Nr. 2W. Sonnabend, den 19. Tezember 1914. 28. Jahrgang. M mvurger Echo. $aü „Hamburger Vrtio” erlcheinl wgUch, au ,niage. Ilboniiementsprets durch rk Poft bezogen ohne Bringegeld mono k 1.20, orerteljöhrlich a 3,60; durch die Rolporleute wöchentlich 30 4 frei in« Hau«. Einzelnummer in d Expedition und den Filigl-n 6 *. Sonntagsnummer mit „Neue Wels 10 4, bei den Straßenhöndlern 10 4. kkreuzbandsendungen monatlich * 2,70. für bas Au-Iand monatlich a z,, Redaktion: Anmliitrn SlPfbitton: Fehlandftrahe 1L L Stork. 'VFehlandftrade 1L Lrdgeichotz. Verantwortlicher Redakteur I. Reitze m Hamburg. «nzelyen die fitbengefpallenc Pein,eile oder deren Raum tu 4. Lrbeltsmartt, iUrrmietuug»- und Somit, enanseigen 20 4. «nzrigen-Aunahme Fehlandftr. 11, Erdgelchoh (bl# 5 Uhr nachmittag«) in den Ailialen, forete in allen Annoneenflen ohne Verbindlichkeit, SieUamen im redaktionellen teil werden weder gratis noch gegen Entgelt ausgenommen. Buchhandlung: Erdgeschoß, Buchdruckerei. ktonlor: 1. Stock. Fehlandftr. 11. । et. Pan», ohne Amandastrage, bei Fron, Würz beiger, Annens» 17 hnmSdüttel, Langenfelde bei Lari Dreyer, Fruchiallee 42. Hobelnft, Eppendorf, iltrofz-Borftel und Winterdude bei Srnft Sroßkopf, Meldorferfir. 8. Barmbeck, Uhlenhorst bet Theodor Peiereit, Heinnch Heryftr. 145- 11ID I PH ♦ Rord-Varmbeck bet Roben Bin, Poppenhufenstr. 13. Hohenfelde, Borgfelde, Hamm, Horn, kchiffbeck und Billwärder bei darf Ortel, Baustr 26. Hammerbrook bi« Ausschläger Billdeich bei Rub. Fuhrmann, Eüderkaiftr. 18. RotenburgSort und Veddel bei Fr. Hübener, ff HIUll II ♦ SBitib Röhrendamm 218 a, Hchpt Blifb<-fm«bnra bet Adolf Bendt, Schulst,. 22a Tilbeck Wandsdeck. Htnfcklenfelde und Oft-Barmbeck bei Fran, »Niger, »une Reibe 34 Altona bei Friedr, fudwiq, Bürgerstr 22 Ottensen. Babrenfeld bei Fran, Role, FNedenSallee 46. Vas Reich -er Raute. und über „die Kunst der Franzosen, Schlachten zu verlieren", | nur denkbar ist, und auch die ersten Niederlagen änderten kaum können, Zeinö Oberste Heeresleitung. MerreiW-iingfltiWr AlegsbeliSik gehörigen sind infolge der Aufcnthaltsbcstiinmungcn der Mög- fort. Die Lage wie dein Zahl von Geschützen, Maschinengewehren und Handwaffen, den Russen bisher schon abgenommen wurden, der Verlust Munition nicht mir auf dem Kampffeld, sondern auch durch merkwürdigen Explosionen der Transportzüge, sind nicht zu uns nie die An- Alp'von gchöhnt. Politisch interesiant ist aber diese Stelle: Das SanSculottentum hat, aufrichtig gestanden, bei Bewunderer gefunden. Und uns wäre — ich glaube, schauungen hoch oben richtig zu interpretieren — ein die an die er- Slcllvertrcler des tfbeis des tiienetalfiabe8: von Höser, Generalmajor. wesentlich geändert. Ler WTB.Wien, IS. Dezember. Amtlich wird verlautbart, IS. Dezember, mittags: Die geschlagenen russischen Haupt- kräfte werden auf der ganzen, über vierhundert ililometcr breiten echlachtfront von KroSno bis zur Bzura- mündung verfolgt. (Gestern wurde der stzrind auch aus seinen Stellungen in dem nördlichen Karpathcnvorlandc zwischen KroSno und ^iakliczyn geworfen. 