Nr. 132. Sonntag, den 9. Juni 1W7. 21. Jahrgang. LamvurgerEcho. Das „Hamburger Echo" erscheint täglich, außer Montags. Rbounementspreis (inkl. „Die Nene Welt") durch die Post bezogen ohne Bringegeld monatlich * 1,20, vierteljährlich .«■ 3,60; durch die Kolporteure wöchentlich 30 4 frei ins Haus. Einzelne Nummer 5 4. Sonntags-Nummer mit illustrierter Sonntagsbeilage „Die Neue Welt" 10 4. Kreuzbandsendungen monatlich 2,70, für das Ausland monatlich K 3,50. Redaktion: Fehlandstraße 11, 1, Stock. Hamburg 36 Expedition: Fehlandstraße 11, Erdgeschoß. Verantwortlicher Redakteur: Karl Petersson in Hamburg. Anzeige» die sechsgespaltene Petiizeile oder deren Raum 35 Arbeitsmarkt, Bermietungs- und Familienanzeige» 20 4. Anzeige»-Annahme Fehlandstr. 11, Erdgeschoß (bis 5 Uhr Nachmittags), in den Filialen (bis 4 Uhr Nach«.), sowie in allen Annoncen-Bureaux. Platz- u. Datenvorschriften ohne Verbindlichkeit. Reklamen im redaktionellen Teil werden weder gratis noch gegen Entgelt ausgenommen. 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Das Bestechungsunwesen in Handel und Verkehr^ Bestechungen und Bceiiiflussuugen in unredlicher Absicht sind so alt wie der Interessengegensatz nnd Kampf in der Menschheit, der den Zwiespalt zwischen dem eigenen und dem fremden Vor - teil begründet und durch das Zusammenwirken einer ganzen Reihe von Faktoren wirtschaftlicher, sozialer und politischer Natur in die Erscheinung tritt. Wunderbar im eigentlichsten Sinne des Wortes wäre es, wenn die moderne Gesellschaft, die unter der Herrschaft eines hochentwickelten kapitalistisch-mainmonistischen Systems steht, wenn insbesondere Handel und Verkehr non deni Uebel frei geblieben wären. Wurzelt dieses System doch in der freien Konkurrenz, die, ganz objektiv betrachtet, scharfe und genaue Unterscheidungen zwischen lanterem und nn- lauterem Wettbewerb im geschäftlichen Verkehr gar nicht zn- läßt, wenn man sich an einen höheren Sittlichkeitsbegriff hält, als ihn das Konknrrenzsystem selbst mit seiner grundsätzüch beanspruchten unbeschränkten Freiheit des Profitinachens entgegen der Praxis herausgebildet hat in festen Regeln für das geschäft - liche Verhalten, deren Verletzung als „unlauter" empfunden wird. Man hat im Namen der „geschäftlichen Moral" eine „Gleich - heit" des Wettbeiverbs angestrebt gegen diejenigen Konkurrenten, die vor den als nnlanter geltenden Machenschaften nicht zuriick- schrecken. Und uni diese Gleichheit — die ungefähr der durch völkerrechtliche Satzungen festgestellten „Hnmanisternng" gleich- kommt — zu erzwingen, hat man vielfach, auch in Deutschland, besondere Gesetze gegen die „illoyale Konkurrenz", gegen den „unlauteren Wettbeiverb" geschaffen. Als eine spezielle Art solchen Wettbewerbs, oder wenigstens als ihm sehr nahe verlvandt nnd vielfach ihm dienend, kann das Bestechungsnntvesen im Handel und Verkehr ange - sprochen werden. Dieses Unwesen ist nicht neuman hat es schon im Altertum nnd im Mittelalter, soivie in der „guten alten" Biedermeierzeit gekannt; es hat aber im Laufe der Ent - wicklung des kapitalistischen Wirtschaftssystems im Geschäfts - verkehr aller Jndnstrievölker immer bedenklichere Formen ange - nommen. Eine dieser Formen ist die: der indnstrielle Unter - nehmer oder der Verkäufer bemüht sich, durch persönliche Be - einflussung unter Anbietung und Gewährung von Geld, Geldes - wert, Geschenken aller Art und sonstiger Vorteile, die bei dem Bestellungs- oder Kaufgeschäft, bei der Beivertung der Offerten, beim Abschluß des Vertrages, beim Empfang der Waren, bei der Kcntrolle über die zu erfüllenden vertraglichen Leistungen, bei der Verwendung der zn liefernden Waren rc. rc. maßgebenden Angestellten oder Bevollmächtigtell privater soivie auch öffentlicher Unternehmungen zu bestimmen, ihm den Vorzug zn geben, die Leistung ihm zu übertragen. Dabei ist dann in der Regel stillschiveigende Voranssetznng, daß die hier in Rede stehenden Personen über etwaige beabsichtigte oder nnbeabsichtigte