Nr. 22 Sonntag, den 26. Januar 1913. 27. Jahrgang. LamtmmerEcho »erantwvrUichn Redakteur: Karl PeterSso« tn Hamburg. WllkWMeo im SeiAlllg der Hierzu vier Beilagen und das Illustrierte Unter- haltungSblatt „Die Nene Welt". gewesen, wenn Mecklenburg mit einer „Volksvertretung" nach dem mecklenburgischen Regierungsrezept von 1874 oder 1911 „beglückt" worden wäre und so eine „Vertretung" bekommen hätte, die noch widersinniger und verzerrter gewesen wäre, als die preußische „Volksvertretung". Doch selbst mit ihrem An trag Büsing war es den Nationalliberalcn gar nicht recht ernst. Dreimal wurde dieses Gesetz vom Reichstag mit erheblicher Mehrheit angenommen, aber nicht ein einzige« Mal versuchte diese Mehrheit, ihren Willen bei der Reichsregierung ernstlich durchzusetzcn! Später begnügten sich die Nationalliberalen damit, bescheiden nach dem Verbleib ihres Beschlusses nachzu^ fragen. Dann kam gelegentlich ein Vertreter des Reichs kanzlers, er fuhr den neugierig bescheidenen Fragern rücksichts - los übers Maul und — die Nationalliberalen blieben wieder für Jahre hinaus noch bescheidener. Bis dann auch Basser - mann sich zu der Meinung „durchgerungen" hatte, daß das Reich und der Reichstag gar kein Recht habe, in solche Fragen der einzelstaatlichen Gesetzgebung, d. h. der Gestaltung des staat - lichen Wahlrechts, hineinzureden. In der Sitzung vom 7. Fe - bruar 1906 und vom 22. Februar 1908 bekannte sich Basser - mann ausdrücklich zu dieser Ansicht und dokumentierte damit den vollständigen WandelderNational- liberalenauchindieserFrage. Der Antrag Büsing verschwand dann auch von dem parlamentarischen Wunsch - zettel der Nationalliberalen und tauchte 1907 als Antrag des „freisinnigen" Reichsgrafen Bothmer wieder auf, von dem er dann in das dauernde Eigentum der Fortschriitspartei über - ging. Besonders stolz können die Fortschrittler auf diese Erwerbung wahrhaftig nicht sein, denn auch für sie bcveuket die Uebernahme dieser nationalliberalen Erbschaft einen Rück - schritt. Für diesen Antrag Büsing, der jetzt als Druck - sache 103 die fortschrittlich-nationalliberale Firma trägt, gaben die Fortschrittler den Antrag Ancker vom Jahre 1895 preis. Damals forderten sie noch die Uebertragung des Reichstagswahlrechts auf die Bundesstaaten, heut« sind sie zufrieden, wenn die Einzellandtage nach einem noch schlechteren „Wahlrecht" zusammengesetzt werden, als es da« preußische ist. Aber auch diese Wandlung der Fortschrittler wird verständlich, wenn man sieht, wie der „Freisinn" das preußische Dreiklassenwahlrecht in den Gemeinden aufrecht er - hält, wenn, wie jetzt in Reuß j. L., „Freisinnige" offen für die Verschlechterung des Wahlrechts eintreten, und wenn die preu - ßischen Freisinnigen bei den bevorstehenden Landtagswahlen lieber mit den unsicheren Nationalliberalen als mit der So;- "< cemolraüe Hano in Hand gehen. Und vor dieser Sorte Wahlrechtskämpfer sollte die Regie - rung Respekt haben, sollten Bismarck und seine Amtsnachfolger sich verpflichtet fühlen, auf die Einzelstaaten einen Druck dahin - gehend auszuüben, den Volksvertretungen derselben ein Wahl - recht zugrunde zu legen, vor dem sich die liberalen und fort - schrittlichen Mannesseelen selbst am meisten fürchteten? Man braucht namentlich