Nr. 281. Smmtag, den 1. Te;cmver 1907. 21. Aalirgung. Hamburger Echo. Tn# „t'ninluirnrr » Uplporleur« wkchenllich I» A frei In» vnut. Einzelne Mummet 6 A tennian#*9lummtr mit lüiiftriirltt $i'niunq»btilnnf ,Tic Neue l'Jetl* 10 A Nreuzbandlriidunuei, monatlich A 2,70, für da» ?lu»land monatlich A DJ» Redallion: _ f .»« Srpebiiion: stehlaudstrab« II, 1. Stock. VUlUDUrß •> > Fihlandstrabc Il, i z1> «ad sdantllieiiaiizelitr» *> 4. tliurigeii «itimhuie Stblantiflr. II. Lrdoelchoil (bio 5 II r Nach litt iq»), in den Filialen .bis 4 llbr Nach ».■, iowic in ollen -lanoneen-Biireanr. VI itj. u. ritenoorlchrilten a m« iUerbindllchlelt. INeUnmen im redaktionellen Idi iverden lucher irali» noch ie,|«n ($iil.iit nm einem klerikalen Präsidenten, in 'Jßieii und Niederösterreich ein klerikales Regiment; bie bürgerlichen Parteien zerrissen, ohnmächtig und feig r noch alS sonst, fast ganz der klerikalen Fühinng und Bevor- mimbmifl hingegeben; d e Regierung ein Werkzeug der klerikalen Partei; der Hoi. wenigstens soweit der deS viätuuitiven Thron - folgers und dir der meisten Erzherzoge in B> tracht Iommi, durch und durch verpfeifst; in Ungarn eine starke klerikale Paitei im-lnisteigeft. n< i. eS in iür bie iKuu.linge in Oesterreich eine Bett, in Da ! . Ui lache ba. cn, trendig err.gi zn fein; sie drauchen thre Zicknnftspläne nicht mehr vorsichtig zu verhüllen. Und diese Zitkiinftspläne, die sie selbst für durchaus realisierbar halten, sind: Eroberung Ockterreich-Ungarns, Beherrschung der toesrtz- gebuug und Bcrwaliung, deS Unterricht« von der Bolkstenule bis zur zur Universität, UuterorduuiiH des gesamten öffentlichen und Familiitl- iebetiS unter den Einfluß der katholiichcn Kiiche, Wiederherstellung ber päpstlichen Vorherrschaft über Oesnrictch-Ungarn, Deuiichland, Frank- tuch und Italien.... ein katholisches Weltreich, ein klerikaler Imperium mundi — bas ist das Endziel des päpstlichen Jmperialisuins! Und Oesterreich-Uiigarii soll die Lpciaiions- dasis jein, von der an« der fanatische Krug gegen alle V^raiisictzungen des modernen Levens, g gen Wissenschaft und Kunst, gegen otc fiel. Forschung und die GeiviffcnrfrciHcit ihren glorreichen Vtiifang nimmt, von wo ausNaiionen und Stau len, K lass, n nnblSiiittcbtnngcii dasromitaieFoch aufcllegt werden soll. Tie unvezähmvare Herrschsucht züngelt aus allen i'icußerungen der klerikalen Führer her vor, und fein tot biet des geieU» ichajtlichiN Leben« ist ihnen zn minderwertig, als daß sie es nicht deut pjäfstscheti Alachtgcbot unterstellen wollten. Militarismus un: Bureaukratie , Bourgeoisie und Proletariat, ebenso wie Vkel und i'anerniuui — alles soll ihnen untertan sein! Zu diesem Zwecke haben sie in Wien das Kleinbürgertum, auf dem Lande das Bancritvolk mobilisiert, haben sie ' einen katholischen Schulvercin, einen BomfajiilSverein gegrünbel. Schon bestehen zahlreiche klerikale Blldlingsaiistalten für angehr,tbe Lehrer und tirhrciinnen, die nuilfrlid) alle ilutcrgebr .cht werden müssen; für junge Kaufleute und Beamic, benen man Stellen verschafft, durch die man sie zur Tankdarkcit verpflichtet. Tic Presse wird in grvmem Uiufai ge geiö.dert und n..ierstützt; in Wien allein sind vier klerikale Tages - zeitungen und die Provinz wird iizii Pfaffenblättern geradezu iiocr- Ichmeuiint. Das nächste Hauptziel ist bie Errichtung einer kaholachcit Universität in Salzburg und di« Eroberung der staatlichen Universitäten, weiche