Dienstag, den 10. November 1W8 22. Jahrgang Nr. 264 LamburgerMho Hierzu zwei Beilagen Zum Politische Uebersicht Soll Die ik Staate ',1 nichts :t®lSregi: anderes, als [10] vor ein Le ¬ ist er mir der Hu« doch gleich?" .Den Schuller von Erlbach." Die Anklagebehörde. Entwurf der neuen Strafprozeßordnung. «nzelgen ble ftdjSgtfpoItene PeNtzette ober btren Raum 86 4. «rbeit-markt. Nermielunq«- unb Naniilienanzeiqen 20 4. Anzelgtn-Nnnahme ffebtanbftr. 11. Erbgeschotz «bis S Uhr •JlntfiiiilttngS). in ben Filialen chls l Uhr Machin.), sowie in allen Annoncen-Bureaux. Platz- u. ralenvor'-lmslen ohn« «erbindlildkeit. Reklamen im rebakNonellen Teil werben webrr grati« nach gegen entgelt ausgenommen. Buchhandlung unb Buchbruckerei-Nontor: FehlandNr. 11. Erdgeschotz. >en siebziger Jahren Hänel, Miguel, Windthorst, Reichensperger 2c., die Abschaffung der ministeriellen Staatsanwaltschaft fordern, erscheint uns sehr zweifelhaft. Um so nachdrücklicher wird die Sozialdemokratie diese „Frage" behandeln müssen. Wo man hinkommt, nicht! wie Man kann keine Halbe Bter AuS dem Reichstag. Berlin, 7. November. Wer von ben Herren NcichSboten ober von den zahlreichen Tribüncubeiuchern sich der Hoffnung btngegeben balle, bei der Behand - lung des W c i n g e s e tz e s im Reichstag etwas von dem Feuergeist des deutschen Rebensaftes in den Reden der Weinkenner und solcher, die den Anschein zu erwecken suchen, es zu sein, zum Ausdruck gelangen würde, um sich so ein wenig angenehm — selbstverständlich nur oratorisch — berauschen zu können, ist durchaus nicht aus seine Rech - nung gekommen unb bürste geneigt sein, bem Weinbau treibenden Bauetnbündlcr Stauffer au8 der feuchtfröhlichen Pfalz recht zu geben, der da behauptet, daß die LÜeinsragc im fflrunbc genommen nur eine Wass erfrage fei. Schott die EinleitungSrede des Staats - sekretärs v. Bethmann-Hollweg enthielt mehr Walser als Wem Er plädierte eigentlich nur für die Zubilligung mildernder ilmstättbe für seinen Gesetzentwurf unb hätte wirklich kaum nötig gehabt, dcSluegen eine so lange Siebe zu halten. Ter Weinbauer Baumann vom Zentrum folgte getreulich ben Spuren bes Staatssekretärs, und wenn der von ihm gebaute Wein so wenig gehaltvoll ist, wie seine Reoe, io dürfte er nicht allzuviel Abnehmer seines Gewächses in den Kreisen seiner geistlichen Partei - freunde finden, bcncit ja bekanntlich eine allseitig feine Weinzunge ztt- geschrieben wird. Stach dem ZentrnutSredner produzierte sich als Anch- luemtcuner der Häuptling des Bundes der Landwirte Dr. R ö f i ck e, der ja einem stark Weinbau treibenden Wahlkreise fein Mandat bet« Olteneder zog stärker an seiner Zigarre und laS einige Sätze sich hin. - ... .An der Spitze einer katholischen Gemeinde . . . unmöglich solcher Mann stehen. . . . schweigend zu dulden, nicht vereinbar mit den Pflichten I. die Institution der Staatsanwaltschaft bestehen oder nicht wenigstens eine gründliche Reform der Auffassung, daß der Staatsanwalt verpflichtet sei, auf Anweisung der Justizverwaltung Anklage zu erheben und die Ver - urteilung des Angeklagten zu fordern, selbst gegen seine rechtliche Ueberzeugung, denn die Justizverwaltung müßte die Möglichkeit haben, dem Gerichte und dem Angeklagten gegenüber ihre rechtliche Auffassung durch den Staats» a n w a l t vertreten zu lassen I Die Regierung siegte damals, infolge der Inkonsequenz der Liberalen in dieser Frage. Der Staatsanwalt wurde nun erst recht zum Werkzeug des Polizei staatlichen Absolutismus gemacht. Bereits im Jahre 1864 tat der vorerwähnte Dr. Schwarze den Ausspruch: „Da, wo die Staatsanwaltschaft sich dazu hergibt, mit Verleugnung des Rechtsstandpunkles der politischen Verfolgungssucht zu dienen und das Gesetz zum Vorteil der einen oder der anderen Parteimemung zu beugen, ver - leugnet sie ihre