die Nachfolger Bismarcks wahrhaftig nicht zu überschätzen in ihrer staatsmännischen Einsicht und Men - schenkenntnis. Aber das wußten sie doch, daß auch sie dem „Liberalismus" alles bieten konnten. War Bismarck 1869 bei der ersten Beratung des Antrags Büsing noch reserviert entgegenkommend, so wurde mit der Zeit der Ton der Bundes - ratsvertreter immer anmaßender, bis er am 22. Januar 1908 zu den parlamentarischen Schnoddrigkeiten Bülows ausartete. Im übrigen pfiff die Reichsregierung auf alle diese Wünsche des Reichstags, und verschiedene Bundesstaaten eiferten ihr nach. So kamen unter andern auch in Sachsen und Ham - burg die Wahlrechtsverschlechterungen. Reuß jüngere Linie folgte und in Schwarzburg-Rudolstadt beherrscht derselbe Geist die Regierung. Auf der andern Seite aber ertönt bei der Arbeiterschaft immer lauter und energischer der Ruf nach dem allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht für Preußen und für die andern Bundesstaaten. In einer solchen Zeit muß die Beratung des sozialdemo - kratischen Antrags im Reichstag um so größere Bedeutung ge - winnen. Denn deutlich wird die Stellung der Parteien zum Wahlrecht sich markieren müssen. Und dabei wird cs sich nicht nur um das Wahlrecht für die einzelstaatlichen Volksvertre - tungen allein handeln, sondern um das Wahlrecht schlechtweg. Denn auf die Parteien, die nicht rückhaltlos für ein allge - meines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht im Staate sind, wird auch kein ernster Verlaß sein, wenn es einmal gelten sollte, das jetzige Reichstagswahlrecht zu schützen. So wird der sozialdemokratische Antrag zu einem Prüf - stein werden, an dem deutlich die Volksfeindschaft und VolkS- freundschaft der Parteien erkennbar sein wird. Die Kalkanfragv. Näheres über den jungtürkischcn Handstreich. Wie erst Freitag konstatiert werden konnte, sind bei blutigen Szene vor dem MinisterratSsaal neun Personen getötet worden. Freitag vormittag wurden aus der Pwrte Von den Konservativen war von vornherein nicht zu verlangen, daß sie zu Fürsprechern eines freien und gerechten Wahlrechts werden würden. Und mit demselben Eifer, mit dem konservative Redner schon int konstituierenden Reichstag die Wahlrechtsvorschläge Bismarcks bekämpften und nament - lich indirekte Wahlen forderten, wendeten sich konser - vative Abgeordnete auch stets gegen eine Verbesserung der einzelstaatlichen Wahlrechte. Es ging nicht eine Beratung von Wahlrcchtsanträgen, -Interpellationen oder -Resolutionen im Reichstag vorüber, die Vertretern der Konservativen nicht Ge - legenheit bot, die tiefsitzende Abneigung der Konservativen gegen ein freies Wahlrecht mit allem Nachdruck zu bekunden. Die Stellung der Konservativen zu den immer wieder auftauchenden Wahlrechtsfragen war demnach stets klar. Anders aber war es mit dem Verhalten des Z e n tru ms. Nach außen hin will das Zentrum — mit Rücksicht auf seine zahlreichen Arbeiterwähler — demokratisch erscheinen. Dazu gehört dann auch eine gewisse Freundschaft für ein den Wün - schen der unteren VolkSklasien entsprechendes Wahlrecht. Doch diese gezwungene Sympathie für wirkliche Volksrechte wird beim Zentrum durch den innerlich reaktionären und durchaus undemokratischen Eharakter der Führer dieser Partei