Nr. 269. Hamburger Echo 20. Jahrganq. la« „.frambnrfltr flFAo* «scheint täglich, außer Montag«. AbonnenientSpreiü (Inti. .Tie 'Neue »Selt«) beträgt: durch die Post bezogen ohne Bringegeld monatlich x l.iO, viertetji triich 8.60; durch die Kolporteure wöchentlich 30 * frei in« bau«. Einzelne Nummer 6 *. Eonntag«.Nummer mit illustrierter Sonntagibeilage .Tie Neue «Melt* 10 4. «erantworllicher Redakteur: Gustav WaberSkq in Hamburg. Sonnabend, den 17. November 1906. Anzeigen werden die fed>«gelpaltene Petilzeile oder deren Raum mit 80 *. für den 9lrbek«mnrft, Vermietung«, und ?samt»enanzetgen mit XO * berechnet. Anzeigen annahme in der Erpedition (di« 5 IIhe Abend«». in den Filialen (bl« 4 Uhr Nachmittags», sowie in sämtlichen Annoncen-Bureaux. Redaktion und trpebitien: issehlandstraste 11 In Hamburg. Jisistkii: Liid-Lt. 'Xfliili bei Friedrich Lendholt, Leilerstr. 27, pt. l. Nvrd-Lt. Wmebüttd, Vrtuqciiiclbe bei Lari Dreyer, Niarqarelheitilr. 72, Limsbiitlel. Hoheluft, (»vpciiburf, <6ros,. Vorstel unb aViiitcrbnbe bei Ernst ttrotzkopj, Üebntn>eg 51, Eppendorf. 4i »rciifclv bei Fohannes Heine, Bahrenietderstr. 14t), Ottensen. Hierzu zwei Beilagen. Militärgerichte. Die vom gegenwärtigen französischen Kabinett versprochene Aufhebnitg der militärischen Sondergerichtöbarkeit für strafbare Handlungen von Angehörigen der Armee wird von dem Wiener Max Bnrckhard als ein Fortschritt begrübt, der tote ein Märchen klingt. Worüber man in Deutsch - land, in Oesterreich unb anderen 'JDiilit irftaoten, >venn als Antrag gestellt, ohne meitereS zur Zages* orbiniitg übergeben tvürde, soll in Frankreich verivirllicht iverbeu, wo ooch die ,,grande armee“ der Hort und der Stolz aller Bürger ist. Freilich hat dort diese mittelalterltche Institution in einer Affäre, die das ganze Laub ausgewiihlt hat, be - wiesen, welche Art Biehl ihre Blühlen mahlen. lind in Deutschland? Welche Sentenzen von den Blilitärgerichten gefällt, welche drakonische Strafen sie über gemeine Soldaten verhängen unb wie gelinde dagegen foldatenfchinbende Btrgesetzte megkommen, hoben wir in unzähligen Fällen schau- deriid erlebt. Die Klassenjustiz ist schlimm. Aber noch weil schlimmer ist die militärische Kastenjustiz. Eine weit breitere Kluft als die zwischen Berufs- ridjient und Arbeiter» trennt an sich schon die rechtspred-enden Ofsiziere von den gemeinen Sol - daten. Dazu kommt aber noch, daß das militärische Shstem darauf zttgespiyt ist, die Borgesehten mit schrankenloser Autorität gegen die Untergebenen auszurüsten unb bngegeit bei den Gemeinen den unbei iitgieit Kadavergehorsam zu züchten und von ihnen zu fordern. Die jetzige Militärgerichtsbarkeit, hieß eS in der „Neuen Zeit" vor etwa zehn Jahren, steht int vollen Widerspruch zu dein uioberuen Empfinden und zielt neben aller! i anderem darauf ab, die Armee zu einer Prätorianergarde her Besitzenden z» gestalten und der Temokralisierung des Heeres entgegenzuwirken durch Stärkmig des Staube»« jöuUcUiici Olnjicre unb Schaumig einer Aus- nahmestellutig für die Armee. In letzterer Hinsicht kommt noch besonders in Betracht, daß sich die Militärgerichte auch für manche zivile Vergehen von Soldaten für kompetent erklärten. „Wenn die Militärgerichtsbarkeit die Notwendigkeit ihrer Ausnahmestellung, die äußerst dehnbare, kulturell ungerechtfertigte, barbarisch harte und grausame Höhe ihrer Bestrafungen damit redjb fertigt, daß es sich um Glieder der Armee handelt; toettn sie sich damit attsschließlich als eine