Nr. 74 Donnerstag, den *2. Jahrgang Tas .Hamburger «cko- erschrint täglich. au6et Montags wreeenement8»re«8 </• Exv-d.tion: Fehlandstraße 11, i. Stock. .')aNl0>Itg ,,u Aehlandstraße 11 Erdgeschoß. Derantwortlicher Redakteur: Krnst Röpke in Hamburg. Walen: St. Pauli, ohne Amandastraße, bei Franz Würzberger, Annenstr. 17. EituSbüttel, Langenfelde bei Carl Dreyer, Fruchtallee 42. Hoheluft, Eppendorf, Grast Borstel und Winterhude bei Ernst Großkopf, Meldorferstr. 8. Barnibeck, Uhlenhorst bei Theodor Petereit, Heinrich Hertzstr. 145. Hohenfelde, Borgselde, Hamm, Horn, Lchissbeck und Billwärder bei Carl Ortel, Baustr. 26. Hammerbrook bis Ausschläger Billdeich bei Rud. Fuhrmann, Süderkaistr. 18. Rotenburgsort und Beddel bei Tb. Reimer, Lindleystr. 8b. Wilhelmsburg bei H. Möller, Schulstr. 13. Eilbeck, Waudsbeck, Hiuschenfelde und Lit - Barmbeck bet Franz Krüger, Kurze Reihe 34. Altona bei Friedr. Ludwig, Bürgerstr. 22. Ottensen, Bahrenfeld bei Joh Heine, Bahrenfelderstr. 129. Hierzu drei Beilagen. Zu spät! Alte Sünden rächen sich. Die nationalliberale Partei sicht vor einem großen Krach. Sie.hat zwar als „Fraktion Drehscheibe" sich jederzeit den Verhältnissen anzu - passen gesucht, indem sie mit jeder Macht paktierte. Es gab Leute, die eine solche Parteipolitik für schr weise hielten. Trotz - dem oder vielleicht gerade deswegen wird die Partei nun wohl auseinanderfallen. Ms vor mchr als dreißig Jahren der erste große Krach in der Partei cintrat, war sie ein Opfer der demagogischen Künste B i s m a r ck s geworden. Sie war mit dem „Herkules des Jahrhunderts", mit dem sie einen lächerlichen Kultus trieb, fast in allen Fragen durch dick und dünn gegangen und hatte es ver - säumt, die politische Macht, die sie damals besaß, anzuwenden, um das neue Deutsche Reich mit mchr frecheillichen Institutionen auszustatten. Als Bismarck den Plan faßte, der verkrachenden Junkerkaste mit einer agrarischen Schutzzoll - und Liebes - gabenpolitik zu Hilse zu kommen, stand ihm die alte nationalliberalc Partei im Wege. Dcher „fruktifizierte" er die 1878 erfolgten Attentate auf"den alten Kaiser Wilhelm, um bei den Nationalliberalen das Sozialistengesetz durchzudrücken, das die Sozialdeniokratic treffen und auch die Mvermeidlich werdende Spaltung der nationalliberalen Partei fördern sollte. „Jetzt habe ich die Nationallibcralcn!" rief er, wie Bennig - sen bezeugt, aus, als er die Kunde von dem Nobilingschcn Attentat bekam. Die Nationalliberalen hatten dunkle Zlhnungen, daß sie an der Nase geführt wurden, aber sie stimmten aus Haß gegen die Sozialdemokratie für das Gesetz. Manche von ihnen sahen den Fchler ein und stimmten bald darauf dagegen. Schon zwei Jahre später siel die Partei auseinander; die alten Frei - händler,^ eine agrarische Schutzzollpolitik ebenso entschieden verwarfen, als die Junker einer solchen anhingen, traten aus. Sie bildeten die „Sezession" oder Liberale Vereinigung, die später sich mit der alten Fortschrittspartei zu der Freisinnigen Partei verschmolz. .Die Nationalliberalen blieben die getreuen Knappen Bis - marcks und sie blldeten sogar, als nach der berüchtigten „Angst - wahl" von 1887 die Partei einen mit unlauteren Mitteln be - wirkten vorübergehenden Aufschwung nahm, mit