Aufgabe und schändet sie ihren Beruf." Solche Schändung, von der hauptsächlich die Sozialdemokratie betroffen wurde, haben wir wer weiß wie oft erlebt. Auf Anweisung von oben und rechnend mit den Ansichten und Absichten der herrschenden Kreise haben Staats - anwälte politische Prozesse gegen Sozialdemokraten und sonstige „Rkißliebige" angestellt und Verurteilungen herbeigcsührt. Auf Befehl der preußischen Regierung unternahm in den siebziger Jahren der Berliner Staatsanwalt Tessendorf die Bergewaltigung der politischen und gemerk- schaftlichen Arbeiterorganisationen. Auf Betreiben der preußischen Regierung fand sich in den achtziger Jahren eine sächsische Staatsanwaltschaft, um einen unerhörten „Geheimbundprozeß" gegen eine Anzahl Sozialdemotratcn ins Werk zu setzen, nachdem die Bemühungen, preußische Staats - anwälte zu solch einer Tendenz-Justiz zu mißbrauchen, vergeblich gewesen waren. Und das wollte in Preußen gewiß was heißen 1 Aus dem ministeriellen Eharakter der Amtsanwaltschaft ergibt sich folgerichtig auch das bei Staatsanwälten so oft beobachtete Bestreben, speziell auf dem Gebiete des politischen Prozesses ganz willkürlich neue Delikte zu konstruieren, die das Gesetz nicht kennt. Man erinnere sich des „Dolus eventualis", der schon öfter in Majestätsbeleidigungsprozessen eine höchst bedenk- liche Rolle gespielt hat, und dem ja auch einmal unser aller Genosse Wilh. Liebknecht zum Opfer fiel. Tiit dem Dolus eventualis hat staatsanwaltliche Findigkeit im Gcrichtssaale den Begriff der Dtajestätsbelcidigung in einer Ausdehnung zur Geltung gebracht, die weder der Gesetzgeber gewollt, noch srüher jemand geahnt hat. Es mag richliafrin, was von Verteidigern des miiufterieÜen.Eha- rakters der Staatsanwaltschaft bemerkt worden ist, daß diese nur in seltenen oder verhältnismäßig seltenen Fällen direkte Anweisungen des Ministers erhält. Tas vermindert die Bedenklichkeit ihres Charakters als eine der Disposition des Ministers unterliegende, von ihm abhängige Anklagebehörde nicht im geringsten. Si^ bedarf solcher Anweisungen gar nicht, um ganz im Geiste und nach Wunsch des zeitigen Btinistcriums sich zu betätigen. Gneist in seiner schon zitierten Schrift meint zutreffend, ein Staatsanwalt müsse ein „unglaublich geringes Maß von Einsicht besitzen", um die Lage der Sache nicht zu be- greifen und danach zu handeln. Er braucht über die politischen Ansichten und Absichten des Ministeriums, dessen Diener er ist, nicht erst offiziell unterrichtet zu werden, um seiner „Pflicht", die Regierung in ihrem politischen Kampfe durch Anstellung von Prozessen zu unterstützen, so ausgiebig wie nur möglich zu ge- nügen. Es konnte nicht ausbleiben, daß die Praxis, die Staats - anwaltschaft als Werkzeug politischer Verfolgungssucht zu miß - brauchen, ein verächtliches und gefährliches Strebertum züchtete, das unter dem Deckmantel der „Ordnungspolitik" und der „staatserhaltenden Prinzipien" sich zu wetteifernder Liebe- bienerti vor den reaktionären Gewalten erniedrigte um der Aus - zeichnung und Beförderung willen. Besonders die sozialisten- gesetzliche Zeit war eine diesem Strebertum sehr günstige. Die vorliegende Novelle zur Strafprozeßordnung läßt den ministeriellen Charakter der Staatsanwaltschaft völlig unberührt: mit keinem Worte geht sie auf ihn ein; sie will ihn bestehen lassen, trotzdem die Negierung weiß, daß dieser Charakter dem Rechlsbewußtscin des Volkes stets widersprochen hat und daß er stets entschieden bekämpft worden ist, und trotzdem sie sich sagen muß, daß die Opposition bei der Beratung des Entwurfs wieder scharf hervortreten wird. Wenigstens von sozialdemokratischer Seite. Ob sich im Reichstag unter den Liberalen und Zentrumsleuten heute noch Männer finden werden, die, wie in bleiben, erfahren? Das ist eine der