9lm untere» Dnnajcc stehen die verbündeten Truppen im Kampf mit gegnerischen Nachhuten. In Südpolen vollzog sich die 'Vorrückung bisher ohne gröstcrc lstämpsc. Piotrkow wurde vorgestern vom k. und k. Infanterie-Regiment Wilhelm I., Deutscher Kaiser und König von Preußen, Nr. 34, Brzedborz, gestern von Abteilungen deS NagpSzebcncr Infanterie - Regiments Nr. 31 erstürmt. Tic heldenmütige Besatzung von PrzcmtzSl setzte Soldat wird dadurch des Trostes beraubt, feine Angehörigen im letzten Augenblick sehen zu können. „L'HnmanitS" beklagt in den schärfsten Ausdrücken die Verhaftung der russischen Dumamirglicder und betont, dasi die Voraussetzung für Frankreichs Allianz mit Rußland die Aufrechterhaltung des Burgfriedens zwischen den Parteien in Rußland gewesen sei. Wenn sich französische Sozialisten und Republikaner wirk - lich der Meinung hingegeben haben, wenigstens während des Krieges würde der Zarismus seine Vcrfolgungswut aufgeben oder mäßigen, so beweist das nur, daß sie keinerlei Kenntnis haben von dem wirklichen Wesen des MoSkowitertumS, das sich selbst aufgcbcn müßte, wollte es nicht mehr alle Gewalt- wenden. Und die auch-sozialistischcn „neutralen" Nachbeter wenden. Und die auch-sozialistischcn „neutralen,, Nachbeter der Phrase, Kosaken und Baschkiren würden die französische Fahne der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zum Siege führen, werden nun eines Besseren belehrt sein — wenn sie zu belehren sind, was uns aber nach einigen Erfahrungen auch int Inland nicht sehr wahrscheinlich dünkt. Für den Augenblick wichtiger ist aber, daß sich offenbar im Lager der Koalition die Gegensätze und Widersprüche von Tag zu Tag verschärfen. Solange die Aussicht auf einen leichten Sieg bestand, war das Verhältnis so herzlich, wie es bereit ist." AuS Kopenhagen wird dem „Lokal-Anzeiger" tetcgra phiert: Der Eindruck, den die Beschießung der englischen Häsen durch die deutschen Kreuzer in ganz England gemacht hat, ist kaum wiederzugcben. Nicht nur in den beschossenen Städten in Schreck und Ueberraschung ungeheuer, sondern auch die Londoner Bevölkerung ist auf das heftigste erregt. Dos Gespenst des deut scheu Einfalls macht heute die Engländer mehr zittern, denn je. Das Mißtrauen gegen die eigene Flotte ist um so lebhafter, als die anfängliche Hoffnung, daß cs den englischen Kriegsschiffen ge lingen werde, den deutschen Kreuzern den Rückzug abzuschneiden, sich später ebenfalls als trügerisch erwies. Die deutschen Kreuzer schossen aus großem Abstande. Die Geschosse der Festungen waren völlig niachtlos. Der Marine-Mitarbeiter eines e t o ck h o l m c r Blattes schreibt: Noch einmal haben die Engländer deutschen Unter nehmungsgeist und deutsche Angrifsslusl fühlen müssen auf einer mt ihre natürlichen Gefühle und ihren etolz äußerst empfindlichen Weise. Teutsche RriegSfahrzeuge sind zum Angriff gegen d-.e englische Küste geschriren, unoetnmmcrt um die englische Herrsch gewalt zur See. ES scheint, als ob dieser deutsche Borstoß be - zweckte, einen Teil der englischen Flotte aus ihren Verstecken her vqrzulocken. Wolle sich die englische Admiralität weiter abwartend verhalten,'' so riskiere sie, daß die Deutschen aus dem enige schlagenen Wege fortsahren, ein Zustand, der den englischen Stolz beugen müsse. Kopenhagener „Politiken" schreibt in einem Leitartikel' Die englische Admiralität behauptet, daß die Flottendemostralioll vor unbeschützten Städten ohne militärische Bedeutung sei. Tier- ist keineswegs richtig, denn daö Vertrauen, daß England die Nordsee beherrsche, ist bei allen handcltrcibendeii Nationen in hohem Maße zerstört worden, wenn durch die Beschießung der ciig- lischen Küste allen seesahrenden Nationen einwandssrei dargetan ist, daß England nicht einmal imstande ist, seine eigenen Küsten gegen Angriffe schneller Kreuzer zu beschützen. Die Beschießung wird ohne Zweifel die Forderung nach einem besseren Küsten schütz dringend hervortreten fassen. Jfile Augenzeugen bestätigen, daß die