Nierichts- barkeit statuiert, die nur militärische Vergehen und Verbreche» zu ahnden hat, so wäre ja die Konse - quenz, daß sie zivile Vergehen zu bestrafen nicht befugt ist, bereu Sühnung bett Zivilgerichteu viel - mehr zuueht unb von letzteren nach bürgerlichen Nechtsbegrmen entschieden und bemessen werben müßte" — schrieb seinerzeit Genosse Wenbland, »mb er führte überdies ans eigenem Erlebnis einen Fall von militärischer Judikatur an über zivile Ver - gehen, die vom Angeklagten vor feinem Eintritt in das aktive Btilitärverhältnis be - gangen wurden! Tie Militärgerichte, sagt Biirckhard, feien ein Ueberieft der ehemaligen Standesgerichte. Man erblidte früher die beste Gewähr der Anwendung des rsiechts darin, daß man dem Angeklagten zu- erfamtte, er dürfe nur von seine» Stattdesgeiiossen gerichtet luerbc». Man ist mit guten Gründen da - von abgelommen. Sollte jemand so einfältig sein, auf die mo - dernen Gewerbegerichte hinzuweisen? Die Gewerbe - gerichte sind ja eben deshalb gemischt, ans Arbeit - gebern und Arbeitnehmern zusammengesetzt, baut t die Klassetteiuseitigkeit vermieden bleibe. Dabei spielen bet ihnen keinerlei Standes- unb Interessen - gegensätze eine Rolle, foiibeni es Hanbelt sich lebig- lich tun die bessere Kenntnis nnb Urteilsfähigkeit über bie Konflikte in einem speziellen Gewerbe. Der militärischen Sonbergerichtsbarkeit bars bie Hattptschnlb daran auf» Kerbholz gebracht werden, daß bie Soldatenntißhandluttgen so schwer anszurotte» fittb, obgleich sie ber Militärverwaltung selbst, wie sie glaubhaft schon oft versichert hat, nicht behagen, schon weil sie der aUgenteineit Ser« stil» mutig gegen bett Militarismus kräftige Nahrung geben. Von einer richtigen Genugtuung für den Gepeinigten kann ja nicht bie Rebe sein bei diesen Gerichten, mich wenn der Peiniger ver - urteilt wirb; oft geling fügt bie lächerlich gelittbe Strafe ber Mißhandlung noch den Hohn Hinz». Daß deshalb and) viele Nlißhanbelte vom Be - schwerderecht keinen Gebraud) machen, liegt auf ber Hand; sie wissen ja, was bestenfalls dabei herauszu- fommeii pflegt. Darin liegt, sagt Bnrckharb, bas Wesen der all gemeinen Wehrpflicht, daß jeder Bürger sich in den Dienst ber Vaterlanbsverteidignng stellen soll, nicht aber, daß er für einige Jahre seines Lebens seines bürgerlichen Rechts verlustig geht unb einer Klassenjustiz ausgeliefert wird, ^agt man aber, bürgerlichen Gerichte» fehle für die eonberttatur der militärischen Verhältnisse baS Verstänbnis, so ist daraus zu erwidern: Sobald der Allgemeinheit für bie Sonderuatnr gewisser Einrichtungen das Verständnis fehlt, so ist das bet sicherste Beweis dafür, daß diese Sonderheit überhaupt zum Abbruch reif ist. Freilich aber ist ber Militarismus nach seinem ganzen beseitigen Charakter, unb ganz besonders der preußische, eine erzfendale In stil ution, trotz ber allgemeinen Wehrpflicht. Und unter diesem Gesichtspunkt sind bie militärischen Standesgerichte allerbings „stilgeredst". Dir UfDoluliüii in üchand. Verpachtung von Rußlands Einkiinsten !! Der Gehülfe des BerkehrsnunisterS, Miafiojedow- Iwanow, hm in einer Unterredung mit einem Mit - arbeiter ber "Birfchewvja Webernoftl" anerkannt, daß hn so unglaublich klingenden Gerüchte von der Austiahm- einer neuen Anleihe unter Sicherstellung durch bie Einkünfte ber 2 t a a t S e i f e n b a d n e n nicht ganz ohne Grund feien. Ans bett Siebe» wenbungen bei Ministers kann man außerdem entnehmen, daß auelänbiicbe Kapitalisten, nachbeni sie