Nr. 11 Dienstag, den 14. Januar 1908 22. Jahrgang Hamburger Echo yiioltn Anzeigen die s-chggespalteue V etil, eile ober deren R-um 35 *. Arbeit-markt, Vermietung», und Familienan,eigen 20* «nzetgeu-Annahme Feblondftr. II. «rdgeschotz >bis 5 Uhr Nachmittag»,, in ben Filialen (biS 4 Uhr Nachm.), sowie in ollen Annoncen*Bureaur. Platz- u. Tatenoorfcbitften ohne Berdiadlichkeil. Reklamen im redaktionellen Teil werden weder graliz noch aegen Entgelt au-genomnwv. Buchhandlung und ruchdruckerei-kiontor: Frhlandltr. 11. Erdgelchotz. Da» «Hamburger Crdio* erscheint tSglich. außer Montag« rlbannementSprei» linfi «Die Reue Welt") durch die Poft bezogen ohne Bringegeld monatlich A 1.20. vierteljöbrlich M 8,60; durch die Kolporleure wöchentlich 30 * frei in« Hau«. Einzelne Nummer 5 *. eonnwg4.Nummer mit illustrierter Sonntagsbeilage «Die Reue Welt" 10 *. kkreuzbandsenduugen monatlich A 9,70, für da« Au«land monatlich x. 3,60. Ct.Panli bei Sernt. Koencn. 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Mr haben schon des öfteren in diesen Blättem bärget an, wie in den bürgerlichen Republiken, wo die Kapitalistenklasse von der StaatsgewaÜ Besitz ergriffen hat, alle die schönen Eigen - schaften schwinden, die man einst mit dem Begriff der Republik verband. Während die Masse des arbeitenden Bölkes in solchen Gemeinwesen dem gleichen Ausbeutungssystem verfällt, wie anderswo, wird die polstische Freiheit zur Ellbogenfreiheu für die Ausbeuter. Diese betrachien nach einem bekannten Worte den Dtaat als ihren Nachtwächter, und indem sie feine Machtmittel in ihrem Interesse mißbrauchen, durchdringt eine ungeheure Kor - ruption ben ganzen Staats- unb Gesellschastskörper, unb wenn die Masse sich wider all dies Unheil aufbäumt, so werden alle Mittel der Gewalt in brutalster Weise gegen sie angewendet. Diese Encheinungen wiederholen sich unaufhörlich in den Re - publiken des amerikanischen Kominents, in der großen Union sowohl wie in ben Verschiebenen Republiken Südamerikas, in welchen letzteren die «Revolutionen" bekanntlich darin bestehen, daß eine kapualistische Räuberbande der anderen die Staatsgewalt abjagt, um die Aus - plünderung des Gemeinwesens neu zu organisieren Wie man mit ben Arbeitern umgeht, die in biefen «Freistaaten" ben Klassen- kampf wagen, sah man in diesen Tagen in der Republik Chile, wo die Machthaber aus die ausständigen Salpeterarbeiter, die eine friedliche Temonswation unternahmen, mit Maschinengewehren feuern ließen, wobei 40u Menschen gelobtet und eben so viele verwnnbet würben. Das ist bie «Freiheit", für bereu Erkämpfung ben Bolivar, San Martin unb Genossen bort eben so viele Denkmäler gesetzt sinb, wie dem Washington unb Genossen in der großen Union von 9h)tbamerifa. Während» in diesem Gemeinwesen die Korruplion und bie schrankenlose Profimmr ber Kapualistenklasse einen anarchischen Austand hervorgerufen haben, hat auch in bet größten Republik des europäischen Festlandes, in Frankreich, die Korruplion der bort herrschenden Bourgeoisie wieder die bedenklichsten Erscheinungen «ezeiligt. Schon zweimal hat die korrumpierte Bourgeoisie dieses Landes, das bie Wiege so vieler Revolutionen gewesen unb von dessen Hauptstadt so viele geistige Feuerftrahlen in die Kultur- well gegangen sind, die Republik diskredstiert und an militärische AbetoQwer auefleliefetL Auch die brüte Republik wäre wohl schon bie Beute eines