Mittwoch, den 2. April 1913 Nr. 76 27. Jahrgang Hamburger Echo Binis« 3t. Paun, ohne Amandastraße, bet Franz Würzberger, Annenstr. 17. Eimsbüttel, Langenselde bet Carl Dreyer, Fruchtallee 42. Hoheluft, irppendorf, Ütrost-Vorstel und Winterhude bei Ernst Großkopf, Meldorferstr. 8. Barmbeck, Uhlenhorst bei Theodor * Petereit, Heinrich Hertzstr. 145. Hohenfelde, Borgselde, Hamm, Horn, Lchistbeck und Billwürder bei CarlOrtel, Baustr. 26. Hammerbrook bis Ausschläger Billdeich bei Rud. Fuhrmann, Süderkaistr.18. RotenburgSort und Veddel bei Fr. Hübener, Billb. Röhren- ♦ dämm 213 a, Hchpt. WilhelmSbura bet £>'10280«, Veringstr.21,11. lrilbeck, Wanddbeck, Hinschenfelde undHft-Barmbeck bei Franz Krüger, Kurze Reihe 34. Altona bei Friedr. Ludwig, Bürgerstr. 22. Ottensen, Bahrenfeld bei Fran, Rose, Hohenesch 3, pari. 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Hierzu drei Beilagen. Tolfittvastolfu. In der Kritik der Dcckungsvorlagen für die neuen Rüstungs- gwecke. herrscht ein wahres Tohuwabohu, ein wilde? Durchein - ander. Während die eigentlichen militärischen Forderungen für Heer, Marine und Luftflotte von der gesamten bürger - lichen Presse ohne Widerspruch akzeptiert werden — mit der fortschreitenden privatkapitalistischen Entwicklitng in Deutsch - land sind ja olle bürgerlichen Parteien militärfromm geworden — Pechen an den Deckungsvorlagen die Lrgane aller Parteien Aus - stellungen die Hülle und Fülle zu machen. Die einen diese, die andern jene, so daß, wenn allen Forderungen Rechnung getragen werden würde, nicht viel von den RegieritngSprojekten übrig bleiben würde. Da wird e? dann int Reichstag und in der Kommission, in der die Detailverhandlungen stattfinden, wohl an ein Feilschen und an ein Handeln gehen, bis die größten Lasten der neuen Rüstungen so ziemlich alle den Schultern der breiten Masie wieder auferleyt sind. In der schärfsten Weise wenden sich, wie schon gestern mit - geteilt, die konservativ-agrarischen Kreise gegen die PermögenSzuwachS st euer und die darin gennfier« matzen enthaltene teilweise Besteuerung de? Erbes für Kinder und Ehegatten. Alle Register, die die Konservativen auf ihrer Orgel haben, werden gezogen, vom „sittlichen" Pathos bis zu boshafter Ironie und sprühendem Zorn. Sogar die „Kultur" muh herhalten, um da? Entsetzliche einer Erbschaftssteuergefahr für Kinder und Ehegatten nachzuweiseu. So eifert das biedere Organ Kiiuten-OertelS gegen die kon - servative Wochenschrift ,,Das neue Deutschland", die in der Steuerfrage eine von Herrn Heydebrand nicht genehmigte Extra - tour macht: Wenn die Konservativen erfreulicherweise mit solcher Ent - schiedenheit die Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf Kinder und Ehegatten nochmals abgelehnt haben, so waren sie sich dessen wohl bewnht, daß sie ini dieser Ablehnung aus dem Boden des tatsächlichen Kultnrkonser vatiSmuS stehen. Die Aus - dehnung der Erbschaftssteuer ans Kinder und Ehegatten bedeutet, wenn man die ^inae in der Tiefe durchdenkt, ohne Zweifel eine starke und ..;>t bedenkliche Gefährdung der Kultur." Wenn man „die Dinge in der Tiefe durchdenkt", ist die „Sulfur" Knuten-LertelS in das gewöhnliche Deutsch natürlich mit agrarischem P ortemonnaie zu übersehen. Das mutz, soll und wird von den Konservativen unter Aufgebot aller Demagogie, deren diese Edlen und Edelsten fähig sind, und alles gouvernementalen Einflusses, den sie besitzen, geschützt werden. Mit welcher Energie die Agrar- und Gouvernemental-Konser- vativen diesen Schutz zu etablieren versuchen werden, zeigt die folgende heftige Erklärung der „Kreuzzeitung": Vollend? unbegreiflich aber ist, wie man