von der Ab - sicht ber russischen Regierung, 800 Millionen Rudel in ben nächsten fünf Jahren für neue Eisenbahnen aus- zugeben, erfahren batten, ihre Hülfe ber russischen Re - gierung angeboten haben, zuerst für den Bau neuer Eisenbahnen mit Material auSlänbtscher Provenienz, unb bann auch für benfelben Zw.ck mit russischem Material. Betbe Angebote waren für bett Staat nachteilig und mürben abgelchnt. Die Berhanblungen find aber nur provisorisch unterbrochen unb nicht gänzlich abgebrochen worben. Tie »Rjetsch" bemerkt baut, baß bie Worte MjassojedowS auf ein bevorstehenbes Tsushima ber ruisiichen Finanzen binbeuten Nur der Kontrolle der Volksvertreter entschlüpfn! Die« ist ber Wunsch ber Regierung. Wenn zuerst bie Einkünfte bc8 Staates zu biesem Ztvecke verpachtet werben, so können bann auch die Immobilien folgen, vielleicht auch ganze Gebiete, eS können bann auch Teile brr Bevölkerung al» Garantie bett ausländischen Bankier» unterworfen werden, welche baun zu Rußland» Herrschern werden würden 11 • Wo bleibt das Geld? »Rußkja Wjedomosti" meldet, der Gehülfe des Mi - nister« de» Innern, Gurk», habe der amerikanischen Firma Ltdval, die hier ein Geschäft für Porzellan» loiletten hat, den Auftrag gegeben, für 10 Millionen Rubel Getreide für notleidende Bauern anzukaufen Tie Firma habe bereit» 8nO 000 Rudel Vorschuß erhalten, aber nicht» geliefert. Das Blatt fügt hinzu, dieser Auftrag habe sogar im Ministerium grotz-S Miß - vergnügen erregt. Russische Poltzetfchniiffelet in Deutschland. Der „Towarilch" vom 9. November meldet, daß Agenten ber russtiwen Geheimpolizei, welche vom Postzei- bepartemeut in» Ausland abfouiniaitbiert wurden, in Deutschland bett Aufenthaltsort einiger bekannter Revolutionäre aus ben Ostsee» Provinzen entbeeft haben sollen (jo meint wenigstens die Polizei). Obgleich mit ber grössten Sorgfalt Untersuchungen über biefe Personen angefteüt wurden, können dennoch denselben keine gemeinen Verbrechen zur L'aft gelegt werden. Trotzdem verliert das Polizeidepartement nicht die Hoffnung, die Auslieferung dieser Personen durchsetzen zu können. Der deutschen Regierung traut man eben alle« zu! ♦ Sozialdemokratie und Wahlagitation. Die Zentralwahlkommission der russisch - sozialdemokratischen Partei hat einen Aufruf erlassen, der die für die beginnende Wahlkampagne notwendigen Jnstruttionen enthalt. In den Städten werde die Sozialdemokratie in zwei Änticn die Wahlen durchzusühren haben: in der Fabrikarbeiterkurie und in der städtischen Kurie. Schwierige und komplizierte Aufgaben stehen der Sozialdemokratie in der stä d t i s ch e n Kurie be - vor. Zuerst muffe die Ausgabe der Schaffung von besonderen Organisationsgedilden für die Zeit der Wahlen gelöst werden. Tie Städte seien für die Wahlen in Wahlbezirke eingekeilt; dementsprechend müssen von der sozialdemokratischen Partei B e - zirkswahlkommissionen eingerichtet wer - den. Die Einzelheiten ihrer Organisation werden die Lokalorganisationen der Partei, den örtlichen Verhältnissen entsprechend, ausarbetten. Prinzipiell müsse aber gesagt werden, daß die Parteiträfte und der Parteiapparat allein nicht auSreichen werden, um allen Ersordernifseit der Wahlkampagne zu ge - nügen: nicht nur um einer besseren technischen Ge - staltung der Wahlkampagne willen, sondern auch zum Zwecke der Ertveiterung der Einflußsphäre der Partei sollen in die Wahlakuon nach Möglichkeit alle aktiven Elemente der Bevölkerung, die mit der Par- tei sympathisieren und ihr