immer wieder übertrumpft. Das zeigt sich, trotz aller jusuitisch, diplo - matisch und sophistisch fein abgeschliffenen Parlamentskunst - stückchen der Zentrumsführer doch recht deutlich, wenn man auf die Wahlrechtsdebatten im Reichstage zurückkommt. So mar es der Abg. M a l l i n k r o d t, Der bei den Debatten, die am 23. Oktober 1867 im Norddeutschen Reichstag durch die Aufrollung Der Mecklenburger Wahlrechtsfrage geführt wur - den, zuerst den Kompctenzeinwand erhob und damit Der Regierung für Die spätere Zeit eine billige Ausrede, mit der Die Bundesratsmitglicder sann auch immer diesen Fragen auS- wicheu, an die Hand gab. Windhorst nahm in derselben Sitzung diesen „Gedanken" auf und spann den Faden unermüd - lich bei allen sich wiederholenden Debatten über diese Frage weiter. Das Zentrum ließ sich in diesem selbstbetrügerischen Lun auch nicht im geringsten dadurch stören, daß von hervor - ragenden Autoritäten, unter denen sich auch T r e i t s ch k e be - fand, der Kompetenzeinwand als völlig unberechtigt nachgewiesen wurde. Selbst die Reichsregierung machte diesen Einwand zuerst gar nicht einmal geltend, und auch Bismarck lehnte die Befugnis des Reiches, in dieser Beziehung in Die Verfaffungsverhältnisse der Einzelstaaten eingreisen zu können, durchaus nicht ab. Er ging vielmehr der Erörterung dieser Frage in der Reichstagssitzung vom 5. Mai 1869 bewußt aus dem Wege und beschränkte sich darauf, auf die staats - männische Einsicht des Großherzogs von Mecklenburg-Schwe - rin zu hoffen, aus der heraus sich schon eine Besserung der „nicht homogenen" Verfassungszitständc in Mecklenburg er - geben würde. Das Zentrum blieb bei seiner Ansicht, und auf Windhorst folgten Lieber, Spahn und Groeber, die alle denselben ablehnenden Standpunkt einnahmen. So ver - steckte das Zentrum unter formale Bedenken seine innere Abneigung gegen ein freies Wahlrecht und er - langte mit dieser .Komödie die Möglichkeit, sich immer für einen Freund und Verteidiger eines freien Wahlrechts auszugeben und doch immer gegen jede Verbesserung noch so trostloser Volksvertretungsformen zu stimmen. Windhorst trieb diese Komödie sogar so weit, daß er am 3. Dezember 1874 im Reichstag für ein allgemeines und gleiches Wahlrecht in Preußen eintrat, aber doch gegen den lauen Antrag Büsing redete und stimmte. Worin folgte also damals dieser Zen - trumsführer dem Zuge seines Herzens? Zweifellos dadurch, saß er gegen den nationalliberalen Antrag stimmte und für eine Verbesserung des preußischen Wahlrechts nur sprach. Denn Windhorst war seit je ein Feind eines freien und ge - heimen Wahlrechts gewesen. Als am 28. März 1867 im konstituierenden Reichstag das Reichstagswahlrecht erörtert wurde, da sagte Windhorst mit aller Deutlichkeit und ohne jede Einschränkung: „Ich für meinen Teil bin entschieden für die öffentliche Stimmabgabe." Diese inner Feindschaft gegen das Reichstagswahlrecht blieb aber nicht Windhorst allein eigen, sie wurde zum Allgemeingut der Zentrumsführerschaft. Beweis dafür ist nicht allein das Verhalten des Zentrums bei Der Erörterung von Wahlrechtsfragen int Reichstag; auch int preußischen Abgeordnetenhausc wußte das Zentrum jede Ver - besserung des Wahlrechts zu vereiteln. Und ein ebenso unsicherer Kantonist, wie