Mängel der Leistung in Qualität und Quantität hinwegsehen, daß sie gute, mitunter außerordentlich hohe Preise für gering - wertige Leistnngen vereinbaren, zahlen oder zahlen lassen. Ja, nicht selten kommt es vor, daß das Schmiergeldsystem dazu dient, solch ein unreelles nnd geradezn betrügerisches Verhältnis förmlich vertraglich zn begründen. Zn welcher Mon - strosität diese Praxis sich ansivachsen kann, dafür hat der in Schwerin verhandelte Prozeß gegen den Betriebs - inspektor einer Irrenanstalt und einige Geschäftsleute sensationelle Enthiillnngen gebracht. Ma» darf wohl sagen, daß derartige Praxis ein Uebel ist, auch dann, wenn sie strafrechtlich nicht faßbar ist; sie ist geeignet, das zu erschüttern, was man „Tren nnd Glauben" im Geschästsleben nennt, d. h. die allgemein anerkannten Norinen geschäftlicher Moral; jedenfalls wirkt sie korrnmpierend auf viele einzelnen mib auf das geschäftliche Leben, denn fast in alle geschäftliche Verhältnisse und Beziehnngen ist sie eingedrnngen. Dieses Schmier- und Bestechniigssystem ist in seiner be - kannten Ansgestaltnng eine Konseqneilz und Begleit - erscheinung des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Sehr oft ist schlechte, ungenügende Bezahlnng öffent - licher Beamter und privater Angestellter seine Ursache. Was als Uebel erkannt ist, das muß als solches be - kämpft werden. Darüber kann es keinen Streit geben. Aber wie, mit welchen Mitteln soll die Bekämpfnng erfolgen? Diese Frage ist streitig. Man hat die Strafgesetzgebung au - gerufen. Die Engländer waren die ersten, die sich mit der Idee beschäftigten, dem Uebel mit den Waffen des Strafrechts entgegenzutreten. Im Jahre 1899 begann das Parlament sich mit der Frage zn beschäftigen auf Grund eines Gesetz- entlvnrfs, der mehrfache Veränderungen erfuhr, ehe er erledigt wurde. Im April 1903 trat die „Times" für strafrechtliche Maßnahmen ein mit der Begründnng, das Uebel liege vor aller Augen und wachse zusehends; es sei überall; es durchdringe alle Zweige von Handel nnd Gewerbe nnd mache Gaunerei zum handelsüblichen Gebrauch. Im Jahre 1905 schuf das Parlament das am 1. Jannar 1907 in kraft getretene „Gesetz znr besseren Verhütung der Bestechungen." Darin wird Gefängnisstrafe angedroht, u. a. für die im ge - schäftlichen Verkehr in unredlicher Absicht geschehende An - bietung oder Annahme von Geschenken. Die Unionsstaaten Rhode-Island nnd Massachusetts haben im Jahre 1904 ähnliche Gesetze „znr Verhütung un - redlicher Beeinflnssnng von Agenten, Beamten oder Bediensteten" geschaffen. Und in Deutschland ist in den letzten Jahren eine starke Strömung entstanden die ein solches Gesetz erstrebt. Diese Strömung ist nicht etwa aus „mittel - standspolitischen", ans zünftlerischen Kreisen, sondern aus Kreisen des radikalen Liberalismus hervorgegangen. Die Frank - furter Halbmonatsschrift „Das freie Wort" war das erste deutsche Orgau, das (Nr. 15 vom 5. November 1901) empfahl, der bedrohlichen Ansbreitnng der Bestechungen und Beeinflussiinge» in Handel nnd Verkehr strafrechtlich beiznkv»»nen. Auch andere liberale' Blätter haben sich auf diesen Standpunkt gestellt, während die Urteile der Handels- nnd Gewerbekammern und anderer Korporationen, die Stellnng zu der Frage ge - nommen haben, anseiuandergehen. Daß das Uebel in hohem Maße vorhanden ist, wird allseitig zugegeben; indessen aber die einen meinen, strafrechtliches Eingreifen sei unbedingt geboten, bekennen andere sich zur Selbsthülfe. Die Hamburger Handelskainmer nimmt ersteren Standpunkt ein; sie sagt: „Der Weg der Selbsthülfe der betreffenden Kreise auf Grnnd der bestehenden Gesetze ist offenbar nicht geeignet, Wandel zu schaffen .. . Der Erlaß strafrechtlicher Bestiuiiuungen würde möglicherweise ein Besserung herbeiführen, da die An - drohung gerichtlicher Strafen abschreckend wirken würde." Der preußische Minister Möller meinte am 9. Februar 1905 im Abgeordnetenhause, das glücklichste mürbe feilt, „nur die gesetzgeberischen Prinzipien