die Be - steuerung f',atten- und Kindererbes in den Besitzsteuer - vars cinag deS Reiches hat aufnehmen können. Es muhte unter allen Umständen vermieden werden, den noch teineswegs wriöftnten bürgerlichen Parteien gerade bei dieser Gelgenheit aufs neue da? alte Zankobjekt zu bieten. . . . Praktisch liegen die Dinge tatsächlich so, d a h durch die Erbschaftssteuerklausel die Erledigung der B e f i tz st e u e r durch bic nationalen Parteien e r n st- I i ch gefährdet werden kann. Nicht von konservativer Seite. (!) Wohl aber von Parteien, die etwa diese eine Klausel im Vermögenszuwachssteuergesep für wichtiger, für parteipolitisch willkommener halten, als den größeren und ausgleichenden Ge - danken, die Aufbringung der Besihiteuer den Bundesstaaten zu Überlassen. Für uns kommt es nicht an auf die Höhe, nicht auf die Form der Besteuerung des Gatten- und .Kindererbes, sondern auf die Sache selbst. Darüber haben wir niemals einen Zweifel gelassen. Für uns heisst eS fiter: principiis obsta!" Sann e? etwas Demagogischeres, Heuchlerische? geben, als diesen Standpunkt der echtchristlichen Männer de? alten Hammer- stein-Dlattes? Weil die Junker und Junkergenossen sich ißr Vermögen, ihr Einkommen nicht amtlich nachkontrollieren lassen wollen, gefährden die andern Parteien dte Besitzsteuer. Aber natürlich findet dieser Standpunkt, so deutlich ihm die freche Heuchelei an der Stirn geschrieben steht, die Billigung der Christen von der andern „Fakultät". Die ZentrumS- presse bläst in dasselbe Nebelhorn. Ihre führenden Organe, die „Kölnische Volkszeitung" und die .Germania", wenden sich mit gleicher Schärfe gegen das „Erbrecht des StaateS". Und es fehlt ihnen natürlich ebensowenig an schönklingenden Phrasen voll unverschämtester Demagogie. Wie Knuten-Oeriel die „Kultur" zur höheren Ehre deS junkerlichen Portemonnaies notzüchtigt, so muh den Zentrumsblätern der „Familiensinn" herhalten, elende Steuerdrückebergerei zu maskieren. So schreibt die „Germania": „Ter Reichstag hat „daS Erbrecht de? Reiches" noch bei der letzten Reichsfinanzreforyt von 19OT abgelehnt, und es tst un - verständlich, rote ein darauf bezüglicher Gesetzentwurf jetzt wieder unter den Teckungsvorlagen sich befindet. Durch ein solches Erb - recht des Staate? wird das leider schon allzu sehr schwindende Ge - fühl der Familienzusammengehörigkeit noch mehr erschüttert. Wie kann die Begründung behauvten, dass „bereits unter Vettern das Gefühl des vertvandtschaftkichen Zusammenhanges sehr häufig verblasst oder verloren gegangen ist"?! Soweit sind wir im deutschen Volke mit seinem ausgeprägten Familiensinne doch noch nicht heruntergekommen, namentlich nicht auf dem Lande." Der „Reichsbote", dem natürlich eine Ausdehnung der Reichs- erbschaftSsteuer auch nicht willkommen ist, zeigt schon ganz offen den Weg, der gegangen werden soll, wenn die VermögenSzuwachS- fteuer abgelehnt ist. Natürlich handelt eS sich dabei nur um eine Belastung der Massen. „Verbrauch und Verkehr" sollen zu neuer und erweiterter Besteuerung herangezogen werden, was jedenfalls einen „.Kulturfortschritt" bedeuten würde, der auch Herrn Oertel angenehm wäre. Tie nationalliberalen und fortschrittlichen Kreise wenden sich gegen eine Reihe anderer Vorschläge im Steuerbukett, die mehr da? mobile Kapital treffen und weisen mit Recht darauf hin, dass der immobile Besitz geradezu mit Raffinement vor diesen Steuern durch die Regierungsvorschläge in Schutz genommen wird. So macht die „Freis. Ztg." daraus aufmerksam, dass bei Erhebung des einmaligen Wehrbeitrag» der „gemeine Wert" die Grund - lage für die Schätzung des Vermögens abgeben soll. Nur bei