solchen geworben, wenn nicht bie feste Haltung der Arbeiterklasse die Prätendenten zurückgescheucht hätte: Indessen hat die ftanzösische Bourgeoisie, nachdem sie so lief in ben Panama-Sumpf hineingeraten war unb nachdem sie sich burds) das Bündnis mit dem Zaren und durch einen unerhörten Servilismus dem Selbstherrscher gegenüber blamiert hatte, sich wieder einmal zu einer Tat aufgerafft und hat mit Hülfe bet Sozialisten bie Trennung von Staat unb Kirche burchgesetzl. Diese Aktion ist nicht so verlaufen, wie es eigentlich bie Seit» umftänbe verlangt hätten, unb bie Neugestaltung ist nicht so ausgefallen, wie etwa wir es gewünscht hätten. Mit allerlei Ankomeguenzen brachte man es dahin, daß bei ber Durchführung de§ Trennungsgesetzes auch allerlei Schwierigkeiten erwuchsen, bie man hätte Dermeiben können. Immerhin bleibt bas Ganze eine hochbebeutsame Umgestaltung und feit ber großen franzöfischei Revolution ist zum ersten Mal in einem großen Reiche Europas bie Berauickung von Staat unb Kirche aus ber Welt geschasst unb bamit ein -großes Beispiel für bie Zukunft gegeben worden. Aber auch bei dieser sonst so erfteulichen Maßregel ist bie Korruption des Klassenstaates zum Vorschein gekommen. Die Bourgeoisie, welche für ba§ Wohlwollen des autokratischen Ver- bünbeten in Petersburg 10 000 Millionen Franks in russischen Papieren angelegt hat, verstand es auch bei ber Liquidation ber geistlichen Güter so zu manipulieren, baß bie Trennung von Staat unb Kirche für sie zu einem sehr lukrativen Geld - geschäft wurde. Diese Tatsache ist in ber Presse bereits kurz erwählst worben; sie tierbient aber in ihrer ganzen Bebentung gewürdigt zu werden. Fast allen modernen Staatsverwaltungen fehlt es an Geld infolge der ungeheuren Ausgaben für den Militarismus und beffen Wettlauf in ben Kriegsrüstungen im Frieden. In manchen Ländern wurde die soziale Reformpolitik so total vernachlässigt, baß man auf den Gedanken kam, die für .Kulturaufgaben fehlenden Mine! durch Einziehung ber Kirchengüter zu gewinnen. Besonders in Spanien hatte ber Radikalismus diesen Gedanken zu propagieren versucht. Das Vermögen ber kirchlichen Genossen - schaften ist in Spanien ein so ungeheures, daß biefe Güter ber toten Haub nie wirtschaftliche Entwicklung bei ganzen Landes hindern. Als in den vierziger Jahren des verflossenen Jahr- hwiderts der liberale Regent Espartero die Einziehung ber Kirchengüter in Angriff nahm, führte bies seinen Sturz herbei, unb seitdem hat in Spanien, auch während der Republik, keine Regiernng die Kirchengüter anzutasten gewagt. In Frankreich haben unter ber brüten Republik bie Regierungen aDe nacheinander soziale Reformen versprochen, aber c5 ist bannt sehr langsam gegangen. Die demokratische Republik hätte allen anberen Staaten darin voran sein sollen. Aber den Arbestern gegenüber zeigte sic sich als Stiefmutter, während die Bourgeoisie enorme Gewinne aus dem Besitze der Staatsgewalt schöpfte und den ^taat mit einem System ber Günstlingswirtschaft belastete. bie radikalen Republikaner zur Regierung gelangten, machten sie es gerade so, wie eS einst die konservativen Sozialdemagogen unter Bismarck gemacht haben, als dieser bie Einführung deS Tabakmonopols beantragte. Damals wurde den Arbeitern vor - geschwindelt, der Srtrag deS Tabakmonopols fei ein Patri- moniuin ber Enterbten unb werbe für soziale Reformen »er. wendet werden. Das