Nr. 275. Sonntaq, den 24. November 1907. 21. Jahrgang. KamvurgerEcho. Tn? „$>nmbitrflrr C^dio* «rschelnl tfiglirf). oufier 2Hontnq4. 811>oiinritten (Inti. „Tie Nene Welt*) durch btt Post bezogen ebne Silugegelb monntlich *- l.üo. vitrltljcibrlich * 3.’«); durch die Holporteure wöchentlich 30 A frei in? £xut?. llujelne Dlumincr 6 4 Lonttlagit-Nututner mit illustrierter SonntngHbeilnge „Tie 4ieue Welt* 10 4. Sireujbanbftnbungen tuounllich * 2.70, für bnJ 5lii?lottb monatlich A. 3.30. Redaktion: Erpedition: Fehland^trabc II, 1. Stock. Hamvllrg •>'» Fehfnndstrube l 1, Erdgeschoß. fBernntniortHrfter Slebatteur flnrl PeterSson in Anmburg. «meisten die fechSgelptilteue Pelitttile ober deren R.ium 35 4. Arbeit i uar t. 2ter nietii t ])■ und ^rttnilieimmeigen 20 A. Attjeigen Anuabme Fehlandstr. 11. Trdgefchofi (bis 5 11 ;t Nach !nd. Fuhrmann, Schwaben, slraße 33, Hammerbrook. Erlbeck, Waudsbeck, Hinschenfelde und Ost-Barmbcck bei Franz Krüger, Lknrze Reihe 34, Wandsbeck. Ältona bei Friedr. Ludwig, Bürgerstr. 118. Ottensen, Bahrenield bei Joh. Heine, Bahrenfelderstr. 12'3, Otten eit. Parteigenossen des preußischen Gebietes! Ans sii den Sem miilratiiiii5=$crifliiiiiilnii(]cii gegen des crfiiinidic Zmiktk-ttlttitiit! Für das ilfltiiiciiic, glcidit, dittklt mid ütijtiiiic SoHrcdit juni »rcniiiiditii Laiidlaa. Tie Pnrtcileitnn^en der prcuszischen Organisationen. Hierzu fünf Beilagen und das Illustrierte Unter - haltungsblatt „Die Nene Welt." Nniilldcniligkn in der Ulclllagc. In der alten und neuen Welt bereiten sich langsam große Veränderungen von unabsehbarer Tragweite vor. In Westeuropa und Nordamerika ist eine Krisis auf dem Geld- unb Warenmärkte hereingebrochen, welche anbentet, baß noch weitere tiefgehenbe Erschütterungen folgen werben. Diese Krisen beweisen, baß der moderne Kapitalismus mit seinen sich selbst überstürzenden Ungeheuerlichkeiten seine eigenen Grundlagen untergräbt und die aus dieser ausgebaute gesell - schaftliche Ordnung unsicher macht. Unter der Herrschaft der unerbittlichen Gesetze des kapitalistischen Prodnklionsprozesses können die Expropriateure keinen Augenblick mit ihrer Zer- stöningSarbeil innehalten, bis auch ihre Stunde schlägt, bis die „kapitalistische Hülle" der Gesellschaft springt. Wir sind btieitö in die Epoche der Auslösung der alten Formen ein- getrelen, die um jo rascher vor sich gehen wirb, je öfter sich die ökonomischen Krisen wiederholen. Dieser Auflösungsprozeß wirb beschleunigt durch die Neu - gestaltung int sernen Osten, bie heute mehr als je auf unsere Zustände einwirken und die uns so recht erkennen lassen, daß der Weltverkehr ein bie Welt revolutionierenbes Element ist. Die Nachwirkungen bes rnssiich-japanischen Krieges sind noch lange nicht z» Ende. In Ostasien ist eine neue Macht ge - schaffen worden, die nun bie gewaltigen Reiche horten für sich selbst reklamiert. Rußlands Diplomatie, bereit Hauptziel vordem bie Eroberung Konstantinopels war, glaubte einen Hauptkonp ausgeführt zu haben, indem sie int Haag bie Frievensschalmei blies unb, währenb bie herrschenden Klaffen Europas anbächlig derselben lauschten, sich anschickte, Ostasien in Besitz zu nehmen. Nachdem bie russische Diplomatie ben Chinaselbzug veranlaßt, nahm sie mit unerhörter Frechheit bte Mandschurei weg, währenb sie ben anderen Mächten drohend befohlen hatte, China intakt zu lassen. Diese Frechheit sollt, aber bie verbiente Züchtigung erfahren; beim nun sahen sich die Japaner bebroht und schlugen los. Die russischen Heere wurden überwunden, die russischen Flotten vernichtet. Das Zarentum wirb Ostasien nicht beherrschen unb wirb sobald