wollte und nicht Auibo», weil ich ein« Die Flottentreibrr sind wieder mit aller Macht an ber Arbeit, dem userlosesten WaffermilitariSmus bie Wege zu bahnen. Sie haben am Sonnabend inDresden getagt unb General Keim hielt ein Referat über „bie Ausgaben d e S Flotte «Vereins für die nächste Z n k u n f t" , in bem er auSeinauderzufetzen suchte, daß Deutschland vor der unadweiSlichen Not - wendigkeit stehe, mit aller Scfdjleunigung in eine ganz erhebliche Vermehrung seiner Kreuzerflotte einzutreten, jo daß tu i n b e fl e n 6 b i s zum Jahre 1912 drei ni ober ne Linien- schiffS-Doppelgefchwader nebst ben zu - gehörigen großen unb kleine» Kreuzern fertiggestellt sein müßten. Wenn mau anch nicht übersehen könne, baß außer der „Reform" des Fwtlengesetzes auch eineHeereSvorlage in Sicht sei, so sei es eben notwendig, daß von bet Regierung beide Vorlagen zu gleicher Zeit eingebracht werden müßten I Hand in Hand mit diesen Vorlagen werde eine „großzügigeSteiierresor m" einzu - leiten sein. Selbst eine nicht zu vermeidende Mehr - belastung- müßte ertragen werden. Nach längerer „Was hast Du, Robert? Sag eg mir. So warst Du doch sonst nicht." .Vielleicht ist c3 ber Frühling, mein liebes Herz. Da regt sich alle Kreatur, weil sie waS werden möchte." „Gesteh es mir ein, Robert, meine Liebe genügt Dir nicht." Sie waren wieder weiter gegangen Arm in Arm. Jetzt blieb van Tenius stehen. Der harte Zug um seinen Mund vertiefte sich, trotzdem er froh dazu lächelte. „Du bist ein Weib, mein Herz. Wir können uns darin nicht ganz verstehen. Nur einen früh - reifen Knaben, einen Jüngling sann bie Liebe ganz ausfüllen, wie sie das ganze Leben des WeibeS ver- schlingm sann. Ein Mann ist wie ein Solbat im Kriege Hat er nicht zu kämpfen, so hat e: doch zu niarschieren, und muß froh fein, wenn der Marsch geradewegs aufs Schlachtfeld los geht, und nicht ziellos in der Irre. Ich glaube, ich marschiere geradeaus. Darum habe ich viel andere? zu denken, als die Liebe. Das weißt Du und Du nimmst es hin. Aber etwas hat ja wohl auch so ein Soldat, was er noch lieber hat als ben Krieg. Sieh, mein Herz, das alte Wort: ich liebe Dich wie meinen Aug - apfel. Ich denke nicht immer daran, daß ich Singen habe. Aber unaufhörlich schenken sie mir Schönheit unb Glück, unaufhörlich schütze ich sie ganz instinktiv, und Itxnin ich an sie denke, so bin ich froh. Nein, bas Bild ist falsch. Denn lieber noch, als meine Augen habe ich Dich, Marianne." Sie Ivaren weiter gegangen, luibefiiinnsert um die Welt wie zwei Kinder. Arm in Arm und zu ¬ können. Bon bet Verpflichtung der Fortsetzung bc8 WirtschaslSbctriebes könne nur dann abgesehen werden, toeuu wie bei Witwen und Waisen die Weitersührung deS Betriebes untunlich sei. Da müffe aber dann die Abtretung deS Anwesens an ben FiSktiS zu Eigentum die VorauSfednng der Hülfeleistung fein. Nur bet un - mittelbare Schaden fei zu berücksichtigen; bie mit Ver - sicherung gebeckten Verluste, entgangener Gewinn und sonstige mittelbare Schäden blieben außer Betracht. Die Beihülfe fei oft zweckmäßig außer in barem Gelbe in Gestalt von Lebensrnitteln, Saatgut, Baumaterialien, HanbwerkSzeng zu verabfolgen, unb vielfach nicht auf einmal, saubern nach Maßgabe beS BebürfniffeS, bei Ausiühiuug von Arbeiten Ratenzahlimgeu je nach bem Fortschritt ber Arbeiten, bannt einer unwirtschaftlichen Verwenbung deS Gelbes vorgebengt werbe. Die Bei - hülfen soll eine fünfgliedrige Kommission festsetzen, als deren Vorsitzender der kaiserliche Oberrichter in Windhoek bestellt werden könnte und die sonst noch ans einem Beamten und drei Nichtbcamteu bestäube. Das wirkliche BcbürfutS wäre dafür entscheidend. Um rasch zu helfen, sei die Koimnission zur Gewährung von Vorschüssen zu ermächtigen, deren Gesamtbetrag etwa die Hälfte der zur Verfügung stehenden zwei Millionen Mark aber nicht überschreiten