Nr.  224. 
Freitag,  veu  25.  September  1914. 
28.  Jahrgang. 
Hamburger  Echo. 
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Vie  Der  3m»  M  Ern»«  Ml  matheu  will. 
tc  wird  mehr  gelogen  als  im  Krieg!  Das  ist  ein  alter 
I,  Erfahrungssatz,  der  in  den  letzten  Wochen  mehr  denn 
je  bestätigt  worden  ist.  Deshalb  ist  es  ratsam,  alle 
nicht  von  verantwortlicher  Stelle  kommenden  Nachrichten  genau 
zu  prüfen,  ehe  man  ihnen  Wert  beimißt.  Nur  dann,  wenn 
die  innere  Wahrscheinlichkeit  vorliegt,  mag  man  sie  in 
Erwägung  ziehen. 
Die  innere  Wahrscheinlichkeit,  wenigstens  in  den  Haupt -
zügen,  liegt  aber  vor  bei  einer  Mitteilung,  die  der  „Voss.  Ztg." 
von  vertrauenswürdiger  Seite  aus  B  u  k  a  r  e  st  zugeht  und  die 
den  Plan  der  Neueinrichtung  Europas  nach  russischen  Wünschen 
enthält.  Obgleich  nichts  weniger  als  wahrscheinlich  ist,  daß  Ruß -
land  durch  den  Krieg  in  die  Lage  komme,  seine  Bedingungen  zu 
stellen,  ist  der  Plan  doch  in  doppelter  Hinsicht  interessant;  er 
zeigt  nämlich,  wie  Rußland  sich  das  erdrückende  Uebergewicht  in 
Europa  verschaffen  will,  auf  Der  andern  Seite  aber  auch,  was 
es  den  andern,  zum  Teil  am  Krieg  noch  unbeteiligten  Staaten 
zubilligt,  um  sich  deren  Gunst  zu  gewinnen.  Daß  dabei  die  „Er -
rungenschaften",  die  zunächst  sehr  lockend  aussehen  mögen,  auf 
die  Dauer  den  Beglückten  zum  Verhängnis  werden  und  sie  in 
Abhängigkeit  von  der  Vormacht,  nämlich  Rußland,  bringen 
müßten,  ist  noch  ein  besonderer  Zug  und  erweist  wiederum  Die 
Schlauheit  Der  russischen  Politiker,  Die  es  so  trefflich  verstehen, 
andern  scheinbar  zu  geben,  selbst  aber  den  Gewinn  einzuheimsen. 
Der  Plan  für  die  Neueinteilung  Europas  ist  äußerst  einfach 
und  nach  dem  Grundsatz  von  Belohnung  und  Strafe  aufgestellt, 
wobei  selbstverständlich  Rußland  sich  die  höchste  Belohnung  zu- 
mißt.  Zo  sieht  der  Plan  aus: 
Rußland  erhält  Den  größten  Landzuwachs,  indem  es 
Galizien  und  den  nichtrumänischen  Teil  der  Bukowina  annektiert, 
ferner  die  Moldau  bis  zum  Sereth  und  mit  Einschluß  der 
Donau  Mündungen,  dann  die  ganze  europäische 
Türkri  und  Kleinasien,  sowie  Nordpersien.  Eng -
land  erhält  Palästina  und  Arabien  sowie  die  überseeischen  Be -
sitzungen  Deutschlands.  Frankreich  wird  mit  Elsaß-Lothrin -
gen  abgefunden  und  mit  der  Tatsache  der  Zerstörung  der  deutschen 
Flotte.  Belgien  erhält  Luxemburg.  Serbien  gelangt  in 
den  Besitz  der  südslawischen  Länder  Oesterreich-Ungarns  mit 
einem  Zugang  zum  Adriatischen  Meer,  wobei  Dalmatien  zwischen 
Serbien  und  Montenegro  geteilt  wird.  Montenegro, 
Serbien  und  Griechenland  teilen  sich  außerdem  in 
Albanien,  von  welchem  Lande  nur  Valona  an  Italien  abgetreten 
werden  soll.  Griechenland  erhält  nebst  Nordepirus  die  seit 
dem  Tripoliskriege  von  Italien  besetzten  Inseln.  Italien 
nimmt  für  sich  die  von  Italienern  bewohnten  Teile  von  Oester -
reich.  Rumänien,  das  die  oben  erwähnten  Landstriche  des 
Königreichs  den  Rusten  überläßt,  erhält  dafür  die  von  Rumänen 
bewohnten  Teile  von  Bukowina,  Siebenbürgen  und  Südungarn. 