es Das Zentrum ist, ist der Nationalliberalismus, der durchaus un - zuverlässig als Verfechter eines Den Forderungen der Zeit wirk - lich entsprechenden Wahlrechts ist. Man könnte dem entgegen - halten, daß die geheime Wahl für den Reichstag ja nur einer liberalen Forderung und Anregung zu danken ist. Daö stimmt, aber cS darf nicht vergessen werden, daß die Liberalen jener Zett Die geheime Abstimmung nur deswegen so dringend for- Dcrten, weil s i e damals diejenigen waren, die unter dem von bet öffentlichen Wahl am meisten geförderten Wahlterro- i ivm ii s Der Konservativen zu leiden hatten. Die Furcht, daß es bei den Reichstagswahlen so werden könnte wie bei den preußischen Landtagswahlen, klang deutlich auS den Damaligen Reden der Liberalen heraus. Aber, wird man jagen, wie kommen dann die Nationallibcralen dazu, immer n ieder Anträge ä la Büsing einzubringcn ? Auch das wird ver - ständlich, wenn man sich bett Antrag Büsing näher ansieht. Er ^orderte eine auS Wahlen hervorgegangene Volksvertretung. Das besagt gar nichts, Denn auch das preußische Abgeordneten - haus und ähnliche „Volksvertretungen" gehen aus „Wahlen" hervor. Es kommt nicht darauf an, daß eine Volksvertretung nur gewählt wirb, sondern daß sie auf Grund eines allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen W a h l r e ch t S e n t st c h t. Aber daran dachten die Liberalen niemals. Sie kümmerten sich weder um das Wahlunrccht in Preußen, noch um das in Sachsen, Hamburg, Lübeck und in on Dern Bundesstaaten. Nur Mecklenburg lag ihnen am Her - zen. Und Da wären Die Nationalliberalen, Die ja heute noch gegen ein gleiches Wahlrecht für Preußen sind, zufrieden Departements des Fetvak, Mahmed Essad, zum Scheich ül Islam ernannt wird, statt. Daß Reskript bestätitg die Ernennung SchewketS zum Großwesir. Schewket wohnte mit sämtlichen Ministern der Feier bei. Mukhtar Bey ist endgültig zum Minister der Aeutzern ernannt worden. Hassan Ali, der Direkwr des „Alemdar", und D j e v a d , der Geschäftsführer des „Jkdam", sind verhaftet worden. Der Journalist Neur Eddin, nach dem gleichfalls gefahndet wurde, konnte entfliehen. Andere kompromittierte Journalisten halten sich verborgen. Die fremden Militärattaches wohnten der Beisetzung Nasim Paschas bei. Die erzählt wird, schoß auch Nasim bei dem Zusammenstoß; er erhielt eine Kugel in das rechte Auge und eine in die rechte Schläfe. AIS Beweis dafür, daß der Staatsstreich der Jungtürken vollkommen überraschend gekommen sei, veröffentlicht das „Neue Wiener Tageblatt" eine Tepesche auS Konstantinopel, nach ber zwischen dem gegenwärtigen Sultan und seinem Bruder, dem ehemaligen Sultan Abdul Hamid, in der Nacht vor dem Putsch im Palais Dolma-Bagdsche eine Aussöhnung staltgefunden habe. Die Umgebung des neuen Ministero des Aeutzern versichert, daß das Kabinett nicht eine Politik der Abenteuer er - öffnen, noch die Friedensverbandlungeu sofort abbrechen werde. Das Kabinett kenne genau die militärische und moralische Lage und werde den grieben nur unter ehrenvollen Bedingungen schließen. Es gebt daS Gerücht, daß das Kabinett den Frieden auf Grundlage derjenigen Zugeständnisse vorschlägt, die bereit« von den türkischen Bevollmächtigten in London gemacht worden sind. Auf jeden Fall tritt