zog bei ben durch das Sozialistengesetz damals skeptisch gemachten deutschen Arbeitern nicht; auch wurde die Einführung des Tabakmonopols vom Reichstage abgelehnt. Die Vem'eichung der Erträgnisse für soziale Reformen wäre so wenig erfolgt, wie bis heute die der Zolleinnahmen für eine Wittwen- und Waisenversorgung erfolgt ist. Die französischen Radikalen schossen mit ihren bemago. gischen Künsten den Vogel ab; sie versprachen, endlich einmal für gründliche soziale Reformen zu sorgen. Die Mittel dazu versprachen sie mit der Trennung von Staat unb Kirche zu be- schaffen; die babei einzuziehenden Güter ber religiösen, resp, kirchlichen Genossenschaften (.Kongregationen) sollten bazu dienen, für die Altersversorgung der Arbeiter die geeignete finanzielle Grundlage zu bilden; so sollten die Kirchengüter wirwch «das Gut ber armen Leute" werden, wie sie früher heuchlerisch be - nannt worden waren. Aber sie wurden eS unter ber Bourgeois- Republik so wenig als unter ber kirchlichen Hem'chaft; bie Liquidation biente nur dazu, baß bie Liquibatoren sich be - reicherten. Bei 115 Liquibattonen behielt ber Staat nur gegen 900 000 Franks, obwohl ber Gesamtwert brei Millionen betragen hatte; 2 100 000 Franks schluckten, wie bie Zeitungen berichteten, bie Advokaten und ihre Helfershelfer. Herr Millerand schluckte 300 000 Franks. In diesem Verhältnis werden die Liquidationen weiter gehen und für die Altersversorgung der Arbeiter bleibt nichts oder sehr wenig übrig. Do wird auch diese Ruhmestat von der bürgerlichen Kor - ruption verdunkelt und ber Name ber Republik verliert hier feinen Zauber. Aber bie ftanzösische Bourgeoisie wirtschaftet bamü auch um so schneller ab. Sie muß ber Arbeiterklasse Platz machen, welche bie kapitalistische Korruption mit bereit Grundlage beseitigen wird. Die Republik ber Zukunft wird sozialistisch fern, ober sie wirb nicht sein. Das Dreiklassen-Fanttrechl. Julia-Linke. Ach bete dich an. Ftesco! Aiesco-Bülow. Tas bebaut" ich. Signota. Hier meine Gemahlin, ein göttliche« Weib! Julia-Linke. Ah. unethSrt betrogen'. Faustrccht tut mittelalterlicbcn. im raubriticrlichen Sinne de« Wortes, denn nicht einmal der Herr und Meister der Regierung, die Konservativen, vertreten durch den wider- iicheu M u t t e w 1 tz , der cigiulstche j?taunDorur ver JnterveUolion war, wahrend sich Bülow . ganz gegen seine sonstige Art. auf die Vorlesung seiner brüsken, knavven Ertlarung beschränkte - konnte auch nur eine schattenhaft- schwindelhafte Rechtfertigung aus inneren Gründen bciüringen. Nur bestritt er das Motiv der Kerechtigkeit. An Rechts- fragen gelte auch in Preußen gleiches Recht für alle, aber hier handle es sich um die Verfassung. Ein Räuber wäre demnach nicht, wer den ganzen Aajsenschrartt eines anderen nicht herauSgibt, sondern nur der gelegentliche Einbrecher! — Und dieses Faustrecht proklamierte der leitende Staatsmann in Permanenz, er, der die Stirn hatte, den Geist UhlandS für sich anzurufen und fein Wort von der Sal - bung mit einem Tropfen demokratischen Leles zu zitieren! S o eisenstirnig war er allerdings nicht, die Ablehnung de« geheimen Stimmrechts moralisch zu motivieren. Das Überließ er dem Junker v. Zedlitz, der „gottesfürchtig und dreiste", nach Junkerart, das geheime Stimmrecht «eines freien Mannes unwürdig" erklärte Nie «t die Tugend zur Stüve des Üasters schamloser geschändet worden. jemand, der