Nr. 92 Freitag, den 17. April 1998. Jahrgan«,. LamburgerEcho. . St. Pauli einschl. Schanzenstr. bei Heim. Koenen, Sophienstr. 44^ YimSbüttel, Lanftenfelde bei Gori Dreyer, FruchtaSee 42. Hoheluft, ^ppeudors, Groh-Vorftel und Wiulerhude bei Emst Grotzlopf, Lehmweg 51. Barmbeck, Uhleuhorst IV fi f II bei Theodor Petereit, Bachstr. 12. Hohenfelde, Borgfelde, Hamm, Horn, Schiffbeck und Billwärder bei Earl Lrrel, Baum. 26. Hammerbrook bis Billw. Steindamm bei Rud. Fuhrmann, Schwabcnstr. 33. Notenburasort und Veddel Minim* bei Th. Reimer, Liitdleystr. 85. (kilbeck, Waudsbeck, Hiufcheufelde und Lst-Barmbeck bei Franz Krüger, Kurze Reche 34. Altoua bei Friedr. Ludwig, Bürgerstr. 118. Ctttuicit, Bahrenseld bei Joh. Heine, Bahrenselderstr. 129. Tel „tiemburflcr reibt Veranlassung gibt. Die §§ 152 und 153 der Gewerbe - ordnung lind aber von Anfang bis Ende nichts als eine f 4 r e'l e ti 6"e Anomalie in unserem RechtSIcben. und wer den deutschen Arbeitern die volle Koalitionssreihett sichern zu wollen vorgibi und nichts anderes vorzubringen hat als solches Herum stümpern zur Verhinderung rückständiger Gesetzesinterprctationen, zeigt, daß er trotz jahrelanger Reklanta- tionen über die Notwendigkeit, den Arbeitern volles Koalitions- recht zu schaffen, von dem Sitz der bestehenden Uebelstände gar feine Ahnung hat. Der Sitz dieser Uebelstände sind die Bestimmungen übet die Arbeitswilligen." Brentano schildert eingehend die Mißhandlung, die das Koalitionsrccht der Arbeiter und die Arbeiterorganisationen von feiten der Polizei und Gerichte seither erfährt. Die schreiendsten Ungerechtigkeiten müssen Arbeiter, die ehrlich ihr Koalitionsrecht gebrauchen, sich gefallen lassen. Bren - tano bemerkt dann dazu: „Alle die Gefahren, welche den Gebrauch des Koalitwns- rechtes seitens der deutschen Arbeiter bedrohen, werden nun i n S Unberechenbare durch den § 7 des Vereinsgesetzes vergrößert. Auf welche Weise sollen deutsche Arbeiter auf fremdsprachige Arbeitswillige friedlich einwirlen, wenn ihnen ver- sagt wird, durch Personen, welche deren Sprache kennen, in Ver - sammlungen zu ihnen zu reden? Sobald eine Arbeitsstreitigkeit in Gebieten ausbricht, in denen die Vertreter beS „SchubeS der nationalen Arbeit" nichtsahnende Arbeitswillige aus dem Aus - land systematisch heranziehen, ist die Zunahme von Gewalttätig - keiten zu erwarten, hierauf das Wiederauftreten deS Verlangens nach einer Zuchthausvorlage unb als Folge eine Verschär - fung aller ber Gegensätze, ohne deren Milderung auf i>aS Niveau des friedlichenJnteressenkampfes die Zukunft unserer Volkswirtschaft bedroht ist Und da glauben die linksliberalen Parteien, mit einem so unerheblichen Antrag wie ihrem vom 1. April die Schuld wieder gut machen zu können, die sie durch Annahme des § 7 auf sich geloben haben! Wem es ernst ist mit der Beseitigung der Ungerechtigkeiten des bestehenden KoalitionSrechteS unb ihrer Folgen, muß bei § 152 DeS tiefsten Herzen? frühste Schütze quellen auf; AurorenS stiebe, leichten Schwungs, bezeichnet'« mir. Den schnellenipfunb'nen, ersten, kaum verstaub'nen Blick, Der, festgehalten, überglänzte jeden Schatz. Hier läßt Freiherr von Berger statt „AurorenS" Faust sagen: „Margaretes". Er unterstreicht dadurch leise den Gedanken, den Goethe selbst anschlägt. Nicht Pedanterie läßt uni die» Detail hier anführen, man kann sich diese Verdeutlichung wohl gefallen lassen. Sie scheint uns in charakteristischer Weise im kleinsten zu zeigen, was Baron v. Bergers Ab - sicht unb Ziel ist: bem Schauer unb Hörer ba» „Riesenbrama ber burch alle Jrrpfade und Leidenschaften emporringenden und empordttngenden Menschheit" mit seinen überreichen Verkörperungen deS Abstrakten durch möglichste Hervorhebung bei Schicksals bei Helden Faust selbst zu einer einheitlichen Bühnen Handlung zusammenfassen. Mit ent - schiedener Wendung bei Gebankeni und auch bei Geschehens schließt ber 5. Akt, der deshalb auch immer der wirkungsvollste des zweiten Teiles fein wird, mit der Handlung bei ersten Teili (unb bei Vor - spiels im Himmel) der, Ring bei DrauiaS. Dtes vier ersten Akte bei