Nr. 14. Mittag, den 17. Aammr 1909. 23. Jahrgang Hamburger Echo. Tn» „Hamburger V-cho" erscheint tfinfi*. aitfter Monlng« Slbonnement-vreiS itntl. „Tie Neue Welt" und „Lie arbeitende Jugend") durch die Post bezogen ohne Pringegeld monatlich A 1,20, merlestSlirlich ■* ».80; durch die ttolporleure wöchentlich »0 frei in« feauü (Sinn. 9ir. 5 *. Sonntagö-Nunmier mit illuslr. Beilage „Tie Neue Welt- 10 *. ttreuzbandsendungen monatlich * 2.70. für da« Ausland monatlich A 3^0 Derantwortlicher Redakteur: Karl Petersson in Hamburg Redaktion: As 9P Expedition: Jehlandstratze 11. 1. Stock. VaNIVllsg 00 gehlandstraße 11, Erdgeschoß. Anzeigen die sechSgespaltene Petit,eile oder deren 9iaum 86 *. Arbeitsmarkt, ^«ermietunab- und ^amilienaiizeigen 20 *. «nzeigen Annahme Fehlandstr 11. Erdgeschoß bis 5 Uhr Nachmittag«!, in den Filialen ibis 4 Uhr Nachin. >, sowie in allen Annoncen-Bureaux. Plaß, u TatenDorldnifltn ohne Verbindlichkeit. 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Die Kriegsgewitterwolken, die vom Balkan aiifgestiegen waren, verziehen sich infolge der Verständigung zwischen Oester, reich und der Türkei und sie werden voraussichtlich bald ganz verschwinden, da auch das säbelrasselnde Serbien zufrieden- gestellt werden soll. Das wird besonders den Junkern vom Schlage des Grasen Moltke.Uetersen, in dessen sehnsüchtigen Hymnus auf den Krieg in der „Post" nun auch der Gras Pseil in der „Täglichen Rundschau" eingestimmt hat, unangenehm sein. „Der Krieg hat seine guten Seiten" ist der Gedanke, womit der letztere opcrirt. Originell ist er nicht, so wenig wie das Geschwätz vom Grasen Dkostke, daß langdauernder Friede die Völker erschlaffe. Schon Schiller läßt in der „Braut von Messina" den Chor sprechen: „Denn der Plensch verkümmert im Frieden, Müßige Ruh ist das Grab des Riuts. Aber der Krieg läßt die Kraft erscheinen usw." Nur daß Schiller hier nicht seine eigene Rieinung ausgesprochen hat und überhaupt nicht die praktische Konsequenz daraus gezogen hat, wie jene beiden. Welches Uebel hätte nicht auch gute Seiten? Die stärksten Giste können medizinisch als Gegengifte verwendet werden. Wird deshalb jemand, der nicht verrückt ist, sich solche in die Speisen mischen? Den Krieg mit seinen entsetzlichen Massenverheerungen und Masseuleiden als Wohltat preisen und herbeiwünschen, das ist so verrückt, als wollte man Erdbeben, die Cholera usw. herbei- wünschen, weil sie z. B- zu mancher schönen Aktion der Tapferkeit und Rkenschlichkeit Anlaß geben. Wer verrückt sind jene Junker gleichwohl nicht. Vor allem darum, weil der Hauptleidtragende im Kriege das Volk ist, während die Heerführer und Offiziere mit Dotationen und Avancement belohnt werden. Fallen auch einzelne von ihnen, so lohnt sich doch für sie das Risiko. Es ist die Lands- knechtgesinnung, wie wir sie aus „Wallensteins Lager" kennen, die sich in den Auslassungen der Rtollke und Pfeil ausspricht. Es ist die Kriegslüsternheit des Lumpenproletariats, das ja in allen seinen Spielarten sein Seitenstück in den oberen Schichten hat, nur in eleganten Formen. Rekrutieren sich doch auch die gegenwärtigen Kricgsschrcier in Serbien zum großen Lell aus Lumpenprolclariern, die vom Krieg zu profttierea hoyeu, wenn sie auch mft nationalen Phrasen um sich werfen. Nur daß es diesen armen Teufeln, die nichts zu verlieren haben als ihr nacktes Leben, eher zu verzeihen ist, als den „Erlauchten". Würden diese KriegSschreier von unten wie von oben recht- schaffene Arbeit venichten, so verginge ihnen ihre Gier nach Schlachtfeldern, und sie würden nicht von der erschlaffenden Wirkung des Friedens faseln. Produktive Arbeit stähll vielmehr die Kraft (wenn nicht im Uebermaß kapitalistisch erzwungen); erschlaffend wirkt aber ein Schlaraffenleben solcher, die von der Ausbeutung der produktiven Arbeit und dazu von der Ausbeutung der koiisu- mierenden Piaffen durch den Zollwucher prassen! Piit den Tiraden auf die guten Seiten des Kriegs sollen aber außerdem der auch beim Bürgertum besonders durch die „Reichsfitianzreform" immer mißliebiger werdende Militarismus glorifiziert, der militärische Geist gestärkt und daneben der demokratische Geist zurück- gedämmt werden, der trotz seiner Mederhaltung, vor allem im Norden, dennoch in das politische Leben einsickert und den die Junker sürchten, wie Spitzbuben die Sicherheitspolizei. Piilitarismus und Demokratie, das sind Gegensätze wie Wolf und Lamm, und die Hegemonie der Feudalen in Preußen-Deutschland ist nicht zum wenigsten seinem Charakter als Piiliiärstaat zuzuschreiben. Es ist einer der besten Witze: „Was ist der Gegensatz von Militär?" Zivll. „Was ist also der Gegensatz von Militarismus?" Zivilisation l — Vielleicht aber sind die in Rede stehenden Artikel der beiden Grafen noch auf ein spezielles Ziel zugespitzt. Darauf führt eine interessante neueste Auslassung des bekannten freikonservativeu Freiherrn v. Zedlitz in der Wiener „Neuen freien Presse". Da heißt es: von zahlreichen Gegnern des Reichskanzlers sei Beim Kaiser auf dessen Beseitigung hingearbeitet worden, insbesondere auch von hohen Militärs. Diese könnten es Bülow nicht verzeihen, daß er nicht zu Beginn der Marokko-Affäre gründliche Abrechnung mit Frankreich hielt, die nach der Meinung jener Hciren doch einmal kommen müsse (sic!) und eben damals hätte geschehen sollen. Er sei nicht sicher, fährt Zedlitz fort, ob oer Generalstab dieser Anschauung sei. Allerdings aber enthalte der Artikel des Grafen Schliessen Anklänge daran. Wilhelm II. habe sich die militärischen Ausführungen zu eigen gemacht, viel - leicht nicht in allen Einzelheiten, aber doch in ihren Grundzügen. „Jene Ausführungen basieren auf den neuesten Erfahrungen, namentlich im russisch-japanischen Krieg, während der Kaiser bis- her, wie man anuahin, den älteren Grundsätzen der Strategie und Taktik huldigte. Jene Generale nun warfen, wie gesagt, dem Fürsten Bülow vor, daß er den richtigen Zeitpunkt zu dem angeblich unvermeidlichen Krieg miWFrankreich versäumt habe." Die Fanfaren der Moltke und Pfeil stehen danach vermutlich im Zusammenhang mit den Treibereien einer feudal-milita - ristischen Kriegspartei, die bei Wilhelm II. nun, seitdem seinem öffentlichen politischen Auftreten durch den Reichstag und den Kanzler etwas (Sinnalt getan wurde, Empfänglichkeit dafür voraus - setzen, was psychologisch gar nicht übel kalkuliert sein dürfte! Daraus ist aber auch zu ersehen, welchen Gefahren das Volk ausgesetzt ist, solange es nicht sich selbst das Recht, über Krieg und Frieden zu entscheiden, uneingeschränkt gesichert hat. Wenn es soweit ist, darf gehofft werden, daß es endlich mit den Kriegen unter gesitteten Völkern vorbei sein wird, wenn nicht ein Land frivol von einem andern angegriffen wird, so daß es gezwungen ist, sich zu wehren. Solange aber die Entscheidung in der Hand eines Mächtigen liegt, dieser nur an die Zustimmung des Bundes- rates gebunden ist, das ist citier Körperschaft, deren Mitglieder meist alle von Jugend auf in der Hofluft gelebt haben oder doch feudalen Greifen entstammen, in denen der „militärische Geist" der herrschende ist, solange wird die ewige Kriegsgefahr nicht gebannt werden. Das Volk muß zum Herrn feiner eigenen Geschicke gemacht werden. Dann verlieren die militaristischen Treibereien ihre G" fährlichkeit. Dtr MmmtzStztldMiiß für die NtichsbkMtN. Dem Reichstage sind über 200 Petitionen von Be- a m t e »- L r g a n i j a ti o n c n, Beamten G.rnxp^n städtifchen Körperschaften zu dem Entwurf eines Ge - setzes, betreffend die Neuregelung der Beamten- ^ehälter und Wobnungsgeldzuschüsse, zugegangen, in denen Beschwerde geführt wird über ungerechte Behandlung sowohl bei der Gehalts, wie der Wohnungsgeldzuschuß-Kestsetzung. So beklagen sich 8 8 0 0 P o st - und Telegraphengehil - fin n c n mit Recht darüber, daß ihre Gehalts- und Wohnungs- gedzuschuh-Erhöhung diejenige der Beamten nicht erreichen soll. Für sie stellt sich das finanzlelle Resultat wie folgt: Ans angSgehalt jept A lKX) Endgeha11 jetzt K InOO später. 