übrigen« heute schon mit Piäsietngeii — nicht bloß von der thcvlogischeii Faknität — durchsetzt find und die durch klerikale Ltudentenvcrbiudungcit förmlich belagert werden. Ern Hanpiangenincrk wird naiürlid) der sozialen Frage zugewendet. Milteistand und Kleingewerbe sind bereits zuui groben Teile vor den Sstgcswagei, des Papismirs gcipanni; nun handelt el sich barmn, auch das Proletariat ciiizusairgeit. Man agitiert und o gamfiert „gelbe G e rv e r k s ch a f 1 e n“, und katholische Jünglings- und to e | e l l e ii b e r e i ii c sprießen, Suinpfblnmeii gleich, ans dem von Psaffengeld gedüngten Boden empor. Teun da« >lt der Ehrgeiz, ist das Lebensprinzip ber schwarzen Lebcnsoerneiuer: alle Klaffen, alle Schichteu und „Siäirde", alle Raiseir und Nationen, alle und alles zu vereinen im Lchope der alleiiiscligmaehenden Küche und zn einer toesumtheii — zrim RaiholizismiiS — zuiaiiimenzuichnurcn. Ulber da in der Punkt, wo der Klerrkalisuires verwundbar ist, da seine ÄchiUesfeije: Am Proletariate findet seine tzi i 1 mocht eine Grenze, bie er nicht zu überschreiten vermag trotz aller Mucken und Tucken, die er anwendet, trotz raffiniertester Hinterust und grobter flroftaimttligung. Die Lebcnsbediiigungen bei modernen toejellichafi werden vor allem im Proletariate verspürt und getroffen. Ter Kapitalisunis kann nicht gefatzt, nicht betäiupft und nicht — verteidigt werden ohne das Pi oiitanat. Leini dieses ist jein agiiucr, sein wehnähigster und stärkster Faktor, der durch die Nainr der Perhaltnifje gezwungen ist, den Kapiialis.iins zu bekämpfen, der sich aber von ,hm nicht befreien sann, ohne zugleich den Kteiikalismus zu eniwurz.lit. it l a i j c n f a ui p f und Katholizismus schließen ein - ander an«! Lie klerikale Partei kann darum ihr Ziel nur durch Umsturz und Aevoiution erreichen. Wenn von tigend einer Partei bat um gutem Fug behauptet werben kann, so vom Klerilaiisuius, ber - rote VIC jüngsten Itnuiijiationen des Papstes erkennen laif.n — keine Leriöhnnng um der bürgerlichen toeieUichati unb ihren geistigen und poiuiidjen Voraus etzirngen kennt und jeden Ausgleich nm ihr schroff erdichtn, sich vtcluiehr der ganzen nitrat ichaftlicheti und sozialen Entwicklung m i t blindem Eifer c n t g c g e n tu ir f t, gerade jener Entwicklung also, an deren Beschleunigung die Arbeiter ein jo lebcnbiges, brinnenbr» ämetefie Haren. Sine ungestörte Abwicklung ber kapiialistlicheii 'Nabelschnur pabt natürlich dem Katholizismus nicht in den Kraut; denn er. Der jede Lcbeusäußerung verneint, negiert auch die Lebeiis- bcbiiiguiigcn des Kapitalismus, der ohne Entwicklung der Technik unb Wistenschnfl, ohne wtrtlchaitiiche Freihciien unb ohne fortwährende Erneuerung der ErwerbsmOgiichletteii nicht atmen, nicht existieren sann. Lebet, fetzt Bewegung, Entwicklung voraus, und bnje flnbet thun Todfeind tut Kleitkaltsmus, ihren glühendsten Perteidtger tut Lozta- lismirs. Was die schwarzen Bögel in Oesterreich ans ihren Höhlen ane Tageslicht iocki, ,,i die Laiiachc, daß oiejcr Siaai heilte in eineu. u c o e I g a n g s fta d > n m ft.h beflubet, daß bie dentale Partei voll Ovii Umwälzungen auf allen Gebieten beunruhigt rottb. Biele fiaii,ö» nidj. Orbensieute haben sich hierher g flüchict, und nun müssen sie wam nehmen, dap sie aut dein Eite tieiben, daß der Bod.n unter ihici. Futzeii ein „Trottoir roulant“ ist. Der I n d u ft r i a 1 i s m u s gretit mächtig