—  Ferner  verpflichten  sich  die  Russen  England  gegenüber,  nicht 
weiter  nach  Osten  vorzudringen;  dagegen  räumt  England'den 
Russen  die  unbedingte  Vorherrschaft  auf  der 
ganzen  Ostsee  ein.  Japan  hat  die  Zusicherung  erhalten: 
freie  Einwanderung  nach  Kanada  und  Den  englischen  Kolonien, 
einschließlich  Australiens,  freie  Hano  in  China  unD  eine  Anleihe 
von  200  Millionen  Pen. 
Charakteristisch  ist,  wie  das  verbündete  Frankreich  abgefunden 
wird,  das  die  Hauptopfer  des  Krieges  auf  sich  nehmen  mußte: 
Elsaß-Lochringen  soll  ihm  zufallen  und  damit  hat  es  zufrieden 
zu  fein.  Daß  wirtschaftlich  für  das  alte  Frankreich  der 
Zuwachs  kein  Vorteil  wäre,  wissen  französische  National -
ökonomen  und  insbesondere  französische  Industrielle  ganz  gut; 
aber  der  Nevanchetraum  wäre  erfüllt,  und  das  ist  die  Haupt -
sache.  Nachher  mögen  sich  die  Franzosen  mit  der  Sache  abfinden, 
so  gut  sie  können,  und  sich  damit  trösten,  daß  die  deutsche  Flotte 
nicht  mehr  existiert,  ein  Trost,  der  um  so  billiger  ist,  als  gerade 
Frankreich  wesentlich  nur  mit  der  Landmacht  Deutschlands 
zu  rechnen  hat. 
Besonders  raffiniert  ist  aber  die  Art,  wie  Italien  für 
feine  „wohlwollende"  Neutralität  oder  etwaiges  hilfreiches 
Eingreifen  belohnt  werden  soll.  Auch  hier  wird  ein  nationaler 
Traum  erfüllt:  Südtirol  und  Triest  sollen  dem  Königreich 
anheimfallen.  Ob  die  Bewohner  von  Triest  —  zum  erheb -
lichen  Teil  Nichtitaliener  —  die  Staatsangehörigkeit  begeistert 
wechseln  würden?  Als  wichtigster  Hafen  Oesterreichs  und 
Umschlagshafen  für  Deutschland  nimmt  Triest  einen  hohen 
Rang  im  Welthandel  ein;  als  einer  unter  den  vielen  italieni -
schen  Häfen,  und  zwar  der  am  schlcchtest  gelegene,  hätte  es 
eine  wenig  beneidenswerte  Zukunft.  Wahrscheinlich  würde  sich 
bald  eine  umgekehrte  „Jrredenta"  regen,  und  Italien  hätte 
einen  Pfahl  im  Fleisch.  Daß  eü  nun  durch  den  Besitz  von 
Valona  die  Adria  in  ihrem  nördlichen  Teil  absperren  könnte, 
dürfte  um  so  weniger  Freude  machen,  als  es  ja  s  e  i  n  e  Adria 
wäre.  Denn  Serbiens  oder  Montenegros  künftige  Seemacht 
ein  oder  auszusperreu  und  dann  mit  der  „Vormacht"  Ruß -
land  in  Konflikt  zu  kommen,  hat  doch  wohl  nicht  viel  Ver -
lockendes.  Dennoch  ist  der  Plan  insofern  außerordentlich  klug,  als 
er  die  in  Italien  besonders  wirksamen  nationalistischen  Instinkte 
auspeitscht  und  somit  geeignet  ist,  die  durch  die  Jrredenta  seit 
langem  bearbeitete  öffentliche  Meinung  für  die  Gefolgschaft 
des  Zarismus  zu  gewinnen. 
