Nr. 52 Donnerstag, den 3. Mär; 11)10. 24. Jahrgang. Hamburger Echo. Da« .Hamburger »die* erschetnl tSgttch. -über anontag«. «IbonneiuentSpreiS (fnfi. „Die Neue Welt" und „Die arbeitende Jugend") durch dir Poft bezogen ohne Bringegeld monatlich X, 1,20, vierlellihrlich M. 8,80; durch die Kolvorieure wöchentlich 80 4 Irei in« feau«. üinj. Sir. 5 4. Tonntag«.Nummer mit illuftr. Beilage .Die Neue Wels 10 4. Nreuzbandlendungen monatlich a 2,70, für do» Ausland monatlich a 3,50. Redaktion: ~ Expedili on: Fehlandstra-e 11. L Stock. yaMVUrg »<> Fehlandstrode 11. «rdgeschoß. Verantwortlicher Redakteur: (»mit Köpke In Hamburg. Anzeigen dir lechSgefpaltene Priit, etlr oder deren Raum 35 4. Arbeitsmarkt. Stern,ietung«. und ^amilieuauzeigen 20 4 Anzeigen Slunahme FehlandNr.i l. Lrdgeschoft «bis 5 Uhr nachmittag«), in den Filialen (bis 4 Ubt uachm ), sowie in allen Annoncen-Bureaux. Platz, u. Dalrnvorfchiisten ohn» Verbindlichkeit. 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Hierzu zwei Beilagen Politische Uebersicht [16| Ge- Sonsetzrmg folgtj ante, di» Luft ist ein« und die Lust, die weltliche Lust, ak, wenn ver - hak. ,.Oh, was das Alter betrifft, damit hat'« keine Gefahr. Darf ich Jiir mein y eil sprechen: sollte ich einmal daran denken, j. ... - 1 To wäre es nicht mit einer Dirne, die nichts einer Stimme Mehrheit — abgelehnt, obwohl die Ver - treter aller Parteien und auch die der Regierung anerkennen mußten, daß sie einen berechtigten Sern haben. Die Mehrheit glaubte in Uebereinstimmung mit den Regierungsvertretern die Abänderung der Bestimmungen über Bettelei der allge - meinen Revision des Strafgesetzbuches vorbehalten zu müssen. Aber wenn es sich denn schon um ein „R o t g e s e tz" handelt, das nach seiner Begründung Härten, die in beson - derem Maße das Rechtsbewußtsein verlesen, beseitigen will, so hätte man unseres Erachtens vor der Bettelei nicht Halt machen dürfen. Tenn v i e vom Rechtsbewußtsein empfundenen und verurteilten Ungerechtigkeiten, welche die Strafjustiz tag - täglich in vielen Hunderten von Fällen an armen, unglücklichen Menschen begeht, die zum Bettel gezwungen sind durch die äußerste Rot, sind wahrlich nicht geringer, als die, welche wegen geringfügiger Diebstähle und Unterschlagungen er - folgen. Weshalb die strafrechtliche Würdigung der Notlage, die man dem gewährt, der geringfügige Gegenstände entwendet ober unterschlägt, dem Bettler noch länger vorenthalten? Wir geben zu, daß eine gründliche Neuregelung der straf - rechtlichen Behandlung des Bettels ihre Schwierigkeiten hat, ebenso wie die des Diebstahls usw. Aber um solche Rege - lung handelte es sich bei den erwähnten Vorschlägen ja gar nicht, sondern nur darum, den äußersten Ungerechtigkeiten, zu welchen das geltende Recht die Justiz zwingt ober verleitet, zu begegnen. Ein stichhaltiger Grund für die Mlehnung der darauf gerichteten Anträge ist in der Sommissian van keiner Seite beigebracht worden. iinnung; ja, die habt Ihr." Die Alte hatte sich am Tis-t> niedergelassen, um Carlssons Winkelzüge Vesser vcrstcvcn zu können, damit sie nicht die Ge- tegcnbeik versäume, ihr Amen zu sagen, wenn er mit seinem Ja hcrauSrücktc. „Aber sag er mal, Carlsson," begann sic ein neues Garncndc, .hat er denn nickt an die Witwe von Coana gedacht, die allein steht und nickt« Besirre» verlangt, als sich wieder