Welb ober Töchter gegen Vergewaltigung zuchtloser Lüstlinge durch Schudmaßregeln schützt, handelt demnach eines freien Manne« unwürdig. Moral und Würde verlangen, daß et sie schutzlos läßt gegen die Nachstellungen roher Wüstlinge! Nur ein Feigenblättchen hat Bülow in feinet Er - klärung angebracht, zugleich als Blendwerk und Köder. Den Hinfluß der breiten Schichten des Mittelstandes soll das Dreiklasienfaustrecht aufrecht halten und sichern. Wit halten auch die Naiven im Mittelstand nicht für so natti, darauf bin« inzufallen. Sogar die Krause und Fischbeck Haden das ächerlich-miserable Deckblatt von der Blöge gerissen. Des weiteren scheute sich der Kanzler in seinem zweiten leinen Speech nicht, im Brustton zu versichern, er halte es für L flicht der Regierung, bei den Wahlen eine ganz unparteiisch« Öaltung zu beobachten. Er rechnete wohl auf das schlechte Gedächtnis anderer Leute in bezug auf feine Erklärung im Reichstage voriges Jahr, die ihm der Pole Korfanty prompt nter die Nase gerieben hat: „Die Regierung werde e$ sich ächt nehmen lassen, auf die Wablen derartig einzuwirken, daß tc in ihrem Sinne auLfallen". — Uebrigene wirkt daS bestehende reußische Wahlrecht schon automatisch genugsam, die oppo- tttonell gerichteten Wähler zu terrorisieren! Aber das Prädikat eines Menschenkenners, nämlich eines KennerS blockliberaler Menschen, kann dem Reichskanzler nicht abgesvrochen werden. Er wußte, waS er diesen Libe - ralen alles bieten darf. Sollte man nicht denken, jeder Frei - sinnige, der noch einen schwachen Funken politisches Ehrfübl im Leibe hat, hätte auf diese Erklärung hin, ohne einen Augen - blick zu zögern, seinen Austritt auS dem Block erklären mühen! Sämtliche freisinnig-demokratische Blockbtiider hätten unverzi glich zusammentreten und dem Statuier den Bwckwechfelbalg vor die Füße werfen und ihm erklären müssen: solange wenigstens daS We. fentliehe unseres Antrages zurückgewiesen wird, bewilligen wir keinen Nickel neuer Steuern, machen wir gegen alle neuen Militär-, Flotten- uend Kolonialsorderungen die schärfste Oppo - sition, und werden unsere Wähler zur heftigsten Gegnerschaft gegen diese Regierung entflammen. Dir pfeifen auf da« Schlagwort „national", so lange die Regierung selber unsere eminent nationale Wahlrechtsforderung mit Fußtritten regu - liert. DaS hätte folgen müssen wie dem Blitz der Donner. Nichts von alledem. Hber «die Katze, btc Katz' ist gerettet", der Block wurstelt fort unb apportiert dem Kanzler seine nationalen Wünsche. Nur das Organ der Payer und Haußmann, der Stutt- gartet „Beobachter", schrieb in der ersten Hitze: „Bülow möge nun auch im Reichstag sehen, wie er mit den Gruppen der Rechten allein regieren kann. Einet Zornntk poutik reden wir damit nicht daS Wort. Die Linke wird gewähren, was sie mit ihren Prinzipien vereinbaren kann und wa« die Be - dürfnisse des Reiches erheischen. (Womit schon wieder eingelenkt wird!) Aber um der Politik und der Person BülowS willen auch nur eine Linie weiter zu geben, dazu bat die Linke keine Veranlassung mehr. Mag er lallen und nach ihm die konservativ-klerikale Verbrüderung wieder vollauf unb mehr als zuvor ans Ruder kommen." Wenn die Paver und Haußmann die Sache überfchlafen haben, werden sie sich eines anderen besinnen. Es wäre ja schade um das liebe Börsengesetz! Zum Ueberflufe schließt der Berliner Korrespondent derselben „Beobachter". Nummer, bie freisinnigen Führer hätten ihm in ben Wanbelgängen erklärt, daß sie diese Konsequenz, nämlich die Preisgabe b e 8 Blockes, noch nicht ziehen wollen! FieSco-Bülow mag mit dem Schillerschen offen barlegen, in welcher Absicht er sich „mit dieser Harlekinsleidenschaft be - hängte unb mein Wilb rannte glücklich in den blanken Betrug" daS „edle" Wild fühlt srch auch dabei kanchalisch wohl. Das Proletariat wirb auS der Affäre nur neu« Kräfte schöpfen. Seine bis zum Siedepunkt geittegene Er- bittern na wird die geeigneten Mittel und Wege schon finden, den Trotz der Trotzigen zu brechen, und sein mit Besonnenheit verbundener Wagemut wird auch nor außerordentlichen Aktionen nicht zurückschrecken. Ganz wohl ist den Starrsinnigen selber nicht dabei. kaS bewiesen ihre vielen Versicherungen, daß sie sich von den Demonstrationen nicht um .Haaresbreite von ihrem Weg abbrängen lasten! DaS ist das Erhebende an solchen Kämpfen für Fortschritt, Recht unb Freiheit, daß sie in jedem Fall vorwärts gelangen. Erreichen ste ihr Ziel, um so besser. Erreichen sie es noch nicht, so wachsen nicht allein ihre eigenen Energien und schwellen gewaltig an, sondern Tausende bis dahin Indifferente werden erhellt, interessiert unb angefeuert unb stoßen zu ihrer Fahne. DaS Dreiklassenfaustrecht ist nicht stärker al« die Pariser Bastille! Politische Uebersicht. AnS dem Reichstag. Berlin, 11. Januar. „Wird durch ein Zier cm Mensch getötet ober der Körper ober b'e Oesnndheu eines Menschen verletzt over eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden ,u ersetzen." Da« ist nach ß 833 des ‘Ärgctlidjcn Gesetzbuches jetl dem Inkrafttreten desselben geltendes R.cht im Deuttcheti Reich«. Seit Jahren sind nun die Junker und Jur.kergenoffen b>strebt gewesen, diesen Paragraphen io ;n gestalten, bat; er dem schlauen Tierhalter unter allen Umständen die Alöglichkeit m>t sich der Hativsttcht zu entziehen, unb die agrarische Meer Heu des Rn.rstageS hat den junkerlichen Tierdaltem Verständnis respektive Beibnlfe geleistet. So ist es denn gekommen, daß schon zweimal 9u'o!uttoncn von der Mehrheit deS Reichstage- deschlosien worden ft* die von bet Regierung einen dementsprechenden Aeietzeuiwurf fc.-xrttn. Daß eine Regierung unter einem Reichskanzler, der noch ach innern Grabstein attestiert haben will, daß er ein agrarischer Reichskanzler gewesen, stets gewärtig jedes Winke- an- beut agrarischen Laaer, sich dem wiederholt ausgesprochenen Verlangen nicht wtrerfetzen würbe, war ja zu erwarten und voranSzusehen unb so ist er denn :ur B.rut ignng ber Agrarier unb toter Hörigen gekommen, ber geforbene Gesetzentwurf. Der § 833 wird danach außer Kraft gesetzt, „wenn bet Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das deut Berufe, Erwerb-tättg- keu oder dem Unterhalte des TierKatters zu dienen bestimm! ist und entweder bet Tierhalter bet bet Beau'sichtigmtg beS Zierte die im verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet ober ber Schaben auch bei Anniendung bitter Sorgfalt entstanden ietn würde". Damit ist die Hastnsticht ber Titi halt.r jo gut wie beseitigt Damit wird dann, Huf) dem Staate efretär Dr. 911 e b e r b i rg , das deutsche Recht irrdtr yergefulli . nadjbt.n seit beut Ziikrafttt, len det Bürgerlichen diese Materie nach ber vtnnntttgeren 'raitzbittchen Rttp »aufiasiuug, wie sie im cäde civil zum Ausdruck gelangt, dfhauottt