auch Konstantinopel nicht nehmen. Dafür ist gesorgt. Unb bie russische Revolution ist auch nicht tot. Aber wer geglaubt hat, daß mit der Rieberlage des russischen Störenfriebs nunmehr ein bauernder Friede in der Kulturwelt einkehren werde, der sieht sich schwer enttäuscht. Man sieht nun deutlich genug, wie bie herrschenden Klassen aller Länder die gleiche Schuld daran tragen, baß ber Friede nicht befestigt werden kann. Eine solche Ländergier und ein solches Wettrüsten, wie in dieser kapitalistischen Epoche sind noch nie dagewesen. Kaum sind die marrokkanischen Streitig - keiten unter ben Mächten notdürftig beigelegt, jo taucht mit einem Male der große Jutereffeugegensatz zwischen Japan und ber norbamerikanischen Union auf. Die Streitigkeiten wegen ber japanischen Einwanbernng waren nur das Symptom eines größeren und tiefer liegenden Konfliktes. Erst ließ sich alles von ben kriegerischen Leistungen des neuen japanischen Militarstaates blenden; nunmehr zeigt sich derselbe von ber bebenklichsten Seite. Der Ehrgeiz unb bie Begierbe nach Macht unb Reichtümern ist bei ben herrschenden Klaffen Japans durch die Siege der Armee unb ber Flotte ins Unbegrenzte gestiegen. Sie wollen sich nicht bamit^begnügen, bie bnrch ben Krieg für sie so günstig geworbene Situation in ben ost- asiatischen Küstenlänberu wirtschastlich^auszubenten; sie glauben auch berufen zu sein, bie Herren bes Stillen Ozeans zu spielen. Das wollen sich nun bie Daukees nicht gefallen lassen, welche feit ihrem Siege über bie Spanier ihrerseits glauben, zu Herren bes Stillen Ozeans bestimmt zu sein. Die Nankees haben längst darauf verzichtet, Träger einer prinzipiell sriedlichen Politik zu fein, wie sie sich früher so oft gerühmt haben; sie sind, man sage was man wolle, vom Düse, des „Imperialismus" gepackt worben und sie werden mit den Japanern um den Stillen Ozean kämpfen. Beche Teil, geben bie schönsten Friedensversicherungen zum besten mit bereiten sich boch unzweifelhaft auf einen stampf vor, ber bi. alte und die neue Welt bis in ihre Tiefen erschüttern.wird. Dazu kommen die $eräiiberungen in China. Dort ist im Volke der Haß gegen bie „weißen Teufel" nur vermehrt worden durch den Feldzug ber Mächte gegen Peking. Die Chinesen haben sich von den Europäern lange Zeit auch gar zuviel gesallen lassen müssen. Die Siege ber Japaner lMben in China ben Drang erweckt, sich von ben Fremben unab - hängig zu machen, unb bie« wirb mit Unterstützung Japans geschehen. Das Zusaiitmengehen von China und Japan er - gibt sich aus ben Umständen von selbst. Die chinesische Regierung hat ben Moment ergriffen, um innerhalb ber er - starrten Formen beS alten „Reiches ber Milte" langsam unb vorsichtig mit Neuerungen in modernem Sinne vorzugehen. China wird, während seine billigen Arbeitskräfte die Arbeits - märkte der Welt zu überschwemmen drohen, in Ostasien wieder eine Großmacht werden. Damit ist auch über den famosen „Platz an ber Sonne", über Kiantschon, das Urteil gesprochen. Nachdem dies „Drecknest" mit Erlaubnis Rußlands „gepachtet" morben, ist jetzt jebe Aussicht auf Erwerbung eines „Hinterlanbes" ab- geschnilten, weil Japan unb China bies nicht zngeben werden. Blau konnte über diesen „großartigen" Erfolg unserer Diplomatie sich halb totl.ichen, wenn dieser „Platz an der Sonne" uns nicht schon so viele, viele Millionen gekostet hätte und noch weiter kosten würde. Dazu kommt noch weiter das „Erwachen Indiens", das eben wieder eine Hungersnot durchwacht unb in bem die auf Losreißnng von England gerichteten Bestrebungen beim doch nicht mehr unterdrückt werden können. Daß bie Völker in Ostasien