Freitag, den 17. Juni 1S1V. Nr. 139. 24. Jahrgang. m n n rge r Echo. Da? »Hamburaer ®' über Null. Tie Sonne lehrt aucv mit zwingender Gewalt, wie oereditigt die Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit ist. Acht Stunden Tagesarbeit tir das Höcbste, was man vernünftigerweise, besonders zur heißen Sommerszeit, dem Ar - beiter zumulen kann. Auch acht Ttunden sind, wenn man Sanitätsgebote entscheiden läßt, tüt manche Arbeiter- kategorie noch zu viel. Scbade, daß es kein Mittel gibt, die „weisen" und „gerechten" Herrschaften, die der Verkürzung der Arbeitszeit widerstreben, ju_ zwingen, einmal zwei ober drei Wollten täglich nur fünf etunben körperlicbe Arbeit in Hitze, Staub und Dunst zu leisten! Es wäre das vielleicht eine ganz gute Kur. Unsere Gewerbeordnung sll'reibt zwar vor, daß die ©enterbe« unternehmet verpflichtet find, für ausreichenden Luftraum und Luftwechsel in den Arbeitsräumen, für die Beseitigung des bei dem Betrieb« entstehenden Staubes und der dabei entwickelten Dünste und Gase usw. Sorge zu tragen. Aber man weiß ja, wie es damit in der Praxis des gewerblichen Betriebes bestellt ist. Die Regel ist, daß diese Vorschriften entweder gar nickt ober nur ungenügend erfüllt werden. Es kommen da Unterlaiiungssünden vor, die vornehmlich im Sommer die Gesundheit der Arbeiter schwer sllxidigen. Gerade zur jetzigen Jahreszeit können die Ge - werbeinspektoren ihre Aufgabe zu einer besonders dankenswerten gestalten. Und hätten wir die Mitwirkung von Arbeitervertretern bei der Betriedskon- trolle, so würde in vielen, wo nickt den meisten Betrieben die sanitäre Fürsorge eine bessere fein als jetzt. Uns ist folgende Stelle aus einem älteren Jahresbericht eines GewerbeausficktS- beamten im Gedächtnis: „Tie Beaufsichtigung der Betriebe ist, was die sanitäre Seite und im Zusammenhang damit auch vielfach di« Unfallgefahr archetrifft, gerade im Sommer von besonders erheblicher Bedeutung. In dieser Jahreszeit trifft der Aufsichtsbeamte auf zum Teil reckt schwere Uebelstände, die zu andern Jahreszeiten weniger oder gar nickt bemerkbar find." Daß dem so ist, wissen die Arbeiter selbst am besten. Mögen wenigstens sie die sozialpolitischen Lehren des Wetters sich merken und ihre am eigenen Leibe gewonnene Erkenntnis um« setzen in befreiende Tat aus dem Boden der politischen und gewerkschaftlichen fiampfOrganisation I Politische Uebersicht. Tas Wahlresultat in Friedberg-Büdingen ist nach der vorläufigen amtlichen Ermittlung noch günstiger als die erst gemeldeten Zahlen. Es haben danach erhalten: Genosse B u s o l d - Friedberg 9551, Rechtsanwalt u. Helmolt - Fried - berg (Bund der Landwirte) 6396 und Professor v. Ealker- Straßburg :. Elsaß lNL. 4397 Stimmen; zersplittert waren drei Stimmen. An dem Resultat, daß Stichwahl zwischen Busold und Helmolt stattfinden muh, ändern die vervollständigten Zahlen nickts; die Stimmenzahl für unsern Genossen ist noch um 132, die des Bündlers um 86, des Nationalliberalen um 18 Stimmen höher. Tic Mehrheit der bürgerlichen Parteien zusammen verringert fick damit auf 1242 stimmen. Tas Resultat gefällt den gegnerischen Parteien ebensowenig wie das Ergebnis Der vorausgegangenen Wahlen, besonders der