zu ver - heiraten?" „21* nein, die kenne ich wohl, aber die hat nicht die reckte Gesinnung: wer midi baden will, der muß die reckte Gc- sinnung baden! Geld und äußeres Getue und seine Kleider, da« macht aut mich keinen Eindruck: denn so bin ich nicht! Und wer midi wirklich kennt, der kann nichts anderes sagen." Der Stoff schien nun von allen Seiten benagt zu sein; einer mußte das letzte Wort sagen, solange es noch möglick war. „Nun. an wen hat er denn gedockt, Carlsson?" wagte sich die Frau einen kühnen Schritt vor. .Gedacht? Gedacht! Man denkt dies und das; ich habe über - haupt noch nichts gedacht. Der etwas denkt, der spreche; ich schweige! Man soll nackher nickt sagen können, ich habe jemanden verlockt: von der Gesinnung bin ich nicht. Tie Alte wußte jetzt nicht recht, wo sie zu Haus« war; und sie muhte sich noch einmal vortasten. .Ja, aber, lieber Carlsson, wenn er Ida in Gedanken hat. bann kann er doch nickt in vollem Ernst an eine andere denken." .Ida, nein, di« Füchsin will ich nicht gescben t haben! Nein, etwas BcffcreS muß es sein: Kleider am Körper muh sic. wenigstens besitzen; und hat sie noch etwas mehr, so schadet es I Eichsfelder Kreises. Der alte Herr polemifiierte eifrig gegen die neuliche Rede seines Fraktionsgenossen Göring für die die Ein - schränkung des Hausierhandels fordernde Zentrumsresolution sowie auch gegen die Resolution selber, indem er es als nicht im Interesse des Mitelstandes hielt, den blutarmen Hausierern seines Wahlkreises die ohnehin schon dornenvolle Lebensbahn nock dorniger und stachliger zu gestalten, welche Gelegenheit bet Staatssekretär geschickt benutzte, um den Mitteljtandsrettern vor Äugen zu führen, daß jedes Ding — so auch die Mittelstands, retterei — zwei Seiten hat. Nachdem dann noch der Pole Kukerski dem Staatssekretär einige zutreffende Bosheiten an den Kopf geworfen, wurde das Gehalt des Staatssekretärs bewilligt und die Weiterberatung vertagt. so bin ich immer gewesen, und wer etwas anderes sagt, der lügt." Die Alte spitzte die CBrcn und merkte die Anspielung. .Aber Ida? Ist es nicht Ernst zwischen ihr und Ihm?" untersuchte sie. Not-Delikte im Strafrecht. Berlin, 1. März. Zu ben Materien, welche bie der Justizkommifsion bes Reichstages überwiesene als Vorläuferin einer allgemeinen Re - form bes Strafrechts anzusehenbe Strafgesetznovelle neu regelt, gehören auch biegeringfügigenDiebstähle unb Unterschlagungen. Das bestehenbe Strafgesetz - buch behandelt ben Diebstahl — von manchen Ausnahmefällen abgesehen — mit großer, teilweise sogar rigoroser Strenge. Diese tritt namentlich barin hervor, baß bie Verfolgung ohne Antrag bes Verletzten eintritt, baß als angemessen nicht Geldstrafe, sondern nur Freiheitsstrafe angesehen wird, und daß neben der Freiheitsstrafe, sofern sie die Dauer von drei Monaten erreicht, aus Verlust der bürger - lichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Der dem Richter gebotene Strafrahmen ist ein sehr weitgezogener; auch bei einfachen Diebstählen (§ 242) kann die Gefängnisstrafe die Höhe von fünf Jahren erreichen. Liegt einer der zahlreichen im § 243 hervorgehobenen erschwerenden Umstände oder wiederholter Rückfall im Sinne des § 244 vor, so bildet die Regelstrafe Zuchthaus von einem bis zu zehn Jahren; nur bei mildernden Umständen kann auf Gefängnis, jedoch nicht unter drei Monaten