nahe stehen, hineinge - zogen werden. Es gehören hierher die h a l b p r o l e- tarischen Elemente, wie die Handlungs- gehülfrn, die Eisenbahner »sw. Die Errichtung von ,\oülf»Organisationen für die Wahlaktion in ihrer Mitte werde auch eine Basis für die künftige Er - weiterung des Einflusses der Partei sein, jetzt aber sei sie nötig, um dies« Schichten in den Wahlkampf zu Gunsten der Sozialdemokratie hineinzuziehen. Es sollen auch die Studenten und die intellektuellen Elemente von der Partei berangezogen werden. Die zur Partei gehörenden Wahllonimissionen sollen die allgemein« Leitung in ihren Händen behaften; außerdem aber sollen halb zur Parte, gehörende technische Organi- s a t i o n e n errichtet werden, in welche die zur Ptiktvirkung herangezogenen obengenannten HüIfS- fräfle cintrctcu werden. Es solle ben letzteren mög - lichst viel Bewegungsfreiheit und Spielraum für ihre eigene Jnitiaktve innerhalb der von ihnen unternommenen Aktion gewährt werden. Die zur Partei gehärenben W ihlkomtmssionen aber sollen c5 bei ihrer leitenden Rolle verstehen, den Massen Vertrauen einzuflößen, und die natürlichen Führe - rinnen der Masten bei der Durchführung der Wahl - kampagne zu werden. Die nächstliegende Aufgabe der Wahlorgani - sationen sei, dafür Sorge zu tragen, daß alle Wahlberechtigten ihr Wahlrecht aus - üben. Vor dem Moment, wo die Behörden die be - reits zusammengestellten Wählerlisten veröffentlichen, werde es nötig fein, durch ein in den w ei - te st e n Kreisen verbreitetes Flug- blatt den Wahlberechtigten ans Herz zu legen, daß sie die Wählerlisten prüfen und bet etwaiger Nichteintragung ihrer Namen Beschwerde einreichen sollen. Jetzt aber sollen die Wahlorgani- sationen unverzüglich ein Flugblatt her- ausgeben, worin die Wahlberechtigten aufge- sordert werden, für die Eintragung ihrer Namen in die Wählerliste die nötigen Er - klärungen abzugeben; in diesem Flugblatt solle Die Judenfrage. den linge wieder der daß Ter Kriegszustand soll helfen. In K r o n ft a d I ist ber Belagerungszustand durch mälrr wurden in einen Winkel gestellt und die Orden gerieten an den Unrechten, indem der Deko - rierte entweder vorher schon unwürdig war ober sich nachher als unwürdig erwies. Das alles, unb wir haben nur das Gröbste herauSgeriffen, hat unser , Und bie agrarische „Deutsche TageSztg." bemerkt zu dem, was Bülow über die Besserung ber Be - ziehungen zum Auslande gesagt hat: „Wenig genug ' Wir hahi-n eben Nicht schneidig genug. Der Kommandeur der Rostowicheu Grenadier- Re g i m e n i s, Oberst G i m a u s k i, wurde zu acht - monatiger Festungshaft unb Beschränkung einiger Dienst- rechte verurteilt, weil er eS unterlaßen hatte, zur Unter - drückung der Gärung unter ben Mannschaften seines Regiments geeignete Maßnahmen zu treffen. De» Schergen entronnen. Wie nunmehr festgestellt ist, b trägt bie Zahl ber gestern ans bem Gefängnis von Kronstadt ent - wichenen Matrosen zehn. Die angestellten Nachforschungen hatten bisher keinen Erfolg. ist da«, wenn man genau zu! bie Vorteile verspielt, die totr früher br ¬ üt Polen. Der Kongreß b iichen Dokumente besorgt werden. Die Flug - blätter mit der Ermahnung zur Eintragung in die •Wählerlisten sollen so wen wi< möglich verbreitet war - ben: «3 solle ihre renelmäffige Verteilung in ben Werkstätten, ben Läden, den kleinen Woh. nungen orgavfiert werben. Zu diesem Zweck« muffe man jeden Wahlbezirk in Unterabteilungen ein- teilen. Hier werd« für Arbeiterorganisationen, Stu- deuten- und