Bewegungen dec deutschen Schisse mit der größten Kalt bliitigkeit und mit hervorragendem Mut ausgesührt worden sind. Kein Lotse würde sich der Küste so nähern, wie die deutschen Schisse es getan haben. In den englischen Aerger über den An griff mischt sich die Bewnnderung der deutschen Deemannstat. Aus Rotterdam wird berichtet: Infolge des Wieder erscheinens deutscher Kriegsschiffe an der englischen Küste e r höhte LlotidS in London alle Versicherungen für das englische K ü st e n g e b i e t an der Nordsee um 3,5 pZt. Die englischen (psfiziersverluste. DaS englische Prcsicburcau teilt mit, daß das englische (Expeditionskorps bis zum 14. Dezember 3S<1 Cf fistete verloren hat, nämlich 1133 tot, 2325 verwundet, 513 vermißt oder gefangen. Bis zum 11. No- vember hatte der «erluft 2420 Offiziere betragen. Tie Verlustliste» enthalten 15 Generale, 108 Obersten, 32* Majore, 1123 Hauptleute und 2303 Leutnants Die Kämpfe an der Westküste. Ueber neue Kämpfe bei Zpern heißt eS in der „Vo fischen Zeitung": Aus der ganzen Linie wird hariiiöckig gekänw't. Die Truppenbewegimgen nach der Front dauern fort. An der .Ver - stellung der Tämme wird ununlerdrochen gearbeitet. Ein Rotter - damer Blatt will mitteilen sönnen, daß in den nächsten Tagen große Mengen deutscher Truppen in Antwerpen erwartet werden. 480 Millionen Knegskonttibution. Wie der „Düsseldorfer Generalanzeiger" aus Brüffel erfährt, ist die von den besetzten belgischen Provinz e n zu leistende Kriegskontribution auf 480 Millionen Franken festgesetzt worden. Tiefe Summe ist in zwölf Raten zu erlegen, und zivor hat die Zahlung der ersten beiden Raten am 15. Januar 1015 an die Kriegskasse des kaiserlichen Gouvernements in Brüssel zu er - folgen. Zugleich hat, wie die „Köln. Volkszetiung" berichtet, der Gcneralgouvcrneur zum 19. Dezember die Provinzialstände der neun Provinzen, die an der Erlegnng dieser Kontribution beteiligt sind, zu einer eintägigen außerordentlichen Tagung einberufen. deutschen Kreuzer außer Sicht waren. Der Amsterdamer „Tclcgraas" meldet aus London: Die Anzahl der durch das Bontbardement der englischen Küste Ge - töteten und Verivundeten ist mindestens doppelt so groß, als zuerst angenommen wurde. Die Häuser von F i r h b u m und Parkwalk, die eine halbe Meile von der See entfernt stehen, haben sehr schlver gelitten. Granaten fielen auch in Boghall nieder, wo viele Fenster durch den Luftdruck zerbrochen und Häuser zerstört wurden, und in Ruswarp, das eine Meile vom Meere entfernt liegt, sowie noch weiter im Inland liegende Däuser; in Meadotvsield wurde eine Schule beschädigt, lieber, die Hälfte der Geschäfte wurde sofort geschlossen. Eine Reutermeldung aus London vom 18. Dezember lautet: Amtlich wird mitgeteilt, daß bei der Beschießung Hartlepools 82 Personen getötet wurden. Zwei» hundertundfünfzig wurden verwundet. Von den auf der Höbe von Hartlepool befindlichen englischen Schiffen, dem kleinen Kreuzer „Patrol" und dem Torpedobootszerstörcr „Toon", wurden 5 Matrosen getötet und 15 verwundet. Eine Privatmeldung des „Nieuwc Rotterdamer Courant" berichtet aus London: Ans telegraphisches Ersuchen der städtischen Behörden der Lstküstc Englands hielten die parlamentarischen Vertreter der östlichen Grafschaften eine Konferenz ab, um eine Verlust der englischen Torpcdoboolszerstörcr-Flottillc ist, „Lokal-Anzeiger" aus Genf berichtet wird, einer Prival- meldung zufolge, viel ernster, als die Admiralität zugesteht. Die Fnnksprüchestationen von Scarborough fünften noch während des