wurde. (fine zu entschiedenem ch-ieerjpruch geradezu kr inäforocrnDe Behauptung des Staatss.kretärs war aber die, dah mit dieser Vorlage dem Berlanatn des bemühen Volke- Rechnung getragen würbe Wie feinfühlig und feinhörig die Regierung doch Wünschen der kleiner agrarischen $o («teile gegenüber noch in und wie schwerfällig und schwerhörig gegenüber oitmalS wiederholten jozial- politischen Forderungen und Wünschen ber nach Millionen zäylenben Arbeiter. Alles daS wurde dem Herrn Staatssekretär unb den ben Entwurf befürwortenden Agrarierhörtg, n von den Konservativen bis zu den Üeaiwnalliberalen mtt aiterkennnis werter Deutlichkeit von unserem Gemässen Molkenbuhr gesagt, wie er ihnen auch bie schofle Heuchelei unter hu Safe rieb, die darin zum Ausdruck kommt, daß sie behaupten, biete Bestimmung komme nur kleineren, armen Geschäftsleuten zu gute, wie z. L. einer armen Milchfrau, deren Hund etwa ein Kind beißt. Diese agrarischen Heuchler verstehen eS aber meisterhaft, allen Gesetzen, bie in ber Hauptsache nur in ihrem Interesse zu bienen geeignet und bestimmt sind, als b>m Gemeinwohl, zum unndesten aber dem Interesse deS Mtttel- stOfde'» dienend darznsteUett. Genosie Molkeububr baue durchaus recht -U 1er Schiußdrhauptung. ;an bee-e* Gesetz nicht tut Interesse aru.-r Milchfrauen mit einem Ziehhunde unb anderer kleiner Geschäftsleute halber, sontern tm Interesse bet reichen Leute, die viele Tiere halten, geutacht sei, damit es diesen möglich ist. sich der Haftpstjcht zu ent - ziehen. feinen schwachen Widerstand fand bie Vorlage auch bei den Freisinnige», aber sie wiesen den Gebanken weit von sich, baß dadurch der Block gefährdet werben könne. Alle anderen Parteien liefern ihre Zuititnmung erklären unb lehnten den Antrag auf Kommission-beratung gegen die Stimmen der Sozialdemokraten unb Freisinnigen ab. Tann mürbe noch entfetteten in die Beratung eines Entwurfs, betreffend Abänderung deS ß 63 deS HanbelSgeietzbiÄes. Es soll ein Stück Soztalpolitck fein, die ber Entwurf enthält. Sie ist aber der - art, dafe die damit bedachten HandlttngSgehülten alle Ursache haben, sich dagegen mit Händen unb Fußen zu wehren DaS Zentrum liefe durch seinen Redner Nacken flipp unb klar erklären, baß eS diese Art Sozialpolitik ttich: mumache- Auch die Saiiottallibcralen find, wie ihr Redner Dr. Weber erklärte, nicht Dafür. Die Beratung kam heule nicht zu Ende und wird m ber nächsten Sitzung fortgcfüferi. Monopolisierung der drahtlosen Telegraphie. Dem Reichstag ist eine Novelle znm <8 e se tz über da« Telegraphenwesen des deutschen Reichs zugegangen. Sie hat folgenden Wortlaut: 5 3 erhalt folgenden Abs. L: Elektrische Tele - graph eit o n 1 a g e n, welche ohne metallische Ver - bi n b u n g 3 l e i t u n g c n Nachrichen vermitteln, dürfen nur mit Genehmigung des Reiches er - richtet unb betrieben werden. Hinter $ 3 werden folgende Vorschriften eingeschaltet: $ 3 a. Auf deutschen Fahrzeugen für Seeschifffahrt oder Binnenschifffahrt dürren Telegraphenanlagen, welche nicht aus - schließlich zum Verkehr innerhalb des Fahrzeuges bestimmt find, nur mit Genehmigung b c 5 Reiches errichtet unb betrieben werden. § 3 b: Der Reichskanzler trifft bie Annorbnungen über ben Betrieb ber Telegraphenanlagen auf fremden Fahrzeugen für Seefahrt oder Binnenschifffahrt, welche sich in deutschen Hoheits- gewäffern aufhalten. In der Begründung wird