in Usedom-Wollin, wo die Situation ähnlich ist, da in beiden Fällen die Liberalen als die Ausgefallenen bei bet Stichwahl den Ausschlag nach rechts ober links geben können. In beiden Fällen für sie eine gleich unbequeme Situation, die ben Reaktionären Anlaß bietet, alle sichre Druckmittel spielen zu lassen, um bte Liberalen in dpr Stichwahl an ihre Seite zu zwingen. Die konservativen unb agrarischen Blätter versuchen in toter Art, bas Wahlergebnis in Friedberg-Bübingen als einen großen Erfolg des Bundes der Landwirte hetauszustreicken und die Nationalliberalen zur Zerknirschung zu bringen, indem man diesen zum Bewußtsein zu bringen versucht, daß die Wahl ihnen das Urteil gesprochen habe. Tas ist gewiß richtig. Aber die Bündlet teilen i h r Schicksal; obwohl sie in die Stichwahl gekommen, find fie doch ebenfalls die Geschlage - nen, denn sie konnten mit ebensoviel, vielleicht mit noch mehr Recht bisher bas Mandat als ihr Eigentum reklamieren. Gras Oriola war zwar als Nationallibctaler gewählt; aber be - sonders der hessische Nationalliberalismus hatte seit langem einen ,tarten agrarischen Einschla_g, unb ob die Agrarier ober di« Nationalliberalen unter den Stimm- gebetn des Grafen Criola die Mehrheit hatten, konnte man vor - her nicht sesrstellen. Criola gehörte aber am Schlüsse seiner parlamentarischen Laufbahn nicht mehr zur nationalliberalen Fraktion, aus der er wegen seiner abweichenden Stellung zur Erbschaftssteuer halb unfreiwillig ausgetreten war. Vor di« Ent - scheidung gestellt, zwischen Nationalliberalen und Bündlern zu wählen, zog er di« letzteren vor, und diese find also die eigent - lichen Verteidiger des Mandats. Sie haben^also keine Ursache, den Nationalliberalen Vorwürfe zu machen. Sie tun es natürlich doch, um für sich selbst einen „Erfolg" heraustifteln zu können, mit dem es aber bei ehrlicher Betrachtung der Verhältnisse recht windig aussieht. Ter Versuch, die Stimmung der Nationalliberalen bis zur Zerknirschung herabzudrücken, hat aber noch ben weiteren Zweck, die Nationalliberalen zu bewegen, in der Stichwahl den Bündlern beizu springen. Zu dem Zweck läßt fick die „Kreuzztg." dahin vernehmen: „Ter Mißerfolg des nationalliberalen Kan - didaten Dr. v. Galtet ist geradezu klägl ich. Es liegt also hier ein neuer vollgültiger Beweis dafür vor, daß die Taktik der Liberalen nur der Sozialdemokratie zum Vorteil ge - reicht, indem sie ihr aus den Reihen der liberalen Wähler - schaft Mi tläufer zutreibt. Auch der Ausfall dieser S t i ck w a h l ist von dem Verhalten der Liberalen abhängig. Ta „Genosse" Busold vor dem Kandidaten des Bundes der Landwirte einen Vorsprung von 3000 Stimmen bat, ist, um ben Wahlkreis vor der Auslieferung an die Sozialdemokratie zu bewahren, das Eintreten der liberalen Wähler Mann für Mann für Herrn v. Helmolt erforderlick. Wie die Nationalliberalen für die Ueckermünder Stichwahl die Parole „gegen die Sozialdemokratie' ausgegeben haben, so werden sie es hoffentlich auck für Friedberg-Büdingen tun. Mit welckem Ergebnisse, muß abgewartet werden. Der „Vorwärts" glaubt Anlaß zu haben, sckon jetzt von einem „glänzenden Erfolge" reden zu dürfen, der die denkbar besten^ Aussickten für die Stickwahl