erkannt wer - den. Treffen die Erschwerungen des § 243 und des § 244 zusammen, so tritt Zuchthaus von zwei bis zu fünf - zehn Jahren, bei mildernden Umständen Gefängnis von ienem bis zu fünf Jahren ein. Weniger streng tritt das Strafgesetzbuch — abgesehen von dem der landesrechtlichen Regelung überlassenen Feld- und Forstdiebstahl und dem teils straflos gelassenen, teils nur auf Antrag strafbaren Familien- und Hausdiebstahl (§ 247) — nur dem Diebstahl von Genußmitteln gegenüber. Wer NahrungS- und Genußmittel von unbedeutendem Werte oder in geringer Menge zum alsbaldigen Verbrauch ent - wendet, wird auf Antrag des Verletzten verfolgt, der Versuch bleibt strafbar und die Strafe des vollendeten Delikts ist Geld - strafe bis zu Ji 150 oder Haft bis zu sechs Wochen. Ueber: dies bleibt der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausge - schlossen. Ueber die Strenge der Vorschriften des Strafgesetzbuches, deren Anwendung nicht selten als eine das soziale Empfinden und das Rechtsbewußtsein des Volkes tief verletzende Un- erscheint, namentlich über die Höhe der für den Rückfallsdiebstahl festgesetzten Mindestbeträge der Strafe, ist schon viel geklagt worden. Es hat lange gedauert, bis man dafür an „maßgebender" Stelle einiges Verständnis gewann. Jetzt muß die Begründung des Entwurfs selbst zugeben, daß diese Strenge „in der Praxis zu empfindlichen Unzuträglich - keiten geführt hat". Sie bemerkt dazu: .Wiederholt ist es öffentlich gerügt worden, daß Diebstähle an Sachen von ganz geringem Werte, auf deren Verlust auch der Verletzte kaum irgendwelche Bedeutung legt, mit schweren Strafen belegt worden sind. Nicht selten auch ist in Unkenntnis der un - bedingten Verpflichtung der Staatsanwaltschaft zum Einschreiten und der Schranken, die vom Gesetze dem Richter bei der Straf - bemessung gezogen sind, der Vorwurf der Verfolgungssucht, oder der unbilliger Härte erhoben worden." Der Entwurf will eine „durchgreifende Reform" der allgemeinen Revision des Strafgesetzbuches vorbehalten und nur einige Härten, „die in besonderem Maße das Rechts - bewußtsein verletzen", schon jetzt beseitigen. Es kann nicht Vorkommen, daß die Mängel des geltenden Strafrechts vor allem darauf beruhen, daß es auf den Beweggrund des Täters und auf den Wert des Gestohlenen zu ge - ringes Gewicht legt. Von alters her hat das deutsche Recht bei all seiner sonstigen rigorosen Schärfe in der Entwendung geringwertiger Gegenstände eine unbedeutende, mit leichter Strafe zu ahnende Verfehlung gesehen. An diese, erst vom preußischen Strafgesetzbuche verlassene und auch im geltenden Strafrecht unberücksichtigt gebliebene Anschauung will der Entwurf mit seinen Abänderungsvorschlägen wieder anknüpsen. Die Begründung macht dazu Ausführungen, die int wesentlichen übereinstimmen mit Erörterungen, die seit Jahrzehnten so oft schon von feiten der Strafredjtsreformer angestellt worden sind, ohne die gebührende Würdigung zu finden. Da heißt es unter andern: : Als Carlsson mit Lina wieder allein war, wurde die etwas verlegen; schließlich kriegte Carlsson aus ihr heraus, daß Ida seinen Brief empfangen und ihn eines Äbendk, als ihr Bräuti - gam dagewesen, laut vorgelesen habe; daS war in der Kammer geschehen, wo der Bräutigam Porter irank und Lina Cham- oigiwns reinigte. Und sie batten sich halb tot gelacht. Zwei Male habe