Die  Zuwendungen  an  die  slawischen  Balkan  stauten, 
die  Rußland  verspricht,  gehören  zu  Dem  alten  bekannten  Pro -
gramm  und  brauchen  nicht  weiter  erörtert  zu  roerDen.  Be -
merkenswert  ist  nur,  daß  Bulgarien  ausgeschaltet  ist,  somit 
außerhalb  des  Kreises  der  Zufriedenen  bliebe.  Das  gäbe  für 
Die  Zukunft  Die  Gelegenheit,  es  gegen  den  etwa  unbotmäßig 
werden  wollenden  Vasallenstaat  Serbien  auszuspielen. 
Eine  diplomatische  Musterleistung  ist  Die  Behandlung 
Rumäniens.  Bedeutende  Gebietsvergrößerung  auf  Kosten 
Oesterreich-Ungarns,  aber  —  fast  vollständige  Abschließung 
vom  Meer  und  dann  noch  die  Durchfahrt  durch  Bosporus  und 
Dardanellen  abhängig  von  dem  guten  Willen  Rußlands.  Das 
bedeutete  die  ewige  Unterwerfung  Rumäniens  unter  den 
Zarismus. 
Die  Vorherrschaft  auf  Dein  europäischen  Festland  wäre 
also  dem  Zarismus  gesichert.  Neue  Gegensätze  zwischen  Den 
einzelnen  Staaten  würden  diese  dauernd  verhindern,  sich  zu -
sammenzutun  und  mit  vereinter  Kraft  dem  Gebot  der  Mos -
kowiter  zu  trotzen.  Europa  würde  kosakisch  sein. 
Denn  auch  England,  wenn  es  einmal  das  Kultur- 
mörderische  seiner  Politik  einsähe,  würde  nicht  mehr  helfen 
können!  Der  russische  Plan  ist  auch  nach  dieser  Richtung  hin 
vorsorglich.  Afrika  wird  den  Briten  zugeteilt,  und  in  Asien 
erhalten  sie  auch  freies  Spiel.  Nur  mit  deu  Iapaner,n 
haben  sie  sich  zu  verständigen.  Daß  diese  „Verständigung" 
in  einem  langen,  verzweifelten  Ringen  zwischen  den  weißen 
und  den  gelben  Freibeutern  ihren  Abschluß  finden  würde,  das 
weiß  man  in  Petrograd,  und  das  will  man  dort  auch! 
Europa  unter  der  Knute!  Das  wäre  der  sichere 
Erfolg  eines  Sieges  der  Allianz  Rußland-Frankreich-England- 
Japan. 
Möglich,  daß  die  Begeisterung  für  die  französischen  und 
englischen  Kulturverteidiger  und  die  kommentmäßige  Tobsucht 
gegen  die  „teutonischen  Barbaren"  bei  einigen  der  Neutralen 
etwas  gedämpft  wird,  wenn  sie  so  viel  Ruhe  gewinnen,  den 
bescheidenen  russischen  Organisationsplan  für  Neu-Europa  zu 
durchdenken  und  sich  die  Folgen  Der  Verwirklichung  vor  Augen 
zu  halten.  Wo  man  von  Anfang  an  Kaltblütigkeit  bewahrt 
und  sich  nicht  auf  Phrasen  verlassen  hat,  wie  zum  Beispiel  in 
SkanDinavien,  hat  mau  auch  Die  rechte  Haltung  gefunden  und 
die  Neutralität  sehr  ernst  genommen.  Denn  Dort  weiß  man, 
was  „Die  unbeDingte  Herrschaft  Rußlands  auf  Der  ganzen 
Ostsee"  zu  bedeuten  hätte,  politisch  wie  wirtschaftlich.  Wenn 
anderwärts,  wo  man  heißblütiger  ist  und  in  Begeisterung  für 
Die  „Kultur"  sehr  unbestimmten  Begriffs  übersah,  daß  Deren 
„Verteidigung"  ausgerechnet  von  Zartaren,  Baschkiren  und  Kosaken, 
Senegalnegern  und  Tuaregs  geführt  werde,  nunmehr  Der 
schöne  russische  Plan  stuDiert  wird,  kommt  auch  Dort  Die  Er -
nüchterung. 