festzulegen und es den Gerichten zu überlassen, die richtige Anwendung zn finden". Im Reichstage kam die Frage im Dezember 1904 und im März 1905 zur Sprache. Die Abgeordneten Gröber und Genossen hatten die verbündeten Regiernngen ersucht, einen be - züglichen Gesetzentwurf vorznlegen. Die Frage wurde mit der Atittelstandsretterei verguickt. Wie iit der Frage der Bekämpfung des unlauteren Wett - bewerbes überhaupt, so hat die Sozialdemokratie sich auch in der hier erörterten Spezialfrage nicht zn strafrechtlichem Ein - greifen bekannt. Die Ansicht, daß die bestehenden Gesetze, betreffs Betrug, Untreue, Bestechung, bei richtiger Anwendnng ausreichen, das Uebel unter strafrechtlichen Gesichtspunkten zu ^bekämpfen, er - scheint uns als eine begründete. Allerdings messen wir solcher Bekänipfnng keine moralischen Wirklingen bei; cs wird damit lediglich, wie beim Wucher rc., dem öffentlichen Rechtsbewußtseiu genügt. Politrsche^Aeberstcht. Die betrübten Lohgerber. Den freisinnigen Paarungs-Politikern, die noch immer sehn - süchtig ausschauen nach den Früchten der famosen lonservativ- lideralen Paarung, sind schon wieder einige Felle weggeschwom - men. Während sie nämlich hoffen, daß endlich die „liberaleAcra" Bülows anbrechen solle, müssen sie zu ihrem Schrecken gewahren, daß im preußischen Dreiklassenparlament Konservative und Zentrum schon wieder lustig mit einander techtelmechteln. lknd ganz entsetzt konstatiert die „Freis. Ztg." eine Schwenkung in der inneren Politik aus Vorgängen, die sich in den letzten Tagen im Abgeordnetenhause abspielten und nach dem offi - ziellen Parteimoniteur des Freisinns die ernsteste Aufmerksamkeit erheischen sollen, „da sie mit der größten Deutlichkeit erkennen lassen, daß die in P r e u ß e n maßgebenden Negierungskreise nicht gewillt sind, ihre Politik nach dem vor einigen Monaten aufgestellten Grundsatz der „konservativ-liberalen Paarung" zu betreiben, sondern im scharfen Gegensatz dazu sich auf ein konservativ-klerikales Kartell stützen." Und was ist es, das die freisinnigen Blockbrüder so in Auf - regung bringt? Zum Nachtragsetat, der die Gewährung einer einmaligen Teuerungszulage an die unteren Beamten vorsieht, lag ein freisinniger Antrag vor, der bezweckte, auch den mittleren Beamten mit einem Gehalt bis zu M 4200 je M 150 als einmalige außerordentliche Beihülfe zu gewähren. Sämtliche übrigen Par - teien, ebenso wie der Finanzmtnister Frhr. v. Rheinbaben, ver - hielten sich zunächst ablehnend, dann aber verständigten sich Konser - vative, Freikonservative und Zentrum unter sich und mit dem Finanzminister über einen Kompromißantrag und man nahm sich nicht einmal die Mühe, die Freisinnigen und National- liberalen davon vorher zu verständigen; man ließ sie einfach^ linls liegen. Das hat denn die freisinnige Maiinesscelc ganz aus dem Gleichgewicht gebracht und sie stöhnt in der „Freis. Ztg." zum Himmel: . „Wir haben also hier die Tatsache vor Augen, daß die preu - ßische Regierung in direktem und bewußte m Gegen - satz zu der für das Reich ausgegebenen P a rote Kompromißverhandlungen nicht mit den Konservativen und Libe - ralen pflegt, sondern ohne sich überhaupt um die Liberalen^zu be- kümmern, einen Pakt mit b c n Konservativen, Frei- konservativen und dem Zentrum schließt. rlud zwar erfolgte diese Verständigung auf Veranlassung und unter der Aegide des Finanzministers Freiherrn von Rheinbaben. Es ist nun zweierlei möglich. Entweder handelt hierbei Freiherr v. Rheinbaben aus eigenem Antriebe gegen den Reichs - kanzler oder er ist mit d em'N ei chskanzl er ein - verstanden, und Fürst Bülow ist der Meinung, es lasse sich gleichzeitig int Reiche konservativ-liberal, in Preußen konservativ- klerikal regieren." Daß Bülow mit der konserbativ-tlerikalen Politik des Finanz- ministers einverstanden fei, will dem FreisinnSblatte noch nicht in den Kops, denn „wir vermögen es einem Staatsmanne lvie dem Fürsten Bülow nicht zuzutrauen, daß er wirklich der Meinung iväre, im Deutschen