den Junkern das sainose Kartell, die „Hurramajorität", die dem deutschm Volke im Handumdrehen die Lebensmittel verteuerte. Siet RuckjOM-g blleu nicht aus. Das -Sozialistengesetz stet um, mit ihm ging Bismarck über Bord. Nach der kurzen Episode der Caprivi sch en Kanzlerschaft setzte die agrarische B eutepoli ii k zion neuem mit Erfolg-ein, und die national - liberale Partei tat alles, um ihr zu dem Siege von 1902 zu verhelfen. Bei dem großen Kampf um den Zolltarif von 1902 bildeten die Nationalliberalen mit Junkern, Pfaffen und deren Genossen jene brutale Mchrheit, von der die sozial - demokratische Obstruktion niedergezwungen wurde; derselbe Bassermann, der zurzeit wegen seiner angeblich demo - kratischen Neigungen von den Reaktionären so schr angefeindet wird, war damals am eifrigsten dabei, durch Verschlechterung der Geschäftsordnung und durch Kunststücke wie den Antrag K a r - d o r f f usw., die Opposition zu vergcwMigen. Noch vor kurzem hat die nationalliberale Partei einmütig erklärt, daß sie an den „bewährten" Grundlagen der jetzigen Wirrsckaflspolitik sest- halte. Sie wird also im wesentlichen die Schuld daran tragen, wenn im gegenwärtigen Reichstage die Teuerung, von der unser Volk zurzeit gequält wird, nicht beseitigt resp, nicht einmal ge - mildert werden sann. Diese Partei, die zum großen Teil aus „liberalen" Agra - riern bestcht, und sich von ihren Gclchrten als die „Vertretung des gebildeten Bürgertums" anpreiscu läßt, war aber in ihrer Vielseitigkeit auch zugleich die Vertreterin ber modernen Groß - industrie. Sie nannte sich auch Vertreterin des Mittelstandes, aber sie hatte zugleich, namentlich in ihren Anfängen, alles getan, um der ins Große gehenden kapitalistischen Entwicklung freie Bahn zu machen. Von der Großindustrie wurde die Partei durch reichliche Zuschüsse zu den Wahlkosten belohnt. Zu all diesen. Widersprüchen,, die mit Naturnotwendigkeit früher oder später zu einer Krisis führen mußten, kam nun noch die von Bismarck inaugurierte Sozialpolitik^ die ur - sprünglich nur lindernde Pflästerchen auf die vom, Sozialisten - gesetz 'geschlagenen Wuiidei, legen sollte. Die Grotzindustriellen fügten sich nur knurrend darein und hatten namentlich dem alten Kaiser Wilhelm eingeredet, Die von den Versicherungsgeietzen ihnen auferlegten Lasten machten sie dem Ausland gegenüber konkurrenzunfähig. Der enorme Auflchwung der deuychen Jn- öuftrie mit seinen märchenhaften Gewinnen machte eine Zeitlatig das Knurren des Großkapitalismus gegen die ^ozialpoliiik ver - stumme», aber es wurde zum grimmigen Geichrei, als magere Sabre kamen. Die Vertreter der höheren Scharsmacherei sanden nicht genügend Verständnis mehr für ihren Vernichtungs - kampf gegen die Arbeiterorganisationen be, dem linke» Flügel der Nationalliberalen. Denn wahrend der rechte Flügel der Partei seine Vertreter in dem sattsam bekannte» Reichsverband gegen die Sozialdemokratie jitzeu hatte kill etc der linke Flügel eine Anlehnung für den logenannten > u n g - liberalismus. Diese Richtung war mis der Befürchtung entstanden die Partei möchte tm Gefolge der agrarischen . eute- volitiker und der großindustrielleii Scharfmacher jeden Aichang . -X-» . f~f• * pj) ^...a M ist f i H I d Ä U D T Q ll u C 11 vCTDI 1 tlL .N^°nallib«ralismus nadjl.n « i. £ Ausübung der zunächst, dag te J Dic k c bisher bei den Wahlen Subfibie» an ' ro ^ rt hatte. Es mag sich dabei roirft ^0», bat, i Reichstage den Abgeordneten Bebel ’VÄS ibT Stimmen gaben, ohne d-ß die imd Echeidema „höfischen Verpflichtungen" ver- ^ozialdemokratie , 1 nationalliberalc „Mannesseelen" ftanDcn hatte. 