Grundstücken, die dauernd land- oder forstwirt - schaftlichen Zwecken zu dienen haben, wird der Ertragswert zugrunde gelegt. Als Ertragswert dient da» Fünfundzwanzig- fache des Reinertrages, den die Grundstücke nach ihrer bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmähiger Bewirtschaftung nachhaltig gewähren können. Vergebens sucht man in der Begrün - dung einen Nachweis darüber, weshalb den landwirtschaftlich ge- nutzen Grundstücken eine solche Ausnahmestellung gewährt werden soll. Kurz und bündig heisst e? da nur, dass auch diese Bestimmung den Vorschriften des preussischen Ergänzungssteuergesetzes und deS llleichSerbschaftSsieuergesetzes nachgebildel ist. Also, weil in diesen beiden Gesetzen eine ganz ungehörige Privilc gierung der Agrarier stattsind et. erfolgt sie auch bei dem Wehrbeitragsgesetz. Im Gegenteil mühte gerade bei einer ein - maligen Vermögensabgabe nun doch wenigsten? erst recht jedes Vermögen seinem wirklichen Werte entsprechend heran - gezogen werden. Das geschieht nun wohl bei städtischen Grund - stücken, die ohnehin unter den schwersten Steuern zu leiden haben, aber nichi bei den landwirtschaftlich genutzten, die auch, abgesehen von der preussischen Vermögenssteuer und der Reichserbschafts - steuer, Vorrechte genug geniessen, insbesondere soweit die Guts - bezirke in Frage kommen. Auch rwch auf ein anderes Vorrechr der Agrarier wird auf - merksam gemacht. Bekanntlich soll der Versicherungs- stempel auf da? Reich übernommen werden; diese? beabsichtigt zugleich, bei dieser Gelegenheit die Slbgabe zu erhöhen. Aber nicht allgemein, vielmehr sollen, abgesehen von Versicherungen . sozialen Efiarakters", befreit fein: Hagel- und Viehder - st ch e r u n g. Warum, darüber teilt die Begründung kein Wort mit. Aber das weih man ja ohnehin schon. Hagel- und Viebver- sicherungen schließen nur d i e Agrarier ab. Feuerversiche - rungen, die bekanntlich von 3000 aufwärts mit Stempelsteuer belegt werden sollen, Lebens-, Unfall-, Einbruchs- und ähnliche Versicherungen schliessen aber auch die verruchten Stäbler ab. Dieser agrarische Teufelshuf poltert durch die ganzen Steuer- vorschläge. Und eS wird nun ein heftiges Kämpfen unter den Kapitalisten der verschiedenen Arten beginnen um den Weg, auf dem man sich am ehesten vom Zahlen drücken kann. Wie eS au? geh', lässt sich bei dem Tohuwabohu von Heute nicht sagen. Aber das arbeitende Volk Hat allen Grund, auf seiner Hut zu fein. Theater und Musik. ZchmeS Philharmonisches Konzert. Das Piograium dikieS Konzerts hatte eine rech: gering- An- ziehunaskra't auSgcüdl. nickt nur auf daS grössere Publikum, jondern auch auf bic Senner. Die Hauptprobe war leer, und im Konzert sah man meist Abonnenten Das Hauptwerk deS AbendS war eine irm- phoiüjche Dichtung von Friedrich Klose „Das Leben ein rraum" für grosse? Orchester nebst Orgel, Deklamation und Frauenchor. Sie war für Hamburg neu; anderwärts fiat sie seil ihrer ersten Aunüh- rung 1899 durch Mottl in Karlsruhe schon einigcmale Berücksichtigung gefunden. Ter anspruchsvolle Apparat ist ihrer Verbreitung hinderlich. Er ist überhaupt für die neu n Komponisten eine schlimme Sache. Verwenden sie ihn, so sind Ausführungen ihrer Werke sehr kostwielig und darum ganz selten; verivenbeu sie ihn nicht, so gelten ne nicht als motern und werden gar nicht aufgefüfirl. Ueber Friedrich Klose, der als Fünfziger schon manches Werk verfasst fiat, find die Mei - nungen geteilt; am meisten trifft man jedoch kühle Anerkennung. n grosser Un - ordnung die tfludbt ergreifen, nachdem sie Überaus grosse Verluste erlitten batten. Auch dieser Dormarrck de? Feindes- wurde durck