Reicl)stage werde sich auf die Dauer eine aus Konservativen und Liberalen bestehende Mehrheit zusammen- halten lassen, während in dem größten deutschen Bundesstaate, in Preußen, ein reaktionäres Regiment herrscht. Es steht außer jedem Zweifel, daß die innerpolitischen Verhältnisse des Reiches auf Preußen und umgekehrt auf das stärkste zurückwirken müssen, und daß nicht hier nach r e eh t s , dort » a, ch links der Kurs gehalten werden k a n n." Das ist sehr richtig. Aber die Llufregung erhitzt sich an einem Phantom, das nur die Freisinnigen berückt. Fürst Büloch „denkt wie er versichert hat, wohl an einige mit etwas gutem Willen als „liberal" anzusehende Reförmchen; aber er ist weit entfernt davon, wirklich liberale Politik machen zu wollen. Wie sollte er das au») anstellen einer großen reaktionären Majorität im Reichstage gegenüber, von der zwar nur ein Teil zur „nationalen Mehrheit gehört, der aber keinen Moment zögern würde, sich nnt den „antinationalen" Reaktionären vom Zentrum zusammen - zuschließen, wenn Bülow liberal zu regieren versuchen würde. Und nun erst in PreußenI Dort dominiert die Reaktion völlig. Solcher Situation gegenüber können nur unheilbare Illusionäre sich mit Hoffnungen auf liberale Regierungsakte tragen und es der Regierung verargen, wenn sie ihre politischen Geschäfte mit den Parteien macht, wie sie gerade zur Verfügung stehen. Wenn cs dann anders kommt, als die Freisinnigen gehofft haben, f° steht ihnen die Rolle der betrübten Lohgerber, denen die Felle weg - geschwommen sind, ganz hübsch zu Gesicht. Wenn aber die „Freist Ztg." zum Schluß mit dem Mute der Vcrzlveiflung ausrust: „Auf jeden Fall wissen die Liberalen jetzt, woran f 1 sind, und daß sie sich auf nichts als auf ihre eigene Kraft verlassen können", so wird der Heiterkeitserfolg nicht ausbleiben. Was die Liberalen jetzt wissen, konnten sie schon lange wissen, und.wenn sie bisher nicht klug wurden, werden sie es auch durch die neuesten Vorgänge nicht werden. Und ihre „eigene Kraft"! Die reine Ohnmacht. Besäßen sie noch eigene Kraft, wären sie nicht schon längst von der Gnade anderer Parteien ab - hängig, dann hätten sie sich nicht in die famose „Blockpolitik" ver - stricken lassen. Jetzt werden sie nicht mehr davon loskommen und wenn es von allen Seiten Fußtritte setzt. Sie werden fortfahren, zu hoffen und zu harren, und machen sich selbst zum Narren. Die Finanzen des Reiches und der deutschen Bundesstaaten. In dem eben erschienenen „Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reiches" veröffentlicht das Statistische Amt eine Dac- stellung der Finanzen des Reiches und der deutschen Bundes - staaten. Sie behandelt die Ausgaben, Einnahmen, wichtigere Bestandteile des Staatsvermögens sowie die Schulden. Die Nachweise beziehen sich durchweg für die Voranschläge auf das Jahr 1906, für die Staatsrechnungen auf das Jahr 1904. Ins - gesamt betragen nach den Voranschlägen der Bundes - staaten von 1906 die Staatsausgaben 4618 Millionen Mark (barunter 120 Millionen Mark außerordentliche), für Reich und Bundesstaaten 7189 Millionen Mark (darunter 407 Millionen Mark außerordentliche). Die Staatseinnahmen belaufen sich bei den Bundesstaaten auf 4606, bei Reich und Bundesstaaten auf 7177 Millionen Mark, davon außerordentliche (aus Anlehen und sonstigen Staatsfonds) 110 bezw. 397 Millionen Mark. Unter den ordentlichen Ausgaben und Einnahmen der Bundesstaaten stehen die Erwerbseinkünfte (2206 in Ausgaben und 3099 Millionen Mark in Einnahmen) an erster Stelle. Der Hauptanteil hiervon entfällt auf die Staatseifenbahnen mit 1591 bezw. 2267 Millionen Mark in Ausgaben und Einnahmen. Der Rest verteilt sich auf Domänen, Forsten, Bergwerke, Post, Tele - graph, Staatsdampfschifffahrt und die sonstigen Staatsbetriebe. Bon dem Reinerträge des Reiches an Erwerbseinkünften (123 Millionen Mark) liefern Post und Telegraph 81, Staatseisenbahn 20, den Rest die sonstigen Betriebe (Anteil an der Reichsbank. Reichsdruckerei, Münzwesen). Die