11 - Verbrechen hat in der Partei nachirag- allerdings ungeheuerlich bie Icic ^t zu einer neuen Cpal- lid) cuic er[*utte r uiig dassermannschc Richtung. Hai bei den Jtnig führen kauin st u feerlicb noch einmal die Oberhand lebten Verhandlung starke Minderheit der reaktionären behalten, aber gegen ^en. die Jungliberalen ge- Gle mente. Die fit 1 . Mehrheit wurde. Die Reaktionäre BC11 to£pöLsttiD anäc^ * 1Df^tnc,, Politische Uebersicht Die Das Hausarbeitqesetz Am 1. April 1912 tritt ein Teil des Heimarbeiierschutz- H. DaS JnterpcllationSrccht im Reichstag. des T a f ü r itzung Donnerstag. gangenheit. Er geht seinen historisch gewiesenen Weg — schiefe ©ebene hinunter. traten. Nächste S Jungliberalismus als einen Fremdkörper in der nationalliberalen Sphäre. Zugleich fallen die Vertreter des Großkapitalismus der Basscrmannschen Richtung in den Rücken. Auf der Haupl- Dcrfammlung des Vereins deutscher Eisenhütten - leute sprach der alte Scharfmacher Beumer, daß unsere Zeit den Staatssozialismus gebracht habe, mit Dem man alles heilen wolle, und Professor Ludwig Bernhard von der Berliner Universität sprach von der „Nentechissterie", welche zu einer Degeneration des Arbeitertums führe. Indem er noch weiter die „Gefahren der Arbeiterversicherung" schilderte, bewies er nur, daß die gelehrten Verherrlicher des Großkapitalismus den größ - ten WiDersiim als „Wissenschaft" verzapfen und doch auf Beifall rechnen können. Die Schlußforderungen Der Scharfmacher gipfelten in Der Zuchthausvorlage. Ohne diese werden die Subventionen Der Scharfmacher wohl aufhörcu, das heißt sie werden sich auf jene nationalliberalen Reaktionäre beschränken, die bereit sind, Den Streikbrecher zum Vaterlands - r etter und Nationalheros zu machen. Diese so grimmig aufklaffenden Gegensätze lassen sich nicht mchr überbrüden. Aber wenn Bassermann seinen Getreuen nun zuruft, sie sollten mit Dem Volke Fühlung suchen, so kommt dies etwas spät, nachdem Die nationalliberale Partei so viel dazu bei - getragen, diesem Volke neue Lasten aufzMrden und ihm seine iiotroenDigen Lebensmittel zu verteuern. Der Nationalliberalis - mus findet im Volke keinen Boden mehr mit einer solchen Vcr- Was ist ettte Fraktion ? Tiefe Frage wurde am Dienstag von der Ges-chäftS- or d n u n g S k o m m - ss > o n der Reichstags in Verfolg der ihr vom Leniorenkonvcnt zugewi Abgeordnete gehören müssen, wenn ne an den angegebenen Rechten teithaden wollen. Die Cleschäftsordnungskommission Reichstags nahm heute den § 32 a in folgender vom Zentrum rorgeschlagenen Form an: Werden Jntervellationen in so großer Zahl eingereicht, daß die ordnungsmäßige Erledigung der E,e- Mfte des Reichstags verhindert wird, so kann der Reichstag bis zur Beseitigung des Hindernisses die Verhandlungen über die Interpellationen auf einen bestimmten wöchentlichen Sikunastna beschränken. Kommission mit Befriedigung