1300 später „ 1800 WohuungSgeldzuschuß: Klaffe la 11 111 IV V jetzt jfLr>40 J* 432 X 360 X 300 Xu 216 Klaffe a b c d e später X 570 Xu 480 X, 400 X. 820 X. 250 mehr Xu 30 X 48 X 40 X 2o X 34 Nun sind aber mit ganz wenigen Ausnahmen die Aemter, welcke in Klasse la, II und III waren, größtenteils eine Klasse niedriger einrangiert worden, wodurch den Beanllinncn nicht ein - mal der kleine Vorteil, wie ihn das Zahlenbild zeigt, zu gute kommen soll. Beispielsweise bekäme Hamburg, das von Klasse la in Klasse b versetzt wird, JI 60 weniger. Die mittleren männlichen Beamten, denen die Gehil - finnen seit 1871 angeglicdert sind, bekommen im Durchschnitt, ob verheiratet oder nicht, Jt 4—500 mehr. Bon den etatsmäßigen Gehilfinnen erhält jetzt der größte Teil Jt 140 dczw. M 160 mehr, die alten Gehllfimien Jt 240 bczw. Jt 260 mehr. Für d.e männlichen mittleren Beamten, mit denen die Gehilfinnen bisher gleichen Wohnungsaeldzuschuß erhielten, sind für die Zukunft vorgesehen: Klasse a Jt 810, Klaffe b Jt 650, Klaffe c Jt 540, Klasse d H 450, Klasse e 330. Diese ungleiche Behandlung empfinden die Gehilfinnen als eine ungerechte. Sie geben der Hoffnung Ausdruck, „daß nicht nur männliche Beamte und Unterbeamte das Ohr dcS Reichstages zu erreichen vermögen, sondern daß die Mitglieder deS Reichstages audi den im schweren Erwerb und Beruf stehenden Frauen, die ihre Einkünfte ebenso wie die Männer versteuern, die in gleichem Maße unter der jetzigen und durch die in Aussicht stehenden indirekten Steuern noch wachsenden zukünftigen Teue - rung le. den, wie die männlichen Beamten, ihre kräftige Unter - stützung nicht versagen werden." Aul Seiten der sozialdemokratischen Vertreter wird ek an kräftiger Unterstützung gewiß nicht fehlen. Der Magistrat der Stabt Cutzhaven beklagt sich in einer Eingabe darüber, daß Cuxhaven in die Ortsklasse C einge - reiht ist; er fordert Einreihung in die Klaffe B und begründet diese Forderung u. a. wie folgt: „Wären Teuerungs-, Steuer- und «chulverhä I U nisse mit in Betracht gekommen, dann hätte Cuxhaven als teurer Badeort und erponierk liegender, in schneller Entwicklung be - griffener Industrie- und Garnisonort unbedingt in eine höhere Klaffe kommen, mindestens mit der Mutterstadt Ham- bürg gleichgestellt werden müssen; denn es ist leicht, den Nachweis zu erbringen, daß die Lebensbedingungen hier teurer sind, als in Hamburg. Aber auch, wenn nur von den WobnungS- mieten auSgcgangcn werden soll, ist Curhaven für die Ortsklasse C zu niedrig eingeschätzt, weil auch die Wobnungsverhältn.ffe hier ungünstiger und mindestens ebenso teuer sind als in Hamburg und den meisten Orten der nächsthöheren Klaffe B. Die hier seit Fahren infolge schnellen Aufblühens der Fischerei- industrie und starker Vermehrung der Garnison herrschende Woh - nungsnot, deren Ende auch heute noch n cht abzusehen ist, hat diesen Zustand herbeigeführt. Die Tatsache, daß zu jedem Umzugstermin zahlreiche Familien ohne Obdach sind, mußte im Gefolge haben, daß jede Wohnung gemietet wird, einerlei, wie es um ihren Zustand bestellt ist, ober ob stch der geforderte Mietzins mit dem Hausbalte des Mieters vere.nigen läßt. Bei genauer Sichtung auf ihren Werl als Wohnung und den Preis, müßten daher verschiedene Wohnungen als für Beamte unbeziehbar aus der Betrachtung ganz ausscheiden. Neubauten werden bezogen, noch ehe sie fertig gestellt sind; Ansprüche an die Ausstattung und Lage der Woh - nungen werden überbauet nicht mehr gestellt, die umliegenden Ortschaften aufzusuchen wird nicht gefdieut usw. Solche Verhält - nisse müssen seitens der Vermieter zu Preistorderunpen führen, die angesichts der Ausstattung und des Zustandes der Wohnungen und im Verglich zu anderen Orten mit Auswahl in Wohnungs- angeboten außergewöhnlich sind. Ucbcrbictungeti von schon reich - lich bezahlten Wohnungen um mehrere hundert Mark, der Bezug von Unterbeamtenwohnungen durch Beamte und ungesunde Ein - schränkung des WohnungsbedürfniffeS in der Beamtenschaft sind bestehende Tatsachen." Das ist eine sehr