Einstweilen  aber  beruht  Die  ganze  Hoffnung,  Daß  Europa 
vor  Der  Zarisierung  bewahrt  werde,  auf  dem  Erfolg  Deutsch -
lands  und  Oesterreichs  gegen  die  Nebermacht  des  Einkreisungs -
bundes.  Bis  jetzt  sind  die  Zeichen  günstig.  Aber  wehe  den 
Völkern  unseres  Erdteils,  wenn  die  Moskowiter  ihr  schlaues 
Spiel  gewännen! 
Der  Weltkrieg. 
Der  Unterseeboot-Schrecken. 
Ueber  den  Eindruck  der  Katastrophe  in  England  wird  über 
Kopenhagen  aus  London  gemeldet:  Tas  Gefühl  vollkommener 
Sicherheit  und  Ueberlegenheit,  in  das  bisher  die  Engländer  ge -
wiegt  wurden,  ist  mit  einem  Schlage  verschwunden  und  einem 
Gefühl  banger  Beunruhigung  gewichen.  Zu  der  ständigen 
Furcht  vor  Zeppelinluftschisfen  ist  nun  die  Unterseeboot- 
angst  getreten.  Tie  Nachrichi  von  dem  Verluste  der  Panzer -
kreuzer  wurde  in  London  durch  die  heutigen  Morgenblätter  be -
kannt.  Tie  Mitteilung  rief  allgemein  starke  Niedergeschlagenheit 
hervor,  und  trotzdem  die  Blätter  den  Verlust  zu  beschönigen  suchen 
und  darauf  Hinweisen,  daß  sich  gewiß  die  Möglichkeit  bieten  werde, 
Vergeltung  zu  üben,  gibt  man  sich  doch  keiner  Täuschung  darüber 
hin,  daß  die  hochgespannten  Hoffnungen,  die  man  bei  Kriegs -
ausbruch  in  die  englische  Flotte  setzte,  sich  bisher  in  keiner  Weise 
erfüllt  haben,  ja,  daß  vielmehr  die  deutsche  Flotte  eine  weit 
erfolgreichere  Tätigkeit  zu  verzeichnen  habe,  als  die  englischen 
Schiffe.  Tie  genaue  Höhe  der  Verluste  ist  heute  noch  nicht  be -
kannt,  man  nimmt  an,  daß  etwa  1900  Seeleute  ihren  Untergang 
gefunden  haben.  Sehr  abfällig  wird  bemerkt,  daß  es  möglich 
sein  konnte,  drei  englische  Kreuzer  zum  Sinken  zu  bringen,  ohne 
daß  auch  nur  eins  dieser  Schiffe  Gelegenheit  genommen  hätte, 
aktiv  in  den  Kampf  einzugreifen,  und  daß  kein  einziger  Schuß 
von  den  englischen  Schiffen  abgefeuert  wurde.  Man  nimmt  in 
London  an,  daß  mehrere  Unterseeboote  an  der  Arbeit  waren,  und 
versteht  es  nicht,  wieso  diese  ganz  unbemerkt  ihre  Tätigkeit  ver -
raten  konnten.  In  der  Preffe  und  in  der  Oeffentlichkeit  wird 
stark  dafür  Stimmung  gemacht,  vag  die  englische  Flotte  nunmehr 
unbedingt  aus  ihrer  Zurückhaltung  heraustrete  und  energisch 
vorgehen  muffe.  Obgleich  von  verschiedenen  Seiten  bisher  ver -
sucht  worden  ist,  die  Untätigkeit  der  englischen  Schiffe  fachmännisch 
zu  erklären,  will  man  diese  Begründung  nicht  mehr  glauben. 
Rotterdamer  Blätter  melden,  dem  „12-Uhr-Telcgraph"  zu -
folge,  die  Nachricht  von  dem  Sinken  der  drei  englischen  Panzer -
kreuzer  hat  in  ganz  England  einen  unglaublichen  Widerhall 
gefunden.  Ter  Rücktritt  Churchills  wird  jeden 
Augenblick  erwartet.  Man  fordert,  daß  nicht  nur  der 
Befehlshaber  der  Mittelmeerflotte,  Troubridge,  zur  Verant -
wortung  gezogen  werde,  sondern  vor  allem  der  der  großen  Nord -
seeflotte,  dessen  Unfähigkeit  und  Verfehlungen  weit  größer  seien. 