wichtigsten Fragen, die im Rahmen der vom Reichsjustizamt vorgeschlagenen Revision der «straf» ebeutjeiten zu beseitigen. Einer eiuqehenbeu Kritik unterzog von sämtlichen Rednern nur ber fozialbemokratifche, Genosse Dr. David, den Entwurf. Die vorn Reichsiag in einer früher angenommenen Resolution geäußerten Erfordernisse eines Weingesetzes bestehen in einem Schutz der Wein- fouiumetuen gegen betrügerische Manipulationen der Weinpantscher, Schutz der Weitibanern und des reellen Weinhandels, wozu eine strenge Keller- wie Bnchkontrolle erforderlich sei. Das aber sei nur butrti eine einer einheitlichen Leitung nnterstehende Reichslontrolle in Berbinditng mit einer Regelung der NahrnngSrnittelkontrolle durch ein Reichsgesetz durchführbar. Ein solches sei von dein Vorgänger deS jetzigeii StaatSsekrelärs, dem Grasen Posabowski, schon vor Jahren ungcEüubigt, aber bisher noch nicht erschienen. Tie vorgeschlagene V .in,teuer bezeichnete David alS ein durchaus verfehltes Mittel, unt> mittleren Weinbauern ans bie Bone zu Helsen, ebenso wie die Getreide- und anderen agrarischen Zölle ungeeignet feien, brr Not der Kleinlandwirte ein Ende zu machen, sondern vielmehr „Ja, Schuller ober so ähnlich, den neuen Bürgermeister?" „Das ist doch ber nämliche, der uns so viel Arbeit gemacht hat wegen ber Flurbereinigung, Herr Bezirksamtmann." „Auch so ein Siebengescheiter?" „Im Wochenblatt bot es damals bei den Wahlen geheißen, daß er Bauernbündler ist." „Hm. Also, es ist recht, Schillinger. Guten Morgen." Cttcnebcr stellte sich an das Fenster unb sah auf den Markt- platz hinunter. ES war Schrartnentag. Bor dem Rathause standen in langen Reihen die gefüllten Aeireidesäcke Die Käufer gingen von einem zum anderen schöpften mit den Händen .Korner heraus, rocken daran unb prüften sie sorgfältig. banst, mit einigen (0 gut wic nichtsjagcnbcn Bemerkungen, worunter auch die, baß außer in ber Pfalz auch noch in den Weinkellern Bremens unb Hamburgs bie Weinpantscherei betrieben wirb. Eine entschieben gute Zensur erteilte bem vorliegenden Gesetzeniwurs ber ShitioitaUiberale Blankenhorn; er hofft, daß eS in Kommission noch gelingen werbe, einige ber Vorlage anhastenbe Miquel unb Reichensperger forderten die Einfügung einer Bestimmung in die Strafprozeßordnung, daß der Staatsanwalt bei Erhebung und Begründung einer Anklage nur seiner eigenen Ueberzeugung zu folgen habe. Dr. Windt- Horst, der ehemalige hannoversche Kronoberanwalt und DUuister, wies aus seiner eigenen Erfahrung auf die schweren Gefahren hin, die für die Unabhängigkeit der Strafrechtspflege dadurch herbcigeführt werden, daß Staatsanwälte gezwungen werden leimen, gegen ihre innerste Ueberzeugung der „Slaatsraison" zuliebe zu handeln, ihr eigenes Gewissen zu vergewaltigen. Und ber Abgeorbnete Dr. Schwarze, sächsischer General-Slaats- anwalt, betonte bie Notwenbigkeit, eine Bestimmung bahin zu liessen, baß ben Staatsanwälten eine Weisung zur Unter - lassung ober zur Erhebung einer Anklage nicht erteilt werben bürfe. Tie Negierung aber ließ burch ihren Vertreter in ber Justizkommission bes Reichstages verkünben, sie halte fest an <$..» «timburaer Ordio“ erscheint tttqllch, aufier Montags. «bonnementSvreiS linkl" „Die 91tue Welt») durch die Post bezogen ohne Brlngegeld monatlich AI merteljabrlich * S.60; durch die Kolporteure wöchentlich 80 4 frei ins Hau». etn»«ln* Nummer 6 4 SonntaaS-Nuwmer mit illustrierter SonutagSbeiiage „Xie Neue Welt 10 4. et i Kttuzbandstudungen monatlich * 2.70. für da» Ausland monatlich * 3,50. (Nachdruck verboten.) Andreas Vöst. Bauernroman von Ludwig Thoma, „Von wcrn sonst?" .2» weiß es auch nicht bestimmt; es ist nur eine Ber. mutung. Sibcr ich habe den Schuhmacher Prantl tu Verdacht. „So, von bem? Allerdings, von einem Schuster hat der Stil was." „Der Prantl ist