ausgenommen und die für die Bei n.ehrung der Schutztruppe angeforderten A 650 000 bewilligt. stimmen ä u dh einige S o z i a Ich e m o - (???) Ebenso wird der Etat als ganzes genehmigt. Aus dem Reichstag. Berlin, 26. März. Rahm am Sonnabend bei der ersten und zweiten Lesung der Zuckerkonvention nach der Erklärung des Grafen Schtverin nur ein Teil seiner Freunde eine ablehnende Haltung zu der Vorlage ein, so ist es inzwischen der --charfmacherei des B. ndlerblattes „Deutsche TageSzeitungh gelungen, die getarnte Gesolgschast der Großagrarier, einschließlich des kleinen Häuf - leins der Reichsparteiler, denen sich die Polen zugesellten, zu- saminenzuschweißen zu einer Masse. Ter Pole v. Grabski stimmte das Lied an von der durch die Ausnahmestellung Ruß - lands gefährdeten deutschen Zuckerindustrie und der Rcichs- partetler Dr. Arendt setzte cs fort, eine neue Strophe hinzu- zufügen von der Unklarheit der -Stellung Englands zur Kon - vention. Demgegenüber gab Schatzsekretär K ü h n die Er - kin ettng ab, daß die Haltung Englands an Klarheit nichts zu ivünschen übriglasse, und was bie von beiden Vorrednern ge - äußerte Besorgnis anbelange, daß Rußland mehr Zucker auf den englischen Markt Wersen würde, als nach der Konvention zu - lässig sei, so werde man dies untersuchen und Mittel unb Wege sinden, es zu Verbindern. Genosse Bernstein wies in wirk - samer Weise auf die Sünden der deutschen Absperrungspolitik unb daraus hin, daß, wenn je in England die Cbamberlainsche Schutzzollpolitik zum Siege gelangen sollte, dies nicht zum wenig - sten denen zuzusckweiben sei, die für die maßlose Rüstungspolitik, namentlich zu Wasser, cintrcten, den Herren Gegnern der Kon - vention, nochmals betonend, daß wir für die Konvention als das kleinere Uebel eintreten sowie int Interesse der deutschen Zucker- konsumenten. Das alles hinderte den Grasen v. Kanitz unb den nationalliberalen Ärgrarier K l e y e nicht, sich gegen bie An - nahme der Konvention zu erklären, bie aber, nachdem ein Ver - such des letzteren, der Vorlage durch Ueberweisung an eine Kom - mission ein Bein zu stellen, mißglückt toa?, mit großer Mehrheit angenommen wurde, da das Zentrum fest blieb und dafür stimmte. Aach Gültigkeitserklärung der Wahlen der National- liberalen I ck l e r und Schulenburg, des Polen D u n a j s k i und unseres Geiwssen Dr. E r d m a n n wurde bie zweite Lesung des Po st et als fortgesetzt. 2er Zentrumsmann Duffner machte bett Versuch zu einer grunbsätzlichen Besprechung bes Ver - kehrswesens und unserer Verkehrseinrichtungen, kam aber über den Versuch nicht hinaus, denn er verlor sich nur zu bald in all dem Kleinkram, in Betrachtungen über die Ueberschüsse der Reichspost, die ungleiche Behandlung der Beamten bei der Ge - haltserhöhung und dergleichen mehr. Der Reichspostsekretär K r ä t k e nahm sofort die Gelegenheit wahr, diesem Redner und allen feinen Nachfolgern zu erklären, daß von einer Aenderung der Gehaltsordnung vorläufig keine Rede sein könne. Er be - trachtet es als seine Sauvtausgabe, hohe Ueberschüsse zu erzielen unb an die Reichskasse abzuliesern, und alles andere ist ihm völlig schnuppe. Durch diese Erklärung ließen sich weder der Kon - servative Pauli, noch der Nationalliberalc