biete. Hoffentlich erlebt die Sozialdemokratie dank mann - hafter Haltung der nationalliberalen Wählerschaft eine starke Enttäusckung." Tie „mannhafte Haltung" der Nationalliberalen soll also nack der „Kreuzztg." Darin bestehen, daß sie den ärgsten Feind des Liberalismus heraushauen helfen. Auck die agrarische „Teutsche Tagesztg." umbuhlt jetzt die Nattonalltberalen. um deren Stimmen für den Bündlerkanbidateu zu gewinnen. Sie erklärt: „Man kann wohl erwarten, daß die nationalliberale Partei nunmehr unumwunden für Herrn T r. Hclmolt eintritt. Denn wir glauben bo.r. daß die nationalliberalen Führer im Kreise Friedberg-Büdingen, daß die Führung der nationalliberalen Gesatat Partei und daß die h e s s i s ck e nationalliberale Landespartei, an ihrer Künstlerbund bei Commeter. III. Hans Meid und die Klinger-Schule. Kein Wunder, daß die gedankenschwere, romantisck-phan- tastische und mystisch-vieldeutige Kunst des Radierers Max Klinger in ben Reihen jüngerer Künstler begeisterte Nachfolge fattb. Es ist so leicht unb verführerisch, ben Spuren eines großen Mannes zu folgen, zumal, wenn man wie hier, nur seine Fehler auszubauen braucht, um Staunen unb Bewunderung zu ernten. Da wird Unklarheit zu Tiefsinn, Willkür zur Originalität, der Mangel formaler Durchbildung des Ganzen wird mit glänzend durckgesührten Einzelheiten übertüncht, oder es wird gar der Mantel impressionistischen Schauens den kühnen Phantasiegebilden übergeworfen. Wenn trotzdem ein schlichter Poet, ein Liebling der Grazien, ein Freund tändelnder Laune und stiller Beobach - tung, ein Schöpfer anspruchsloser Blätter voll gedämpfter Rea - listik vor den hohen Geistern der „Klinger-Schule" der Hänny, Scharff, Uhl, Volkert, Hablik ben Pilla-Romana-Preis davon- getragen hat, so muß dieser junge bisher gänzlich unbekannte Künstler Hans Meid-Berlin andere, speziell künstlerische Oualitäten vor jenen voraus haben. Es ist eine rein impressio - nistische Kunst, die HanS iPicib zeigt. Aber damit ist heute wenig gesagt. Es ist mehr. Nicht jener ruhig sacklicke Ernst, jenes Be - mühen der älteren Generation um das Festhalten des slücktigen Augenblickseinbrucks. Es ist ein «pieken unb heiteres Herrschen über die flüchtigen Silber der Minute, mögen sie nun im Leben der Natur, in ben Straßen bet Großstabt ober in der illustrieren - den Phantasie des Künstlers austauche». Was Max «levogt in seinen großen illustrierten Werken gezeigt hat, die Anwendung der modern impressionistiscken Technik auf die un8 altvertrauten Tagen und Märchen von „Rübezahl", „Sindbad, her Seefahrer", „Ali Bava und die vierzig Ränder", das hat Hans Meid in geschickt aufgewühlten Sinzeiszenen fortgeführt. Tie Kunst der Andeutung, des leichten flüchtigen Stricks, wie sie die Führer unserer Kunst, ein Mar Liebermann z. B., jein Leben lang mit heißem Bemühen unb ringendem Ernst zur höchsten Einiack)heit und Treffsicherheit geführt haben, danach hascht die junge Genc- ratimi als glücklich lackende Erbin der Alten wie im Fluge. Wie altmeisterlick streng, wie vorsichtig, ausführlich, fast pedantisch ansgebaut erscheinen Werke eineB Whistler, tote treherzig- bieder und l-andwerklich-schwerfäUig die M'atareuthd neben der