der Bräutigam den Brief gelesen, laut wie ein Pastor. Am meisten hatten sie sich über den „alten Carlsson" und seine .letzten Stunden" amüsiert. Als sie zu der Stelle von „Per- suckungen und Irrwegen" kamen, hatte der Bräutigam — er war Bierfahrer — vorgeschlagen, nach Berns Salon in die Per- suchung zu geben. Und sie waren dorthin gegangen und wurden von dem Bräutigam mii Shcrrn und belegten Brötchen traktiert. Ob nun Linas Erzählung Carlssons Sinn erregt und sein Gedächtnis erschüttert hatte oder ob er sich so lebhaft in die Kleider des BiersahrerS gewünscht, daß er sich in dessen an - genehme Lage als Wirt versetzt, sich mit dem Hummer essenden Gast verweckselt, den Porter des Bräutigams getrunken und LinaS Champignons gegessen batte — genug, et stellte die Sacke der Alten so dar, daß er die Wirkung erzielte, die er beabsichtigte; und daS war die Hauptsache. Nachdem er soweit gekommen war, fühlte er sich ruhig genug, um zum Angriff überzugeben. Die Burschen waren auf See, Rundqvist hatte sich niedergelegt, und die Mädchen waren für diesen Dag fertig geworden. „WaS ist das für ein Geschwäp. das hier im Kirchspiel um- läuft; das ich überall hören muß?" begann er. Was schwatzt man jetzt wieder?" fragte Frau Flod. „Ach, es iit das alte Geschwätz: wir dächten daran, uns zu verheiraten." „Ja, dae. ist nickts Neues; daS haben wir so oft gehört." -Aber es ist dock ganz unglaublich, daß die Leute behaupten, was nicht wahr ist! DaS ist mir ganz unbegreiflich." sagte der listig« Carlsson. „Ja, was sollte er, der junge, hübsche Kerl, auch mit einem alten Weib, wie ich bin, anfangen?" (Nachdruck verboten.! Die Ittselbanern. Roman von August Strtndberg. Verdeutscht von Emil Schering. „Mit Recht berücksichtigt schon der jetzige § 370 Nr. 5 den unbedeutenden Wert des Entwendeten und legt daraus Gewicht, daß der Täter in der Absicht alsbaldigen Verbrauchs des Ent - wendeten gehandelt hat. Ungerechtfertigt ist erber die Be - schränkung des Tatbestandes auf Nahrungs- und Genußmittel. Gewiß verdient das hier vorzugsweise in Betracht kommende Motiv von Hunger und Tursi oder das durch den Anblick solcher Gegenstände hervorgerufene Gelüst in besonderem Maße Be - rücksichtigung. Aber kaum in minderem Grade ist dies der Fall, wenn es sich um andere Gegenstände des gewöhnlichen Ver - brauchs handelt und der Wunsch alsbaldiger Befriedigung des Bedürfnisses den Beweggrund bildet. Es ist der Volksanschauung unverständlich, aus welchem Grunde derjenige, welcher eine kleine Menge Fleisch oder Kartoffeln stiehlt, um seinen und seiner Familie Hunger zu stillen, eine ganz geringe Strafe erhält ober auch, mangels eines Strafantrags, straflos ausgeht, während ein anderer, der im Winter zum Schutze gegen die Kälte eine kleine Menge Holz oder Köhlen entwendet, von harter, unter Um - ständen entehrender Strafe betroffen wird." Der Entwurf stellt den Nahrungs- und Genußmitteln andere Gegenstände des housmirtschaftlichen Verbrauchs gleich, und er läßt auch für den Diebstahl von solchen gering - wertigen Gegenständen, die nicht dem Verbrauch, sondern dem Gebrauche dienen, unter gewissen Voraussetzungen eine Milde - rung des geltenden Rechts zu. Ohne Zweifel muß der Arme, der in seiner Bedürstigkeit ein Kleidungsstück entwendet, die Mutter, die daS Gleiche tut, um ihr Kind vor Kälte zu schützen, davor bewahrt