zweiten Teils aber führen — wirklich ober scheinbar, wer wagt'i zu entscheiden? — den naiven Schauer unb Hörer oft weit ab von dem Nerv bei Ganzen. Der praktische Bühnenkünstler packt beihalb mit um so größerer Bestimmtheit alle Gelegenheiten unb Wendungen, die in diesen Partien des Textes den tragenden Haupchseiler erkennen lasten. DaS unerschöpfliche Problem, das die Goethefche Faustbichtnng der darstellenden Kunst (hier im weitesten Sinne gemeint) stellt, ist damit angedeutet. „ES sind über 60 Jahre, daß die Konzeption (Erfindung) deS „Faust" bei mir jugendlich, von vornherein klar, die ganze Reihenfolge hin (freilich) weniger ausführlich vorlag. Nun hab' ich die Absicht immer sachte neben mir hergehen lassen unb nur die mir gerade inter - essantesten Stellen durchgearbettet, so daß im zweiten Teile Lücken blieben, (die ich) durch ein gleichmäßiges Jntereste mit dem übrigen zu verbinden (hatte)". So läßt sich der zweinndachtzigjährige Goethe in feinern letzten Briefe aus. Ein halbes Jahr vorher hatte er einem vertranten Freunde gemeldet : „Daß es mir gelungen ist, den zweiten Teil deS „Faust" in sich selbst abzuschließen. Ich wußte schon lange her, was, ja sogar wie ich'S wollte, führte aber nur die einzelnen Stellen auS, die mich von Zeit zu Zeit anlachten. Nun bedurft eS zulext einen recht tüchtigen Entschluß, das Ganze zufammenzuarbeiten." Und während dieser VollendungSarbeit hatte er geschrieben: „ES ist keine Kleinigkeit, daS, was man im zwanzigsten Jahre konzipiert (erdacht) bat, im zweiundachzigsten außer sich darzust, llen, und ein solches inneres lebendiges Kuochengeripp mit Lehnen, Fleisch und Oberhaut zu be - kleiden, auch wohl dem fertig ^«gestellten noch einige Mantelfalten urnzuschlagen, damit alteS zusammen ein offenbare» Rätsel bleibe, bie Menschen fort und fort ergötze unb ihnen zu schaffen mache." S o ist der zweite Teil deS „Faust" geworden, so voll von Goethes Seist unb Goethes Leben, daß er nach der Arbeit sagen durfte: „Mein ferneres Leben kann ich nunmehr als ein reine« Geschenk ansehen. und eS ist im Grunde einerlei, ob und was ich noch tue!" So begreift sich selbst für den, der bisher nur oberflächlich mit dem „Faust" bekannt war, die einzigartige Bedeutung dieser Dichtung und gerade auch deS zweiten Teiles für die deutsche Geistesbildung. Aber bei jedem Versuche, durch Darstellung der Dichtung — also durch nachschaffendes Entstehenlasien derselben tn der Seele eine« Menschen ober eine« Kreises von Menschen — dieser feiner Bedeutung gerecht zu werden, stellt sich ein gebieterisches Entweder — Oder ein Soll der Gedanken- und Bilderbau, wie Goethe ihn ersonnen und auSgelebt hat, in feiner ganzen Feinheit und Allheit zugleich Wiedererstehen, so lltuß das gelesene, remitierte Wort allein, so kann diese« allein die Phantasie deS nur Hörenden dazu befähigen. Will man aber zugleich schauen, soll der „Faust" — unb wiederum reden wir hier vor allem vom zweiten Teile — vom Theater herab un« lebenbig werden, so werden jene Szenen, die al« Bilder einzeln Gretchen „anlachten", immer wieder die vorwiegenden Stücke der Darstellung sein müssen und ber tierbinbenbe Faden wird bei aller Betonung doch dem Vor- ober Nach benken überlasten bleiben. Für den Ausnehmenden oder Genießenden ist bi.« Entweber—Oder durch ein Nacheinander leicht zu überbrücken unb ti kann nicht bringend genug jedem denksähtgen und denkfreudigen BolkSgenosten — den fugettblidjen vor allen — geraten werden, den „Faust" zu schauen, zu hören unb nachher ober vorher sich lesend in ihn zu vertiefen; aber für den Bühnenbarsteller ist damit in der Hauptsache nichts gewonnen. Al« eütsichtiger unb ber Grenzen seiner Knust bewußtester Künstler hat Freiherr von Berger beShalb (eine Bearbeitung von vornherein so an - gelegt, baß die im Goetheschen Sinne lachenden Szenen de« zweiten Teil« in einem, wieder im Goetheschen Sinne: gefälligen und doch bedeutenden Kranze bunter, märchenhafter Bilder jene „große Welt" ergeben, die Faust noch zu durchstürmen hat. Im 5. Akte fließt, wie schon gesagt, Bild und Idee, Geschehen und Gedanke so innig zusammen, daß der tieferschütterte Hörer und Schauer rückwärts denkend von hier aus am sichersten daS Ganze ber Fabel zusammen- faffenb überblickt. — Sollten wir einen Wunsch äußern, so möchten wir wohl bas Helena-Drama noch etwas vollstänbiger sehen: Einen Teil des EhoreS vor bem Erscheinen ber Phorkpas (so wäre auch deren erste Frage: „Wer seid denn ihr, daß ihr deS Königs Hoch- palast mänabifch wild umtoben bürst?