flüchtigen Grazie unb launigen Anmut des Preisträgers Han» Meib, der auf ben letzte» Ergebnissen manch schwer ringenden Künstlerlebens, ja einer ganzen Künstler-Generation weiterbaut. Eine ganz realistische Szene ans der „Fried r ut) _• u rag e" wirb hier zu einem zarten Liuiengeweve voll Tust und Grazie. Ein Herr aus der Provinz, mit Zylinder und Regenschirm einer vollbusigen Kokette nachsteigend, die mit Federhut und wehendem lvdarabu-Shwal gerade bei einem elenden Droschkengaul vorbeitrippelt. Das Sachliche unb Gegenständliche des Themas ist auf ein Minimum beschränkt. Nichts von Straße unb Häusern, flutender Menschenmenge unb rasselndem Wagen- gewirre, nur in wenigen, dünnen, vom Licht zersetzten Umrissen das Dämchen unb ihr Gefolge, ein zartes Geriesel grauer Linien auf dem feinen Cremeton bes Japanpapiers. Höchstes Raffine- ment bei höchster, aber prickelnb bewegter Einfachheit ber Linien. Ein paar bnnklere Flecken, Zylinder, Kragen, Schirm des Herrn, ein paar festere Linien in der lockeren Atmosphäre des Grau. Hosenbein des Herrn, Kops und^ Vorderbein des Droschkengauls, Lackstiefelchen der Dame. Das Skizzenhafte wird hier zur Kunst, unb bte Kunst zur Manier. Jede Linie, so leichtsinnig und flück- tig sie geritzt ist, sprüht doch Leben unb übertreibt eher, als daß sie leer bliebe. Die Haltung ber „Dame", die eingepreßt in ihr modernes Korsett mit Brust usw. heraus, Bauch weg, stolziert, gibt in Verbindung mit dem Flirren des Rockes und den betonten Stiefelspitzcken die Vorwärtsbewegung, die durch daS Wiberfpiel ber Linien bes Pferdes noch lebhafter wird, gleichzeitig gesteigert durch die Wiederholung der Gehrichtung in dem Herrn. Wie diese zwei Personen aus dem Wirbel der Großstabtstraße heraus isoliert, gleich huschenden Schatten auf der Platte erscheinen, das gibt ber Szene etwas Intimes, einen Zug lauschenber Beobach - tung. Auch in bicfer Rabiernng ist, nur versteckter unb berinner» lichter als in den Holzschnitten, japanisch.dekorative Geschmacks- lultur zu spüren. Die Technik ist bte sogenannte Kaltnabel, arbeit, bei ber die Stricke ohne Mithilfe ber ätzenden Säure direkt in die Supferplatte geritzt werden, wodurch dann jener glatte, feine nack den Enden spitz verlaufende Strich entsteht, dessen Wirkung HanS Meid sehr geschickt durch ein paar winzige dunklere Striche und Flecken gehoben und belebt hat. In genau derselben Manier flüchtiger Andeutung und raffi - nierter Ausnutzung der Mittel wirb auch ein so romantisch. burck- glühtes Thema wie „Der Abschied des Don Juan" de- handelt. Der treulose Ritter bat sich aufs Roß geschwungen, fort zu eilen, neuen Liebesabenteuern entgegen. Da naben in zierlich-bauschigen Krinolinen die letzten Opser seiner Liebes - raserei, ganz Entzücken, ganz Hingebung, ganz Abschiedsschmerz. Die eine schmückt noch seines Rosses Haupt mit Rosen der Liebe. Andere strecken ihm selbst Rosensträuße entgegen. Eine dritte wendet sich ab unb verbirgt schluchzend ihr Gesiebt in ben Händen. Eine vierte wieder drängt hinzu, bebt den tränenvollen Blick zu ihm empor, streckt berlangenb die Arme. Die Szene spielt unter einem Baume, der seine Zweige schützend über den Helden der Liebe ansbreitet. Leicht, gefällig, frei