bleiben, mit gemeinen Dieben auf eine Stufe gestellt zu werden. Die I u st i z k o m m i s s i o n hat heute die zweite und letzte Beratung dieser Materie beendet. Ihre Beschlüsse sind, ent - sprechend dem Resultat der ersten Beratung, die folgenden: Als § 248 a wird folgende Vorschrift eingestellt: „Wer aus Not geringwertige Gegenstände entwendet oder unterschlägt, wird mit Geldstrafe bis zu JI 300 ober mit Ge - fängnis bis zu b r e i Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. Wer bie Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos." Diese Vorschrift deckt sich mit der des Entwurfs bis auf die Höhe der Gefängnisstrafe; der Entwurf setzte sechs Mo - nate fest. Unverändert angenommen wurde die vom Entwurf vorgeschlagene neue Fassung der Nr. 5 des § 370: „ ... wer Nahrungs- ober Genußmittel ober anberc Gegen - stände des hauswirtschaftlichen Verbrauchs in geringer Meng« ober von unbebeutenbem Werte zum aläbalbigen Verbrauch ent» toenbet ober unterschlägt. Wer bie Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie ober gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos." Als neuen Paragraphen (264a) fügte die Kommission ein; „Wer auS N o t sick ober einem Dritten geringwertige Gegenstände zum Schaben eines andern durch Täusckung (§ 263) verschafft, wird mit Geldstrafe bis zu JI 300 oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Der Versuch ist strafbar. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zu - rücknahme des Antrags ist zulässig. Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos." Hier haben wir es zu tun mit einer neuen Anwendung des Betrugsbegriffes, die eine Abmilderung des geltenden Rechts in sich begreift. Jetzt kann nach § 263 auch der, welcher aus Not geringfügige Gegenstände durch Täuschung sich oder einem Dritten verschafft, mit dem Höchst - maß der Gefängnisstrafe und daneben mit Geldstrafe bis zu Ji 3000 sowie mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte belegt werden. Die Verfolgung auf Antrag geschieht nur, wenn der Betrug gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher be - gangen wird. In allen andern Fällen bedarf es eines An - trages nicht. Wäre es nach den Wünschen und Vorschlägen der"sozialdemokratischen Vertreter in der Kom - mission gegangen, so würde dieses Stück Reform ein viel gründlicheres und umfassenderes geworden sein. Sie hatten unter ändert» auch eine Abänderung der Nr. 4 des § 361, betreffend die Bettelei, beantragt dahin, daß der a u s N o t erfolgte Bettel sollte st r a f l o s bleiben können. Der Zentrumsabgeordnete Gröber ging auf die Tendenz dieses Vorschlages ein, indem er beantragte, zu setzen: „Wenn das Betteln in unverschuldeter Notlage erfolgt, tritt Straf - losigkeit ein", eventuell: „Hat der Täter in einer Not - lage gehandelt, die nicht auf Arbeitsscheu oder Lüderlichkeit zu - rückzuführen ist, so sann von Strafe abgesehen werden." Diese sämtlichen Anträge wurden — die Gröbcrschen mit Ter Polizeikampf gegen den Wahlrechtskampf. AIS am 13. Februar bie großen Wahlrechtsbemonstrattoncn stattsanben unb bie Demonstranten bas Recht auf bie Straße in Anspruch nahmen, ohne erst bie Polizei zu fragen, ba gab man ben Sozialdemokraten ben Rat, gestützt auf bas Reichsvereins - gesetz, mit Genehmigung bet Polizei Versammlungen unter freiem Himmel abzuhalten. Tas