Bombardements, doch erschien keine größere Einheit, bis die Wge li Weilen. Schwere Verluste öerZranzoseu. Amtlich. WTB. Großes Hauptquartier, 18. Dezembrr 1914, vormittags. der Komps bei Nieuwport steht günstig, ist aber noch nicht beendet. Angriffe -er Franzosen zwischen La 6off6e und firras sowie beiderseits -er Somme scheiterten unter schweren Verlusten für -en Gegner, flllein an -er Somme verloren -ie Franzosen 1200 Gefangene un- min-estens 1800 Tote. Unsere eigenen Ver - luste beziffern stch Üort auf noch nicht 200 Mann. Jn -en begonnen trugen uns eigene gut gelungene Angriffe etwa 750 Gefangene und einiges Kriegsgerät ein. von -en Übrigen Teilen -er Westfront stn- keine beson-eren Greigniste zu mel-en. ^ln -er ost» und westpreußischen Grenze ist die Lage unverändert. In Polen folgen wir weiter dem weichenden Reibereien unter den Verbündeten. Die „grantfuretr Zeitung" meldet aus Tokio: Im Verlause der P a r l ö tn c n t 8 t a g u n g stellten die Deputierten der Cppo sition auf Grund australischer Angaben fest, daß die australische Bundesregierung verlangt habe, d > . Operationen der japanischen Flotte sollten i i di auf den Raum nördlich des AequatorS be - schränken. Es war vorauSzusehen und wir haben schon mehrsacki bnraur hingewiesen, daß gerade die deutschen Südseeinseln das Streitobj.-'t zwischen den Verbündeten bilden werden. Wir vermuten, eS wird gar nicht lange dauern, und der Konflikt kommt zum Ausbruch. Vie Gefangenen-Unruhen auf -er Insel Man. Aus London wird berichtet: DaS Militärgericht Douglas aus der Insel Man verurteilte den früheren Steward der Hamburg-Amerika- Linie. Kurt Bausch, wegen A n st i f I u n g zum Aufruhr int Gefangenenlager am 19. No - vember. Ter UrteilSfpruch wird nach Bestätigung b e k a n n t g e m a ch t werden. etwas, da man sie in Paris, London und Petrograd gleicher - maßen in Erfolge umzuredigiercn verstand. Seitdem haben sich jedoch die Dinge geändert, und das Mißtrauen ist ein - gezogen. Nun, da man vom Osten her keine wirksame Hilfe mehr erwarten kann, wird in London und in Paris-Bordeaux das Bewußtsein wach, daß cs angebracht sei, wenigstens „kulturell" etwas von dem nach Juchten duftenden Bundesgenoffen abzu - rücken. In Rußland selbst werden sich die Zartsten für die im Kampf gegen Deutschland erlittenen Niederlagen in ihrer alten Art zu rächen suchen; also Fortsetzung und Verschärfung der Reaktion. . . . Doch vielleicht entfesselt der Stoß von außen, der die Heere des Zaren zerstreut hat, auch die Kräfte, die von innen heraus das Gebäude zersprengen können. Der deutsche Zlottenangriff auf die englische Küste setzen. In Frankreich, auch in England lasten sich industrielle Anlagen in KriegSwcrkstätten umschaffen; in Rußland aber nicht. Sehr belehrend in dieser Hinsicht ist ein Brief, den ein Hofbeamter aus der Umgebung des Zaren an seinen Bruder, der als Offizier im französischen Heer fiel, schrieb und der in der Presse neutraler Länder veröffentlicht wird. Das Schrei - ben datiert aus der zweiten Hälfte des November und enthält folgende Stelle: Wenn wir siegen . . .? Werden wir siegen? Es gibt so verdammt viele „Wenn" und „Aber" . . . Wir hätten diesen Krieg nicht eher beginnen sollen, als bis auch der russische Bauer lesen und schreiben gelernt hatte. Tie Größe der elementaren Unkenntnis des gemeinen Soldaten kann uns die Niederlage und den Zusammenbruch, kann uns die yteuolution bescheren, wenn nicht noch Wunder geschehen. Bedenke: cs fehlen Biechanikcr, Techniker, cs fehlen die gelernten