“ motiviert), die Ohn- machtSfzene der Helena und die Wechselrebe zwischen ihr und der PhorkyaS vorher, vielleicht auch den Slagegefang nach Euphonon« Sturz. Tiefe Wünsche wurden kühn infolge der himmlisch schönen Tarstellung gerade ber Helena-Episode! Zu der meisterhaften ieitgeüaltung kommt die auf derselben Höhe stehende Inszenierung. Szene für Szene spürten und genoffen mir die hi« tn« Kleinste aufcarbeitenbe Regiekunst v. BergerS. Die Bilder deS Dlummenschauzes, die schon erwähnten griechischen Szenen, die wunderbar ergreifende Anordnung im Schlußakte geben einander nichts nach. Die Gruppen ber trojanischen Mädchen Helenas, um etwas Einzelnes zu nennen, ließen daS Auge schwelgen in Wohlgestalt. Das wird dem am meisten ausgefallen fein, der die hier sonst übliche steife „Ausstellung": Sechs Ehoretiben links, sechs recht«, noch in Erinnerung har Herr William Krüger hat als Rahmen ber v. Bergerschen Bühnenbilder wieder eine Reihe von Dekorationen geschaffen, die an zwingender Kraft der Täuschung keine Steigerung mehr glaublich erscheinen lassen. Die Alpenszenerie im ersten Akt, die verschiedenen heroischen Berglandfchaften. vor allem aber der auch hier bie Krone bübenbe Proipekt de« 5 Akte« (ber Seestrand mit ber Marsch) sind in ihrer Zusammenwirkung mit der raffinierten B e - leuchtun gStechnik glänzende Kunstwerke. Das größte aber wozu die M a f ch i n eri e unb die stimmungsvoll leise bindende Musi baS ihrige beitrugen, ist baS Zufamutenjchmelzen aller dieser »träft mit der schauspielerischen Darstellung zu einem unge brochenen, wohlausgeglichenen Einklang. Die ganze große Fülle der Künstler und Künstlerinnen deS^Schanfpielhaufes wirkte hierin in hin - gehendster Weife zusammen. Sie müßten eigentlich alle genannt und gerühmt werden! Mögen sie die Genannten als ihre Repräseniantet annehmen. Herr Wagner (Faust) formte die reife AlterSweiShev de« Dichters zu wundervollen Serien. Seine Darstellung gipfelte in den abgeklärten, greifen Faust deS fünften Aktes. Der Kunstler, besten Auffassung und Spiel überall durchaus Tüchtiges bot, gelangte zuletzt zu einem seltenen Maß ber Bewegung unb der Rebe. Der Mepbt stophele« lag in den Händen des Herrn Franz K r e i b e m a n it Er stellte in glücklichem Gelingen und fein durchgeführter Auffassung den Satan, den Urgeist deS Bösm bar, wie ihn bie menschlich) Phantasie feit ZoroasterS Zeiten als Widerdämon deS positiven, guten Prinzips immer wieder sich geschaffen hat. Damit im Rahmen ber gesunden unb naivnatürlichen Trabitwn des Pitppenspiels unb der alten Sage bleibend, hielt der junge, vielversprechende Künstler dadurch den, soweit wir bis setzt sehen einzigen möglichen Weß inne, auf dem ber Mephisto bei zweiten Teils beS „Faust" zu etner einheitlichen Gestalt geformt werden samt Frl. Grete Egenolf schuf eine Helena von königlicher Grazie, „so groß al« zart, so hehr al« liebenswürdig". In dem Moment, tn dem sie dem Türmer verzeiht, war sie besonders hinreißend. Fran Otto-Körner war eine klassisch-schöne Panthalis, besonders „bet Arme Paar lieblich bewegend". Von erschütternder beklemmender Kraft war ihre Verkörperung der Sorge. Leider wurde sie unter den Hauptdarstellern am Schluffe vergeblich hervorgerufen. Besonderes Verdienst um ba« Gelingen ber Aufführung erwarb sich auch Frl. Eisinger al« Ariel, al« frischer »nabe Leuker und als sprti- belnber Euphorien. Der Willensschwäche und doch svmpaihijche Kaiser fand einen recht guten Darsteller in Herrn Gebhardt. Ein rührende« Kabinettstück boten Herr Max al« Philemon und Frau Hachmann-Zipfer al« Bauci« (daS macht auch so leicht keine andere Bühne nach I) Der Homunkulus wurde gut gesprochen