ist an verschiebenen Orten z. B. am Sonntag in Frankfurt a. M. geschehen. Die Genebmi gung würbe erteilt unb bie Demonstrationen gingen in groß artiger Weise ohne jede Störung vor sich, weil die Po - lizei sich nicht hinein mischte. Diese Tatsachen veranlaßten bie Leiter der organisiertet, Berliner Arbeiterbewegung, beim Polizeipräsibenten bie For - derung zu stellen, daß auch der Berliner Arbeiterschaft die 9* Haltung einer großen Wahlrechtsversammlung gestattet werde, unb zwar im Treptower Park. Doch ber Berliner Polizei präsibeitt bat bieses Ansuchen kurzweg abgelehnt, obgleich bie aus ben Genossen Borgmann und Ernst bestellende Deputation er klärte, daß die Parteileitung ber Berliner Sozialbemokratie bie Verantwortung unb Garantie bafür übernehme, baß die Crbnung strenge aufrechterhalten werbe, unb bie große Massenkunbgebung in Frankfurt a. M. am letzten Sonntag bc weist, daß die sozialdemokratische Arbeiterschaft, wenn sie nickt durch frivole Polizeiattacken provoziert wird, sehr wohl selbst die Ordnung aufrechtzuerhalten versteht. Ter Oberbürgiermeister Kirsckner hatte bereit - willig zugesagt, daß der Treptower Park, als einer öffewt- licken Vergnügungsstätte ber Studt Berlin, ben Wahltechtsman: restanten zur Abhaltung friedlicker öffentlicher Wahlrecktsmassen- versammlungen zur Verfügung stehe. Auch bie Erricktung einet Reihe Rebetribünen würbe genehmigt. Aber ber Polizeipräsibent will es anders. Er gab auf das Gesuch folgende Antwort: Ter Polizei-Präsident. . Tageb. Nr. VII. A. 617. 10. Berlin, 1. März 1910 Dem heute mündlich gestellten Anträge auf Genehmigung 6er Veranstaltung öffentlicher Auszüge unb bet Abhaltung von Versammlungen unter freiem Himmel innerhalb Berlins am Sonntag, 6. März d. I., kann ich nicht entsprechen. Am 13. Februar b. I. haben 100 000 — nach Schätzung bes „Vorwärts" 200 000 — Menschen in Berlin auf öffentlichen Strafen Aufzüge veranstaltet. Für diese war eine Genehm i gung cer Poliztibehörbe nicht nackgesuckt, also auch nicht erteilt. Folplich bandelten alle Teilnehmer geseg widrig. Jetzt würde es sich im wesentlichen um die gleickc: Teilnehmer handeln. Ta diese bewiesen Hallen, daß sie Geietzmtdrtgteit nicht i ebenen, wäre Gefahr für bie öffentliche Tickerh-.: zu befürchten. — Vereinsgesetz vom 19. April 1908, Reicksgesctz blatt S. 151, S 7. Fagow -Tie Logik bes Polizeipräsibenten ist sehr sckwach. Möglickcr weife" ist e? tief gekränkt, daß bie Voltsmassen am 13. Februar sein rote- Warnunasplakat, da- im Lapidarstil bie Demon iirationen verbot, so wenig respektiert haben. Aller darum sollte er gerade Anlaß nehmen, bie SBieberhoIung ber „Gesetzwtdngtett" au verhindern. Ta- ist ja wohl auch Aufgabe einer verständigen Polini Ter einfachste Weg wäre bie Erteilung der Genehm: gung. Daß eine GetaHr für die OeffentlicWeit entstehe, wett einmal „gesetzwidrig" gehandelt sei, ist ein logischer Fehlschluß. Tje ^rliner Arbeiter, die für ihr gutes Reckt bemonirrtercu wollen, werden dazu trotz der Ablehnung ber Genehmigung Mitte! unb Wege finden. Mir Reckt bemerkt der „Vorwärts" zu dem Polizeiverbot: „Der Möglichkeiten, andere Formen der Massenkundgebungen zu wählen, gibt es nock so viele. Wie kann z. B. Sie Berliner Polizei ver- hindern, daß sickSunderttausendevon Walli reckt-- freunden im Treptower Park z ii ,e i n e ni T i i e d- licken Spaziergang