unb groß steht Don Juans Gaul im Raume. Der Ritter biegt sich chevalercSk zurück, um die Rosengrühe der Abfdnebnebmcnben in Empfang zu nehmen. Eine übermütig-kecke Grazie liegt biet in ber prickelnden Be Handlung des vielfach unterbrochenen Striche« unb doch ruhige Sicherheit im Stehen des Rosses, in der lässig-weltmännischen Gleichgültigkeit der Geste des Ritters, in den verschiedenen Sta- bien ber Leibenschaftlichkeit der Liebenden. Also auch hier Fülle des Ausdrucks, nonchalante Ausnutzung der Mittel. Nicht immer hat Meid so abgerundete Scköpsungen. Bei dem „Liebespaar im Zelt" ist die formale Verbindung der Akte nicht mit so schlagender Ueberzeugungskran gegeben, wie sie bte gewagte Technik unb die Kühnheit des gestellten Problems erforderte. "Die Unklarheit ber Körper ist empfindlich. Tie „Landschaft mit der Brücke" ist dagegen wieder vollendet in der vorüberwehenden Sciditigfcit der Illusion. Ein Reiterpaar streift über die Brücke, auf Momente aus den Laubmassen auf» tauchend, Badende beleben das Wasser unten. Ein Blatt von besonders guter Haltung ist der „Wagen vor dem Porta l". Wieder bringt die Prägnanz des Ausschnitts sehr gut den momen - tanen Stimmungsgehalt zur Geltung. Die Behandlung des schmiedeeisernen Balkongitters über der Tür, die festere Zeick- nung unb ber geschlossenere Ton zeichnen dies Blatt ans, als reizende Illustrierung eines beliebten Romanansangs. — Ans andern Blättern, wie dem „F r a u « n r a u b" , sind glückliche Einzelheiten in einer komplizierten, sühnen, aber noch nicht ge - lösten Komposition, ein Herabhängendes Bein, ein umschlingender Arm, in zartgeführteu unb rein empfundenen Konturen. Ein andermal schleichen sick spielerisch« Effekte ein, weiße Leiber, her- vorleuchtend an« dunkel schattigen Laubmassen, mit krassem und kaltem Kontrast. Ter Gesamteindrnck der ersten Ausstellung Hans Meids bleibt ber eines sehr glücklich begabten Talents, mit leichter, gc sckickter Hanb, feinem Gefühl für rein künstlerische Wirkung und frischem Wagemut. Daß das Wagen mandimal über bas Können hinausgeht. befonberS bet Aktkompositionen, ist bei der Jugenb des Künstler» leicht begreiflich. Eine gewisse ('-«fahr der Maniriert heit scheint von Anfang an vorzuliegen, da die Sprache der Blätter bei aller Eigenart und Ausdruckskraft keine starke, tiefbewegte Entwicklung zu garantieren scheint. Befrackten wir nun ein paar Beispiele aus ber Nachfolge Max Klingers unter ben jüngeren Künstlern, so werden wir eine ganz gegensätzliche Kunstaufsaffung finden. Goethes Wort aus „Dichtung und Wahrheit" scheint hier zu gelten: „Tenn ber innere Gehalt des bearbeiteten Gegenstandes ist der Anfang und bas Enbe ber Kunst. Man wird zwar nicht leugnen, daß das Genie, das ausgebildete Kunsttalent, bürd, Belx»ndlu»g au« allem alles mackieii unb ben wiberfpenjtigjten Stoff bezwingen könne. Genau besehen, entsteht aber alSbann immer mehr ein Kunst stück als ein Kunstwerk, welches auf einem würdigen Gegenstände ruhen soll, damit uns zuletzt die Behandlung durch Geschick, Mühe und Fleiß die Würde des Stoffes nur desto glücklicher und herr - licher entgegenbringe." sJnsel-Goethe, Bd. ä, S. 200.) Indem sich Klinger und seine