andere intellektuellen Gruppen ein gutes Stück Arbeit zu leisten sein. befürchten zu muffen, daß nach den „Uebungen* und Gepflogenheiten der Wahlprii'ungskon misin oi« Si eines der Regierung gen>Huten Abgeordneten für ungültig erklärt werden könne. Unsere (Sen offen Herbert, Geyer und Fifck er (Berlin), wie auch die freisinnigen SXtrten, Gothe n und v. G.rlach geiß iten in scharfen Worten fomn 1 [ die G pflogenheiten der Komimssiou, wie namentlich die Verleidigungrart WellfteinS, die durch juristische Fin fi,n ben gesunden Menichenverstand zu ersetzen sucht, wodu ch dem RechtSdewußifetn de» Volkes ein schwerer Schaden zugefügt wird. Entgegen dem Anträge der WaHlprüfungSkommisfion, die durch amtliche Wahlmachenichaften beenifliibku Wahlen der Iunkergeuoffeu Dietrich (3. Potsdams lind ist al semi® (3. stosliu) für gültig zu erklären, wurde von den Frosiiinfgrn der Antrag eir» gebracht, und von den Sozialdemokraten unterstützt, diese beiden Wahlen für ungültig zu erklären unb hinüber namentlich abzustimmen. Den int Senioren» konvent getroffenen Öereiubarintgen gemäß sollen diese namentlichen Abstimmungen erst morgen ftatlfinben, und zwar gleich zu Beginn der Sitzung. Bülows „große" Rede hat im Ausland« augen - scheinlich einen besseren Eindruck gemacht, als im Jnlande auch nur auf diejenigen, die sich sonst so leicht unb so gern von bem guten Willen unb bem Können ber Regierenden überzeugen lassen. Während die ausländische Presse bie glatten Phrasen Bülows, bie vorsichtig alle« vermieden, was irgendwo anstoß ii konnte, mit einigem Wohlwollen ausgenommen hat, haben bei unS selbst nationalliberale Blätter allerlei an ber Rebe auSzusetzen. Der »Haitn. Courier” ver- steigt sich sogar ba*u, von einem „geschickten Kartenspieler ft uckchen" zu schreiben, mit bem ber fürstliche Kanzler die Sorgen, bie von allen Parteien in gleicher Weise empfunben werden, al« nicht vorhanden auf dieser Welt bet Tatsachen eSka. motiert hatte. lieber die Sicherung ber Bansordernngen ist bem Reichstage jetzt cm Gesetzentwurf zugegangen. Er geht davon aiid. baß die Maßregeln, die er zur Sicherung bet Bauforbetungen vorfchlagt, nur da zur Anwendung gelangen sollen, wo eine leb - hafte Bautätigkeit herrscht, infolge deren Mißstände bereits hervorgetreten ober zn befürchten finb. Voraussichtlich werben wohl nur die großen Städte und einige mittlere Städte in Frag« kommen; für da» platte Land besteht nach der Be - gründung ber Vorlage ein Bebürfni» zu den Maß- nahmen des Gesetzes kaum. Die Vorlage bezieht sich auch nur auf Neu- bauten, nicht auf Umbauten, Anbauten unb Re varatur bauten. Es kommen nur G>" äime tu Wohn, unb gewerblichen Zwecken in Betracht. AuS» geschloffen bleiben öffentliche Gebäude, Nischen, Kapellen. Die Sicherung soll durch Eintragung eines Bau Vermerks auf dem Grunbbuchblatt IBet- merk, daß ba« Grundstück bebaut werden sott) statt« finden. Mit ber Eintragung des Bauvermerks er - werben bie Baugläubiger ben Anspruch auf Eii/tra- gung einer Hypothek für ihre Bauforberungen (Bau- hhpotbef) ; der Bauverinerk hat die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung diese« Anspruches. Die Eintragung «ine» Bauvermerkes unterbleibt, wenn in Höhe eine» Betrages, ber nach dem Ermessen der Baupojizeibehörde den vierten Teil ber voraussicht - lich entstehenben Baukosten erreicht, Sicherheit bureti Hinterlegung von Gelb ober Wertpapieren ge - leistet ist. Baugläubiger finb bie an ber Herstellung de« Wcbäube« auf