einf:nden? Will sie solche fried, licken Spaziergänger durch Polizeiattacken aus einem zur Erholung bestimmten Vergnügungsoarke vertreiben unb ba durch nock mehr den blutigen Hohn des ganzen gebildeten Auslanbes heransforbern, bas ohnehin über bie preußischen Polizerzuiranbe lacht?" . - „. _. . . . Tic Polizei in Essen war beqtanbtgcr. Ete bat eine WalllreckttVersammlung unter freiem Himmel, und -war auf einem großen Platz, ber mitten in der ^tabt liegt, genehmigt Polizei soll nur ganz toentg amgelloten werden, ba« aeaen mußten stell unsere Genossen vervflicküen. bc; beut An. unb Abmarsch zwei bis drei ber belebtesten GesckäftSitratzen zu vermeiden. mich zu verheiraten, so wäre eS nickt WW , kann und nichts weih; denn seht, Tani«, oce a;u fick verheiraten ein anderes! Denn die Lust, die vergeht wie ein Rauch, und die Treue ist wie Kautabak, wenn cm anderer kommt, der Zigarren spendiert. Seht, so bin ick, Tante: mit der tefi mich verheirate, der halte ich auch Treu«; unb AuS dem Reichstag. Berlin, 1. März. Als erster Punkt stand auf ber heurigen Tagesordnung des Reichstages: Präsidentenwahl. Ter Wahlakt nahm nur wenige Minuten in Anspruch, da gegen den Vorschlag des Frei - herrn v. H e r t l in g vom Zentrum, die Wahl des Präsidenten durch Akklamation vorzunehmen, von keiner Seite Widerspruch erhoben wurde. Ter von den Konservativen präsentierte Kan - didat, der ja schon am Tage des Ablebens des Grafen Stollberg als Notpräsident gewählte Graf Lchwerin-Löwitz, wurde ohne Widerspruch als gewählt proklamiert. Ter neugewählte Präsident verband mit einem kurzen, einfachen Tank für das thm durch die Wahl erwiesene Vertrauen das von ihm selbst als selbstverständlich erachtete Versprechen, seines Amtes treu unb gewissenhaft unb ohne Ansehen ber Person unb Partei walten zu wollen, daran die Bitte knüvfend, ihn in diesem Bestreben zu "«Bbtrstüßen. Zum zweiten Punkt der Tagesordnung: ctai des^ Reicks- amteS des Innern übergehend, erhiel: zunächst der Svndiku« des neugegründeten Bauernbundes, Dr. Böhme, ehemals Mitglied des Bundes der Landwirte, das Wort. In feiner fast eineinhalbstündigen Rede polemisierte der Redner sowohl gegen ben Bund der Landwirte, aber nicht wegen seiner Wuckervolitik, sondern nur wegen der zügellosen Agitation, bie in neuester Zeit ihre Spitze gegen den Bauernbund richtet, wie auch gegen bie freihändlerischen Anschauungen Gotlleins in Rücksicht auf die Landwirtschaft, hielt es aber ebenso wenig nötig rote der ihm folgende nationalliberale Redner Fuhrmann, sich um den auf ber Tagesordnung stehenden Punkt: Gehalt des Staats - sekretärs, zu kümmern. Fuhrmann folgte den spuren seines Parteigenossen Wachorst de Wente und zerzauste bann Dr. Diedrich Hahn nach allen Regeln der Kunst persönlicher Ber- unglinrofung, wodurch Hahn bann wieder Gelegenheit erhielt, in einer fast zweistündigen Entgegnung seinen Ruhm mit dem des Bundes der Landwirte zu verschmelzen und in allen Ton - arten zu preisen und das alles bei dem Titel: Gehctt: des Staatssekretär-. Inzwischen gelang es unserm Genauen Horn zum Wort zu gelangen und in Verteidigung der in der von unserer Fraktion eingebradjien Arbeiterresolution zum^ Ausdruck gelangenden Grundsätze bezüglrch der Ausdehnung der ^ckutzrnah- regeln im Interesse der Arbeiter in den Glashütten, bie Märchen de- Reicksverband-generals