bekannt als Bauernbündler, wenn Herr Beziiksamtmann erlauben. Unb die Leitartikel, mit den grie - chischen un'd lateinischen Wörtern, sollen auch von itzm^ sein. „Der Kerl steckt bis über die Obren in schulden? „Er steht nicht gut, was man hört. Einmal ist er icuon ausgepfändet worden." „ „Der hat's nottoenbigl Schreibt, daß gewisse Elemente vom Handwerker leben. Damit meint er natürlich die Beamten < „Jawohl, Herr Bezirksamtmann. Er schimpft überhaupt in ollen Wirtshäusern herum. DaS hat er schon immer getan, so lang' ick ihn kenne." _ „Tas werde ich mir merken. Sagen Sie, Herr Oifiz>ant, der Sternbräu, gibt denn der seinen Saal her zu der Ver - sammlung?" „Gern auch noch, Herr BezirkSamtmann." .WaS will denn der Menscki? Er ist doch sehr vermögend. Die gibt sich der mit solchen Geschichten ab? „Wenn mir Herr Be^irkSamtmann die Bemerkung erlauben, das ist jetzt Überhaupt so. Räsonnieren unb Politisieren. Prozeßordnung zu erörtern unb zu entschciben ist. Wir bekennen uns als ent schiebene Gegner bieser Ein - richtung, weil sie nach unserer Ueberzeugung unvereinbar ist mit ben Grunbsätzen, auf benen eine bet Gerechtigkeit bienenbe Justiz aufgebaut sein muß. Wir befinben uns bamit in Uebereinstim - mung mit einer schon Jahrzehnte hinburch tätigen Reformrichtung, bie sich aus bürgerlichen Elementen, barunter hervorragenbe Juristen, zusammensetzt. Auch von bieser Seite ist bie Staats - anwaltschaft als eine schlimme Entartung bes Justizwesens be - zeichnet worben. Tas Altertum kannte diese; Einrichtung nicht; jeder Staatsbürger war befugt, mit einer öffentlichen Anklage unter Geltendmachung des öffentlichen Jntereffcs hervorznttcten, während es im übrigen dem durch Unrecht Betioffcnen ober besten Familiengenossen freiftanb, gerichtliche Genutzlnung zu suchen. Ihren Ursprung Hal bie Staatsanwaltschaft in Frankreich. Dort hat sie sich entwickelt aus bem fiskalischen Beamtentum, bas bie Aufgabe halte, bie „königliche Gerechtsame" zu wahren. Bereits im Mittelalter übten bicse Beamten auch bie strafprozestualische Tätigkeit, bie „Wahrnehmung öffentlicher Interessen" gegenüber verbrecherischen Hanblungen. Nach ber von Napoleon 1. be - wirkten Justizorganisation gilt ber Staatsanwalt überhaupt als „Wächter bes Gesetzes". Die jetzige Organisation ber Anklagebehörbe ist aus bem Geiste ber Polizeiherrschaft entstauben. Mit dem in ben Verfassungen ber sogenannten Rechtsstaats anerkannten Grunbsatz, daß bie Strafrechtspflege eine unabhängige fein soll, läßt sie sich unmöglich vereinbaren. Nach geltendem Recht ist sie einer Seelsorgers." _ Er sah nach dem Datum. Erlbach, den 19. November. „Die Wahl war am 18. Teufel, daS hat pressiert I" Folium drei. Wiederholte dringende Vorstellung dcS Pfarrers Vaustätter gegen die Bestätigung deS Andreas Vöst. Tatum vom 21. November. „Ich muß gaiu ergebens! eine äußerst wichtige Mitteilung machen, daß nämlich in den hinterlassenen Papieren meines verstorbenen AmtSvorgängerS sich eine dringende Warnung geradezu unbegrenzten Beeinflusfuag durch die oberste Justizbehörde bezw. durch die Regierung unterworfen, ja, die Regierung ist in der Lage, die Staatsanwaltschaft nicht nur in einzelnen Fällen zur Klageerhebung anzuhalten oder von einer solchen abzuhalten, sondern sie sich als Werkzeug im politischen Kampfe dienstbar zu machen, ihr bindende Dirck- tiU£ii zu geben. Sie sicht nicht nur unter der Aufsicht, sondern geradezu unter Leitung der obersten Justizverwaltung des Einzel- staates und in Neichsgerichts-Strafsachen unter der Leitung des Reichs - kanzlers. Deshalb spricht man zutreffend von einer ministeriellen Staalsanwalischaft. AlsdiebestehendeStrafprozeßordnungimNeichs- tag beraten wurde, beurteilte der Rechtslchrer Gneist in seinen „Vier Fragen zur Strafprozeßordnung" den, Staatsanwalt