man niemals Adrianopel ab. Ueber das Erscheinen Enver Beys im Pala st de« Su-ltans verlautet, daß infolge des Einschreiten» der Hoi Chargen, die das Schlimmste befürchteten, der Sultan ihn nicht selbst empfing, sondern die Verhandlungen über die Bildung de« neuen Kabinetts nur durch Vermittlung ber Würdenträger führte. Der Sultan schlug zunächst eine Umbildung des Kabinett« unter Kiamil Pascha mit Mahmud Schewket Pascha als Kriegs - minister vor, später die Ernennung Ferid Pascha? oder Achmed Mukhtar Paschas. Schließlich aber mutzte der Sultan den Vorschlägen Enver Beys nachgeben. Die Wirkung auf bo<* Ausland. Der „Pester Lloyd" bringt einen Situationsbericht^ au? Wien, in dem gesagt wird, allmählich werde die Hoffnung immer allgemeiner, daß die Türkei auch nach dem kühnen Hand - streich der Jungtürken sich nicht verleiten lasten werde, sich in einen ungewissen Kampf zu stürzen So sehr die Armeen der Verbündeten auch durch die Kriegsverluste gcfchtnndit sein möchten, so dürften sie doch iwch immer nicht unterschätzt werden. Die Chancen für ein rasche? Gelingen de? Friedenswertes hatten sich jedenfalls etwa» verschlechtert. Mehr als je erfordere die neue Situation vollkommene Einigkeit unter den Mächten. Unter den gegenwärtigen Umständen sei es besonders erfreulich, daß die Meldungen über den Plan einer russischen Aktion in der franzö - sischen Presse als unrichtig bezeichnet würden. Es wäre dringend zu wünschen, daß diese Dementis reckt behielten, denn die Politik der Jungtürken werde sicherlich zumeist davon beeinflußt werden, ob sie einem geeinigten Europa gegenüberständen ober hoffen Mtrten, bat Die Einigkeit ber Mächte auf einet schwankenden Grundlage beruhe. In maßgebenden rumänischen Kreisen wird versichert, daß in der bisherigen Haltung der rumänischen Politik durch die Vorgänge in Konstantinopel zunächst keine Aenderung eintreten werde. Ausschlaggebend dürfte sein, welche Wirkung bei System • wechsel in der Türkei auf bulgarischer Seite hervorbringen wird. Sonnabend vormittag hat ein Ministerrat unter dem Vorsitz de« Königs ft attpefu niten. neun Särge herausgetragen. Die Opfer find außer Nasim Pascha seine beiden Adjutanten Nasis und Salih, ein Diener des Justizminijters, ein Diener der Pforte und ein Sekretär der Pforte, angeblich auch der Hauptmann Kiais JSli Tewfik und der Dragoman Nesdiib. Das neunte Opfer ist unbekannt. Es soll ein früherer jungtürkischer Deputierter sein, der den Kriegs - minister erschossen hatte. Man erzählt, Enver Bey hätte zuerst durch einen Diener seine Karte in den Ministerratssaal hineingesandt und um Zutritt gebeten. Da die Minister ihn nicht empfangen wollten, sei eS zu einem Tumult gekommen, bei dem ein Adujutant des Kriegsministers zuerst feuerte. Darauf fei der Kriegsminister in der Tür deS Saales erschienen, um sich nach ber Ursache des Tumults zu erkundigen. Die Demon - stranten feien in diesem Augenblick eingedrungen. S? fielen -ochüfse, und Nasim Pascha brach, tödlich getroffen, zusammen. Die eingedrungenen Jungtürken wollten in der Erregung deS Moments, wie behauptet wird, auch den Großwesir töten, der ihnen bittend entgegengegangen fein und so sein Leben gerettet haben soll. Die früheren Minister des Innern und der Finanzen werden