Tas  führende  Arbeiterblatt  („Labour  Leader"?)  verlangt,  man 
solle  das  gcknze  Ministerium  in  Anklagezustand 
versetzen.  Es  habe  dies  Schicksal  sowieso  schon  durch  seine 
Teilnahme  am  Kriege  verdient.  Ter  Krieg  wäre  an  und  für  sich 
schon  unpopulär,  jetzt  sei  er  verhaßt,  und  der  Haß  werde  sich 
gegen  die  wenden,  die  ihn  herausgcfordert  haben.  Auch  die  „vor -
nehmen  Blätter"  sprechen  von  der  großen  Enttäuschung 
d  e  s  e  n  g  l  i  s  ch  e  n  Volkes,  das  bisher  geglaubt  habe,  die  beste 
Flotte  der  Welt  zu  besitzen,  und  jetzt  sehen  muffe,  wie  weit  ihr 
die  deutsche  Flotte  an  Tatkraft  voran  sei.  Wir  haben  den 
Mut  verloren,  schreibt  die  „Evening  Post",  und  Mut  ver -
loren  heißt  alles  verloren.  In  dieser  Tonart  bewegen  sich  die 
Ausführungen  aller  englischer  Zeitungen.  Nur  eine  glänzende 
Waffentat  unserer  Flotte  könnte  den  niederschmetftrnden  Ein -
druck  verwischen,  schreibt  das  „Daily  Chronicle",  uns  aber  fehlt 
das  Vertrauen,  an  einen  solchen  Sieg  zu  glauben. 
Die  Erfolge  des  Unterseebootes  „U  9". 
Die  „Daily  Mail"  meldet  über  den  Untergang  der 
Kreuzer  folgende  Einzelheiten:  „Abukir"  wurde  im  Kohlen -
raum  von  dem  Torpedo  getroffen,  „Cressy"  wurde  durch  den  ersten 
Torpedo  durchaus  nicht  ernstlich  beschädigt,  obwohl  die  Explosion 
heftig  war.  Während  die  Rettungsboote  ausgesetzt  wurden,  stand 
die  Mannschaft  bei  den  Geschützen  und  gab  einen  Schuß  auf  das 
Pereskop  des  Unterseebootes  ab,  das  sich  wenige  Sekunden  zeigte. 
Nachdem  die  „Creffy"  von  einem  zweiten  Schuß  tötlich  getroffen 
W.T.ßJUZ. 
Helgoland 
§ 
9 
Kampfplatz 
*  1 
**oel(  ilto,lan®. 
•OnsX  Scarborough 
war,  warf  die  Mannschaft  Stühle  und  Tische  über  Bord,  um  sich 
daran  festzuhalten.  Die  Besatzung  der  drei  Kreuzer  zählte  ins -
gesamt  2731  Mann. 
Die  englischen  Zeitungen  beklagen  in  ihren  Besprechungen 
des  Untergangs  der  drei  Kreuzer  mehr  den  Verlust  der  Mannschaft 
als  den  der  Schiffe,  die  einem  älteren  Typ  angehörten,  und  be -
tonen,  daß  England  jedenfalls  mehr  Gebrauch  von  Unter» 
seeboten  und  Minen  machen  müsse.  _ 
Der  „Guardian"  sagt:  Man  dürfe  den  Verlust  der  Schiffe 
nicht  leicht  nehmen.  Hatten  englische  Unterseeboote  tn  sieben 
Minuten  drei  Kreuzer  verstört,  so  hätte  man  dies  eine  brillante 
Leistung  genannt. 
Die  s,Times"  schlägt  aus  Anlaß  des  Unterganges  der  drei 
Kreuzer  vor,  die  deutsche  K  ä  st  e  mit  einem  Minen- 
gürte!  z  u  umgeben,  um  den  Feind  einzuschließen. 