sich von Europa unabhängig macken wollen, liegt in ber Natur -der Sache und es lassen sich feine Vernunftgrünbe bagegen, wohl aber sehr viele bafür geltend machen. Der ru'sisch-japanische Krieg hat die ganze Situation total verändert. Es gäbe an sich keine vorteilhaftere Politik, als den ostasiatischen Völkern die Ordnung ihrer Angelegenheilen selbst zu überlasten. Aber darauf werden die herrjcheiiben Klassen der interessierten anderen Länder nicht eingehen wollen. Sie haben sich daran gewöhnt, dort in Ostasien anszubenten und Gewinne einznheiinseit, und ehe sie dies aufgeben, wird es zu blutigen Konflikten kommen. Daraus ist aufs neue die für uns alte Wahrheit zu erkennen, daß die Klassenherrschaft es ist, ans welcher die kriegerischen Katastrophen entspringen. Dagegen helfen keine Deklamationen sanfter Friedensfreunde. Nur durch Abrüstung kaun den Konflikten öorgebeugt werden, die drohend näher - rücken, nur im Klassenkampf kann die politische Macht für das allein friedliebende Element, für die werktätige Be - völkerung, erre.cht werden, die erforderlich ist, um eine wahrhaft friedliche Politik zu ermöglichen. Politische Uebersicht. Vom sozialdcmokratischcii Prensteuparlament. Berlin, 22. November. „Nieder mit der Dreiklasicnwahlrcchtsschmach! Her mit dem allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht für Preußen I" Das war die Stimmung, von der am zweiten Tage die Debatte, die bisher den Glanzpunkt des preußischen Partei - tages bildete, getragen war. Nach den vorzüglichen Referaten der Genossen Adler und Dr. Arons über das Drciklassen» Parlament, die Wahlrcchtsfragc und die Landtagswahl 1908, setzte eine Diskussion großen Stiles ein, in der tief hinein« geleuchtet wurde in den preußischen Sumpf. Tie Machtbefug - nisse des preußischen Landtages werden noch vielfach von einem Teil der Genossen unterschätzt, und mit aus dieser Unterschätzung heraus ist die Meinung entstanden, man dürfe sich an den preußischen Landtagswahlen nicht beteiligen, zumal keine Aus - sicht auf Erfolg vorhanden sei. 1897, auf dem Parteitag zu Hamburg, schlug die Stimmung um, weil inzwischen das preußische Abgeordnetenhaus in recht unangenehmer Weise zu verstehen gegeben hatte, welche Machtbefugnisse cs besitzt Mit nur vier stimmen Mehrheit wurde damals die Vereinsgcsctz- novelle, das „kleine Sozialistengesetz", abgelchnt. Erst von dieser Zeit an datiert der Umschwung der Ansichten. Hat der erste Sturmlauf auf die „Junkerscste" auch noch keinen positiven Erfolg in der Hinsicht gebracht, daß wir parlamentarisch ver - treten sind, so ist der große moralische und agitatorische Er- folg von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Wenn jetzt, was als Erfolg der „Blockpolitik" bezeichnet wird, ein anderes Wahl - recht ausgeklügelt werden soll, so ist dies dem Erscheinen des preußischen Proletariats auf diesem Teil des politischen Kampf- Platzes zu danken. Zn der Debatte wurden, je nach Temperament, die unter - schiedlichsten Vorschläge gemacht, auf welchem Wege das ge - steckte Ziel erreicht werden könne. Trotz aller Erfahrungen mit den freisinnigen Konzessionsschulzen, die, abgesehen von wenigen wirklichen freisinnigen, von vornherein aus „Prinzip" ihr Prin- zip zu opfern bereit sind, indem sie sich hinsichtlich des Wahl - rechts mit einer „Demokratisierung" desselben zufrieden geben wollen, gibt es immer noch Genossen, die an das gute Herz und die Büiidnisfähigkeit des Liberalismus glauben. Während ein schlesischer Genosie einen „Bittgang zu Bülow" in Vorschlag brachte, um diesem die diplomatische Zunge zu lösen, brachten indere Genossen