u. a. ausgeführt: In dem verhältnismäßig kurzen Zeitraum ihrer praktischen Anwendung hat sich die Funkentelegraphie unter stetigem Fortschreiten ihrer technischen Vervollkommnung so entwickelt, daß sie schon jetzt für bis Warme, das L.inbheer und bie allgemeine VerkebrS- felegraphie unentbehrlich ist DaS Hauptfeld ihrer Anwendung liegt auf dem Meere, im Binnenlande ist sie für die Interessen bet LanbeSverteibiaung von großer Wichtigkeit. Um eine Störung im Geben und Empfangen von Fun - ke ntelegrammen zu verhindern unb zu ermögliaen, baß etn geregelter Funkenverkehr Play greift, ist eS nötig, den gesamten futttentelegraphifchen Verkehr unter Einwirkung deS Reichs cinbeiüid) nach festen Regeln zu gestalten. Hierzu ist etn gesetzgeberisches Eingreifen erforderlich. Nach den $5 1 und 15 deS Gesetze? über daS Telegraphenwesen steht das Recht, Tde* -rraphenanlagen zu errichten und ju betreiben, ousschli st ch beu. Reiche zu. Um keine Zweifel entstehen zu lasien. ob Funken - telegraphie auch unter dieses Gesetz fällt. Hai man deschlosien, dies genau durch eine Novelle zum Telegraphengefesi rechtlich festzulegen, auch waren Zweifel entstanden, ob sich nach dem jetzt geltenden Rechte daS Telegraphenregal des Reichs auch auf deutsche Seeschiffe erstreckt. Fest itand ferner nicht, ob bie Er - richtung unb der Betrieb von Funkentelegraphieanlagen auf See- schiffen ber Genehmigung des Reiches nicht bedürfe. )e mehr Schiffe der Handelsflotte mit Funken!elegrophie ausgerüstet sind, um so mehr wächst die Gefahr der Störung, bie den Lüsten- unb Botbstationen ber Manne usw. droht. Gegen den Automobilnnfug. Die konservative unb freikonservaiive Fraktion de- Reit-«- iageS brockten eine Interpellation ein, des Inhalt-, welche Maßnahmen bie königliche Staat-regierung zu treffen gc. denkt, um den immer mehr überhand nehmenden Ausschrei - tungen beim Betriebe von Kraftfahrzeugen besser als bisher zu begegnen. Ei« neuer Anlauf znnt Bimetallismns. Die Doppelwährungsmänner scheinen au5 der Geldknappheit unb dem hoben ReickrSbankdiSkoni neue Hoffnungen für ihre schon fast in Vergeffenheit geratene Theorie geschöpft zu Haden. Sie iuolle i ’.’erf.: ii. we Golmoähruua tveniasteiiS ou» deut kleinere! Verkehr zu verdrängen. Mit Recht machen b:e A eitesten der Berliner Kaufmannschaft darauf aufmerksam, daß die demnächst im Reichstage zur Verhandlung kommende Inter - pellation des Abg. Grafen Kanitz über die Mayregeln, btc der Reichskanzler angesichts deS hoben ReichSbank-TiSkontS zu ergreifen veahnchtige, im engiten Zusammenhänge steht mit einer vom Grafen Kanitz unb Genossen zum Etat des ReichSamtS des innern eingebrachten Resolution, bis ben Reichskanzler auffordert, dem Reichstage den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, durch welches L der nach Artikel 9 des Reichs tnünzgesetzeS vom 9. Juli 1873 in Zahlung zu nehmende Höchstbetrag von Reichssilbermünzen beträchtlich erhöht wird; L der durch Artikel 4 des Gesetzes vom 1. Jun, 1900 auf < 15 für den Kopf ber Bevölkerung normierte Gesamtbetrag ber. Reichssilbermünzen auf zunächst ,< 35 pro Kopf herauf ges etzt wirb. Tie Aeliesten ber Berliner Kaufmannschaft vertreten dir richtige Ansicht, daß die Ausprägung von Aetchrsilber-sSchekbe-) Münzen sich lediglich nach dem dauernden Bedürfnis deS Ver - kehrs zu richten hat. ^eber Versuch, über dieses Bedürfnis hinaus den Verkehr mit