aus, mit ihm das Proletariat. Ta kann bi. tcrtfale Partei nicht länger an sich halten, und aus den Katboltkcii- tagen, ben Versammlungen frommer Pavstglänbtgcr werden politische H tz. und Agitatioiiskongreffe. auf welchen allerhand Kapitzinaden darüber hinwegtäuschiii jolleti, daß btt Klerikalen bie erbittertsten Fki n d > d e S Proleiartat» nicht nur, sondern der Menschheit und aller Kultur sind. S K. Politische Uebersicht. Aus dem Reichstag. Berlin, 29. November. Auf Dcranlaffnng unseres toenoflen Molkendnhr gab bei der heutigen zweiten Beratung deS Unfallvirsicheriingsvertrerg.s mit den Nied riau eil der NegierungSverireiki tochetmrat Caspar bie btiibcnbc Erklärung ab, daß deutsche Arbeit, r in boUäiibifchen Betrieben im Deutschen Reich dem d. utf.htn Unfallversichcriiugsgcietze unterstehen, leibst wenn die Mehrzahl der in den betreffenbrn Betrieben bejchäs- iiatcn Arbeiter Holländer sitib, für bie baS bentiche tocsetz Nicht gilt, xaraufhiii wurde der Vertrag titiuimuüg angenommen. Durans wurde tie EiatSbeeatiing fortgcicyt und der preußische Fiiiaiijuliuiuer Jrrihcr, v. R h e i ii b a b c n ergriff das Wort, um mit noch giößeier Schorle aio gestern der ReichSschayiekretär ben linken Bloekbrüdern zu versichern, laß eS der Negierung absolut nicht ctnfalle, ihren Liandpuukt in bcjitg auf direkte Licuern zn verändern, edeilioweing wie von einer Likschäriiing der ErbichafiSsteuer bie Red. lein könne. Höhnend rüttle er ben Nationalliveraleu vor. baß sie bisher ilkiS — auch bei, oer letzten .Finanzreform' im vorigen Jahre noch ihrer Shrltebc für inlrrekte steuern NnSdruck verliehen und knüpfte oaian die Hoffnuitg daß sie auch diesmal, trotz her Liebeserklärung Bassermanns ritt die neue Liene bei dtrekten zu her alten Liebe ber inbireft n zurück!, bien würd n. S nleit nb gab ber preußische Finanz- Bttnin.r unumrounden zu, baß die deutiche Negierung tu ber Fixigkeit bes £.. . -enmochens denen oller anderen mob.rnen Sioaien Üner fei unb baß sich bie beuische NeichSichu b in einer Zeit, in der die Fion- zoseit gar keine neuen Schulbcn gemacht hoben, nahezu verzehnfacht habe. ’.Sner ebenso wenig wie sein ilo.iegc Jrethcir von Stengel zog Herr von Nhcinbaoen den nahet tcgciiben Schluß ans seinen sinanz- po iii chen »rwägui g.n, baß nun endlich niiiual bei Hebel, bcui neis wantieitoen NochSballeS Emgast zu gebt ten, an ber rtchiigen Stelle, unb zwar au de» uou Fahr zu Fahr mehr verichürigeuben jlue- gaoeu für den B.ili örmoloch zu Wasser unb zu Xiuiibf augeietzi werden muß. toigciiüotr der von Bassermann gestern aiigebcuteien neuen Sleuetguelle, ou Wehr-, resp. Hrüpptlftcuer, hielt der Ftnaiiz- uuiititer seine, schon bei bet vorjährigen Beratung ber Finanzreform- voilage tu bet Kommission feit oul, wie un Plenum eingenommene Vickie ablc.hnenoeii Haltung aufrecht, wie er hervor hob, in Ueber- euistimnuing mit bcui gar.zeit Brrnbcsrat. Nunmehr gelangte inner to.nofle Bebel zum Wort. Airkiiüpfend an die vom N.tchsschatzsekretär gtüerii unb gerne vom preußischen Finanzminifter |o schwarz wie irgend möglich tjargcficllte Finanzlage b.i Neiches ging er zu einer Beleuchtung ber ganzen wir ischaiilichcn Lag. au er, in scharfen Strichen bas durch die gerabezu nnsiniiige Zoll- ■<*4 v ' hajuö- u. d stcuctpoüaf, 6er ’.a, ui der jun,Uten Zeil die itcije ..igcutr: hat, luiiiur mehr nno gi auenhrater anromchieude Eieuo o. r grogen B.afseri der Bevölkerung zeichu.no, stellte .r bic)cn gegenüber das bull T rnvurg in jernen Wahiagitationsrcdeii stets mit 10 großer toeuug- tuuiig hervorgehobene ungeheure ’.lniuadjfen des AatioualverinögenS. Stuf >lwa biuBig.aiiiciib Mtllioiien Mark beläuft sich nach Icriiburg in bcui letzten Fahizchiii dieses NufjchneUen des Uuiernehuurgewnins, wohin - gegen bas nicht einmal allgemeine Steigen der Arbeitslöhne io minimal lei, daß cS gar nicht ins toeuucht falle, zumal bi. Ledeus- uilitelprciic, bie Bericurung ber nQcriiotro.ubigiirn Nahrungsmittel so rapid angewachsen sei, daß heilte schon die allerb bcnflntifkn An - zeichen einer begumciiien Hungersnot, eines Notstandes oUerschlimmiicr ein in bic toriajiiiuing trcieii. Und trotz alledem fordere die Negiciung bcbeiuenbe Summen mehr für ituprodukiive Zwecke unb neue tiibtrcfie Steuern, die wiederum von der Masse deS arbcitfiiben Bölkes auf» gerrachi werden sollen. Die als Fliebeiiskonferenz bezeichnete Haager ilouibbic, sowie die gesamte auswö. tige Polii.k, die, bic innere Poiink l.imz.ich,lenden jüngsten Sen|ationsprozefse, ii. a. m.. zog Bebel in b.ii Str. iä seiner fchneidenden Kritik, sich verschlebeite toigeuftäiibc iür eine spätere toelegcnheti voibehaltend. Ter KnegSiiiii.Iller v. E i n c ut, ber nach Bebel kam, bemühte sich nachznivc sen, baß er und bic Verantivorillchen Stellen ber ’.’lrmcc» vkiweiiinng von all den Tiilgcn, die in dem Harden Malik.Prozeß zur Sprache gebracht worben sind, soweit sie die Armee betreffen, keine Kenntnis gehabt. Tas muß mit so verwunderlicher erscheinen, als er doch von der von ihm zugegebcneii Tatsache Kenntitis gehabt hat, baß an die Mannschaften eines Regtuienis das bekannte Bcrdot crlaijcn ist, mit weißen Vosen und MunoiienftieKln auSzugehcn Sollte er bez>v. bic mraiitwortlichen Stellen ber ftriiiccDerroaltung bcitii gar keine Nach» iotfchung n angestellt Haden, ans ivelchem torunbe bet betieflcnbe Äegiuicntetommanbcur bat Berbot erlassen hat? Ueber diese Frage kommt ber Herr Kriegsminister nicht hinweg. Ji, längeren Aus- lühuuigcn suchte er dann bie in Frage kominenden höheren Ofsizi IC zu ciitluiini und die Lersicherung abzugeden, daß bie begonnene N.uii» gang mit bcui eisernen Besen ,u Enbe getührt werden und alle un» würdigen Elemente ohne Ansehen der Person aus der Armee hiiiaus- beiörbeci werben mürben. 2n später Stnnbe erhob sich bann noch bet Reichskanzler Fürst Bülow, um feine auswärtige Politik, sowie seine aufrechte Halmiig d.iii litaijir gegenüber in tönenben Phrasen zn lobpreisen. Sowohl über die auswärtige Politik wie über bie von ihm über das Bohncniied gelobte Haager Friedenskonferenz machte er sich anheischig, dem Hoh. n Hanse in bet Fo>m von Weitzdüchern näheres mitznieilen, selbllvcr- iianblich nm ber Etufchräiilung, io viel wie er für gut befindet. Zum Schluß vergnügte er uch und die Blockgenoffen mit einigen recht schale» und seichten Späßchen und Blätzchen über die rote Kamarilla unb Hinter-' ireppeupoluik bte Königs Demos. Dabei pulsierte ihm auch heute wieder das Malheur des Ausgleitens der Zunge. Nachdem er sich gestern unb heute schon bemühte, seine früheren Berner klingen über bic Hoi-Kauiaiilla abznschwächeii und uuijuiormrn unb ben Nach - weis zu führen, baß eS unter Wilhelm 11. nie eine Kamarilla gegeben habe und nie eine geben werde, eniiuhe ihm bie Benrerknng, bau in •ubereu Ländern, bie er näher kennen gelernt habe, auch in pailanieii» tariid) regierten