dahin: er sei, „beim richtigen Namen genannt", > nichts anderes, als Verwaltungsbeamter, „der an das Stctitsregiment gebunden ist", besonders da, wo es sich um Sample auf politischem Gebiete handelt und ber Staatsanwalt als Verteibiger bes bestchenben Regiments auftreten muß. Gneist sprach bie Ueber - zeugung aus, baß die Grunblage bes Rechtsstaates er - schüttert werbe, wenn bie Strafverfolgung pusschließlich in bie tzäiibe eines Staatsanwalts gelegt werbe. Im Plenum bes Reichstages verlangte ber Abgeorbnete Professor Hänel „Garantien eines Schutzes ber bürgerlichen Freiheit" gegen - über ber Staatsanwaltschaft. Die Abgeorbneten Er zog heftig an der Glocke. „Mayerhofer 1" Der Amtsdiener trat ein. „Sagen Sie dem Herrn Offizianten, er soll zu mir kommen." „Jawohl, Herr Bczirksamtmannl" Otteneder legte die Hande auf den Rücken und ging auf und ab. Ter Offiziant Schillinger blieb an der Türe stehen. „Herr Bezirksamtmann wünschen?" -Haben Sie den Aufruf tm Wochenblatt gelesen? deren Rot erhöhen. Die iiachfolgcndcii Redner, H 0 r m a n 11 unb Raumann von den Frcisiniiizcn, die Elfässer H ö f f e l und WeItcrls vermochten eben so wenig wie W 0 t s s« M e t t e r n i ch vom Zentrum und Heyl zu Herrnsheim bem nahezu ein - schläfernden Gange der Debatte entgegen zu wirken, nur dem ichon erst erwähnten Adg. Stauffer von der Wirtichaftlichen Vereinigung gelang eS in seiner kurzen Rede, daS Interesse der nur wenig zahl - reichen Zuhörerschaft in etwas wachzurnsen und durch seine urwüchsigen, aber, wie Kenner behaupten, durchaus zutreffenden Schlager lebhafte HciterkeilSauSbrüche zu entfesseln. Ilm 4 Uhr brach bet Präsident die Debatte ab; sie wird am Montag fortgesetzt werden. Zum Schluß kündigt der Präsident noch an, daß er die iozialdeniokratiiche und Zentrums - Jnterpellatioiien, bett, die allgemeine Arbeitslosigkeii, am nächsten Freitag auf die Tages - ordnung zu setzen gedenke. Tcr Reichstag, Bülow und Wilhelm II. An anderer Stelle teilen wir mit, daß die von verschiedenen Seiten angeregte Vereinigung der bürgerlichen Parteien zu einer gemeinsamen Aktion im Reichstag gescheitert ist. Die Zerfahren- hcit im bürgerlichen Lager ist ebenso groß wie in der Regierung. Tas zeigt sich auch in der Stellung der Preffe. Während z. B. in der konservativen „Kreuz-Ztg." das alte Junkergebot variiert wird: „Jetzt ist Ruhe des Burgers erste Pflicht", schreibt das andere hochkonservative Organ, der „Reichsdote": „Es handelt sich darum, daß der Reichstag sagt, was bie Nation denkt und fühlt. Es wird eine schwerste Stunde sein; die Wahrheit muß unverkürzt gesagt werden, jedem Mißbrauch und Ausnutzung in parteipolitisch-agitatorischem Interesse muß energisch vorgebeugt werden. Nicht bloß die Nation, sondern die ganze Welt ist gespannt auf diese Reichstagssitzung. Die positiven nationalen Parteien haben die Aufgabe, die Sitzung mit männ - licher, charaktervoller Wahrhaftigkeit zu leiten und vor dem AuS. lande die feste nationale Einheit und Einigkeit zum Ausdruck zu bringen: Wir stehen fest geschlossen zu Kaiser unb Reich, Ber- langen aber, daß auch der Kaiser alle feine Gedanken a u r das Wohl de 8 Reiches richtet, indem er sich in seiner Regierung nach den Anforderungen ber Verfassung richtet, n i chts ohne den RatdeS „5ft der von unserem braven Schüchel geschrieben? „Wenn Herr Bezirksamtmann erlauben, vom Schüchel er nicht." Auch eine „Lösung". Nachdem sie sich zuerst ganz harmlos gestellt und gefragt hat, weswegen man sich denn über den Artikel deS „Daily Tele - graph" so errege, schwenkte die „Kölnische Zeitung" allmählich ein und äußerte allergohorsamste Bedenken gegen daS Verfahren Wilhelms 11. in dieser Angelegenheit. Jetzt hat sie ihre staatS. männstchen Kräfte wieder soweit gesammelt, daß sie mit einem Vorschlag kommt. Sie will