vorsichtige Umschreibung deS W o b n u n g s- wucher-Unwesens. Auf dieses Unwesen nehmen alle Pe- tionen Bezug zur Begründung des Ersuchens um Einreihung in eine höhere OrtSklaffe zwecks Gewährung höheren Wohnungs- geldzuschuffes an die Beamten. Die (Jurhaber " Petition bemerkt weiter: „Die Hiesigen WoHnungsverhältniffe sind unter Berücksich - tigung der aufgeführten örtlichen Verhältniffe, der scksteckten Wege, bei dem Mangel an Fahrgelegenheiten usw. schon jetzt jy; günstiger a 1 8 die Hamburger WoHnungsver - bat I n i s s e und die der meisten anderen Orte der Or:skla>>e B. Nach der Regierungsvorlage nun ist Cuxhaven, wie bereits er - wähnt, in die OrtSklaffe C cingerciht. Tas bedeutet für die Beamten einen Wohnungsgeldzuschuß von 540, für die Unter- beamten einen solchen von Jt 290. Diese Sätze können selbst bann, wenn bem neuesten Standpunkt der Regierung — cS soll nur ein Zuschuß zu dem Mietzins gewährt werden — (früher sollten diese Gelder bekanntlich einen TeurungsauSgleich herbei- führen) — bcigctrctcn wird, als ausreichend für die hiesigen Verhältniffe nicht angesehen werden. Namentlich bann nicht, wenn bedacht wird, bag eS sich um eine Regelung für die nächsten zehn Jahre bandelt. Der Hamburgische Staat hat den geschilderten Verhältnissen insofern bereits Rechnung getragen, als er seine Beamten hier und in Hamburg in ihren Bezügen gleichgestellt hat." Auch die Subaltern- und Unterbeamten in Westerland- Sylt sind beim Reichstage vorstellig geworden, um die Ver - setzung der Stadt Westerland in die Servisklaffe B zu erreichen. Nack; dem Gesetzentwurf sollen in die Servisklaffe E alle Orte mit einem EinheitSzimmerpreiS von K 80 und darunter ausge - nommen werden. Die Petenten führen aus, daß der burdi» schnittliche Zimmerpreis in Westerlanb ein bedeuten!) höherer ist: „Durch den gewaltigen Aufschwung, den baS Norbseebad Westerlanb in ben letzten 15 Jahren genommen bat, wirb es ben hier angestellten Beamten von Jahr zu Jahr schwerer, eine den bescheidensten Ansprüchen genügende Wohnung überhaupt zu er - halten. Wenn solches aber doch möglich gemacht werden muß, so stehen die für solche Wohnungen zu zahlenden Preise in keinem Verhältnis zu dem für Westerlanb vorgesehenen Woh- nungsgelbzuschuß von Jt 330 für Beamte bezw. Jt 150 für Untcrbcamtc. Eine angemessene Wohnung ist für Subaltern- beamte nicht unter c< 600 biS Jt 700 unb für Unterbeamte nicht unter 350 bis .< 400 zu haben." So würbe bie Einreihung dieses OrteS in die Servisklaffe B statt E, wie die Petenten bemerken, „als den tatsächlichen Ver- hältniffen entsprechend durchaus gerechtfertigt sein." Der Rat der Stadt Leipzig beklagt sich darüber, daß, obwohl in dieser Stabt bie Lebenshaltung mindestens ebenso teuer sei wie in Berlin unb Frankfurt a. M., letztere Stäbte doch burdi Ginreihung in die höchste Servisklaffe bevor - zugt seien. Die Petition wendet sich gegen bie Auffassung, daß sich die Wohnungsgeldzuschüsse lediglich auf bie bezahl ten Mieten beziehen sollen und sagt: „Sich hierbei nur an das Wort „Wohnung" zu halten, dürfte mit dem damit verbundenen Begriff nicht voll in Einklang zu bringen sein. Unter Wohnungsgeldzuschuß ist Inan gewöhnt, den Ausgleich zwischen den Orten mit mehr ober weniger teuren ßcbenSbcbingungcn Überhaupt zu verstehen Sollte dies nicht zutreffen, sondern mit dem WohnunoSgeldzuschuß nur die Differenz der Mietpreise getroffen werden, so müßten folgerich - tig in den teuren Orten auch Zuschüße für die sonstigen Lebens - bedürfnisse gezahlt oder bie Gehälter überhaupt nach TeuerungS- klaffen bemeffen werden. Wen auch die Lebensmittel- und sonstigen Preise bei der Klasseneinteilung der Orte zu gründe gelegt worden wären, bann hätte Leipzig unbestritten Anspruch auf Einreihung in Klaffe A.