Ländern die Jntrignen und Hiirterlreppcncinflüffe dort .in i ii d e ft e u s eben so blühen" — „wie bet uns", rouibe ihm von ber sozia.demokratischen Fraktion zugerufen, die einzig denkbare Ergänzung seines AuSspruchS. Für diesen Zirriii rächie sieh der Herr Reichskanzler dadurch, daß er die Behaup - tung auffieUie, auch bte Soziaibemokrattc habe ihre Kamarilla, und ihre Hiniertrcppenciiiflüsse. Die ganze Rede Bülows, namenilich der an Bebel unb die Sozialdemokratie adressierte Teil, wurde von bem ganzen Block, namentlich aber von den freisinnigen Blockgenosscrr von einem fast frenetischen Bestall begleitet unb ganz befonbetß machte sich der freisiniiig-volksparicilichc Mätzchenmacher Dr. Müller-Meinin- gen als Betiallsivenber in allernächster Nähe bes Reichskanzlers be - merkbar. Der Herr hatte sich nämlich auf ber Treppe zur Bunbes- raiS.ftrade, fast unmittelbar vor bem Reichskanzler placiert, wo er Don biejciu unter allen Umständen bemerkt werden mußte. Demnach hat ber Reichskanzler mit dieser Tonart, bie bem Herrn Müller allem zusagende unb somit richtig ericheiuenbe getroffen unb er wird sich ferner nicht mehr über eine Pastoral-Symphonie diese- hohen Herrn mokieren. Gegen den Lpruchcnzwnng. Unter ben Litauern ist eine energische Protestbewe - gung gegen ben Sprachenzroaug im Bereinsges v im Gange. Die Litauer fürchten, wie bie „Königsb. Hark. Ztg." berichtet, daß die preußische Regierung von dein den Bundes, starrten einguiäumenbcn Rechte, die litauische Sprache als B e r h a ii b I u u g - s p r a ch c z ii l u 1 a f i r ii , kein, n Gebrauch machen wird, eher baß, wenn sie davon Gebrauch machen sollte, die Bestimmung praktisch außer Kraft gesetzt wer - den wird, wie e» mit bem auf den fremdsprachlichen Sie. sl-ionSunterricht bezüglichen Teile ber Allgemeinen Be - stimmungen »em Jahre 1873 der Fall «ar. Nach diesen Bestim- niungen sollte der Religionsunterricht an litauisch sprechende fttoher in litauischer Sprache cricili werden dürfen, in Wirt iicüfeit ist bie« aber nur selten geschehen. Noch in neuerer Zeit ifl sogar ein Lehrer, her nach Ansicht der Regierung zu viel in litauischer Sprache unterrichtete, mit einem Verweise bestraft unb ein anderer au9 demselben Grunde strafversetzt worden. Es werden unter den Litauern Unterschriften zu Petitio - nen an den BundeSrai, den Reichstag unb ben Kaiser gesammelt. Vis jetzt sind etwa 15000 Unterschriften eingegangcn. Alle Streife mit litauischer Bevölkerung gedenken besondere Petltioncn abzusenden. Auße-dem sollen besondere Deputationen mit den Abgeordneten ihrer Wahlkreise über die Angelegenheit persönlich Rücksprache nehmen. Die Besorgnisse der Litauer sind durchaus begründet. Durch bas im RcickiSvercuirgeiktz vorgesehene biofmionätc Ermessen der Re - gierungen, eine fremde Sprache als Ve.rsammlungSsprache zugu - lassen oder nicht, werden alle fremdspi.rchlichcn R. ichSvewobiier völlig der oder Ungnade der iHcgtcrung nberantroortet. «Ifo auch Sie Litauer. Sie werden auf das „Wohlwollen" der Regierung nur solange rechnen können, als sie sich al# „artige Kinder" erweisen. Sobalb sic nur ^ni geringsten Miene madxn sollten, eine oppositionelle Stellung o.nznnehmen, wird ek mit bem „Wohlwollen" und auch mit ber Benutzung der Muttersprache in ihren Versammlungen vorbei sein Gegen die - ses Mittel zur Unterdrückung jeder Opposition sich zu wehren, bauen alle frciiibipi.icuiupcn