das Gesckützfeuer von seck? Kriegsschiffen unterstützt. Flotieudemonftration bet Mächte. Aus Wien wird gemeldet: Zur Teilnahine an der von den Mächten beschlostenen internationalen Flottendemon- stration behufs Erzwingung der Respektierung der von den Mächten gejassten Befchlüffe, find die erforderlichen Befehle bereit# erteilt worden, damit die Flottenabteilung der österreichisch-un - garischen Kriegsmarine unverzüglich in die montenegrinischen Gewässer abgehen kann. Das Reutersche Bureau erfährt aus London: Man er- wartet, dass an der Flottendemonstrafion gegen Montenegro britische, ö st erreicht sch-ungarische, französi s ch e und italienische Kriegsschiffe sich beteiligen werden. Deutsche Schiffe, von denen sich keine in der Nähe befinden, werden nicht teilnehmen. Russland entsendet kein Schiff, billigt aber das gemeinsame Vorgehen in der Meinung, dass es zum Besten der Interessen der Balkanstaaten dienen werde. politische Uebersicht. Sachsen und die Hansestädte haben opponiert. Natürlich nicht gegen die Wehrvorlage. Ten RüstungSwahn- siun machen alle bürgerlichen Reichstagsparteien mit. Und erst recht natürlich die Bundesregierungen. Aber über die Deckung-- Vorlagen soll es im Bundesrat zu lebhaften Auseinandersetzungen und auch zu Differenzen bei der Beschlussfassung gekommen sein. Die „Tägl. Rundschau" teilt darüber mit: „Während die Wehrsteuer einstimmig angenommen wurde, fiat sich namentlich um die Vermögenszuwachsjteuer und die „Berede lung" der Matrikularbeitrüge ein längerer Kamps im BundeSrale abgespielt. Jene ist eigentlich tatsächlick vermieden worden, denn die allgemeine Ansicht gebt dabin, dass jeder Einzelstaat bis 1916 in der Lage sein wird, sich eine Besitzsteuer zu verschaffen ober die bestehende zu erhöhen ober zu erweitern. In Sachsen beispielsweise wirb entweder bie Erhöhung der Grundsteuer ober ber Organ- zungSsteuer borgenommen unb bei der „Veredelung" der Matri- tularbeiträge hat Thüringen einen vollen Sieg errungen, der ihm dadurch ermöglicht wurde, dass die süddeutscken Staaten ihm bei sprangen. Die thüringischen Kleinstaaten wiesen daraus hin, Sass sie finanziell so schlecht gestellt seien, dass sie unmöglich eine Ver - teilung nach Kopfzahl auf sich nehmen könnten. Preussen hat nicht lange Widerstand geleistet, weil sich für den grössten Bundes ftaat kaum eine Veränderung im finanziellen Ergebnis aus ber neuen Methode ergibt. Wohl aber haben Sachsen unb bie Hansestäbte anscheinenb mit Ausnahme von Lübeck sckar - senWiberstand geleistet, ba sie in erster Linie mehr zu zahlen haben werben, als nach ber bisherigen Verteilungsart. Sacksen fiat sich mit bet Vereitelung nur abgefunben, um einen tieferen Eingriff in bic Finanzfioheit der Einzelstaaten zu verhindern, rote er in der Einführung einer allgemeinen ReichsvermögenSzuwachS steuer gelegen hätte. Man nimmt in den beteiligten Kreisen allgc mein an, dass eS bei dieser teilweisen Veredelung bleiben wird, und dass nickt etwa, nachdem der Bann einmal gebrochen ist, die Verteilung ber Matrikularbeiträgc künftig überhaupt nach bet finanziellen Leistungsfähigkeit erfolgen wird. Wie man sich benn auch keiner Täuschung baruber hingibt, dass der Reichsfckatzsekretar von den «H 2,05 Matrikularbeiträgen auch in Zukunft nicht abgepeti wird." . Hamburgs ungünstiger finanzieller Status wirb durch dte Be schlüfie natürlich noch mehr verschlechtert, was die hamburgische Opposition allein erklären würde. Dazu bedeutet die „Veredelung ber Matrikularöeiträge", btc eine Verteilung dieser Beiträge bei Bundesstaaten nicht mehr nach der Kopfzahl, sondern nach dem durch die Erhebung des Wehrbeitrags