Arbeiter, die Handwerker, ohne die wir keine Kanonen, keine Munition, keine Flugzeuge, keinen von all den Tausenden kom- vlizierten Apparaten anteiligen können, die uns vordem aus dem Lande unseres Feindes geliefert wurden . . . Ich glaube heute beinahe, daß wir zu Neujahr mit unfern Vorräten fertig fein werden. Wenn wir bis dahin nicht in Feindesland so fest stehen, daß uns von dort niemand mehr heraustreiben kann, dann wäre der große historische Moment gekommen, wo wir einen schmählichen Frieden schließen müßten, der uns die deutschen Provinzen, Finnland, damit den Zugang zue Ostsee und auch den Zugang zum Schwarzen Meere kosten würde, ganz abgesehen davon, daß Polen, dieser Todfeind, neu aus der Asche erstehen würde. Ein solcher Frieden wäre „Finis Russiae". Mittlerweile sind die unersetzbaren Kriegsvorräte Rußlands abermals erheblich vermindert worden. Was nun? Aber in demselben Bries wird noch auf eine andere schwere Gefahr für das Zarenreich hingewiesen: Was uns weiter Sorge macht, ist nicht bloß das Vorrücken dec Deutschen und das Festhalten der Oesterreicher an ihren Posi - tionen, sondern weit mehr nach die Stimmung oder richtiger aus - gedrückt : die Mißstimmung in unserm Volke, die sich weiter und immer höher hinauffrißt. Du würdest viele unserer besten Freunde nicht wiedererkennen. So sehr haben sie stch ge - wandelt. Offen spricht es niemand aus. Ich gehöre nicht zu den Pessimisten. Aber als mir dieser Tage mein Vetter Alexei — er gebt wieder in geheimer Mission zurück nach Warschau — erklärte, er vervollkommne sich im Deutschen, um „den Anschluß nicht zu verlieren", da war ich nähe daran, alle Hoffnungen zu begraben. Unser Vetter war die Siegeszuversicht selber noch vor vier Wochen. Heute lacht er mich aus, wenn ich ihm von den künftigen Aufgaben der russischen Regierung spreche. Er meint, die Deut - schen würden schon wissen, wie sie Rußland urbar zu machen hätten. Und so wie er sind Tausende unserer höchsten Beamten. Nur diejenigen, die unter dem bisherigen System stch gut stehen, die Freunde der Lieferanten und der Korruption, haben schwache Hoffnungen, . _ Und dann die subversiven Elemente! Die Sozia- l i st e n u n d N i h i l i st e n ! Niemand kennt sie besser als ich ans meiner früheren Tätigkeit. (Ser Briefschreiber war trüber Polizeimeister.j Deutschland hat keine belferen Verblindeten alö diese Herrschaften. Fällt Warschau, oder bringt die Kunde von dem Fall Warschaus ins Volk, dann hätten die Deutschen wahr - haftig nicht nötig, noch weiter vorzudringen Die Übrige Arbeit verrichten alsdann die inneren tvembe Rußlanbs. ^.azu haben wir v el zuviel Deutsche im Laub. Wir unterdrücken, wo und wie es nur geht. Aber schließlich mußten nur 50 pZt. aller Unter - tanen Seiner Majestät unterdrücken, abwurgen, und der Effekt bliebe doch noch der gleiche. . Soll ich Dir das Elend beschreiben, das bei uns herrscht. Nein, meine Feder sträubt sich. Wir haben ja nicht emmal in Friedenszeiten genügend gut vorgebildete Aerzte. ~ir lei cn itfjon in normalen Zeiten, wenn die E wlera grassiert, unter dem Man- gel an Medikamenten und an Lazaretten. Was sich fetzt aber vor uns auftut, ist der Abgrund. Hunder11 ' .