Ans  Dmuiden  wird  gemeldet:  Heute  lDonnerstag)  vor -
mittag  um  9  Uhr  15  Min.  ging  ein  Zug  m.t  Ueberlebenden  von 
den  bcit.schen  Kreuzern,  welche  nach  dem  Besch...ß  der  Behörden 
während  des  Krieges  in  A  m  st  e  r  d  a  m  bleiben  'ollen,  dorthin  ab. 
21  Verton .dere,  darunter  1  Schwerverwundeter,  werden  in 
Dmuiden  bleiben.  Unter  den  Ueberlebenden  befinden  sich  20  Offi -
ziere,  1  Sani.aisoffizier  und  ein  Geistlicher. 
Ein  Bericht  des  Vizeadmirals  Pateh  von  der  australischen 
Marine  bestätigt,  daß  das  e  n  g  l  i  s  eb  e  Unterseeboot  „A  E  I" 
eines  der  größten  und  modernsten  Unterseeboote  der  englischen 
Marine,  mit  84  Offizieren  und  Mannichaften  ge -
sunken  'ft.  Es  batte  vier  Torpedorohre  und  zwei  Kanonen 
an  Bord.  „A  E  I"  grhö-"e  ZU  den  Unterseebooten,  die  tn  England 
für  die  australische  F.otte  gebaut  -worden  sind.  Es  war  im 
vorigen  Jahre  vom  Stapel  gelaufen. 
Die  Minengefahr! 
Aus  (ttrimsSh,  24.  September,  wird  gemeldet: 
(sm  Schlepper  ist  heute  ans  eine  Mine  gcstosien  vnl 
ausgeslostkn.  Lechs  von  der  Mannschaft  wurder 
getütet.  
Die  Duren  und  der  Weltkrieg. 
Der  südamerikainsche  General  Beners  erklärt  in  dem 
Schreiben,  in  dem  er  um  seine  Enllaffnng  nachgesucht,  unter  anderem: 
„Ich  wußte  schon  im  August,  daß  Abteilungen  englischer  Truppen 
nach  Deutsch-Südwestafrika  gesandt  wurden,  um  die  Kolonien  zu  er -
obern.  Ich  wollte  schon  damals  abdanken,  wartete  aber  auf  den 
Parlamenisbeichluß.  Tas  Parlament  bekräftigte  den  Beschluß  der 
Regierung,  Südwestafrika  zu  erobein,  ohne  daß  Deutsch -
land  uns  herausgcfordert  hatte.  Die  Negierung 
weiß,  daß  die  Mehrheit  der  holländisch  sprechenden  Bevölkerung 
diesen  Beschluß  mißbilligt.  Alan  sage,  England  führe  Krieg 
um  der  Gerechtigkeit  willen,  um  die  Unabhängigkeit  kleiner  Völker  zu 
schützen,  um  die  Verträge  einzuhalten.  Aber  die  Tatsache,  daß  drei 
englische  Nlinister  abdanktcn,  beweist,  daß  eine  starke  Minder- 
heit  in  England  nicht  von  der  Gerechtigkeit  dieses 
Krieges  überzeugt  ist.  Tie  Geschichte  lehrt,  daß  England 
die  kleinen  Völker  nur  schützte  und  Verträge  einhielt,  wenn  es  sein 
eigenes  Interesse  war."  BeyerS  erinnert  an  die  Unter -
jochung  der  B  uren  r  ep  u  b  li  ke  n,  an  die  Niederdrennung 
ihrer  Gehöfte  und  sagt,  cs  sei  unwahr,  daß  die  Teutschen  die  Grenze 
der  Union  überschritten  hätten. 
Englanüs  ägyptische  Sorgen. 
Die  e  n  g  l  i  s  ch  c  R  e  g  i  e  r  u  n  g  verständigte  den  in  Konstantinopel 
weilenden  K  h  e  d  i  v  e  A  b  d  a  s  P  a  s  ch  a  ,  daß  seine  Rückkehr  nach 
Aegypten  vorlSttsig  nicht  gestattet  werden  könne. 