dürfe. (Segen die Entscheidung der Kom - mission soll den Geschädigten ein Rechtsmittel nicht eilt» geräumt werden, einmal, um endlose Reklamationen ab» zuschneiden, dann aber auch, um dem Geschädigten mög - lichst bald Klarheit zu verschaffen, über welche Mittel er bei Wiederaufbau seines Wirtschastebetnebes verfügen samt, und so die ernstliche, ruhige Arbeit zu fördern. Das kaiserkiche Goitveritenient schätze in einem Telegramm die Höhe der Verluste durch die aufständischen Hereros wie folgt: Vieh X. 5000000, Häuser .U. 137000, totes Inventar M. 484 000, Warenbestände M 702000, Mobiliar, Kleider, Wäsche M. 389 000. Der Ersatz wenigstens deS größten Teiles des geraubten Viehes werde voraussichtlich aus dem Beutevieh geleistet werden können. Wie weit nach diesen Grundsätzen eilte Entschädigung zu leisten wäre, wird davon abhängen, mit welchem Maßstab matt die Handlungen der geschädigten Ansiedler mißt. Nach allem, waS über die Ursachen des Herero- Ausstandes, besonders aus den Briesen der Missionare bekannt geworden ist, dürften sich nur wenige darunter finden, die frei von aller Schuld au bem Aufstande find. Es sind so viele „eigenmächtige und gesetz - widrige Handlungen" ber Ansiebler bekunbet warben, daß gar viele bei bett Entschädigungen ausjcheiden müßten. Es ist aber kaum zu erwarten, daß die Regierung sonderlich scharf prüfen wird, denn ihr lammt es vor allem daraus an, die weißen Ansiedler zu halten, weil ja sonst jeder Grund für daS Festhalten der Kolonie hinfällig werden würde. mal als Mann an der Tafel dcö Lebens sitzen wollte, an der geschmückten Tafel, nicht in der Bedienten - stube, nicht auftoartenb, nicht unter dem Tisch die Brosamen zusaiitmensuehen. Die hohe Weisheit l Fünfzehn Jahre Bedienter und ttachher bei Tisch sitzen! Und damals schon sagte sich ber zwölfjährige Junge, unb ich versichere Dir, Marianne, ich sagte mir cS damals klar unb jugendlich edel und fest, ich kann es Dir beweisen durch Tagebuchblätter: daß ich dann Hammer fein wollte nicht gegen die anderen Knechte, nicht gegen den allgemeinen Ambos, sondern der stärkere Hammer gegen die anderen Hämmer, die auf mich losschlugen, daß ich meine Straft und mein Gelerntes anwenden wollte zu Gunsten meiner Ge - noffen, ber Knechte unb Bebieitten." Marianne wußte, bah fid) bann, gerade als bau Tenius seine Studien vollendet hatte, seine Lebens - schicksale veränderten. Ein reicher Onkel war ohne Testament gestorben unb dem neugebackenen Dollar juris war eine Erbschaft zugefallen. (Sine Erbschaft, für die er nicht dankbar zu fein brauchte. Gerade genug, daß ein bescheidener einsamer Mensch, ein Volkkanwalt, von den Zmsen beinahe leben konnte. Sie erinnerte den Freund jetzt daran, daß durch diesen Zufall doch alles ausgeglichen wäre, daß er nun sein Programm ausführen konnte. Van Tenius lachte auf. „Jawohl, ich kann mir eine Stube bezahlen und mein Essen unb zu Weihuarwen einen neuen Anzug Ich brauche auch toeüer nichts. Und da mir nicht Geld genug bleibt, um einem Armen ein Stück Brot zu geben, so sann ich, was man mich lernen ließ, den Armen zur Verfügung stellen. Aber 15 Jahre habe ich lügen müssen, um das zu erreichen, uitb zwölf Menschen, lebendige unb^tote, Haden das Recht, mich f einen Lügner zu neunen." ÜDZarianne blieb stehen und faßte unbekümmert I um einzelne Zeugen seine rechte Hand. I (Nachdruck oerloten.l Kraft Woman von Zlritz McnrtHner. .S.t mußt Geduld mit mir haben," sagte er end- „Es lajwt etwas auf mir." Mannst Du es mir nicht sagen?" Nr. 92 KainburgerEcho lächelnd. „Gewesen ,j Berge wollte ich ver-1 zum yauzga useiar oer iscynygeoiere im jur ouo juo« berichtet: Ueber bie Art unb Weise der Erledigung der weswsrikauische Schutzgebiet bereikgestellten Fonds von Geschäfte des Landtages wird in maßgebenden parla- - — ■ ~ militärischen Kreisen der Standpunkt vertreten, baß mit