Beck- Heidelberg abhalten, ihr Sprüchlein von der notwendigen Gehaltsaufbesse- tMng verschiedener Beamtenkategorien herzusagen, unter xün- nfc darauf, daß, wie sich aus der Siebe unteres Genossen Zubeil Uiu«u>enb etfleikM ychbe, isty veesaueoe^e (toubcrtrac j iion in bte sozialdemokratischen Abgeordneten mit ihren Beschwerden gclvandt hätten. Wenn die Sozialdemokratie in die Kretse der hoßbeumten cinbringc, so liege da-- nur an dem mangelnden chitgegenkommen der Verwaltung. Der Fortschrittler Kiel war der Ansicht, daß die Postverwaltung nicht aur der Höhe der Zeit steht, unb führte eine Reihe notwendtger Verbesserungen int postalischen Betriebe als notwendige Erforbernisse der Neuzeit an. Ferner brachte er recht nettes Material vor zum Beweise, rote von Fürstenhäusern die Portofreibeit ausgcnutzt wird, und forderte Abstellung der fürstlichen Portofreibeit wenigstens für Sendungen industrieller Art, wie sie von einigen Fürskenböfen oerwendet werden. Dem Postsekretär war dies offenbar sehr unangenehm und er sagte Untersuchung der von Kiel angeführ- len Fälle zu. Der Pole Chlapowski brachte wieder eine Reihe von Beschwerden über die Behandlung von Postsendungen cm Polen zur Sprache unb erklärte schließlich, daß seine Fraktion den Antrag auf Streichung des Osttnarkenzulagensondr stellen werde, da ihrer Ansicht nach dieser Fonds nur zur Korrumpierung der Postbeamten benutzt werde. Dem wibersorachen sowohl der Reichsparteiler v. G a m p , wie auch der Postsekretär K r ä t k e , da diese Zulagen erstens nicht den Charakter trügen, den ihnen die Polen zuschreiben, und zweitens seien die daraus gewährten Zulagen bei den kleinen Gehältern der Unterbeamten notwendig. Chinesisches aus der Budgetkommission des Reichstags. Bei der Beratung des Etats für Kiau i sch a u in der ÄudgetkommisstM am Mittwoch erklärte nach einer Wolff-Depesche der UnterstaatsWretär des Auswärtigen Amtes Zimmerman it über die politische Umwälzung in China: Der der - zeitige Präsident Juanschikai sei wohl ein Mann, der Vertrauen verdiene; allerdings habe auch er sich den Schwierigkeiten bei den jüngsten Meutereien unb Unruhen nicht ganz gewachsen gezeigt. 6:- seb t an Gelb. Die Regierung werde der Lage Herr werden, tolls iie schleunigst Geld erhalte. Die von Jiianichikat erstrebte 60 Millionen-Anleihe habe er nur zum Teil erfflngen können. Die deutsche Regierung verfolgte im vollsten Einvernehmen mit den übrigen Mächten das Prinzip der Nichteinmischung und eventuell der Verständigung über gemeinsame Aktionen. Deutschland werde gegen alle Versuche, China aufzuteilen, ein- treten. Das Reich müsse als Ganzes erhalten unb in wirtschaft - licher Beziehung die Politik der offenen Tür garantiert werden. Die Unruhen sind noch keineswegs beendigt. Von vielen Seiten kommen Hilferufe. Deshalb sei die Vermehrung dcr Schutztruppe um 500 Mann auf 2500 dringend notwendig. In Peking unb im Norden haben jetzt bereits neben- England 102 Lffiztere unb 272« Mann, Frankreich 46 Cffijierc unb 1346 Mann, Japan 69 Offiziere und 1165 Mann, Rußland 10 Cm- ziere unb 467 Mann; außerdem in der Nordmandschurbi große Truppenmassen, Nordamerika 32 Offiziere unb 831 Mann. Dazu kommt bie entsprechende Anzahl von Geschützen und