festgestellten Vermögen eine schärfere Heranziehung der in Sacksen, Bremen, Hanibury sitzen den Kapitalisten, von denen sick besonders Hamburgs Kapitalisten gegen eine Vermögenssteuer, btc ja nun eventuell zur Deckung der erhöhten Matrikularbeiträgc geschaffen werben muss, seit Fahren heftig sträuben. Den verbrecherischen Wahnsinn des Militarismus erfermt man beustick. fielst man jetzt bie Kundgebungen des Aus - landes auf die deutschen Wehrborlagen. Tic gesamte englische Preste fordert Gegenmatzregeln gegen. Deutschlands Rüstungen, vor allem auf dem Gebiet der Lunschifsahrt. Der „Standard" spricht von Deutschlands neuem Ehrgeiz ber absoluten Vorherr schäft. Die Nachricht, dass 6% Millionen Pfund Sterling für die Luftschiffahrt ausgegeben werden, sollte den englischen Kriegs- minister aufrütteln. England sei damit direkt bedroht denn das stehe vollkommen ausser Verhältnis zu den rein milita rischen Erfordernisten Deutschlands. England Hobe die ttnge heuren Fortschritte der Zeppeline viel zu leichtsinnig behandelt. Schon jetzt bedeute die deutsche Luftschiffahrt eine ungeheure Macht, bald werde sie unüberwindlich sein. England müsse seine Lethargie abschütteln, wenn ihm ein schreckliches Gr wachen erspart bleiben soll. Tie andern "Mächte hätten letzt nur zwei Wege vor sich. Entweder für immer unterbauen ober bic beutfrfic Herausforderung rm Geiste Frankre-.ch» und Russlands annehmen. Der „Dailh Telegraph" erklärt, e? fei eine ganz neue Lage geschaffen. Wenn auch das deutsche Surtprogramm zunächst eher gegen Frankreick unb Russ - land gerichtet fei, so müsse England doch Handeln: denn cs habe überhaupt kein Luftprogramm. Da« Blatt verlangt be? halb sofortige grünbliche Reform be? ganzen Luftdienstes. Tie . Dailv Mail" spricht von einer „deutschen Antwort auf den britt „Tu's nicht. Tu"? nicht!" ..Warum nicht? Worum nicht?" „Tu's nicht!" Aber dir Waldkräfie beacktete dne Warnung nicht und flog dennock nach dem Dorfe. Sie liess sick auf bcm_ Dachrande bei ersten .Haufes nieder unb >bähte und lauerte. S:c beipäbte die Sckwalhen. die bock oben durck die Luft flogen unb hier und da unter den Dachfirst segelten. Dann konnte sie auch da? Zwit - schern Hören. daS stet? anfiub, wenn sich die Rutter dem Neste näherte. Eine Krähe nimmt nicklS mit Gewalt, lässt sick niemals in einen offenen Kampf ein; sie wartet einen günstigen Augenblick zur Ueberrumpclung ab, um bann insgeheim zu stehlen. Tesl«lb wartete sie, bis die Schwalben sich wieder entfernt hatten, unb flog bann rasck an dem Dackrandc vorüber nach einer Birke, die hinter einen: Schuppen stand. Dort beabsichtigte sie, Toilette zu macken und Ausschau zu Halten. Tiber jo oft sie unter .dem Dachfirst ein leises Zwitschern Hörte, roäperte ihr der Schnabel. Fn jeder Ecke fand sick ja hier ein Schwalbennest und gar manche» auch unter den Dachbalken. Aber an die war nicht io leicht heranzukommen. Sie Hüpfte vorsichtig von Zwetg zu Zweig, steckte den Hali aus, lauerte und fväbte unb verbarg fick stets hinter dem Baumstämme, wenn sie b’c Schwalben kommen botst. Fn einer Ecke war der Dachbalken so lang, dass sie dort ganz gut Fuss fasten konnte Unb gerade dort war auch ein Rest voll ber fernsten, leckersten SchtoalbenbruL Der Tisch war gedeckt, jetzt galt e? nur, den Schnabel aus- zustreckcn unb sick zu bedienen. Aber dort könnte sie die Lecker- Pisten nicht in Ruhe verzehren. Sie wird sie lieber stücftvciie h:n< übertragen nach der Dackrinne. sie dort cuffpctcficrn unb bann eins nach dem andern mit dem Schnabel fasten, den Kops zuruck - werfen und langsam verschlingen, ganz langsam, nicht toten, o nein, ihnen lebend