Grunb eines Werk» ober Dienst - vertrags Beteiligten sowie diejenigen, welche zur Herstellung de« Gebäudes Sachen ncliefert haben, sofern bi« Werk-, Dienst- oder Lieferungsverträge von bem Eigentümer ber Baustelle ober für seine Rechnung geschloffen worben sind. Dem Eigentümer der Baustelle fleht gleich, wer den Bau mit Zu - stimmung bi» Eigentümer« al8 Sunkerr auifv.brt. I Hat ber Eigentümer bie Herstellung des Ge- taube« ober eine» einzelnen Teiles be« Gebäudes einem Unternehmer übertragen unb war ihm besannt ober infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt, daß bem Unternehmer bie zu ber Her - stellung erforberlidicn Mittel nicht z u Gebote standen ober daß dieser nicht die Absicht hatte, die au» ber Herstellung für ihn erwachsenden Verbindlichkeiten in vollem Umfange zu erfüllen, so gelten die Baugläubiger auch bann als Baugläubiger, wenn bie Verträge von bem Unternehmet ober im Falle ber SIBeiteriibertragung ber Herstellung an anbere Unternehmer von einem solchen geschloffen worben sind. Den von einem Unternehmer ge - schloffenen Verträgen stehen Verträge gleich, bie für seine Rechnung geschloffen worben finb. Megen die Zeugnibpsiicht will auch da« Zentrum die R e i ch S t a g « abgeorbnetem schützen. Zu dem Zirecke haben hie Abgeordneten Gröber unb Genossen rinnt Antrag eingcbrachi, wonach bem Artikel 30 der Reich«» Verfassung folgender Satz hinzugefügt werden soll: „Dem - gemäß sind die Mitglieder de« Reichrtage« auch berechtigt, in Ansehung desjenigen, wa« ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut ist, ihr Zeugn,» zu verweigern." Außerdem beantragt da« Zentrum, alle hierzu von den verschiedenen Fraktionen gestellten Anträge einer besonderen Kom - mission zur Vorberatung zu überweisen. Der Antrag ist eine Halbheit, ba er nur die Mit - glieder de» Reichstages schützen will Da sind die Anträge ber Freisinnigen und Nationalliberalen vor - zuziehen, die eine Regelung der Frage in der Straf» prozeßordntmg und die Gewährung be« gleichen Schutze« auch für die Mitglieder der übrigen deutschen gehn» gebenden Versammlungen wollen. Notwendig ist er für die letzteren im selben Maße wie für die ReichStagD- abgeorbneten. Mehr «IS die Fleischt, ot scheint dem Zentrum die Einfuhr von malzfähiger Gerste gegen den niedrigeren Zollsatz für yuttergerfte Schmerz zu be - reiten. Ta» Zentrum soll zwar auch beabsichtiuen, eine Fleischnot. Interpellation ein,»bringen, aber e« ist noch nicht über die Erwägung der Angelegenheit binauigefommen. Dagegen hat der ZentrumSabgeordnet» speck folgende Interpellation eingedracht: .Ist dem Herrn Reichbkanzler besannt, daß ausländische Ger ft e, die unter Jnanspritchiiahme de« für Futtergerste geltenden niedrigen Zollsatzes in da» deutsche Zollgebiet eingeführt wurde, tatsächlich al« .Malzgerfte" Verwendung findet? Wo« gedenkt der Herr ReichSkai^zler zu tun, um diese Umgebung be» im Zolltarif für Malzgerste festgesetzten Zollsätze« für die Zukunft unmöglich zu saßen. Wir haben sie verspielt durch eine Politik der Unstetigkeit und Nervosi - tät, der Stimmungen unb Verstimmun - gen, ber Telegramme unb Geschenke, ber unerwiberten Liebeserklärungen nnb ber bonnernben Reden. Aus diese Er - klärung unserer Mißerfolge in der Baffermannschen Interpellation ist Furst Bülow g ar nicht e i n g e- angen. Er leugnet ja Mißerfolg« überhaupt. Dir wollen ihm da« nicht zu sehr anrechnen — er lenn ja gar nicht anders. Im, selvi: trifft auch bie geringste Schuld an ber