Maschineik- geroehren. Ferner haben die Schutzmächte Chinas noch Truppen- Kontingente in ihren Gebieten. Tie Erklärung wird von der gesetzes, das der nach dem Urteil der Sozialpolitiker des Zentrums sozialpolitisch sehr fruchtbare Reichstag von 1907 noch kurz vor seinem Ende geschaffen hat, in Kraft. Wie viele Gesetze, so be - stätigt auch bas .HauSarbeitgesetz Die Heuchelei vieler Sozial - politiker, von dcr Posadowsky einst gesprochen hat, als er aus dem Amte entlassen war. Während unter allen einsichtsvollen Sozial - politikern Einmütigkeit darüber herrscht, daß zur wirklichen Hebung der Sage der Heimarbeiter, zur Beseitigung ihres größten Elends g'esetzliche Festsetzung der Löhne unbedingt er - forderlich ist, haben sowohl Regierung wie Mehrheitsparteien des Reichstages jeden Eingriff der Gesetzgebung in die Regelung der Lohnverhältnisse abgelehnt. Keine Lohnsestsetzung durch amtliche Stellen, sondern freie Vereinbarung war die Losung. _ Das Wort vom freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte muß besonders den Heimarbeitern, bie ohne jeden Zusammenhang sind, von denen der ?!M den anbeiu niiii kennt, tztch, Litt Hohn Hirgcii, Wehrlos stehen sie in ihrer Jsolierlheit dem Wucher an ihrer Arbeitskraft gegenüber. Dieser unerhörten Ausbeutung kann nur hie Festsetzung der Löhne durch amtliche Stellen, in denen bie Arbeiter vertreten sind, begegnen. Bei der Normierung der Löhne müßte auf die für gleiche Arbeiten durch Tarifverträge verein - barten oder sonst in den Betriebswerkstätten gezahlten Löhne Rück - sicht genommen werden. Zu solcher etwas wirksameren Hilse der Heimarbeiter haben sich Regierung und Reichstaa nicht verstan - den. Das Gesetz sieht nur die Publizierung der Löhne durch Aushang von Lohntafeln in den Räumen, in denen Heimarbeit ausgegeoen wird, oder durch Lohnbücher und Arbeitszettel vor. Und diese schwachen gesetzlichen Vorschriften sind dazu noch Wechsel auf bie Zukunft. Der Termin, an dem die Bestimmungen über Lohntafeln, Lohnbücher und Arbeitszettel in Wirksamkeit treten sollen, wird durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats bestimmt. Darüber können und werden n.och Jahre vergehen. Don den übrigen Vorschriften des Gesetzes, die am 1. April in Kraft treten, verdient die R e g i st r i e r p f l i ch t besondere Erwähnung. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, Verzeichnisse der Heimarbeiter, Zwifchenmeister und Faktoren zu führen. Polizei - behörden und Gewerbeaufsichtsbeamten muß jederzeit Einsicht in die Verzeichnisse gestattet werden. Die Lage der Heimarbeit selbst wird hiervon zwar nichr berührt, aber strenge Durchführung dieser Bestimmung kann wenigstens einen Uebcrblick über die Verbrei - tung der Heimarbeit schaffen. Ganz unzulänglich sind die Bestimmungen zum Schuhe derHeimarbeiter. Sie geben den örtlichen Polizeibehörden nur Vollmacht zu Anordnungen über Beschaffenheit der Arbeits - räume unb Arbeitsgeräte. Polizeibehörden können Vorschriften über Luftraum, Luftwechsel und Beseitigung des Staubes erlassen unb können Herstellung von Schutzvorrichtungen gegen Verletzungen durch Maschinen anordnen. Die Ä r v e i t s z e i t d e r fuge n d - lichenPersonenbiszu 16 Jahren unb deren Pausen können ebenfalls