„arunde Verwundeten gehen einsam barmn so elenbiglich^zugrunde, Meil keine "1 ° r * t e keine Pfleger da sind, «chwerver letzte überläßt man dem Befreier Tod. Leichtverletzte wllciisich selber helfen. Und nur die Offiziere .ton unter günstigen Umständen auf Pflege rechnen. Fort mit den Bilbern. schreib Du mir TröstlicheresI .... Dein M . - - . Das also wäre daß Rußland, daS im Verein mit England und Frankreich Europa vor der kulturwidrigen, barbarischen Vor - herrschaft der Deutschen schützen will! Aber in dem Brief werden auch die Anschauungen iniigekt t, die man „hoch oben" über die Verbündeten hat. Es wird afa »Skandal" bezeichnet, daß die englische Flotte untätig blei ', der Brust gefallen, wenn wir eines Morgens horten, der Herr Präsident, der ja aus Dir hinlänglich bekannten Gründen auch persönlich gleich Herrn Delcasse in Petrograd keine gute Figur gemacht hätte, räume feinen Platz einem Vertreter der Monarchie. Sollte der Krieg kein anderes Ergebnis haben als die Rückkehr vom RepublikanismuS zum monarchischen Regierungssysteni auch in Frank - reich, so würde man bei uns wissen, wofür wir kämpfen. So aber müssen wir hören, daß in dem Ministerium Frankreichs Männer von anerkannt russenfeindlichem Kurs, ja von Begünsti - gern sozialistisch-internationalen Theorien sitzen, die sich mit den fundamentalen Anschauungen unserer Regierungskreise vertragen wie das Waffer mit dem Feuer. Wir haben um so mehr Anlaß, diese Aeußerungen für den richtigen Ausdruck der Stimmungen „hoch oben" anzusehen, als tatsächlich nach den Berichten, die über neutrale Länder ein- laufen, in Rußland die Reaktion jetzt schlimmer wütet als je. So ist dem Kopenhagener „Socialdemoerat" folgendes Schrei - ben der Generalunton der israelitischen Arbeiter Litauens, Polens nud Finnlands zugegangen: „Unter dem Vorwande, daß die Juden mit den Deutschen srimpachisier- teu, behandeln die obersten Autoritäten des russischen Heeres in Polen die dort wohnenden Juden mit der größten Grausam - keit. Eine große Anzahl Juden ist erschossen, gehenkt, in die Zuchchäuser gesteckt oder körperlich mißhandelt worden. In Lodz und andern Städten haben militärische und zivile P o - g r o m e stattgefunden. Die ganze israelitische Bevölkerung in Gradzischk, Skiermienicz, Lowicz, Sochaczaw, Gowokalwawia ist mit einer Frist von 3 bis 24 Stunden ausgewiesen und ihre Häuser sind geplündert worden. Die Tausende von Männeni, Weibern, Kindern und Greisen, die auf diese Weise von Haus Mw Heim verjagt worden sintz, haben läge- und wochenlang sich durch die Unbilden des Herbst- und Winterwetters von Ort zu Ort geschleppt. Auf dein Wege haben viele Frauen geboren und viele Kinder sind gestorben. 100 000 Juden haben in Warschau Zuflucht gesucht. Dieselben verzweiflunasvollen Zustände herr - schen in dem Teile Galiziens, der von den Russen besetzt ist." Sogar die Presse der Verbündeten kann nicht mehr alles totschweigen, was im heiligen Rußland sich ereignet. So brachte dieser Tage das bekannte englische liberale Blatt „Daily News" einen Artikel, in welchem die systematische, Nussisizierung Finnlands scharf verurteilt wird. Und dann schreibt das Blatt: „Tas Versprechen, welches Rußland bei Beginn des Krieges abgab, nämlich: Polen wieder selb - ständig zu machen, hatte einen tiefen Eindruck über die ganze Welt gemacht und dazu bcigetragen, daß die Sache der Alliierten die moralische Stärke erhielt, die in einem Freiheitskriege liegt. Es muß leb- baft beklagt werden, daß man von diesen guten Absichten ab - gekommen ist. Burzew, welcher zusammen mit andern Flücht - lingen nach Rußland zurückkehrte, getragen von der Hoffnung, einem Laude dienen zu können, wird noch immer im Gefängnis gehalten, ohne daß er verhört wird, und ein Artikel des Fürsten Paul Dolgorukow in der „Rusikija Wjcdomosti" vom 3. No - vember besagt, daß, während Hunderttausendc