andere, zugkräftigere Mittel in Vorschlag, wie ssenosse Wels-Berlin, der eventuell den Generalstreik und die Steuerverweigerung in Aussicht stellte. Liberale Blätter behandelten in den letzten Tagen die .Wandlungsfähigkeit der preußischen Sozialdemokratie", von der ic behaupten, sie trete erst jetzt auf den Plan, um gegen das estehende preußische Wahlrecht zu demonstriereli. Unser ver- siorbener Liebknecht hat einmal in bezug auf den preußischen Landtag gesagt: „Laßt ihn verfaulen!" Aber Liebknecht hat auch erklärt, er wechsle, wenn cs sein müsse, alle 24 Stunden seine Taktik. Jawohl, das tut ein guter Stratege, und auch unser Liebknecht würde jetzt sicher in den ersten Reihen den Sturmlauf gegen die Klassenwahlrechtsschmach mitmacken. Also nur in der frage: „Wie soll der Kampf geführt werden?" gehen die Meinungen auseinander. In den breiten, entrechteten Schichten des werktätigen Volkes liegen die starken Wurzeln unserer Kraft, schassen wir einen^„Vlock" dieser Ent - rechteten, sagte ein Redner. Tie öffentliche Stimmabgabe schreckt in den kleinen unb kleinsten Orten die Wähler ziirück, hörte man andere sagen. AuS dem Gefühl der eigenen Schwäche im Wahlkreise, die immer Pessimismus auslöst, ist der Antrag des Wahlkreises Hildesheim entstanden, der verlangt, daß überall dort, wo die Umstände es erfordern, unter gewissen Kautelen im Kompromiß schon bei den Wahlen der Wahlmänner mit uns am nächsten stehenden Parteien eingegangen werden bars. Dieser Antrag würbe lebhaft bekämpft unb unter Hinweis auf bie preußische Wahlstatistik von 1903 erklärt, baß in vielen preußischen Jnbustrieorten, wo bie Sozialbemokratie bominiert, bie öffentliche Stimmabgabe nicht von ben Arbeitern, sondern von einem großen Teile der Bourgeoisie, aus geschäitlichen Grün - den, gescheut wird. Einige Redner, darunter auch ein Genosse aus Schleswig-Holstein, forderten auf, die Macht der Konsu - menten in die Wagschale zu werfen, um so die brutale Wirkung des Wahlunrechts zu paralysieren. Ethische Bedenken gebe es hierin nicht. Aus die abseiten ber Gegner unb beten Regie- tungSausschuß beliebte Brutalisierungswut gegen „unbequeme" Wähler müsse mit gleichen Mitteln geantwortet werben. Würben, wie in Wandsbek, alle Mittel geschickt ausgenutzt, bann werbe ber Erfolg nicht ausbleiben. Tie gegen bie liberale Waschlappigkeit angeschlagenen Töne werben den „Freisinnigen" vom Schlage ber Fischbeck, Kopsch unb Wiemer wohl unangenehm in ben Ohren Hingen; aber sie mußten angeschlagen werben, um biefen „Wahlrecktskämpsern" ein für allemal bie Illusion zu zerstören: „Unterstützen müssen die Sozialdemokraten uns boch." Nur wo wirklick bündnis- fähige Liberale in Frage kommen, kann von einer Unterstützung derselben die Rede sein. Der große Tag endigte in würdiger Weise mit der ein» itim: Annahme der Resolution Abler-Arons und den dazu „ll: t' A endements, be.tr. die Zwangsmaßnahmen ber " gieril-g gegen sie fremdsprachlichen preußischen Staatsbürger in ben Grenzchezirken. Einig in ber Taktik marschiert die preußische Sozialdemokratie in den Wahlrechtskampf. Ans dem Reichstage. Berlin, 22. November. Bei sehr guter Besetzung wurde heute die erste Sitzung »ach den langen Ferien ohne olle Fornialitäien unb Feierlichkeilen eröffnet Ans ber Tagesordnung stand eine große Anzahl Berichie ber Petitionskomunssion, darunter mehrere Pelitionen sosialpolitiichen Charakters. Dazu geböite schon bie erste, von mehreren Ortsgruppen des „Deutschiiatwna en HaiwluiigSqehnlfciivervandes" etnger eichte, die eine Fortführung der durch „kaiserliche Bon'cha't vom 17. November 1881" verheißenen Sozialreform