nächstwia)tigste Einnahm -- quelle bilden die Steuern. An direkten Steuern erheben die Bundesstaaten 496 Millionen Mark, an Aufwand- 80, Ver - kehrs- 71, Erbschafts- und Schenkungssteuern 30 Millionen Mark. Das Reich bezieht an Zöllen 627, an indirekten Steuern 578 Millionen Mark (darunter 62 auf Grund der neuen Steuer- gesetze). Zahlenmäßige Nachweise über das StaatSvcrmögen der einzelnen Bundesstaaten konnten nur in Beschränkung auf wichtige Bestandteile erbracht werden. Neben Ueberschüsscn früherer Rechnungsjahre, verfügbarem Staatskapitalvermögen iifw. besitzen die Bundesstaaten an Domänen ein Areal von 723 326 Hektar, an Forsten 4 964 981 Hektar; die Staatseisenbahnen repräsentieren eine Länge von. 50 147 Kilometern und ein Anlage - kapital von 13 296 Millionen Mark. Die fundierten Staats- s ch u l d e n beziffern sich zu Beginn des Rechnungsjahres 1906 für die Bundesstaaten auf 12 452, für das Reich auf 3384 Million m Mark, die schwebenden Schulden betragen insgesamt 203 Mill. Mark; davon entfallen auf das Reich 160, auf Hamburg 29 Mill. Mark. Das Petitionsrecht der Beamten i» juristischer Beleuchtung. In der „Franksurter Zeitung" unternimmt es ein Jurist, dem von feilen der Staatsgewalt in Preußen so schwer bedrängten Petitionsrecht der Beamten die ihm zukommende ver- safsimgsrechtliche Begründung zu geben. Er schreibt u. a.: „Die oberste Stufe des staatsbürgerlichen Beschwerderechts im konstitutioneilen Staate Preußen ist das durch die preußische Vcrfassungsurkunde, das oberste Staatsgrundgesetz, gewährleistete P e t i t i o n s r e ch t. Aus dem Wesen des Rechtsstaates folgt ipso iure die Befugnis jeden Staatsbürgers, sich mit Bitten und Anträgen an die zuständigen Staatsorgane wenden zu dürfen, fei es mit Gesuchen um Abhülfe gegen Be - schwerden, sei es um andere Maßnahmen für das öffentliche Wohl -ü erreichen. Man spricht von Beschwerde, wenn verlangt wird, eine bereits begangene Ungerechtigkeit oder Unzuträglich- koit von der Staatsbehörde wieder beseitigt zu sehen und von Petition, wenn man einen Appell an die Volksvertretung .achtet. Die einzige einschränkende Vorschrift bezüglich des Petitionsrechts enthält Artikel 39 der Verfassungsurkunde, wonach ein Petitionsrecht des Heeres nur insoweit gestattet ist, als die militärischen und Disziplinarvorschriften nicht entgegenstehen. Unter Heer wird man alle Personen des aktiven Dienststandes in Heer und Marine, sowie alle zum Dienst einberufenen Mann - schaften anzunehmen haben. Jedem Untertan steht, allerdings ■u den Schranken bestimmter Formen, das Recht zu, sich an den König zu wenden und Hulse und Schutz zu erbitten. „Bezüglich der Petition im engeren Sinne besagt nun Artikel 32 der preußischen Verfassungsurkunde, daß Petitionen unter einem Gesamtnamen nur Behörden und Korporationen zü- stehen, mithin nicht Vereinen, welche nicht die Rechtsfähigkeit be - sitzen, wobei natürlich diese Einschränkung des Petitionsrechtes nicht'ausschließt, daß sich die einzelnen Mitglieder eines Vereins zusammentun, um eine gemeinschaftliche von allen unterzeichnete Petition abzuscndcn. „®ie Beamten sind auch Staatsbürger und auch ihnen steht'das Petitionsrecht zu, und ein Verbot nach dieser Rich - tung würde verfassungswidrig fein. So gut eine Peti - tion an den Landtag an sich zulässig ist, so gut ist es ein ver - fassungsmäßiges Recht, eine Petition auch einem Abgeordne - t e n zu überreichen mit der Bitte, davon in geeigneter Weise Gebrauch zu machen. Nirgends ist in der Verfassung auch nur der geringste Anhalt dafür gegeben, daß dieser Brauch ein der- fassungswidrigcr Mißbrauch fein sollte, nirgends ist irgend eine Möglichkeit dafür gcgebn, für staatliche Beamte hier eine ein» schränkende Vorschrift, nnd sei es auch vom gesamten Ministerium zu erlassenI ,, , Uuch die Beamten sind Staatsbürger, und die Grundrechte ledes' Preußen stehen auch ihnen uneingeschränkt zu. Daher Muß der neue ministerielle Erlaß, der auf eine Verkümme - rung der