- Tiefe Auslegung deS Begriffes „WohnungSgelbzuschuh" deckt sich mit der Begründung, die dem „Entwurf eine? G e - setzes, betreffend ben ServiStaris unb bie Klasseneinteilung der Orte" vom Jahre 1904 bei - gegeben ist. Ta heißt es, daß „der Bewilligung von WohnungS- geldzuschussen nicht, wie aus dem Namen vielfach gefolgert werbe, die Absicht zu gründe lag, den Beamten einen bestimmten Teil bet tatsächlich gezahlten Miete zu ersetzen, sondern eS sollte bet einer ohnehin notwendigen Einkommensverbesserung ein be - weglicher Bestandteil in daS Besoldungssystem eingefügt werden, um die Preisunterschiede auSzu- gleichen, welche in den einzelnen Orken, namentlich bei den Wohnungen hervorgetreten waren." In der Tat stellen sich so die Wohnunasgeldzuscküffe als An- vaffung an die Verschiedenartigkeit der lokalen Verhältniffe und Bedürfniffe bar. Sie sollen eS sein, sind eS aber in bet votgeschlagcnen Form nicht. Politische Uebersicht. Duo dein NeichStag. Berlin, 16. Januar. Ter Reichstag hatte sich henke mit dem vom LtaatSsekretSr von Bethmann-Hollweg teilweise uniiparbeitcten Entwurf einer ArbeitSka» in erge setze« zn bei t ästigen. ES muß (mie auch ab eiten inneres Redners geschah ; > anerkannt werden, daß diese zweite Auflage gegenüber der ersten einige nicht ganz nnwejeiilliche Vet- bctfcnmgin enthält. Menn der Entwurf trotzdem sozialdeinokrati cher- ieils nicht die ihm von feiten der bürgerlichen Partien zn teil ge - wordene Anerkennung findet und finbeii kann, so deshalb nicht, lueil er in feiner Gr ndlage verfehlt ist unb den auf dieser Grundlage zu errichteiibei! Slrbeiiefnnmiein uh un ösbareS Problem ziigewi.sell wird. Eine Jnsiitunon ans Vertretern gegensätzlicher Interessen, soll dies« realen Gegcniäye in idealer Weise anegleiebtn, ’oU ein gedeihliche« Verböllms „luiidjei: £epu.il .ich Ar'en herbeifiihren. W>e siet) der £tua:6fc(ietär die Veen iiklichung dieses JiNerissenanSgleiechS ugentlich benft war aus Kiner langen R de nicht erkennbar. Der den Ent- rontf beherrschende Gedanke der Unreife ber Arbeiter unb der deshalb notwendigen Benorinimdnng durch die Unternehmer herrschte auch in seiner Rede vor, woran auch die plaionyche Liebeserklärung an die Adresse Der Organisatoren unb Leiter dcr Gewerkschaften nichts anbeit. AlS Parallele zn dieser LiedcSerllärttng ist wohl das Bedauern dcS Herrn SlaatSirfrciäi# über die ungenügende Vertretung bei Unternehmertums tui Reichstage anznsprrcheii. Der Staateiefretär ist bei all feinem Nachd i.f.n üoer die Lösung der Frage der Herbeiführung eine» gedeihlichen Verhältnisses zwischen Unternehmern upd Arbeitern nicht über die schon früher Don feinem Vorgänger unb von ihm gefundene Fermel „puritalische ArbeitSkainuiern" beranegefommen. or bemühte sich nun aufrichtig, bie'c al» dir Regi ruugswetSdeit letzten Schluß der geneigten B.iücknchtignng und Anerkennung abfeiten de» Hohen Hames zn empfehle n. Dem ihm, namentltd) vbn liberaler Lette, gelpiitdetin Beifall nach zn fchli ßen, darf er sich der Hoffnung hittgebett, daß fein Entwurf im Wesentlichen von ber Mehrheit ange - nommen werden wird. Der Redner deSZcutrntnS, Trimborn, wußte auch nur wenig daran ansznfetzen, natuentlich hatte er geg.n die Äruttdlage keine be - sonderen Bedeieken. Der konseivative v. W i n I e r f e l d - M e u k i n erklärte sich ioaar unter Berufung auf eilten Artikel Don (i. Bernstein in den „Sozialistischen Moneitshetten" mit den Grundzügeit des Etit- wuits einvertiaiideU. Gunz begeistert von den Entwurf sowohl wie von der Eingangsrede des Ltaa Ssekretärs erschien ber bekannte Wormser Lederköiitg Freiherr Heyl zu Hernsheim von den Ranonallibeial n. Unbefriedigt von dem Entwurf, ebenso wie von ber Rede de» Staatsjekretäis war nur unser Redner, Gettoffe Legien. In feiner streng sachlichen Red Derirat er teil, den Beichlüsfen deS Geiverkschafl»- fongrefje» in Köln attgcpaßten Standpunkt der sozialdemokratischen Fraktion, die Forderung der Errichtung von Arbeiter (ammern, d. h. bet reinen Arbeiterinnreffenbeitretung. In ber gegenwärtigen kapitalistischen Ge ellsechaflSordnitng fei ein Ausgleich ber Gegensätze durchaus unmöglich, fei utopytych. Wie denken sich, so führte er au». Pierre Joseph Proudhon. (Zn seinem lOOjährigen Geburtstage.) Pierre Joseph