fordert. Genosse M o l k e n b ii l) r benuyie die günstige Gelegenheit, den Nachweis zu führen, daß bet sozialpolitische Teil der sogenannten kaiserlichen Botschaft nichts anderes ist, als ein verwässerier Abguß des von dem Soziab bemofraten Dr. von Schweitzer jchoii im Jahre 1867 ein - gebrachten Arbeiterswutzgesetzes, wie üoerhaiipl bie ganze Sozial - politik unb Sozialrefoim ber Regierung nur abgeschwächte Gedanken her Vertreter ber Sozialdemokratie seien. Alles, was jetzt die „deuisch- nunonalcn Handlungsgehtststit* als eine Forifuhiung ber Sozial- rcforin betrachten und mehr noch, sei sowohl tu den achtziger rote in bett neunziger Jahren des vorigen Jahrbiiuderts in sozialdemokra - tischen Anträgen enthalten. In ausführlicher Weise beleuchtete Redner die positive Tätigkeit der Soztaibemokraten im Reichstage unb b> S negative Verhalten ber Mehrheitsparteien in ber Regierung zu den ioztalpolitischeu Anträgen bet Sozialbemokratcn, bie von beut st Ligen Reichskanzler sogar als „phantastisch" unb „perfide" bezeichnet worden feien , was aber bte Vertreter ber Blocktmhe- heit nicht adhalte, fortgesetzt zwischen bieten „phantastischen" unb „per- fioen“ Anträgen herninzuwühlen und fein abgejchrieden dem hohen Hause und der ftauiienöcn Oeffentlichkeit als ganz neue Original» gebanfen des Blocks auizutischen und bannt zu Driuifcn. Der antisemitische Häuptling ber „Tenijchnationalen", Herr Schack, besorgt offenbar, daß bie Köpfe seiner Gefolgschaft bitrch die V>o>k.n- duhrsche Leuchte allzniehr erhellt rocrDfn könnnti; er beeilte sich des - halb, bie strahlende Helte durch byzatuinische Weihranchtvolkett, die er deut „erhabenen Dokument ttioitarchtsch.r Sozialpolitik" widmete, nach allen Richtiiugen hm zu verschleiern. Diesem Ztveck entsprechend mußte er tiotiueiibigettueije, rote Molkenbnhr hinterher sehr richtig bemerkte, so tun, als ob et an das idioti|che Gerede von ber Uinruchiharkeit der Sozialbemokiaiie glaube, beim sonst bringe er sieh unb l'eiite Blockgenosseu, namentlich bte auiifeuiiti)cpcn, in arge Verlegenheit, da sie alsdann im Lande draußen, ui Versammlungen in der Diskussion mit Sosialdemokraten, von diesem blöbsinuigen Lügengeutengs>l keinen Gebrauch mehr machen föntiten. Zum Schlüsse icuier, dem Antisemiten Schack bereiteten Abfuhr keiiiizeichnete Vlotketi- buhr die so oft in den Himmel gehobene kaiserliche Botjchatl als das, war sie in Wirklichkeit damals darstellte, nämlich als Vorspann tür neue, namentlich die Schullern der Arbeiter ichtver bedrückende Steuern. Bei ein.r ztveiten Petition aus Handlnngsgehülieiikreijen, be« treffend Einrichtung von H a n b e l 8 i ii ( p e f 11 o ii t n , geriet unser Genosse Hoch mit Herrn Schack atuuiiauber. Letzterer hatte den äojialbcmotiateii zum Vorwurf gemacht, baß sie feinerit das Gesetz über die Kauiniaiiusgerichte abgefeimt haben, worauf ihm Hoch nach- 101(8, daß schock unb seine Blockgenossen burch Annahme des von den Handliingsgehülten allseitig als uitzulättglich bezeichneten Gesetzes das ZtistandekoiiiUien eine» helleren verhindert haben. Gtne kurze, über sehr bezeichnende Debatte entipauii sich über eine Petition, betreffend Aenderung des Jnvalibenvrrsichernugsgesetzcs ztoischen unseren Genossen L a ch s e und M o 1 k e n b u h r einerseits mid den ZeniruuiSmitgliedern Erzberger und GiesbertS ander- jeitt. Von ber Petittonslommission würbe nämlich beantragt, die P.ntion ai8 Material zur (künftigen) Gesetzgebung zu überweisen, wohingegen Sachse beantragte, sie zur beionbcrcn Berücksichtigung zu empfehlen, rooiür er schwerwiegende Griinbe vordrachte. Die Be- gi unbillig wurde von