staatsbürgerlichen Rechte der Beamten hinausläuft, starken Widerspruch erfahren." Der Jurist sagt gar nichts Neues. Erschöpfend haben ja auch wir diese „Frage" vor einiger Zeit behandelt. Aber es verlohnt sich, von seinen Aussührnngeu Notiz zu nehmen, um im Beamten!uin iind im Volke den Widerstand gegen alle Versuche einer Vergewaltigung des P etitions rech ts zn stärken. Zum preußische» Einkommensteuergesetz. In der Novelle zum Einkonnnensteuergesetz vom vorigen Jahr war ötkanntlich die Bestimmung aufgenommen worden, baß die Aroeitgcbw verpflichtet sind, der Steuerbehörde über die Lohnbczügc ibccr Arbeiter, Mitteilung zu mach-n. Diese Be - stimmung hat große Unzufriedenheit hervorgerufen and wurde 'm Abgeordnetenhaufe lebhaft bekämpft, jedoch von der Mehrheit angenommen. Nun hat das Zentrum einen neuen Antrag gestellt; er geht dahin, die Negierung zu ersuchen, in der nächsten Session einen Gesetzentwurf zur Abänderung des Einkommensteuergesetzes vorzulegen, durch welchen die Bestimmungen des § 19, betreffend Ermäßigung der Steuerzahl je nach der Zahl der Familienangehörigen erheblich weiter ausgebaut wer- ben, insbesondere a) die Grenzen, innerhalb deren Sie/er- ermäßigungen vorgesehen, erweitert werden; b) der pro Kopf der Familienangehörigen abzugsfahigc Betrag von J( 50, den Kosten der Lebenshaltung entsprechend, wesentlich erhöht und die Zahl der Familienangehörigen in weiterem Maße berücksichtigt wird. Politik in „unpolitischen" Vereinen. Die bürgerliche» Parteien verfügen über eine Reihe von B e r e i n s b i l d n n g e n, von denen nach ihrem in den Satzungen festgelegten Zweck angenommen werden soll, daß sie sich „n i ch t mit Politi k" besafsen. Dazu gehören die sogenannten christlichen Gewerkschaften, die Kriegervereine, Wirtschafts- v e r e t n e ec. Da gewährt es nun Interesse, zu beobachten, wie diese Parteien sich gegenseitig beschuldigen, daß die von ihnen beherrschten „unpolitischen Vereine" doch Politik treiben. Das tun sie in der Tat auch fast alle ohne Unterschied. Und daraus an sich machen wir ihnen keinen Vorwurf. Denn es ist ein Nonsens, die Wahrung gleichviel welcher wirtschaftlicher Interessen von d e r, P o l i t i k trennen zu wollen. Darüber sollte die Erfahrung doch jeden schon hinlänglich belehrt haben. Die agrarischen wirtschaftlichen Vereine »t ächten, wie alle anderen, sich um Politik kümmern, Politik treiben, wenn sie ihren Zwecken ge - nügen wollen. Das tun sie auch. Nun jammert die „Freisinnige Zeitung" darüber, daß die S ch u l z e-D e l i tzs ch s ch e n Ge - nossenschaften fortgesetzt gegen das von agrarischer Seite und den Konkurrenzvereinen geflissentlich genährte Vorurteil ankämpfen, daß sie ,Politik treibeit". Der Vorwurf ist absurd und die Verwahrung dagegen auch. Mit jenen Genossenschaften haben die ehemaligen Fortschrittler und die späteren Frei - sinnigen immer politische Zwecke verbunden; ihre Gründer haben ihnen die Aufgabe zugemessen, „Stützpunkte des Liberalismus" zu fein. Das freisinnige Blatt begeht mm eine arge Torheit, indem es sich zur Bekräftigung feiner Verwahrung auf folgenden AuSfpruch des Genoffenschaftsverbands - Anwalts Dr. trüget beruft: ,Wir fragen niemand nach feinen politischen Ansichten. Wenn man weiß, daß einer der Verbandsdirektoren Führer der Zentrumspartei, ein anderer ein Führer der n a t i o n a l l l b e r a l e n P a r t e i ist, dann brauche man überhaupt nicht erst nach ihrer Parteiangehörigkeit zu fragen." Wir stellen dein die Tatsache gegenüber, daß derselbe Dr. Criiger nnd feine Leute auf dem Genofsenschaftstage in Hannover 1900 eine scharfe Tendenzpolitik gegen diejenigen Genossenschaften ins Werk setzten, die sie als „sozialdemokratische" bezeichneten; daß sie aus dem Gcnossenschaftstage in Baden-Baden 1901 diese Politik sortsetzlen und es damit auf dein Genofsenschafistage in Kreuznach 1902 zu dem Bruch imdentschenGenossen- f ch a f t s w e s e it brachten. Dr. Grüger und seine Leute haben „Or d n ung sp o li t