Proubhon würbe am 15. Januar 1809 in einer Vorstadt Don Befantzon geboren. Sein Vater war Bot ich r, feine Mutter Köd>iu, unb Pierre Joseph mußte trotz feines Wissensdurstes gleichfalls, statt seine Studien zu vollenden, sich ber harten Arbeit widmen; er wurde Korrektor in einer Druckerei zu Besancon, durch - reiste als wandernder Trnckergeselle ganz Finnkreich und trat, nach Besancon heimgekehrt, wieder als Faktor in eine Bnchdrnckerci ein. Im Jahre 1836 gründete er mit einem Asioeie hierfelvst eine kleine Druckerei, die er aber, nachdem letzterer sich lt-38 entleibt hatte, liqui - dierte, entschlosseii, ben bisherigen Beruf mit einem anderen zu ver - tauschen, auf den er sich schon lange, auf feiner Wanderschaft, wie in ben Mußestunden der letzten Jahre durch fleissige Studien vorbereitet hatte. Bo« hier an beginnt Proudhoiis schriftstellerische Tätigkeit. Der äussere Anlaß war die Ausschreibung eines breijirbiigcn Stipendiums durch die Akabemie von Befaneon. Proudhon trat unter ben Bewerbern auf und erhielt baS Stipendium. In dem Memo - randum, das er_ an die Akademie richtete, heißt eS: „Geboren und auferjogen im Schoß der arbeitenden Klaffe, der ich mit meinem Herzet, und mit meinen Neigungen, vor allem ober durch bie Gemein - schaft der Leiden unb Wüniche an gehöre, wird eS meine grösste Freude fein, wenn tdi den Beifall ber Akademie erhielte, um ohne Unterlaß mit Hilse der Philosophie und Wtffetifchaft, mit der ganzen Energie meines Willens und aller Straft meines Geiste» an ber physische», moralischen unb intellektuellen Verbesserung derjenigen zu arbeiten, welche id) meine Brüder unb Genossen nenne, um unter ihnen bie ■2-aai einer Lehre, welche idi als baS Gesetz ber moralische» Welt bet,achte, zu verbreiten unb in Hoffnung biS Erfolges meiner Be - mühungen, Ihnen gegenüber, hochgeehrte Herren, al» ihr Repräsentant zu erscheinen." Die Lehre, von der Proudhon hier spiicht, ist ber Anarchismus. Proubhon ist der theoreiijche BegriNtder des AnarchtSinnS. Pronbhons System hat von slarl Matx in feinem bekannten Bucke: DnS Elend der Philosophie (al» Antwort auf Pronbhons: Philosophie de» Elend») eine überaus scharfe, in ihr.m beißenden Charakter nur an» ber bamaligeii Position von Marx zu rechtf> til - gende »Iritis erfahren. Auch später, im Jahre 1865, hat Karl Marx noch einmal beut großen Bekämpter de» tii. entumS eine vernichtende .eh ins geliefert. Iioybcm ober — ober geiabe wegen dieses groi eil Oeegenseitzes zwischen Marx und ProiUhon, ju iid.cn Wtssenichaft und II top u. IN Proudtzou» Wert einer ruckblick »bet: B trachiuug wohl meit. l5s pil.gt Don Pronbhou nur ein Sa lagmoit bekannt zu fein: „ iaü ist das Eigentum tz Das Eigentum ist b>r Diebstahl. Unb nach biejcr paradoxen Phraie pflegt der Mann de- unb verurteilt zu werben. Nichts törichter als bieS. „Meine Beeister, diejenigen, die in mir fruchtbare Id en gew ckt haben, sind ihrer drei: Fürs erste bie Bibel, dann Adam Siiiith unb endlich Siegel." Das heißt die Sozialphtlofophte Proudhoiis ist ein Kegel iantsmit», angewandt auf die bürgerliche Leko- noniie, beiquidt mit moralische» Invektiven. Das Nette an Proudhon war ober einzig dies, daß er bie Kegelschen Denkmethoden auf baS Gedtet bet Ccfonomie, und zwar auf die Ergebnisse der bürgerlichen Cefonome» von Smith und Ricardo her, aiiwanbte. Karl Marx erzählt in dein oben erwähnten Aufsatz aus dem „Lozialbeinokrat", daß er es während feines Pariser Aufenthaltes im Jahre 18i4 gewesen fei, ber „tvährenb langer, oft über nätl: ttgter Debatten" Proubhon zu dessen giöfstiii Schaden mit Hegelianismus infizierte, den er doch bei seiner Unkenntnis bei deutschen Sprache nicht otdentlich studieren konnte". Mit der Hegeljche» Eut- midliingSbialefiif (nach der ein Zustand sich durch seine eigene» Krütte in sein Gegenteil entwickelt) trat nun Proudhon au die Betrachtung der sozialen Erscheinungen heran. TaS Ciiginelle der Piondhonschen Dialektik besteht nun darin, baß er sie mit der Moral und Ethik berbanb. Während Marx, der