neben ben „Worten" auch „Taten". Uno tuest „Luten" Ijutten darin zu bestehen, daß — Deckung für den Freund und gelegentlichen Inspirator (vielleicht auch in diesem Falle Jnspiratorl) der JÄbln. Ztg.", den Kanzler Bülow, geschaffen würde. Es wäre nach der „Köln. Ztg." zu erwägen, „ob nicht die Einsetzung eines ständigen Aus - schuss es (nämlich des Reichstage») für auswärtige An- gelegenheiieu ernstlich in Betracht zu ziehen wäre. Der Gedanke ist nicht neu und ist auch in der Presse früher schon erörtert worden. Mehrere europäische Parlamente (Italien, Belgien, Vereinigte Staaten, sfrankreick) haben solche AuSschüffe, und eS ist nicht bekannt geworden, daß die Bedenken, die man einer solchen Einrichtung entgegenhalten kann und entgegenhalten wird, dort zu Unzuträglichkeiten geführt hätten." Unter Verhältnissen, wie sie jetzt in Deutschland bestehen, wäre dieser parlamentarische Ausschuß ein gefährliche» Ding. Man stelle sich einmal sein „Arbeiten" vor: Der Kanzler beruft ihn wegen einer Angelegenheit, die i h m wichtig erscheint, ein, nimmt ein feierliches Schweigeversprechen entgegen unb trägt bann bie Sache so vor, wie er c8 für seine Zwecke gut hält. Die so hohen Vertrauens gewürdigten Parlamentarier bedanken sich für das ihnen geschenkte vertrauen und gehen dann im Be - wußtsein, mit Staatsgeheimnissen geladen zu sein wie eine Eisen, flasche mit Kohlensäure, nach Hause. Selbswcrständlich schweigen sie unb nur ihre ernsten Mienen geben Kunde davon, daß wichtige Dinge im Werke sind. Wird aber, wie daS bei der deutschen Politik selbstverständlich ist, wieder eine riesenhafte Dummheit geliefert und will da» Parlament den Kanzler dafür zur Ver - antwortung ziehen, so verweist er kaltlächelnd darauf, daß ja der dazu bestellte Ausschuß von der Sache Kenntnis gehabt hätte. Um feine eigenen Vertrauensmänner nicht zu kompromittieren, müßte der Reichstag noch mehr schweigen, al» er eS bisher schon getan hat — zu der auswärtigen Politik nämlich. Nein, noch mehr Strohmänner brauchen wir wirk- lich nichtl Ein verantwortliches Reichsministerium, da» selbst die Politik leidet und die in der Verfassung nicht be. gründete Einmischung de» Reichsoberl)aupteS verhin - dert, zu jeder Zeit aber dem Reichstag Rede stehen muß, das ist das mindeste, waS auch bürgerliche Parteien verlangen müssen, wenn sie nicht ganz und gar nur L a k a i e n s i p p s ch a s. t e n fein wollen. Reichskanzler» tut, damit in Zukunft solche Dinge auSge schloffen sind, wie sie im „Daily Telegraph" berichtet." Auch die „Germania", das Berliner Zentrum»organ, verlangt, daß der Reichstag kräftig auftrete. „Versucht man aber tm Reichstage, die Sache zu vertuschen und zu beschönigen, redet man am Kernpunkte vorbei und macht bie Nebensachen zur Haupt - sache, glaubt man mit Abschlachtung einigerunglück - licher Sündenböcke, die für bie Zustände nicht verant - wortlich sind, das nötige getan zu haben, glaubt man mit patriotischen Redensarten die Angelegenheit begraben zu können, behandelt man sie als Parteisache, al8 sei das Wohl de» Blattes unb seines Protektors wichtiger al8 daS deS Vaterlandes — bann sann bie Presse noch lange nicht schweigen und auch bie öffentliche Meinung wird sich nicht beruhigen. Möge also der Reichstag zunächst rückhaltSlos seine Pflicht tun und sich von wahr - haft patriotischer Gesinnung leiten lasten, nickt etwa von Jejt» estenpatriotismus. Nicht zuletzt ist es der Reichskanzler selbst, bet bas iDcitere in der Hand hat. Möge er am Dienstag nur ja den Schönredner unb Phrasenmacker zu Hause lassen. Tie Tisch- tebnerei ist am Ende ihres Latein»." Vielleicht bleibt aber Bülow ganz zu Häusel Sckon 6er» künben seine Getreuen, daß er krank sei, krank infolge — Ueber« arbeitung! Eine Krankmeldung im letzten Augenblick wäre aller - dings auch