durch Polizeiverordnungen geregelt werden. Endlich können Anordnungen getroffen werden, die allzu großen Zeit - verlust bei der Annahme und Ablieferung von Arbeit berfünbern sollen. Für die Herstellung und Bearbeitung von Nahrungs- und Genußmitteln kann bestimmt werden, daß die hierzu benumen Räume nicht andern Zwecken (als Wohn- oder Schlafraum) dienen dürfen. Alle Anordnungen dieser Art dürfen rin schon bestehende Betriebe aber nur getroffen werden, wenn ihre Durch- führung zur Beseitigung erheblicher, Leben ober Gesundheit der Heimarbeiter, oder die öffentliche Gesundheit gefährdender Miß - stände erforderlich ober ohne unverhältnismäßige Aufwendungen durchführbar ist Tie Verwirklichung des geringen Arbeiter- schutzes ist also nicht nur ganz in das Belieben der Polizeibehörden gestellt, sondern es ist auch iwch dafür gesorgt, daß einsichtsvolle Polizeiverwaltungeii nicht besonders energisch in der Beseitigung von Uebelständen Vorgehen. Dem Bund es rat iit_bie Befugnis eingeräumt. Fach- aus s ch u s s e zu errichten, ste sollen bekanntlich den Ersatz der von der Regierung bekämpften Lohnämter bilden Wie weit >cr Bundesrat Fachausschüsse errichten will, steht bei ihm Es wird ivesentlich von der Haltung des neuen t'ieichstages abhängen ob der Bundesrat auf diesem Wege energisch vorwärts schreiten wird Soweit Fachausschüsse errichtet werdeit, liegt d:c Erstattung ve>, Gutachten über bie Ausführung des Hausarbeitsgesctzec über die Auslegung von Vertragen und Über die tatsächliche Perkebrssiitc zwischen Gewerbetreibenden und Hausarbeitern im Bereich ihrer Aufgaben. Sie haben weiter auf Ersuchen von StaatS- und Ost- meindebehörben bet Erhebungen über die gewerblichen und wirt - schaftlichen Verhältnisse Mitzuwirken und Wünsche und Anträge, bte sich auf biete Verba-Intlie beziehen, zu beraten. Weiter tollen sie Veranstaltungen und Maßnahmen, welch« die Hebung bei wirt - schaftlichen Sage unb ber Wohlfahrt der Heimarbeiter zum Zweck haben, anregen, aut Er,uchen von Behörden des Staate-'i und der Gemeinden durch Vernehmung von Auskunftspersonen die Höhe beS von bett Heimarbeitern tatsächlich erzielten Arbeit'.nerdiensses ermitteln, dessen Angemessenheit begutachten unb Vorschläw ; ur die Vereinbarung angentenener Lohne macb-n Tie Fachausschüsse bestehen aus dem Vorsitzenden, zwe/ Bei- sitzern und Vertretern der '■’trbettgeber unb Arbeitnehmer/ Ve-. sitzender unb Beisitzer, tonne die Halste der Vertreter aus jeder Gruppe werden von.ber!ßanDM 3 cntraItef,örbe ernannt. Die andere Hälfte der Vertreter aus jeber Gruppe wird von den er- nannten Vertretern gewählt. -Lie Heimarbeiter selbst haben aar kein Wahlrecht. Der Schluß des Äetetzes enthält die Androhung geringfügiocr Strafen für UÜbertretungen. Viel nützen wird biefvs unvollkommene Ges b w i Heim - arbeitern nicht- sfür Den Schutz der Heimarbeiter b arm 'e Arbeit noch zu tun. In späteren Jahren sind allerdings eine Reihe Abweichungen vorgekommen, die zum Teil übersehen worben, zum Teil als Aus nahmefälle zu betrachten sind. In ber Debatte, die eine sehr eingehende war, bertrmen die Abgeordneten Geber, David unb Lebebour den Stanbpunft, daß Ausnahmen nicht mehr zugelassen werben dürften. Auch Abgeordneter Gröber nahm denselben