ja auch Hegel auf bie Oekonomie (nur nicht auf die bürget Uche) aiiwanbte, echt niffenschaiilich den dialektischen Gang ber Geschichte auf ihre soziale Eigengesetzlichkeit gründete, also von jedem inoralischeit Gesichtspunkte abjab, spaltete Proudhon jede ökonomische Kategorie durch eine moralische GeiechtigkeitSietrachtung in zwei Teile, zu beiten er bann ben dritten — als sittliches Postulat — in die Zukunft verlegte. Durch diese uiiwtsieuschaitliaie Per- ntischnng von L konomie unb Ethik unterschied er bei jeder ökonouti'chen Kategorie — Arbeitsteilung, Maschine, Konkurrenz, Monopol, Staat, freier Tausch, Kredit, Eigentum uud Geuieiinchaft — „eine gute Seite und eine schlechte'. So konnte er z. B vom Eigen - tum einerteits sagen, rS sei Diebstahl, anderseits rS fit Freiheit. Die VirbeiiSletlung ist einmal eine Lnelle zur Erhöhung des VolkS- reichtums, anderseits eine Ursache des PaiiperiSinuS. las Monopol hängt um innigsten mit den größten Gütern der Freiheit und des JnbivibiialisuiuS zusammen. Anderseits ist eS genau wie bie Konkurrenz antisozial und uubetibiingenb Tesgl. ber Staat, die Gesellschaft usw. TteS einerseits — anderseits, diese» joivolil — al» auch, brachte Proudhon jene ebenso scharfe wie geistvolle Eharakteriitik durch Marx ein, in der er ihn al» einen „wissenschaftlichen Kleinbürger" bloßstenie: „Der Kleinbürger tft wie oer Geschichlsschreider Rarrmer zusammengesetzt aus Einerseits unb Anderseits. So in feinen öko - nomischen Interessen, iiitb daher in feiner Politik, feinen religiösen, wirtjchaitltchen und künstlet ija e» Anschannngen. <-o tu feiner Moral, ja tu evorything. Et ist der lebendige Widerspruch." Ist diesem „Lysteut bei Widersprüche" aber, in d.esen Antinomien der Gesellschaft gtaubie Pronehon Ba» Gesetz ber fozln en Bewegung entdeckt zu haben. Au» ihnen folgerte er — aber wieber mit mehr moralischen al» wissenschaftlichen Ueberlegungen — fein soziales ZnkimftSgebilde: „Ich habe gezeigt, wie die Gesellschaft von Formel zn Formel, von Institution zu Jtistitnlton jenes Gleichgewicht sticht, da» ihr entschlüpft, unb bei jedem Versuche stet» in gleichem Maße sowohl ihre» Luxus al» ihr Elend wachsen läßt. Ta die» Gleichgewicht bisher nicht bat erreicht werben können, so bleibt nur von einer solchen radikalen Losung etwa» zu baffen, welche die Theorien fyiiihetifch ver - bindet lind ber Arbeit ihre Wirksamkeit unb jedem ihrer Organe feine Macht wiebergibi." Wie siebt da» ZukunftSgedilde Proudhoiis ober der Weg zu ihm nun au«? Der Arbeiter muß ben vollen Ertrag feiner Arbeit erhalte» Sarin stimmt Piondyo» mit allen anderen französischen Sozialisten überein. Tie soziale Reform muß daher in einer Organisation der Arbeit be - stehen. Ader wählend rin Lottis Blanc zum Beispiel für die Organisation der Arbeit bie volle Anlontäl ber Gesellschasi unb be« Staate» in An - spruch nahm, verlangte sie Piondhon mit Umgehung jeder StaatS- interDnition auf Gnind der freun Jnitative be« Volkes. Tie» war der Ausgangspunkt ber anarchistischen Anschauungen Pioudhon». Zwei Forbernngen sind e» bem Ker» »ach, durch bereu Erfüllung Proubhon fein GeseUfchasisibeal realisiert glaubt: bie Organisation bi« allgemeinen Stimmrechts burch alle Organe ber Gesellschaft hin» burch. Zweiten»: die inbiiftrielle Befreiung durch bie gegenseitige Garantie be« Krebst» unb be« Absätze«. Tie erste Forderung, da« beiübnite Föderativprinzip Proudhons, das auch beule noch unter ben Anarchisten seine große Rolle spielt, ist ein Erbstück ber Girondisten. Proudhon hat tu seinen .Confefsiou»' ben Au«iau ber Gesellschaft auf Grund diese» allgemeine» Stimm- recht» bis in» kleinste Detail unb nicht ohne realpolitifcheS Verstäubms bargelegt. ES bilbet ba« Älaiizstück seine« ganzen Stiftern», weil e« in seiner demokratischen Kotiseauenz auch heute noch un» Predigt. Ader leider blieb ti eine Utop.e, so lange Proudhon sich nicht zu der Uinkehrnng feint« Satze« bequemte, daß nämlich die soziale Revoliition bas Mittel, bie politische ber Zweck fei. lind darum baden die .Nom- uiuniften mit ihrer Einsicht, daß alle Politik nur Mittel zum sozialen Zwecke fei, übet Pioubhoil gesiegt. Was Proubhon unter der zweiten Forderung, .Gegeiiieitige Garantie be« Kredit« unb Absatzes" versteht, lernen wir am betten au« feinen praktisch versuchte» Plänen kennen. Zweimal nämlich stand Proudhon vor der verlockenden Ai,«sicht, feine Utopien >elbst brr Er- .