tolemrui. gerade,u eine P s 11 a> t Sie werben alle gerecht deukenbe» Teutleben babei auf ihrer Seite haben. Ter Freisinn und brr Sprachen,zwang. Zu bem Sprachenzwang int Rrickisvercinsgcschcntwiirf nimmt baS offizielle Parteiorgan bet Freisinnigen Voltspartei, bie , Freist Zig." in so eigenartiger Weste Stellung, baß man darin nur die Vorbereitung einer Z u st i m irr u n g sehen kann. Nach Darlegung des GedankengangeS ber Degrür.bung bet Sprachenzwanges in der Vorlage schreibt baS genannte Platt: „65 wird ber näheren Beiatung im Landtage (muß heißen: Reichstage. R. b. „E."> überlassen bleiben müssen, zu untersuchen, in roelitKin Umfange bic hier mitgeteilten Ansichten zutreffend sind, und ob und wie weit eS nötig ist, bic Frage ber Sprache in bett Versammlungen gesetzlich zu regeln. Soweit man bisher übersehen taun, erscheint es allerdings nicht unbillig, wenn bie Polizeibehörde in ben Stand gefetzt sein will, zu kontrollieren, was in osfentlichen Versammlungen gesprochen wird. Die Möglich - keit der Kontrolle wurde aber Wegfällen, wenn bie Verhandlungen in einer Sprache stattfinden, der der über - wachende Polizeibeamte nicht folgen kann, immer - hin muß bic Angelegenheit mit der größten Sorgfalt behandelt werden, um fremdsprachliche Staatsangehörige, bte s i ch bis - her stets als gute Deutsche gezeigt haben, nickst dem StaatSgrbanfen zu entfremden unb um nicht in anberen Fällen den Natioiialitäteiizwist noch zu sckiüren. In Summa ergibt sich, daß bet VerciiiSgesetzeniwurf nach vielen Rich - tungen hin für die meinen Bundesstaaten einen Fort - schritt darstellt, daß aber Abänderungen im einzelnen criorbcr. sich fein werden, um den ber Vorlage zu grunbe liegenden Ge - danken ber Vereins- und Versammlungsfreiheit deutlicher zum Ausdruck zu bringen." In der Redaltion der „Freif. Ztg." scheint man danach bereits vo allxn Geistern bcS SibcraliSmuS verlassen zu sein. Etn wirklich f ei cf VersuinmlungSrecht nach allen liberalen Grundsätzen bars keine Polizeiaufsicht kennen. Daß aber gar es nicht Aufgabe der Polizei, fo/tbern der Versammelten fein soll, die polizeiliche Kontrolle zu ermöglichen, spricht auch dem verwässertsten Liberalismus Hohn. Wenn bic Polizei baS Bedürfnis hat, sich in die Angelegenheiten der Staatsbürger ein» zuniifchen, so mag sie sich wenigstens die Mittel dazu schaffen. Taß aber Staatsbürger auf das Reckst des Gebrauchs der Mutter - sprache verzichten sollen, damit bic Polizei in bic Möglichkeit bet Kontrolle versetzt werde, das sann wohl von einem aus. gep'ichtcn Reaktionär gefordert werden; ein „Liberaler" blamiert feinen „Liberalismus" damit biS auf die Knochen. Und nun gar bic feine Unterscheidung bezüglich der fremb« sprachlickien Staatsangehörigen, „bie sich bisher stets als gute Deutsche gezeigt haben". Nur deretwegen will baS „frei - sinnige" Organ bie sorgfältige Priifungl Ist denn nach mobernen „liberalen" Grunbsäyen „gute Gesinnung" Voraussetzung für bie gleich berechtigte Behandlung der Staatsbürger? Tonn recht» fertigt dieser „Liberalismus" noch nachträglich alle die Schu- riegeieien, welche bie wirklich liberalen Leute vergangener Zeilen durch die dainaligen Negierungen und Behörden erduldet haben, denn nach letzterer Meinung fehlte damals den Liberalen die „gute Gesinnung". Unsere modernen Freisinnigen scheinen auf dem besten Dege zu sein, sich diese „gute Gesinnung" anzueignen. Freilich, mit dem ehrlichen