v. Liebert und des Freisinnigen Carstens über die glänzenden Perhällniiw der Glasarbetter gründlich zu widerlegen, lb nun der Ltaaisiekretär T ei - st rück unsern Genosten nidu verstanden hatte oder er es für überflüssig hielt darauf zu antworten, do es sich ja nur um Aroeiter bandelte, genug, er tat so, als ob ihn diese Sache ebenso wenig angehe wie der Hahnenkanivf, denn er erklärte sick. nach - dem der nationalliberale Prinz ^-chönaich-oarolath für bie Anstellung weiblicher Gewerbeinsoektoren emgetreten, für glücklich, einmal wieder einige Worte gehört zu haben über eine üCKhe, die zu seinem Eta: gehöre, und bemerkte bann aut stiebe selbst, daß zuvor nock gewisse Sckwierigkeiten zu überwinden feien, bevor man an die reicksgesetzlicke Lösung dieser Frage heran - treten könne. Einen erheiternden Eindruck machte die Rede des allen Zeiitrumscbgeordneten Stromdeck, des Vertreters de« Als Frau Flod an die Landungsbrücke hinunterkam, um die au§ der Stadt Heirnkehrenden zu empfangen, war Carlsson so freundlich und bescheiden, daß die Alte sofort merkte, es war etwas dazwischen gekommen. Nach dem Abendbrot ließ sie ihn in die stube eintreten, damit er das Geld aufzähle. Er mußte sich setzen und berichten. Aber daS ging träge; der Knecht schien keine Lust zu haben, etwas mitzuteilen; doch die Alte ließ nicht locker, bis er mit einem Reise- bericht herauSrückte. „Nun, Carlsson," melkte sie, „er ist doch auch bei Professors gewesen, nicht wahr?" , , , , ~ r „ r . „Ja, natürlich war ich dort," antwortete Carlsson, der äugen- scheinlich von der Erinnerung unangenehm berührt wurde. „Nun, wie geljt’8 ihnen?" „Sie lassen alle auf dem Hof grüßen; sie waren so freund- lich, mich zum Frühstück einzuladen. Es war fehr fein in ier Wohnung, und wir haben auch waS Gutes gekriegt. „WaS hat er denn Gutes gekriegt? „Oh, wir haben Hummer mit Schwammpignone gegessen unb bazu Porter getrunken." , _ „Da hat er wohl auch die Mädchen gesehen, Earlssoii. „Ja, gewiß," antwortete Carlsson freimütig. „Unb die sind sich gleich geblieben, nicht wahr. Das waren sie nun allerdings nicht; bas wurde aller :ie Alte zu sehr gefreut haben; darum antwortete Carlsson nickt „Ja, sie waren sehr nett! Wir sind abend» in Berns Salon gewesen, um uns die Musik anzuhören; da habe >ck> sie mit Sherry unb belegten Brötchen traktiert. Es war, wie gesagt, sehr nett." .. In Wirklichkeit war es aller durchaus nicht nett gewesen; tie Sacke war nämlich ganz anders verlausen. Carlsson war in der Kuch« von Lina empfangen worden, benn Ida war ausgegangen; an der Ecke des Kuchentischcs Jjatu »r bann eine halbe Flasche Bier getrunken. Dabei war bie Frau bc» Professorb in die Küche gekommen und hatte zu Lina gesagt, sic solle einen Hummer holen, ba abenb» Besuch komme; bann war sie wieder gegangen. „Ida, ja, die ist ja an unb für sick ganz gut: ich brauchte nur den Finger nach ihr auszustreckcn, bann hätte >ch sie! Aber, Tante, sic bat nicht die rechte Gesinnung; sie ist weltlich und eitel, und ich glaube, sie wandelt sogar auf unrechten Wegen. Uellrigens muß ick sagen, test fange an, alt zu werden unb balle keine Lust zum Schäfern mehr. Ja, gerade heraus gesagt: sollte ick an» Heiraten denken, so würde ick eine ältere, ständige Person nehmen, eine, welche die rechte Gesinliung Adi weiß nicht recht, wie ich mich ausdrücken soll, aber