üllung Mühte» zu können. Das erste Mal wat m bet Zeit bet Revolution. Im Februar 1849 gründete er die Volksbank (Banque duPeuple), welche die Initiative der freien wirtschaftlichen Organisation eigreit.ii sollte unb nach Proudhon« Erwartungen bie freie Gesellschaft he, beigeführt hatte, wenn nicht im entscheidenden Moment Proudhon wegen en es politische» k etgehei « auf 8 Iahte nach St. Pelagie ge. ich di und somit Die Bank zur Lchuibatto» gezwungen worb.n wäre. Tie zweite Gelegeuheit bot sich 1858. Napoleon halte Gutachten verlangt, wie da« Znbusttiepalai», in w. Ichem bie Pariser Weltausstellung stattgefunden hatte, nach Schluß berjelben zu einem gemeiniifiyignt Unternehmen ve, wendet werden könnte; unter denen, an welche solche Anfragen geinQt wurden, sehen wir auch Proudhon, und dieser beantwortete bie Frage mit einem Projekt einer permanenten Aiisnellitng unb ihrer Leitung durch eine Gesellschaft, welche« so ziemlich von den gleichen GesichtSpunkie» anSging wie die Polksbauk. Ta« Projekt blieb natürlich nnbeachlet, und Proudhon trug au« dieser neuen Enttäuschung nur Ekel und tiefe Entmutigung davon. Die VolkSbank sollte sich auf bie Identität ber Kommanditäre unb ihrer Klienten aufbanen. Tie an ihr teilnchmciiben Produzenten sollte» ihre Erzeugnisse bei ber Bank abliefern, welche durch Taxa - toren bie Preise dieser Ware» kontrolliere» und fefifteflen liefe. Ans Gewinn wurde verzichtet. Der Lieferant erhielt für feine Waren Tauichbou«, für bie er bann wieder von ber Bank andere Gegenstände entnehmen konnte. Ind m die Bank außeident ihren Kunden uiicnt» gclllich Tae lehn gewährte, sollte Geld und Zins fallen, der Verkehr sich allmählich nur nach mit ben Bon« der Bank vollziehen unb so die von Proudhon geträumte Harmonie be« fozia-en Verkehr« eintreten. So das Projekt. Während halilosen Verdüchti- guugcn gegenüber der gute Glaube von Proudhon nicht anzuzweiicln ist, ist die Dermeintliche Originalität dieser Idee sehr anfechtbar, beim sie erinnert tut wesentlichen an ba» Dom Staate nach desiniiiver „Konstituierung" be» Wertes abgegebene „Arbeitspapiergeld" des RodbertnS, mit dem Proudhon auch sonst sehr viele wirtschaftliche BeiübiungSpiinkie Hai. Noch mehr Aebiilichkeit haben Pronbhons Projekte mit ben „Boards of trade“. wie sie Bray sich ein De- zenniinii vor Entstehung der.Volksbank" gedacht hatte unb mit John Grays Zentralbank Pi ondhon ba, in spät ren Jahren auf eine unmittelbare Realisierung feiner Absichten verzichtet. Er bat sich in feinem 1852 erschienenen Werke „Du principe föderativ“ zu ber Ansicht bekehrt, baß die ge - ordnete Anarchie ein Ideal unb als solche nie zu verwirklichen fei, baß ihr aber nichtsdestoweniger die menichliche Gesellschaft ziiztistreben habe auf dein Wege föderativer Organisation — wie sie ja auch moderne Aiiarchiste!i wie Fürst Peter Krapoikiii befürworten. Scharf angegriffen ist Proukhoii von jeher wegen feiner angeblichen „Verbindung" mit bem zweiten Napoleon. Hingegen ist die e durchaus iiicht sicher. Er hat für feine Ideen jahrelang im Kerker gesessen, unb al« ber Kaiser im Jahre 1861 burch einen besonderen Gnadenakt dem Verbannte» die Rückkehr in die Heimat gestattete, lehnte Prosidbon biife Gnade stolz ab, so sehr c« thu nach Pari« zog, und kehrte erst nach Ablauf seiner Frist, Ende 1863, dorthin zurück. Proudhon hat bann nicht lange mehr bie Luft der Heimat geatmet. Gebrochen von den Mühsale» ber Befolgung, starb er »ach langem Liech tum am 1«. Juni 1865 in bett Armen feiner Frau, die cieidi ihm dem Ardeiterstande augehörte und mü ber er ein Leden voll Eintracht unb Liebe geführt hatte.