Liberalismus ist eS bann vorbei. Verwehrn bic Illusionen? Dr. Theobor Barth, der von vornherein ein ent- Miiebcner Gegner .bcS BlockunfinnS gewesen ist, durch ben die Führer der freisinnigen Fraktionen sich Haven blenden und inS Schlepptau nehmen taffen, weist in ber „Neuen Rundschau" abermals daraus hin, welch eine Torheit cs fei, von ben preu - ßischen Junkern zu erwarten, daß sie liberale Politik machen helfen würben, sie hätten nicht die geringste Neigung, zu Gunsten bcS Liberalismus freiwillig auS irgend einer Position zu weichen. Allerdings könne das preußische Junkertum dazu gezwungen werden, aber nur von einer Regierung, die bereit fei, das widerstrebende Junkertum „an bie Wanb z u drücken, daß eS quietscht". Da aber Junker unb Agrarier nicht bie geringste Besorgnis haben, daß Bulow die Stützen von Thron unb Altar nachdrücklich ansassen werde, so besteht nach BartbS Meinung die biplomatische Aufgabe Bülows darin, an ben Liberalen baS vorzunchinen. was die Physiologen eine Scheinfütterung nennen. Barth führt bann weiter auS: „Bor allem muß cS ihm jetzt darauf ankommen, baS Ufer der nächsten preußischen Landtagswahlen glücklich zu erreichen, ohne vom LinkSIrberaliSmuS gezwungen zu werden, in der Frage der preußischen Wahlrechts, r e f o r m Farbe z ii bekennen. In bem elendesten aller Wahlsysteme stecken heute bie Hauptwurzeln der politischen Macht OcS preußischen Junkertums. Es hat sich bcSlialb bisher allen Rcformversuchen gegenüber völlig intransigent erwiesen; fein Widerstand kann nur gebrochen werden, wenn der demokratische Unwille über ben heillosen Wahlrechts ii nfug in Preußen bic stärksten agj. tatarischen Akzente finbet.bie selbst eime widerwillige Regierung zur Initiative zwingen. DaS Gebot der politischen Lage ist deshalb nicht Versöhnung, sondern Kamps. Die Bülowsche Blockpolitik zielt daraus ab, die öffentliche Mei - nung über die Gegensätze zwilchen Konservativen und Liberalen hinwegzutäuschen, dem Liberalismus gegenüber zu temporificren, ihn möglichst lange in ber Gewehr bei Fuh-Attitüde zu halten, und damit leine Stotzkraft auch für später nach dem Erwachen auS dem Blocktraum zu lähmen. Es gibt keine undankbarere Rolle für eine politische Partei, als bie des Düpierten. ES liegt deshalb um dringenden Jntereffe des demokratischen Liberalismus, daß der Prozeß der Desillusionierung sich möglichst rasch vollzieh t." DaS wäre in der Tat zu wünschen. Bisher haben aber bie Parlamentsgroßen bcS Freisinns alles getan, um die Block- illusionen in ihren Partcigcnoffen im Lande zu nähren; sie haben sich selbst in solchen Illusionen gewiegt und haben eS oen wenigen freisinnigen Politikern, die verständig genug waren, den Blockunsinn von vornherein zu durchschauen und ihn deshalb zu bekämpfen, sehr verargt, daß sie den Blockrummcl nicht mit. machen wollten, und sie deshalb in gehässigster Weise bekämpft Aber jetzt werden, wie Sarti) mit Recht betont, dem LidcraliS. ntuS reaktionäre Zumutungen gemacht, bie weit über das htnauSgcben, roaS bisher in der B ilowschen Hera für er- Eäglich gehalten wurde. „Nicht nur, daß die Protest ioni. itifd)< VerteurungSpolitik unter bem Beifall beS pro. ftribiorten Zentrums als rocher de br.-nce ben freisinnigen -Blodfreunben erneut vorS Gesicht gerückt ist, wird der Gedanke, a iit e !: e fn e i ch s it e u e r n bei brr Ordnung der heillos ver - fahrenen ReichSfinanzwirlfchaft a limine abgelehnt, unb