von Juden ihr Blut für Rußland vergießen, die sechs Millionen jüdischer Untertanen der Rechte beraubt sind, welche den andern russi - schen Untertanen nur genommen werden, wenn sie ein Ver - brechen begangen haben. Das Geschäftsleben in Polen ist tot, aber den arbeitslosen Juden wird verboten, außerhalb der für "ie bestimmten Aufenthaltsorte Beschäftigung zu suchen, und die Folge ist das ungeheuerste Elend. Noch schlimmer verhüll | cs sich mit den verwundeten jüdischen Soldaten. Tausende I von ihnen sind in ganz Rußland zerstreut, aber ihre An- lichkeit beraubt, sie zu besuchen. Ein sterbender russischer ^ rc Kämpfe im wertere» Borfelde der Festung erfolgreich 1 “— in den Karpathen hat sich noch nicht Interpellation an Churchill vorzuberciten. Diesem sollen folgenbe Fragen vorgelegt werben: Wie kommt es, baß ber englische UederwachungSbienst in ber Slotbfec bas Heran kommen beiltfchen Kreuzer nicht feftgcftcHt unb verhinbert hat c Warum sind bie englischen Küstengewäffer der erponierten Oft küste von englischen Schlachtschiffen entblößt '< Welche Maßregeln gebenft bie Regierung in Zukunft zu ergreifen? Wie bie englische Presse sich mit der Beschießung abzufinben versucht, zeigt folgende Ausfaffung: Die Lonbonei „Daily Mail" schreibt zur Beschießung Hartlepools: „Der erste Beweg grunb ber Deutschen war, ihren Haß gegen England auSzudrücken, der zweite, Rache für die Vernichtung des Geschwaders beS AbmiralS Grafen v. Spee zu nehmen, bet dritte, den Neutralen deutlich zu machen, daß deutsche Schiffe in der Nordsee erscheinen 22 i, der vierte, eitle Hoffnung und Panik zu erwecken, damit bie Truppen in England blieben, die sonst nach dem Feftlaiid gesandt würden. Der fünfte unb nachhaltigste cnblicü war, bie Admiralität zu zwingen, eine größere Streitmacht als bisher in bestimmten Teilen ber Nordsee zusammenhalten, wo sie dann fortwährender Bedrohung durch Minen unb Unterseeboote ans gesetzt ist. Weder die Admiralität noch das Publikum werden darauf hereinsallen. ES entstand feine Panik und es wird auch keine entstehen; vielmehr herrscht ein Geist der Beruhigung und Genugtuung darüber, daß das Ereignis schließlich allgemein klar machte, daß sich die Nation im Kriege befinde unb baß die Nation an darf nun wohl sagen: die russische Ge» fahr ist abgewendet! Wenn die oberste Heeresleitung den Bericht Hindenburgs in den lakonischen Satz zusammenfaßt: „In Polen folgen wir weiter dem weichenden Feind", so kann das füglich so verstanden werden: Der geschlagene Feind wird verfolgt. Es handelt sich aber nicht etwa um einen mehr oder weniger betracht, lichcn Teil der russischen Armeen, sondern um die russische Hauptmacht schlechtweg. Ist diese zersprengt und auseinander - getrieben, was hoffentlich das Ergebnis der Kämpfe in Polen ist oder fein wird, so ist Rußland für geraume Zeit als aktiver Faktor in diesem Krieg ausgeschaltet. Auch die in Galizien und der Bukowina stehenden Russen werden zurückweicheu müssen, um der Gefahr zu entgehen, zwischen zwei Feuer zu kommen. Zum Trost der westlichen Verbündeten, die mit den russischen Millionenhceren so stark rechneten, wird nun allerdings wieder auf die unerschöpflichen Reserven des Zarenreichs hingewiesen werden. Ganz richtig ist es ja auch, daß noch Millionen von Menschen, Dem Rus des Zaren folgend, sich als Soldaten werden cinrcihen lassen. Nur wird es nicht gelingen, aus diesen Men - schenmassen schlagfertige Armeen zu bilden. Außer einigem andern fehlt nämlich offenbar das tote Material. Die ungeheure