Recht  nett,  wie  die  über  den  Bruch  der  Neutralität  Belgiens  so 
entrüsteten  Engländer  mit  dem  Herrscher  eines  Landes  verfahren,  das 
nach  ihrer  eigenen  oft  wiederholten  Erklärung  nicht  englischer  „Schutz- 
staat",  sondern  lediglich  „vorübergehend  oklupiert"  ist  I 
Der  „Franks.  Ztg."  wird  ans  Kairo  gemeldet,  daß  die  dortigen 
eingeborenen  Offiziere  auf  Befragen  ihrer  englischen  Vor -
gesetzten  einstimmig  erklärten,  daß  sie  es  von  sich  weisen  müßteu, 
gegen  die  Kalifatsmacht  zu  kämpfen,  falls  der  Krieg  zwischen  Aegypten 
und  der  Türkei  ausdräche.  Diese  e  i  n  st  i  m  m  i  g  e  Kundgebzing  hat 
bei  den  Engländern  Bestürzung  bervorgerufen.  Sämtliche  eingeborene.' 
Offiziere  würden  24  Stunden  später  nach  dem  Sudan  verschickt. 
Die  Requisitionen  in  Antwerpen. 
Der  Gouverneur  von  Antwerpen  hat  zu  Beginn  der  Belage -
rung  verfügt,  daß  die  mit  der  Versorgung  der  Zivilbevölkerung 
betraute  Requisitionskonimission  im  Zusammenwirken  mit  dem 
Roten  Kreuz  und  dem  Generalkonsul  der  Vereinigten  Staaten 
von  Nordamerika  befugt  ist.  aus  den  Wohnungen  der  beim 
Beginn  des  Krieges  ausgewiesenen  ober  abgereisten  Deutschen 
und  Oesterreicher  alle  Gegenstände  wcgzu  neh -
men,  die  für  die  Bedürfnisse  der  Militärver -
waltung  und  des  Roten  Kreuze»  sowie  für  den 
Unterhalt  der  Zivilbevölkerttng  von  Nutzen 
sind,  insbesondere  Möbel,  Lebensmittel,  Kleider 
und  Wäsche.  Zur  Durchführung  dieser  Requisitionen  ist  eine 
besondere  Kommission  ernannt  worden,  in  der  das  Rote  Kreuz 
und  das  nordamerikanische  Konsulat  vertreten  sind,  letzteres  als 
diplomatischer  Vertreter  der  Jntereffen  der  deutschen  und  öfter- 
reichischen  Staatsangehörigen,  lieber  die  aus  icbcr  Wohnung 
entnommenen  Gegenstände  wird  ein  besonderes  Verzeichnis  aus -
gestellt  mit  Abschätzung  des  Wertes  sämtlicher  Gegenstände. 
Ueber  den  jeweiligen  Gesamtbetrag  der  requirierten  Gegenstände 
wird  eine  nach  Friedensschluß  fällige  Amveisung  an  den  belgischen 
Staatsschatz  ausgestellt  und  beim  Konsulat  der  Vereinigten 
Staaten  samt  einer  Jnveutarabschrift  hinterlegt.  Die  lleBcr- 
wachung  der  für  die  Requisition  geöffneten  Wohnungen  wird  der 
Polizei  anbertraut;  die  Keller  müssen  versiegelt,  etwa  gefundene 
Gegenstände  aus  Edelmetallen  bei  der  belgischen  Staatsbank 
niedergelegt  werden. 
Sechzig  Mann  öes  Kreuzers  „Magöe- 
burg"  in  russischer  Gesangenschast. 
Wie  wir  der  „Voss.  Ztg."  entnehmen,  sind  sechzig  Diann  des 
Kreuzers  „Magdeburg",  der  in  den  nnnischen  Schären  (bei  Ldesbolm) 
von  feiner  Besatzung  in  die  Luit  gesprengt  wurde,  in  russische 
Kriegsgefangenschaft  geraten.  Die  Verlustliste  der  „Magdeburg" 
gab  105  Namen  an:  von  diesen  wurden  75  Mann  als  „vermißt" 
bezeichnet.  Tatsächlich  vermißt  dürsten  demnach  nur  sünszeh»  Mann 
von  der  „Magdeburg"  bleiben.