i k" im p ar t eip o litisch en,Jn t eress e des Freisinns getrieben. Und jetzt behaupten diese Herren: in den Genossenschaften herrschten keine politischen Tendenzen! Der Hofskandal. Nun soll, wie es scheint, bi: Eulenburg-Affäre doch vor Gericht kommen. In Sachen Harden hat es der preußische Justtzmiuister, beut „Lokal-Anzeiger" zufolge, allerbings abgelehnt, die Staatsanwaltschaft zur Erhebung der öffentlichen Anklage gegen Maximilian Harden wegen der gegen den Grasen von Moltke gerichteten Artikel der „Zukunft" anzuwetsen. Er hat sich damit der Anschauung des Ersten Staals- attwalts und des Oberstaatsanwalts angeschlossen, wonach die gericht - liche Erörterung der Artikel nicht im öffentlichen Interesse liege. Graf Moltke hat daraufhin, wie das genannte Berliner Blatt weiter er - fährt, die Privatklage ei »gereicht. Eine Verjährimg kommt »ach seiner Ansicht nicht in Betracht, da es sich um eine einheitliche Kette von Artikeln handelt, deren letzte erst im April dieses Jahre- erschienen sind. Der „Magdeb. Ztg." zufolge hat der Staatsanwalt des Land - gerichts Berlin II nunmehr beschlossen, aus Antrag des Fürsten Philipp Eulenburg gegen Maximilian Harden Anklage wegen schwerer Beleidigung des Fürsten zu erheben. Der Anklage liegt ein Artikel der „Zukunft vom 27. April b. I. zu grunbe. Man darf wohl neugierig fein, ob, wenn es wirklich zur Ver- hanblung kommt, das Gericht öffentlich verhandelt, ober ob „bas Staatsmteresse" den Schleier des Geheimnisses verlangt. Auö der Kulturdomsiuc Studts. Unhaltbare Zustände herrsche», wie bürgerlichen Blättern aus S a ni t e r (Regierungsbezirk Pofen) berichtet wird, in dein Dorfe Bythin, wo ei n Lehrer in fünf Klaffen 340 Kinder zu unterrichten hat, weshalb einzelne Klassen nur zweimal in der Woche die Schule zu besuchen brauchen. Die Wieder* besetzung der erledigten Schulstellen ist nicht möglich, weil ein Klassenzimmer vom Kreisarzt geschlossen wurde und in dem an - deren Zimmer die Decke eingestürzt ist; andere Wohnungen sind aber in dem Dorfe nicht zu haben. Nachdem der Kultusminister die von der Stadt Dortmund beschlossene Erhöhung der Lehrergehälter abermals abg-- lehnt, dagegen die Zahlung einer Teurungszulage genehmigt hat, tritt in den ersten Tagen des Juli eine Konferenz von Vertretern zahlreicher unter dem Lehrermangel empfindlich leidenden Schulgemeinden der Provinz in Minden zusammen, um ein übereinstimmendes Vorgehen zur Abhülfe des Lehrer - mangels zu beschließen. Voraussichtlich wird die Umgehung des Bremserlaffes beschlossen werden, dadurch, daß sämtliche Ge - meinden die beschlossene beziehungsweise beabsichtigte Erhöhung der Lehrergehälter in Form der nunmehr vom Minister gei nehmigten Teurungszulage zur Auszahlung bringen. Sächsisches Schnlelend. Auch Sachsen ist, wie sein großer Bruder Preuße», ein „Ordnungsstaat" erster Güte und gewisse Leute feiern seine „hohe Kulturstufe" in allen Tonarten. Einer der wichtigsten Gradmeffer für die Höhe der Kultur eines Landes ist der Zustand der Volks - schule. Wie ist dieser Zustand im gelobten Lande Sachsen? Nach dem kürzlich erschienenen „Handbuch d e r S ch u l st a t i st i k f ü r das Königreich Sachsen" krankt dort wie anderwärts in Deutschland die Volksschule an schweren 11 ebeIn, u. a. an der eines Kulturstaates unwürdigen Ueberfüllung der Klassen. In einer sich mit der betreffenden Sache weiter beschäftigende» Kor - respondenz der „Frankfurter Ztg." wird daraus hingewiese», daß das sächsische Volksschulgesetz vom Jahre 1873 als Höchstzahl der auf eine Klasse zu rechnenden Kinder die Zahl 60, als Höchstzahl der einem Lehrer auf die Dauer zuzuweisenden Schüler die Zahl 120 festfetzt. Es weiß jedoch recht wohl, daß sich solche Zahlen mit dem Ziele einer guten oder auch nur ausreichenden unterrichtlichen Ver - sorgung der Jugend nicht recht vertrage», und so bemerke» die Er- läutennige» zum Gesetz, daß es Sache der Aufsichtsbehörden sei, „mit allen: Ernste auf Teilung der Klaffen und