zu einem warmen Versteck verhelfen. Sie steckte den Schnabel in das Nest und erfasste ein -'chwack genedertcs. zappelndes Fung'?. Sie breitete die Flügel au», stieb mit den Füssen ab unb flog fort. Aber du guter Himmel, welches Leben begann dal „Gib acht! Gib acht!" schnitt eS wie ein scharfes Messer durch bic Lust. „Gib acht! Gib acht!" antwortete er von der andern Seite her. , Aber die Krähe, die daran gewöhnt war, dass die kleinen Vögel sich nicht verteidigen konnten, lieh sick nicht stören. -:e sollen nur schreien, da sie ja nicht? andere» zu tun vermögen. Ruhig und ihrer Sache lieber flog sie zur Dachrinne, liess dort ihre Beute, bie noch lebte, fallen, unb wollte sich wiederum zum Schwalbennest begeben. ®a sie nun einmal den -Speisezettel ent worfen hatte, wollte sie ihn auch zur AuSsührung bringen. Aber immer wilder wurden dte Schreie oben in der Luft, sie —tönten von nah und fern, verbreiteten sich Pott Haus zu Haus, und tm Augenblick waren die Vögel de» ganzen Dorfe» ver. sammelt. . Da» schwirrte und zischelte rtnas um bic Krafie rote tauienb Peitschenlcknürc. die auf ihren Rücken niedersausten. Alle«, toa# -a fliegen konnte, Schwalben, Buchfinken, Rotkehlchen. Sbetltnge . Bachstelzen unb Drosseln stürzten sich auf den Räuber unb Friedenstörer. Die Luft wurde schtoarz von diesen Cualgetstcrn, die von vorn und rückwärts angriffen, von oben unb von unten, mit funkelnden Augen, aufgesperrten Schnäbeln und dte Klauen, bic klein, aber spitz wie Ahlen waren, weit vorgestreckt hatten. Um diese kümmerte sick die Krähe wenig, :hr d-cktes Ge - fieder beschützte sie genügend, aber diese- Geschrc: bracktc sie au? der Fassung. Sie weckten ja damit da» ganze Tort au- machten cs zum Zeugen de» nussglückten Ven'uchs: sie batte b:c# so im Handumdrehen, ohne jedes Aussehen, abtun wollen, unb jetzt artete es in einen öffentlichen Skandal au». Seht nur, jetzt sangen sogar btc Hühner zu gackern an und die ßjänfe zu 'chnattern. Ganz verwirrt flog die Krähe über das Torf hin und ret und wusste nicht, wo sie sick verbergen sollte, wo sie mit ihrer Schande allein fein könnte. Sie wurde wütend. Fetzt wird sie _bcn Fcuken spielen uns wie ein solcher einen Ausfall gegen den nächsten ^ck-rethalk unter nehmen. Aber dabei verlor sie daS «leickgewickt und überfchlttn sich in der Lust. . , Weichet Fuhel! Welcher Fubel! .sogar btc Elster, -hrr alte Rivalin bei ber FcwH nach junget Brut, war bertorgetomm-r und tanzte jetzt in bet Luft hinter ihr unb^ um sic fier, lackte auS vollem .Halse unb avvlaudterte m:t den Flügeln. Auch oie Feldkrahen -aren au» ber Pflitctft rcke au'g".ogcn unb liessen sick auf dem Grenzzaune nieder, um ba« schon, piel zu betrachten. Als btc Krähe ihrer gewahr wurde, eilte ,te zu tonen, um Hilft m erlangen, und 'obald die» die flehten Vögelchen be - merkten, gaben sic die Verfolgung auf unb kehrten um. Aber die Krähe hatte von ihren Verwandten auf keinerlei Unterstützung zu rechnen. „Habe ick dick nicht gewarnt?" sagte der Aefteste auf dem Krähenkongress „Habe ich dir nicht gesagt, dass da» nicht angefit dass du c» bleiben lassen sollst! Bei uns Vö-i.'ln fiter, in dieser Gemeinde, besteht ein Ueberctniontmcn, auch die kletnen Vögel - chen in Frieden zu lassen. Dir wollen dieS Geschrei nicht habe«. daS immer anfängt, wenn man sie nur antastet. Es ist am besten, dass du dich gleich nach Hause packst. Wenn du es noch einmal tust, dann müssen wir selbst einschreUen." Die Daldkrähe flog beschämt fort und kam niemals mehr zurück. Aber btc Moral der Geschickte von der Krahe und den Schwa!- ben ist die uralte: dass die Einigkeit e» ist, die M-.cht verleiht. Ende. m