wilder münzen anzufüllen, führt schließ - lich zur Ansammlung derselben in den Kassen ber Reichsbatik.unb damit zur Verschlechterung des Verhaltntffes, indem sich der Metallbestand der Reichsbank aus Gold- unb Silbermünzen zn- sanimensetzt. Eine Vermehrung der Silberau-prägung über Itz 15 auf den Kovf ber Bevölkerung hinaus darf oaher nur dann unb nur insoweit erfolgen, als in dein Deriehr ein bauernbeS Bedürfnis danach in unzwetdeutigei Weife zu Tage tritt. Ganz ausgeschlossen muß nach Ansicht ber Aeliesten ber Kaufmannschaft hierbei der Gesichtspunkt bleiben, daß bei Ausprägung von Lilbermünzen durch den Unter- schied ,wischen dem nominellen Wert derselben und beut darin enthaltenen S überwert ein scheinbarer Gewinn füt bie Reichskasse erzielt wird. Detter wird darauf hingewiesen, daß die beträchtliche Er Höhung des Betrages an Reichssilbermünzen eine Durchbrechung des Princips her Galowährung fein werde. T tc Antragsteller behaupten zwar, dettz sie mit ihrem Antrag einen dtmetallinischeN Vorstoß nicht veabsichtigen. Sollte der Antrag aber Annahme ftn den und da? Reichsbankgeietz dementsprechend geändert nv.rben, so würde bte Wirkung unzweifelliatt eine b i m e t a 1 l i st i s ch e sein. Wird doch schon jetzt darauf bingewiesen. daß durch bett letzteren Antrag die Reicbsbant in die Lage versetzt werden mürbe, mit ber Einlösung ihrer Ban:noten in Silber ;u „drooen" und daburch sich deren Ettttofung in Gold zu entziehen. ? tc schließ - lichen Wirkungen der Unträge Kanitz und Genossen würden daher nur in ber Verschlechterung unserer Währung-« Verhältnisse bestehen. Der Freisinn und die pieustischc Wahlrechtsfrage. Bezeichnend für die Art, wie bet Freisinn die Brüskierung durch bie Bülowsche Erklärung Born Freitag aufntmmt. ist die Tatsache, daß der offizielle ÄratttonSmonitcnr der Freisinnigen BolkSpartei, die „Freis. Ztg. , auch am Sonntag noch nicht einen Ton eigener Meinung über die Haltung ber Ro gietung zur Dahlreformfrag« und darüber, war nun btc Frei - sinnigen zu tun haben, von sich gibt Sie berichtet lakonisch nur folgendes: „Tie linksliberalen Fraktion-gemeinschaf - ten de- Reichstags und des preußischen Landtags Banen am Sonnabend in eingehender Beratung über bie durch dir Erklärung der preußischen Scaierung zur Wahlrecht-frage geschaffene rolitische Lage verhandelt Die Frakiinnen erachten einmütig biete ErUärunealS eine völlig u n .^ur e i di t n b c Antwort auf bte Forderung einer baldigen :nb gritnbbtfien Reform de- unhaltbaren und ungerechtLn ALaHenmo tuihitent# unb der veralteten Wahlkreiseinteilung, und breB um" io mehr, als dies. Erklärung in Widerspruch sieht zu der vom RgichS tangier Fürsten Bülow wiederholt ausgesprochenen Auf - fassung. daß ben liberalen Anschauungen mehr Geltung als bisher im StaatSleben eingeräumt werden muß. Die frei - sinnigen Fraktionen des preußischen ?! b g e- ordnetenhauses haben beschlossen, nachdrücklich für die Einführung des allgemeinen, gieüfen, geheimen und direkten Wahlrechts in Preußen zu wirten und einen Ausschuß zur planmäßigen und einheitlichen Bekämpfung des bestehenden preu tzischen Biaklrechts einzusetzen. Der Ausschuß mag noch einmal eine sehr löbliche Tätigkeit entfalten, aber vorläufig lag doch wohl eine andere Frage n.täer, nämlich bie: wir sich do- Verhältnis der freisinnigen Fraktionen zur Blockpolitik gestalten soll, nachdem Bülow durch dir ?