unerfreulichen Gestaltung unserer Lage. Al« er ins Ami trat, war bet starren bereits so verfahren, baß er kaum mehr hte richtige Geleise gebracht werden konnte. Beneidenswert ist bie Aufgabe bes Reichskanzlers wahrlich nicht. Seine ganze Tätigkeit besteht barin. bie Löcher zu flicken; bie Zukunft wirb ben Fürsten Bülow vielleicht richtig bezeichnen al» —beS Deutschen Reiche« Flickschneiber." Die .Franks. Zig." zieht sehr treffend bas Re - gister besten, wa« Bulow in seiner „großen* Rebe nicht berührt hat. Sic schreibt u. a.: „Es ist, mit dürren Worten gesagt, baS persönliche Regiment des staiserS, das sich auch in der auswärtigen Politik, diesem heikelsten aller politischen Gebiete, sehr un - liebsam tnb mit ben übelsten Folgen bemerkbar macht. Fürst Bülow hat gesagt, er könne das Miß - trauen unb bie Beunruhigung ber Englänber nicht begreifen. Hat er benn ba« strüger-Tele- gramm vergessen, da« den Buren bie Hülfe I'cutfdflanbd gegen England in Aussicht stellte, ober glaubt er wirklich, daß diese- Telegramm nicht ge - eignet war, das Mißtrauen ber Englänber zu er- regen, unb batz bie Reben von ber „gepanzerten Faust', „Unsere Zukunft liegt auf bem Wasser" unb bergt, die Wirkung haben konnten, daS einmal erwachte Mißtrauen zu beseitigen? Dann wurden die Völker Europas zur Wahrung ihrer heiligsten Güter gegen die Japaner aufgerufen und der Zar al« „Admiral deS Großen Ozeans" ge. feiert; glaubt man, daß bie Japaner die» so leicht ver - gessen w rden? Hieraus warf sich der Kaiser zum Schirm- berrn des Sultans und aller Mohammedaner auf; das hatte zur Folge, daß eine tiefe Bewegung sich der mohammedanischen Welt bemächtigte, wa« den Engländern und Franzosen, die viele Millionen mohammedanischer Untertanen besitzen, nicht gleich- gültig sein konnte. Man denke ferner an bie 2 a n b u n g in Tanger, bie ben Marokkanern ben Rücken gegen Frankreich steifte unb eine schwer« Kriegsgefahr beraufdeschwor; wenn heute noch ber Maghzen bie Durchführung ber AlgeciraS-Akte zu hintertreiben sucht, so kann es nur in ber Hoffnung geschehen, baß Frankreich und Deutschlanb über biefe Durchführung boch noch in Streit geraten werben. Fürst Bülow Hai gestern gesagt: „Mir finb in Serbien österreichisch, in Bulgarien russisch unb in Egnpten englisch." Warum, muh man fragen, nicht in Marokko französisch? In aller Erinnerung ist noch, daß durch das Telegramm, da« den Grafen GoluchowSki als „brillanten Sekundanten" feierte, die Italiener so schwer verletzt wurden, daß darüber der Dreibund ganz in die Brüche zu gehen drohte. Und was war denn der Erfolg aller dieser machen V Daten? Wir Haden die Buren im Stich gelassen, So beeilt sich ba« Zentrum , ben zollhungrigen bie Japaner Haden den „Admiral des Großen Agrariern feinen „guten Willen", ihnen die Wucher- Ozeans" besiegt, der Sultan würbe vor französischen Profite au» den Agrarzöllen zu sichern, zu beweisen, und englischen Flottenbemonstrationen nicht beschützt. Wenn es sich dann wohl ober übel hinterher noch zu die Marokkaner würben preiSgegeden unb bet einer eigenen Fleifchnot-Jnterpellotion entschließt ober „brillante Sekundant" ist heute ein toter Mann. Die ber schon vorliegenden beitritt, so sann c6 zur Beruht üble Stimmung hat der Kaiser durch liebenswürdige gung feiner agrarischen Freunde auf die Gersten-Jnter Telegramme, schmeichelhafte Reden, Ordensver. peUation verweisen. leihungen unb Denkmalsgefchenke zu beschwichtigen I gesucht. Das sind ungefähr die Mittel, mit denen |