Erzberger und GiesbertS wohl anerkannt, aber ilOtzdetn von ihnen dem Anträge Sachtes mit HüiwetS aut die Finanzlage widersprochen, was unsere Geiiosien veranlaßte. Die Maxime deS Zentrums: recht viel Arbeiterfrenudlichkeu tu Worten, aoer möglichst wenig ober gar nichts in Taten, gebubreiiber» maßen feftjunageln. Die Konservativen und das Zentrum um Unter« ttiitzung einiger Nationallideralen bildeten eine Mehrheit gegen ben Antrag Sachte auf Ueberroeiiung zur Berücksichtigung, für den außer out Sozialdemokraten auch die Freisinnigen, die Polen unb die Airn- j.Hüten (Wiitsch. Vg.) summten. Eine recht interessante Debatte rief alSbann noch eine Petition, betreffend Abänderung des § luug ber Gewerbeordnung und Auf» aebiittg der hygiennchen Verordnitngen der Konz tiionierung des Barbier- und Fiiieurgewerbe», hervor. Interessant ui(brcrii, als die unsinnigen Blockgenosseu sich gegen die tu der Petition zum eusdinck gelai gende Zünitleiei wandten. Es war der Dr. Mugöaii, am den Die rechiSteiltgen Blockbrüder so große Hoffnungen gesetzt haben, der sich in kräftigen Tönen gegen Jen uiittelallerliroen Zamtzopf wandte, für dessen Wieder - einführung die zunitlerischeti Konservativen und Zenlrumsleute mutig cintratcn. Unser Genosse B r ii h n e machte sich über die soziale Rückständigkeit der JniiiiiigSkranter Mistig unb plmbicrte für Uebei» gang zur Tagesordnung, da ber Inhalt ber Petition wahrlich nicht zii geietzgeberiichen Aktionen angetan fei. Schließlich wurde vom Zentrlim und ben Konservativen mit ihren Anhangs In alS allrmeuefler Block der erste Teil der Petition (ber Barbier- und Friseitrinnung das Recht auf Festsetzung bon UHiiibcfiprciien zu geben) ber Regierung jur Berücksichtigung überwiesen. Von der Tagesoidiiuug abgesetzt wurde auf Antrag deS Frei- konservativen v. Dirksen eine Petition, betreffend Aufhebung der Gesiiideorduung unb der Gewährung des KoaliiionsrechtS an die läudlicheii Arbeiter, ivaS der Antragsteller mit bem Hinweis auf ben in Aussicht gestellten Gesetzentwurf über daS Vereins- und Versaniniliiugs- recht begrüubete. Der Widerspruch unterer Genossen Sachse und NoSke blieb unberücksichtigt. Die übrigen Petitionen wurden durch Annahme der dazu gestellten Anträge ber Petitionskommission erledigt. Interpellationen gegen den Lebensmittel- und den ftohlrinviirtier. Die sozialbernokratische Fraktion beS Reichs - tages hat in ihrer letzten Sitzung beschlossen, zwei Jnter- peilationen einzubringen, eine, bett, bie hohen LevenS- mittelpreifc, bie anbet, betr. bie Steigerung der Kohlenpreise. Erstere lautet: „Was gebentt ber Herr Reichskanzler 911 tun, um den un - gemein hplten Preisen der notwendigsten JchniSmittel ent* gegenzuwirken?* Di< droeite: „Welche Maßrogeln gedenkt der Herr Reichskaiizler zu er- greifen, um ber gemeirrfihäblicben Steigerung ber Soblcn« preise entgegenzuiwirken, die auf dem gesamten Wirtschaft-, gebiet und insbesondere auf ber Lebenshaltung ber minder- bemittelten Voltsklassen schwer lastet?" Die Lebensmittel-Interpellation werden die Genossen Scheidemann unb Eickhorn, jene über die Kohlen preis st eigerung Molkenbubr unb H u e be- gründen. Als Etatsredner wurden Genosse Bebel und, nach - dem Genosse Singer gebeten hatte, von feiner Person für dies- mal Abstand zu nehmen, Genosse David bestimmt. An neuen Anträgen wurden von der sozialdemokratischen Fraktion eingebracht: Ein Antrag auf Schutz der Hüttenarbeiter in bezug auf ihre Pensionskassenansprüche. Ein Antrag auf Eingreifen gegen das zur direkten Ge - wohnheit ausgeartete unterirdische Beschäftigen von Kindern unter 16 Jahren. Ein Antrag auf Aufhebung