noch immer gefangen gehalten. Am Freitag nachmittag -and auf der Pforte unter dem üb - lichen Zeremoniell und militärischen Ehrenbezeugungen die Ver - lesung deS Reskriptes, durch welches der frühere Direktor de» Las „Hamburger Gcho" erscheint täglich, außer Montay?. «bouuemeutspreiS (infi. „Die Neue Welf und .Die arbeitende Jugend^) durch die Post bezogen ohne iflrmneciFlb monatlich jl 1,20, vierteljährlich a 8,80; durch die Kolporteure wöchentlich 80 * frei in« Hau«. Tin,. Nr. 5 4. SonntagS-Nummer mit illustr. BeUage »Die Neu« Welt" m 4. Kreuzbandsendungen monatlich * 2,70, für da? Ausland monatlich a 4,—. Anzeigen die siebengespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 4. Hrbeitemartt, Vermietung« u.i6 Familienanzetgen 20 4. Anzeigen-Aunahme Fehlandstr. 1L Lrdgeschoh tbts 5 Uhr nachmittag«, in ben Filialen, sowie in allen Slnnoncen-Bureau». Play- und Latenvorschriften ohne Berbindlichkeii. Reklamen im redaktionellen Zeil werden weder gratis noch gegen Entgelt ausgenommen. Buchhandlung und Buchdruckerei-Kontor: Fehlandstr. 11. Erdgeschoß. Redaktion: «e Expedition: Jehlandftraße 11. 1. Stock. DllMourg »O Fehlandftrahe 11, Erdgeschoß. politische Uebersicht. Ans dem Reichstag. Berlin, 24. Januar. Hat da irgend ein bürgerlicher Schmock den Schwindel au? den Fingern gesogen, daß sich seit einiger Zeit die Werbetätigkeit ber Franzosen für ihre Fremdenlegionäre gesteigert, ja. sich sogar bereits über die Grenze gewagt und aus deutschem Boden ausgeübt würde. Das erschien den nationalistischen Nachtwächtern vom Fortschritt, von denen ja auch das LandeSverratSgeschre: gegen den Elsässer Wetterle ausgegangen, günstig, sich schleunigst wieder einmal als Paterlandsrettcr erster Qulaität aufzufpielen« Dr. Müll er- Meiningen setzte sich auf den Hosenboden, fabri - zierte eine kurze Anfrage, ob dem Reichskanzler die Geschieht» auch bekannt geworden sei und was er dagegen zu tun gedenke. Der Frager erhielt darauf die Antwort, daß er und feine Parte, sich von einem Zeilenschinder haben düpieren lassen und daß an der ganzen Geschichte kein wahres Wort ist. Nach Beantwortung einiger weiterer kurzer Anfragen wurde die Debatte über unfern Antrag, die ReichSschulkommifsion in ein Reicksschulamt umzu wandeln, fortgesetzt. Genosse Schulz widerlegte die Einwände der bürgerlichen Redner gegen unsern Antrag in sehr geschickter Weise, namentlich wandte er sich gegen die Einwendungen und Vorbehalte des Fortschrittlers Kerschensteiner, der sich für ei» Schulamt als eine altliberale Forderung ausgesprochen hat, aber von einem ReichSschulgesetz nichts wissen will. Unser Redner machte darauf aufmerksam, daß von einem Schulgesetz in unserm Anträge mit feinem Wort die Rede fei, mithin Herr Kerschen - steiner und seine Freunde, wenn sie ihren liberalen Grund,Ätze» folgen wollen, für unfern Antrag stimmen müßten. In Ab - wesenheit Kerschensteiners folgten jcboch die braven Fortschrittler der Führung des von unserm Genossen Schulz drastisch af? Nichtswisser und Nichtkenner de» altliberalen Prinzip» und ber Forderungen der Mehrheit der Lehrerschaft gekennzeichneten ost' elbischen Dorffchulmeisters Bruckhofs und stimmten, Arm in Arm mit dem fckwarzblauen Block, den sozialdemokratischen Antrag nieder. Ein Beweis