Erleichterung der Lehrer »ach dieser Seite hi» z» bringe»". Dem Schulwesen vieler, namentlich größerer Gemeinde» scheint dieses Dränge» beim auch etwas aufgeholfen zu haben: in 28 Schulaufsichtsbezirke» — die Bezirke der drei größten Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz ausgenommen — tarnen etwa 66 Schulkinder auf einen Lehrer. Für die Landschulen aber, und zwar besonders für die Schule» mit einem ober zwei Lehrer», scheint bie gesetzliche Höchstzahl vielerorts »och als Normalzahl angesehen zu werbe», das Dränge» ber Aufsichts- dehörbe» auf Herabsetzung ber Klassenstärke nichts gefruchtet zu haben. Unter 824 Schule» mit 1 Lehrer waren 415, unter 534 Schulen mit 2 Lehrern aber 310, in beiten auf einen Lehrer 80 und mehr als 80 Schüler kamen; mehr als ber fünfte Teil aller Schüler ber einfachen Volksschule wurde in diese» Schule» unterrichtet: 104 000 von insgesamt 500 000 Schüler» der einfache» Volksschule. Noch »»erfreulicher wird dies Ergebnis der letzte» Erhebimg, wenn man »och einige Einzelheiten in Betracht zieht. Die erwähnten 415 Landschulen wurden von 43 000 Schülern besucht. 17 300 Kinder besuchten Schulen mit 80 bis 99 Schulkindern, Schulen, in denen auf 1 Lehrer durchschnittlich 90 Kinder tarnen, und noch mehr Kinder, nämlich 25 700, saßen in Schulen mit 100 und mehr als 100 Schulkindent, die Lehrer dieser Schulen hatte» durch - schnittlich 11 5 K t n d e r zu unterrichten. Die Lehrer von 65 solcher Schulen waren aber »och schlimmer daran; ihnen waren 8500, im Durchschnitt also je 13 1 Schulti»ber zngewiesen. Nicht viel bester war eS in de» 310 Schule» mit 2 Lehrer»; sie würbe» von 61000 Schülern besucht. In 191 Schule» mit 34000 Schülern tarnen auf eine» Lehrer im Durchschnitt 90 Kinder, in 119 Schulen mit 27 000 Schulkindern aber 112 Kinder. In 19 dieser Schule» mit nahezu 5000 Schulkinder» hatte ein Lehrer sogar 12 6 Schüler zu unterrichten. Da muß allerdings die unterrichtliche Versorgung ber Jugend weit unter baS Maß herabsinke», bas man als Minimum von Schulbildung zu bezeichnen gewohnt ist. Die WahlrcchtSdeiuonstratio» der ungarische» Arbeiter. Das „liberale" Ungarn hat bisher streng daran festgehalten, daß die Arbeiter von der Mitwirkung an der Gesetzgebung aus - geschlossen bleiben. Ei» verklausuliertes Zeiisuswablrecht sorgt dafür, daß die Mandate zum Parlament in die Hände der ge- werbmäßigen Politiker kommen, die in erster Linie bemüht sind, sich selbst, in zweiter Linie ihrem Anhang und ihrer Vettern- -schaft auf Kosten des Landes die Taschen zu füllen. Da die „liberale" Bourgeoisie selbst keine Skrupel kennt, wo es sich um Geldeinstecken handelt, läßt sie gewähren, unter der Bedingung, daß sie Gesetzgebung und Verwaltung im Interesse der Kapitalisten betreiben. In Wahlzeiten allerdings versprechen die verschiedenen bürgerlichen Clique», wenn sie sich untereinander bclämpfen, das allgemeine Wahlrecht, aber beim Versprechen bleibt es. In den letzten Jahren hat aber die sozialdemokratisch ge - sinnte Arbeiterschaft die Forderung des allgemeinen Wahl - rechts aufgenommen und die Entschlossenheit bekundet, es durch - zufetzen. Mehrfach haben Maffendcmonstratiouen stattgefunden, die das ganze Proletariat auf die Beine brachten. Doch am eindruckvollsten war jedenfalls das Massenaufgebot ber Buda - pester Arbeiter am 6. Juni. Es war bekannt geworden, daß Kaiser Franz Josef als König von Ungarn die Hauptstadt besuchen wolle, und sofort wurde beschlossen, diese Gelegenheit zu benutzen, dem Monarch- n den Willen des Volkes unzweibcutig kund zu tun. Die Arbeit w- schaft wachte sich auf, ihrerseits den König zu empfange», und sie empfing ihn mit dem alten Schlachtruf des ungarische» Proletariats: „H o ch b a § a 11 g e m e i n e , geheime Wahl- re ch 11" Dieser Ruf ertönte auf ber ganzen langen Strecke, die der Wagen des Königs durchfuhr und die von einem n- Hunderttausenden zählenden Spalier von Menschen be - setzt war. Die klassenbewußte Arbeiterschaft hat vor aller Wett