der Fahrkarten - steuer. Herr, hilf nnS nnö der Stciieniet! So fleht bie „Nationalztg." den „Vater des Blocks", den rede- kundigen Reichskanzler Bülow an um Hülfe gegen den neue Steuern fordernden Reichsschatzsekrctär, der nicht die Ver- antwortung für eine Fortsetzung der Pumpwirtschast tragen will, damit aber den Block und besonders die linke H ä I f t c des - selben zur Verzweiflung zu bringen droht. Der Reichsschatz, sekvetär wird für alles drohende Unheil veranstvortlich gemacht unb Bülow beschworen, bie von ihm selbst geschaffene Situation zu retten. Das geschieht also: „Bis vor wenigen Wochen noch senkte sich bie Wage ent - schieden zu Gunsten des nationalen Blocks. Unb getabe im Reickstag schien auch bie Situation dafür außerordentlich günstig. ... Da öffnete sich ziemlich unerwartet bie Tür bes Reichs- s ch a tz a m t S unb unversehens rollte zum stillen Gaudium deS Zentrums ein EriSapfel in Gestalt deS De - fizits von über 100 Millionen zwischen bie Parteien. Und unnötigerweise erhöht der Schatzsekretär, der tatsächlich in seinem Amte eine mcrltoürbig ungeschickte Hand gehabt hat, bie Differenzen, indem er eS unterließ, gleichzeitig einen Deckungsentwurf zu veröffentlichen. So besorgte er in Wahrheit — vielleicht unfreiwillig — bie Geschäfte des Zentrums, unb heute schon gehen bie Wogen beS Streits zwischen konservativ unb liberal beinahe so hoch, als wenn es nie einen Block gegeben hätte. Unb baS banken wir allein bem Reichsschahsekretär Freiherrn 0. Stengel unb seiner Finanz- kunst. Aufgabe beS Reichskanzlers wird eS jetzt fein müssen, bie verwirrten Fäden auseinanderzubringen unb zu erb nen. Für eine Unmöglichkeit halten wir daS keineswegs, haben doch auch die Freisinnigen bereits zu verstehen gegeben, daß sie für ein vernünftiges SpirituSmonopol unter Umständen zu haben sind. . . . Ter Reichskanzler ist ein geschickter Redner und ein geschickter Diplomat, aber er wird alle seine K ünst e spielen lassen müssen, um die divergierenden (Elemente unter einen Hut zu bringen. In erster Linie aber wird er sich mit bem PartikulariSmuS bes preußischen Herrn Finanzmini st ers auSeinanbersehen unb biefem klarzumachen haben, daß eS kein gefunber Zustand ist, wenn Preußen im Gelde schwimmt, während daS Reich notleibct, daß es daher nicht die Aufgabe deS preußischen Finanzministers fein kann, durch passive Resistenz ber Reickspolitik Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Ist erst einmal biefer Wiberstand einem sanften Druck gewichen, bann glauben wir, ist ber Weg zu einer Verständigung be« Blocks über die Finanzreform schon zu einem großen Teile zurückgelegt.* DaS Vertrauen ber „Nationalztg." zu „ihrem" Bülow ist gerabezu rührenb. Ader leider ist Bulsw nicht ber Hexenmeister, ber „bie Fäben entwirren" unb so bie Blockgesellen vor der ge- kürchteten Probe bewahren sann. Zu entwirren gibt eS da nicht viel. Der Riesendalles ist da und bie wichtigste „nationale" Frage wirb sein, Geld zu schaffen, damit Militarismus und MarmiSmuS ihren Hunger stillen können. Jetzt hilft kern Maulfpihen mehr, jetzt mutz gepfiffen Werden, mag eS ben Block - leuton auch noch so sauer ankommen. Gegen den Sprachriizwang im VerefnSleben. In einer am Mittwoch Abenb in Posen abgehaltenen, zahl- reich besuchten sozialbemokratischen Protest ver- sammlung gegen bas Verbot ber polnischen Sprache in Ver - sammlungen würbe nach einem etwa zweisiünbigen. wiederholt mit stürmischem Be fall aufgeiwiniiiencn Vortrage bes Redakteurs Haase von ber „tstazeta Robotnicza" folgenbe Resolution ein- limmig angenommen: -Tie am heutigen Zage im Saale bej Etablissements