eine „Lösung" der Krists, unb zwar eine, bie hübsch zu ber Politik der Beurlaubten passen würde. Der Sündenbock, auf den die „Germania" anspielt, ist übrigens auch schon gesunden. Der Wirkliche Geheime LegationS- rat Dr. K 1 ehmet. der mit der Prüfung des Manuskripts bei „Daily-Telegraph"-Artikels beauftragt worden war, wird sckon in den nächsten Tagen zur Disposition gestellt werben. Wie offiziös noch außerdem bemerkt wird, hat Dr. Klehmet das Schriftstück aufs genaueste durchgesehen, hat auf Tatsächlichkeiten bezügliche Aenderungen daran vorgenommen und eS bann auf bem Dienst - wege zuruckgehen lassen. Dr. Klehmet, der Referent für Frank - reich war unb die marokkanische Angelegenheit bearbeitete, gehört wohl schon seit 15 Jahren bem Auswärtigen Amte an unb hat feit 10 Jahren in bet politischen Abteilung wichtige Referate, in deren Bearbeitung er stets eine bis in alle Einzelheiten gehende Gewissenhaftigkeit, unermüdliche Arbeitskraft unb großen juristi - schen Scharfsinn bewies. „Er wurde auf diese Weise eine# bet nützlichsten Mitglieber deS Auswärtigen Amtes", so erklärt der Berliner Offiziös»» der „Köln. Zig.". Ander» a!8 die verschiedenen bürgerlichen Parteien tritt die Sozialdemokratie auf. UcbcraC werden VolkSversamm- Jungen einberufen, um da» ganze Elend ber deutschen Politik in breitester Oeffeiitlichkeit zu erörtern und die Stimme de» Volke» hören zu lassen. vorfindet, ... et cetera. Folium vier. Protokoll deS königlichen Bezirksamtes Nuß- bad), den 24. November. Erscheint ber Pfarrer Jakob Baustätter unb gibt an, was folgt. Meine Pflicht al» Seelsorger . . . und so weiter. Uebergibt gleichzeitig eine Urkunde, Niederschrift deS verstorbenen Pfarrers MauruS Held, und bittet um Rückgabe. Folium ihres. Abschrift der von usw. Baustätter über- gebenen Urkunde. Da» Original auf Wunsch zunückgegeben. Erl- badi, am 16. Juni 18*9. ^cute war zum zweiten Male der AuS- tragsbauer Johann Vöst bei mir und Nagte bitterlich über die Minhandlungen, welche er von seinem Sohne erdulden mußte. Er zeigte mir die abschreckenden Spuren derselben. Otteneder las diese Beschuldigung mit Aufmerksamkeit und schüttelte den Kopf. „Klingt eigentlich sonderbar, sagte er. „Warum schreibt bet Mani, das auf? Wenn e» die Leute wußten, war e» überflüssig. Wußte es niemand, dann konnte der Piarrer nur zufrieden sein, daß die Sacke wenigstens kein Aergerni» erregte." Folium sechs. Ergebene Mitteilung deS Pfarrer» Jakob Baustätter, daß sich in der Gemeinde ernsthaste toummen gegen bie Wahl erheben. De dato 28. November. Folium sieben. Dringende Beschwerden, nachträglich erhoben von Erlbacher Gcmeinbcburgern gegen die Person deS Andreas Vöst. „Ein hohes Bezirksamt möge bie Wabl ungültig erklären, inbem die Betreffenden keine Kenntnis hatten, daß etwa» vor- liegt Die gehorsamst Unterfertigten sind im chtl)ltatholischen u,.auben erzogen unb sehen mit Furcht und Schrecken, daß ein öffentlicher Feind der Kirche an der Spitze steht." — „Hml Der Satz kommt au» dem Pfarrhof." — „Die Unterfertigten Bitten bringend, daß nicht Streit unb Haß in die Gemeinde kommt, indem bereits ber Anbrea» Böst bie gläubigen Thristen am Halse tiiityi unb bedroht und tA jedenfalls noch viel ärger wird." Dann rodeten sie mit den Bauern, zuckten die Achseln und gingen weiter. Hier und da gab einer den Handschlag, und man sah, daß der Kauf abgeschloffen war. Der Melber Wimmer war am eifrigsten. Er traf überall gute Bekannte unter den Dauern. Man sah es an bet Art, wie er bald hier, halb dort vertraulich grüßte und im Fortgehen sich lachend umwandte. Den Platz weiter hinauf standen viele Wagen, hoch- bepockl mit Krautköpfen. Hier waren die Nußbacher Hausfrauen und feilschten und kauften. Der Winter stand vor der Türe; es war Zeit, daL Krautfaß im Keller zu füllen. Und