für die Tapferkeit und Konsequenz der Fortschrittler, wenn es sich um die Durchführung Nkirklich liberaler Forderungen handelt. Nachdem entstand bei dem Titel, betreffend Zuschuß für die Ausführung deS KaliaefetzeS, eine von unserm Genossen Sachs- eingcteitctc mehrstündige, teil? sehr lebhafte Kalidebatte. Tei meist sehr langen Reden, sowohl der bürgerlichen Redner als anck der unserer Genossen Sachse und Eobn, einschließlich der der RegiernngSvertreter kurzer Sinn war ber: da» erst wenige Jahre alte Kaligesetz ist sowohl in feiner Grundlage wie im Beiwerk gründlich verpfuscht und bedarf demnächst einer Aenderung. Die Hauptstreitpunkte bewegten sich um die Schuldfrage, welche Partei mehr oder minder schuld sei an dieser oder ,ener Be> ftimmuna bezw. dem Gesetz. Daß der Antisemit Behrens die Sozialdemokraten al? die Hauptschuldigen bezeickneke, jft bei bem Eharakter dieses AuckarbeitervcrtreterS felhftbcrftnnblid». ebenso selbstverständlich wie bei ihm die Handlangerarbeit fm bis Agrarier ist: hat er dock einen Antrag eingebracht, die so genannten Propagandagelder um .<100 . Somit fehlen uns zur Gieick- zahl, wenn Italien nicht dagegen aufkommt, eine Viertelnnllion gegen Frankreich, eine Viertelmillion gegen England Belgien neben annähernd einer Viertelmillion, b:e wir im Osten belassen müssen. Erfahren wir aber im Osten Rückschläge, so wird durch das Dordringen deS Feindes gegen Norddeutschland auch unsere Küftenverteidigung im Rücken bedroht und bamtt zu allem noch die Verteidigung zur See lahmgelegt. Gewiß tritt 1 sich unsere vortreffliche Armee, unsere aus einem Guß geschaffene Truppe bewähren und Staunenswertes leisten, allein eS gibt Auf - gaben, denen auch die allerbeste Minderheit nichtgewachfenist." — Da haben wir, von einem höheren Offizier gezeichnet, die bedenkliche Situation, in der sieb Deutschland gegenüber einer Koal iiion der andern Mächte befindei. E? darr hierbei freilich nicht vergessen werden, -daß bei den Militärs, die systematisch auf eine neue Heeresvermehrung hinarbeiten, die Nei - gung zur Schwarzmalerei sehr groß ist und daß Ueber - treibungen mit unterlaufen. Tiber, wenn alles richtig wäre, wem verdanken wir dies? Den Junkern, die mit ihrer Hochschutz - zoll- und Absperrungspolitik uns fast die ganze Welt zum Feinde machen, und den Bourgeois, die mit ihrer Flottenpolitik auch England zu diesen Feinden getrieben haben. Die Vermehrung der Rüstungen kann nickt» helfen, weil di« andern Mächte dann auch weiter rüsten. Da» Stärkeverhältnis bleibt sich wenigsten» morn e n - ta n gleich. Militärische Abenteuerlust sagt uns immer, im nächsten Kriege werde die deutsche Flotte zwar unterliegen, aber die fran - zösische Armee würde geschlagen werden. Nun hören wir e» au? militärischem Munde ganz anders. Im Jahre 1870 wurde :n der preußischen Thronrede gesagt, daß zwei so große Kulturvölker, wie die Deutschen und die Fran - zosen, zu edlerem Wettstreit berufen feien, als zu dem blutigen Kampf mit den Waffen. Das war richtig, und nach diesem Grundsatz hätte man ver - fahren sollen, als Napoleon III. niedergeworfen war. Die Militärs schieben alle? auf die Sparsamkeitsrücksichten deS Reichstage», und auch v. Schmitt meint, man müsse auf die Deckungsfragen keine Rückfickt