Schuler dieses Goethewort zu eigen machen, verwechseln sie „inneren Gehalt" mit Gedankenschwere oder mystisch-verklärten Jbeensolgen. Indem sie geba.wolle Werte zu geben wähnen, verfallen sie eben auf ..widerspenstige Stoffe", die ben Mitteln bes bildenden Künstlers nicht angemessen sind. Es entstehen so erst recht Kunststücke, Mißgeburten aus frani- haftcr Grüdelsucht, phantastischen Träumen, überlieferten Allego - rien unb wirklicher Beobachtung. Hans Volkert > München! hat vier große merkwürdige Blätter ausgestellt: 776 bis 779. „Der Leuchter des Lebens" mit dem Motto: ..Euer Lckmerz ist auck mc:- Schmerz" zeigt in der Mitte aufrecht den Künstler geigend. Am Boden, um ihn herum, männliche und weibliche Akte mit dem Ausdruck des Schmerzes, der Sehnsucht, der Leidenschast, der Ver - zweiflung. Im Hintergrund mächtig wehende feurige Lohe der Weltenbrand. Die Gemeinsamkeit menschlichen Leidens unb Lebens unb ihr Widerhall im Wirken des Künstler» ist wohl d : -sinn des Blatte». Tas zweite Blatt, „Der Leuchter der Aufopferun g", zeigt vorne ein trauerndes Weib am Krenzessiamm, hinten zwei Ackerbauer beim Pslügen. Sckon hier tritt die Unmöglichkeit, abstrakte Gcdankengänge wirklick an sckaulich zu gestalten, kraß herber. Wäre nicht die Untersckrin, so würde man sich bei dieser merkwürdigen Verbindung von Kreuz und Arbeit gar nichts denken. So fragt man fick ver - gebens: opfert sich das trauernde Weib für die arbeitenden Män - ner ober umgekehrt. Di« Beziehung bleibt unklar. — T e r Leuchter der Kraft zeigt vor grauem Aquatinta-Himm mit Sternen einen mächtigen Geier auf einem Felsen. Davor ein knochendürrer Alter mit einem Fernrohr. — „Ter Leuch - ter ber Wahrheit" bringt eine schwarz vermummte Gestalt, bic sich mit leuchtendem Pentagramm einer hehren Licktgestali zuwendet. Der Tiefsinnigkeit der Svmbolik, bte hier nach Offen barung drängt, vermag der Beschauer kaum auf die Spur zu kom - men, hatt künstlerische Gestaltung sieht man rätselhafte Allegorik. Nickt viel klarer, aber origineller in der harten Stilisierung seiner Aste zeigt sich Fritz B a u m a n n - Karlsruhe in seinen Blättern 22 bi? 26. „tf i ii Trau m" zeigt anbetend inieiide Akte, ein Paar in der Mitte. Tie Zeichnung ber Körper i>: mehr asketisch merkwürdig als schön, die Männer fnc.tig. gleich ungefügen Blöcken, bic Weiber, gleich aufgeblähten Balgen. Ein paar Lanbsckaften „Dämmerung" und „Melancholie" sind in der Umschreibung der im Tnel angebeuteten Stimmung überzeugender. Glatter, hcUer Wasserspiegel, gleitende Schwäne, ein dunkler Kahn mit sinnend bockender schwarzer Gestalt. A grauen Ufer eine aufrechte wandelnde dunkle Gestalt — das find alles Reaikisiten eines Thea le r-ill eg in eurti, die auch hier im fahl grauen Druck suggestiv wirken. Die Bildslädv ist wie eine Bübiie behandelt, Erfindung und Arrangement ersetzen die eigentliche Tätigkeit des graphischen Künstlers. Als bedeutendstes Mitglied der Klinger-Schule erweist si. auf bet Ausstellung Joseph Uhl, der auck ein bedeutende, zelchnerisckes Können, stark ausgebildeten Sinn für reizvolle Silhouettenwirkungen und höhere Kraft der Veranschaulichung seiner Ideen mitbringt. „Die Sorge“, ein in starrer en face