da war auch Gelegenheit, die rechte Zutat zu holen, Kartoffeln, die auf den Fuhrwerken daneben lagen. Es war ein dichtes Gedränge auf dem Markte. DaS Summen vieler Stimmen drang herauf; zwisck)enhineln laute» Quieken unö Schreien, wenn ein Bauer von seinen Spanferkeln eines heraus, holte unb lieblos am Ringelfckiwanze in bie Höhe hielt. „Na also,“ backte Otteneder, „das Geschäft geht ja! Trotz des Gejammers und der ewigen Un,zufriodenlheitt" Er sah zum Sternbräu hmüder. Da standen so ein paar Schreihälse. Der Schuster Prantl natürlich, und der geweste Defensor ecclesiae, der Buchdrucker Adolf Scküchel. 28a.. sie zu tuscheln hatten mit den Bauern? Tae. steckte bie Köpfe zusammenI Da» war ein Eifer, em Reden, ein Gebärdenspiel 1 , , _ , Und eigentlich war cs frech, wie diese «chwarmgeister ihr Un. wesen trieben. Aus freiem Marktplatze; unter den Augen ber Behörde. Ter Bezirksamtmann setzte sich an den Schreibtisch. Er griff nach dem Acktenhefte, welches vor ihm lag. In schöner Rundschrift stand auf dem blauen Deckel: „Betreff Gemeindo-vahlen in Erlbach." Otteneder öffnete ihn. Tann zündete er eine Zigarre an und blies den Rauch in die Luft. Und nun war er bereit. Also ersten» daS Wablprotokoll. AIS beauftragtet Kommissar anwesend ber königliche Bezirkramtsafseffor Max Hartwig. Er- (tebni» ber Wahlen: Bürgermeister Andrea» Vöst. Beigeordneter Kloiber, unb so weiter. Folium zwei. Gesuch be» Pfarrer» Baustätter, e» wolle der Dahl bei Bürgermeister» bie Bestätigung versagt werden. Redaktion-. , m Expedition: Fehlandslraße ll, l. Stock. 'V rtmllur ß *' ^Fehlandslraße 11, Erdgeschoß. verantwortlicher Redakteur. Karl Petersson in Hainbnrg. _ , e.'flnH n,.sch!, Schanzenstr. bei Heinr. Koenen, Sophicnstr. 44. (»imSbiittel, Laugenfeldc bei Carl Dreyer, Fruchtallee 42. itofjcüift, (»Mcuöorf, (skofctiorftcl u'ib Mnterhnde bei Erlist Großkopf, Lehmweg bl. Barmbeck, «hlkttljorst Itrt f Alt ♦ bei Theodor Pelereit, Bnchslr. 12. Hobtufclde, Borgselde, Hamm, Horn, «chlssbeck lind Btllwärder bei Call Ortel, Banstr. 26. Hammerbrook bis Ausschläger Billdcich bei Rud. Fnhrmaim, Schwibeiytr. 33 .ttotenbilrsisoit und eddel ^lIlfllClL b!i Tb Nechier, Liudleysir. 85. Cilbcck, ''CaudSbeck, Hiuschei.selde und Ost-^ar.ubeck bei Franz .Krüger, Kurze N-ihe 34. Allona bei Friedr. Ludwig, Bmgerstr. 118. Ottensen, Bahrtttftlv bei Joh. Heule, Bahrenfelderftr. 129. mehr mit Ruh' trinken; der Melber Wimmer, der Kaufmann Kolb, da ist einer gescheiter, wie der andere. Und der Schüchel geht herum, als wenn er ein. Weltblati herausgeben tät'." „Ich kenne meine Nußbacher. Nichts arbeiten, den ganzen Tag in den Wirtshäusern Hocken, unib dumm reden." „Bei ben Bauern merkt man's auch schon, Herr Bezirks- amtmann." „Wieso?" „ES ist nicht mehr, wie früher. Wenn man sonst einem waS g’fagt hat, war's recht und fertig. Jetzt wird gleich ge - droht mit ber Zeitung, und so weiter." „Das ginge mir noch ab! Wenn einer so 'was sagt, führen Sie ihn nur heraus zu mir! Das wollen wir sehen!" „Gestern erst der Pointer von Zillhofen. Wegen seinem neuen Stallgebäude. Die Pläne sind noch beim Herrn Distrikts - techniker, unb ich habe ihm da» gesagt. Fangt er gleich da» Schimpfen an. Wie lang' er noch warten müsse? Im Mai hätt' er eingegeben. Ob das eine Manier sei? Im Winter könne kein Mensch bauen. Er wolle uns schon ein Feuer an« zünden, wenn es noch länger dauern tät ." „So, so?" „Es wind immer schwieriger, Herr Bezirksamtmann." „Na, dafür bin ich noch da. So weit fireb wir noch nicht, daß wir uns einfchüchtern lassen." „Herr Bezirksamtmann haben gestern gesagt, ich soll den Akt vorlegen, betreff Bürgermeisterwckhl in Erlbach." „Richtig, ja. Haben Sie ihn?" „Ich habe ihn Herrn Bezirksamtmann auf den Tisch gelegt." „Gut. llebrigens, kennen Sie den . . . den . . . wie heißt