nehmen. Dabei haben wir schon die Teuerung im Lande, die zum guten Teil durch die Deckungsfragen herbeigeführt worden ist. Die gegenwärtige prekäre Lage hat weniger der Reichstag verschuldet, der zur Bewilligungsmaschine herai^gesunken ist, sondern vielmehr die gesamte innere und äußere Politik. •) Vergleiche zwischen der französischen und deutschen Armee. Vortrag, gehalten im deutschen Aehrverein Stuttgart von Generalleutnant z. D. v. Schmitt. Die Sackgasse. Die ®äbclraffelet, Kriegshetzer, Franzosenfr esset und über - spannten „Patrioten" in Deutschland haben sich in die fixe Idee verrannt, daß ein künftiger Krieg zwischen Frankreick und Deutschland sich wiederum so abspielen müsse, wie der Krieg von 1870. Man rechnet mit der Niederlage Frankreichs als mit einer feststehenden Tatsache. Da könnte unter Umständen eine schwere Enttäuschung kom - men, denn das Verhältnis der. Streitkräfte beider Länder hat sich inzwischen sehr verändert. Frankreich war 1870 zu einem Kriege nicht hinreichend ge - rüstet, die Heeresorganifation war teilweise verfallen und Bis - marck, dem dies wohl bekannt war, benutzte die Gelegenheit, den auf einem schon unterhöhlten Thron sitzenden Staatsstreich- kaiser Napoleon III. zum Kriege zu treiben. Seine diploma - tischen Künste bewirkten, daß Napoleon als der Angreifer erschien. Nack einem Kampfe von sechs Wochen war da? zweite napoleonische Kaiserreich zertrümmert. Die eilig zufainmen- gebrachten Heere der Republik, die sich bilden mußten, während der Feind das Land überfdbtocmmtc und die Hauptstadt be - lagerte, leisteten fünf Monate tapferen Widerstaiid. Dann erst gab sich die Republik für besiegt. Nack offizieller Versicherung hatten die deutschen Truppen nur ben Kaiser Napoleon zu bekämpfen. Man hatte also der Republik, die keine Friedensstörerin war, einen ehrenvollen Frie - den gewähren und nicht zwei Provinzen gewaltsam von dem französischen StaatSkörper abreißen sollen. Tann hälfe sich der Militarismus wohl nickt f? ungeheuerlichem Maße und so unheilvoll entwickelt, wie es tatsächlich geschehen ist. Die von der alten Monarchie verschuldete Kluft »toifdicn den beiden großen Kulturvölkern ist vertieft worden. ES ist verständlich, daß oie cur Herrschaft gelangte französische Bourgeoisie sofort nach dem Frieden hch auf die Neuorganisation de» Heeres warf. Sie fürchtete von dem brutal auftretenben BiSmarck einen Ueber- fall und warf sich dem Zarentum in ine Arme. So blieb die Republik ein Militärstaat und Europa 'wurde in .zwei | St. Pauli, ohne Amandastraße, bei Franz Würzberger, Annenstr. 17. Eimsbüttel, Langenfelde bei Carl Dreyer, Fruchtallee 42. Hoheluft, Eppendorf, Groß-Borstel und Winterhude bei Srnft Großkopf, Meldorferstr. b. Barmbeck, Uhlenhorst bei Theodo. iVlIInli II* Plereit, Heinrich Hertz str. 145. Hohenfelde, Borgfelde, Hamm, Horn, Schiffbeck und Billwärder bei Carl Ortel, Baustr. 26. Hammerbrook bi» Ausschläger Billdeich bei Rad. Fuhrmann, Sllderkaistr. 18. ffkotenburgSort und Beddel bei Fr. Hübener, Lindleystr. 86 U Wilhelmsburg bei H. Möller, Veringstr. 21, II. Ktlbeck, WandSbeck, Hinfchenfelde und Ost-Barmbeck bei Franz Krüger, Kurze Reihe 34. Altana bei Friedr. Ludwig, Bürgerstr. 22. Ottensen, Babreufeld bei Joh Heine. Bahrenfelderitt. In